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Plenarsitzung
des Nationalrates


Stenographisches Protokoll

 

129. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Dienstag, 16., Mittwoch, 17., und Donnerstag, 18. November 2021

 

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Großer Redoutensaal

 


Stenographisches Protokoll

129. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVII. Gesetzgebungsperiode

Dienstag, 16., Mittwoch, 17., und Donnerstag, 18. November 2021

Dauer der Sitzung

                                               Dienstag, 16. November 2021: 9.05 – 22.50 Uhr

                                               Mittwoch, 17. November 2021: 9.05 – 18.33 Uhr

                                        Donnerstag, 18. November 2021: 9.05 – 17.32 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundes­zuschusses an das Bundesland Niederösterreich aus Anlass des 100-jährigen Beste­hens als eigenständiges Bundesland und ein Bundesgesetz über die Finanzierung des Vereins für Konsumenteninformation im Jahr 2022 erlassen sowie die Exekutionsord­nung, das Bundesgesetz, mit dem Verstöße gegen bestimmte einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Gewalt und zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre zu Verwal­tungsübertretungen erklärt werden, das Gebührenanspruchsgesetz, das Arbeitsmarkt­politik-Finanzierungsgesetz, das Umweltförderungsgesetz, das Schülerbeihilfenge­setz 1983, das FTE-Nationalstiftungsgesetz, das Bundesmuseen-Gesetz 2002 und das Bundestheaterorganisationsgesetz geändert werden (Budgetbegleitgesetz 2022)

2. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das KMU-Förderungsgesetz, das Garantiegesetz 1977 und das ABBAG-Gesetz geändert werden

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2022 bis 2025 erlas­sen wird (Bundesfinanzrahmengesetz 2022 bis 2025 – BFRG 2022-2025)

4. Punkt: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen

*****

Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht des Abgeordneten Mag. Felix Eypeltauer ................................      51

Angelobung der Abgeordneten MMag. Katharina Werner, Bakk. .......................      51


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 2

Ansprache des Präsidenten Mag. Wolfgang Sobotka anlässlich aktueller Ge­denk- und Aktionstage ..............................................................................................    474

Personalien

Verhinderungen ...................................................................................  51, 300, 474

Ordnungsruf ..............................................................................................................    198

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 GOG ...................................................................................  56, 300, 475

Unterbrechung der Sitzung .............................................................  299, 472, 527

Wortmeldung der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch in Bezug auf die Anmerkungen des Präsidenten Mag. Wolfgang Sobotka betreffend Wortwahl ......    158

Wortmeldung des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA im Zusammenhang mit dem ihm erteilten Ordnungsruf ...........................................................................    199

Stellungnahme der Präsidentin Doris Bures dazu ..............................................    200

Wortmeldungen im Zusammenhang mit Aussagen betreffend Rechtsanspruch auf Nachmittagsbetreuung:

August Wöginger ....................................................................................................    507

Mag. Jörg Leichtfried .............................................................................................    508

Dr. Nikolaus Scherak, MA ......................................................................................    508

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..........................................................................  52, 300, 474

Ausschüsse

Zuweisungen .............................................................................................................      52

Auslieferungsbegehren

gegen die Abgeordneten Sebastian Kurz und Michael Schnedlitz ......................      53

Unvereinbarkeitsangelegenheiten

Siebenter Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses ..............................................      56

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Nein zur Diskriminierung gesunder Menschen – Ja zum Plan B gegen Coro­na“ (2011/A)(E) .........................................................................................................    150

Begründung: Dr. Dagmar Belakowitsch ................................................................    153

Bundeskanzler Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. .........................................    159

Debatte:

Mag. Gerhard Kaniak ..............................................................................................    162

Peter Wurm (tatsächliche Berichtigung) ..................................................................    168

Gabriela Schwarz ....................................................................................................    168


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 3

Dr. Dagmar Belakowitsch (tatsächliche Berichtigung) ..........................................    170

Philip Kucher ...........................................................................................................    170

Ralph Schallmeiner ................................................................................................    172

Mag. Gerald Loacker ..............................................................................................    174

Dr. Susanne Fürst ...................................................................................................    178

Dr. Josef Smolle ......................................................................................................    180

Cornelia Ecker .........................................................................................................    182

Bedrana Ribo, MA ...................................................................................................    183

Dr. Nikolaus Scherak, MA ......................................................................................    185

Bundesminister Dr. Wolfgang Mückstein ............................................................    186

Peter Wurm ..............................................................................................................    188

Claudia Plakolm ......................................................................................................    190

Melanie Erasim, MSc ..............................................................................................    191

Dr. Elisabeth Götze .................................................................................................    193

Fiona Fiedler, BEd ..................................................................................................    194

Christian Hafenecker, MA ......................................................................................    197

Alois Stöger, diplômé .............................................................................................    198

Mag. Agnes Sirkka Prammer .................................................................................    200

Dr. Helmut Brandstätter .........................................................................................    201

Mag. Martina Künsberg Sarre ................................................................................    203

Ing. Reinhold Einwallner ........................................................................................    204

Dr. Werner Saxinger, MSc ......................................................................................    205

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Dr. Dagmar Be­lakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Versagen des Vertrauens ge­genüber der Bundesregierung und den Staatssekretären“ gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG – Ablehnung ........................................................................................  164, 207

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Mag. Gerald Loa­cker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz“ gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG – Ablehnung .................................................  176, 207

Entschließungsantrag der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Impfen in der Apotheke“ – Ablehnung ....................  195, 207

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 2011/A(E) ........................    206

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1102 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszu­schusses an das Bundesland Niederösterreich aus Anlass des 100-jährigen Beste­hens als eigenständiges Bundesland und ein Bundesgesetz über die Finanzierung des Vereins für Konsumenteninformation im Jahr 2022 erlassen sowie die Exeku­tionsordnung, das Bundesgesetz, mit dem Verstöße gegen bestimmte einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Gewalt und zum Schutz vor Eingriffen in die Privat­sphäre zu Verwaltungsübertretungen erklärt werden, das Gebührenanspruchs­gesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Umweltförderungsge­setz, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das FTE-Nationalstiftungsgesetz, das Bun­desmuseen-Gesetz 2002 und das Bundestheaterorganisationsgesetz geändert werden (Budgetbegleitgesetz 2022) (1154 d.B.) .....................................................      57

2. Punkt: Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das KMU-Förderungsgesetz, das Garantiegesetz 1977 und das ABBAG-Gesetz geändert werden (1155 d.B.) ...........................................      57


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 4

RednerInnen:

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc ............................................................................      58

Gabriel Obernosterer ..............................................................................................      60

MMag. DDr. Hubert Fuchs ......................................................................................      61

Sigrid Maurer, BA ...................................................................................................      63

Dr. Nikolaus Scherak, MA ......................................................................................      65

August Wöginger ....................................................................................................      68

Mag. Jörg Leichtfried .............................................................................................      70

MMag. DDr. Hubert Fuchs (tatsächliche Berichtigung) .........................................      73

Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA .................................................................................      74

Julia Elisabeth Herr (tatsächliche Berichtigung) ....................................................      76

Hermann Brückl, MA ..............................................................................................      76

Peter Haubner .........................................................................................................      78

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer .................................................................................      79

Bundesminister Mag. Gernot Blümel, MBA .........................................................      81

Lukas Hammer ........................................................................................................      82

Josef Muchitsch ......................................................................................................      83

Karlheinz Kopf .........................................................................................................      84

MMMag. Dr. Axel Kassegger .................................................................................      86

Mag. Meri Disoski ...................................................................................................      88

Mag. Gerald Loacker ..............................................................................................      90

Mag. Dr. Rudolf Taschner ......................................................................................      91

Julia Elisabeth Herr ................................................................................................      93

Mag. Agnes Sirkka Prammer .................................................................................      94

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................      95

Mag. Andreas Hanger .............................................................................................      97

Dr. Christoph Matznetter ..........................................................................  98, 112

Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................      99

Mag. Karin Greiner ..................................................................................................    100

Angela Baumgartner ..............................................................................................    101

Mag. Selma Yildirim ................................................................................................    102

Mag. Markus Koza ..................................................................................................    103

Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA ..........................................................................    104

Nico Marchetti .........................................................................................................    105

Ing. Klaus Lindinger, BSc ......................................................................................    106

Sebastian Kurz ........................................................................................................    107

Kai Jan Krainer ........................................................................................................    110

Andreas Ottenschläger ..........................................................................................    111

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Kol­leginnen und Kollegen betreffend „soziale Krise verhindern, Teuerung bekämp­fen“ – Ablehnung .........................................................................................  72, 113

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1154 und 1155 d.B. .................................    112

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1035 und Zu 1035 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2022 bis 2025 erlassen wird (Bundesfinanzrahmengesetz 2022 bis 2025 – BFRG 2022-2025) (1156 d.B.) ................................................................................................................    114

4. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) .......................    114


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 5

UG 01: Präsidentschaftskanzlei; UG 02: Bundesgesetzgebung; UG 03: Verfas­sungsgerichtshof; UG 04: Verwaltungsgerichtshof; UG 05: Volksanwaltschaft; UG 06: Rechnungshof; UG 10: Bundeskanzleramt; UG 17: Öffentlicher Dienst und Sport ..........................................................................................................................    114

RednerInnen:

Mag. Christian Drobits ...........................................................................................    114

Mag. Wolfgang Gerstl .............................................................................................    115

Christian Lausch .....................................................................................................    116

Mag. Agnes Sirkka Prammer .................................................................................    117

Dr. Nikolaus Scherak, MA ......................................................................................    118

Rudolf Silvan ...........................................................................................................    119

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich .............................................................................    120

David Stögmüller ....................................................................................................    122

Alois Kainz ...............................................................................................................    123

Hermann Gahr .........................................................................................................    124

Henrike Brandstötter ..............................................................................................    125

Dipl.-Ing. Olga Voglauer .........................................................................................    127

Ing. Reinhold Einwallner ........................................................................................    128

Martina Diesner-Wais .............................................................................................    128

Petra Steger .............................................................................................................    129

Mag. Faika El-Nagashi ............................................................................................    134

Mag. Yannick Shetty ...............................................................................................    135

Mag. Ernst Gödl ......................................................................................................    137

Bundesministerin MMag. Dr. Susanne Raab .......................................................    138

Mag. Karin Greiner ..................................................................................................    139

Rechnungshofpräsidentin Dr. Margit Kraker ......................................................    140

Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................    143

Staatssekretärin Mag. Andrea Mayer ...................................................................    144

Mag. Christian Ragger ............................................................................................    145

Alexander Melchior .................................................................................................    146

Volksanwalt Dr. Walter Rosenkranz .....................................................................    147

Nurten Yılmaz ..........................................................................................................    148

Dr. Reinhold Lopatka ..............................................................................................    149

Maximilian Köllner, MA ..........................................................................................    207

Christoph Zarits ......................................................................................................    208

Mag. Friedrich Ofenauer ........................................................................................    209

Ing. Johann Weber ..................................................................................................    210

Lukas Brandweiner .................................................................................................    211

Mag. (FH) Kurt Egger ..............................................................................................    212

Entschließungsantrag der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Transparenz in Budgets für Informationstätigkeit brin­gen“ – Ablehnung ......................................................................................  126, 626

Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „Verlängerung der finanziellen Unterstützung im Sportbereich“ – Ablehnung .................................................................................................  131, 626

Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „keine 2G-Regelung im Sportbereich“ – Ablehnung ........  132, 626

UG 32: Kunst und Kultur ..........................................................................................    212

RednerInnen:

Katharina Kucharowits ...........................................................................................    212

Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................    214


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 6

Ing. Mag. Volker Reifenberger ...............................................................................    215

Maria Großbauer .....................................................................................................    218

Mag. Julia Seidl .......................................................................................................    219

Staatssekretärin Mag. Andrea Mayer ...................................................................    220

Hermann Weratschnig, MBA MSc .........................................................................    222

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................    223

Mag. Martin Engelberg ...........................................................................................    224

Hermann Brückl, MA ..............................................................................................    224

MMag. Dr. Agnes Totter, BEd ................................................................................    227

Hans Stefan Hintner ...............................................................................................    228

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kol­leginnen und Kollegen betreffend „rasche Einigung auf einen Kollektivvertrag für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesmuseen und der Österreichi­schen Nationalbibliothek“ – Ablehnung .....................................................  216, 626

Entschließungsantrag der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „finanzielle Absicherung für Bundesmuseen, Österreichi­sche Nationalbibliothek und Bundestheater zur Abfederung der Auswirkungen der jüngsten COVID-19 Restriktionen“ – Ablehnung ......................................  226, 626

UG 12: Äußeres ........................................................................................................    229

RednerInnen:

Dr. Harald Troch ......................................................................................................    229

Dr. Reinhold Lopatka ..............................................................................................    230

MMMag. Dr. Axel Kassegger .................................................................................    231

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic ...........................................................................................    233

Dr. Helmut Brandstätter .........................................................................................    234

Bundesminister Dr. Michael Linhart .....................................................................    236

Mag. Martin Engelberg ...........................................................................................    238

Petra Bayr, MA MLS ................................................................................................    239

Alexander Melchior .................................................................................................    242

Petra Steger .............................................................................................................    243

Henrike Brandstötter ..............................................................................................    247

Christian Hafenecker, MA ......................................................................................    248

Mag. Dr. Martin Graf ...............................................................................................    249

Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „Unterstützung der Grenzschutzmaßnahmen an der polnischen, li­tauischen und lettischen EU-Außengrenze“ – Ablehnung ........................  245, 626

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend „definitive Beendigung der geplanten Schuldenreduktionen für den Sudan“ – Ablehnung ..........................................................................  251, 626

UG 13: Justiz ............................................................................................................    252

RednerInnen:

Mag. Selma Yildirim ................................................................................................    252

Mag. Agnes Sirkka Prammer .................................................................................    253

Mag. Harald Stefan .................................................................................................    254

Mag. Michaela Steinacker ......................................................................................    257

Dr. Johannes Margreiter ........................................................................................    259

Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. .............................................................    263

Mag. Georg Bürstmayr ...........................................................................................    265

Petra Bayr, MA MLS ................................................................................................    266

Johann Singer .........................................................................................................    269


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 7

Christian Lausch .....................................................................................................    269

Mag. Johanna Jachs ...............................................................................................    273

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................    274

Dr. Christian Stocker ..............................................................................................    274

Dr. Harald Troch ......................................................................................................    276

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einbeziehung der Insassen von Justizanstalten in die gesetz­liche Krankenversicherung“ – Ablehnung .................................................  256, 626

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mehr Personalressourcen für die WKStA“ – Ablehnung  261, 626

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Wesentliche Reduktion der Grundbuchsgebühren“ – Ablehnung .................................................................................................  262, 627

Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verbesserung der Qualitätsstandards, der Gebühren und der Arbeitsbedingungen für Gerichtsdolmetscher*innen“ – Ablehnung .........  267, 627

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „bessere budgetäre und personelle Ausstattung der Justizwa­che“ – Ablehnung ......................................................................................  271, 627

UG 33: Wirtschaft (Forschung); UG 40: Wirtschaft .................................................    276

RednerInnen:

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................    277

Peter Haubner .........................................................................................................    278

Erwin Angerer .........................................................................................................    279

Dr. Elisabeth Götze .................................................................................................    283

Mag. Gerald Loacker ..............................................................................................    284

Bundesministerin Dr. Margarete Schramböck ....................................................    285

Johann Höfinger .....................................................................................................    287

Maximilian Lercher .................................................................................................    287

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................    288

Mag. Maria Smodics-Neumann .............................................................................    289

Dr. Helmut Brandstätter .........................................................................................    291

Laurenz Pöttinger ...................................................................................................    293

Mag. Dr. Petra Oberrauner .....................................................................................    294

Martina Kaufmann, MMSc BA ................................................................................    294

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................    295

Mag. (FH) Kurt Egger ..............................................................................................    296

Cornelia Ecker .........................................................................................................    297

Entschließungsantrag der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „die Einführung einer Lehrabschlussprämie“ – Ablehnung .....  281, 627

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Verlängerung des Covid-19 Härtefallfonds“ – Ableh­nung ....................................................................................................................  298, 627

UG 21: Soziales; UG 22: Pensionsversicherung; UG 21: Konsumentenschutz           301

RednerInnen:

Alois Stöger, diplômé .............................................................................................    301

Bedrana Ribo, MA ...................................................................................................    302


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 8

Dr. Dagmar Belakowitsch ......................................................................................    303

Mag. Michael Hammer ............................................................................................    306

Mag. Gerald Loacker ..............................................................................................    307

Mag. Markus Koza ..................................................................................................    309

Gabriele Heinisch-Hosek .......................................................................................    310

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ........................................................................    311

Peter Wurm ..............................................................................................................    312

Mag. Ulrike Fischer .................................................................................................    313

Fiona Fiedler, BEd ..................................................................................................    315

Heike Grebien ..........................................................................................................    316

Bundesminister Dr. Wolfgang Mückstein ............................................................    317

Philip Kucher ...........................................................................................................    318

Mag. Christian Ragger ............................................................................................    319

MMag. Katharina Werner, Bakk. ............................................................................    322

Mag. Verena Nussbaum .........................................................................................    323

Christian Ries ..........................................................................................................    326

Dietmar Keck ...........................................................................................................    327

Mag. Ernst Gödl ......................................................................................................    329

Mag. Christian Drobits ...........................................................................................    331

Erwin Angerer .........................................................................................................    332

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „1.000 Euro Österreich-Gutschein“ – Ablehnung          305, 627

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Pflegemodell Kärnten als Vorbild für Österreich“ – Ableh­nung ...........................................................................................................  321, 627

Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „Pflegeoffensive jetzt!“ – Ablehnung ..............................  324, 627

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Teuerungsausgleich und Bundes-Heizkostenzuschuss“ – Ab­lehnung ......................................................................................................  328, 627

UG 24: Gesundheit ...................................................................................................    332

RednerInnen:

Philip Kucher ...........................................................................................................    333

Ralph Schallmeiner ................................................................................................    334

Mag. Gerhard Kaniak ..............................................................................................    335

Gabriela Schwarz ....................................................................................................    339

Fiona Fiedler, BEd ..................................................................................................    340

Bedrana Ribo, MA ...................................................................................................    343

Bundesminister Dr. Wolfgang Mückstein ............................................................    344

Mag. Verena Nussbaum .........................................................................................    345

Dr. Josef Smolle ......................................................................................................    348

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................    348

Dr. Werner Saxinger, MSc ......................................................................................    350

Henrike Brandstötter (tatsächliche Berichtigung) ..................................................    351

Mag. Gerald Loacker ..............................................................................................    351

Martina Diesner-Wais .............................................................................................    352

Rudolf Silvan ...........................................................................................................    353

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ........................................................................    354

Dietmar Keck ...........................................................................................................    354

Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda ............................................................................    355

Mario Lindner ..........................................................................................................    356


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 9

Angela Baumgartner ..............................................................................................    359

Peter Wurm ..............................................................................................................    360

Dr. Werner Saxinger, MSc (tatsächliche Berichtigung) .........................................    361

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherstellung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum“ – Ablehnung ..................................................................................  337, 627

Entschließungsantrag der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Impfen in der Apotheke“ – Ablehnung ....................  342, 627

Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „medizinische Versorgungsoffensive“ – Ablehnung .........  346, 627

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „Corona-Bonus für alle Held*innen im Gesundheitswesen“ – Ableh­nung ...........................................................................................................  358, 628

UG 14: Militärische Angelegenheiten .......................................................................    362

RednerInnen:

Robert Laimer ..........................................................................................................    362

Mag. Friedrich Ofenauer ........................................................................................    363

Dr. Reinhard Eugen Bösch ....................................................................................    364

Robert Laimer (tatsächliche Berichtigung) .............................................................    367

David Stögmüller ....................................................................................................    368

Dr. Helmut Brandstätter .........................................................................................    370

Bundesministerin Mag. Klaudia Tanner ...............................................................    371

Johann Höfinger .....................................................................................................    375

Petra Wimmer ..........................................................................................................    376

Mag. Maria Smodics-Neumann .............................................................................    377

Ing. Mag. Volker Reifenberger ...............................................................................    378

Ing. Manfred Hofinger .............................................................................................    380

MMMag. Dr. Axel Kassegger .................................................................................    381

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „dringend notwendige budgetäre Mittel für einen verfassungskonformen Zustand des Heeres“ – Ablehnung .....................  366, 628

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Wiedereinführung der 8 Monate Grundwehrdienst im Modell 6 + 2 Monate“ – Ablehnung ......................................................  379, 628

Entschließungsantrag der Abgeordneten MMag. DDr. Hubert Fuchs, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Erhöhung der monatlichen Bezüge für Grundwehr­diener auf Höhe der Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe-Neu“ – Ablehnung ...  383, 628

UG 11: Inneres; UG 18: Fremdenwesen .................................................................    384

RednerInnen:

Ing. Reinhold Einwallner ........................................................................................    384

Karl Mahrer ..............................................................................................................    385

Mag. Hannes Amesbauer, BA ................................................................................    386

Mag. Georg Bürstmayr ...........................................................................................    390

Dr. Stephanie Krisper .............................................................................................    391

Bundesminister Karl Nehammer, MSc .................................................................    392

Ing. Manfred Hofinger .............................................................................................    397

Sabine Schatz ..........................................................................................................    398

Mag. Faika El-Nagashi ............................................................................................    399


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 10

Christian Ries ..........................................................................................................    400

Dr. Christian Stocker ..............................................................................................    402

Dr. Johannes Margreiter ........................................................................................    403

Mag. Johanna Jachs ...............................................................................................    404

Nurten Yılmaz ..........................................................................................................    405

Mag. Corinna Scharzenberger ..............................................................................    406

Dr. Dagmar Belakowitsch ......................................................................................    407

Andreas Minnich .....................................................................................................    411

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „illegale Grenzübertritte von Wirtschaftsmigranten abstellen und die Kosten für das Fremdenwesen senken“ – Ablehnung .  388, 628

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christian Ries, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „finanzielle Besserstellung der Exekutive“ – Ablehnung ..  401, 628

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kol­leginnen und Kollegen betreffend „Polizei zum Grenzschutz und nicht für den Co­rona-Überwachungsstaat“ – Ablehnung ...................................................  410, 628

UG 42: Landwirtschaft, Regionen und Tourismus ...................................................    412

RednerInnen:

Cornelia Ecker .........................................................................................................    412

Johannes Schmuckenschlager .............................................................................    413

Peter Schmiedlechner ............................................................................................    415

Dipl.-Ing. Olga Voglauer .........................................................................................    417

Mag. Julia Seidl .......................................................................................................    418

Bundesministerin Elisabeth Köstinger ................................................................    419

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich .............................................................................    421

Melanie Erasim, MSc ..............................................................................................    422

Clemens Stammler .................................................................................................    424

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................    425

Gabriel Obernosterer ..............................................................................................    428

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer .................................................................................    429

Barbara Neßler ........................................................................................................    430

Klaus Köchl .............................................................................................................    432

Eva-Maria Himmelbauer, BSc ................................................................................    433

Alois Kainz ...............................................................................................................    433

Lukas Brandweiner .................................................................................................    434

Carina Reiter ............................................................................................................    435

Franz Hörl ................................................................................................................    436

Ing. Josef Hechenberger ........................................................................................    437

Maria Großbauer .....................................................................................................    438

Andreas Kühberger ................................................................................................    439

Ing. Klaus Lindinger, BSc ......................................................................................    440

Christoph Stark .......................................................................................................    441

Nikolaus Prinz .........................................................................................................    441

Ing. Johann Weber ..................................................................................................    443

Franz Leonhard Eßl ................................................................................................    443

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sockelförderbetrag für Arbeitsplätze am Bauernhof“ – Ablehnung .................................................................................................  416, 628


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 11

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Weidezone Österreich – für den Erhalt der heimischen Kultur­landschaft und Almen“ – Ablehnung .........................................................  426, 628

UG 30: Bildung; UG 31: Wissenschaft und Forschung ...........................................    444

RednerInnen:

Petra Vorderwinkler ................................................................................................    444

Mag. Dr. Rudolf Taschner ......................................................................................    446

Hermann Brückl, MA ..............................................................................................    447

Mag. Sibylle Hamann ..............................................................................................    450

Mag. Martina Künsberg Sarre ................................................................................    451

Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA ......................................................................    452

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................    453

Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................    454

Mag. Dr. Martin Graf ...............................................................................................    455

Dr. Josef Smolle ......................................................................................................    457

Mag. Yannick Shetty ...............................................................................................    457

Martina Kaufmann, MMSc BA ................................................................................    459

Eva Maria Holzleitner, BSc ....................................................................................    460

Nico Marchetti .........................................................................................................    461

MMMag. Gertraud Salzmann .................................................................................    462

Dr. Helmut Brandstätter .........................................................................................    463

Bundesminister Dr. Heinz Faßmann .....................................................................    466

Mag. Romana Deckenbacher .................................................................................    468

Klaus Köchl .............................................................................................................    469

Ing. Johann Weber ..................................................................................................    469

MMag. Dr. Agnes Totter, BEd ................................................................................    470

Katharina Kucharowits ...........................................................................................    471

Entschließungsantrag der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „zusätzliches Budget für Fördermaßnahmen zur Aufho­lung von durch die Schulschließungen verursachten Lernrückständen“ – Ableh­nung ...........................................................................................................  448, 628

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend „kein Ausschluss von Ungeimpften von Lehrveranstaltungen an Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen“ – Ableh­nung ...........................................................................................................  456, 629

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Künftige Finanzierung von IHS und Wifo durch das BMBWF“ – Ablehnung ...............................................................................  464, 629

UG 10: Frauen und Gleichstellung; UG 25: Familie und Jugend ............................    475

RednerInnen:

Eva Maria Holzleitner, BSc ....................................................................................    475

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller .................................................................    477

Edith Mühlberghuber ..............................................................................................    478

Mag. Meri Disoski ...................................................................................................    480

Henrike Brandstötter ..............................................................................................    482

Claudia Plakolm ......................................................................................................    483

Petra Wimmer ..........................................................................................................    484

Heike Grebien ..........................................................................................................    486

Rosa Ecker, MBA ....................................................................................................    488

Norbert Sieber .........................................................................................................    491


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 12

Michael Bernhard ....................................................................................  492, 507

Norbert Sieber (tatsächliche Berichtigung) .............................................................    494

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic ...........................................................................................    494

Mario Lindner ..........................................................................................................    495

Alexander Melchior .................................................................................................    496

Mag. Yannick Shetty ...............................................................................................    497

Bundesministerin MMag. Dr. Susanne Raab .......................................................    498

Barbara Neßler ........................................................................................................    501

Sabine Schatz ..........................................................................................................    502

Nikolaus Prinz .........................................................................................................    503

Gabriele Heinisch-Hosek (tatsächliche Berichtigung) ...........................................    504

Maximilian Köllner, MA ..........................................................................................    504

Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA ..........................................................................    505

Mag. Romana Deckenbacher .................................................................................    509

MMMag. Gertraud Salzmann .................................................................................    510

Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda ............................................................................    511

Joachim Schnabel ..................................................................................................    512

Mario Lindner (tatsächliche Berichtigung) ..............................................................    513

Mag. Corinna Scharzenberger ..............................................................................    513

Entschließungsantrag der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Jährliche Anpassung aller Familienleistungen an die In­flationsrate“ – Ablehnung ..........................................................................  479, 629

Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Fortführung des Corona-Familienhärteausgleichs“ – Ablehnung    485, 629

Entschließungsantrag der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „SOS APP“ – Ablehnung ..........................................  489, 629

Entschließungsantrag der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „App für Familienleistungen“ – Ablehnung ...............  490, 629

UG 20: Arbeit ............................................................................................................    514

RednerInnen:

Josef Muchitsch ......................................................................................................    515

Mag. Ernst Gödl ......................................................................................................    517

Dr. Dagmar Belakowitsch ......................................................................................    518

Mag. Markus Koza ..................................................................................................    522

Mag. Gerald Loacker ..............................................................................................    523

Laurenz Pöttinger ...................................................................................................    525

Rainer Wimmer .......................................................................................................    525

Tanja Graf ................................................................................................................    527

Peter Wurm ..............................................................................................................    528

Bundesminister Mag. Dr. Martin Kocher ..............................................................    530

Andreas Minnich .....................................................................................................    531

Michael Seemayer ...................................................................................................    532

Rebecca Kirchbaumer ............................................................................................    534

Gabriele Heinisch-Hosek .......................................................................................    535

Josef Muchitsch (tatsächliche Berichtigung) ..........................................................    536

Bettina Zopf .............................................................................................................    536

Peter Weidinger ......................................................................................................    537


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 13

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „finanzielle Hilfe für Menschen, die schon lange arbeitslos sind“ – Ablehnung .....................................................................................  516, 629

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Erhöhung der Nettoersatzrate beim Bezug des Ar­beitslosengeldes (COVID-19-Maßnahme)“ – Ablehnung .........................  521, 629

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einsatzkräfte von Feuerwehr, Rettung und Katastrophenhilfe im Beruf absichern!“ – Ablehnung .............................................................  533, 629

UG 34: Innovation und Technologie (Forschung); UG 41: Mobilität; UG 43: Klima, Umwelt und Energie .................................................................................................    538

RednerInnen:

Mag. Dr. Petra Oberrauner .....................................................................................    538

Hermann Weratschnig, MBA MSc .........................................................................    539

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek .....................................................................................    541

Johannes Schmuckenschlager .............................................................................    544

Michael Bernhard ....................................................................................................    545

Lukas Hammer .........................................................................................  548, 570

Alois Stöger, diplômé .............................................................................................    550

Andreas Ottenschläger ..........................................................................................    551

Peter Schmiedlechner ............................................................................................    551

Ing. Martin Litschauer .............................................................................  554, 583

Mag. Yannick Shetty ...............................................................................................    555

Eva-Maria Himmelbauer, BSc ................................................................................    558

Julia Elisabeth Herr .................................................................................  559, 593

Süleyman Zorba ......................................................................................................    562

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................    563

Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA ......................................................................    566

Staatssekretär Dr. Magnus Brunner, LL.M. .........................................................    567

Dr. Johannes Margreiter ........................................................................................    569

Alois Schroll ............................................................................................................    571

Tanja Graf ................................................................................................................    574

Erwin Angerer .........................................................................................................    575

Dr. Astrid Rössler ...................................................................................................    579

Dr. Helmut Brandstätter .........................................................................................    580

Mag. Michael Hammer ............................................................................................    582

Franz Leonhard Eßl ................................................................................................    584

Hermann Gahr .........................................................................................................    585

Johann Singer .........................................................................................................    586

Franz Hörl ................................................................................................................    587

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller .................................................................    588

Claudia Plakolm ......................................................................................................    589

Carina Reiter ............................................................................................................    589

Dr. Werner Saxinger, MSc ......................................................................................    590

Andreas Kühberger ................................................................................................    591

Ing. Josef Hechenberger ........................................................................................    592

Peter Weidinger ......................................................................................................    593

Joachim Schnabel ..................................................................................................    595

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Raus aus dem Covid-Maßnahmen-Blindflug durch Forschung“ – Ablehnung ...........................................................................  543, 629


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 14

Entschließungsantrag der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung einer ambitionierteren CO2 Bepreisung bei gleich­zeitiger Steuerentlastung“ – Ablehnung ....................................................  546, 629

Entschließungsantrag der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung des Dieselprivilegs“ – Ablehnung ......  547, 630

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „CO2 durch Humusaufbau binden“ – Ablehnung .....  552, 630

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Endlich Abschaffung oder Ökologisierung umweltschädlicher Subventionen“ – Ablehnung ......................................................................  557, 630

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „niedrigen nationalen Beitrag zum UNFCCC Adaptation Fund erhöhen“ – Ablehnung ...............................................................................  558, 630

Entschließungsantrag der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen
und Kollegen betreffend „Ausbau der österreichischen Klimafinanzierung“ – Ableh­nung ...........................................................................................................  561, 630

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „kein Neubau der Luegbrücke gegen den Willen der Bevölke­rung“ – Ablehnung .....................................................................................  565, 630

Entschließungsantrag der Abgeordneten Alois Schroll, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „Explodierende Strom- und Heizkosten: Teuerungsbremse für Ös­terreich – jetzt!“ – Ablehnung ....................................................................  572, 630

Entschließungsantrag der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „Energiearmut bekämpfen“ – Ablehnung .........................  576, 630

Entschließungsantrag der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abbau von klimaschädlichen Subventionen statt Wiederein­führung des Agrardiesels“ – Ablehnung ....................................................  594, 630

UG 15: Finanzverwaltung; UG 16: Öffentliche Abgaben; UG 23: Pensionen – Beamtinnen und Beamte; UG 44: Finanzausgleich; UG 45: Bundesvermögen; UG 46: Finanzmarktstabilität; UG 51: Kassenverwaltung; UG 58: Finanzierungen, Währungstauschverträge .........................................................................................    596

Text des Bundesfinanzgesetzes und restliche Teile der Anlage I einschließlich An­lagen II bis IV ............................................................................................................    596

RednerInnen:

Kai Jan Krainer ........................................................................................................    597

Andreas Ottenschläger ..........................................................................................    599

MMag. DDr. Hubert Fuchs ......................................................................................    600

Mag. Nina Tomaselli ...............................................................................................    601

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer .................................................................................    603

Mag. Andreas Hanger .............................................................................................    608

Andreas Kollross ....................................................................................................    609

Christoph Stark .......................................................................................................    612

Christian Lausch .....................................................................................................    613

Mag. Gerald Loacker ..............................................................................................    614

Dr. Elisabeth Götze .................................................................................................    617

Melanie Erasim, MSc ..............................................................................................    619

Erwin Angerer .........................................................................................................    620


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 15

Maximilian Lercher .................................................................................................    623

Entschließungsantrag der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „sozial- und verteilungsgerechte Steuerreform“ – Ablehnung          598, 630

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Kalte Progression JETZT abschaffen!“ – Ableh­nung ...........................................................................................................  605, 630

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Digitale Budgetunterlagen“ – Ablehnung ....  608, 631

Entschließungsantrag der Abgeordneten Andreas Kollross, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „Sicherung der Gemeindefinanzen in der Krise“ – Ablehnung  611, 631

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „KeSt-Befreiung für längerfristige Veranlagungen“ – Ab­lehnung ......................................................................................................  616, 631

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherheitsnetz für österreichische Betrie­be“ – Annahme (209/E) .............................................................................  618, 631

Entschließungsantrag der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „CO2-Steuer als gemeinschaftliche Bundesabgabe“ – Ableh­nung ...........................................................................................................  621, 631

Annahme des Gesetzentwurfes in 1156 d.B. ...........................................................    624

Annahme des Bundesfinanzgesetzes für das Jahr 2022 samt Anlagen .................    624

Eingebracht wurden

Bürgerinitiative ........................................................................................................      53

Bürgerinitiative betreffend „Forderung einer schnellstmöglichen nationalen Zulas­sung und sofortigen Empfehlung des Medikaments Ivermectin in Österreich zur Vorbeugung oder Behandlung von COVID-19“ (Ordnungsnummer 38)

Regierungsvorlagen ...............................................................................................      52

1144: Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bun­desministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Techno­logie genehmigt wird

1158: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzierungsgesetz – BFinG geändert wird

Berichte ....................................................................................................................      52

Vorlage 74 BA: Bericht zur Wirkungsorientierung 2020 gemäß § 68 Abs. 5
BHG 2013 iVm § 7 Abs. 5 Wirkungscontrollingverordnung; BM f. Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport

Vorlage 75 BA: Bericht gemäß Art. 50c Abs. 3 B-VG iVm § 6 der Anlage 2 zum GOG (ESM-Informationsordnung) über die im Rahmen des Europäischen Stabili­tätsmechanismus getroffenen Maßnahmen im 3. Quartal 2021; BM f. Finanzen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 16

Vorlage 76 BA: Bericht gemäß § 4a Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz über die im 3. Quartal 2021 ergriffenen Maßnahmen; BM f. Finanzen

Vorlage 77 BA: Beteiligungsbericht 2022 gemäß § 42 Abs. 5 BHG 2013; BM f. Fi­nanzen

Vorlage78 BA: Bericht gemäß § 54 Abs. 12 BHG 2013 über die Genehmigung von Mittelverwendungsüberschreitungen und gemäß § 60 Abs. 3 BHG 2013 über zu­gestimmte Vorbelastungen im 3. Quartal 2021; BM f. Finanzen

Vorlage 79 BA: Bericht über die Entwicklung des Bundeshaushaltes von Jänner bis September 2021, COVID-19 Berichterstattung, gemäß § 3 Abs. 4 COVID-19 Fondsgesetz, § 3b Abs. 4 ABBAG-Gesetz und § 1 Abs. 5 Härtefallfondsgesetz sowie Monitoring von Verschuldung und Investitionstätigkeit der Gemeinden, auf­grund der Entschließung des Nationalrates vom 20. Jänner 2021, 133/E XXVII. GP; BM f. Finanzen

III-453: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für März 2020 bis September 2021; BM f. Ar­beit

III-454: Bericht nach § 1 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler für September 2021; BM f. Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport

III-455: Bericht betreffend Spanische Hofreitschule – Lipizzanergestüt Piber – Rei­he BUND 2021/36; Rechnungshof

III-456: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für September 2021; BM f. Inneres

III-457: Tätigkeitsbericht 2020 der Bundesstelle für Sektenfragen; BM f. Frauen, Familie, Jugend und Integration

III-458: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für September 2021; BM f. Kunst, Kultur, öf­fentlichen Dienst und Sport

III-459: Bericht betreffend Besetzung von Pflichtschulleitungen in der Steiermark – Reihe BUND 2021/37; Rechnungshof

III-460: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für September 2021; Bundeskanzler

III­461: Jahresbericht 2020 des ORF gemäß § 7 ORF-Gesetz; Bundeskanzler

III-462: Bericht gemäß § 13 Abs. 1a des Bundesgesetzes über die Finanzierung der Arbeitsmarktpolitik (Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz – AMPFG) für das Jahr 2020 sowie Jänner bis September 2021; BM f. Arbeit

III-463: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für September 2021; BM f. Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

III-464: Bericht nach § 1 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Härtefallfonds in der Land- und Forstwirtschaft inkl. Privatzimmervermietung für September 2021; BM f. Landwirtschaft, Regionen und Tourismus


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 17

III-465: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für September 2021; BM f. Bildung, Wissen­schaft und Forschung

III­466: Kommunikationsbericht 2020 der KommAustria, der Telekom-Control-Kommission und der RTR-GmbH gemäß § 19 Abs. 4 KommAustria-Gesetz; Bun­deskanzler im Einvernehmen mit BM f. Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

III-467: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für September 2021 – Untergliederung 34 In­novation und Technologie (Forschung); BM f. Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobi­lität, Innovation und Technologie

III-468: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für September 2021 – Untergliederung 41 Mobilität; BM f. Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Techno­logie

III-469: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für September 2021 – Untergliederung 43 Klima, Umwelt und Energie; BM f. Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Inno­vation und Technologie

III-470: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds und § 1 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Härtefallfonds für September 2021; BM f. Digitalisierung und Wirt­schaftsstandort

III-471: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds und § 1 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Härtefallfonds für August 2021; BM f. Digitalisierung und Wirt­schaftsstandort

III-472: Bericht betreffend Zuschussverträge zur Finanzierung der Schieneninfra­struktur der ÖBB – Reihe BUND 2021/38; Rechnungshof

III-473: Bericht nach § 1 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler für Oktober 2021; BM f. Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport

III-474: Tätigkeitsbericht 2020 der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditie­rung Austria; BM f. Bildung, Wissenschaft und Forschung

III-475: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für Jänner bis September 2021; BM f. Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

III-476: Bericht betreffend „Schutz für Schwangere und Jugendliche vor Strahlen­belastung am Arbeitsplatz“, aufgrund der Entschließung des Bundesrates vom 5. Juni 2020, 300/E-BR/2020; BM f. Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Inno­vation und Technologie

III-477: Bericht betreffend ÖBB-Rahmenplan 2022-2027; BM f. Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

III-480: Bericht gem. § 2 Abs. 2 FEG über die Vollziehung der Bestimmungen des Flughafenentgeltegesetzes im Jahr 2020; BM f. Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 18

III-481: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für März 2020 bis Oktober 2021; BM f. Arbeit

III-482: Außen- und Europapolitischer Bericht 2020; Bundesregierung

III-483: Jahresbericht 2020 der NADA Austria GmbH; BM f. Kunst, Kultur, öffentli­chen Dienst und Sport

III-484: Bericht der Bundes-Sport GmbH über die Fördermaßnahmen 2019, ge­mäß § 40 BSFG 2017; BM f. Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport

III-485: Sportbericht 2020; BM f. Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport

III-486: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für Oktober 2021; BM f. Justiz

Anträge der Abgeordneten

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nein zur Diskriminie­rung gesunder Menschen – Ja zum Plan B gegen Corona (2011/A)(E)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verlängerung des Covid-19 Härtefallfonds (2012/A)(E)

Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Inflation endlich berück­sichtigen – Sportverbandsfördergelder anpassen“ (2013/A)(E)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung und Elementarbildung (2014/A)(E)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Strategie & Maßnahmenpaket zur Mobilisierung von Feuchtwiesen und Mooren als CO2 Speicher (2015/A)(E)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtsanspruch auf Kinderbe­treuung und Elementarbildung (2016/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket gegen den Arbeitskräftemangel (2017/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Generalpensionskassen­vertrag (2018/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform Rot-Weiß-Rot Kar­te: Fast Track einführen! (2019/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Transparenter Rechnungs­abschluss der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (2020/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von Funktionärs­fotos in Inseraten von Kammern (2021/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von Funktionärs­fotos in Inseraten von Kammern (2022/A)(E)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Teure Gutachten bei der Festsetzung der Höhe des Unterhaltes benachteiligen Selbständige (2023/A)(E)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Rechts­geschäftsgebühren (2024/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 19

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Zivildienst geändert wird (2025/A)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend niedrigen nationalen Beitrag zum UNFCCC Adaptation Fund erhöhen (2026/A)(E)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterstützung der Decla­ration on Children, Youth and Climate Action (2027/A)(E)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sport für alle trotz Corona-Versagens der Bundesregierung (2028/A)(E)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Steuerliche Maß­nahmen zur Mobilisierung privater Mittel für Bildung (2029/A)(E)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Spendenbegüns­tigung für gemeinnützige Stiftungen (2030/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend KESt-Befreiung für länger­fristige Veranlagungen (2031/A)(E)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mehr Transparenz für die Transparenzdatenbank (2032/A)(E)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Transparente Eva­luierung der Wirtschaftshilfen (2033/A)(E)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Effizientes Förder­wesen statt Förderdschungel (2034/A)(E)

Petra Vorderwinkler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gerechtigkeit für die Kinder Österreichs (2035/A)(E)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Quali­tätsstandards, der Gebühren und der Arbeitsbedingungen für Gerichtsdolmetscher*in­nen (2036/A)(E)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ernennung von Staatsanwäl­tInnen (2037/A)(E)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Informationskampagne „Werkzeugbox“ Blackout (2038/A)(E)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Teuerungsausgleich und Bun­des-Heizkostenzuschuss (2039/A)(E)

Mag. Verena Nussbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird (2040/A)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Freistellungsanspruch für Personen mit einem COVID-19-Risikoattest (2041/A)(E)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsatzkräfte von Feuerwehr, Rettung und Katastrophenhilfe im Beruf absichern! (2042/A)(E)

Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (2043/A)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 20

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend sofortige, unbürokratische finan­zielle Unterstützung für alle betroffenen Unternehmen zur Abfederung der Auswirkungen der aktuellen COVID-19 Restriktionen (2044/A)(E)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fachkräftemangel bekämp­fen – Pflichtpraktika in Tourismusschulen im Winter ermöglichen (2045/A)(E)

Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Basisfinanzierung für Frauen- und Mädchenberatungsstellen (2046/A)(E)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend LGBTIQ-Feindlichkeit und Hass­verbrechen stoppen (2047/A)(E)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend LGBTIQ-Feindlichkeit und Hass­verbrechen stoppen (2048/A)(E)

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung des Familienbonus Plus (2049/A)(E)

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung des Familienbonus Plus (2050/A)(E)

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Hürden des Familienbonus Plus für getrenntlebende Eltern beseitigen (2051/A)(E)

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Hürden des Familienbonus Plus für getrenntlebende Eltern beseitigen (2052/A)(E)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines Gesetzes zum Elternentfremdungssyndrom = Parental Alienation Syndrom (PAS) (2053/A)(E)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines Gesetzes zum Elternentfremdungssyndrom = Parental Alienation Syndrom (PAS) (2054/A)(E)

Petra Vorderwinkler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schulstornofonds jetzt neu auflegen! (2055/A)(E)

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortführung des Corona-Familien­härteausgleichs (2056/A)(E)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorrang für Trinkwasser­versorgung und vorsorgender Schutz des Trinkwassers (2057/A)(E)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend höherer präventiver Kon­sumentInnenschutz und Transparenz bei Tätowiermitteln (2058/A)(E)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorrang für Trinkwasser­versorgung und vorsorgender Schutz des Trinkwassers (2059/A)(E)

Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen betreffend eigene Website Kunst- und Kul­turstrategie (2060/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Hotline Familienbeihilfe (8235/J)

Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Fa­milie, Jugend und Integration betreffend Hotline Familienbeihilfe (8236/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 21

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend AGBs von Seilbahnbetrieben (8237/J)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Land­wirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Wintertourismus (8238/J)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Wappen des Austrofaschismus am Justizpalast (8239/J)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Covid-Bestimmungen für Seilbahnunternehmen (8240/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Vermeintlicher Verrat der Hausdurchsuchungen in Bundeskanzleramt etc. über das BMI (8241/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Ermittlungen zum vermeintlichen Verrat der Hausdurchsuchungen im Bun­deskanzleramt etc. über das BMI (8242/J)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Unzulässige Werbung für eine noch nicht beschlossene Steuerreform (8243/J)

Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidi­gung betreffend Beantwortung parlamentarischer Anfragen im Kontext mit Demox Re­search (8244/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Blackout-Vorsorge – Resiliente Polizeistandorte im Burgenland (8245/J)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Lan­desverteidigung betreffend aktueller Stand der Umsetzung der autarken Kasernen und Sicherheitsinseln zur Blackout-Vorsorge (8246/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Sommerministerrat der Bundesregierung im Schloss Reichenau (Folgeanfrage) (8247/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend NATO-Überflug (8248/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Frühpensionen aus psychi­schen Gründen (8249/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Unautorisierte Überflüge (8250/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Pandora Papers (8251/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Pandora Papers (8252/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 22

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Migrant mit Tuberkulose in Schlepper-Kastenwagen (8253/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend wachsende Migrationskrise (8254/J)

Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Verhinderung der Er­richtung der Umfahrung „Traisental-Schnellstraße S34“, die dem Schutz der Bevölke­rung vor Unfallgefahren, Lärmkontamination und Feinstaubbelastung infolge eines per­manenten Ansteigens des Individual- und Schwerverkehrs in der Region dient (8255/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Großflächige Verschmut­zung durch Diesel im Donaukanal (8256/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Erfolg für Umwelt: Plas­tikpfand im Supermarkt scheint fix (8257/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Luftreinigungsgeräte an österreichischen Schu­len (8258/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Plakat diskriminiert Menschen mit Behinderungen (8259/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Hausdurchsuchungen, Verrat derselben und Datenlöschungen (8260/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Erhebungen und Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen in ihrem Ressort (8261/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Berufstätigkeit von Sexualstraftätern während des elektronisch überwachten Hausarrest (8262/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Fol­geanfrage zu Partnerschaftsabkommen versprochen durch Bundeskanzler außer Dienst Sebastian Kurz (8263/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Folgeanfrage zu Partnerschaftsabkommen ver­sprochen durch Bundeskanzler außer Dienst Sebastian Kurz (8264/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Einstellung des Lehrbetriebes an österreichi­schen Universitäten sowie Einstellung des Betriebs der österreichischen Hochschüler­schaft (8265/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Alarmstufe Rot in der Pflege (8266/J)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissen­schaft und Forschung betreffend die Schließung des Aufbaulehrganges an der HLW Spittal (8267/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration betreffend Geheimbericht: Kulturverein soll Teil der Muslimbruderschaft sein! (8268/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 23

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Terrorgefahr in Österreich (8269/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Schaltung von Inseraten durch BM Köstinger in der Bauernzeitung – Parteiengesetz – Unabhängi­ger Parteien-Transparenz-Senat – Bundeskanzleramt (8270/J)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Post Gerald Fleischmann (8271/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Wer betreut die Twitter-Accounts im Bundeskanzleramt? (8272/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Inseratepolitik des Finanzministeriums (8273/J)

Michael Seemayer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend Seeuferzugänge der Österreichischen Bun­desforste AG (8274/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Jährliches Impfen und weitere Covid-19-Maßnahmen (8275/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Fragebogen des Arbeitsmarktservice (AMS) (8276/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Aktionsplan Reduzierung der Lebensmittelverschwendung in Österreich (8277/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Re­gionen und Tourismus betreffend Aktionsplan Reduzierung der Lebensmittelverschwen­dung in Österreich (8278/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Aktionsplan Reduzierung der Lebensmittelverschwen­dung in Österreich (8279/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend Herkunftskennzeichnung von Honig (8280/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend Personalmangel in der Forstwirtschaft in der Steiermark (8281/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend Personalmangel in der Forstwirtschaft in Kärnten (8282/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend Personalmangel in der Forstwirtschaft in Niederösterreich (8283/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 24

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend Personalmangel in der Forstwirtschaft in Oberösterreich (8284/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend Personalmangel in der Forstwirtschaft in Salzburg (8285/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend Personalmangel in der Forstwirtschaft in Tirol (8286/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend Personalmangel in der Forstwirtschaft in Vorarlberg (8287/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend Personalmangel in der Forstwirtschaft in Wien (8288/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend Personalmangel in der Forstwirtschaft im Burgenland (8289/J)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Berichtspflichten innerhalb der Weisungskette (8290/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit be­treffend Zulassung von Asylwerbern zu Beschäftigung (8291/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Folgeanfrage Angekündigte Reformen im Glückspielwesen: Stand der Um­setzung (8292/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Martin Ho und Julian Hessenthaler: effiziente und verhältnismäßige Ermitt­lungsmaßnahmen? (8293/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Martin Ho und Julian Hessenthaler: effiziente und verhältnismäßige Ermitt­lungsmaßnahmen? (8294/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Kli­maschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend 76 laufen­de EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich (8295/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend 76 laufende EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich (8296/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digi­talisierung und Wirtschaftsstandort betreffend 76 laufende EU-Vertragsverletzungsver­fahren gegen Österreich (8297/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend 76 laufende EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich (8298/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Land­wirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend 76 laufende EU-Vertragsverletzungsver­fahren gegen Österreich (8299/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend 76 laufende EU-Ver­tragsverletzungsverfahren gegen Österreich (8300/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 25

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend 76 laufende EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich (8301/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Lan­desverteidigung betreffend 76 laufende EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Öster­reich (8302/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend 76 laufende EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Öster­reich (8303/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend 76 laufende EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich (8304/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inne­res betreffend 76 laufende EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich (8305/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend 76 laufende EU-Vertragsverlet­zungsverfahren gegen Österreich (8306/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frau­en, Familie, Jugend und Integration betreffend 76 laufende EU-Vertragsverletzungsver­fahren gegen Österreich (8307/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend 76 laufende EU-Vertragsverletzungsver­fahren gegen Österreich (8308/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bil­dung, Wissenschaft und Forschung betreffend 76 laufende EU-Vertragsverletzungsver­fahren gegen Österreich (8309/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Zukunft des Truppenübungsplatz Pöls (8310/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Zukunft des Truppenübungsplatz Seetal (8311/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Zukunft der Gablenz-Kaserne (8312/J)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend Hilfe vor Ort (8313/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Jobabbau durch Altersteilzeit in der Sozialversicherung (Folgeanfrage) (8314/J)

Alois Schroll, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend des geplanten Baus einer zusätzlichen Donaubrücke in Mauthausen und dem damit verbundenen Verkehrs­konzept (8315/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Wie überweist man 100 EUR? – Abwicklung des Klimabonus (8316/J)

Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Heizkesseltausch für einkommensschwache Haushalte (8317/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 26

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Er­wartbarer Untersuchungsausschuss, befürchtete Hausdurchsuchungen versus Löschen sowie unterlassene Wiederherstellung (8318/J)

Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Ermittlungen in der Faymann-Inseratenaffäre (8319/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digi­talisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Showpolitik im Wirtschaftsministerium (8320/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Empfehlungen der Kindeswohlkommission und Alternativbericht des BMI (8321/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Equal-Pay-Siegel „equalitA“ für Unternehmen – Fol­geanfrage (8322/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend Auswirkungen der CO2-Bepreisung auf den Tanktourismus und die Mineralölsteuereinnahmen (8323/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Fa­milie, Jugend und Integration betreffend Bundesfinanzgesetz 2022 – UG10: Förderung von frauenspezifischen Beratungsangeboten, Initiativen und Projekten zum Abbau von Benachteiligungen von Frauen (8324/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Di­gitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Eigenstudie „Valentinstag in Zeiten der Corona-Krise“-Research Affairs (8325/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Eigenstudie „Anreize für die Teilnahme an der Corona-Impfung“-Research-Affairs (8326/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Eigenstudie „Valentins­tag in Zeiten der Corona-Krise“-Research Affairs (8327/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend UG 21 Konsumentenschutz-Budget­mittel Dachverband der Schuldnerberatungen (8328/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend UG 21 Konsumentenschutz-Budgetmit­tel für den Verbraucherrat des Austrian Standards International-Standardisierung und Innovation 2022 (8329/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend ergänzende Fragen zu Anfragebeant­wortung 7388/AB – erfolgreiches VKI-Verfahren gegen Hygiene Austria in Sachen „Made in Austria“ (8330/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Folgeanfrage zur Anfragebeantwortung 7432/AB AMS-Förderungen an Scheinfirmen im Bundesland Wien (8331/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 27

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Folgeanfrage zur Anfragebeantwortung 7560/AB „ticket“west“ (8332/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Folgeanfrage zu 7045/AB Geschäftszahl: 2021-0.226.838 – Neue Vorwürfe gegen die Hygiene Austria – ELAK-Vorgänge (8333/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Anzahl der sozialversicherten Mitarbei­ter bei der Firma Hygiene Austria (8334/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend ergänzende Fragen zu 7206/AB – betreffend Haftungs­ausschluss gemäß § 38 UGB und Verfahren des VKI im Zusammenhang mit Ge­schäftsführerwechsel und Übertragung eines Teilbetriebes in B & B Mask Holding GmbH durch die Hygiene Austria (8335/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Folgeanfrage zu 6830/AB Geschäftszahl: 2021-0.189.823 betreffend AMS-Förderungen für Scheinfirmen im Bundesland Wien – Stand der Strafverfahren (8336/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend 20.01.02 Aktive Arbeitsmarktpolitik BMA-Ziel 1 (8337/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Detailbudget 20.01.01 Arbeitsmarktadministration BMA-Ziel 1 (8338/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend 20.01.02 Aktive Arbeitsmarktpolitik BMA-Ziel 2 (8339/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend 20.01.03 Leistungen/Beiträge BMA Ziel 1 (8340/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend 20.02.02 Zentralstelle Arbeitsinspektion Ziel (8341/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend UG 21 Konsumentenschutz-Budgetmit­tel Verein Schlichtung von Verbrauchergeschäften 2022 (8342/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Folgeanfrage zu 7356/AB Auskünfte nach dem Auskunftpflichtge­setz 2020/2021 in Sachen Coronamaßnahmen (8343/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Vertagungs-Marathon am 6. Oktober 2021 in der Sozialausschusssitzung des Nationalrats (8344/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Vertagungs-Marathon am 6. Oktober 2021 in der Sozialausschusssitzung des Nationalrats (8345/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend UG 21 Konsumentenschutz-Budgetmit­tel Schuldnerhilfe Oberösterreich (8346/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend UG 21 Konsumentenschutz-Budgetmit­tel für die Internetombudsstelle für 2022 (8347/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Detailbudget 20.03.01 Zentralstelle Ziel 1 (8348/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 28

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Überstunden im BMLV (8349/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Re­gionen und Tourismus betreffend Überstunden im BMLRT (8350/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Überstunden im BMKUEMIT (8351/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öf­fentlichen Dienst und Sport betreffend Überstunden im BMKÖS (8352/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden im BMJ (8353/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Überstunden im BMI (8354/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Überstunden im BMF (8355/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration betreffend Überstunden im BMFI (8356/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Überstunden im BMEUV (8357/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Überstunden im BMEIA (8358/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Überstunden im BMDW (8359/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissen­schaft und Forschung betreffend Überstunden im BMBWF (8360/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Überstunden im BMA (8361/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Überstunden im BKA (8362/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Überstunden im BMSGPK (8363/J)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Illegale Grenzübertritte in Tirol (8364/J)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Illegale Grenzübertritte in Oberösterreich (8365/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 29

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Illegale Grenzübertritte in Niederösterreich (8366/J)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Illegale Grenzübertritte in der Steiermark (8367/J)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Illegale Grenzübertritte im Burgenland (8368/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Ergänzung vom 2. Sep­tember 2021 zum Memorandum of Understanding zu Covid-19-Impfungen zwischen Ös­terreichischer Ärztekammer und Gesundheitsministerium (Abschluss April 2020) (8369/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Folgeanfrage zu 7084/AB betreffend Anzahl E-Mails aus dem Kabinett an Mitarbeiter des BMA Geschäftszahl: 2021-0.2030.287-PR-Agentur Schütze und Lobbying für Hygiene Austria (8370/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend 20.01.04 Arbeitsmarktadministration AMS Ziel 1 (8371/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend 20.02.01 Arbeitsinspektion Ziel 1 C (8372/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend 20.02.01 Arbeitsinspektion Ziel 1 B (8373/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend 20.02.01 Arbeitsinspektion Ziel 1 (8374/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Folgeanfrage zu 6788/AB Bundesarchivgut BM a.D. Christine Aschbacher betreffend Ex-Generalsekretärin Bernadett Humer, MSC (8375/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Handywechsel im türkisen Kabinett und Generalsekretariat? (8376/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Folgeanfrage zu 7045/AB Geschäftszahl: 2021-0.226.838 – Neue Vorwürfe gegen die Hygiene Austria – Keine Erhebung der Anstellungsverhältnisse (8377/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Sozia­les, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Folgeanfrage zu 7337/AB Auskünfte nach dem Auskunftpflichtgesetz 2020/2021 in Sachen Coronamaßnahmen (8378/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Folgeanfrage zu 6788/AB Bundesarchivgut BM a.D. Christine Aschbacher (8379/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Folgeanfrage zu 7425/AB – Mehr Infor­mationen über das Basiskonto (8380/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Druck auf Wirtschaftsforschungsinstitute durch türkise Prätorianer? (8381/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Fol­geanfrage zu 7043/AB-zu Geschäftszahl: 2021-0.2030.287 – PR-Agentur Schütze und Lobbying für Hygiene Austria (8382/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 30

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend konsumentenschutzpolitische Zie­le 2022 im Budget 2022 UG 21 (8383/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend „Eigenstudie – Kampf gegen die Arbeitslosigkeit“-Research-Affairs (8384/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Konsumentenschutz und Budget 2022 – Widerstand des ÖVP-Wirtschaftsbundes? (8385/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „Eigenstudie-Einstellung zu regionalen Lockerungen bzw. Verschärfungen der Corona-Maßnahmen“-Research-Affairs (8386/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „Eigenstudie – Einstel­lung der Bevölkerung zum Kauf von Sputnik V“-Research-Affairs (8387/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Eigenstudie „Ängste und Sorgen in Zusammenhang mit dem Coronavirus in Österreich“-Research-Affairs (8388/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Folgeanfrage zu 7303/AB „ThinkAustria“-Stabstellenpressekonferenz mit An­tonella Mei-Pochtler (8389/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Corona-Wirtschaftskrise – das Arbeitslosengeld reicht nicht (8390/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Fami­lie, Jugend und Integration betreffend digitale Anträge für Familienleistungen (8391/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Fami­lie, Jugend und Integration betreffend Situation von Care Leavern in Österreich (8392/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Fami­lie, Jugend und Integration betreffend Bundesfinanzgesetz 2022 – UG10: Wirkungs­ziel 3: Verbesserung der umfassenden Gleichstellung einschließlich der ökonomischen Gleichstellung der Frauen (8393/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Situation von Care Leavern in Ös­terreich (8394/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend COVID 19 – Maßnahmenverordnung des BMSGPK (8395/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Nächster Kahlschlag: Schließung weiterer Postämter in der Steiermark (8396/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend fragwürdiges Inserat des BMI (8397/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Folgeanfrage zu der Anfra­ge 7578/J die Eigenversorgung mit Martinigänsen (8398/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 31

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Wirbel um Schild „Nicht geimpfte Kinder sind misshandelte Kinder“ (8399/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Unterlagen für den Ausbildungs- und Dienstgebrauch im Asyl- und Fremdenwesen (8400/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Folgeanfrage zur Leihmutterschaft in Österreich (8401/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Meldungen zu geplanten Hausdurchsuchungen an das Kabinett (8402/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Vergabeverfahren Sabine B. (8403/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Pressekonferenzen des Innenministers (8404/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend Folgeanfrage – Asylstatus für Strafgefangene und ehemalige Strafgefangene (8405/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Kosten der UN-Klima­konferenz 2021 für den Steuerzahler (8406/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend wichtige steirische Re­gionalbahnen vor dem Aus? (8407/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Wirtschaftskammer for­dert Bahnausbau in der Region (8408/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Aktionsplan Reduzierung der Lebensmittel­verschwendung in Österreich (8409/J)

Mag. Nina Tomaselli, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisie­rung und Wirtschaftsstandort betreffend „Förderung der Gemeinde-Plus App“ (8410/J)

Mag. Nina Tomaselli, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend „Fördervergabe einer ELER-Förderung (Eu­ropäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums) betreffend Vorarlberger Unternehmen AZ Digitalisierungs GmbH“ (8411/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Zukunft der Von der Groeben-Kaserne (8412/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Zukunft des Fliegerhorst Hinterstoisser (8413/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Zukunft der Hackher-Kaserne (8414/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 32

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Immobilienvermögen der ge­setzlichen Sozialversicherungsträger (8415/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Sozialversicherung: Offenle­gung der Gebarungsvorschaurechnungen (10/2021) (8416/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Potentielle Steuerhinterziehung durch Scheinrechnungen (8417/J)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ar­beit betreffend Folgeanfrage Rechtzeitige Umsetzung der EU-Whistleblowerrichtlinie (8418/J)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Vollkonzen­tration im 3. Abschnitt des UVP-G (8419/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisie­rung und Wirtschaftsstandort betreffend USP: Wann wird aus der Linksammlung ein One-Stop-Shop für Unternehmer_innen? (8420/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ministeriumsaufträge für ehemalige Mitarbeiter von Ex-ÖVP-Innenminister Ernst Strasser mit fragwürdigen Verbindungen zu Wirecard und BVT (8421/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Ministeriumsaufträge für ehemalige Mitarbeiter von Ex-ÖVP-Innenminister Ernst Strasser mit fragwürdigen Verbindungen zu Wirecard und BVT (8422/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitali­sierung und Wirtschaftsstandort betreffend Ministeriumsaufträge für ehemalige Mitarbei­ter von Ex-ÖVP-Innenminister Ernst Strasser mit fragwürdigen Verbindungen zu Wire­card und BVT (8423/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Mi­nisteriumsaufträge für ehemalige Mitarbeiter von Ex-ÖVP-Innenminister Ernst Strasser mit fragwürdigen Verbindungen zu Wirecard und BVT (8424/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landes­verteidigung betreffend Ministeriumsaufträge für ehemalige Mitarbeiter von Ex-ÖVP-Innenminister Ernst Strasser mit fragwürdigen Verbindungen zu Wirecard und BVT (8425/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Ministeriums­aufträge für ehemalige Mitarbeiter von Ex-ÖVP-Innenminister Ernst Strasser mit frag­würdigen Verbindungen zu Wirecard und BVT (8426/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 33

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend CO2-Beprei­sung, Klimabonus und vielen offenen Fragen (8427/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend CO2-Bepreisung, Klimabonus und vielen offenen Fragen (8428/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Wann wird die EU-Plastiksteuer endlich bei den Verursachern eingehoben? (8429/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Aktueller Stand des Auslieferungsverfahrens gegen Dimitro Firtasch (8430/J)

Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend dringend aufklärungswürdige Umstände bei verschiedenen Verfahrenshand­lungen der WKStA im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen Sebastian Kurz (8431/J)

Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Jus­tiz betreffend die Beschwerde der Rechtsschutzbeauftragten vom 14. Oktober 2021 (8432/J)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesver­teidigung betreffend des Abzeichens „Odins Rabe“ in einem veröffentlichten Videobild des österreichischen Bundesheeres (8433/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend die Voraus­setzungen für eine Wolfsentnahme nach der FFH-Richtlinie sind gegeben (8434/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Klimaklage: Richter sol­len für Benzin und Diesel Ablaufdatum 2035 nennen (8435/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Verwendung von Mitarbeiterressourcen für Parteizwecke (8436/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Welche G’s gelten für illegale Migranten und Asylanten? (8437/J)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Liquidationsprozess HETA Asset Resolution AG (8438/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Brennholz von heimischen Wald­bauern unterstützen (8439/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Re­gionen und Tourismus betreffend Lebensmittelindustrie beklagt „historische Kostenla­wine“ (8440/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Aus für die Maestro-Card“ (8441/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 34

Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend die Kommunikationsoffensive des BMLV zum Thema Blackout-Vorsorge (8442/J)

MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für eu­ropäische und internationale Angelegenheiten betreffend die Mitgliedschaft Österreichs in internationalen Organisationen (8443/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Umfrage: An Klimawan­del interessierte Österreicher fühlen sich „nicht gut informiert“ (8444/J)

Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend die Notwendigkeit eines Corona-Testbusses (8445/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „Aus für die Maestro-Card“ (8446/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Lebensmittelindustrie beklagt „histori­sche Kostenlawine“ (8447/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Reaktorblock herunter­gefahren: Problem mit Pumpe im AKW Dukovany (8448/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „zahlreiche Nebenwirkungen bei Corona-Impfungen und wenig Aufklärung durch impfende Ärzte sowie die Kampagnen der Bundesregierung“ (8449/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Verstöße gegen die Patienten­charta (8450/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Grünes Licht für Koralm-Kraftwerk (8451/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend Brennholz von heimischen Waldbauern un­terstützen (8452/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend AKW Krško: Mit Tricks zur Laufzeitverlängerung (8453/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Ab 2050 gibt es mehr Plastik im Ozean als Fische (8454/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Gemeinsamer Kampf gegen Atomkraftwerk Paks II (8455/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Altersfeststellungen von unbegleiteten minderjährigen Asylwerbern (8456/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Intensivpatienten vom Ausland (8457/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Tierärzte für Nutztiere in der Bio-Landwirtschaft (8458/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Tierärzte für Nutztiere in der Bio-Landwirtschaft (8459/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 35

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Unsichtbares Plastik auf unseren Feldern (8460/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Studie: Klimawandel kommt uns teurer als gedacht (8461/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Ist das Sparbuch bald Geschichte?“ (8462/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „Ist das Sparbuch bald Geschichte?“ (8463/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Bringt der Green Deal Verluste für die Bauern und wenig für die Umwelt? (8464/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend die Voraussetzungen für eine Wolfsentnah­me nach der FFH-Richtlinie sind gegeben (8465/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Gesundheitsministerium ordnet an: „An­tikörpertests sagen nichts über Schutz aus“ (8466/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Sozia­les, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens seit 1.1.2020 durch die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) (8467/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Sozia­les, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens seit 1.1.2020 durch die Österreichische Gesundheitskasse (SVS) (8468/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Sozia­les, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Kontakt des Ministerbüros mit Lobbyisten seit 1.1.2020 (8469/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Kontakt des Ministerbüros mit Lobbyisten seit 1.1.2020 (8470/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Sozia­les, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Bundesarchivgut General­sekretär Mag. Stefan Wallner (8471/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend 1927/M-BR/2021 und die Datenlöschung bei „Leihgeräten“ (8472/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Leitbild und Wirkungsziel Nummer 2 UG 21-Arbeit (8473/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frau­en, Familie, Jugend und Integration betreffend IHS-Kompetenzzentrums für Verhaltens­ökonomik (8474/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend IHS-Kompetenzzentrums für Verhaltensökonomik (8475/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 36

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend IHS-Kompetenzzentrums für Verhaltensökonomik (8476/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Leitbild und Wirkungsziel Nummer 5 UG 21 – Arbeit (8477/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Leitbild und Wirkungsziel Nummer 3 UG 21 – Arbeit (8478/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Leitbild und Wirkungsziel Nummer 1 UG 21-Arbeit (8479/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Einfluss von ÖVP-nahen Lobbyisten auf Minister, Kabinett und Generalsekre­tariat im Bundesministerium für Arbeit (8480/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Leitbild und Wirkungsziel Nummer 4 UG 21-Arbeit (8481/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Blackout Vorsorge der Polizeistandorte in Wien (8482/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Blackout Vorsorge der Polizeistandorte in Vorarl­berg (8483/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Blackout Vorsorge der Polizeistandorte in Tirol (8484/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Blackout Vorsorge der Polizeistandorte in Salzburg (8485/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Blackout Vorsorge der Polizeistandorte in Oberösterreich (8486/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Blackout Vorsorge der Polizeistandorte in Niederösterreich (8487/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Blackout Vorsorge der Polizeistandorte in Kärnten (8488/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Blackout Vorsorge der Polizeistandorte in der Steiermark (8489/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Blackout Vorsorge der Polizeistandorte im Burgenland (8490/J)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Umsetzung der 15a-Vereinbarung zur Elementarpädagogik 2018-2022 (8491/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Arbeit von „Kompass“ im Zeitraum September 2020 bis September 2021 (8492/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Störungen der Einsätze des Bundesheers an der burgenländischen Grenze (8493/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 37

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidi­gung betreffend die Störungen der Einsätze des Bundesheers an der burgenländischen Grenze (8494/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidi­gung betreffend die etwaige Beteiligung österreichischer Staatsangehöriger an einer pri­vaten deutschen Söldnertruppe (8495/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die etwaige Beteiligung österreichischer Staatsangehöriger an einer privaten deutschen Söldnertruppe (8496/J)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Qualitätssicherung für Heimunterricht (8497/J)

Dr. Astrid Rössler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Umsatzdaten von digitalen Vermittlungsplattformen im Kalenderjahr 2020 (8498/J)

Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Ausforschung von WKStA-Mitarbeiter*innen und Weitergabe der Daten an Medien“ (8499/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisie­rung und Wirtschaftsstandort betreffend Zweifel an Rettung von Sandoz Werk in Kundl: Antworten zu Vorgehen, Vertragsdetails und Stand! (8500/J)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend Wechselkursverluste bei EZA in Äthiopien (8501/J)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Umsetzungsstand der einstim­migen Entschließung zum Verbot von sog. Konversionstherapien (8502/J)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Umsetzungsstand der einstimmigen Entschließung zum Verbot von sog. Kon­versionstherapien (8503/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend AMA Imagekampagne Milch – ohne Milch (8504/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Sicherheitspartnerschaft des BMI mit Vorarlberg (8505/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Der Weg von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in Österreich (8506/J)

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Kosten und Ergebnisse des Fairness Prozesses (8507/J)

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Erweiterung des IG-Netzes (8508/J)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Kampagne Klimaticket (8509/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 38

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend bundesweiter Reparaturbonus (8510/J)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Alternatives Pflichtfach Ethik (8511/J)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Umsetzungsstand Beschluss zum Schutz von intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen vor medizinisch nicht notwendigen Eingriffen (8512/J)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration betreffend Umsetzungsstand Beschluss zum Schutz von intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen vor medizinisch nicht notwendigen Eingriffen (8513/J)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Umsetzungsstand Beschluss zum Schutz von intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen vor medizinisch nicht notwendigen Eingriffen (8514/J)

Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Sozia­les, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Kinderambulanz Stolzalpe (8515/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Folgeanfrage Versuch der Beschlagnahmung von Handy einer Nationalrats­abgeordneten (8516/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Schwerpunktaktionen“ zur Schlepperbekämpfung und das Recht auf Asyl­verfahren an der österreichisch-ungarischen Grenze sowie in Ungarn (8517/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend COVID-Immunisierungsquote (8518/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend Weidezone Tirol – Rechtliche Überlegungen zu einer möglichen Konstituierung (8519/J)

Mag. Dr. Petra Oberrauner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Kli­maschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend fehlendes ESALab in Österreich (8520/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend Auflösung jeglicher Verträge mit „Research Affairs“ und „Karmasin Research“ (8521/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Umsetzung des Entschließungsantrags 1928/A(E) betreffend die aktuelle Situation in Afghanistan (8522/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Umsetzung des Entschließungsantrags 1928/A(E) betreffend die aktuelle Si­tuation in Afghanistan (8523/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend Umsetzung des Entschließungsan­trags 1928/A(E) betreffend die aktuelle Situation in Afghanistan (8524/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 39

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 21.02.02 Pflegefonds, 24-Stunden-Betreuung, pflegende Angehörige BMSGPK-Ziel 2 (8525/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 24.01.02 Beteili­gungen und Überweisungen (AGES und GOG) Ziel 1 (8526/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 24.03.02. Veteri­när-, Lebensmittel- und Gentechnologieangelegenheiten Ziel 1 (8527/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Budget 2022 Untergliederung UG 21 Pflegebudget Fragenkomplex Nummer 02 Detailbudget 21.02.02. Pflegefonds, 24-Stunden-Betreuung, pflegende Angehörige (8528/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Sozia­les, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend UG 22 Pensionsversiche­rung Wirkungsziel 2 (8529/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend UG 22 Pensionsversi­cherung Wirkungsziel 1 (8530/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 22.01.03 Nachtschwerarbeit variabel Ziel 1 (8531/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Sozia­les, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 22.01.02 Aus­gleichszulage variabel BMSGPK – Ziel 1 (8532/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 22.01.01 Bundesbeitrag, Partnerleistung variable BMSGPK – Ziel 1 (8533/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 22.01.01 Bundesbeitrag, Partnerleistung variable BMSGPK – Ziel 2 (8534/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Budget 2022 Wirkungsziel 4 BMSGPK (8535/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 21.03.02 Heeresversorgung, Impfschaden BMSGPK – Ziel 1 (8536/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Budget 2022 Wirkungs­ziel 3 BMSGPK (8537/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Budget 2022 Wirkungs­ziel 5 BMSGPK (8538/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 40

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 21.04.01 Maßnahmen für Behinderte, spezielle Förderprogramme BMSGPK – Ziel 1 (8539/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Budget 2022 Wirkungs­ziel 1 BMSGPK (8540/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 24.03.01. Gesund­heitsförderung, Prävention und Maßnahmen gegen Suchtmittelmissbrauch Ziel 3 (8541/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Budget 2022 Untergliederung UG 21 Pflegebudget Fragenkomplex Nummer 01 Detailbudget 21.02.01. Pflegegeld und Pflegekarenz (8542/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Zulassung der Covid-19 Impfstoffe (8543/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Kliniken beschränken Besuche in Hochinzi­denzgebieten (8544/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Anordnung der Dienstbehörde einer ärztlichen Untersuchung (8545/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus betreffend öffentliche Gelder für den Verein Land schafft Leben (8546/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend der App “Pflegegeldhilfe“ und digi­tale Anträge für Sozialleistungen (8547/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Kostenexplosion bei Stromgroßhandelspreis (8548/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Budget 2022 Untergliederung UG 21 Fragenkomplex 1 Maßnahmen für Behinderte, spezielle Förderprogramme (8549/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Budget 2022 Untergliederung UG 21 Versorgungsgesetze Fragenkomplex Nummer 02 Heeresversorgung, Impfscha­den (8550/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Sozia­les, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Budget 2022 Untergliede­rung UG 21 Versorgungsgesetze Fragenkomplex Nummer 01 Kriegsopferversorgung (8551/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 24.02.01 Kranken­anstaltenfinanzierung nach dem KAKuG Ziel 1 (8552/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 24.01.02 Beteili­gungen und Überweisungen (AGES und GOG) Ziel 2 (8553/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Bericht gem. § 3 Abs. 5 COVID-19-


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 41

FondsG-Unterstützungen an Sozialhilfe- bzw. Mindestsicherungshaushalte für Kinder (8554/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Bericht gem. § 3 Abs. 5 COVID-19-FondsG-Corona-Familienhärteausgleich, Teil UG 21 (8555/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Bericht gem. § 3 Abs. 5 COVID-19-FondsG- Covid-19-Armutgesetz-Unterstützungen an Sozialhilfe- bzw Mindestsiche­rungshaushalte für Kinder (8556/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Bericht gem. § 3 Abs. 5 COVID-19-FondsG-Kosten Epidemiegesetz (8557/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Verbot der Weitergabe nicht ver­brauchter Impfdosen an Drittländer (8558/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend 3G-Nachweis am Arbeitsplatz: Nötigungsversuch von AMS-Chef Johannes Kopf (8559/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Bericht gem. § 3 Abs. 5 COVID-19-FondsG-Umsetzung der 3G-Regelung genesen, getestet und geimpft (8560/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Bericht gem. § 3 Abs. 5 COVID-19-FondsG-Kosten COVID-19-Zweckzuschussgesetz (8561/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Betrug in der Pensions­versicherungsanstalt mit Schein-Pensionisten (8562/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Betrug in der Pensions­versicherungsanstalt mit Schein-Pensionisten (8563/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Budget 2022 Gesundheit Wir­kungsziel 4 BMSGPK (8564/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Budget 2022 Gesundheit Wir­kungsziel 1 BMSGPK (8565/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend flächendeckende PCR-Tests-Infrastruktur sicherstellen (8566/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Budget 2022 Gesundheit Wir­kungsziel 2 BMSGPK (8567/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Budget 2022 Gesundheit Wir­kungsziel 3 BMSGPK (8568/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 24.03.01. Gesund­heitsförderung, Prävention und Maßnahmen gegen Suchtmittelmissbrauch Ziel 1 (8569/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 24.03.01. Ge­sundheitsförderung, Prävention und Maßnahmen gegen Suchtmittelmissbrauch Ziel 2 (8570/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 42

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 24.03.01. Gesund­heitsförderung, Prävention und Maßnahmen gegen Suchtmittelmissbrauch Ziel 4 (8571/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 24.02.01 Kranken­anstaltenfinanzierung nach dem KAKuG Ziel 2 (8572/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 24.02.01 Kranken­anstaltenfinanzierung nach dem KAKuG Ziel 3 (8573/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 24.02.03 Leistun­gen an Sozialversicherungen Ziel 1 (8574/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 24.02.03 Leistun­gen an Sozialversicherungen Ziel 2 (8575/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 24.02.03 Leistun­gen an Sozialversicherungen Ziel 3 (8576/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 24.02.02 FLAF-Zahlungen, Primärversorgung (8577/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Budget 2022 Untergliederung UG 21 Versorgungsgesetze Fragenkomplex Nummer 03 Opferfürsorgegesetz (8578/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 24.01.01 e-health und Gesundheitsgesetze Ziel 1 (8579/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 21.04.01 Maßnahmen für Behinderte, spezielle Förderprogramme BMSGPK-Ziel 3 (8580/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 21.02.02 Pflegefonds, 24-Stunden-Betreuung, pflegende Angehörige BMSGPK-Ziel 1 (8581/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Sozia­les, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 21.02.01 Pfle­gegeld und Pflegekarenz BMSGPK-Ziel 1 (8582/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 21.03.03 Opferfürsorge BMSGPK-Ziel 1 (8583/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 21.01.01 Zentralstelle BMSGPK – Ziel 1 (8584/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Budget 2022 Wirkungs­ziel 2 BMSGPK (8585/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 21.01.02 Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen BMSGPK – Ziel 1 (8586/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 43

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 21.01.04 EU, Internationales, Soziales, Senioren BMSGPK – Ziel 1 (8587/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 21.03.04 Hilfeleistung für Opfer von Verbrechen, Heimopfer BMSGPK – Ziel 1 (8588/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 21.03.01 Kriegsopferversorgung BMSGPK – Ziel 1 (8589/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 21.02.02 Pflegefonds, 24-Stunden-Betreuung, pflegende Angehörige BMSGPK – Ziel 3 (8590/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Detailbudget 21.04.01 Maßnahmen für Behinderte, spezielle Förderprogramme BMSGPK – Ziel 2 (8591/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Bericht gem. § 3 Abs. 5 COVID-19-FondsG-Förderungen von gemeinnützigen Organisationen im Rahmen der ARR 2014 (8592/J)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend Perspektiven für Menschen am Westbalkan (8593/J)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend Zentralasienbesuch des Außen­ministers (8594/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Sozia­les, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Betrug in der Pensionsversi­cherungsanstalt mit Schein-Pensionisten (8595/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Betrug in der Pensions­versicherungsanstalt mit Schein-Pensionisten (8596/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Sozia­les, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Betrug in der Pensionsversi­cherungsanstalt mit Schein-Pensionisten (8597/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Kostenexplosion bei Stromgroßhandels­preis (8598/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Bericht gem. § 3 Abs. 5 COVID-19-FondsG-Förderungen von gemeinnützigen Organisationen im Rahmen der Sonderricht­linie „COVID-19 Armutsbekämpfung“ (8599/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Sozia­les, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Budget 2022 Detailbudget 21.01.01 Zentralstelle (8600/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Budget 2022 Detail­budget 21.01.02 Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen Fragenkomplex 01 (8601/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Streichung des Arbeitslosengeldes bei 2 und 3 G (8602/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 44

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Kostenexplosion bei Stromgroßhandelspreis (8603/J)

Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Leistung der Rettungsorganisationen bei Covid-Transporten – Folgeanfrage (8604/J)

*****

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Natio­nalrates betreffend Aktenlieferung in Papierform aus dem Finanzministerium (42/JPR)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Sche­rak, MA, Kolleginnen und Kollegen (7530/AB zu 7661/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen (7531/AB zu 7670/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (7532/AB zu 7674/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (Zu 7532/AB zu 7674/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfra­ge der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen (7533/AB zu 7662/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfra­ge der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen (7534/AB zu 7663/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen (7535/AB zu 7673/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ge­rald Hauser, Kolleginnen und Kollegen (7536/AB zu 7666/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen (7537/AB zu 7671/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (7538/AB zu 7676/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen (7539/AB zu 7667/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen (7540/AB zu 7668/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (7541/AB zu 7665/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kolle­gen (7542/AB zu 7669/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (7543/AB zu 7675/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Petra Vorderwinkler, Kolleginnen und Kollegen (7544/AB zu 7678/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 45

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Petra Vorderwinkler, Kolleginnen und Kollegen (7545/AB zu 7679/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (7546/AB zu 7680/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kolle­gen (7547/AB zu 7664/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (7548/AB zu 7681/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Doug­las Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (7549/AB zu 7683/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Doug­las Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (7550/AB zu 7684/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Doug­las Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (7551/AB zu 7685/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Doug­las Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (7552/AB zu 7686/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen (7553/AB zu 7682/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (7554/AB zu 7687/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Mar­greiter, Kolleginnen und Kollegen (7555/AB zu 7689/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Mar­greiter, Kolleginnen und Kollegen (7556/AB zu 7688/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfra­ge der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen (7557/AB zu 7690/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (7558/AB zu 7702/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (7559/AB zu 7707/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (7560/AB zu 7694/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (7561/AB zu 7703/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen (7562/AB zu 7701/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen (7563/AB zu 7696/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (7564/AB zu 7735/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 46

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen (7565/AB zu 7712/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen (7566/AB zu 7714/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen (7567/AB zu 7716/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (7568/AB zu 7710/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Ames­bauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (7569/AB zu 7698/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen (7570/AB zu 7715/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (7571/AB zu 7717/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (7572/AB zu 7718/J)

der Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (7573/AB zu 7723/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Reinhold Ein­wallner, Kolleginnen und Kollegen (7574/AB zu 7719/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Bela­kowitsch, Kolleginnen und Kollegen (7575/AB zu 7706/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (7576/AB zu 7700/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (7577/AB zu 7699/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen (7578/AB zu 7704/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen (7579/AB zu 7695/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen (7580/AB zu 7711/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Kris­per, Kolleginnen und Kollegen (7581/AB zu 7722/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Ab­geordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen (7582/AB zu 7697/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (7583/AB zu 7692/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (7584/AB zu 7721/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 47

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucha­rowits, Kolleginnen und Kollegen (7585/AB zu 7720/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch, Kolleginnen und Kollegen (7586/AB zu 7705/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch, Kolleginnen und Kollegen (7587/AB zu 7708/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolle­ginnen und Kollegen (7588/AB zu 7709/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch, Kolleginnen und Kollegen (7589/AB zu 7691/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (7590/AB zu 7739/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen (7591/AB zu 7745/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (7592/AB zu 7733/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (7593/AB zu 7750/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen (7594/AB zu 7726/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen (7595/AB zu 7737/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loa­cker, Kolleginnen und Kollegen (7596/AB zu 7734/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loa­cker, Kolleginnen und Kollegen (7597/AB zu 7725/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolle­ginnen und Kollegen (7598/AB zu 7732/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (7599/AB zu 7727/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen (7600/AB zu 7728/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (7601/AB zu 7731/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen (7602/AB zu 7729/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen (7603/AB zu 7730/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen (7604/AB zu 7736/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 48

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ge­rald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (7605/AB zu 7724/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (7606/AB zu 7742/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (7607/AB zu 7743/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Ames­bauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (7608/AB zu 7747/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (7609/AB zu 7738/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kol­legen (7610/AB zu 7741/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (7611/AB zu 7746/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (7612/AB zu 7749/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolle­ginnen und Kollegen (7613/AB zu 7751/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (7614/AB zu 7740/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen (7615/AB zu 7744/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (7616/AB zu 7748/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (7617/AB zu 8196/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen (7618/AB zu 7753/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kol­leginnen und Kollegen (7619/AB zu 7754/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kol­leginnen und Kollegen (7620/AB zu 7757/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loa­cker, Kolleginnen und Kollegen (7621/AB zu 7758/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen (7622/AB zu 7752/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kol­leginnen und Kollegen (7623/AB zu 7755/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kol­leginnen und Kollegen (7624/AB zu 7756/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 49

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Kris­per, Kolleginnen und Kollegen (7625/AB zu 7759/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Kris­per, Kolleginnen und Kollegen (7626/AB zu 7760/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (7627/AB zu 7763/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Kris­per, Kolleginnen und Kollegen (7628/AB zu 7762/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Kris­per, Kolleginnen und Kollegen (7629/AB zu 7761/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Kris­per, Kolleginnen und Kollegen (7630/AB zu 7765/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (7631/AB zu 7764/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (7632/AB zu 7774/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (7633/AB zu 7773/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (7634/AB zu 7796/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen (7635/AB zu 7772/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (7636/AB zu 7795/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch, Kolleginnen und Kollegen (7637/AB zu 7790/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch, Kolleginnen und Kollegen (7638/AB zu 7785/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch, Kolleginnen und Kollegen (7639/AB zu 7788/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch, Kolleginnen und Kollegen (7640/AB zu 7784/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch, Kolleginnen und Kollegen (7641/AB zu 7786/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kol­leginnen und Kollegen (7642/AB zu 7767/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen (7643/AB zu 7794/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kol­leginnen und Kollegen (7644/AB zu 7797/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 50

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolle­ginnen und Kollegen (7645/AB zu 7799/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kollegin­nen und Kollegen (7646/AB zu 7800/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (7647/AB zu 7798/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (7648/AB zu 7769/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen (7649/AB zu 7793/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (7650/AB zu 7768/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen (7651/AB zu 7770/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch, Kolleginnen und Kollegen (7652/AB zu 7787/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch, Kolleginnen und Kollegen (7653/AB zu 7789/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch, Kolleginnen und Kollegen (7654/AB zu 7792/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch, Kolleginnen und Kollegen (7655/AB zu 7791/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (7656/AB zu 7771/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen (7657/AB zu 7802/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (7658/AB zu 7766/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (7659/AB zu 7804/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kol­legen (7660/AB zu 7801/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen (40/ABPR zu 41/JPR)

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafen­ecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (41/ABPR zu 42/JPR)


 


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 51

09.05.36Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Drit­ter Präsident Ing. Norbert Hofer.

09.05.38*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich er­öffne die 129. Sitzung des Nationalrates und darf Sie bitten, Ihre Plätze einzunehmen.

Ich darf alle Damen und Herren Abgeordnete recht herzlich bei uns begrüßen, auch die Mitglieder der Bundesregierung. Ich grüße die Journalistinnen und Journalisten und auch die Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen.

Ich darf eingangs gleich anmerken, dass die Galerie für Besucher heute nicht zur Verfü­gung steht, damit sich die Abgeordneten und auch die Journalisten in dieser wieder sehr angespannten Zeit besser bewegen können.

Um 10 Uhr werde ich den Nationalratspräsidenten der Schweiz bei uns hier auf der Gale­rie willkommen heißen dürfen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordne­ten der FPÖ.)

Wir befinden uns, Sie wissen es, wieder in einer herausfordernden Situation, und ich darf Sie bitten: Stellen Sie das Gemeinsame vor das Trennende, insbesondere was die Wort­wahl anlangt, dann werden wir in diesen nächsten vier Tagen doch das eine oder andere in guter Atmosphäre erledigen können! (Abg. Bösch: Wenn Sie sich zusammennehmen, Herr Präsident!) Das wünschen wir uns alle, und ich glaube, es ist wichtig, dass das auch unsere Zuseherinnen und Zuseher so wahrnehmen können. (Beifall bei ÖVP und Grü­nen.)

Die Amtlichen Protokolle der 125. und der 126. Sitzung vom 13. Oktober und die der 127. und der 128. Sitzung vom 14. Oktober 2021 sind in der Parlamentsdirektion aufge­legen und wurden nicht beanstandet.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dipl.-Ing. Georg Strasser, Elisabeth Feichtinger, BEd BEd, Gabriele Heinisch-Hosek, Herbert Kickl, Wolfgang Zanger, Michel Reimon, MBA, Dr. Astrid Rössler, Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES und Douglas Ho­yos-Trauttmansdorff.

09.07.36Mandatsverzicht und Angelobung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung ein­gelangt, dass Abgeordneter Mag. Felix Eypeltauer auf sein Mandat verzichtet hat und an seiner Stelle Frau MMag. Katharina Werner, Bakk. in den Nationalrat berufen wurde.

Da der Wahlschein bereits vorliegt und die Genannte im Hause anwesend ist, darf ich sogleich ihre Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch den Schriftführer darf ich Sie ersuchen, Frau Abgeordnete, mit den Worten „Ich gelobe“ Ihren Eid zu leisten.

Ich darf Herrn Schriftführer Schallmeiner um die Verlesung der Gelöbnisformel ersu­chen. – Bitte.


9.08.09

Schriftführer Ralph Schallmeiner: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Re­publik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller ande­ren Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

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Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 52

(Abg. MMag. Katharina Werner, Bakk. leistet die Angelobung mit den Worten „Ich gelo­be“. – Allgemeiner Beifall.)

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Vielen herzlichen Dank. Wir wünschen Ihnen hier an Ihrem Arbeitsplatz im Plenum und in den Ausschüssen das Allerbeste und dass Sie sich in der Gemeinschaft gut zurechtfinden. Die Parlamentsdirektion und deren Mitarbei­ter werden alles unternehmen, um Ihre Arbeit bestmöglich zu unterstützen.

09.08.52Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundes­kanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, die sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, folgende Mitteilung gemacht:

Verteidigungsministerin Mag. Klaudia Tanner wird durch Bundesministerin für Digitali­sierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck vertreten, Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher wird von Frau MMag. Dr. Susanne Raab, Bundesmi­nisterin für Frauen, Familie, Jugend und Integration, vertreten.

Einlauf und Zuweisungen


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegen­stände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 8235/J bis 8604/J

Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates:

42/JPR

2. Anfragebeantwortungen: 7530/AB bis 7660/AB

Ergänzung zur Anfragebeantwortung: Zu 7532/AB

Anfragebeantwortungen (Präsident des Nationalrates):

40/ABPR und 41/ABPR

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministe­rin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie genehmigt wird (1144 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzierungsgesetz – BFinG geändert wird (1158 d.B.)

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Bericht zur Wirkungsorientierung 2020 gemäß § 68 Abs. 5 BHG 2013 iVm § 7 Abs. 5 Wirkungscontrollingverordnung, vorgelegt vom Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentli­chen Dienst und Sport (Vorlage 74 BA)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 53

Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß Art. 50c Abs. 3 B-VG iVm § 6 der Anlage 2 zum GOG (ESM-Informationsordnung) über die im Rahmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus getroffenen Maßnahmen im 3. Quartal 2021 (Vorlage 75 BA)

Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß § 4a Zahlungsbilanzstabilisierungs­gesetz über die im 3. Quartal 2021 ergriffenen Maßnahmen (Vorlage 76 BA)

Beteiligungsbericht 2022 gemäß § 42 Abs. 5 BHG 2013, vorgelegt vom Bundesminister für Finanzen (Vorlage 77 BA)

Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß § 54 Abs. 12 BHG 2013 über die Ge­nehmigung von Mittelverwendungsüberschreitungen und gemäß § 60 Abs. 3 BHG 2013 über zugestimmte Vorbelastungen im 3. Quartal 2021 (Vorlage78BA)

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Entwicklung des Bundeshaushaltes von Jänner bis September 2021, COVID-19 Berichterstattung, gemäß § 3 Abs. 4 COVID-19 Fondsgesetz, § 3b Abs. 4 ABBAG-Gesetz und § 1 Abs. 5 Härtefallfondsgesetz sowie Monitoring von Verschuldung und Investitionstätigkeit der Gemeinden, aufgrund der Ent­schließung des Nationalrates vom 20. Jänner 2021, 133/E XXVII. GP (Vorlage 79 BA)

Immunitätsausschuss:

Ersuchen der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption, GZ. 17 St 5/19d, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Ab­geordneten zum Nationalrat Sebastian Kurz

Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien, GZ. 501 St 85/21f – 1.2, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Michael Schnedlitz

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Bürgerinitiative Nr. 38 betreffend "Forderung einer schnellstmöglichen nationalen Zulas­sung und sofortigen Empfehlung des Medikaments Ivermectin in Österreich zur Vorbeu­gung oder Behandlung von COVID-19"

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes betreffend Spanische Hofreitschule – Lipizzanergestüt Pi­ber – Reihe BUND 2021/36 (III-455 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Besetzung von Pflichtschulleitungen in der Stei­ermark – Reihe BUND 2021/37 (III-459 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Zuschussverträge zur Finanzierung der Schie­neninfrastruktur der ÖBB – Reihe BUND 2021/38 (III-472 d.B.)

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisen­bewältigungsfonds für März 2020 bis September 2021, vorgelegt vom Bundesminister für Arbeit (III-453 d.B.)

Bericht gemäß § 13 Abs. 1a des Bundesgesetzes über die Finanzierung der Arbeits­marktpolitik (Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz – AMPFG) für das Jahr 2020 so­wie Jänner bis September 2021, vorgelegt vom Bundesminister für Arbeit (III-462 d.B.)

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisen­bewältigungsfonds für März 2020 bis Oktober 2021, vorgelegt vom Bundesminister für Arbeit (III-481 d.B.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 54

Außenpolitischer Ausschuss:

Außen- und Europapolitischer Bericht 2020 der Bundesregierung (III-482 d.B.)

Ausschuss für Familie und Jugend:

Tätigkeitsbericht 2020 der Bundesstelle für Sektenfragen, vorgelegt von der Bundes­ministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration (III-457 d.B.)

Ausschuss für Forschung, Innovation und Digitalisierung:

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisen­bewältigungsfonds für September 2021 – Untergliederung 34 Innovation und Technolo­gie (Forschung), vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (III-467 d.B.)

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisen­bewältigungsfonds für September 2021 – Untergliederung 43 Klima, Umwelt und Ener­gie, vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, In­novation und Technologie (III-469 d.B.)

Gesundheitsausschuss:

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisen­bewältigungsfonds für Jänner bis September 2021, vorgelegt vom Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (III-475 d.B.)

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Kri­senbewältigungsfonds für September 2021, vorgelegt vom Bundesminister für Inneres (III-456 d.B.)

Justizausschuss:

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Kri­senbewältigungsfonds für Oktober 2021, vorgelegt von der Bundesministerin für Justiz (III-486 d.B.)

Kulturausschuss:

Bericht nach § 1 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler für Septem­ber 2021, vorgelegt vom Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (III-454 d.B.)

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Kri­senbewältigungsfonds für September 2021, vorgelegt vom Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (III-458 d.B.)

Bericht nach § 1 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Fonds für ei­ne Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler für Okto­ber 2021, vorgelegt vom Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (III-473 d.B.)

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Bericht nach § 1 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Härtefallfonds in der Land- und Forstwirtschaft inkl. Privatzimmervermietung für September 2021, vorge­legt von der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (III-464 d.B.)

Sportausschuss:

Jahresbericht 2020 der NADA Austria GmbH, vorgelegt vom Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (III-483 d.B.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 55

Bericht der Bundes-Sport GmbH über die Fördermaßnahmen 2019, gemäß § 40 BSFG 2017, vorgelegt vom Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport
(III-484 d.B.)

Sportbericht 2020, vorgelegt vom Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (III-485 d.B.)

Tourismusausschuss:

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisen­bewältigungsfonds für September 2021, vorgelegt von der Bundesministerin für Land­wirtschaft, Regionen und Tourismus (III-463 d.B.)

Umweltausschuss:

Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend "Schutz für Schwangere und Jugendliche vor Strahlenbelastung am Arbeitsplatz", aufgrund der Entschließung des Bundesrates vom 5. Juni 2020, 300/E-BR/2020 (III-476 d.B.)

Unterrichtsausschuss:

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisen­bewältigungsfonds für September 2021, vorgelegt vom Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Forschung (III-465 d.B.)

Verfassungsausschuss:

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisen­bewältigungsfonds für September 2021, vorgelegt vom Bundeskanzler (III-460 d.B.)

Jahresbericht 2020 des ORF gemäß § 7 ORF-Gesetz, vorgelegt vom Bundeskanzler (III­461 d.B.)

Kommunikationsbericht 2020 der KommAustria, der Telekom-Control-Kommission und der RTR-GmbH gemäß § 19 Abs. 4 KommAustria-Gesetz, vorgelegt vom Bundeskanz­ler im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Touris­mus (III­466 d.B.)

Verkehrsausschuss:

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisen­bewältigungsfonds für September 2021 – Untergliederung 41 Mobilität, vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie (III-468 d.B.)

Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend ÖBB-Rahmenplan 2022-2027 (III-477 d.B.)

Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gem. § 2 Abs. 2 FEG über die Vollziehung der Bestimmungen des Flugha­fenentgeltegesetzes im Jahr 2020 (III-480 d.B.)

Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie:

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Kri­senbewältigungsfonds und § 1 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Härtefallfonds für September 2021, vorgelegt von der Bundesministerin für Digitalisie­rung und Wirtschaftsstandort (III-470 d.B.)

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Kri­senbewältigungsfonds und § 1 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Härtefallfonds für August 2021, vorgelegt von der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (III-471 d.B.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 56

Wissenschaftsausschuss:

Tätigkeitsbericht 2020 der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria, vorgelegt vom Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung (III-474 d.B.)

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf mitteilen, dass der siebente Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses an die Mitglieder des Nationalrates verteilt wurde.

Ankündigung eines Dringlichen Antrages


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Klub der FPÖ hat gemäß § 74a Abs. 2 der Geschäftsordnung vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 2011/A(E) der Abgeordneten Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nein zur Diskriminierung gesunder Menschen – Ja zum Plan B gegen Corona“ dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird der Dringliche Antrag um 15 Uhr behandelt werden.

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Ich darf bekannt geben, dass der ORF die Sitzung wie üblich bis 13 Uhr in ORF 2, bis 19.15 Uhr in ORF III und dann in der TV-Thek kommentiert übertragen wird.

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 1 und 2 sowie 3 und 4 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatten erzielt. Gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung wurde für den heutigen Tag eine Tagesblockzeit von 9,5 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: 185 Minuten für die ÖVP, 128 Minuten für die SPÖ, 105 Minuten für die FPÖ, 95 Minuten für die Grünen sowie 76 Minuten für die NEOS.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für den heutigen Tag von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 38 Minuten. Die Redezeit pro Debattenbeitrag wird auf 5 Minuten begrenzt.

Für Mittwoch, den 17. November 2021 wurde eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stun­den“ vereinbart, das heißt: 176 Minuten für die ÖVP, 122 Minuten für die SPÖ, 99 Mi­nuten für die FPÖ, 90 Minuten für die Grünen sowie 72 Minuten für die NEOS.

Für jene Abgeordneten, die keinem Klub angehören, beträgt die Redezeit insgesamt je 36 Minuten, 5 Minuten pro Debatte.

Für Donnerstag, den 18. November 2021 wurde eine Tagesblockzeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart, das heißt: 156 Minuten für die ÖVP, 108 Minuten für die SPÖ, 88 Minuten für die FPÖ, 80 Minuten für die Grünen und 64 Minuten für die NEOS.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 57

Für jene Abgeordneten, die keinem Klub angehören: 32 Minuten Redezeit, wie üblich eine Begrenzung von 5 Minuten pro Debatte.

Die Mitglieder der Präsidialkonferenz haben für die Beratungen zu den Tagesordnungs­punkten 3 und 4 Debattengliederungen festgelegt, die der Tagesordnung zu entnehmen sind.

Die vorgesehenen Untergliederungen werden am selben Tag jedenfalls zu Ende bera­ten; die Sitzung wird danach jeweils unterbrochen.

Entschließungsanträge können nur bei den jeweiligen Untergliederungen eingebracht werden.

Die Redezeitregelung für Regierungsmitglieder gemäß § 57 Abs. 8 der Geschäftsord­nung wird nicht in Anspruch genommen. Bei Überschreitung der 20 Minuten für jedes für die jeweiligen Beratungsgruppen ressortzuständige Regierungsmitglied beziehungs­weise bei Überschreitung der 10 Minuten für jede für die jeweiligen Beratungsgruppen ressortzuständige Staatssekretärin beziehungsweise jeden ressortzuständigen Staats­sekretär wird die überzogene Redezeit jeweils auf die Redezeit der entsprechenden Re­gierungsfraktion angerechnet.

Die Redezeit untergliederungsfremder Regierungsmitglieder beziehungsweise Staats­sekretäre wird jedenfalls auf die Redezeit der entsprechenden Regierungsfraktion ange­rechnet. Ausgenommen davon ist die Redezeit des Bundeskanzlers sowie des Vize­kanzlers bei der zum Budgetbegleitgesetz abgehaltenen Generaldebatte, sofern diese jeweils die Dauer von 20 Minuten nicht überschreitet.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die dargestellten Redezeiten für die De­batten.

Wer dafür ist und damit einverstanden ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zei­chen. – Einstimmig.

Na, das fängt ja gut an!

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

09.13.121. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1102 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Niederösterreich aus Anlass des 100-jährigen Bestehens als eigenständiges Bundesland und ein Bundesgesetz über die Finanzierung des Vereins für Konsumenteninformation im Jahr 2022 erlassen sowie die Exeku­tionsordnung, das Bundesgesetz, mit dem Verstöße gegen bestimmte einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Gewalt und zum Schutz vor Eingriffen in die Pri­vatsphäre zu Verwaltungsübertretungen erklärt werden, das Gebührenanspruchs­gesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Umweltförderungsge­setz, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das FTE-Nationalstiftungsgesetz, das Bun­desmuseen-Gesetz 2002 und das Bundestheaterorganisationsgesetz geändert werden (Budgetbegleitgesetz 2022) (1154 d.B.)

2. Punkt

Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundesge­setzes, mit dem das KMU-Förderungsgesetz, das Garantiegesetz 1977 und das ABBAG-Gesetz geändert werden (1155 d.B.)



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 58

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zu den Punkten 1 und 2, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte zu den Tagesordnungspunkten 1 und 2 umfasst auch die Generaldebatte.

Zu Wort gemeldet ist Frau Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner. – Bitte sehr, bei Ihnen steht das Wort, Frau Abgeordnete.


9.14.04

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesregierung! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident, bitte geben Sie mir zu Beginn kurz die Möglichkeit, auf die aktuellen dramatischen Entwicklungen in unse­rem Land einzugehen.

Sehr geehrte Bundesregierung! Das, was wir alle in den letzten 48 Stunden von Ihnen miterleben mussten, ist nicht nur einer der vielen Tiefpunkte Ihrer Regierungsarbeit, es ist der traurige Tiefpunkt in 20 Monaten Pandemie. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der NEOS.)

Während die Infektionszahlen in die Höhe schnellen, Hunderte Menschen auf den In­tensivstationen um ihr Leben kämpfen, Dutzende täglich an Corona versterben und das Gesundheitspersonal mit seinen Kräften spätestens jetzt am Ende ist, streiten Sie auf offener Bühne, vor der gesamten Republik, schieben sich gegenseitig Schuld zu und schieben Verantwortung ab – das am Höhepunkt einer Pandemie!

Sie lassen den Gesundheitsminister im Regen stehen. Ja, zugegebenermaßen hat er selbst auch seinen Teil dazu beigesteuert, aber wir alle sind Zeugen einer Hilflosigkeit, einer Planlosigkeit einer Bundesregierung in einer so schwierigen Zeit für unser Land. So kann man keine Gesundheitskrise, keine Jahrhundertpandemie bewältigen, sehr ge­ehrte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bitte Sie, sehr geehrte Damen und Herren, im Namen meiner Fraktion und, ich bin sicher, im Namen vieler Menschen unseres Landes: Reißen Sie sich zusammen und arbeiten Sie gemeinsam an der Bewältigung dieser großen Krise für Österreich! (Beifall bei der SPÖ.)

Um es mit den heutigen deutlichen Worten eines Chefredakteurs in unserem Land zu sagen: Es geht jetzt wirklich nicht um euch, es geht um uns alle!

Sehr geehrte Damen und Herren, ein Budget sollte im Wesentlichen dazu dienen, die großen Krisen der Gegenwart, aber auch die großen Herausforderungen der Zukunft anzugehen, sie zu bewältigen, Fehlentwicklungen, die es gibt, im sozialen, im wirtschaft­lichen Bereich, zu korrigieren. Nun wissen wir alle seit vielen Monaten, dass Corona den Menschen viel abverlangt hat, gesundheitlich, psychisch, sozial.

Die soziale Schere ist in den letzten Jahren, auch schon vor Corona, immer größer ge­worden, und auch durch die Pandemie, mit Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit, hat sich diese soziale Schere in unserem Land weiter vergrößert. Dazu kommt seit einigen Monaten eine massive Teuerung, die höchste Inflation seit zehn Jahren für Österreich. Wohnen, Heizen, Benzin, ja auch der tägliche Lebensmitteleinkauf – das alles wird immer teurer. Das tägliche Leben wird teurer für die Menschen in Österreich. Am teuersten werden ausgerechnet jetzt vor dem Winter Strom und Gas. Bis zu 500 Euro Mehrkosten für die Haushalte in Österreich sind für diesen Winter zu erwarten. Auch der wöchentliche Ein­kauf wird im Durchschnitt um 7 Prozent teurer, Benzin um 36 Prozent.

Steigende Preise betreffen alle Menschen in Österreich, aber einige ganz besonders: Es sind die Familien und ihre Kinder, es sind die Frauen, es sind vor allem die jungen Men­schen, aber auch die Pensionistinnen und Pensionisten und vor allem Arbeit suchende


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 59

Menschen in Österreich. Eines muss uns klar sein: Da darf die Politik nicht wegschauen, sehr geehrte Damen und Herren, da muss gehandelt werden, und zwar rasch! (Beifall bei der SPÖ.)

Niemand sollte in Österreich frieren: Das müsste auch Ihr Leitsatz sein. Eine Steuerre­form und das Budget wären die Chance, sie wären die Chance, eine spürbare Teue­rungsbremse für Österreich einzuziehen und damit die wachsende soziale Schieflage zu korrigieren, so wie das auch andere europäische Länder tun. Das ist jetzt keine einzig­artige Forderung, die ich an Sie herantrage; andere europäische Länder sind diesen Weg vor dem Hintergrund der stark steigenden Energiepreise bereits gegangen.

Die Europäische Kommission hat das den Mitgliedstaaten, auch Ihnen, bereits mitgege­ben, vorgeschlagen und Sie aufgefordert, für die Bevölkerung Teuerungsbremsen und Unterstützungspakete zu schnüren, aber im Gegensatz zu vielen europäischen Ländern ist hierzulande so gut wie nichts gegen die Teuerung passiert, keine einzige Maßnahme. Auch in Ihrem Budget, sehr geehrte Damen und Herren, findet sich nichts dazu. Das lässt auch erahnen, wer am Ende die Kosten für diese Krisen zahlen wird, sehr geehrter Herr Bundesminister. (Zwischenruf des Abg. Wurm.)

Ich habe mich in den letzten Wochen mit Vertretern und Vertreterinnen der Arbeiterkam­mer, der Gewerkschaften, der Pensionisten und Pensionistinnen, der Studierenden, aber auch der Hilfsorganisationen zusammengesetzt. Ich darf nur anmerken: Eigentlich ist es Ihre Aufgabe, sehr geehrte Bundesregierung (Beifall bei der SPÖ – Zwischenruf bei der ÖVP), sich mit diesen Vertreterinnen und Vertretern zusammenzusetzen, denn eines ist auch klar: Das Beschwören des Miteinanders und des Gemeinsamen, so wie der Herr Präsident das heute schon gemacht hat, darf nicht einfach nur ein Presse­konferenzsprech sein, das darf nicht einfach ein PR-Gag sein.

Wir haben bei diesem Gipfel gemeinsame Lösungen erarbeitet, die sofort helfen sollen, denn Menschen brauchen das Geld jetzt. (Ruf bei der ÖVP: Das war der Gipfel ...!) Gelingen kann das zum Beispiel mit einer Halbierung der Mehrwertsteuer auf Strom und Gas – das ist ein Vorschlag der Europäischen Kommission, wir haben ihn aufgegriffen ‑, zeitlich befristet für ein Jahr, oder mit einem einmaligen 300‑Euro-Winterzuschuss für die Niedrigverdiener. Gelingen kann das aber auch mit einer echten, mit einer spürbaren und rückwirkenden Steuerreform für arbeitende Menschen ab Juli dieses Jahres und nicht, wie von Ihnen geplant, für einen kleinen Teil und das erst nächstes Jahr. Diese Maßnahmen würden sofort helfen, und sie wären auch fair, denn je höher der Preis, desto höher die Steuern und desto höher sind Ihre Einnahmen, Herr Finanzminister. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Während das Leben der arbeitenden Menschen in Österreich von Tag zu Tag teurer wird, nehmen Sie, Herr Finanzminister, mehr und mehr an Steuern ein. Anstatt dieses Problem von Millionen zu lösen, sie in dieser schwierigen Zeit zu unterstützen, machen Sie etwas ganz anderes: Sie senken die Gewinnsteuern um mehr als 1 Milliarde Euro zugunsten einiger Großkonzerne. Ist Ihnen bewusst, dass die Steuern auf Arbeit mit Ihrer türkis-grünen Steuerreform neun Mal so stark ansteigen wie die Gewinnsteuern großer Unternehmen? Neun Mal so stark! Das lässt auch erahnen, wer die Kosten für diese Krise zahlen wird, Herr Finanzminister. – Das ist ungerecht, und das entspricht nicht dem, was Sie vor 20 Monaten in diesem Land beklatscht haben. Gemeinsam sollten wir das im Sinne der arbeitenden Menschen besser machen.

Dieses Budget wäre auch die große Möglichkeit zum Ausbau der ganztägigen Kinderbe­treuung in Österreich (Beifall bei der SPÖ), die Möglichkeit, den Kindern, den Familien das zurückzugeben, was ihnen aus Machtgier und Skrupellosigkeit 2016 von Sebastian Kurz genommen wurde. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Dieses Budget wäre die Chance für die dringend notwendige und überfällige Pflegereform in Österreich. – Nichts, gar nichts befindet sich dazu in Ihrem Budget.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 60

Was sagen Sie den Pflegerinnen und Pflegern, die spätestens jetzt, seit dieser Pande­mie, täglich an ihre Grenzen gehen, mit ihren Kräften am Ende sind, wenn sie jetzt hören, dass von Ihnen rein gar nichts geplant ist, um ihre schwierigen Arbeitsbedingungen zu verbessern, den knappen Personalstand zu entspannen, wenn nichts geplant ist, um den zusätzlichen Bedarf an 100 000 Pflegekräften in den nächsten Jahren zu decken? Was sagen Sie den 400 000 Menschen mit Pflegebedarf in Österreich und ihren Fa­milien, wenn Sie nichts geplant haben, um die Pflege in Österreich abzusichern? Sagen Sie ihnen, dass Sie mit Ihrem Budget 1,5 Milliarden Euro in die Wirtschaft stecken und nur 25 Millionen Euro in die Pflege! Sagen Sie ihnen das, das wäre ehrlich! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist Aufgabe der Politik, Probleme zu lösen. Nimmt man diese Verantwortung wahr, dann gelingt es. Nimmt man sie nicht wahr, dann ver­schleppt man Probleme, und das hat verheerende Folgen, wie wir gerade an der Co­ronakrise sehen. Es ist aber auch eine Frage der Gerechtigkeit, den Menschen das zu­rückzugeben, was sie in den letzten Jahren zu viel an Steuern gezahlt haben, und ihnen ein leistbares Leben zu ermöglichen. Es ist eine Frage des Anstands, den Kindern in Österreich die 1,2 Milliarden Euro, die ihnen 2016 gestohlen wurden, zurückzugeben. (Abg. Wöginger: Das stimmt nicht!) Es ist eine Frage des Respekts, Herr Wöginger, die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte, die uns alle seit 20 Monaten Tag und Nacht durch diese Krise bringen, endlich zu verbessern. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Krisper.)

Es ist, sehr geehrte Bundesregierung, auch eine Frage der Vernunft, mit diesem Budget endlich zu echten, nachhaltigen und sozial gerechten Klimamaßnahmen zu kommen. All das ist eine Frage des politischen Willens. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Parteivorstand ...! – Abg. Leichtfried: Kollege Wöginger ist heute ...!)

9.24


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Obernoste­rer. – Bitte.


9.25.01

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Fi­nanzminister! Meine Damen und Herren Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mei­ne sehr verehrten Damen und Herren zu Hause vor den Fernsehschirmen! Wir haben jetzt die Rede der Klubobfrau der SPÖ gehört: Es ist schon verwunderlich, wie man in der Rhetorik Zahlen wirklich auch verdrehen kann.

Jeder, der sich mit diesem Budget auseinandergesetzt hat, kennt auch die Inhalte, und als Wirtschaftler weiß ich, an welchen Zahlen man sich wirklich zu orientieren hat. Ers­tens einmal, bei den arbeitenden Menschen: ob am Ende des Monats oder Jahres mehr Geld im Börsl bleibt oder weniger Geld im Börsl bleibt; auch bei den Pensionisten oder bei den Unternehmen.

Faktum ist, dass das Budget, das uns der Herr Finanzminister vorgestellt hat, in dieser schwierigen Zeit der Pandemie den Staat Österreich wirklich stabilisiert hat, dass die Menschen entlastet wurden, und zwar die untersten Einkommen und nicht, wie die Frau Kollegin von der SPÖ sagt, die oberen Einkommen. Wenn ihr hineinschaut, seht ihr, dass die Steuersätze bei den untersten Einkommen gesenkt wurden und auch bis 2025 die obersten Steuersätze überhaupt nicht heruntergesetzt wurden. Frau Kollegin, das sind Fakten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zweitens zeigt dieses Budget mit dieser ökosozialen Steuerreform in die Zukunft. Wenn vor einem Jahr irgendjemand in diesem Haus gesagt hätte, wir werden ein Entlastungs­paket für 2022 bekommen, wäre er ausgelacht worden. Unser Finanzminister und diese Regierung – damals unter unserem Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler


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Kogler, jetzt unter Schallenberg – haben Österreich durch die Krise geführt; andere Staa­ten wären froh, wenn es so gelungen wäre. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Der deutsche Finanzminister hat, als es um die Wirtschaftshilfen, um die Kurzarbeit (Zwi­schenruf bei der FPÖ) und um die Hilfen für die Arbeitnehmer gegangen ist, gesagt: Die Österreicher haben das klüger gemacht! Die Deutschen hatten die Anträge nicht einmal noch abgegeben, ist bei uns schon ausgezahlt worden: 40 Milliarden Euro, sehr viel Geld. Vor einem Jahr hat man noch geglaubt, der Schuldenstand des österreichischen Staates geht in die Höhe, bis zu 89 Prozent.

Herr Finanzminister, Sie haben uns ein Budget vorgelegt, wie es jeder tüchtige Unter­nehmer machen würde. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) In der Krisenzeit haben Sie einfach investiert, Sie haben in den Arbeitsmarkt investiert, Sie haben die Menschen entlastet. Wissen Sie, wo heute unser Schuldenstand liegt? – Nicht bei 89 Prozent, so wie das die Experten vor einem Jahr gesagt haben, sondern wir sind jetzt bei 79 Prozent für das Jahr 2022. Das sind Fakten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wisst ihr, was noch Fakten sind? Ob man jetzt Arbeitnehmer ist oder Unternehmer: Der Arbeitnehmer wird am Ende des Jahres schauen, wie viel auf seinem Girokonto noch drauf ist: Ist noch etwas drauf oder ist (Ruf bei der FPÖ: Nix!) nichts mehr drauf? Der Unternehmer schaut sein Girokonto an, wo alles abgebucht wird: Habe ich am Ende des Jahres Erfolg gehabt, habe ich keinen Erfolg gehabt? (Zwischenruf des Abg. Kasseg­ger.) Der Staat schaut auf den Schuldenstand. Ist es zumindest sozial ausgeglichen? Ist der Standort Österreich gesichert? Geht es dem Unternehmer gut? Geht es dem Ar­beitgeber gut? Und der Schuldenstand geht nebenbei herunter (Zwischenruf des Abg. Rauch): von den prognostizierten 89 Prozent auf 79 Prozent. Meine Damen und Herren, das sind Fakten, an denen wir uns orientieren können. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich kenne die Diskussion, die es in den nächsten drei Tagen geben wird, ganz genau. Jetzt haben wir die Krise vor der Tür. Über die Verantwortungslosigkeit der Freiheitlichen in dieser Krise werden wir am Nachmittag bei der Dringlichen reden – danke, dass ihr sie eingebracht habt (Abg. Kassegger: Sehr gerne!) –, dazu möchte ich jetzt nichts sagen. Dass dieser Staat in dieser schwierigen Zeit unter dieser Regierung so etwas zuwege gebracht hat, liebe Damen und Herren von der Opposition, nehmt das auch einmal zur Kenntnis. (Zwischenruf des Abg. Rauch.)

Sie, Frau Kollegin von der SPÖ, sagen heute hier in Ihrer Rede, man muss die Menschen entlasten. – In diesem Budget steht keine Gebührenerhöhung drinnen.

In Wien, wo Sie mit den NEOS das Sagen haben, gehen die Gebühren in die Höhe. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)

Dieser Staat unter unserem Finanzminister und diese Regierung haben die arbeitenden Menschen entlastet, haben die Pensionisten entlastet und haben den Wirtschaftsstand­ort Österreich gesichert. Obwohl Österreich schwerpunktmäßig ein Tourismusland ist, haben wir ein besseres Wachstum für 2022 prognostiziert als zum Beispiel Deutschland, Frankreich oder Italien. (Heiterkeit des Abg. Kassegger.) Wenn das nicht ein Erfolgs­konzept ist, dann sagt mir einmal das Gegenteil! – Danke vielmals. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

9.30


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Fuchs. – Bitte.


09.30.42

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Die Zahlen und Fakten beweisen


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es: Österreich ist weder gut durch die Krise gekommen, noch ist Österreich besser durch die Krise gekommen als andere EU-Mitgliedstaaten. (Zwischenruf des Abg. Wurm.)

Das Chaosmanagement der Bundesregierung bei der Bekämpfung der Coronakrise setzt sich nahtlos bei der Budgeterstellung fort. Wir sind mitten in der vierten Corona­welle, Deutschland hat Österreich zum Hochrisikogebiet erklärt, der aktuelle verfas­sungswidrige Lockdown für Ungeimpfte (Zwischenruf des Abg. Hörl) verursacht tägliche Kosten von mindestens 41 Millionen Euro, es gibt Liefer- und Produktionsengpässe, Preissteigerungen bei vielen Rohstoffen und Zwischenprodukten, eine Rekordinflation und eine drohende Pleitewelle. All das mag vielleicht ein weltweites Problem sein, aber nicht für das Budget des österreichischen Finanzministers, der bei der Budgeterstellung Realitätsverweigerung betreibt. (Beifall bei der FPÖ.)

Dieses Budget basiert auf fragwürdigen Einschätzungen und ist von unerfüllt bleibenden Versprechen geprägt. Es ist ein Budget, bei dem auf einen wolkenlosen Konjunkturhim­mel gesetzt wird – Budgetrisken werden vom Finanzminister einfach ausgeblendet. Die dem Budget 2022 und der Steuerschätzung zugrunde gelegte Konjunkturprognose geht nämlich – aufpassen! – von keinen wesentlichen Beeinträchtigungen der günstigen Wirt­schaftsentwicklung durch diese Pandemie aus. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen! Wir haben die vierte Welle und der Finanzminister tut so, als ob es Corona nicht gebe. Ist das nicht unfassbar?

Dieses Budget ist bereits vor dem Inkrafttreten Makulatur. Dieses Budget hat mit der Realität überhaupt nichts mehr zu tun. Aber das ist unter dieser Bundesregierung nichts Neues. Ich erinnere an das Budget 2020, das ohne Berücksichtigung der Coronakrise erstellt wurde, obwohl wir bereits mitten in der Coronakrise waren; oder das Bud­get 2021, in dem nur ein Lockdown Light berücksichtigt wurde, aber nicht der zweite harte Lockdown. Auf all die Formalfehler bei der Budgeterstellung – von den sechs vergessenen Nullen bis zu den vergessenen Unterschriften der ÖVP – möchte ich gar nicht erst näher eingehen. Diese Bundesregierung ist einfach nicht in der Lage, ein or­dentliches und korrektes Budget vorzulegen. (Beifall bei der FPÖ.)

Kommen wir zum Herzstück dieses Budgets, zur ökoasozialen Steuerreform, der größ­ten Mogelpackung in der Zweiten Republik, bei der sich die Steuerzahler die Entlastung über die kalte Progression selbst finanzieren! Die aus Marketinggründen neu erfundene CO2-Steuer ist nichts anderes als eine Mineralölsteuererhöhung unter dem Deckmantel des Klimaschutzes. Diese türkis-grüne CO2-Strafsteuer hat zumindest bis 2025 keinen Lenkungseffekt, das haben auch die Experten und auch die Expertin der Grünen im Budgetausschuss bestätigt. Da frage ich mich schon: Warum brauchen wir dann diese neue Steuer?

In Österreich steigen die Energiepreise derzeit massiv an, und durch die geplante CO2-Strafsteuer wird Energie ab 1. Juli 2022 nochmals teurer. Auch der mit der CO2-Straf­steuer neu eingeführte Preisstabilitätsmechanismus ist ein reines Täuschmanöver, die Energie wird dadurch um keinen Cent billiger.

Die CO2-Strafsteuer und der regionale Klimabonus sind auch in der verwaltungstechni­schen Abwicklung neue Bürokratiemonster. Ist es in Zeiten wie diesen wirklich sinnvoll, aus Marketinggründen eine neue Steuer – eine CO2-Strafsteuer – zu erfinden, eine Steuer, die durch den Finanzminister kompliziert eingehoben wird und dann in Form des regionalen Klimabonus durch die Umweltministerin noch komplizierter und auch noch ungerecht verteilt wird? Warum muss man damit zwei Ministerien beschäftigen? Die Umweltministerin hat überhaupt keine Daten für die Abwicklung des Klimabonus. Warum kann das nicht das Finanzministerium alleine machen, wo alle notwendigen Daten vor­handen sind?


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Besonders beunruhigend ist eine Verordnungsermächtigung in § 3 Abs. 7 Klimabonus­gesetz, die ich auszugsweise zitieren möchte: „Die Bundesministerin für Klimaschutz [...] hat [...] die Abwicklung des regionalen Klimabonus, insbesondere betreffend Antragstel­lung, Verfahren und Auszahlung, mittels Verordnung festzulegen.“ – „Antragstellung“: Ist das nicht ein Wahnsinn? Die Umweltministerin plant offenbar allen Ernstes, dass jeder Österreicher die Auszahlung des Klimabonus beantragen muss. Warum passiert das nicht antraglos wie bei der Familienbeihilfe? Alles andere als eine antraglose Auszahlung des Klimabonus, und zwar durch das Finanzministerium, nicht durch das Umweltministe­rium, wäre bürokratischer Irrsinn. (Beifall bei der FPÖ.)

Neben dem verwaltungstechnischen Aspekt möchte ich noch kurz auf den inhaltlichen Aspekt des Klimabonus eingehen, bei dem die Heizkosten vollkommen unberücksichtigt bleiben, obwohl die CO2-Strafsteuer nicht nur die Mobilität, sondern auch das Heizen betrifft. Ein Beispiel aus der Praxis, das ich schon letztes Mal im Plenum gebracht habe: Wer in der Ketzergasse an der Wiener Stadtgrenze zu Perchtoldsdorf wohnt und eine gerade Hausnummer hat, der bekommt 100 Euro Klimabonus – wegen der angeblich guten Öffi-Anbindung. Wer aber auf der anderen Straßenseite, in Niederösterreich, wohnt und eine ungerade Hausnummer hat, der bekommt 133 Euro Klimabonus. (Zwi­schenruf bei der ÖVP.) In der Ketzergasse entscheidet also die Hausnummer über die Höhe des Klimabonus. Solche treffsicheren Gesetze werden von dieser Bundesregie­rung eingebracht. Es gibt noch viele andere Kuriositäten, auf die ich gar nicht näher eingehen möchte.

Der erste Teil der ökoasozialen Steuerreform mit einer massiven Erhöhung der NoVA um 510 Millionen Euro bis 2025 war ja bereits der erste Vorgeschmack der zukünftigen Ökostrafsteuern. Wer das Regierungsprogramm gelesen hat und auch der Umweltmi­nisterin bei der Präsentation der Steuerreform zugehört hat, der weiß genau, welche Belastungen noch auf uns zukommen werden. Der erste Klubobmannstellvertreter (in Richtung Abg. Wöginger) wird jetzt wieder sagen, das wird alles nicht kommen – aber du wirst sehen, du hast auch einen Koalitionspartner, mit dem du dich noch arrangieren musst! (Abg. Wöginger: Steht’s da drin oder nicht?)

Neben der CO2-Strafsteuer – also der verdeckten Mineralölsteuererhöhung – kommen die Ökologisierung – also Abschaffung – des Pendlerpauschales, die Ökologisierung – also Abschaffung – des Dienstwagenprivilegs, die Abschaffung des Dieselprivilegs und weitere Maßnahmen gegen den Tanktourismus: All das sind aus Sicht der türkis-grünen Bundesregierung klimaschädliche Subventionen, die abgeschafft werden müssen. Immer wenn die türkis-grüne Bundesregierung etwas ökologisiert, dann wird es für die Österreicher teuer.

Diese Steuerreform ist weder öko noch sozial, es ist eine ökoasoziale Steuerreform, die von den Österreichern über die kalte Progression selbst finanziert wird. Diese ökoaso­ziale Steuerreform wird die Österreicher noch viel Geld kosten. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

9.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Klubobfrau Maurer. – Bitte sehr, das Wort steht bei Ihnen.


09.40.07

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! (Abg. Hafen­ecker: Was sagen Sie zum Herrn Chorherr?!) Sehr geehrter Herr Finanzminister! Liebe KollegInnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! (Abg. Rauch: Ist Ihnen Herr Chorherr noch bekannt?) Das Versprechen, jährlich eine Klimamilliarde in das Budget zu schreiben, wurde wieder erfüllt – es wurde sogar übererfüllt: 700 Millionen Euro mehr als 1 Milliarde. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Rauch.)


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Warum stelle ich das an den Anfang meiner Rede? – Weil wir Grünen angetreten sind, den Klimaschutz ins Zentrum der politischen Diskussion zu stellen, und weil wir es im letzten Jahr mit unseren eigenen Augen gesehen haben: Wetterextreme, die die Ernte unserer Bäuerinnen und Bauern zerstören, Hochwässer, Murenabgänge, Überschwem­mungen, die die Dörfer gefährden (Abg. Deimek: Wir werden alle sterben!), die Hitze in der Stadt, die dazu führt, dass alte Menschen ihre Wohnungen kaum mehr verlassen können. Wir handeln, um dem entgegenzuwirken, und zwar konkret und nicht nur am Papier – und danach ist auch das Budget ausgerichtet. Das tun wir aus Verantwortung für das Klima und unsere Natur, wir tun aber auch viele andere Dinge, nämlich aus Ver­antwortung für Demokratie und Rechtsstaat und aus Verantwortung für ein gutes Mitein­ander.

Wir handeln mit diesem Budget für die Menschen in diesem Land. Das Geld, das wir investieren, betrifft sie ganz direkt, egal, ob es das Kindergartenkind, die Schülerin, die Unternehmerin, der Unternehmer ist, egal, ob es KünstlerInnen, Pflegekräfte, Pensionis­tInnen, AlleinerzieherInnen oder Großfamilien sind. Für sie machen wir aus diesen Zah­len, die wir die nächsten drei Tage debattieren und dann auch beschließen werden, Zu­kunft. Wir investieren, wir modernisieren und wir reformieren, und zwar mit ökologischer, sozialer und ökonomischer Verantwortung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

Der vorliegende Budgetvoranschlag spiegelt auch die Ausrichtung der ökosozialen Steu­erreform wider. Klimaschädliches Verhalten bekommt einen Preis; wer klimafreundlich agiert, wird belohnt. An dieser Stelle muss ich schon sagen, die Wissenschaftsfeindlich­keit der Freiheitlichen Partei zeigt sich in allen vorhandenen Krisen. Das betrifft also die Klimakrise genauso wie die Pandemie. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Sie ist ganz sicher auch das absolute Gegenteil einer asozialen Steuerreform, was hier gerade behauptet wurde. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Wenn man sich die Be­rechnungen des Fiskalrats, wer wie stark von dieser Steuerreform profitiert, wer am stärksten von Maßnahmen wie dem Klimabonus, der Senkung der KV-Beiträge, der Er­höhung des Kindermehrbetrags profitiert, anschaut, dann erkennt man, dass es das unterste Quintil ist, also die Menschen mit dem niedrigsten Einkommen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir wissen, wo betreffend Klimaschutz die großen Baustellen liegen, und wir gehen sie an. Bezüglich Mobilität ist das beispielsweise das Klimaticket, wofür wir in diesem Budget 252 Millionen Euro bereitstellen. (Abg. Deimek: ... Pendlerpauschale!) Sie kennen das Prinzip: ein Ticket für alle öffentlichen Verkehrsmittel im gesamten Land. Das ist in vielen Regierungsprogrammen gestanden, Leonore Gewessler hat es auf den Boden gebracht. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Deimek: ... und für Familien wird es teurer ...!)

Es geht darum, ein attraktives Angebot für die öffentlichen Verkehrsmittel, für die Men­schen in diesem Land, für die Mobilität sicherzustellen. (Abg. Deimek: Weil Sie keine Familie haben ... das ist ja spannend!) Das ist sicher ein Projekt, für das es sich lohnt, Geld auszugeben. Über hunderttausend Menschen haben es sich schon gekauft; es ist ein absolutes Erfolgsprojekt. (Abg. Deimek: ... sie darauf, dass es für die Familien teurer wird?!) Es werden jeden Tag mehr.

Wir machen den öffentlichen Verkehr aber nicht nur attraktiver, sondern wir bauen ihn auch aus. In den kommenden sechs Jahren werden 18,2 Milliarden Euro in ein moder­nes Eisenbahnnetz investiert. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Möglichst viele Menschen sollen an möglichst vielen Orten in Österreich möglichst bequem von A nach B kommen. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Mit dem Ticket tut man sich selber etwas Gutes, aber vor allem auch der Umwelt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 65

Ein weiterer wichtiger Baustein ist auch das Wohnen und Heizen, denn wir müssen die schädlichen Ölheizungen loswerden. Wir müssen schauen, dass die Leichen aus dem Keller kommen (Abg. Deimek: Meinen Sie damit den Herrn Chorherr, oder was meinen Sie damit?), wie es in der Kampagne heißt, damit wir die CO2-Belastung, die CO2-Em­missionen runterbringen. Dafür gibt es ein großes Förderpaket, das auch in diesem Bud­get drinnen steckt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich habe eingangs auch gesagt, dieses Budget machen wir aus Verantwortung für Klima, Umwelt und Natur, aber auch aus Verantwortung für Demokratie und Rechtsstaat. Wir haben bereits mit Eintritt in diese Bundesregierung den stillen Tod der Justiz abge­wehrt – und auch das wird weitergeführt. In diesem Budget wird das Justizbudget weiter ausgebaut, es werden Gelder für den Ausbau der Justizanstalten und auch für die hohen Personalkosten, die wir haben, bereitgestellt – und wir brauchen das Personal dringend, weil wir die unabhängige Justiz in diesem Land stützen müssen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Obernosterer.)

Ein weiterer Bereich, der mir besonders am Herzen liegt, ist der Gewaltschutz. Wir haben nach wie vor die Situation, dass Frauen in Österreich von ihren Männern, von ihren Ex-Männern, von ihren Freunden, von ihren Ex-Freunden ermordet werden – immer wieder! Wir müssen ganz dringend etwas dagegen tun. Deswegen hat diese Bundesregierung das größte Gewaltschutzpaket geschnürt, das es jemals gab: 24,6 Millionen Euro für den Gewaltschutz, um mehr Personal an die entscheidenden Stellen zu setzen (Zwischenruf des Abg. Hafenecker), um auch Täterarbeit zu finanzieren, um die Projekte ausbauen zu können, um die Anlaufstellen zu schaffen. Dieses Problem geht uns alle an – und diese Regierung legt betreffend diesen Bereich auch einen ganz starken Schwerpunkt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ein weiteres Thema wurde bereits angesprochen: die Pflege. Es sind die Pflegekräfte, die in diesem Land seit eineinhalb Jahren Unglaubliches leisten – an dieser Stelle noch einmal einen herzlichen Dank für den Einsatz an der Front der Pandemie unter unglaub­lichen Belastungen. Wir alle hier herinnen können uns kaum vorstellen – wir lesen es in den Zeitungen, wir hören es in den Interviews –, welch unglaubliche Leistung diese Men­schen jeden Tag für uns erbringen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben in diesem Bereich zweifelsohne eine große Aufgabe zu meistern. Ein Teil davon betrifft selbstverständlich die Ausbildung. Wir müssen mehr Menschen dazu brin­gen, in die Pflege einzusteigen, in der Pflege arbeiten zu wollen. Deshalb beinhaltet dieses Budget einen Ausbildungsfonds für die Pflegeausbildung. Es sind 50 Millionen Euro, mit denen die Auszubildenden im Bereich der Pflege- und Sozialbetreuungsberufe bei den Ausbildungskosten oder bei den Berufspraktika unterstützt werden können.

Es gibt weitere Themen, die sehr wichtig sind: Beispielsweise gibt es auch für Kunst und Kultur ein Rekordbudget. So viel Geld hat es noch nie gegeben: 557 Millionen Euro. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sehen, wir nehmen unseren Auftrag sehr ernst: Wir investieren, modernisieren und reformieren für das Klima, unsere Natur, für Demokratie, den Rechtsstaat und ein gutes Miteinander. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Klubobfraustellvertreter Scherak. – Bitte sehr. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)


9.47.39

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Finanzminister! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Geschätzte


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 66

Zuseher, und vor allem: Liebe Steuerzahlerinnen und Steuerzahler! Vielen Dank zuerst einmal an Sie, weil Sie es sind, die dieses Budget mit Ihrer harten Arbeit überhaupt erst ermöglichen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Vorne weg: Bevor ich zum Budget komme, würde ich schon gerne so wie Frau Kollegin Rendi-Wagner ein paar Worte zu den letzten Tagen verlieren. Sie haben uns ja verspro­chen, dass Sie „das Beste aus beiden Welten“ in diese Regierung einbringen, ich kann Ihnen aber sagen, dass das, was wir in den letzten Tagen erlebt haben, das denkbar Schlechteste aus beiden Welten ist. Sie haben sich in den letzten Tagen so oft gegen­seitig widersprochen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger in Österreich dahin gehend, was denn überhaupt gilt, überhaupt nicht mehr auskennen. Das, was Sie hier machen, ist, dass Sie die Situation – und das ist ja so skurril, weil wir alle wussten, dass wir in diese Situation kommen werden – völlig verkennen. Jeder, der sich ein bisschen mit der Pandemie beschäftigt hat, weiß, dass wir in eine weitere Welle schlittern, wenn wir die Impfquote, die notwendig ist, nicht erreichen.

Anstatt niederschwellige Angebote zu machen, einfache Maßnahmen zu setzen, wie zum Beispiel eine Impflotterie, die Tests endlich kostenpflichtig zu machen, damit die Menschen sich impfen lassen, allen Menschen einen fixen Impftermin per Brief oder auch per SMS zuzusenden, anstatt das alles zu machen, hat Sebastian Kurz vor ein paar Monaten die Pandemie für beendet erklärt. Landeshauptmann Stelzer wusste wäh­rend der Landtagswahl in Oberösterreich überhaupt nicht, dass gerade eine Pandemie ist – so war zumindest mein Eindruck –, und Gesundheitsminister Mückstein hat am Sonntag im Hauptausschuss mehrere Fragen sowohl von unserer Fraktion als auch von der SPÖ dahin gehend, was denn die nächsten Maßnahmen sind und sein werden, nicht beantwortet. Zwei Stunden später geht er aber in die „ZIB 2“ und erklärt, dass er für Ausgangssperren für Geimpfte ist. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen sagen: Sie können es offensichtlich nicht! – Das ist der einzige Schluss, der hier zum Schluss möglich ist. (Beifall bei den NEOS.)

Was Sie auch nicht können – und damit komme ich zum eigentlichen Thema –, ist, ein Budget vorzulegen, das die großen Zukunftsfragen angeht. Sie verkünden uns wieder einmal die größte Steuerreform aller Zeiten und übertreffen sich in Superlativen. Wir kennen das ja. Sebastian Kurz hat, als er noch Bundeskanzler war, gesagt: Wir in Ös­terreich haben die Pandemie am erfolgreichsten gemeistert.

Das, was Sie machen, ist reine Marketingpolitik, ohne den wirklichen Problemen auf den Grund zu gehen. Das ist Schlagzeilenpolitik ohne echten Reformwillen. Das ist nicht das Beste aus beiden Welten, das ist reine Zukunftsvergessenheit.

Es fehlt Ihnen der Mut, ernsthaft in die Zukunft zu gehen und innovative Reformen zu machen. Ich frage mich immer – und das ist auch das, was ich mich frage, wenn ich mir das Budget anschaue –: Was überlegen Sie sich denn dazu, wie Österreich in zehn Jahren noch wettbewerbsfähig sein kann, wie wir den Standort weiterhin attraktiv halten können, wie wir es schaffen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Ende endlich mehr Geld zur Verfügung und weniger Kosten haben, wie wir es schaffen, dass unsere Kinder die beste Bildung bekommen, wie wir es schaffen, dass wir ein echtes Vorbild in Sachen Klimapolitik sind?

Das von Ihnen vorgelegte Budget gibt auf diese drängenden Zukunftsfragen schlichtweg keine Antworten. Sie verwalten den Status quo, und wir diskutieren in Wirklichkeit ein Budget – und das fand ich sehr spannend, weil Kollege Obernosterer jetzt mehrmals gesagt hat, wie großartig diese Bundesregierung ist –, das sich einzig und allein darauf verlässt, dass die Unternehmerinnen und Unternehmer in diesem Land, dass die Men­schen, die arbeiten gehen, mit ihrem Steueraufkommen dieses Land finanzieren, ohne dass Sie eine einzige echte, nachhaltige Reformansage machen. – Bei diesen Menschen können Sie sich bedanken, aber nicht bei dieser Bundesregierung. (Beifall bei den NEOS.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 67

Wenn wir dann über die Steuerreform, die ja hier im Budget abgebildet ist und über die auch schon gesprochen wurde, diskutieren, dann sage ich Ihnen, das ist wieder nur rei­nes Marketing und keine echte Steuerreform, und vor allem werden die Steuerzahlerin­nen und Steuerzahler nicht in den Mittelpunkt gestellt.

Herr Finanzminister, zu diesen Tarifreformen, die Sie da jedes Mal machen, sage ich Ihnen ganz ehrlich: Die können Sie sich schenken. Wenn wir es nicht endlich schaffen, die kalte Progression abzuschaffen – und das haben alle hier in diesem Parlament ver­tretenen Parteien versprochen, in mehreren Wahlkämpfen –, dann geben Sie mit Ihren Tarifreformen den Menschen in Gutsherrenmanier nur das zurück, was Sie ihnen Jahre zuvor in Wirklichkeit in Raubrittermanier aus der Tasche gezogen haben. Diesen Men­schen steht das Geld zu, und es ist eigentlich eine Zumutung, dass wir immer noch auf die Abschaffung der kalten Progression warten müssen. (Beifall bei den NEOS.)

Dann betiteln Sie das wiederum als die größte Steuerreform aller Zeiten. Im Übrigen: Jede Steuerreform ist die größte Steuerreform aller Zeiten. Wenn Sie immer um einen Euro mehr entlasten, ist es wieder aufs Neue die größte Steuerreform. Wenn Sie es aber nicht schaffen, die kalte Progression abzuschaffen, dann ist das nichts anderes als ein Hohn für all die Menschen, die jeden Tag in der Früh aufstehen, arbeiten gehen und Jahr für Jahr aufgrund der kalten Progression mehr Steuern zahlen, als sie eigentlich zahlen müssten.

Schauen wir weiter zu den Unternehmerinnen und Unternehmern; Kollege Obernosterer hat es auch schon angesprochen. Ja, die KöSt-Senkung ist etwas, das wir begrüßen – selbstverständlich! (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Wenn Sie nachfragen, Herr Kollege Wöginger: Ja, selbstverständlich werden wir als eine Partei, der die Unterneh­merinnen und Unternehmer wichtig sind, eine Senkung der KöSt begrüßen. (Abg. Wö­ginger: Ja, der Haselsteiner hat euch das angeschafft!) – Herr Kollege Wöginger! Wenn Sie dazwischenrufen, dass Hans Peter Haselsteiner uns etwas angeschafft hat (Zwi­schenruf des Abg. Wöginger), dann ist das Ausdruck Ihrer Denke. Vielleicht ist das bei Ihnen so, dass die Spenderinnen und Spender Ihnen etwas anschaffen können. Wir sind überzeugt von der Politik, die wir machen! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Fakt ist, die KöSt-Senkung ist etwas Positives, gar keine Frage. Wenn es aber um die eigentliche Frage geht, wie wir es denn schaffen, dass die Unternehmen weiterhin wett­bewerbsfähig sind, wie wir es schaffen, dass wir die Arbeitskosten runterbringen, dann passiert da viel zu wenig. Diese Versäumnisse, diese hohen Lohnnebenkosten sind das, was die Unternehmerinnen und Unternehmer dazu bringt, dass sie nach und nach ins Ausland abwandern, weil sie einen absurden Wettbewerbsnachteil haben.

Wissen Sie, was den Unternehmerinnen und Unternehmern derzeit schlaflose Nächte bereitet? – Das ist die Frage, wie sie Arbeitskräfte finden. Sie suchen händeringend nach Arbeitskräften für ihre Unternehmen in Österreich. Und das Einzige, was Ihnen als Bun­desregierung dazu einfällt, ist, zuerst einmal über ein erhöhtes Arbeitslosengeld zu reden, ohne auch nur im Entferntesten darüber nachzudenken, wie man einen Anreiz schaffen kann, dass die Menschen wieder einer Erwerbsarbeit nachgehen. Das bringt den Unternehmerinnen und Unternehmern in Österreich schlichtweg gar nichts.

Zu der von Frau Kollegin Maurer angesprochenen Ökologisierung: Wenn Sie alle um­weltschädlichen Förderungen weiter beibehalten, wenn Sie den Klimabonus so machen, wie Sie es vorhaben, wenn Sie einen CO2-Preis von 30 Euro vorsehen, dann wissen Sie als Grüne doch ganz genau, dass jeglicher Lenkungseffekt, der notwendig wäre, in der Sekunde wieder verpufft und dass das absolut nichts mit einer wirklich zukunftsfähigen Klimapolitik zu tun hat. Das müssten Sie, die Sie jahrzehntelang für Klimapolitik kämpfen, doch eigentlich am allerbesten wissen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 68

Wenn man sich anschaut, ob im Budget irgendeine Reaktion auf die immer höher stei­genden Pensionskosten zu finden ist, sucht man vergeblich. Wir finden gar nichts. An­statt dass Sie sich einmal überlegen, wie Sie den Menschen nachhaltig mehr Pension zahlen könnten – und nicht immer nur mit diesen Einmaleffekten, wie Sie es machen – und gleichzeitig das absurde Schuldenmachen auf Kosten der nächsten Generation be­enden, machen Sie schlichtweg nichts.

Herr Finanzminister, noch eine Anmerkung zum Schluss: Wenn die angebliche Wirt­schaftspartei ÖVP als einzige Idee im Zusammenhang mit dem Kapitalmarkt jetzt ver­sucht, Gewinne auf Kryptowährungen zu besteuern, anstatt dass Sie endlich wieder da­rüber nachdenken, wie Sie eine Behaltefrist für Aktien umsetzen können, dann lässt einen das einigermaßen irritiert zurück. Ich weiß, Sie wollten das, Sie haben sich aber offensichtlich in Ihrer Partei nicht durchsetzen können und Sie haben sich gegenüber dem Koalitionspartner nicht durchsetzen können. Vielleicht schaffen wir es einmal, dass wir den Kapitalmarkt in Österreich attraktivieren und dass die Menschen, die langfristig für die Zukunft und für ihre Pension veranlagen, auch einmal etwas davon haben. Da müssten Sie sich durchsetzen. Ich hätte Ihnen viel Glück gewünscht, aber offensichtlich funktioniert das mit Ihrer Partei und Ihrem Koalitionspartner nicht.

Im Ergebnis: Das ist eine enttäuschende Verlängerung des Status quo. Das ist keine echte, nachhaltige Entlastung für die Menschen in diesem Land. Das sind keine Zu­kunftsreformen im Sinne der nächsten Generation und das ist keine wirkliche Ökologi­sierung des Steuersystems.

Ganz zum Schluss noch einen Satz zur Pandemie: Meine Damen und Herren! Wenn Sie noch nicht impfen waren, machen Sie das! Gehen Sie impfen! Schützen Sie sich und schützen Sie die anderen Menschen in diesem Land! (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

9.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Klubobmann Wöginger. – Bitte sehr, bei Ihnen steht das Wort, Herr Klubobmann.


09.56.50

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon interessant, hier zuzuhören, wie die einzelnen Parteien das Budget bewerten. Nach einer fast 19-jäh­rigen Erfahrung kann ich sagen, es ist immer so: Die Regierung beschließt das Budget, die Opposition ist dagegen – egal, in welchen Regierungskonstellationen, es ist einfach so. Es ist auch ihr gutes Recht und legitim, dass die Opposition gegen das Budget auftritt.

Frau Kollegin Rendi-Wagner, Sie stellen sich hier heraus und treten gegen die Teuerung auf, die es zweifelsohne gibt. Ich würde Ihnen aber raten, die Rede, die Sie hier gehalten haben, auch anderswo zu halten. Reden Sie bitte mit Bürgermeister Ludwig in Wien und versuchen Sie, das Wort im Wiener Rathaus zu ergreifen! (Oh-Rufe bei der SPÖ.) Dort werden nämlich gerade die Gebühren für Wasser, Müll und Kanal angehoben, und zwar um über 5 Prozent. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Das ist die Wiener Stadtre­gierung unter SPÖ-Bürgermeister Ludwig, die gerade den Wienerinnen und Wienern das Geld für eine Erhöhung der Gebühren aus der Tasche zieht. Das ist das, was Sie ma­chen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Und das pinke Anhängsel hüllt sich darüber in Schweigen. Ist ja auch klar, denn das kann ja nicht der Ansatz der NEOS sein, dass man Gebühren erhöht. (Abg. Höfinger: Na unglaublich ...!) 1 Milliarde Euro wird in Wien über Gebühren für Wasser, Kanal und Müll eingenommen – 1 Milliarde! Und jetzt setzen Sie noch einmal 50 Millionen Euro drauf. Da werden sich die Wienerinnen und Wiener bedanken. (Zwischenruf des Abg.


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Matznetter.) – Ja, Matznetter, das wissen wir, du schreist immer dann, wenn es euch wehtut, und das tut weh! (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Leider tut es aber der Bevölkerung weh, nämlich den Wienerinnen und Wienern, denen das Geld aus der Tasche gezogen wird, wo ohnehin schon eine Teuerung gegeben ist. Das sollten Sie sich einmal ins Stammbuch schreiben, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Zur FPÖ: Herr Kollege Fuchs, du bist an und für sich wirklich ein sachlicher und seriöser Politiker. Da Kickl ja zu Hause ist, weil er an Corona erkrankt ist – wir wünschen ihm alles Gute –, müsstest du ja keine solche Rede halten und Dinge erwähnen, die nicht in diesem Budget stehen. Du sprichst immer das Pendlerpauschale an, du sprichst immer auch die Dienstwägen an. Das findet sich nicht in diesem Budget, auch nicht in der ökosozialen Steuerreform. Für die Pendlerinnen und Pendler bleibt es gleich. (Abg. Fuchs: ... steht ja im Regierungsprogramm! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Ja, wir bekennen uns zu einer CO2-Bepreisung, weil wir nicht die Augen vor dem Klima­wandel verschließen dürfen. Das dürfen wir nicht. Es ist notwendig, dass wir hier schon die Realität erkennen, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) Und dieses Budget samt der ökosozialen Steuerreform ist das Beste aus diesen beiden Welten.

Ja zu Klimaschutz mit Hausverstand (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), ja zu einem regionalen Klimabonus und ja zu einer großen Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger auf allen Ebenen mit einem Volumen von 18 Milliarden Euro! 18 Milliarden Euro geben wir den Menschen zurück, und das ist gut so, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Kassegger.)

Dieses Budget ist von Aufschwung, Stabilität und Nachhaltigkeit geprägt. (Abg. Loa­cker: 30 nehmen und 18 zurückgeben!) – Ja, es ist immer so, dass eine Steuerreform nur die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler bezahlen können, und bei ihnen bedanken wir uns auch. Wir bedanken uns bei den Leistungsträgern dieser Gesellschaft, bei allen, die hier auch Steuern zahlen, denn nur dadurch ist es möglich, dass wir Steuerentlas­tungen durchführen. Der Staat nimmt nur Steuern ein, daher können wir auch nur diese verteilen. Daher einmal ein großes Danke auch an die Steuerzahlerinnen und Steuer­zahler, die das überhaupt erst ermöglichen! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Maurer.)

Wir entlasten die Menschen, und ich bin gespannt, ob die FPÖ diesen Dingen zustimmen wird, die wir beide eigentlich auch im Regierungsprogramm stehen hatten. Es ist der zweite und dritte Steuersatz enthalten, wir senken auf 30 und 40 Prozent ab, was in Summe eine Entlastung von bis zu 1 230 Euro pro Person pro Jahr ausmacht. Beim Familienbonus – von mir aus auch Plus; jetzt gibt es nämlich ein Plus, plus 500 Euro kommen dazu – sind es 2 000 Euro pro Kind pro Jahr. (Zwischenruf des Abg. Kasseg­ger.) Auch der Kindermehrbetrag wird auf 450 Euro angehoben. (Zwischenrufe der Ab­geordneten Belakowitsch und Kassegger.) Das ist doch das, was wir gemeinsam aus­gemacht haben, ich bin also gespannt, ob die FPÖ diesen Dingen zustimmen wird, die wir gemeinsam im letzten Regierungsprogramm stehen hatten, ob ihr euch weiterhin dazu bekennt, die Menschen mit dem Absenken der Steuerstufen und auch mit der Er­höhung des Familienbonus zu entlasten. Das kommt nämlich bei den Menschen an, meine Damen und Herren, die Menschen werden diese Entlastung spüren, und es ist auch notwendig, gerade in Zeiten wie diesen, dass wir diese große Entlastung umsetzen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

Wir entlasten die arbeitenden Menschen, wir setzen Anreize für klimafreundliches Ver­halten, und wir stärken den Wirtschaftsstandort nachhaltig. Noch ein Wort zur Wirtschaft: Gerade in schwierigen Zeiten oder wenn man aus einer Wirtschaftskrise herauskommt,


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ist es notwendig, die entsprechenden Akzente zu setzen. Es ist eine Vielzahl an Maß­nahmen im Paket: Ob es die Senkung der KöSt um 2 Prozentpunkte ist, ob es das Anhe­ben des Gewinnfreibetrages ist, ob es der Absetzbetrag für geringwertige Wirtschafts­güter ist, der jetzt auf 1 000 Euro angehoben wird – das alles sind Punkte, die die Wirt­schaft nachhaltig stärken werden, womit auch die Absicherung der Arbeitsplätze verbun­den ist. Wir stärken insgesamt den Standort, wir stärken die Kaufkraft der Menschen, und es gibt keinen Grund, meine Damen und Herren, dass man dieser Entlastung nicht zustimmt. Es kann nur eines sein: dass man sich so verhält, wie man sich immer verhält; die Regierung beschließt ein Budget, das nachhaltig ist, das für Stabilität sorgt, das den Aufschwung unterstützt, und die Opposition ist aus irgendwelchen Gründen dagegen.

Es ist legitim, wenn Sie dagegen sind, nachdenken sollten Sie aber schon, meine Damen und Herren, warum Sie gerade diesem Entlastungspaket nicht die Zustimmung geben. Es beinhaltet wichtige Punkte für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, und zwar für alle Menschen. Wir senken über die Sozialversicherungsbeiträge auch im untersten Einkommensbereich ab – das ist das, was Sie immer wollten, gerade von der SPÖ. Und jetzt sagen Sie, das ist nicht gut.

Der Standort entscheidet über den Standpunkt, so ist es nun einmal, und die SPÖ misst hier mit zweierlei Maß: Wenn sie regiert, ist es ein gutes Budget und eine gute Ent­lastung. Ist sie in Opposition, ist sie dagegen. – Das ist keine seriöse Art der Politik, und, Frau Kollegin Rendi-Wagner, gehen Sie ins Rathaus und halten Sie Bürgermeister Lud­wig vom Anheben der Gebühren ab! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

10.03


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Leichtfried. – Bitte.


10.03.47

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren in der Regierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident, gestatten Sie mir, dass ich meine Rede wieder einmal mit einer Frage beginne, und zwar mit einer Frage an Frau Köstinger, Herrn Brunner, Herrn Blümel und Herrn Nehammer: Sie sind immer noch da? Sie sind ja immer noch da! Sie haben versprochen, wenn Herr Kurz geht, gehen Sie mit – erinnern Sie sich? (Ah-Rufe bei der ÖVP.) Das ganze Land hat sich gefreut, und jetzt haben Sie Ihr Versprechen gebrochen, geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.) – So viel ist von den Versprechen der ÖVP in diesem Land nicht nur in dieser Frage, sondern generell zu halten.

Kommen wir zum Budget! Herr Wöginger, danke, dass Sie gesagt haben, wenn die SPÖ in der Regierung ist, gibt es gute Budgets.  Ja, das ist so, jetzt sind wir es aber halt nicht; darum ist das Budget schon zu hinterfragen, und das gestatten Sie der Opposition wahrscheinlich auch.

Herr Finanzminister, ich habe eh keine hohen Erwartungen gehabt, Sie haben mich aber trotzdem enttäuscht, das muss ich ganz offen sagen. Ist Ihnen entgangen, dass wir der­zeit in der größten Pandemie seit 100 Jahren sind? Ist Ihnen das entgangen? Die Ge­sundheitssysteme sind überlastet, die Menschen, die im Gesundheitsbereich arbeiten, sind überlastet, und was machen Sie? – Die Spitäler bekommen 130 Millionen Euro we­niger! Das ist doch nicht Finanzpolitik in der Krise, Herr Blümel, das ist ein Desaster, das muss ich Ihnen offen sagen.

Dasselbe sehen wir in der Pflege: Das Pflegesystem ist überlastet, das weiß doch jeder. Das Pflegesystem ist überlastet, und wissen Sie, was Sie da tun? Es braucht circa 1,5 Milliarden Euro, und wissen Sie, wie viel Sie erhöhen? – Um 25 Millionen Euro! Das


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ist doch ein Witz für die Menschen, die pflegebedürftig sind, und für die Menschen, die pflegen, geschätzter Herr Blümel! So geht Budgetpolitik in dieser Phase sicher nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie wollen, dass die Gemeinden die Milliarde zurückzahlen, die sie so dringend brauchen und nicht zurückzahlen können. Sie machen Politik für die Superreichen, Herr Blümel! (Abg. Hanger: Gelesen haben Sie das Budget nicht!) Das ist das, was Sie mit diesem Budget machen. Das ist die grün-türkise Finanzpolitik, und diese ist nicht nur abzuleh­nen, sie ist so schnell wie möglich zu ändern, wenn Sie abgewählt sind. Darum geht es für die Zukunft, geschätzte Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Seitens der Regierung, seitens der ÖVP ist schon die Teuerung angesprochen worden – selbst Sie haben erkannt, dass die Teuerung ins Land gezogen ist. Ja, Sie haben es erkannt, aber Sie tun nichts dagegen. Die Kosten für den wöchentlichen Einkauf steigen um 6,8 Prozent, für Benzin, Treibstoff um 36 Prozent, für Heizen und Strom um 16 Pro­zent. Das kann so nicht weitergehen, und was unternehmen Sie dagegen? Sagen Sie eines, was Sie dagegen unternehmen! Sie tun nichts gegen diese Teuerung. Sie lassen die Menschen in dieser Situation alleine, und Sie nehmen zur Kenntnis, dass diese In­flation existenzbedrohend für die Haushalte ist! (Abg. Wöginger: Und in Wien nimmt ...!)

Es gibt im Budget keinen einzigen Satz zu dieser Situation, und ich sage Ihnen: Sie lassen die Menschen im Stich, und so, wie Sie es hier machen, geht Budgetpolitik nicht! Das ist nicht das, was die Menschen in unserem Land derzeit brauchen, geschätzte Da­men und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend „soziale Krise verhindern, Teuerung bekämpfen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert ein Maßnahmenpaket gegen die Teuerung – insbesondere in den Bereichen Wohnen, Energie und beim täglichem Einkauf – dem Nationalrat ehebaldig zuzuleiten. Folgende Maßnahmen sollten dabei besonders be­rücksichtigt werden:

1. Vorziehen und sofortiges Inkrafttreten der Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer

2. Senkung der Mehrwertsteuer im Bereich Strom und Gas sowie Einführung eines Win­terzuschusses in der Höhe von 300 Euro [...]

3. Erhöhung der Pendlerpauschale für kleine und mittlere Einkommen [...]

4. Valorisierung der Studienförderung [...]

5. Sonderteuerungsausgleich [...]“

*****

Geschätzte Damen und Herren, mein Appell: Stimmen Sie da mit! Sie tun etwas Gutes für die Menschen im Land!

Lassen Sie mich zum Schluss jetzt aber noch zu einem Thema kommen, das schon von einigen Vorrednerinnen und Vorrednern angesprochen wurde: zur Pandemiebekämp­fung, die gerade durch Ihr Agieren in diesem Land jetzt wirklich den Bach hinuntergeht. (Zwischenruf des Abg. Hanger.)


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Wie versucht diese Regierung die Pandemie zu bekämpfen? – Am Abend macht der Gesundheitsminister einen Vorschlag. In der Früh kommt der Gegenvorschlag des Kanz­lers. Zu Mittag macht sich Frau Köstinger dazu wichtig. Am Abend oder am späten Nachmittag gibt es die Auftragsmeldung der Wirtschaftsministerin, und am Ende sagt der Herr Vizekanzler wieder das Gegenteil. – Geschätzte Damen und Herren, so geht Pandemiebekämpfung nicht! Das verwirrt die Menschen, das wird nicht dazu geeignet sein, die Pandemie zu bekämpfen, und das ist etwas, was unserem Land wirklich schadet.

Eines zum Schluss, Herr Kurz: Herr Kurz, das ist Ihr Erbe. Diese Pandemiepolitik ist Ihr Erbe. Sie haben die Pandemie im Sommer für beendet erklärt. Sie haben dafür gesorgt, dass die Menschen unvorsichtig geworden sind. Sie haben dafür gesorgt, dass Pande­miebekämpfung nicht ernst genommen wurde. Jetzt stehen wir vor den Trümmern dieser Politik, und ich wäre froh, wenn sich in diesem Land endlich etwas ändern und den Men­schen endlich wieder geholfen werden würde. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Bösch.)

10.09

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr.in Pamela Rendi-Wagner, MSc, Mag. Jörg Leichtfried,

Genossinnen und Genossen

betreffend soziale Krise verhindern, Teuerung bekämpfen

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 1) Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1102 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Ge­währung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Niederösterreich aus Anlass des 100-jährigen Bestehens als eigenständiges Bundesland und ein Bundesgesetz über die Finanzierung des Vereins für Konsumenten­information im Jahr 2022 erlassen sowie die Exekutionsordnung, das Bundesgesetz, mit dem Verstöße gegen bestimmte einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Gewalt und zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre zu Verwaltungsübertretungen erklärt werden, das Gebührenanspruchsgesetz, das Ar­beitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Umweltförderungsgesetz, das Schülerbeihil­fengesetz 1983, das FTE-National­stiftungsgesetz, das Bundesmuseen-Gesetz 2002 und das Bundestheaterorganisations­gesetz geändert werden (Budgetbegleitgesetz 2022) (1154 d.B.)

Das Leben für sehr viele Menschen wird immer teurer und für mehr und mehr immer schwerer leistbar. Den Menschen geht es dadurch oft schlechter als noch vor einigen Jahren. Aufgabe der Politik ist es aber, das Leben der Bevölkerung besser zu machen, statt es schlechter werden zu lassen. Alles andere wäre die Selbstaufgabe der Politik.

Derzeit hat die Teuerung ein Ausmaß erreicht, das über normale Preisschwankungen hinausgeht. Das Einkaufen, das Wohnen, das Heizen, der Strom, das Autofahren – kurzum die wesentlichsten Bereiche des täglichen Lebens – sind zeitgleich von exor­bitanten Preissteigerungen betroffen. Der wöchentliche Einkauf ist um 6,8 Prozent teurer als im Vorjahr, das Benzin um 36 Prozent, der Kauf eines eigenen Heims kostet heute um 10 Prozent mehr als im Jahr 2020, die monatliche Miete ist von 2019 auf 2020 bereits um rund 3 Prozent gestiegen und wird das weiter tun und Heizen und Strom werden um mindestens 16 Prozent mehr kosten. Für viele Haushalte sind die explodierenden Preise eine existenzielle Bedrohung.

Die Bundesregierung hat im Kampf gegen die Teuerung noch keine Maßnahmen gesetzt – im Gegensatz zu vielen europäischen Ländern. Auch im Budget findet sich dazu absolut nichts.


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Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert ein Maßnahmenpaket gegen die Teuerung – insbesondere in den Bereichen Wohnen, Energie und beim täglichem Einkauf – dem Nationalrat ehebaldig zuzuleiten. Folgende Maßnahmen sollten dabei besonders be­rücksichtigt werden:

1.   Vorziehen und sofortiges Inkrafttreten der Senkung der Lohn- und Einkommens­steuer

2.   Senkung der Mehrwertsteuer im Bereich Strom und Gas sowie Einführung eines Winterzuschusses in der Höhe von 300 Euro für einkommensschwache Haushalte

3.   Erhöhung der Pendlerpauschale für kleine und mittlere Einkommen durch Umstel­lung von Steuerfrei- auf Steuerabsetzbetrag

4.   Valorisierung der Studienförderung für Studierende

5.   Sonderteuerungsausgleich für Pensionistinnen und Pensionisten mit kleinen Pen­sionen.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ausreichend unterstützt, ordnungs­gemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet zu einer tatsächlichen Berichtigung ist Abgeordneter Fuchs. – Bitte sehr.


10.09.40

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Herr Präsident! Kollege Wöginger hat gemeint, dass die Ökologisierung des Pendlerpauschales nicht Bestandteil der ökoso­zialen Steuerreform sei, und er hat auch behauptet, dass das kein Bestandteil dieses Budgets sei. Ich berichtige tatsächlich: Wir diskutieren heute das Bundesfinanzge­setz 2022 und das Bundesfinanzrahmengesetz 2022 bis 2025, und in diesen Gesetzen ist sehr wohl die ökosoziale Steuerreform abgebildet.

Das Regierungsprogramm, der Ministerratsvortrag 5/16 vom 30.1.2020 – Titel: „Men­schen entlasten – Ökologisierung fördern“ –, der österreichische Aufbau- und Resilienz­plan 2020–2026 vom 30.4.2021 und die Bemerkung der Frau Bundesministerin Ge­wessler bei der Präsentation der Steuerreform am 3.10.2021 beinhalten die „Ökologisie­rung und Erhöhung der Treffsicherheit des Pendlerpauschales“; damit ist diese auch Bestandteil dieses Regierungsprogrammes und natürlich auch dieser ökosozialen Steu­erreform. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

10.11


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das war eine politische Anmerkung, darf ich fest­halten.

Bevor ich Abgeordnetem Schwarz das Wort erteile, darf ich den Präsidenten des Schweizer Nationalrates Andreas Aebi mit seiner Gattin recht herzlich bei uns begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)


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Die Schweiz und Österreich verbinden enge freundschaftliche, aber auch wirtschaftliche Kontakte, und er hat eine dreitägige Reise nach Österreich angesetzt. Herzlich willkom­men, und ich wünsche noch einen guten Aufenthalt! (Allgemeiner Beifall. – Abg. Matz­netter: Mutig, bei unseren Inzidenzen!)

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schwarz. – Bitte.


10.11.51

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Herr Präsident! Ein Willkommen auch von mir! Ich beginne mit einem Hallo an die Mitglieder der Bundesregierung, an das Hohe Haus, an die Zuseherinnen und Zuseher und auch an den Herrn Präsidenten – und mit der Feststellung, dass alles, was irgendwie Ökologisierung im Namen hat, bei Abgeordnetem Fuchs von der FPÖ Schauer auslöst. (Heiterkeit des Abg. Wöginger.) Das heißt, insofern gehen wir da wahrscheinlich auch in die richtige Richtung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was mich gleichfalls ein bisschen verwundert, ist, dass die SPÖ einen Antrag stellt, mit dem sie klimaschädliche Subventionen ausbauen möchte. Ich habe immer geglaubt, auch Sie wollen die mit abschaffen, aber offensichtlich gehen Sie da in eine ganz andere Richtung. Auch das ist leider nicht so, wie wir das im 21. Jahrhundert erwarten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte nicht abstreiten, dass die aktuelle Situation herausfordernd ist; ich glaube, das kann man jeden Tag feststellen. Was ich nicht teile, ist die Einschätzung, dass das Budget grundsätzlich und generell zu optimistisch ist. Wir haben festgestellt, dass Corona eine hohe Saisonalität hat, teilweise eine überraschend hohe Saisonalität. Das hat dazu geführt, dass schon letztes Jahr viele meiner VorrednerInnen gefordert haben, das Budget nach unten zu korrigieren, weil sie geglaubt haben, es ist zu optimistisch. Jetzt, am Ende des Jahres 2021, stellt sich heraus: Das Budget hat wahrscheinlich schon recht gut gepasst, es war vielleicht sogar einen Hauch zu pessimistisch. Deshalb glaube ich auch, dass dieses Budget, so wie es jetzt aufgestellt ist, halten wird. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Zur Beruhigung aller Zuseherinnen und Zuseher: Auch dieses Budget sieht noch Mittel für die unmittelbare Covid-Krisenbewältigung vor: 3,8 Milliarden Euro für Kurzarbeit, für Schutzmaßnahmen im Bildungsbereich, für Gesundheitsmaßnahmen und so weiter, und zusätzlich noch 5 Milliarden Euro an Ermächtigung für den Finanzminister, mit denen auf Herausforderungen im Zusammenhang mit dieser Krise sozusagen flexibel reagiert wer­den kann. Das heißt, dieses Budget sieht die Mittel vor, um quasi noch einmal durch­zutauchen durch diese hoffentlich letzte Welle, das letzte Aufbäumen dieser Krise, zeigt aber auch den Weg heraus aus der Krise in die Zukunft – und dort liegt der Schwerpunkt dieses Budgets, nämlich in der Zukunft.

Erstmals werden klimaschädliche Treibhausgase einen Preis bekommen und dadurch die gesamte Wirtschaft in eine positive, klimafreundliche Zukunft gelenkt. Das wäre ohne diese grüne Regierungsbeteiligung so nicht zustande gekommen, und das ist, glaube ich, ein großer Erfolg. (Beifall bei den Grünen.)

Gleichzeitig muss sichergestellt sein, dass die Menschen auf diesem Weg quasi mit­genommen werden können, und deshalb sehen dieses Budget und diese Steuerreform eine massive Förderung beim Heizkesseltausch und auch für die thermische Sanierung vor, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen – was dazu führt, dass wirk­lich jeder und jede mitmachen kann und sich quasi selbst aus dieser Abhängigkeit von Kohle, Öl und Gas befreien kann, die man eben nicht durch eine Ausweitung von kli­maschädlichen Subventionen bekämpft, sondern genau damit, nämlich indem wir alle uns rausinvestieren, indem wir alle versuchen, unsere alten Heizsysteme wegzukriegen und durch Erneuerbare zu ersetzen. Das ist der Weg aus der Putin’schen Preisfalle.


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Genau diese Dinge werden jetzt im Budgetbegleitgesetz beschlossen – danke für die entsprechende Vorlage dieses Gesetzes! Wichtig für uns war, dass trotz CO2-Beprei­sung sichergestellt ist, dass den Leuten mehr Geld im Börserl bleibt. Das machen wir, indem wir diesen Klimabonus einführen, der sicherstellt, und das wird oft falsch wie­dergegeben, dass die Grundversorgung – das heißt sowohl für das Heizen als auch für die wichtigsten Versorgungswege – gewährleistet ist. Also alles, was an Verteuerung durch die CO2-Bepreisung auf die Menschen zukommt, wird mit Sicherheit durch den Klimabonus kompensiert, egal wo man lebt, und insofern bleibt allen mehr Geld im Bör­serl. Man kann bei dieser sozusagen Bewegung in Richtung mehr Klimaschutz mitma­chen und profitiert davon, gleichzeitig braucht man sich nicht zu fürchten, wenn man es nicht schafft.

Gleichzeitig bleibt der Lenkungseffekt erhalten – auch das ist von einem meiner Vorred­ner abgestritten worden. Das UBA hat berechnet, dass alleine mit dieser Maßnahme 4 Prozent der Treibhausgase in Österreich reduziert werden können. Das ist für eine einzige Maßnahme ein relativ großer Anteil, den diese Maßnahme an der Reduktion von Treibhausgasen hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die meisten Wirtschaftsexpertinnen und -experten sind sich einig, dass wir in Österreich umweltschädliches Verhalten und ebensolche Technologien zu gering und Arbeitsein­kommen zu hoch besteuern, deshalb gibt es über verschiedene Maßnahmen, insbeson­dere diese Tarifsenkung, auch ein großes Entlastungsvolumen für Arbeitseinkommen – wobei mich wundert, dass die NEOS plötzlich gegen die Steuerreform sind, obwohl ich vermutet habe, dass Sie grundsätzlich dafür sind, dass man Steuern senkt. Es ist auch so, dass ich irgendwo den Eindruck habe, Sie sind verwundert darüber, dass sich der Staat über Steuern finanziert, denn wenn man Steuern einnimmt – und mehr Steuern einnimmt –, dann sagen Sie, das ist eine Raubrittermanier, und Ähnliches. (Abg. Loa­cker: Ist es auch!) Das liegt halt an der Art und Weise: Man muss natürlich versuchen, die Steuern im Budget sinnvoll zu verwenden, aber dass sich der Staat grundsätzlich über Steuern finanziert, das sollte jetzt niemanden überraschen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es gibt auch die Ansicht – das kommt öfter von der SPÖ –, dass die Steuerreform vor allem die Reichen entlasten würde und die Armen davon nicht profitieren würden. – Der Fiskalrat hat ganz klar gezeigt, dass die relative Entlastung für die kleinen Einkommen, die untersten 20 Prozent, wesentlich höher ist als für die obersten 20 Prozent. Ich glau­be, da sollen einfach die Zahlen sprechen; die Menschen können sich ja selbst ein Bild davon machen.

Ich möchte auf den Weg noch mitgeben, dass ich hoffe, dass Sie alle mithelfen, dass sich dieser positive Blick in die Zukunft, den dieses Budget gibt, sozusagen auch für unsere Gesellschaft durchsetzt und machen lässt. Dabei können Sie alle mithelfen, nämlich: Wenn Sie noch nicht geimpft sind, lassen Sie sich bitte impfen, und wenn Sie geimpft sind, dann schauen Sie, dass Sie in den nächsten Wochen versuchen, die Kon­takte zu reduzieren und ein bisschen vorsichtiger zu sein! Dann bin ich zuversichtlich, dass wir das schaffen, und dann wird das mit diesem Budget ein guter Weg in die Zukunft sein.

Ich danke für die Kooperation und wünsche Ihnen alles Gute. Bleiben Sie gesund! – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

10.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Herr. Bei ihr steht das Wort. – Bitte sehr, Frau Ab­geordnete.



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10.18.19

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Abgeordneter Schwarz hat soeben behauptet, dass in einem klimafreundlichen Budget, das auch vorliege, die Er­höhung von klimaschädlichen Subventionen nicht angedacht sei.

Liebe ÖVP, liebe Grüne, Sie tun genau das beispielsweise im Bereich der Landwirt­schaft – Stichwort Agrardiesel –, wo Sie neue klimaschädliche Subventionen einführen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Keine Ahnung von Ackerbau und Viehzucht!)

10.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Auch das war keine tatsächliche Berichtigung. Ich würde eines bitten: Können wir das angesichts der vielen Beiträge vielleicht in den Re­den unterbringen?

Herr Abgeordneter Brückl ist der Nächste, der zu Wort gelangt. – Bitte sehr.


10.19.00

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Minister! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Abgeordneter Scherak hat in seiner Rede gemeint: Keiner weiß, was gilt!, und damit hat er recht. Die Bundesregierung hat in den letzten Tagen betreffend ihr kommunikatives Verhalten völlig versagt. Das ist Dilettantismus in Reinkultur, und dieses Dilettieren setzt sich, Ho­hes Haus, auch in unseren Schulen fort.

Wir geben über 10 Milliarden Euro im Jahr für Bildung aus (Beifall des Abg. Taschner), aber wir liegen im internationalen Vergleich, wenn ich beispielsweise Finnland herneh­me, bei sämtlichen Abfragen, bei den Tests, bei den Pisa-Studien und so weiter, immer wieder im Hinterfeld, obwohl diese Länder weniger für Bildung ausgeben, als Österreich das tut. (Abg. Taschner: ... die Jugendarbeitslosigkeit!) Das liegt sicherlich auch daran, Herr Professor, dass wir die Prioritäten in diesem Land falsch setzen. Wenn ich mir das Budget ansehe, dann sehe ich, dass wir im kommenden Jahr wiederum 240 Millionen Euro für Schultests ausgeben, für Tests – PCR-Tests – in den Schulen. Das ist genau so viel Geld, wie wir für Förderstunden ausgeben, und das, obwohl wir in den letzten eineinhalb Jahren einen massiven Bildungsverlust bei unseren Kindern, bei unseren Ju­gendlichen beobachten. Das ist viel zu wenig Geld, das dafür aufgebracht wird.

Dieses Budget von 240 Millionen Euro für Tests beweist nur eines: Der Testwahnsinn an unseren Schulen geht weiter, und nicht nur der Testwahnsinn, auch der Masken­zwang setzt sich fort. Egal ob jemand getestet ist – negativ getestet –, ob er geimpft ist: Auch wenn Jugendliche oder Kinder geimpft sind, müssen sie in Zukunft FFP2-Maske tragen. Das gilt im Übrigen jetzt auch in den Volksschulen. Diesem Wahnsinn müssen wir ein Ende setzen. Dieses Drangsalieren unserer Kinder darf so nicht weitergehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Im Hinblick auf die Kommunikation hat das Bildungsministerium im Übrigen den Begriff des Schulchaos in völlig neue Dimensionen getragen. Das Kommunikationsteam im Bildungsministerium schreibt an die Schulen, schickt Schreiben mit Anordnungen an die Schulen, in denen steht, die Kinder in den Schulen müssen jetzt also FFP2-Masken tra­gen – und das, obwohl in den Verordnungen nie von einer FFP2-Maske die Rede ist, da ist immer nur von MNS, von Mund-Nasen-Schutz, die Rede.

Obwohl in sechs von neun Bundesländern grundsätzlich die Risikostufe 2 gelten würde, sagt der Herr Bundesminister: Wir machen jetzt einmal in allen Bundesländern das, was in Risikostufe 3 vorgesehen ist. – Was dann in der Folge wiederum bedeutet – es gibt dazu ein Schreiben von der oberösterreichischen Bildungsdirektion, in dem das steht –: Wer weder genesen noch geimpft ist, geht ins Distancelearning, wenn auch nur ein ein­ziger Schüler in der Klasse positiv ist. – Das ist ein Wahnsinn, denn das bedeutet in


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Wirklichkeit, dass wir an den Oberstufen nur noch eine 2G-Regel haben – du musst ge­nesen oder geimpft sein – und dass sich in Wirklichkeit die Volksschulen und die Un­terstufen in Zukunft wieder im Distancelearning befinden. Das kann es nicht sein, so darf das nicht weitergehen. Diese Regierung dilettiert auf dem Rücken unserer Schüler. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Kollege Obernosterer – ich weiß nicht, ob er noch hier ist – hat gemeint, dass diese Bun­desregierung unser Land hervorragend durch die Krise geführt hat und das Ausland uns beneidet. – Herr Kollege Obernosterer, ich weiß nicht, ob Sie in den letzten Tagen ir­gendwann einmal ausländische Medien gelesen haben, aber ich darf Ihnen hier nur ein­mal kurz eine, nämlich die größte deutsche Tageszeitung zitieren, die geschrieben hat:

„Mit dem Lockdown gegen Ungeimpfte ist Österreich ein abschreckendes Beispiel ge­worden. Mal abgesehen von der brutalen Freiheitsbeschränkung: Niemand weiß, ob es weniger Infektionen gibt, wenn Menschen zu Hause eingesperrt sind.“

Und weiter: „Doch das Schlimmste ist, dass der Lockdown auch Kinder und Jugendliche trifft. Minderjährige werden massiv unter Druck gesetzt, sich gegen ein Virus impfen zu lassen, das für sie selbst kaum gefährlich ist. Stattdessen gefährdet die Politik ihre kör­perliche und geistige Gesundheit“. „Das Virus kennt bekanntlich keine Grenzen. Aber diese Politik gegen Kinder und Jugendliche darf in Deutschland keine Schule machen!“ – Das sind die ausländischen Medien, so wird über unser Land berichtet.

Oder: Der kroatische Staatspräsident – auch den darf ich noch zitieren – meint: „In Ös­terreich verbietet man heute Menschen, die nicht geimpft sind, das Haus zu verlassen. Was ist das, Wissenschaft oder Methoden, die an die 30er Jahre erinnern?“ (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Diese Spaltung unserer Gesellschaft, geschätzte Damen und Herren, muss beendet werden! Diese Spaltung, die von der Regierung betrieben wird, geht mittlerweile durch die Familien: Sie trennt Eltern von ihren Kindern, sie trennt Schwester und Bruder.

Es muss auch Schluss sein mit diesem Regierungssprech. Wenn ich daran denke: Die ehemalige Ministerin Bogner-Strauß spricht von Todesengeln, wenn sie von Kranken­schwestern und Krankenpflegern spricht. Frau Minister Köstinger meint, die Zeit für Un­geimpfte sei abgelaufen. (Bundesministerin Köstinger: Was? – Zwischenruf des Abg. Wurm.) Den Vogel abgeschossen hat in Wirklichkeit der Herr Bundeskanzler, denn Bundeskanzler Schallenberg meinte – er spricht da über Menschen wie über Tiere, und das ist das Furchtbare –, wir müssten die Zügel für Ungeimpfte straffer ziehen. (Zwi­schenruf bei der ÖVP.)

Hohes Haus! Das ist ein Wahnsinn! So ein Bundeskanzler hat in seinem Amt nichts mehr verloren! (Beifall bei der FPÖ.) Beenden Sie diesen weltweit einzigartigen Wahnsinn! (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.) Er ist weltweit einzigartig, und das schrieb gestern auch die „Presse“: In nahezu 200 Ländern weltweit gibt es keine vergleichbaren Maßnahmen. – Nicht einmal in Nordkorea, nicht einmal in China – das sind die Länder, die da sogar noch über uns stehen. (Abg. Deimek: Nicht einmal in Liechtenstein!)

Geben Sie, liebe Bundesregierung, den Menschen ihre Würde zurück, verbreiten Sie Hoffnung anstatt Hysterie und Panik! Es geht um die Zukunft unserer Heimat, es geht um die Zukunft unserer Kinder, es geht um die Zukunft der Menschen.

Im Übrigen – ceterum censeo – glaube ich, dass dieses Budget nicht dazu geeignet ist, Österreich aus dieser Krise herauszuführen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wurm: Gute Rede! – Abg. Deimek: Die Wirtschaft steht hinter den Maßnahmen bis zum Tod!)

10.25


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Haubner. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 78

10.25.59

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Finanzminister! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Auch von dieser Stelle ein Grüezi an die Schweizer Delegation – uns verbindet ja einiges: Wir sind kleine Länder, wir haben tolle Unternehmen, wir haben fleißige Menschen, und wir haben starke Volks­wirtschaften. (Abg. Deimek: In der Schweiz wird aber nicht zugesperrt!) Eine herzliche Gratulation auch zu Ihrer Performance, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte zum Thema starke Volkswirtschaften etwas sagen, weil genau das das Ziel dieses Budgets ist: dass wir Österreich als starke Volkswirtschaft erhalten. Wir wollen Stabilität und Wachstum in unserem Land, und da ist es ganz wichtig, dass wir eine florierende Wirtschaft haben und budgetäre Sicherheit geben, meine Damen und Her­ren, denn eine Wirtschaft, die gesunde Unternehmen hat, schafft und sichert Arbeits­plätze. Wenn ich mir dieses Budget ganz genau anschaue, dann erkenne ich, dass die­ses Budget den Aufschwung unterstützt, die Stabilität schafft, die wir brauchen, und Nachhaltigkeit zum Inhalt hat. Der Herr Finanzminister hat dieses Budget mit großer Umsicht gebaut, und es ist eine klare Ansage in Richtung Zukunft, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Lukas Hammer und Jakob Schwarz.)

Gerade in diesen schwierigen Coronazeiten – und wie wir ja jetzt erleben, sind diese Zeiten noch nicht vorbei – wurden die größten Unterstützungspakete in der Zweiten Re­publik gestemmt. Jetzt gilt es eben, einerseits die Unterstützungen weiter fortzusetzen und andererseits gleichzeitig an die Zukunft zu denken, um die neuen Herausforderun­gen wie Klimaschutz, Arbeitsmarkt und Standort anzugehen – und genau das machen wir. Wenn wir jetzt den Aufschwung nutzen, dann werden wir zur gewohnten österreichi­schen Stärke zurückfinden. Dabei wird uns kein Gesamtlockdown helfen, meine Damen und Herren. Am meisten hilft es uns – und das ist unsere oberste Aufgabe –, dass wir die Bürgerinnen und Bürger zum Impfen bringen (Zwischenruf bei der SPÖ), denn mit einer hohen Impfquote können wir besser in Richtung Aufschwung marschieren.

Die Wirtschaftsprognosen stehen ja auf Aufschwung, meine Damen und Herren, und das sind gute Signale. Dieses Budget – und das möchte ich in Richtung SPÖ schon noch einmal ganz deutlich sagen – setzt ganz klare Signale, nämlich in Richtung der arbeiten­den Menschen: Wir entlasten diese, wir senken den Steuersatz von 35 Prozent auf 30 Prozent und jenen von 42 Prozent auf 40 Prozent. Wir setzen Anreize, und wir stär­ken den Wirtschaftsstandort durch Entlastungen und Förderungen. Die Investitionsprä­mie hat es ja in der Vergangenheit gezeigt: wertvolle Impulse – 7 Milliarden Euro lösen Investitionen von 80 Milliarden Euro aus. Diesen Weg wollen wir weitergehen und die Wirtschaft entsprechend unterstützen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

Meine Damen und Herren! Wir machen Politik für die österreichischen Unternehmerin­nen und Unternehmer, damit sie hier am Standort bleiben und hier investieren. Das ist ganz wichtig. Dafür brauchen sie unsere Wertschätzung und auch unsere Unterstützung. Egal ob KMU, EPU oder Leitbetrieb – alle Unternehmen sind uns gleich wichtig, und deshalb gibt es auch einen derartigen Mix an Maßnahmen.

Zum Abschluss noch ein Dankeschön im Namen meines Heimatbundeslandes Salzburg: Wir wurden ja 2021 kräftig von Unwettern gebeutelt, und es finden sich im Budget, im Katastrophenfonds 4 Millionen Euro pro Jahr. – Danke im Namen der Menschen in den Regionen, wir können dieses Geld dringend brauchen.

Deshalb: Miteinander und nicht gegeneinander arbeiten – das ist das Gebot der Stunde, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

10.29


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Doppelbauer. Bei ihr steht das Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 79

10.30.06

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Ja, Herr Finanzminister, und das ist heute schon ganz oft auch in den Reden meiner Vorredner erwähnt worden, es heißt immer: Auf diesem Budget steht „Zukunft“ drauf.

Don’t judge a book by its cover!, heißt es immer, aber wir haben nachgeschaut, wir haben nachgerechnet, wir haben auch ganz genau geschaut – füge ich hinzu, mich auf die Worte von Kollegen Haubner beziehend –, und wir konnten nur feststellen: Es ist in die­sem Paket keine Zukunft drinnen! Es ist wieder ein Budget auf Kosten der nächsten Generation, und es ist wieder ein Budget, das einfach uninspiriert und mutlos daher­kommt.

Warum sage ich das? – Weil es einfach drei wichtige Punkte gibt, die Sie von uns NEOS immer hören: Es fehlen die Strukturreformen – ein ganz, ganz wichtiger erster Punkt –, es sind keine enthalten. Zweitens: Der Schuldenrucksack wächst einfach weiter, und auch da wird nichts getan. Und, drittens, diese angeblich größte Steuerreform aller Zei­ten ist ein Schmäh. Sie entlastet weder die Menschen, noch wird sie uns den Klimazielen näherbringen. – Statt eines Neustarts haben wir halt eine gewohnt uninspirierte Haus­haltsplanung.

Ich möchte aber auf die drei Punkte noch einmal genauer eingehen. Ich fange mit dem Reformstau an. Es geht dabei um die üblichen Reformen, die wir alle fordern und die auch alle Experten immer fordern, und ich starte wie immer mit der Pensionsreform: Ein Drittel des Bundeshaushalts ist in Form von Zuschüssen zu den Pensionen gebunden, und da muss endlich der Kopf aus dem Sand genommen werden. Da muss einfach end­lich etwas getan werden, und es geht darum, dass das faktische Pensionsalter endlich angehoben wird. (Beifall bei den NEOS.)

Föderalismusreform: Wir geben für die falschen Dinge viel zu viel Geld aus, weil Sie es nicht schaffen, Aufgaben-, Einnahmen- und Ausgabenverantwortung auf Gemeinde-, Länder- und Bundesebene zu entflechten. Das kostet nicht nur wahnsinnig viel Geld, es ist ineffizient und – man muss es in diesen Tagen sagen – es gefährdet Leben.

Die vielleicht wichtigste Zukunftsreform betrifft die Bildung. Weil ich gerade auch den Besuch aus der Schweiz hier sehe: In der Schweiz nimmt das Bildungsbudget 16,5 Pro­zent des Budgets ein – in Österreich sind es weniger als 10 Prozent. Es wird zwar immer ein bisschen erhöht, aber auch da schaut offenbar keiner genau rein, denn: Was erhöht wird, das sind die Lehrergehälter – das ist natürlich angemessen, aber damit ändert sich einfach nichts in einer Schulklasse. Auch das gehört endlich geändert. (Beifall bei den NEOS.)

Kommen wir zu meinem zweiten Punkt, dem Schuldenrucksack: Dieser Reformstau, der über die letzten Jahrzehnte – muss man schon fast sagen – entstanden ist, blockiert einfach das Budget. Es wird hier etwas festgezurrt, was die Bewegungsfreiheit in der Zukunft vollkommen einschränkt. Das ist wirklich schlecht und das gehört angegangen.

Zusätzlich zu dieser Erstarrung des Budgets, die wir schon vorfinden, haben wir jetzt einmal über 60 Milliarden Euro für die Krise ausgegeben. Über 60 Milliarden Euro wur­den bis jetzt ausgegeben! Das wurde einfach bei den Schulden angehäuft. Und was jetzt dazukommt – weil dieser Sommer wieder nicht genutzt wurde, weil die Menschen wieder nicht zum Impfen gebracht worden sind –: Jetzt haben wir die nächste – vierte – Welle. Ja, ich würde mich freuen, wenn wir mit diesen 5 Milliarden Euro, die in diesem Budget enthalten sind, im nächsten Jahr auskommen würden, aber – ich bin da beim Kollegen Fuchs – ich glaube, das wird sich wahrscheinlich nicht ausgehen. Also wer zahlt für diese vollkommene Säumigkeit der Bundesregierung? – Der Steuerzahler, denn der badet es aus, und ich muss Ihnen wirklich sagen, ich würde Sie gerne in den Privatkonkurs schi­cken. (Beifall bei den NEOS.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 80

Dann haben wir noch den dritten Punkt, das ist die ökologische Steuerreform. Diese ist – das haben wir auch schon mehrmals gesagt – weder ökologisch, Kollege Schwarz, noch ist es eine wirkliche Steuerreform, denn eine solche sollte ja die Menschen entlasten. Was es geworden ist, ist ein bisschen eine Tarifreform – wir finden die Senkung der Tarife übrigens gut, Kollege Schwarz –, aber es ist vor allem ganz viel Subventionspopu­lismus drinnen. Von diesen 18 Milliarden Euro sind 10 Milliarden Subventionen, die über Klimaboni und Co ausgegeben werden, und das hat nichts mit einer Entlastung der Men­schen in diesem Land zu tun. (Zwischenruf des Abg. Sieber.)

Was wäre also zu tun? – Den arbeitenden Menschen muss in Österreich einfach mehr Geld in der Tasche bleiben. Im EU-Vergleich – meine Damen und Herren, hören Sie sich das wirklich an! – ist jenes Land, wo den Menschen von ihrem hart verdienten Bruttolohn dann netto am drittwenigsten im Geldbörserl bleibt, Österreich, unsere Heimat. Das ist das, was Sie und wir jedes Jahr zahlen.

Warum ist das so? – Weil eine ganz, ganz zentrale Forderung – Herr Finanzminister, ich schaue Sie jetzt wirklich an, ich schaue auch in Richtung von Herrn Vizekanzler Kogler, der aber gerade nicht da ist – bis jetzt nicht erfüllt wurde. Worum geht es? – Es geht um die Abschaffung der kalten Progression. Würden wir das endlich in den Griff bekommen, dann wäre schon viel geholfen. (Beifall bei den NEOS.)

Weil es geheißen hat, wir finden all die Reformen, die für den Wirtschaftsstandort ge­macht wurden, nicht gut: Wir finden die KöSt-Senkung gut, wir finden es auch gut, dass es einen Gewinnfreibetrag gibt, und auch der Investitionsfreibetrag ist absolut in Ord­nung – das unterstützen wir. Was es aber doch wirklich braucht, meine Damen und Herren – und das wissen all jene von Ihnen, die tagtäglich mit Unternehmerinnen und Unternehmern reden, auch –, ist eine Senkung der Lohnnebenkosten, und die fehlt. (Bei­fall bei den NEOS.)

Nur zum Vergleich: In Deutschland zahlt man 7 Prozent weniger Lohnnebenkosten als in Österreich – das ist Ihr konkurrenzfähiger Wirtschaftsstandort.

Dass wir den Kapitalmarkt attraktivieren müssen, haben wir schon gehört, aber ich möchte auch noch einen letzten Satz zur CO2-Bepreisung sagen – denn mit dem, was da passiert, wird den Menschen wirklich Sand in die Augen gestreut –: Mit diesem Re­förmchen, mit diesen 30 Euro, die da auf den Weg gebracht werden, werden wir den Klimapfad nie erreichen. Die Klimaziele werden nicht erreicht werden und, ja, irgend­wann werden dann die Milliarden an Strafen drohen – 9 Milliarden Euro pro Jahr, das ist das, was auf der Liste steht –, und dann werden wir wahrscheinlich wieder große Augen machen. Und wer wird es zahlen? – Der Steuerzahler.

Wir NEOS haben ein Konzept vorgelegt, laut dem wir das Wirrwarr an Energiesteuern einfach abschaffen würden und einen wirklich transparenten CO2-Preis nach vorne brin­gen würden; das Ganze aufkommensneutral, möchte ich dazusagen – durchgerechnet –, indem man die Steuern, die Abgaben und die Nebenkosten auf Einkommen drastisch reduziert. Das wäre ein sehr, sehr guter Schritt und aus meiner Sicht immer noch das beste Konzept, das diesbezüglich in Österreich jemals vorgelegt worden ist.

Vielleicht zum Abschluss, Herr Finanzminister: Das ist jetzt Ihr drittes Budget. Im Mai 2020 durfte ich Ihnen einen Kübel überreichen, denn Sie haben selber gesagt, das Budget ist zum Wegwerfen. Im Herbst 2020 – das war dann das Budget für 2021 – haben Sie sich geweigert, das Papier an die Zahlen, die damals vom Wifo kommuniziert worden sind, anzupassen. Jetzt haben wir wieder ein Budget, das ziemlich sicher nicht halten wird, weil die Regierung die Bekämpfung der Pandemie im Sommer verschlafen hat. Es wird also wieder nicht halten.


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Abschließend – und ich habe das schon öfter gesagt –: Diese Bundesregierung ist wirk­lich ein Weltmeister im Ankündigen, aber ein vollkommenes Armutschkerl im Umset­zen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

10.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Finanzminister. Bei ihm steht das Wort. – Bitte.


10.37.53

Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernsehschir­men! Mit diesem Budget ermöglichen wir Aufschwung, Stabilität und Nachhaltigkeit für Österreich. Klar ist, dass die Pandemie nach wie vor eine große Herausforderung dar­stellt, aber wir wissen: Die Impfung wirkt, und deswegen auch mein Appell an alle: Bitte lassen Sie sich impfen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Je schneller wir das gemeinsam tun, desto schneller können wir die Pandemie hinter uns lassen, sowohl in gesundheitspolitischer als auch in wirtschaftspolitischer und bud­getärer Hinsicht. Allein der Bund hat bis dato über 41 Milliarden Euro in dieser Pandemie ausbezahlt oder rechtsverbindlich zugesagt. Wirtschaftshilfen wie der Cofag-Verluster­satz oder die Covid-19-Garantien laufen ja noch bis Ende des Jahres, genauso wie auch die Kurzarbeit in der Phase fünf bis Juni 2022 läuft.

Klar ist aber auch, dass es bei der aktuellen Situation wahrscheinlich noch weitere Hilfen brauchen wird. Wir haben dafür in diesem Budget auch gut vorgesorgt: mit einer Covid-Ermächtigung für 5 Milliarden Euro im Budget für 2022 und für die Mittel der Kurzarbeit, die bereits eingestellt sind.

In der Covid-Krise sind natürlich die Einnahmen gesunken. Das hat sich im Defizit und auch in der gestiegenen Schuldenquote widergespiegelt. Deswegen ist es auch wichtig, dass wir die Schuldenquote in den nächsten Jahren Schritt für Schritt reduzieren, um uns die fiskalischen Spielräume für die nächste Krise zur Verfügung zu stellen. Das Senken der Schuldenquote ist also kein Selbstzweck, sondern es geht darum, für die nächste Krise vorzusorgen.

Dennoch, und das sage ich hier ganz bewusst: Die Reduktion der Schuldenquote ist nicht gleichzusetzen mit einem Sparpaket. Es bedeutet, gezielt Schwerpunkte zu setzen, statt das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nach dem Gießkannenprinzip auszugeben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kassegger: Das ist aber genau eine Gießkanne! Mehr Gießkanne geht nicht! Es ist eine Gießkanne!)

Die ökosoziale Steuerreform, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist genau ein solcher Schwerpunkt. Wir verfolgen damit vier konkrete Ziele: Erstens wollen wir die ar­beitenden Menschen in diesem Land entlasten, zweitens wollen wir Anreize für umwelt­freundliches Verhalten setzen, drittens wollen wir den Standort Österreich nachhaltig stärken, und viertens wollen wir die Schuldenquote Österreichs Schritt für Schritt senken, um für die nächste Krise gut gerüstet zu sein. All diese vier Ziele erreichen wir mit diesem Budget, und das ist in diesem Budget bereits eingestellt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Laut einer Analyse von Eco Austria erhöhen wir mit der Steuerreform im Endausbau das Bruttoinlandsprodukt nachhaltig um 1 Prozent beziehungsweise um rund 4 Milliarden Euro pro Jahr. In Summe steigt die Zahl der Beschäftigten aufgrund dieser Steuerreform um mehr als 30 000, und trotz all dieser Maßnahmen werden wir die Schuldenquote am Ende des Finanzrahmens Richtung 70 Prozent senken. Damit werden wir auch für kom­mende Herausforderungen gut aufgestellt sein.


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Die ökosoziale Steuerreform ist natürlich das große Projekt, das sich in diesem Budget widerspiegelt. Gleichzeitig geben wir den Ressorts genügend Spielräume, damit diese gezielt eigene Schwerpunkte setzen und ihre Arbeit fortsetzen können. Im Bereich des Bundesheers, der inneren Sicherheit und der Justiz werden etwa die Mittel für die Ter­rorismusbekämpfung aufgestockt. Auf mehrere Ressorts verteilt wird es auch zusätzli­che Finanzierungsmöglichkeiten zum besseren Schutz von Frauen vor Gewalt geben. Für Pflegeleistungen werden wir im kommenden Jahr insgesamt 3,7 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Das Bildungsbudget wird bereits im kommenden Jahr die 10-Milliar­den-Euro-Marke überschreiten. Die Digitalisierung des Unterrichts wird fortgeführt, und generell werden wir im Bereich Wirtschaft auch Regionalentwicklungen weiter stärken und möglich machen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Mehr Geld gibt es natürlich auch für den Klimaschutz – bis 2025 um rund 5,9 Milliarden Euro mehr –, und im Bereich der Mobilität unterstützen wir klimafreundliches Verhalten mit ausreichenden Mitteln für die Schiene oder für die regionalen Klimatickets. Dieses Budget, meine sehr geehrten Damen und Herren, sorgt für Aufschwung, Stabilität und Nachhaltigkeit für Österreich. – Vielen Dank für die Beiträge. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

10.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ham­mer. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


10.43.03

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn noch ein Wort zu den NEOS: Es stimmt schon, ihr habt ein eigenes Modell für die Einführung eines CO2-Preises. Wir haben immer gesagt, dass wir dieses Modell nicht sinnvoll finden. Natürlich, ihr wollt einen CO2-Preis einführen, aber ihr wollt im Gegenzug alle anderen Umweltsteu­ern und Umweltabgaben abschaffen. Während wir darauf geschaut haben, dass die spritfressenden, großen Stinker schon beim Autokauf durch eine Reform der NoVA im Vergleich zu CO2-armen Fahrzeugen teurer werden, würdet ihr die NoVA komplett ab­schaffen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Bernhard und Shetty.) Das würde dazu füh­ren, dass man mit einem fetten SUV die ersten 200 000 bis 300 000 Kilometer quasi umsonst unterwegs ist, bevor dieser CO2-Preis, den ihr einführen wollt, überhaupt greift. Euer Modell ist aus meiner Sicht ökologisch komplett kontraproduktiv. Schaut euch das bitte noch einmal an! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Präsident, da ich mit einigen KollegInnen bei der Klimakonferenz in Glasgow war, möchte ich mit Ihnen teilen, was Ihr Amtskollege, der Parlamentspräsident von Tuvalu Samuelu Teo, uns in Glasgow erzählt hat. Seine Heimat steht buchstäblich vor dem Un­tergang. Schon jetzt kämpft Tuvalu mit verheerenden Stürmen. Schon jetzt steigt der Meeresspiegel, was auch dazu führt, dass Boden und Grundwasser versalzen. Dies wie­derum macht es langsam unmöglich, dort überhaupt etwas Essbares anzubauen. Steigt der Meeresspiegel noch weiter, wird das Land irgendwann einmal komplett überspült und unbewohnbar werden – das ganze Land! Für den Parlamentspräsidenten von Tu­valu und alle anderen Menschen, die auf Tuvalu leben, bedeutet ein Scheitern im Kampf gegen die Klimakrise den kompletten Verlust ihrer Heimat. Schaffen wir die Klimawende nicht jetzt, gibt es schon sehr bald keine Hoffnung mehr.

KollegInnen aus Afrika, zum Beispiel aus Madagaskar, haben uns erzählt, dass ihre Länder schon jetzt bis zu 9 Prozent des BIPs für die Anpassung an die Klimakrise ausge­ben. Auf Österreich umgerechnet wären das 38 Milliarden Euro, die Österreich für Klima­schäden bezahlen müsste. Das ist fast doppelt so viel, wie wir heute schon aus dem Budget für Pensionen ausgeben. Würde man Kollegen Loacker fragen, dann würde er be­stätigen, dass das schon jetzt sehr viel ist. Mit den Rekordschäden in der Landwirtschaft


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erleben wir in Österreich gerade erst die vergleichsweise sanften Vorboten davon, was in anderen Regionen dieser Erde bereits jetzt bittere Realität ist. Wir brauchen – und das ist nach der Klimakonferenz klar geworden – dringend positive Signale der Hoffnung. Dieses Klimaschutzbudget, das uns die Bundesregierung vorgelegt hat und das wir die­se Woche beschließen werden, ist ein positives Signal der Hoffnung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Kassegger.)

Noch nie, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, gab es auch nur annähernd so viel Geld für den Klimaschutz, für die sozialökologische Wende. Um Ihnen eine Vorstellung davon zu geben, um welche Dimensionen es sich hier handelt: Wenn Sie sich das Bei­spiel thermische Sanierung und Heizungstausch anschauen, sehen Sie, wir haben mit diesen 500 Millionen Euro, die uns dafür nächstes Jahr zur Verfügung stehen, elf Mal mehr Geld zur Verfügung als noch 2019 und sogar doppelt so viel, wie wir dieses Jahr zur Verfügung haben.

Das Budget hat zusammen mit der ökosozialen Steuerreform ein konkretes Ziel: Wir wollen den Menschen und den Unternehmen klimafreundliches Verhalten ermöglichen. Klimaschutz soll die einfache und bessere Alternative werden, weil es bequemer und günstiger ist. Deswegen schaffen wir leistbare Alternativen zum Auto, indem wir den öffentlichen Verkehr massiv ausbauen und ihn durch das Klimaticket auch noch güns­tiger machen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Deswegen helfen wir Menschen, ihre fossilen Leichen aus dem Keller zu bekommen und auf klimafreund­liche Heizsysteme umzusteigen. (Abg. Kassegger: Ein Verbot ist keine Hilfe, sondern Zwang!)

Wir haben deshalb einen CO2-Preis eingeführt, damit sich Investitionen in CO2-freie Technologien rechnen und damit umweltfreundliches Verhalten belohnt wird. Weil eine ökologische Transformation auch immer eine soziale Transformation und sozial gerecht sein muss, bekommen alle Menschen, und zwar wirklich alle Menschen in Österreich, die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung zurück, wovon Menschen – das hat der Fiskal­rat auch festgestellt – mit geringen Einkommen besonders profitieren.

Dieses Klimabudget, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist ein Signal der Hoff­nung, denn noch haben wir eine Chance im Kampf gegen die Klimakrise. – Danke. (Bei­fall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Matznetter: Ich hab’ ge­glaubt, Glasgow ...!)

10.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Punktlandung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Muchitsch. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


10.48.16

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Werte Regierungsmitglieder! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Plenum! Ich hätte eine große Bitte an die Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien: Bitte stellt euch nicht hier an das Rednerpult und sagt: Diese Regierung hat Österreich gut durch die Pandemie gebracht! (Beifall bei der SPÖ.)

Wo lebt ihr eigentlich? – Wir haben ein Chaos. Wir finden bei der Bekämpfung der Pan­demie in Österreich ein Chaos vor wie noch nie zuvor in den letzten 20 Monaten. Die Testangebote sind nicht ausreichend, die Laborkapazitäten sind am Ende, die langen Warteschlangen bei den Teststraßen führen zu Gewalt. Wir haben zu lange Wartezeiten bei den Testergebnissen. Weil im Anschluss Kollege Karlheinz Kopf hier vor dem Red­nerpult stehen wird: Betriebe schicken jetzt Mitarbeiter nach Hause, Betriebe bleiben jetzt geschlossen. Die Arbeitgeber wissen nicht, was sie tun sollen.

Ihr stellt euch hierher und sagt: Die Pandemie ist bekämpft! (Abg. Kassegger: Imp­fen wirkt, die Impfung wirkt!) Oder: Wir haben Österreich gut durch die Krise gebracht!


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(Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Das ist ein Schwachsinn. Wo lebt ihr? Macht bitte die Augen auf! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Shetty.)

Wenn man sich dann anschaut, wie die Gesellschaft in unserem Land täglich immer weiter auseinanderdriftet – am Arbeitsplatz, in der Familie, im Freundeskreis –, dann zeigt sich: Es ist das pure Chaos, was diese Bundesregierung – und sonst niemand, nur diese Bundesregierung – verursacht hat. (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.)

Wenn wir uns dann das Budget anschauen, Herr Finanzminister, so sage ich Ihnen als Sozialsprecher betreffend all diese Sozialbereiche: Auch dort ist nichts dahin gehend zu finden, wie man Missstände, Versäumnisse und Notstand bekämpft. (Beifall bei der SPÖ.)

Drei Beispiele im Budget 2022; erstes Beispiel: Dieses Budget 2022 bekämpft nicht die Armut in Österreich. Die Schwächsten in diesem Land wissen nicht, wie sie Lebensmittel zahlen sollen, das Heizen zahlen sollen, das Wohnen zahlen sollen. Das ist nicht mehr finanzierbar. Was haben Sie, Herr Finanzminister, in dieser Frage zur Bekämpfung der Armut in Österreich in Ihrem Budget abgebildet? – Nichts.

Zweites Beispiel: der Pflegenotstand. Im Budget 2022 lösen Sie wieder nicht den Pflege­notstand. Die paar Millionen, die Sie da für einen Ausbildungsfonds hineinnehmen, das ist zu wenig, das ist zu spät, das ist nicht langfristig. Das Gesundheits- und Pflege­personal ist am Limit. Es ist fünf nach zwölf. Es herrscht folgende Situation: Der Notstand beim Personal ist mittlerweile ein wesentlich größerer als bei den Betten. Das ist auch durch diese Politik verursacht, dieses Chaos betreffend Pandemie nicht bekämpfen zu können. Das ist die Wahrheit, das sind die Fakten.

Was machen Sie? – Sie streiten viel lieber, wenn es darum geht, Herr Vizekanzler: Ma­chen wir jetzt eine Ausgangssperre in der Nacht oder machen wir keine? – Das ist jetzt Ihr Problem in der Regierung, anstatt Lösungen, auch für die Pflege, auf den Tisch zu legen. (Beifall bei der SPÖ.)

Drittes Beispiel: Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit. Auch da: zu spät, zu wenig, zu halbherzig – im Glauben, der Markt werde das irgendwie regeln. Wir als SPÖ haben in all diesen Bereichen – in all diesen Bereichen! – Vorschläge auf den Tisch gelegt. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Sie haben uns ausgegrenzt, Sie haben uns nicht zugehört. Sie haben das einfach weggewischt und gesagt: Wir lösen das schon alles alleine! Die Fakten und die Wahrheit sind andere: Sie haben nichts gelöst.

Deswegen reichen wir Ihnen heute, in den nächsten drei Tagen noch einmal die Hand. Wir als SPÖ werden zahlreiche Anträge dahin gehend einbringen, wie man dieses Bud­get noch reparieren kann, wie man es auch noch schaffen wird, dass die Menschen in unserem Land eine Zukunft vorfinden, dass sie ein gutes Leben und vor allem ein ge­meinsames Leben vorfinden können. Stimmen Sie unseren Anträgen zu! (Beifall bei der SPÖ.)

10.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kopf. – Bitte sehr.


10.52.17

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Finanzminister! Geschätzter Herr Vizekanzler! Meine Damen der Bundesregierung! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Dieses Budget für das Jahr 2022, das wir heute zu debattieren beginnen, unterstützt einerseits den wirtschaftli­chen Aufschwung in diesem Land, es stärkt die Kaufkraft der Menschen in diesem Land, es fördert aber auch die Nachhaltigkeit und es stabilisiert gleichzeitig den staatlichen Haushalt. Das ist nahezu eine Quadratur des Kreises, aber sie gelingt uns. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)


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Wer es in dieser Beschreibung nicht glauben will: Wenden wir uns doch bitte einmal den Fakten zu! Nehmen wir das Wifo als neutrale, objektive, unabhängige Wirtschaftsforschungs­einrichtung und schauen wir einmal, was das Wifo in den letzten Tagen zu diesem Bud­get gesagt hat! Es stellt fest, dass die privaten Haushalte um 2,8 Milliarden Euro entlastet werden – mit steigender Tendenz. Im Jahre 2026 werden es schon 7 Milliarden Euro Entlas­tung für die privaten Haushalte sein. Das steigert die Kaufkraft der Menschen (Abg. Kasseg­ger: Das reicht nicht einmal für ...!), das heißt, die Menschen haben mehr in der Brieftasche.

Nehmen wir noch den Budgetdienst unseres eigenen Hauses zur Beurteilung des Bud­gets her, weil auch immer wieder die kalte Progression angesprochen wurde! Der Bud­getdienst attestiert diesem Budget beziehungsweise diesen Budgets und vor allem der Steuerreform, die ja dahinterliegt, dass mit dieser Steuerreform, die wir gleichzeitig dann in den nächsten Wochen auf den Tisch legen, die kalte Progression seit der letzten Steuerreform im Jahre 2016 mehr als ausgeglichen worden ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Loacker: Das ist nicht wahr!) – Wenn Sie es dem Budgetdienst nicht glauben wol­len – sonst glauben Sie ihm ziemlich viel, und ich auch.

Meine Damen und Herren! Diese Entlastung der Haushalte basiert auf einer Tarifsen­kung, auf der Senkung der SV-Beiträge, auf der Erhöhung des Familienbonus und des Kindermehrbetrages und vielem anderen mehr.

Dieses Budget enthält aber auch eine Reihe von wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die auch die Wirtschaftskraft in diesem Land steigern und sichern – und das wiederum bringt Jobs. Das sichert Jobs und bringt neue Jobs, meine Damen und Herren. Ich darf nur die Investitionsprämie, den Investitionsfreibetrag und die Körperschaftsteuersenkung er­wähnen, auch den Riesenbeitrag für die umgestaltete Nationalstiftung für die Spitzenfor­schung – all das sind Maßnahmen, bezüglich derer uns auch das Wifo attestiert, dass sie einen enormen Beitrag zur Stabilisierung der Wirtschaftskraft in unserem Land leis­ten. Der Herr Finanzminister hat es schon erwähnt: Auch Eco Austria attestiert, dass dieses Budget und die Steuerreform dahinter einen weiteren Wachstumseffekt für das BIP von zusätzlich 1 Prozent bringen, sodass wir nächstes Jahr mit einem Wirtschafts­wachstum von 5 Prozent – sage und schreibe 5 Prozent! – rechnen können. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Litschauer.)

Selbstverständlich haben wir dieses Land ökonomisch sehr gut durch die Krise gebracht. Auch das Wifo attestiert, dass dieses Wirtschaftswachstum von heuer mit 4,5 Prozent und von nächstem Jahr mit 5 Prozent nicht zuletzt auch – neben der Steuerreform und anderen Dingen – auf die gut und vernünftig ausgestalteten Wirtschaftshilfen zurückzu­führen ist. Das heißt, wir haben dieses Land ökonomisch sehr, sehr gut durch die Krise geführt. (Beifall bei der ÖVP.)

Dieses Budget enthält aber auch respektable Anreize für den Klimaschutz: Die thermi­sche Sanierung, Unterstützungen für den Heizungstausch und das Klimaticket für die öffentlichen Verkehrsmittel seien hier nur erwähnt. Über all dem steht aber, dass es uns trotz ordentlicher Anstrengungen bei den Ausgaben für all diese Zukunftsmaßnahmen gelingt, unsere Schuldenquote schrittweise zurückzuführen. Sie wird Ende des nächsten Jahres nur noch bei 79,1 Prozent liegen, entgegen all den Unkenrufen von angeblich fast 90 Prozent, die wir zu hören bekommen haben. Nein, es werden 79 Prozent sein – mit deutlich sinkender Tendenz auch für die Jahre danach. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Zu diesem Budget bleibt die Beurteilung, die ich schon ein­gangs erwähnt habe: Es unterstützt den wirtschaftlichen Aufschwung, dieses Budget stärkt die Kaufkraft der Menschen in Österreich, dieses Budget fördert die Nachhaltigkeit, und mit diesem Budget stabilisieren wir gleichzeitig den staatlichen Haushalt – ein Bud­get, das sich sehen lassen kann und das den Menschen in diesem Lande Stabilität, Sicherheit und Zukunft gibt. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

10.58



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 86

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kassegger. – Bitte.


10.58.13

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Kollege Karlheinz Kopf, wenn ich Ihnen oder dir zuhöre, wenn ich Peter Haubner zuhöre, dann schwanke ich jetzt immer: Natürlich müsst ihr das Budget schönreden, aber das ist schon an der Grenze der Realitätsverweigerung und des Realitätsverlustes, was hier teilweise vorgebracht wird. Ich werde später darauf nä­her eingehen, aber zunächst zum Herrn Bundesminister.

Herr Bundesminister, ich habe so das Gefühl, Finanzminister ist nicht so wirklich Ihres. Sie haben dafür keine Passion. Ich glaube, dass Kulturminister im Bundeskanzleramt viel eher Ihres war als Finanzminister. Das kommt mir sehr stark so vor. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie haben auch einige drastische strategische Fehleinschätzungen durchklingen lassen. Ich möchte jetzt nicht – tue ich aber – Ihre Einschätzung von vor wenigen Wochen: Die Pandemie ist vorbei!, bemühen – eine totale Fehleinschätzung. Ich möchte auch nicht Ihre Fehleinschätzung bemühen, dass die ökosoziale Steuerreform keine Gießkannen­reform sei. – Selbstverständlich! Kollege Hammer hat das 2 Minuten nach Ihnen bestä­tigt. Jeder Einzelne bekommt da einen Fixbetrag nach irgendwie nicht nachvollziehbaren Kriterien. Selbstverständlich ist es eine große Gießkannenumverteilungsmaschinerie, bei der Sie vorher den Menschen 500 Millionen Euro wegnehmen und dann 1,2 Milliar­den Euro nach nicht nachvollziehbaren Grundlagen verteilen.

Kollege Fuchs hat schon gesagt, da gibt es dann den Fall, dass man in derselben Straße in Häusern mit ungerader Nummer 130 Euro bekommt und in Häusern mit gerader Num­mer 100 Euro. Also all das hat ja nichts mit einer strukturierten, strategischen Wirt­schafts- und Steuerpolitik zu tun – bei aller Liebe und allem Verständnis. (Beifall bei der FPÖ.)

Ihre nächste Fehleinschätzung, die Sie vor 5 Minuten getroffen haben: „Die Impfung wirkt“, also dieses Herstellen einer Kausalität zwischen dem Gesamtwohlergehen des Staates und der Tatsache, ob jemand geimpft ist oder nicht. „Die Impfung wirkt“ zu sagen und daraus verschiedene Dinge abzuleiten, da widerspricht Ihnen sogar Kollegin Schramböck, die heute Gesundheitsminister Mückstein sozusagen ausrichten lässt, er solle sich gefälligst auch um die Bestellung von Medikamenten – in ausreichendem Ma­ße – bemühen (Beifall des Abg. Lausch) und nicht alles in Richtung Impfung schieben. Da würde ich an Ihrer Stelle ein bisschen mehr mit Frau Kollegin Schramböck kommu­nizieren. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Das Budget ist ja immer auch das Spiegelbild der gesamten Wirtschafts- und Standort­politik, und da haben wir schon gehört: Alles ist gut! – Nichts ist gut!

Kollege Kopf, es ist schon richtig, dass die Bürger jetzt teilweise mehr in der Brieftasche haben, aber das ist in derselben Millisekunde weg: durch explodierende Gaspreise, ex­plodierende Strompreise, explodierende Spritpreise, explodierende Baukosten, explo­dierende Erzeugerpreise. Das ist in derselben Hundertstelsekunde weg, und verantwort­lich dafür sind unter anderem auch Sie (in Richtung ÖVP) mit Ihrer chaotischen, von hohen planwirtschaftlichen Komponenten geprägten Wirtschaftspolitik.

Ich bin verwundert über die ehemalige Wirtschaftspartei ÖVP, für die jetzt auf einmal der Staat alles richten kann. Bis hin zur ganzen Klimapolitik ist das doch ein permanentes planwirtschaftliches Einmischen des Staates in die freie Wirtschaft. Man muss wirklich sagen: Die ehemalige Wirtschaftspartei ÖVP hat sich als Wirtschaftspartei verabschie­det. Jetzt gilt: Der Staat richtet alles und lenkt alles. Bei den Grünen verstehe ich das ja, aber bei der ÖVP fehlt mir da völlig das Verständnis. (Beifall bei der FPÖ.)


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Es sind ein paar ganz, ganz üble Dinge am Horizont zu sehen – selbstverständlich sind Sie mit Ihrer Wirtschafts- und Standortpolitik der letzten Jahre dafür verantwortlich –, und das verursacht dem Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, Holzmann, schlaf­lose Nächte – das kann ich teilen –, Herrn Finanzminister Blümel offensichtlich nicht: Da kann eine galoppierende Inflation kommen. Der jetzige Verbraucherpreisindex von 3 Prozent mag zwar klein ausschauen, aber wir alle wissen, der Verbraucherpreisindex hinkt immer um vier bis sechs Monate nach. Also die Inflation wird deutlich steigen. Wiederum: Da haben die Menschen dann zwar mehr im Börserl, aber von der Kaufkraft her ist es dann weniger.

Das Inflationsrisiko wird ja in Ihrem Budget völlig ignoriert. Die Wirtschaftswachstums­prognosen, Wifo, all das ist schön und gut, aber all diese Risikoszenarien werden völlig ignoriert. Das vorliegende Budget ist viel zu optimistisch. Wobei: Wir reden von einem Budget, das bereits ein Defizit von unfassbaren 12 Milliarden Euro plant; aber selbst das ist noch optimistisch. Wenn Sie sagen, dass das heurige Budget etwas besser ausge­fallen ist als geplant, muss ich sagen: Der Plan war minus 35 Milliarden Euro. Das ist eine unfassbar große Zahl.

Der Schweizer Nationalratspräsident war heute hier, und Peter Haubner hat gesagt, wir haben mit der Schweiz viel gemeinsam. Ja, wir haben viel gemeinsam: Wir haben tüch­tige Menschen mit einer guten Ausbildung, die sich ihr Leben im Wirtschaftsbereich selbstständig finanzieren wollen und erwirtschaften wollen, aber dann sind wir mit den Gemeinsamkeiten schon fertig, denn wenn Sie die Zahlen, die Sie hier mit diesem Bud­get vorlegen, mit den Schweizer Zahlen vergleichen, dann ist das, muss ich sagen, ein anderer Kosmos, was die Lohnnebenkosten betrifft, was die Staatsverschuldung betrifft, was die Defizite betrifft und so weiter. Also da sind wir schon in der Nähe des Reali­tätsverlustes.

Noch einmal – und damit möchte ich schließen –: Das Budget ist ein Spiegelbild der Wirtschafts- und Standortpolitik. Und in den wesentlichen Dingen, in den wesentlichen Handlungsfeldern haben Sie gänzlich versagt. Sie hätten die Coronakrise selbstver­ständlich auch als Chance nutzen können, Sie hätten die Coronakrise für ehrliche, weit­reichende Strukturreformen, für Kammerreformen nutzen können. Nichts haben Sie ge­macht! Sie hätten die Coronakrise für einen sinnvollen, effektiven und effizienten Bü­rokratieabbau nutzen können. Nichts haben Sie gemacht! Im Gegenteil, wir haben heute schon gehört, die ganze Konstruktion der CO2-Steuer, Kollege Fuchs hat es gesagt, ist ein Bürokratiemonster. Sie hätten die Krise für eine ehrliche Steuer- und Abgabenreduk­tion nutzen können. Wir haben viel zu hohe Lohnnebenkosten. Sie schaffen es ja nicht einmal, die kalte Progression abzuschaffen.

Ein paar Taschenspielertricks wie das Kürzen der Familienlastenausgleichsfondsbeiträ­ge, wodurch dann gleichzeitig dem Familienlastenausgleichsfonds Milliarden an Schul­den beschert werden und das wieder vom Budget querfinanziert werden muss, sind kei­ne ehrliche Steuer- und Abgabenreform. Sie hätten die Krise für eine ehrliche Verwal­tungsreform im Sinne einer Weiterentwicklung der Verwaltung hin zu einer Verwaltung als Diener des Bürgers nutzen können. Was machen Sie? – Genau das Gegenteil, die Verwaltung mutiert mittlerweile immer mehr zu einem Kontroll- und Strafapparat der Bun­desregierung.

Sie hätten Elemente der direkten Demokratie einführen können. Nichts haben Sie ge­macht! Sie hätten, was die Ausgaben betrifft, sich an den Grundsätzen der Sparsamkeit, Zweckmäßigkeit und Treffgenauigkeit orientieren können. Nichts von dem haben Sie gemacht! Sie verwenden die große Gießkanne: Geld ist abgeschafft, jeder kriegt mehr. – Ja, aber woher? Das müssen Sie doch vorher den Bürgerinnen und Bürgern, den Steu­erzahlern wegnehmen!


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Das Ganze hat ein Ausmaß erreicht, das für uns Freiheitliche als echte Wirtschaftspartei nicht mehr akzeptabel ist. Das ist ein riesengroßer Umverteilungsmechanismus. Der Herr Finanzminister sagt, das Tollste am jetzigen Budget ist: Ich habe mir 5 Milliarden Euro als Verfügungsmittel gesichert. 5 Milliarden – das ist das Volumen einer großen Steuerreform! –, über die der Herr Finanzminister jetzt nach freien Stücken verfügt. – Also so geht es ja bitte wirklich nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Am Ende wird die Frage stehen: Wer zahlt die ganze Rechnung? Wer zahlt die explo­dierenden Defizite? Wer zahlt die Schulden? Wer zahlt die Ausgaben nach dem Motto: Geld ist abgeschafft!? – Ja selbstverständlich zahlen das am Ende der Kleine, die Bür­gerinnen und Bürger, der Kleinunternehmer, der Mittelstand – nicht die Großkonzerne, die haben da Schlupflöcher. Wir bewegen uns auch mit diesem Budget genau in diese Richtung, und ich möchte jetzt hier nicht die Kassandra sein, aber es verursacht auch mir schlaflose Nächte, nicht nur dem Nationalbankgouverneur Prof. Holzmann. Wenn wir so weitertun, dann wird das ganz, ganz böse enden!

Ich sehe überhaupt keine positive strukturelle Entwicklung, keine positiven Signale in diesem Budget. Ich sehe ein Weiterwurschteln der vergangenen zwei, drei Jahre. Irgend­wann ist dann aber die Grenze erreicht und irgendwann wird es dann richtig unange­nehm werden, und das wollen wir nicht. Es hätte heute die Möglichkeit gegeben, viele dieser negativen Entwicklungen zu stoppen und zu verhindern. Sie haben das verab­säumt und Sie werden dann, wenn sozusagen der Zahltag kommt, die volle Verantwor­tung dafür übernehmen müssen. (Beifall bei der FPÖ.)

11.07


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Meri Disoski. – Bitte.


11.07.59

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Regierungs­mitglieder! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! 18,4 Millionen Euro – das ist der Betrag, von dem einige versuchen, zu behaupten, dass die Regierung ausschließlich ihn für Frauen und Gleichstellung und folglich auch für Ge­waltschutz und für Gewaltprävention ausgeben würde. Wer absichtlich einen unseriö­sen, undifferenzierten Blick auf das Budget wirft, der mag auch tatsächlich zu dieser Schlussfolgerung kommen. Wenn man sich hingegen das Budget differenzierter, se­riöser anschaut und eine andere Analyse vornimmt, dann kommt man auch zu einer anderen Conclusio, und das möchte ich anhand dreier Fragen zeigen.

Erstens: Was hat es mit diesen 18,4 Millionen Euro auf sich? – 18,4 Millionen Euro, das ist das Budget des Frauenministeriums, jährlich zur Verfügung gestellt. Zehn Jahre lang dümpelte das Budget bei circa 10,2 Millionen, 10,4 Millionen Euro dahin. Jetzt haben
wir es zum dritten Mal in Folge erhöht, auf 18,4 Millionen Euro, das entspricht einer
81-prozentigen Steigerung. Das kann sich durchaus sehen lassen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Zweite Frage: 18,4 Millionen Euro im Frauenministerium, ist das alles, was ihr im Ge­waltschutz und in der Gewaltprävention macht? – Die Antwort ist natürlich: Nein! Ein Großteil von diesen 18,4 Millionen Euro, die ich gerade erwähnt habe, wird für Gewalt­schutzzentren, für Notwohnungen, für den Frauennotruf, für Frauenservicestellen, Frau­en- und Mädchenberatungsstellen und andere Organisationen ausgegeben. Wir haben, wie ich soeben ausgeführt habe, diese Mittel dreimal in Folge auch erhöht. Und natürlich haben auch andere Ressorts die Mittel für Gewaltschutz und für Gewaltprävention in den vergangenen drei Budgets aufgestockt. Und das Gewaltschutzpaket in der Höhe von 24,6 Millionen Euro zeugt auch sehr klar von dieser Priorität.

Schauen wir uns das zum Beispiel im Justizministerium an. In diesem Bereich werden zu­sätzlich 5,6 Millionen Euro für die Gewaltprävention budgetiert. Damit wird beispielsweise


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die Familien- und Jugendgerichtshilfe gestärkt, die juristische und psychosoziale Pro­zessbegleitung wird ausgebaut. Auch eine langjährige Forderung von Gewaltschutzex­pertInnen, von OpferschutzexpertInnen, nämlich die Gewaltthematik von Beginn an in die Ausbildung von StaatsanwältInnen und RichterInnen mit hineinzunehmen, ist damit umgesetzt worden. Das ist ein guter, wichtiger Schritt, den die Justizministerin da gesetzt hat. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Pfurtscheller.)

Zoomen wir in das Innenministerium hinein: Da sind ebenfalls circa 17 Millionen Euro für Gewaltschutz und für Gewaltprävention budgetiert worden. Damit finanzieren wir unter anderem die in der Istanbulkonvention verankerte opferschutzorientierte Täterarbeit, also die Arbeit mit Gewalttätern; in den allermeisten Fällen sind das Männer. Das kom­mentiert die Gewaltforscherin Birgitt Haller am 2. November im ORF wie folgt – ich zitiere sie –: Ich halte das schon seit langer Zeit für wichtig, dass man auch einen Fokus setzt bei den Gewalttätern, weil ich davon überzeugt bin, dass es eine wichtige präventive Arbeit ist, mit den Tätern oder mit den potenziellen Tätern zu arbeiten. – Zitatende.

Auch diese Lücke schließen wir im Sinne der Istanbulkonvention mit diesem Budget, und das ist gut so. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn wir jetzt auch noch ins Gesundheits- und Sozialministerium hineinschauen: Mi­nister Mückstein finanziert dort beispielsweise das sozialraumorientierte Gewaltpräven­tionsprojekt Stop – Stadtteile ohne Partnergewalt, das der Verein Autonome Österreichi­sche Frauenhäuser in Wien, konkret im 5. Bezirk, in Margareten, etabliert hat. Minister Mückstein ermöglicht, dass dieses wirklich tolle Projekt bundesweit ausgerollt und in sie­ben Bundesländern auch ausgebaut wird. Außerdem hat der Minister das Männertelefon ausgebaut, an das sich Burschen und Männer in aktuellen Konfliktsituationen wenden können – dort werden ihnen beispielsweise Antigewalttrainings vermittelt –, und eine große öffentliche Kampagne angekündigt, die Männergewalt und Männerbilder themati­siert und aktuell in Vorbereitung ist. Auch das sind langjährige Forderungen von Gewalt­schutzorganisationen, die wir umsetzen werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Wenn Sie sich jetzt fragen: Welche anderen frauenpolitischen Akzente setzt die Bundes­regierung darüber hinaus und was wird künftig notwendig sein? – Es sind klarerweise einige andere Akzente, die wir setzen, weil Frauenpolitik nicht nur Gewaltschutz und Gewaltprävention ist. Ich darf Sie beispielsweise an die große Joboffensive erinnern, die im Vorjahr gestartet wurde und jetzt fortgeführt wird, in der wir einen dezidierten Schwer­punkt in der Aus- und Weiterbildung von Frauen haben, insbesondere in der Technik und auch in Green Jobs. Ich darf Sie daran erinnern (Abg. Stögmüller unterhält sich mit den Abgeordneten Loacker und Krisper) – und vielleicht schafft es auch Kollege Stög­müller, zuzuhören –, dass wir 50 Prozent der AMS-Mittel für Frauen verwenden werden. (Zwischenruf des Abg. Lindner.)

Ich darf Sie daran erinnern, dass wir schon im Vorjahr einige Stufen der Steuerreform vorgezogen haben, wie zum Beispiel den Sozialversicherungsbonus in Höhe von 100 Euro. Ich darf Sie außerdem darauf hinweisen, dass durch die Einführung des Kli­mabonus, durch die Senkung der Krankenversicherungsbeiträge und auch durch die Erhöhung des Kindermehrbetrags vor allem jene entlastet werden, die keine oder wenig Steuern zahlen – und das sind leider vor allem Frauen. Genau daraus ergibt sich der Handlungsbedarf für die Zukunft: Frauen verharren oftmals in Teilzeitanstellungen, weil sie nach wie vor den Großteil der unbezahlten Sorgearbeit verrichten müssen oder ver­richten, einerseits weil wir in Österreich nicht ausreichend Kinderbetreuungsangebote haben – die Bundesregierung bekennt sich sehr klar dazu, diese flächendeckend aufzu­bauen und auszubauen –, und andererseits weil wir, wie wir wissen, in Österreich auch eine sehr ungleiche Verteilung von unbezahlter Sorgearbeit haben. Mit zeitgemäßen El­ternkarenzmodellen, mit zeitgemäßen Karenzmodellen, die auch Väter und Männer stär­ker in die Pflicht nehmen, können, müssen und werden wir das ändern.


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Ich sehe, meine Redezeit ist vorbei. Ich könnte jetzt noch sehr viel über die Notwendig­keiten in der Frauenpolitik sprechen, werde das andernorts fortführen. Vielleicht noch ein Schlusssatz: Frauenpolitik ist und bleibt nicht nur das Bohren harter Bretter. Frauen­politik ist ein alltäglicher Kampf um Geld und Zeit, um Repräsentanz, um reale und auch um symbolische Macht. Allen Blockierern und Betonierern, die es hier leider nach wie vor gibt, möchte ich entgegnen und versichern, dass wir Grünen einen sehr, sehr langen Atem haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.13


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Loacker. – Bitte.


11.14.04

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Wenn man sich diese Re­den anhört, muss man aufpassen, dass man im Nebel der Selbstbeweihräucherung nicht den Blick auf die Wahrheit verliert. Von den Weihrauchträgern ist das aber einigen pas­siert, und ich nutze jetzt die Gelegenheit, um ein paar Dinge aus dem Nebel wieder ans Licht zu ziehen.

Kollege Kopf hat erzählt, wie toll die Steuerentlastung sei und dass den Menschen das, was ihnen über die kalte Progression aus der Tasche gezogen wird, jetzt wieder zurück­gegeben würde – Konjunktiv II. (Abg. Obernosterer: Was wahr ist, ist wahr!) Das ist nicht der Fall. Wenn Sie zum Beispiel im Jahr 2016 ein steuerpflichtiges Einkommen von 11 000 Euro gehabt haben, dann waren die steuerfrei. In der Zwischenzeit hat die In­flation ungefähr 10 Prozent betragen. Nehmen wir an, Ihr Einkommen wäre mit der Infla­tion mitgestiegen, dann würden Sie jetzt für diese zusätzlichen 1 100 Euro 20 Prozent Steuer zahlen – vorher war Ihr Einkommen steuerfrei.

Jetzt erwartet die Regierung, dass Sie sich dafür bedanken, dass Sie 20 Prozent Steuer zahlen und nicht 25. Das ist die – unter Anführungszeichen – „Entlastung“ und das ist die Rückgabe der kalten Progression, mit der die Regierung immer noch ihre Pfoten in Ihrer persönlichen Tasche hat. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Dann stellt man sich hier heraus und sagt: Wir haben so ein tolles Wirtschaftswachstum! Na, das ist so super, wie die Wirtschaft wächst! – Ja, klar! Es war natürlich auch in ganz wenigen Ländern Europas der Taucher so tief wie in Österreich. Wenn man jetzt einfach einmal um 7 Prozent runtergeht und danach um 5 Prozent rauf, ist man halt immer noch unter dem Vorkrisenniveau. Das ist eine einfache Rechnung. Die Kollegen von der ÖVP rechnen aber einfach vom Keller weg, nicht vom Ausgangspunkt, und so entsteht dann diese wunderbare Darstellung.

Die Regierung erweist sich in der Krisenbekämpfung als ziemlich hilflos. Die Ministerin von der Heugabel richtet dem Gesundheitsminister etwas aus (Zwischenrufe bei der ÖVP), dann muss Kogler dem Gesundheitsminister zur Seite springen (Zwischenrufe der Abgeordneten Kirchbaumer und Ottenschläger – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP) – ja, da sind wir unruhig –, und dann kommt die Wirtschaftsministerin und will ein bisschen Pferdeabführmittel kaufen, weil sie sich von Kickl hat beraten lassen. – Es ist wirklich wunderbar.

Wenn man in die Budgetunterlagen und in das Budgetbegleitgesetz schaut, dann sieht man, dass die Partie wieder mit einer riesigen Krise rechnet: Man hat sich nämlich ein Pouvoir für unbegrenzte Mittel für die Kurzarbeit geben lassen. Der Arbeitsminister und der Finanzminister können sich selbst per Verordnung, ohne das Parlament fragen zu müssen, 2, 3, 4, 5, 6 Milliarden Euro, einen beliebigen Betrag, für Kurzarbeit freischalten. So etwas macht nur jemand, der es auch tatsächlich vorhat. – Geben Sie es bitte zu! (Beifall bei den NEOS.)


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Was Sie mit der Kurzarbeit anrichten: Am Anfang war die Kurzarbeit wichtig, im März, April 2020 war sie wichtig, aber inzwischen ist sie dysfunktional geworden. Sie reißen ein riesiges Loch in die Kassen der Steuerzahler und ermöglichen den Firmen, dass sie ihre betrieblichen Risiken auf den Steuerzahler überwälzen. Wenn zum Beispiel BMW in Steyr oder Opel im Werk Aspern in Kurzarbeit geht, dann sind dort Arbeitskräfte in Kurz­arbeit, die in anderen Produktionsbetrieben gebraucht würden. Wir nehmen also Steuer­geld in die Hand, um BMW und Opel ein Retentionprogram für ihre Mitarbeiter zu fi­nanzieren, die an anderer Stelle gesucht werden. Das verzerrt den Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt, und jeder Betrieb, der seine Lieferkette durch gutes Management selbst aufrechterhält, ist der Dumme, weil er höhere Kosten hat, und der Steuerzahler zahlt für die Kurzarbeit jener Betriebe, die bei der Lieferkette gespart haben.

Dann kommen wir noch zu den Pensionen: Die muss ich ansprechen, weil das der wich­tigste und größte Teil im Budget ist. Wenn man sich die Zeitspanne von 2019 bis zum Ende des Finanzrahmens, bis 2025, anschaut, dann sieht man, dass der Bundeszu­schuss in der Untergliederung 22, also bei den Pensionen, um 50 Prozent, um die Hälfte steigt – und es ist Ihnen wurscht, Sie machen gar nichts. Sie machen Politik auf Kosten der Jungen, Politik auf Kosten der Zukunft, weil es jetzt einmal netter ist, wenn wir das Geld der anderen Leute verteilen – unverschämt! (Beifall bei den NEOS.) Das ist scham­los, ohne Charakter, ohne Verantwortung für die zukünftigen Generationen.

Dann kommt Kollegin Disoski hier heraus und erzählt uns von ein paar Milliönchen für Gewaltschutz und ein paar Milliönchen fürs Frauenbudget. Wenn man es aber schaffen würde, dass die Österreicherinnen und Österreicher einen Monat – nur einen Monat! – später in Pension gehen würden, wären das 191 Millionen Euro für einen Monat. Da könnten Sie sich mit Ihren Peanuts brausen gehen. (Abg. Hörl: Hallo, hallo!) Das wirklich Wichtige wollen Sie aber leider nicht anpacken. (Beifall bei den NEOS.)

11.19


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Rudolf Tasch­ner. – Bitte.


11.19.24

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ho­hes Haus! Ich erlaube mir, mich zunächst einmal bei Herrn Kollegen Hörl zu bedanken, weil er mir dadurch, dass er mir den Platz im Budgetausschuss gegeben hat, ermöglicht hat, bei einer wichtigen Budgetausschusssitzung dabei zu sein, nämlich bei jener Aus­schusssitzung, in der die Experten über das Budget gesprochen haben. Das war für mich sehr lehrreich und hat mir auch wiederum in Erinnerung gerufen, welche Verantwortung wir als Abgeordnete übernehmen.

Schließlich und endlich stimmen wir ja dann nach drei Tagen in Wirklichkeit über 100 Mil­liarden Euro ab. Das sind elf Nullen – Herr Kollege Krainer wird das ja genau kontrol­lieren –, das ist eine Riesensumme, und diese Verantwortung übernehmen wir, indem wir einfach aufstehen. Das ist wirklich beeindruckend.

Es war wirklich sehr wichtig, was diese Budgetexperten zu uns gesagt haben. Natürlich war es sehr gut, von Prof. Christoph Badelt, dem Präsidenten des Fiskalrates, zu hören, dass wir ein gutes und sehr zukunftsweisendes Budget vorlegen können. Man kann den Worten von Prof. Badelt durchaus vertrauen, insofern kann ich ihm da das Vertrauen entgegenbringen: Wir haben ein solides Budget vorzuweisen.

Aber nicht nur das, es gibt auch andere Experten, die ihre Meinung ebenfalls kundgetan haben: Auch von großem Interesse waren zum Beispiel die Ausführungen des Experten der SPÖ, des Arbeiterkammerexperten Markus Marterbauer, dessen Worte vielleicht dif­ferenzierter in der Kritik waren als manche Worte, die wir heute vonseiten der SPÖ ge­hört haben. Natürlich sieht er ein Glas, das wir halb voll sehen, halb leer, das ist durchaus


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sein gutes Recht, und er hat selbstverständlich gewisse Kritikpunkte angesprochen, die wir uns auch zu Herzen werden nehmen müssen.

Ich möchte auf zwei Punkte zu sprechen kommen: Das eine ist, dass dieses Budget ja dadurch, dass wir die CO2-Bepreisung – mit gewissen Abfederungen – eingeführt ha­ben, einen ökologischen Touch besitzt. Diese CO2-Bepreisung wäre aber aus meiner Sicht ja am besten so zu gestalten, dass Sie, Herr Finanzminister, gar kein Geld durch sie einnehmen sollten, weil wir das CO2 einfach nicht erzeugen. Ich glaube, das wird in Zukunft immer besser werden. Herr Kollege Schwarz nickt, weil er weiß, es gibt ja tech­nologische Möglichkeiten, dass wir CO2 wirklich vermeiden können und daher im Rah­men dieser Besteuerung damit gar nicht sozusagen ins Geschäft kommen – also ein Geldvermeidungsprozess, indem wir das mit Technologien – ich spreche da von der Wasserstofftechnologie – auf eine neue Schiene bringen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

Das ist der eine Punkt, und ich glaube, das ist ein sehr richtungsweisender Punkt, denn es kommt darauf an, dass wir das Klima schützen. Es geht nicht darum, dass der Finanz­minister unglaublich viel Geld bekommt, sondern das Klima gehört geschützt, also inso­fern ist das ein Regulativ, und wir hoffen, dass dieses Regulativ so wirkt, dass man die­ses Regulativ gar nicht bemerkt.

Der andere Punkt ist, dass es bei diesem Budgetrahmen, den wir hier beschließen, ja anders ist, als Herr Marterbauer gesagt hat. Er hat gemeint, die gute Gegenwart, die wir haben, ist in Bezug auf soziale Treffsicherheit und Ähnliches noch nicht gut genug abge­federt. Das mag wohl sein. Ich glaube, das ist wirklich der Unterschied zwischen den beiden Gesinnungen, zwischen der linken und der rechten Reichshälfte. Auf der einen Seite will man eine gute Gegenwart haben und die gute Gegenwart besser haben. Auf der anderen Seite wollen wir eine bessere Zukunft haben. Ich stehe eigentlich dafür, dass wir die bessere Zukunft schaffen. Auch darauf gibt das Budget Hinweise, nicht nur durch die Tatsache, dass wir die Wirtschaft zum Beispiel durch die Senkung der Körper­schaftsteuer oder Investitionsprämien oder andere Dinge fördern wollen, sondern auch dadurch, dass wir in der Bildung etwas machen.

Frau Kollegin Doppelbauer hat gesagt, 10 Milliarden Euro hat das Bildungsbudget be­kommen. – Das ist der Höchstwert! Sie meint, das Ganze gehe nur auf die Gehälter. – Nicht nur; es werden wirklich Maßnahmen gesetzt, die in die Zukunft weisen (Abg. Küns­berg Sarre – den Kopf schüttelnd –: Die Maßnahmen, die Sie setzen ...!), und diese Maßnahmen, die in die Zukunft weisen, werden dafür sorgen, dass wir dann mit den höheren Gewinnen auch die Schwierigkeiten, denen wir noch gegenüberstehen, meis­tern werden. (Abg. Greiner: Aha!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann mich erinnern, als Thatcher bei der Wahl gegen Callaghan angetreten ist, hat man einen Labour-Mann gefragt – das war ein einfacher Arbeiter –: Was werden Sie wählen? Da hat er gesagt: Ich wähle jetzt Con­servative. Da hat man gefragt: Warum wählst du Conservative? Und er hat gesagt: Na ja, wenn ich Labour wähle, dann würde die Sache so bleiben, wie sie ist, vielleicht ein bisschen besser, aber wenn ich Conservative wähle, dann habe ich die Chance, dass es noch viel besser wird. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Matznetter: Brexit! Brexit! Keine Lkws, keine Würstel, kein Benzin – super! Gratuliere dem konservativen Ansatz!) – Das war 1979, Herr Kollege, das war viel früher! Das ist eine Themaverfehlung, was Sie jetzt gemacht haben, aber ist ja egal.

Wir werden die Zukunft hineinbekommen. Wenn Sie sagen, diese Zukunft wäre in ge­wisser Hinsicht neoliberal, sage ich, das ist nicht neoliberal, das ist ordoliberal – und das ist eine gute Liberalität –; und wenn Sie sagen: Das ist das System Kurz, das Sie hier befördern!, sage ich: Jawohl, das ist das System Kurz, das ist ein System der guten


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Zukunft, und dem möchte ich gerne angehören! (Beifall bei der ÖVP. – Haha-Rufe bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ. – Abg. Matznetter: Das ist aber ein Missverständ­nis ...!)

11.25


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Julia Herr zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.


11.25.34

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Was bringt das kommende Jahr? Wir sehen es, wenn wir einen Blick ins Budget 2022 werfen, denn da sehen wir, wofür es Geld gibt und wofür es kein Geld gibt, oder besser, wer zur Kasse gebeten wird und wer profitiert.

In Österreich kommen 85 Prozent der Steuereinnahmen aus Arbeit und Konsum – also durch jeden von uns, wenn er arbeiten geht oder sich einen Kaffee kauft – und nur circa 15 Prozent durch Steuern auf Gewinne und Vermögen. In kaum einem anderen Land ist diese Steuerstruktur so schief wie in Österreich – 85 Prozent Steuern auf Arbeit und Konsum, nur 15 auf Gewinne und Vermögen! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Doch anstatt jetzt herzugehen und zu sagen: Wir entlasten arbeitende Menschen!, verschiebt die Bun­desregierung dieses Ungleichgewicht noch einmal mehr zugunsten der Vermögenden und Konzerne in diesem Land – für die senken Sie nämlich die Gewinnsteuer, und da­durch fehlt uns circa 1 Milliarde Euro pro Jahr.

Das ist ein Schlag ins Gesicht für jeden Angestellten, für jede Arbeiterin, die täglich ihre Arbeit verrichten, ein kleines oder durchschnittliches Einkommen beziehen und immer, immer größere Teile des Sozialstaats finanzieren müssen. Das ist nicht gerecht. (Beifall bei der SPÖ.)

Welches Budget hätten wir aber gebraucht? – Eines, das echte Weichen für die Zukunft stellt und einen Schwerpunkt im Gesundheitsbereich setzt. Wir reden jeden Tag darüber, dass wir zu wenig Gesundheitspersonal haben, dass das Personal überlastet ist, dass sich die Intensivstationen füllen, dass die Betten nicht reichen, und auch vor Corona hat es ja oft schon monatelang gedauert, wenn man einen Arzttermin gebraucht hat.

Und was steht jetzt im Budget, Herr Finanzminister? – 130 Millionen Euro weniger als im Vorjahr für die Krankenhäuser! Das versteht niemand. Das verstehe auch ich nicht. Das macht keinen Sinn. Wir brauchen ein Budget, das allen die bestmögliche medizinische Versorgung bietet, und endlich fair bezahltes Personal, Solidarität mit allen, die in den letzten Wochen auf die Straße gegangen sind und für faire Arbeitsbedingungen ge­kämpft haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir brauchen auch ein Budget, das endlich eine klare Ansage bei der Kinderbetreuung macht, eine flächendeckende qualitative Kinderbetreuung mit Öffnungszeiten, die end­lich auch mit einem 8-Stunden-Tag, mit einem Vollzeitjob vereinbar sind. Dann gibt es erst die wirkliche Wahlfreiheit für Frauen: Bleibe ich zu Hause beim Kind oder gehe ich arbeiten? – Die gibt es jetzt nicht. Die wird den Frauen im Land genommen. Das wäre eine Zukunftsansage gewesen, doch genau dieses Projekt hat Sebastian Kurz ja be­wusst verhindert und verhindert es bis heute.

Gerade hat ja mein Vorredner erklärt: Das System Kurz ist nach wie vor da! – Ja super, das bedeutet nur, dass wir in diesem Land leider keine flächendeckende Kinderbetreu­ung haben. (Abg. Baumgartner: Das stimmt ja nicht! – Zwischenruf der Abg. Diesner-Wais.) Was wir brauchen, wäre auch ein echter Green New Deal, eine sozial gerech­te Transformation hin zum klimafreundlichen Leben, mit einer CO2-neutralen Produk­tion und Industrie, wodurch Zehntausende neue Jobs entstehen würden, und natürlich auch eine sozial gerechte Energiepolitik, was bedeutet, dass die Haushalte Zuschüsse


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brauchen, zum Beispiel jetzt im Winter, wenn die Energiekosten steigen. Es soll doch bitte niemand mitten in einem der reichsten Länder der Welt in einer kalten Wohnung sitzen! (Beifall bei der SPÖ.)

Für all das, für all diese Zukunftsversprechen braucht es natürlich Investitionen, das ist klar, aber das sind Investitionen, die im Übrigen allen zugutekommen. Investitionen in die soziale Infrastruktur haben immer eine positive Verteilungswirkung, ganz im Gegen­satz zu diesen Gewinnsteuern, die Sie für Ihre Freunde senken – davon profitieren nicht alle, die kommen nicht allen zugute.

Da sehen Sie – und ich komme zum Fazit –, wo sich dieses Budget spießt: Auch wenn es natürlich ein paar lobenswerte Punkte gibt, ist es insgesamt ein Budget, das dazu führen wird, dass Besserverdienern mehr bleibt und Geringverdienern, die es ohnehin schon schwer haben, weniger, und das schadet dann letztlich uns allen gemeinsam. (Abg. Haubner: Das stimmt aber nicht!)

Wir wissen aber, dass ein anderes Budget möglich wäre. Dafür bringen wir heute noch viele, viele Anträge ein. Stimmen Sie mit! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.30


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer. – Bitte.


11.30.11

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Finanzminister! Liebe Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Das Budget zeigt uns regelmäßig, wo die Schwer­punkte der staatlichen Arbeit liegen. Viele dieser Punkte wurden bereits ausführlich er­örtert. Ich möchte den Fokus gerne auf einen weiteren Bereich lenken, und zwar mit den Zahlen 131 Millionen, 65 Millionen, 76 Millionen Euro. Das sind die zusätzlichen Mittel, die in der letzten Zeit in die Justiz investiert wurden: 131 Millionen 2020, 65 Millionen 2021, und 76 Millionen mehr sind es für das Jahr 2022. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Warum ist das so wichtig? – Es ist deshalb wichtig, weil zuerst einmal Schadensbegren­zung betrieben werden musste, dann das System nachhaltig abgesichert werden muss­te, und jetzt kann man zukunftsweisende Projekte umsetzen.

Wir reden immer so abstrakt von der Justiz, aber was ist das eigentlich? – Österreich ist ein Rechtsstaat, das wissen wir alle. Das bedeutet, dass über jede Form des staatlichen Handelns ganz am Schluss ein unabhängiges Gericht entscheidet. Das klingt simpel, ist aber eigentlich das Herzstück unserer staatlichen Ordnung. Hätten wir das nicht, würde das Leben für jede und für jeden von uns ganz anders ausschauen.

Es bedeutet aber auch, dass das Recht, das Gericht beziehungsweise die Justiz insge­samt für die Menschen verständlich sein müssen. In diesem Zusammenhang möchte ich auf eine ganz wesentliche Berufsgruppe hinweisen, nämlich die Gerichtsdolmetscherin­nen und Gerichtsdolmetscher. Mit diesem Budget konnte nun endlich erreicht werden, dass wir die Gebühren für diesen wichtigen Beruf wesentlich anheben. (Beifall bei Grü­nen und ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die wichtige Arbeit, die da getan wird, ist wesentlich mehr als einfach übersetzen. Diese Menschen sind Sprachvermittler. Sie übersetzen nicht nur Worte, sie übersetzen nicht nur, was das Gericht fragt, sondern sie machen verständlich, was das Gericht wissen will. Sie sorgen dafür, dass man nicht nur die Worte versteht, sondern dass der Mensch verstanden wird. Das ist die Grundlage für Wahrheitsfindung und das ist die Grundlage für die Rechtsprechung. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Scharzenberger.)

Die längst überfällige Anhebung dieser Tarife ist nicht nur fair für die Einzelnen, sie ist auch ganz wichtig für das Instrument der Rechtsprechung. Sie ist ganz wichtig dafür,


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dass in diesem wichtigen Beruf weiterhin qualifizierte, höchst qualifizierte Menschen ar­beiten.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist natürlich, dass auch die Justiz ihr Handeln, ihre Arbeit für die Menschen verständlich machen wird. Dazu wird die Medienstelle für die Staatsan­waltschaften einen wesentlichen Beitrag leisten.

Ein wesentlicher Punkt sind aber auch die Investitionen, die jetzt im Bereich des Maß­nahmenvollzugs möglich sind. Im Maßnahmenvollzug sind psychisch kranke Menschen untergebracht, die Straftaten begangen haben. Aufgrund der bisherigen chronischen Unterfinanzierung dieses Bereiches waren die Bedingungen für alle Beteiligten dort wirklich nicht dem Standard entsprechend, der Österreichs würdig wäre.

Jetzt gibt es die Möglichkeit, durch den Ausbau einer Sonderbetreuungseinrichtung Si­tuationen zu schaffen, dass einerseits die Kranken die Unterstützung bekommen, die sie brauchen, andererseits aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jenen Support haben, den sie brauchen, um mit der notwendigen Ruhe und der notwendigen Aufmerk­samkeit ihrem Beruf nachgehen zu können, so wie sie das auch wirklich machen möch­ten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Noch einmal, um auf diese chronische Unterfinanzierung, die vorher bestanden hat, zu­rückzukommen: Der Anfang dessen war, dass die Justiz ihre laufenden Ausgaben aus den Rücklagen finanzieren musste. So hat das ganze Unglück angefangen. Lassen wir es nicht wieder dazu kommen! Es droht weiterhin diese Gefahr, zum Beispiel beim Ver­fassungsgerichtshof. Das kann einmal passieren, man nimmt es als Warnzeichen, man darf es aber nicht prolongieren.

Das eine ist: Lassen wir die Justiz in Ruhe arbeiten! Das andere ist: Geben wir ihr die dafür notwendigen Ressourcen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.34


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Hauser. – Bitte.


11.35.04

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Regierungs­mitglieder! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren vor den Fernsehbildschirmen! Wissen Sie, wieso dieses Budget überhaupt nicht halten wird? – Weil es diese Regie­rung schafft, gesunde Menschen aus der Wirtschaft auszusperren. Gesunde Menschen werden wegen Ihnen zu Hause mehr oder weniger eingesperrt. Sie können nicht am wirtschaftlichen Geschehen teilnehmen, sie können nicht einkaufen gehen, sie können nicht in der Gastronomie konsumieren et cetera.

Dieses Programm, das Sie heute und hier machen, geschätzte Regierung, ist eines, das nur die Multikonzerne Amazon und Co unterstützt; aber die Klein- und Mittelbetriebe, denen die Umsätze verloren gehen, die sind wirklich die Armen. Diese Politik ist keines­falls faktenorientiert.

Uns und mich schockiert, dass Sie seit Juli wissen, dass es eine vierte Welle geben wird. Das hat uns der Herr Gesundheitsminister bei den Budgetberatungen angekündigt. (Abg. Loacker: Die FPÖ hat nicht gesagt, dass es eine vierte Welle geben wird!) Was haben Sie getan? – Sie haben seit Juli die falschen Maßnahmen gesetzt, die nicht an­satzweise faktenorientiert sind. Ich darf Ihnen einige Beispiele aufzählen.

Ich wiederhole, dass ich seit September in diesem Hohen Haus darauf hinweise, dass Impfungen, Herr Minister, nicht so wirken, wie Sie glauben. Es würde Ihnen gut anste­hen, wenn Sie auch ein bisschen Wissenschaft in die Beurteilung Ihrer politischen Arbeit einfließen lassen und die Meinung der Opposition nicht einfach wegschieben würden.


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(Der Redner stellt eine Tafel mit Informationen zu „CDC Centers for Disease Control and Prevention“ auf das Rednerpult.) Fakt ist – und das sollten Sie spätestens seit 6. August dieses Jahres wissen, da hat die amerikanische Seuchenbehörde, die CDC, es nämlich in ihrem Weekly Report veröffentlicht –, dass geimpfte Personen den Virus aufschnap­pen und teilweise sogar in einer stärkeren Intensität weitergeben können. Googeln Sie nach! Auf dieser Tafel steht die Adresse. Das sollten Sie wissen. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

Sie sollten auch die Zahlen der eigenen Gesundheitsbehörde, der Ages, kennen, die auch immer wieder von massiven Impfdurchbrüchen berichtet. Ich habe hier die offizielle Mitteilung der Ages vom 2. November dabei: Bei den über 60-Jährigen hat es sage und schreibe 68,62 Prozent Impfdurchbrüche gegeben. Was bedeutet das? – Dass Perso­nen, die geimpft waren, den Virus bekommen und auch weitergegeben haben, nahezu 70 Prozent! Herr Minister, 70 Prozent der geimpften Personen in der Altersgruppe über 60 haben den Virus weitergegeben. Da hat die Impfung eben nicht die von Ihnen angesprochene Wirkung gehabt. Das verursacht wirklich Leid! Das verursacht bei allen gesunden Menschen Leid, die aufgrund der falschen Beurteilung der Regierung zu Hau­se eingesperrt werden, in einen Lockdown geschickt werden, nur weil Sie nicht in der Lage sind, wissenschaftliche Fakten auch nur ansatzweise in Ihr politisches Kalkül auf­zunehmen.

Ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang ein Schreiben der jüngst aus der ÖVP ausge­tretenen Obfrau der Jungen ÖVP Osttirol und Landesobfraustellvertreterin Christina Staffler vorlesen, die sich mit Schrecken in einem offenen Brief von Ihrer Politik, von der ÖVP-Politik und von der Regierungspolitik, distanziert. Ich zitiere aus diesem Schreiben, das medial kundgetan wurde: „Die Maßnahmen unserer Regierung sind nicht mehr nachvollziehbar.“ „Ich sage STOPP zur Spaltung der Gesellschaft, Stopp zu dieser Dis­kriminierung, STOPP zu dieser Hetzjagd auf Ungeimpfte, STOPP zur Impflicht und STOPP zu dieser POLITIK! Hiermit distanziere ich mich ganz klar von der ÖVP und LH Platter [...]. Das Schreiben ist auch ein offizieller Austritt aus der Partei.“

Wir brauchen mehr solche couragierten Persönlichkeiten (Beifall bei der FPÖ), die auf­zeigen, dass diese Politik faktenlos, faktenwidrig ist, die den Mut haben, zu sagen: Uns reicht es! Die Hetze gegen ungeimpfte Personen, die diese Regierung betreibt, ist ein Wahnsinn!

Lassen Sie bitte die Menschen selbst entscheiden, so wie das die Freiheitliche Partei tut, ob sie sich impfen lassen wollen oder nicht. (Zwischenruf des Abg. Jakob Schwarz.) Ignorieren Sie aber bitte nicht die wissenschaftlichen Fakten, und bitte ignorieren Sie auch nicht die mittlerweile massiv angestiegene Zahl der Todesfälle, die an die EMA gemeldet wurden. (Der Redner stellt eine Tafel vor sich auf das Rednerpult, auf der verschiedene Impfstoffe und die Zahl der angeblich damit in Zusammenhang gebrachten Todesfälle dargestellt sind.) Mittlerweile sind offiziellen Zahlen zufolge 17 252 Todesfälle im Zusammenhang mit der Covid-Schutzimpfung und, in der Datenbank ersichtlich, 1 161 000 Nebenwirkungen, leichte, mittlere und schwere, an die EMA gemeldet wor­den. Bedenken Sie bitte, dass maximal 2 bis 6 Prozent der Todesfälle und Nebenwirkun­gen an die EMA gemeldet werden! Diese Zahl können Sie allemal mit 50 multiplizieren.

Eines ist mittlerweile auch klar: Es wird nicht jeder jemanden in seinem Umfeld kennen, der gestorben ist, aber es wird jeder jemanden in seinem Umfeld kennen, der Nebenwir­kungen hat – und deswegen wollen sich die Personen nicht impfen lassen. Sie ignorieren das, Sie blenden das aus und gehen immer noch vom Narrativ aus, dass die Impfung in allen Bereichen nutzt – was sie leider Gottes nicht tut. Deswegen wollen wir als Frei­heitliche Partei uns vor die Bürger hinstellen und sagen: Es ist eure Entscheidung, ob ihr euch impfen lassen wollt oder nicht! Bitte betrachtet auch die gesamte Breite der Wis­senschaft, die von der Regierung ausgeblendet wird.


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An all jene Personen, die bereits geimpft sind: Uns tut es wirklich leid, dass Sie auf diese Regierungspropaganda hereingefallen sind (Zwischenrufe bei der ÖVP sowie des Abg. Loacker), weil die Impfung bei Weitem nicht das bringt, was Sie den Menschen verspro­chen haben. – Ich danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

11.42


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Andreas Hanger. – Bitte.


11.42.14

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Wir debattieren eigent­lich das Budget 2022 und den mittelfristigen Finanzplan bis 2025. Herr Kollege Hauser debattiert Corona, und aus meiner Sicht ist es notwendig, dazu ein paar Dinge zu sagen.

Punkt 1: Ja, es gibt Impfdurchbrüche, gar keine Frage. Punkt 2: Ja, man kann über jede Maßnahme diskutieren. Aber, Herr Kollege Hauser, bitte nehmen Sie doch zur Kenntnis, dass es ganz einfach so ist, dass die Impfung die einzige Chance ist, die Pandemie zu bekämpfen. Es ist ganz einfach Faktum, dass auf den Intensivstationen in erster Linie Personen liegen, die nicht geimpft sind. Es ist Faktum, dass die Inzidenzen bei den Ge­impften wesentlich niedriger sind als bei den Ungeimpften. Sprechen Sie doch ganz ein­fach mit Ihrem Kollegen aus dem Steirischen Landtag, der mittlerweile auch dazu aufruft, sich impfen zu lassen. Hören Sie bitte auf, diese Dinge in den Raum zu stellen, das hilft uns ganz einfach gar nicht! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

Zum Budget: Aus meiner Sicht liegt ein sehr bemerkenswertes Budget am Tisch (Ruf bei der SPÖ: Das stimmt!), und ich möchte das an vier Kennzahlen festmachen:

Erste Kennzahl: Verschuldung. Wir waren vor der Pandemie auf einem Weg, die Ver­schuldung auf unter 60 Prozent des BIPs zu drücken. Das ist, glaube ich, ein ganz we­sentlicher Aspekt, weil Schulden ja auch irgendwann einmal zurückbezahlt werden müs­sen. Die Pandemie hat dann dazu geführt, dass wir den Schuldenstand sehr stark erhöht haben. Übrigens: Über alle Parteigrenzen hinweg haben wir gesagt, das ist richtig und gut, wir müssen die Pandemie wirtschaftlich bekämpfen – und das ist ja auch in einem hohen Ausmaß gelungen.

Mit dem mittelfristigen Finanzplan und natürlich auch mit dem Wirtschaftswachstum als Grundlage gelingt es, die relative Verschuldung wieder Richtung 70 Prozent zu bringen. Die Menschen haben sehr oft gesagt: Es ist wichtig, dass ihr in die Pandemiebekämp­fung investiert, aber wer bezahlt die Schulden zurück?, und es ist schon eine unglaublich positive Nachricht, dass die relative Verschuldung sehr rasch wieder zurückgeht, das ist ein deutliches Zeichen für die hohe Bonität der Republik.

Ein zweiter Aspekt ist mir sehr wichtig, wahrscheinlich die wichtigste Kennzahl über­haupt, wenn wir Budgets diskutieren: Das ist die Frage der Arbeitslosigkeit. Wir liegen unter Vorkrisenniveau, wir haben Regionen, in denen man von Arbeitskräftemangel spricht. Es ist unglaublich wichtig für eine Gesellschaft an sich, die Menschen in Be­schäftigung zu haben, und das hilft uns natürlich auch im Budget, weil wir weniger Geld für Arbeitsmarktmaßnahmen ausgeben müssen. (Beifall bei der ÖVP.) – Danke.

Das dritte Faktum – basierend immer auf Basisprognosen, die das Wifo gemacht hat, und da wurde die neueste Pandemieentwicklung natürlich noch nicht berücksichtigt –: Wir haben ein unglaubliches Wirtschaftswachstum, und ja, weil wir eine exportorientierte Nation sind, ist dieses Wachstum auch international getrieben, gar keine Frage, aber Wirtschaftsforscher haben bestätigt, dass die Maßnahmen der Bundesregierung 1 Pro­zent mehr Wirtschaftswachstum bringen. Das hilft uns natürlich in der gesamten Budget­gestaltung sehr.


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Die vierte Kennzahl finde ich immer wieder bemerkenswert – sie hat auch Schattensei­ten, gar keine Frage –: Wir finanzieren unsere Schulden mit dem geringsten Zinsaufwand, den wir jemals hatten, derzeit noch 1,4 Prozent des BIPs, am Ende der mittelfristigen Finanzplanung 0,8 Prozent; stark steigende Schulden ja – die relativ zurückgehen –, aber weniger Zinsaufwand. Das hat auch Nachteile, gar keine Frage, wenn man an Spar­guthaben denkt, aber das hilft uns sehr, und, das muss man schon festhalten, das ist auch nicht gottgegeben, sondern das zeugt von einer enorm guten Wirtschaftspolitik in den letzten Jahren. Unsere Volkswirtschaft, unsere Republik hat ganz einfach eine hohe Bonität – und das ist schon ein Aspekt, auf den wir stolz sein können.

Abschließend folgende drei Aspekte: Das Budget und die Steuerreform sind getragen von Entlastung, das ist Faktum. Die erste Tarifstufe wurde schon erledigt, die zweite und dritte Tarifstufe kommen jetzt, Senkung der Krankenversicherungsbeiträge, Familienbo­nus Plus. Die Menschen werden entlastet, es bleibt mehr Netto vom Brutto.

Wir schaffen den Einstieg in die Ökologisierung. Das halte ich persönlich auch für sehr wichtig, aber wir müssen das standortverträglich und auch regionsverträglich machen, deshalb unterstützen wir den Klimabonus auch sehr.

Abschließend noch ein Aspekt, der mir sehr wichtig ist: Auch im Budget wird abgebildet, dass wir endlich etwas bei der Besteuerung von digitalen Unternehmen tun. Österreich war da immer ein Vorreiter. Ich freue mich auch persönlich sehr, dass es auf globaler Ebene gelungen ist, diesen Mindeststeuersatz jetzt einzuführen.

Also kurz zusammengefasst: Das Budget 2022 und der mittelfristige Finanzrahmen ha­ben sehr viele positive Aspekte, und ich ersuche um Ihre Unterstützung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

11.46


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Christoph Matznet­ter zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.


11.47.08

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Mein Vorredner, Abgeordneter Han­ger, hat Abgeordneten Hauser sozusagen zur Sache gerufen: Wir reden hier nicht über die Pandemie, sondern über das Budget. – Nun, da gebe ich Kollegen Hanger recht, die Wirtschaftsforscher, die wir vor zehn Tagen hier im Budgethearing gehabt haben, haben uns richtigerweise bestätigt – auch Professor Badelt vom Wifo, der da saß, wo jetzt der Herr Staatssekretär sitzt –, dass die Auswirkungen weiterer Maßnahmen im Zuge der Pandemiebekämpfung nicht in dieses Budget eingearbeitet sind (Abg. Jakob Schwarz: Nicht in die Prognose!) – in die Prognose und damit die Grundlage für diese Budgetzah­len, und somit muss ich sogar ÖVP-Abgeordnetem Taschner recht geben: Wir sollten Professor Badelt vertrauen. Das heißt aber für den hier vorliegenden Fall, dass diese Bundesregierung offensichtlich seit Monaten nicht in der Lage ist, die notwendige Vo­rausschau für die tagtägliche Politik zu machen.

Vor dem Sommer, als der heutige Abgeordnete Kurz noch Bundeskanzler war, hat die ÖVP „Pandemie gemeistert“ plakatiert. Sie haben nur einen Fehler gemacht: Sie hätten die eigene Propaganda nicht glauben dürfen. Sie hätten diesen Sommer verwenden müssen, um sich zielgerichtet vorzubereiten, dass wir in der Pandemie so agieren, dass wir keine weiteren Maßnahmen brauchen, keine vierte Welle haben, keine Rekordbele­gungen der Normal- sowie Intensivstationen in den Spitälern haben, keine Situation ha­ben, dass die Salzburger Landeskliniken, wie heute, die Notlage ausrufen müssen. Über­all dort steht darüber: Wir als ÖVP wollten politische Propaganda machen, „Pandemie gemeistert“ – zu einem Zeitpunkt, wo nichts gemeistert war, nichts vorbereitet war und, wie wir in den schwarz regierten Bundesländern sehen, nicht einmal das Testangebot ausreicht, vom Impfen reden wir nicht. Das ist Ihre Politik! (Beifall bei der SPÖ.)


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Jetzt komme ich zu diesem Budget. Seit gestern haben wir einen Lockdown. Was erzählt uns Herr Finanzminister Blümel heute, an Tag zwei, zu den notwendigen Hilfestellungen für die Betriebe, zum Beispiel für die Klein- und Kleinstbetriebe? – Ich habe eine Budget­ermächtigung von 5 Milliarden Euro, und da gibt es ja eh noch Maßnahmen, die noch weiterlaufen. – Herr Finanzminister, der Härtefallfonds ist ausgelaufen – der ist Lebens­grundlage für die Kleinen! Die Garantiestellung kann gerade bis 15. Dezember beantragt werden, dann ist Schluss! Das Einzige, das über den Jahreswechsel geht, ist die Kurz­arbeit. Sie lassen die Betriebe und damit die Arbeitgeber Hunderttausender Beschäf­tigter im Regen stehen. Das ist die Realität, und das ist kein Budget, dem irgendjemand in diesem Haus zustimmen kann. Wir sind in der Krise, wir haben ein Problem und wir haben eine Regierung, die nichts dazu tut, um das Problem zu lösen. Schämen Sie sich, Herr Finanzminister! (Beifall bei der SPÖ.)

11.50


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Eva Blim­linger. – Bitte.


11.50.42

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Bundesminister und Bundesministerinnen! Ich möchte auf zwei Bereiche Bezug nehmen, und zwar einerseits auf die Wissenschaft und andererseits auf Kunst und Kultur.

Wissenschaft und Forschung sind ja gerade jetzt wirklich dringend notwendig. Die in Österreich verbreitete Wissenschaftsfeindlichkeit – muss man sagen – drückt sich auch immer wieder in den von der EU veröffentlichten Studien aus. Ich empfehle sehr, das Eurobarometer zu lesen, wo immer klar ist, dass sich Österreich unter den Letzten inner­halb der EU befindet, wenn es um die Frage geht, ob die Menschen der Meinung sind, dass ihnen Wissenschaft und Forschung nützt. Das heißt, wir müssen da sehr viel ma­chen und sehr intensiv darüber nachdenken, wie wir diesen Umstand und diese Situation verbessern können, sodass den Menschen – auch Politikern natürlich – klar wird, dass Wissenschaft und Forschung Fortschritt bringen. Natürlich gibt es auch Irrwege in der Forschung, keine Frage, aber das ist genau der Punkt. Es geht in der Wissenschaft da­rum, zu forschen, zu widerlegen, Ergebnisse zu bringen et cetera.

Aus diesem Grund freue ich mich besonders, dass es gelungen ist, die Nationalstiftung mit 140 Millionen Euro zu dotieren. Ja, aus der Situation heraus, dass wir die Forschung und die Wissenschaft brauchen, könnte es immer noch mehr sein. Diese 140 Millionen Euro garantieren im Fonds Zukunft Österreich tatsächlich die Exzellenzprogramme. Das garantiert eine Forschung im breiten Ausmaß und vor allen Dingen – und da ist ja Öster­reich äußerst gut – die Beteiligung an EU-Forschungsprojekten, an den großen Aus­schreibungen. Es freut mich, dass das gelungen ist.

Schätzen Sie die Wissenschaft, schätzen Sie die Ergebnisse der Forschung! Da meine ich nicht nur die Naturwissenschaft oder Medizin, sondern da geht es auch um andere Wissenschaften und andere Forschungsbereiche. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Der zweite Bereich ist Kunst und Kultur. Es ist mit 557,1 Millionen Euro gelungen, das höchste Kunst- und Kulturbudget zu erreichen, das es jemals in der Republik gegeben hat. Das freut mich auch besonders. Sie wissen, Künstlerinnen und Künstler stehen auch finanziell unter besonderem Druck. Vielleicht gelingt es ja – schauen wir, wie sich Corona entwickelt –, doch noch einmal eine Unterstützung zu bekommen. Die ist darin nicht ent­halten, weil wir ja alle gehofft haben, dass es vorbei ist.

Was mir in dem Zusammenhang auch wichtig ist, ist die Sicherstellung beziehungsweise Erhöhung der Basisabgeltung für die Bundestheater und Bundesmuseen. Das ist ja seit Jahren das erste Mal. Inkludiert in diesen Maßnahmen sind Maßnahmen für Fair Pay,


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um insbesondere endlich zu einem Abschluss des Kollektivvertrags in den Bundesmu­seen zu kommen – in den Bundestheatern gibt es ihn ja –, um dort eine gute Perspektive für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erreichen.

Selbstverständlich bin ich im Übrigen immer noch der Meinung, dass die Windisch-Ka­serne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt werden soll. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.54


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Karin Greiner. – Bitte.


11.54.44

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Zusehe­rinnen und Zuseher! Hohes Haus! Welchen Titel könnte man diesem Budget geben? (Abg. Michael Hammer: Budget!) Er könnte lauten: Geschenke für türkise Gönner, schlechte Zeiten für ArbeitnehmerInnen.

Was bedeutet dieses Budget? – Es begünstigt großzügige Spender, indem 1 Milliarde Euro an Steuergeld an sie verschenkt wird. Die Körperschaftsteuer wird gesenkt, Steu­ern auf Gewinne bleiben niedrig. Obwohl die Gewinne um 25 Prozent steigen, steigt die Besteuerung um 3 Prozent.

Was tut man hingegen für die ArbeitnehmerInnen? (Abg. Michael Hammer: Haben Sie es nicht gelesen?) – Man sagt, es ist die größte Steuerreform aller Zeiten, sie profitieren davon. Man sagt aber nicht dazu, dass mögliche Vorteile von der kalten Progression aufgefressen werden, dass insbesondere viele Niedrigverdiener von der Teuerungswelle überrollt werden. Wir sehen das anhand der steigenden Energiepreise momentan massiv.

Dieses Budget ist eine Fortsetzung des unsozialen und chaotischen Agierens der Bun­desregierung in den letzten Jahren: Schlechtes Pandemiemanagement – Kollege Haub­ner, Sie schütteln den Kopf, auch Sie haben mit Ihrer Fraktion, mit Ihren Regierungsmit­gliedern zweimal einen Sommer verschlafen –, die Regierung ignoriert akute soziale Brennpunkte. Ja, was hat die Regierung gemacht, als das Pflegepersonal und die Päda­gogInnen des Elementarbereiches auf die Straße gegangen sind, ihren Frust, ihre Wut gezeigt haben und leider auch schon resigniert haben? Mit einem Achselzucken zur Kenntnis genommen? War’s das? Wo ist der Coronabonus? – Noch immer nicht ausbe­zahlt!

Man tröstet, die Pflegereform wird alles ändern. Ex-Kanzler Kurz hat versprochen: Sie kommt, sie kommt. Ja, wo ist sie? Wie soll das mit 1,5 Milliarden Euro, die im Budget nicht abgebildet sind, finanziert werden? Sie ignorieren dieses Problem! (Beifall bei der SPÖ.)

Weitere Baustelle: Wo ist die Kindergartenmilliarde, die man für eine entsprechende Be­treuung in den Kommunen dringend benötigen würde? (Abg. Gödl: Die ist schon längst ausgegeben!) – Kollege Gödl, wo ist die Kindergartenmilliarde? Das wäre finanziert ge­wesen. (Weitere Zwischenrufe des Abg. Gödl.) Mitterlehner und Kern hätten das auf Schiene gehabt, hätten das durch die Bankenabgabe finanziert. Was hat Ihr Bundes­kanzler, der Ex-Kanzler gemacht? Er hat gesagt: „Kann ich ein Bundesland aufhetzen?“  Das ist das, was ein Ex-Bundeskanzler dazu zu sagen hat. (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Ein weiterer Punkt, der mir als Rechnungshofsprecherin besonders am Herzen liegt, ist Transparenz. Wie geht diese Bundesregierung, wie geht der Herr Finanzminister mit Steuergeldern um? Wissen wir, was damit passiert?

Schauen wir uns die Cofag an! Herr Bundesminister, Sie haben über 9 Milliarden Euro an diese Finanzierungsagentur überwiesen, sie werden von dort als Coronaunterstüt­zungen ausbezahlt. Wir im Parlament wissen aber nicht: wie viel, wann, wohin genau?


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Das sind mehr als 9 Milliarden Euro, von denen wir nicht erfahren dürfen, wohin sie ge­hen. Was ist das für ein Zustand? (Beifall bei der SPÖ.)

Sie sagen: Ja, ihr könnt ja eh in den Beirat hinein. – Ein Beiratsmitglied unterschreibt eine Verschwiegenheitsklausel. Welchen Sinn hat das für die Öffentlichkeit? Die Bürge­rinnen und Bürger erfahren dadurch überhaupt nicht, was mit diesen 9 Milliarden Euro passiert ist, und das ist ein Skandal.

Wir haben zahlreiche Initiativen gesetzt, um einen Cofag-Unterausschuss zu installieren. Dort hätten wir als Abgeordnete das Fragerecht, Sie wären auskunftspflichtig. Das wol­len Sie aber nicht. Ich glaube, Sie haben ein bisschen Angst vor Kontrolle, Sie von der ÖVP. Sie von den Grünen unterstützen diesen Kurs und schützen die Blackbox, anstatt Bürgerinnen und Bürger zu informieren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir als SPÖ erwarten uns ein transparentes Vorge­hen. Wir erwarten von dem Budget für das nächste Jahr, dass es ökologisch und sozial gerecht ist. Ihr Budget ist nichts von alledem. Es ist keineswegs dazu geeignet, soziale Disbalancen auszugleichen. Es ignoriert wirkliche soziale Brennpunkte. Sie gehen über ArbeitnehmerInnen hinweg, Sie ignorieren die Probleme der Niedrigverdiener, aber Sie bedienen die türkisen Gönner. Einem solchen Budget können wir als SPÖ keineswegs zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.59


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Angela Baumgartner. – Bitte.


11.59.32

Abgeordnete Angela Baumgartner (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minis­ter! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Frau Ministerin! Mit diesem Budget schaffen wir eine Grundlage, damit wir auch in Zukunft in einem Land leben können, in dem Wohl­stand und wirtschaftliche Entwicklung gesichert sind.

Das Budget steht für Aufschwung, Stabilität und Nachhaltigkeit. In der Zeit der Krise konnten wir kräftig investieren. Möglich gemacht hat dies ein solider Haushalt, den wir in den Vorkrisenjahren durch Überschüsse und Schuldenabbau erwirtschaftet haben. So konnten wir die Menschen in Österreich unterstützen.

Die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind günstig, und wir erleben gerade ei­nen Wirtschaftsaufschwung. Das Wifo erwartet für 2022 ein Wachstum von 4,8 Prozent. Durch den Aufschwung und dieses Wachstum können wir unseren Haushalt wieder ordentlich führen und unsere Schulden abbauen. Die Schuldenquote wird 2022 auf 79,1 Prozent schrumpfen, und ein Nulldefizit wird wahrscheinlich schon 2025 erreicht werden.

Ein weiterer Turbo hierfür ist die ökosoziale Steuerreform. Wir schaffen Entlastung für die arbeitenden Menschen, nämlich 18 Milliarden Euro bis 2025. Wir senken die Steuer­sätze, erhöhen den Familienbonus und den Kindermehrbetrag. Wir stärken die Bezieher von niedrigen Einkommen, die Landwirtschaft und unseren Standort durch die Senkung der Körperschaftsteuer.

Zusammengefasst: Wir entlasten die Menschen, die wollen, dass sich das Rad weiter­dreht, die sich etwas schaffen, etwas aufbauen wollen, Menschen, die dazu beitragen, dass sich unser Land gut entwickelt und der Wohlstand wächst. Die ökosoziale Steuer­reform bildet nicht nur das Kernstück des Budgets, sondern auch die DNA der ÖVP ab, nämlich den Gedanken der ökosozialen Marktwirtschaft. Sie zeigt auch ganz deutlich unseren Zeitgeist: Nachhaltigkeit und Klimawohlstand durch Technologie und Innovation.

Herr Kollege Loacker von den NEOS, ich schätze dich wirklich als sehr gescheiten, tüchtigen Politiker, dass du dich aber hierherstellst und unsere Ministerin als „Ministerin


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von der Heugabel“ bezeichnest – letztens im Gesundheitsausschuss hast du Schafe zu uns gesagt, und einer deiner Kollegen hat in einer Sitzung im Juli in unsere Richtung gezeigt und uns einen Haufen Ungebildeter genannt –, das passt nicht zu dir! Das ist eine Respektlosigkeit, und ich finde, das passt überhaupt nicht zu dir. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Dieses Budget ist jedenfalls ein Fundament für unseren Aufschwung und für unseren gemeinsamen Neustart. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

12.02


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Selma Yildirim. – Bitte.


12.03.03

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Mit­glieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Das Steuergeld der Österreicherinnen und Österreicher ist kein Spielgeld, auch wenn es im System Kurz als solches verwendet wurde. 1,2 Milliarden Euro für den Ausbau der Kinderbetreuung wurden verhindert. Die Abschaffung der kalten Progression wurde ver­hindert. Stattdessen steht nun der Vorwurf im Raum, dass Umfragen und Medienberichte mit Steuergeld gekauft wurden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Auch in dem vorliegenden Budget wird Klientel bedient, statt dringende Verbesserungen für die Allgemeinheit auf Schiene zu bringen. Die Teuerung frisst die Einkommen der Menschen auf, während ÖVP-Großspender sich über Steuergeschenke freuen. 9 Milliar­den Euro werden der parlamentarischen Kontrolle weiterhin entzogen. Es gibt kaum Ver­besserungen für den Pflege- und Gesundheitsbereich, keine Kindergartenmilliarde.

Geschätzte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, die Sie stets wertvol­le Arbeit für das Funktionieren unseres Landes erbringen und ganz besonders in den letzten zwei Jahren erbracht haben! Das Gesundheits- und Bildungssystem funktioniert bestens. Die Versorgung und die Sicherheit sind für uns alle gewährleistet. Der Rechts­staat leistet hervorragende Dienste. Dies, weil alle öffentlich Bediensteten trotz ständiger Personalreduktion und Einsparungen ihre Aufgaben nicht nur mit großem Engagement und Pflichtbewusstsein erfüllen, sondern auch erfüllen wollen. Ihnen, sehr geehrte Da­men und Herren, gebührt an dieser Stelle Dank! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, mit einem Budget blickt man auch in die Zukunft. Und was sehen wir für die Zukunft? – Wir sehen, dass die Versäumnisse der vergangenen Jahre inzwischen zu einem echten Problem werden. Warum? – In vielen Bereichen wur­de der öffentliche Dienst kaputt gespart. Es gibt einen eklatanten Personalmangel, und dies führt wiederum zu schlechten Arbeitsbedingungen. Wie lange können die kompe­tenten und pflichtbewussten öffentlich Bediensteten dem noch mit persönlichem Engage­ment entgegenhalten?

Durch die derzeitige Krise wird gerade im Gesundheits- und Pflegebereich deutlich, dass es an Personal mangelt. Dieser Mangel wird sich aber auch in vielen anderen Bereichen weiter zuspitzen, denn in den kommenden 13 Jahren werden rund die Hälfte der öffent­lich Bediensteten in Pension gehen. Was ist Ihre Antwort, Herr Finanzminister? – In der Finanzverwaltung forcieren Sie die Digitalisierung. Aber können Computer Menschen ersetzen? Können Computer dem Personalmangel entgegenwirken?

Im Bereich des Rechtsstaates, der für die Demokratie sehr wichtig ist, wird es kaum möglich sein, innerhalb kürzester Zeit Richterinnen, Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte zu rekrutieren. Gefordert ist, dass wir uns etwas überlegen. Im Verfas­sungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof oder beim Bundesverwaltungsgericht gibt es juristisch-wissenschaftliche Mitarbeiterinnen. Diese wären ebenso bei den Bundesfi­nanzgerichten und bei den ordentlichen Gerichten erforderlich, um dort zumindest schon


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einmal Personalplanung zu leisten. Das sind große Herausforderungen, sehr geehrte Damen und Herren!

Wenn man sich dieses Budget im Detail ansieht, erkennt man, dass es nach wie vor die Handschrift des Systems Kurz trägt, und es ist Ausdruck einer verfehlten Coronapolitik. Statt eines Budgets mit Verbesserungen für die Allgemeinheit, mit dem man der arbei­tenden Bevölkerung entgegenkommt, werden nach wie vor Konzerne und Großspender bedient, nicht aber der Pflegenotstand beendet und nicht die Kindergartenmilliarde um­gesetzt. (Beifall bei der SPÖ.)

12.07


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Markus Koza. – Bitte.


12.07.37

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­te Damen und Herren! Heute findet die Generaldebatte zum Budget statt. Wie nicht an­ders zu erwarten, wird natürlich die ökosoziale Steuerreform sehr heftig diskutiert. Von Oppositionsseite wird immer wieder unterstellt, diese Steuerreform sei weder sozial noch ökologisch. Ja, Behauptungen kann man bekanntlich leicht aufstellen, behaupten kann man sehr viel. Die Frage ist: Halten diese Behauptungen tatsächlich einem Faktencheck stand oder sind sie einfach so dahingesagt?

Sehr erfreulich ist ja, dass wir in den letzten Wochen hinsichtlich der angeblichen Vertei­lungswirkung der Steuerreform nicht nur Analysen aus Parteizentralen bekommen haben, sondern dass es inzwischen auch mehr und mehr Analysen von Wirtschaftsfor­schungsinstituten, von wirtschaftspolitischen Einrichtungen gibt, beispielsweise vom heute schon erwähnten Fiskalrat. Das Spannende, das Interessante ist, dass der Fis­kalrat zu ganz anderen Ergebnissen als die Opposition kommt.

Zuerst möchte ich einmal etwas festhalten, was oft vergessen beziehungsweise in der heutigen Debatte viel zu wenig berücksichtigt wird (Abg. Deimek: Es lässt sich ja jeder Wissenschaftler und jeder Professor kaufen!): Die Steuerreform, wie wir sie jetzt haben, ist nur ein Teil. Ein guter Teil der Steuerreform wurde ja bereits in das Jahr 2020 vorge­zogen, um die sozialen und ökonomischen Härten der Coronakrise abzufedern. (Abg. Fuchs: Die NoVA-Erhöhung!) – Herr Fuchs, Sie wissen es ganz genau: Der Einstiegs­steuersatz wurde von 25 Prozent auf 20 Prozent gesenkt (Abg. Fuchs: Und die NoVA-Erhöhung?), und der Sozialversicherungsbonus wurde, insbesondere für jene Arbeitneh­merInnengruppen, die keine Einkommensteuer zahlen, um 100 Euro auf 400 Euro er­höht. Dieses Paket machte allein 1,7 Milliarden Euro Steuerentlastung aus. (Beifall bei Grünen und ÖVP), 1,7 Milliarden Euro, die in den aktuellen Analysen der Wirtschaftsfor­schungsinstitute keine Berücksichtigung mehr finden. Das heißt, da muss man immer im Hinterkopf behalten: Es findet nicht nur jetzt diese Entlastung, diese steuerliche Maßnah­me statt, sondern es hat schon viel stattgefunden.

Schauen wir uns jetzt einmal tatsächlich die ganz konkreten Zahlen an! Da gibt es bei­spielsweise die ersten Ergebnisse, die uns der Fiskalrat gebracht hat. (Der Redner hält eine Tafel mit einem Säulendiagramm unter dem Titel „Verteilung der ökosozialen Steu­erreform auf private Haushalte“ in die Höhe.) Interessanterweise geht er von einer Vertei­lungswirkung der Steuerreform aus, die insbesondere die untersten Einkommen, das unterste Einkommensfünftel, die einkommensschwächsten Haushalte am stärksten be­günstigt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Siehe da: Ausgerechnet das einkommensstärkste Fünftel, die 20 Prozent der reichsten Haushalte, hat die geringste Entlastung. Selbst dann, wenn man die CO2-Steuer von dieser Entlastung abzieht, bleibt insgesamt bei den unteren und mittleren Einkommens­gruppen eine sehr stabile Entlastung, eine stabil annähernd gleich hohe Entlastung,


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während bei den obersten Einkommensgruppen die Entlastung nach wie vor am gerings­ten ist. Das nenne ich sozial treffsicher und sozial ausgewogen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Weil wir immer sagen, ein Vergleich macht Sie sicher, komme ich zur angeblich größten Steuerreform aller Zeiten in den Jahren 2015/16. Ich behaupte nicht, dass das jetzt die größte Steuerreform ist, ich habe das auch noch nie behauptet. Es wurde aber immer wieder behauptet, dass 2015/16 die größte Steuerreform aller Zeiten beschlossen wurde.

Schauen wir uns jetzt einmal an, wie denn da die Verteilungswirkung auf die unterschied­lichen Haushalte war, auf die armen und auf die reicheren Haushalte, bei einer Steuer­reform, die unter einem sozialdemokratischen Bundeskanzler beschlossen wurde. (Der Redner hält eine Tafel mit einem Säulendiagramm unter dem Titel „Vergleich Steuerre­form 2015/16 – ökosoziale Steuerreform“ in die Höhe.) Schauen wir uns einmal die nied­rigen Einkommen an! Wie schaut denn das aus? – Oioioioioi! Das niedrigste Einkom­menszehntel hat damals eine Steuerentlastung von 1,5 Prozent bekommen. Heute sind es 3,5 Prozent. Beim zweitärmsten Zehntel und drittärmsten Zehntel war die Entlastung annähernd stabil.

Schauen wir uns jetzt an, wie es bei den reichsten privaten Haushalten war! (Der Redner hält eine weitere Tafel mit einem Säulendiagramm unter dem Titel „Vergleich Steuerre­form 2015/16 – ökosoziale Steuerreform“ in die Höhe.) Siehe da: Oioioioioi! Die Einkom­mensentlastung bei den reichsten Haushalten war bei dieser unglaublich sozialen Steu­erreform in den Jahren 2015/16 mit Abstand deutlich höher als bei dieser ökosozialen Steuerreform. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dieser ökosozialen Steuerreform, vor allem mit diesem Klimabonus, der wirklich allen Haushalten zugutekommt, haben wir eines erreicht: den Einstieg in eine wirkliche Ökologisierung. Wir haben auch einen sozialen Ausgleich im Steuersystem erreicht, für den wir uns sicher nicht schämen müssen. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

12.12


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Carmen Jeitler-Cin­celli. – Bitte.


12.12.56

Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Ministerinnen und Minister! Geschätzte Kollegen! Ich möchte auch noch kurz etwas sagen, Gerald Loacker, weil ich das vorhin genauso empfunden habe. Ich muss es dir ehrlich sagen, ich habe mir gedacht: Es ist herabwürdigend. Ein Kollege von der SPÖ hat mir dann sogar gesagt, er findet es se­xistisch. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Das würde ich infrage stellen, es wäre aber meiner Meinung nach schon eine Entschuldigung wert. Sie sagen „Ministerin von der Heugabel“ und dann reden Sie von Schamlosigkeiten und so weiter – ich denke mir, das ist einfach nicht notwendig. Sie sind doch in Ihrer Tonalität auch oft die selbsternannte moralische Instanz. Ich glaube, eine Entschuldigung wäre okay. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Kucharowits.)

Jörg Leichtfried hat mir gesagt, gute Reden fangen mit einer Frage an. Lieber Jörg, ich stelle jetzt eine Frage: Was ist am kommenden Sonntag? – Am kommenden Sonntag ist der 21. November. Ich habe nachgeschaut: Am kommenden Sonntag hat Johannes Na­menstag. Sonst ist am kommenden Sonntag gar nichts, und ich habe es satt, dass in diesem Haus permanent so getan wird, als würden jeden Sonntag Wahlen stattfinden. Das geht in einer Tour so. Ich glaube, es darf nicht unsere Handlungsmaxime sein, dass wir Sonntagsumfragen in einem Ausmaß bewerten, dass sie der gesamte Zweck sind,


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für den wir eigentlich da sind. Am Sonntag ist keine Wahl, auch am Sonntag danach ist keine Wahl, und viele Sonntage danach wird es auch keine Wahl geben. Daher bitte ich Sie einfach um die Vernunft, dass wir in der Zeit, die wir dazwischen haben, einmal das Richtige tun.

Da plädiere ich ganz klar an die Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ. Wir wollen eine Zukunftspolitik machen. Ich habe vorhin gezählt: Herr Dr. Kassegger und Herr Dr. Fuchs, die beide gesprochen haben, haben zusammen acht akademische Titel. Da kann man erwarten, dass sie evidenzbasiert handeln und denken.

Es gibt klare Fakten. Da ist die Gruppe der 18- bis 59-Jährigen; die Geimpften haben eine Inzidenz von 383 und die Ungeimpften von 1 734. Das ist das Vierfache. Heute: über 10 000 Neuinfektionen, 458 Schwerkranke auf den Intensivstationen. Meine Herren (in Richtung FPÖ), auch Sie haben eine Verantwortung, und Sie können die Verantwor­tung nicht auf die Regierung oder sonst wohin abschieben. Sie tragen diese Verantwor­tung mit. Wenn Ihr Generalsekretär Schnedlitz Videos verschickt, die Tausende Male geteilt werden, in denen gesagt wird, man werde in die Spritze gedrängt, ist das einfach nur populistisch. Lassen Sie diesen Blödsinn und helfen Sie mit! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir leiten alle Anfragen, die jetzt im Wirtschaftsbund von verzweifelten Unternehmerin­nen und Unternehmern kommen, weiter. Ich werde denen einfach das Video schicken und sagen: Wenden Sie sich dorthin! Es gibt nämlich eine Wintersaison – das ist das Einzige, was vor der Tür steht, keine Wahl, sondern eine Wintersaison, die es geben wird –, und dafür haben wir alle unsere Verantwortung zu tragen.

Ganz kurz zur Wirkungsorientierung des Budgets: Ich möchte mich bei Frau Dr.in Gschiel und ihrem Team in der Parlamentsdirektion, die tolle Arbeit geleistet haben, bedanken. Wir haben jetzt einen Bewertungsrahmen, quasi eine Art Kompass, mit dem wir unsere Budgets den 17 Feldern der Agenda 2030 zuordnen können. Ich glaube, das bringt ganz, ganz viel. Wir können uns einschätzen, wir können sehen: Wo ist Handlungs­bedarf?

Ich möchte alle noch einmal einladen, im kommenden Jahr daran mitzuwirken, dass wir gemeinsam dieses Jahr im Rahmen der SDGs befüllen und dass jeder seinen Beitrag leistet. Lassen Sie uns zusammen daran arbeiten! Die Menschen brauchen jetzt einmal Sicherheit, sie brauchen Zuversicht, Klarheit. Auch da, muss ich ehrlicherweise sagen, gibt es vielleicht in der Kommunikation des Herrn Gesundheitsministers schon ein biss­chen Nachbesserungsbedarf, aber auch das werden wir hinkriegen, wenn alle mithelfen.

Am kommenden Sonntag hat Johannes Namenstag – herzlichen Glückwunsch –, aber es findet keine Wahl statt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grü­nen.)

12.16


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nico Marchetti. – Bitte.


12.16.42

Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundeskanzler! Geschätzter Herr Finanzminister! Ich weiß nicht, wie es den Kolleginnen und Kollegen aus den Regierungsfraktionen geht, aber so eine Budgetwoche ist für uns keine besonders große Hetz. Man geht Kapitel für Kapitel, Euro für Euro durch, die Kritik aber ist eigentlich überall dieselbe: Von der Klopapierrolle im Bundeskanzleramt bis zur Briefmarke von Magnus Brunner ist eigentlich alles ein Skandal, alles vollkommen abzu­lehnen und überhaupt das Letzte. – Ich finde es schade, dass wir das Gefühl dafür, Din­ge differenziert zu sehen, verloren haben.


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Weil wir ja jetzt am Anfang der Budgetwoche stehen, habe ich ein paar Ideen mitge­bracht, wie wir diese Budgetwoche hier im Hohen Haus ein bisschen angenehmer ge­stalten könnten. Die erste Idee ist ein bisschen selbstkritisch: Die Opposition sagt ja immer, wenn wir uns ständig bei unseren Regierungsmitgliedern für die Erstellung des Budgets bedanken, fühlt sich das für sie an wie das Klatschen im Flugzeug nach der Landung. – Fair point! Dazu können wir etwas beitragen.

Die zweite Idee: Ich glaube, wir könnten uns dazu committen, dass es gut ist, wenn man Geld für gute Sachen ausgibt, auch wenn es nicht die eigene Partei ausgibt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Mein Lieblingsbeispiel dazu: Wir geben im Bereich Frauen und Gewaltprävention so viel Geld aus wie noch nie. Da könnte man einfach sagen: Das ist eine gute Sache! Im Bereich wissenschaftlicher Forschung geben wir auch einen Batzen Geld aus. Da könnte man auch – vielleicht bis auf die FPÖ – sagen: Super, das finden wir gut und unterstützen wir! – Das wäre nur so eine Idee.

Der letzte Punkt: Wir können uns vielleicht hier und da auch ein paar Superlative er­sparen. Meines Erachtens ist das Budget weder ein Weltuntergang, noch ist es ein neuer Urknall. Es ist einfach das, was Demokratie auch ausmacht: ein Kompromiss, ein Aus­gleich von Interessen. So langweilig das klingt und so wenig Klicks es auf Social Media bringt, ist es doch eigentlich das, was meiner Meinung nach die Bevölkerung will. Ich glaube, es wird uns niemand böse sein, wenn kein kreischender Politiker aus dem Fern­seher herausschaut, sondern jemand, der seriös und vielleicht ganz langweilig erklärt und Dinge abarbeitet. Ich glaube, das wäre kein schlechter Stil. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Was ist neu an diesem Budget? – Wir setzen die Segel für die Ökologisierung des Steu­ersystems, und wir bringen einen Stufenplan in Gang, der uns – ja: gemäßigt – zu den Zielen hinführt, die wir uns selbst gesetzt haben. Wir schärfen steuerlich dort nach, wo es notwendig ist, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Genau das sind zwei Punkte, zu de­nen ich sagen möchte: Deswegen glaube ich immer noch, dass Türkis-Grün ideologisch die beste Konstellation ist, um diese großen Zukunftsfragen zu beantworten, weil wir es eben schaffen, den wirtschaftlichen Aspekt und den ökologischen Aspekt zusammenzu­bringen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das Klimaticket ist auch eine Sache, von der wir über alle ideologischen Grenzen hin­weg, glaube ich, unisono sagen können, dass wir das gut finden. Wie gesagt, ich würde mir wünschen, dass wir in dieser Budgetwoche Dinge ein bisschen differenzierter sehen, seriös argumentieren und nicht nur immer dieselben Reflexe bedienen. Ich glaube, Letz­teres ist für uns und auch für die Zuseherinnen und Zuseher langweilig, und es würde gerade in einer aufgeregten Zeit guttun, Dinge seriös abzuarbeiten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.20


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klaus Lindinger. – Bitte.


12.20.41

Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kol­legen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Aufschwung, Stabilität und Nachhaltigkeit – das sind die drei Schwerpunkte, unter denen dieses Budget für 2022 steht. Es freut mich persönlich extrem, dass alle fünf Experten diesem Budget beim Hearing grundsätzlich ein gutes Zeugnis ausgestellt haben, auch wenn von manchen kleine Nachschärfungen angeregt wurden, die natürlich von unserer Seite auch entsprechend eingebracht werden.

Österreich – und das zeigt auch dieses Budget – ist bisher gut und auch besser als viele andere Länder durch diese Krise gekommen; das zeigen viele internationale Studien.


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Die Schwerpunkte waren die Sicherung der Arbeitsplätze, vor allem aber auch die Attrak­tivierung und die Ökologisierung durch verschiedenste Investitionen. Gerade in wirt­schaftlich und auch gesundheitlich schwierigen Zeiten ist es notwendig, zu investieren und auch Schulden zu machen, damit wir gut durch die Krise kommen. Die aktuelle Wachstumsphase zeigt auch wieder, dass wir den Aufschwung dementsprechend mit­begleiten.

Wenn ich den Begriff Nachhaltigkeit vor Augen habe, dann ist damit meiner Meinung nach nachhaltig im Sinne der nächsten Generationen gemeint. Schließlich ist es vor al­lem notwendig, das Budget für die nächsten Generationen so zu gestalten, dass der Schuldenrucksack nicht allzu groß wird und dass wir die Schuldenquote bis 2025 wieder in Richtung 70 Prozent des BIPs senken. Das zeigt auch dieser Finanzrahmen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist sehr erfreulich, dass da neben einem wirklich ausgezeichneten Budget auch eine ökosoziale Steuerreform mit einem Gesamt­volumen von 18 Milliarden Euro abgebildet werden kann! Diese ökosoziale Steuerreform steht vor allem für die Entlastung einkommensschwächerer Gruppen – Kollege Koza hat es ja vorhin bereits bildhaft dargestellt. Da kann ich nur die Senkung der zweiten und der dritten Lohnsteuerstufe erwähnen, vor allem aber auch die Erhöhung des Familienbo­nus, der die Einkommensschwächeren und vor allem die Familien unterstützt. Verant­wortung im Bereich der Klimapolitik ist uns persönlich auch ein großes Anliegen. Somit ist es erfreulich, dass neben der CO2-Bepreisung vor allem der Regionalbonus für den ländlichen Raum einen Schwerpunkt setzt und das Klimaticket, das übrigens hervorra­gend angenommen wird, ein Zeichen für die Nutzung des öffentlichen Verkehrs setzt.

Ein letzter Schwerpunkt und ein großes Anliegen von mir ist vor allem die Produktion der regionalen Lebensmittel. Unsere Bäuerinnen und Bauern decken drei Mal am Tag den Tisch für uns alle in Österreich. Wenn es aktuell in der Landwirtschaft in einigen Berei­chen Schwierigkeiten gibt – sei es die Preissituation, weil die Produkte, die produziert werden, nicht den notwendigen Preis haben oder der Handel mit Aktionen auf die Preise drückt –, dann ist es wichtig, dass wir die Produktion der regionalen Lebensmittel besser unterstützen. Das schaffen wir nur durch die Herkunftskennzeichnung. – Danke, Herr Minister Mückstein, dass wir die erste Verordnung dementsprechend haben umsetzen können. Meine Bitte im Sinne aller Bäuerinnen und Bauern, vor allem aber auch aller Konsumentinnen und Konsumenten lautet, die zweite und die dritte Verordnung, die so notwendig sind, noch heuer umzusetzen, damit wir die Herkunftskennzeichnung endlich auf dem Tisch haben, damit die Österreicherinnen und Österreicher, wenn sie zu einem Produkt greifen, wissen, was darin enthalten ist.

Summa summarum ist dieses Budget wirklich hervorragend, und ich darf der gesamten Bundesregierung und vor allem dem Finanzminister danken. Stabilität und Nachhaltig­keit sind wirklich Schwerpunkte, die da gesetzt werden. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

12.25


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist nun Klubobmann Sebastian Kurz. – Bitte.


12.25.07

Abgeordneter Sebastian Kurz (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung, vor allem aber sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Nach einem wirtschaftlich sehr harten Jahr 2020 haben wir mittlerweile die Situation, dass unsere Wirtschaft in diesem Jahr mit rund 4 Prozent wächst und, noch wichtiger: Es gibt mehr Beschäftigte am Arbeitsmarkt als noch vor der Krise. Das ist die wichtigste Nachricht, denn ich glaube, für ein Land, für


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eine Gesellschaft, für uns alle ist es relevant, dass die Menschen Arbeit haben, dass sie für ihre Familien sorgen können. Und weil wir heute das Budget diskutieren, ist es, glaube ich, auch angebracht, zu erwähnen, dass das wiederum die Grundlage dafür ist, dass wir alles in unserem Land finanzieren können  vom Sozialstaat bis zum Bildungs­system, von der Pension bis zum Gesundheitssystem. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

Erlauben Sie mir daher, zu Beginn dieser Debatte zum Budget vor allem all jenen zu danken, die einen Beitrag dazu leisten, dass Österreich ein wirtschaftsstarkes Land ist, dass die Menschen in unserem Land Arbeit haben und dass wir auch all das, was unser Land ausmacht – das Sozialsystem, das Bildungssystem, unsere Pensionen und vieles mehr – finanzieren können. Zum ersten möchte ich den Unternehmerinnen und Unter­nehmern danken, die Arbeitsplätze schaffen, zum zweiten allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die tagtäglich fleißig ihren Beitrag leisten – und ganz besonders, weil wir das Budget diskutieren: ein großes Danke an alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die in unserem Land dafür sorgen, dass Österreich so aufgestellt ist, wie es aufgestellt ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Gleichzeitig, sehr geehrte Damen und Herren, glaube ich so ehrlich müssen wir sein ‑, sollten wir uns auch alle eingestehen, dass es einige globale Trends gibt, die auch auf unser kleines Österreich mehr und mehr Auswirkung haben werden. Europa verliert im internationalen Vergleich an Wirtschaftskraft. Vor der Finanzkrise vor 15 Jahren waren von den 100 wertvollsten Unternehmen der Welt noch fast die Hälfte in Europa. Mittler­weile sind es nur noch halb so viele. Das Wachstum in Asien, in China zum Beispiel, liegt in diesem Jahr bei über 8 Prozent, in den USA bei 6 Prozent, also deutlich über jenem innerhalb der Europäischen Union. Die Lieferketten sind weltweit unter Druck ge­raten, und auch das hat Auswirkungen auf Betriebe und wichtige Arbeitgeber bei uns im Land. Und die Inflation, ein vielleicht für viele sperriger Begriff, führt zu einer unmittelba­ren Teuerung in unserem Land, gerade, was Güter des täglichen Bedarfs betrifft.

Ich glaube, wir alle sind uns einig, dass wir als kleines Land mit 9 Millionen Einwohnern diese globalen Trends weder stoppen noch beeinflussen können. Was aber schon mög­lich ist, ist, zu versuchen, mit einem Budget und einer Steuerreform bestmöglich darauf zu reagieren und Rahmenbedingungen zu schaffen, dass sich Österreich auch in Zu­kunft gut entwickeln kann (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen), und ich möchte mich bei all jenen bedanken, die diese Steuerreform verhandelt und ausge­staltet haben, allen voran beim Finanzminister, denn diese Steuerreform macht es mög­lich, dass Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen in Österreich entlastet werden. Die Lohn- und Einkommensteuer sinkt von 35 auf 30, von 42 auf 40 Prozent, die Sozialversi­cherungsbeiträge werden gesenkt, und die großen Profiteure dieser Reform sind Men­schen mit kleinen und mittleren Einkommen. Das ist gut so, sehr geehrte Damen und Herren, weil diese das Rückgrat unseres Landes sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Wir haben, noch in der Koalition mit der Freiheitlichen Partei, eine Trendwende in unse­rem Steuersystem eingeleitet, mit der Einführung des Familienbonus. 1 500 Euro pro Kind waren eine erste Veränderung in die Richtung, dass Familien, die doppelt einen Beitrag leisten – also arbeiten gehen und Kinder großziehen –, steuerlich entlastet wer­den. Das sind 100 Euro pro Monat, was gerade für Bezieher kleiner und mittlerer Ein­kommen ein relativ hoher Betrag ist.

Dieser Familienbonus wird noch einmal von 1 500 auf 2 000 Euro erhöht. Ich hoffe, dass das nicht die letzte Erhöhung ist, aber es ist ein weiterer richtiger Schritt in Richtung Wertschätzung von Familien, denn sie sind es, die arbeiten gehen, die Kinder großzie­hen und somit die Zukunft unseres Landes absichern. (Beifall bei der ÖVP.)


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Zum Dritten  auch wenn es von manchen auch heute wieder kritisiert worden ist , auch da ein klares Bekenntnis: Ja, wir führen bei dieser Steuerreform eine CO2-Bepreisung ein. Ich halte es für einen sinnvollen und richtigen Schritt, mittelfristig unser Steuersys­tem in die Richtung weiterzuentwickeln, dass wir den Faktor Arbeit stetig entlasten und gleichzeitig natürlich umweltschädliches Verhalten auch mehr und mehr einen Preis be­kommt. Das ist eine Transformation, die man nicht mit dem Holzhammer durchführen sollte. Das ist eine Transformation, die Zeit braucht, aber es ist eine wichtige Transforma­tion, um Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit unter einen Hut zu bringen – und da­her auch ein klares Bekenntnis zu dieser Einführung der CO2-Bepreisung im Sinne einer ökologischen und ökonomischen Ausgewogenheit in unserem Land. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zum Abschluss, sehr geehrte Damen und Herren, noch einmal ein Danke an alle, die diese Reform verhandelt haben, aber auch an all jene, die hoffentlich Budget und Steu­erreform auch mit ihrer Stimme hier im Hohen Haus unterstützen und somit auf den Weg bringen!

Erlauben Sie mir aber auch, neben diesem Thema noch ein paar Worte zur aktuellen Coronasituation zu verlieren.

Ich habe bei der Debatte in den letzten Tagen, insbesondere in den sozialen Medien, ein bisschen den Eindruck gewonnen, dass von manchen das Gefühl geschürt wird, dass die Impfung nicht wirken würde, dass wir trotz Impfung nicht sicher wären, dass die Impfung wertlos sei, weil man sich ja ohne geimpft zu sein anstecken könne, und mit Impfung genauso. (Abg. Wurm: Genau so ist es!) Ich glaube, dass das ein Thema ist, das man nicht emotional (Abg. Wurm: Rational!) oder als Glaubensfrage behandeln sollte, sondern dass es ein Thema ist, bei dem wir ganz genau auf die Fakten schauen sollten.

Ich habe im Sommer gewagt, zu sagen, dass wir es mit einer Pandemie der Ungeimpften zu tun bekommen werden. (Abg. Wurm: Das war eine Gemeinheit! – Abg. Brandstätter: Die Pandemie ist vorbei! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich habe gesagt, dass jeder, der nicht geimpft ist, sich früher oder später anstecken wird: wenn nicht im Som­mer, dann im Herbst, wenn nicht im Herbst, dann im Winter. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Unabhängig davon, ob man jetzt ein Impfgegner oder ein Impfbefürworter ist, ob man skeptisch gegenüber der Impfung ist oder nicht, ein Faktum sollten wir uns alle bewusst machen: Wenn wir auf die letzte Woche blicken, dann sehen wir, die Siebentageinzi­denz – also eine durchaus relevante Messgröße – bei den Geimpften war fast 350. (Abg. Kassegger: Das war eine Hausnummer ...!) Das heißt, alle, die sagen, man kann sich trotz der Impfung anstecken, es gibt Impfdurchbrüche, haben vollkommen recht. (Abg. Wurm: Bravo!) Die Siebentageinzidenz der Ungeimpften lag allerdings mehr als vier Mal höher, bei über 1 700. (Abg. Kassegger: Die werden ein bissl mehr getestet! – Rufe bei der FPÖ: ... mehr getestet ...! Wenn ich mehr teste, habe ich eine viermal höhere Inzi­denz ...!) Die Wahrheit ist also nicht nur, dass die Impfung wirkt, sondern die Wahrheit ist auch, dass jeder, der nicht geimpft ist, ein hohes Risiko hat, sich anzustecken. Ich möchte fast sagen, er wird sich früher oder später garantiert anstecken. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

In diesem Sinne, trotz aller Emotionalität bei diesem Thema, meine Bitte an alle, die noch nicht geimpft sind: Lassen Sie es sich noch einmal durch den Kopf gehen! (Abg. Deimek: ... 40 Prozent ...! Fragen Sie den Landeshauptmann Stelzer, wie es wirklich ausschaut ...! Fragen Sie den Landeshauptmann Stelzer ...!) Schauen Sie sich diese Zahlen an! Erwägen Sie Ihr ganz persönliches Risiko und seien Sie sich bewusst, dass Sie durch die Impfung nicht nur sich selbst schützen, sondern auch einen Beitrag dazu leisten, dass das Infektionsgeschehen in Summe sich verlangsamt. – Vielen Dank. (An­haltender Beifall bei der ÖVP und Beifall bei den Grünen.)

12.34



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 110

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kai Jan Krainer. – Bitte.


12.35.09

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Kollege Kurz (Ruf bei der ÖVP: Klubob­mann Kurz!), Sie haben hier wieder behauptet, dass Sie in der Vergangenheit die Steu­ern in diesem Land gesenkt hätten. Ich sage immer: Zahlen lügen nicht! Wir schauen uns nur die Zahlen der Regierung, die Regierungszahlen an; diese sagen, dass die Steuern und Abgaben in Österreich in der Zeit, als Sie Bundeskanzler waren, jedes Jahr höher waren als in den zwei Jahren, bevor Sie Bundeskanzler geworden sind.

Die Höhe der Steuern und Abgaben in Österreich wird noch immer mit der sogenannten Steuer- und Abgabenquote gemessen, und die war 2016 42,4 Prozent und 2017 42,5 Pro­zent. Dann wurden Sie Bundeskanzler einer zunächst türkis-blauen Bundesregierung. Was ist mit der Steuer- und Abgabenquote passiert? – Sie ist gestiegen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das heißt, die Steuern in diesem Land sind zu dem Zeitpunkt, zu dem Sie Bundeskanzler geworden sind, auf 42,8 Prozent gestiegen. Im Jahr darauf sind sie auf 43,1 Prozent gestiegen. Wo werden sie heuer liegen? – Bei 43,1 Prozent. Im gesamten Verlauf des Budgetrahmens werden in jedem einzelnen Jahr die Steuern und Abgaben in Österreich höher sein, als es unter Faymann/Mitterlehner und unter Kern/Mitterlehner der Fall war. – Das sind die Zahlen der Bundesregierung, und ich kann Ihnen sagen: Zahlen lügen nicht! Wenn Sie sagen, Sie senken die Steuern, erhöhen Sie sie. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir uns aber die Steuerstruktur ansehen, dann sehen wir: Ja, in der Tat gibt es Gruppen in Österreich, die weniger Steuern als früher zahlen werden, und andere Grup­pen, die mehr Steuern als früher zahlen werden. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wer zahlt weniger? – Ich nehme nur die Zahlen, die der Finanzminister vorgelegt hat.  Die Kon­zernsteuern, die Körperschaftsteuer, steigen im Vergleich zu 2019 um 4 Prozent. Das heißt, die Konzerne werden 2025 um 4 Prozent mehr Steuern als vor der Krise zahlen – um 4 Prozent! Was werden die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zahlen? – Sie werden zwischen 23 und 29 Prozent mehr Steuern als vor der Krise zahlen. Das heißt, das, was Sie da in die Wege geleitet haben, als Sie noch Bundeskanzler waren, war: Konzerne zahlen weniger Steuern, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zahlen mehr Steuern. Das sind die Zahlen, die die Bundesregierung dem Hohen Haus vorgelegt hat, und ich sage: Zahlen lügen nicht, sie sagen aber genau das aus! (Beifall bei der SPÖ.)

Im Übrigen möchte ich die Gelegenheit wahrnehmen, schon auch etwas zu Ihrem per­sönlichen Umgang mit der Krise der ÖVP und mit der ganzen Affäre, die es da gibt, zu sagen. (Abg. Diesner-Wais: Haben wir eine Affäre?) Erstens habe ich hier bereits öfters gesagt, Sie wandeln auf den Spuren von Karl-Heinz Grasser, weil Sie immer nur Ihre Unschuld beteuern, genauso wie ich das von einem gewissen Karl-Heinz Grasser in Erinnerung habe. In der Zwischenzeit beschäftigen Sie auch denselben Gutachter, der Sie gutachterlich – unter Anführungszeichen – „entlastet“. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ob das zu Ihrem Vorteil ist, weiß ich nicht. Der Gutachter, der noch dazu fälschlicher­weise für dieses Gutachten das Logo der Universität verwendet hat (Ruf bei der ÖVP: Mein Gott na!), ist derselbe, der schon versucht hat, Karl-Heinz Grasser von jeder Schuld freizusprechen. Die Unschuldsvermutung gilt natürlich auch noch für Karl-Heinz Gras­ser, auch wenn er bereits in erster Instanz verurteilt worden ist. Das sind Sie noch nicht, das stimmt, die Unschuldsvermutung im strafrechtlichen Sinn gilt auch für Sie. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Aber: Ich erinnere Sie daran, was Sie vor etwas mehr als zwei Jahren hier gesagt haben. Da kam das Ibizavideo, und wir alle haben noch in Erinnerung, wie Strache und Gudenus über Korruption theoretisiert haben, wie sie gemeint haben, wie sie am Rechnungshof


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vorbei Spenden sammeln, wie sie mittels Überpreis ihren Spendern öffentliche Aufträge zuschanzen und wie sie gezeigt haben, dass sie ein – ich sage einmal – eigenartiges Verhältnis zum Begriff Medienfreiheit haben – in der Theorie!

Sie haben nachher den Rücktritt von den beiden verlangt. Sie haben nie von Unschulds­vermutung gesprochen, Sie haben gesagt, aus politisch-moralischen Gründen müssen die beiden zurücktreten. Ich stimme dem zu. Wieso aber legen Sie nicht dieselbe moralische Latte, die Sie an Strache und Gudenus und auch an Kickl angelegt haben, an sich selber (Zwischenrufe bei der FPÖ), an Herrn Finanzminister Blümel und an In­nenminister Nehammer an? (Anhaltender Beifall bei SPÖ, FPÖ und NEOS.)

Wenn es nämlich danach geht, was Sie selber nach dem Ibizavideo gegenüber der FPÖ, gegenüber Strache, Gudenus und Kickl verlangt haben, wenn Sie dieselben Grundsätze auf sich selber anwenden, würden Sie nicht mehr hier sitzen und Herr Blümel und Herr Nehammer auch nicht. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Sie sollten wirklich nicht bei anderen mit der Apothekerwaage messen und bei sich selber nur von der Unschulds­vermutung sprechen. Das steht niemandem zu, damit erweisen Sie der Politik und sich selber keinen guten Dienst. Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ, FPÖ und NEOS. Ruf bei der FPÖ: Wo er recht hat, hat er recht, der Krainer!) – Danke.

12.41


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Andreas Ottenschläger ist zu Wort ge­meldet. – Bitte.


12.41.17

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Herr Kollege Krainer, eigentlich haben wir ja jetzt eine Debatte zum Budget, Sie aber haben den Zeigefinger wieder einmal ausgepackt, zeigen immer auf andere, moralisieren (Ruf bei der FPÖ: Es war nicht falsch, es war grundrichtig!), reden von der Unschuldsvermutung, und gleichzeitig ziehen Sie diese aber wieder ins Lächerliche. Ich finde diese Vorverurteilungen, die Sie immer wieder anstellen, des Hohen Hauses überhaupt nicht würdig. Dann sagen Sie noch, Herr Klubobmann Kurz darf sich nicht öffentlich wehren. Das finde ich scheinmoralisch, sehr geehrter Herr Krainer! (Beifall bei der ÖVP.)

Aber jetzt zur Sache: Mein Vorredner, Kollege Krainer für die Zuseherinnen und Zuse­her: er ist ja Finanzsprecher der SPÖ –, sagt, die Steuer- und Abgabenquote sei in den letzten Jahren unter der Kanzlerschaft von Bundeskanzler Kurz gestiegen. Jetzt spre­che ich Sie direkt als Finanzsprecher an: Sie wissen vermutlich auch, dass eine Trend­wende – die wir in diesem Bereich einführen immer erst zeitverzögert wirkt. Das heißt, wenn man 2017 oder 2018 diesbezügliche Beschlüsse fasst, dann greifen die natürlich erst in den darauffolgenden Jahren. Das sei Ihnen – vor allem auch für die Zuseherinnen und Zuseher – jetzt auch einmal gesagt.

Was Sie auch nicht dazusagen, ist, dass wir gerade für die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen sehr viel getan haben. Ich möchte es hier noch einmal wiederholen: Die Kaufkraft wird dadurch gestärkt, dass wir die Steuern senken  der Eingangssteuersatz bei Lohn- und Einkommensteuer wurde gesenkt. Der Kinderbonus entlastet natürlich vor allem betroffene Familien deutlich. Das ist wirkliche Entlastung für jene in diesem Land, die es brauchen. Das haben Sie nicht zustande gebracht, aber wir haben es eben zu­stande gebracht, und das sei hier in der Tat gesagt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Ich finde, dass wir uns trefflich darüber streiten sollten, im Sinne eines politischen Dis­kurses, wie wir mit dem Steuergeld verantwortungsvoll umgehen. Ich denke, gerade in diesem Bereich beweist die Bundesregierung mit dem vorliegenden Budget und auch


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mit der vorliegenden ökosozialen Steuerreform nämlich genau das: dass wir mit dem Steuergeld verantwortungsvoll umgehen, dass wir die Mittel für diejenigen einsetzen, die es wirklich brauchen, die das Rückgrat der österreichischen Gesellschaft sind das sind zum Beispiel die Familien und die vielen fleißigen Unternehmerinnen und Unternehmer oder Arbeitnehmer in diesem Land. Sie entlasten wir, und dazu stehen wir! (Beifall bei der ÖVP.  Ruf bei der FPÖ: ... das ist nicht verantwortungsvoll ...!)

12.44


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Christoph Matznet­ter. – Bitte. (Rufe bei der ÖVP: Oje!)


12.44.44

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren in der Regierung und in den Abgeordnetenreihen! Ich weiß nicht, was Kolle­ge Ottenschläger da vorgehabt hat, eines aber ist ja wohl klar: Wenn die Steuern- und Abgabenquote bereits unter Bundeskanzler Werner Faymann deutlich niedriger war, brauchen Sie nicht mit Zeitverzögerungen zu kommen. Zahlen lügen nicht! Sie sind hö­her als damals und daher war die Selbstbeweihräucherung unangebracht, Herr Kollege! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir schon beim Thema sind: Sie werfen Abgeordnetem Krainer, der eine sehr sachliche Rede dazu gehalten hat, ernsthaft vor - - (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.)  Meine Damen und Herren, Sie sollten sich die Reaktion dieser Fraktion, die sagt, da wird jemand von weisungsgebundenen Staatsanwälten zu Unrecht verfolgt, an­schauen. Die 103 Seiten Hausdurchsuchungsbeschluss, das war ja wohl richterlich ge­nehmigt, Herr Klubobmann Wöginger, das ist kein weisungsabhängiges Netzwerk!

Es gibt 103 Seiten dichter Vorwürfe, und zu Recht hat dieses Parlament heute im Im­munitätsausschuss beschlossen  und beschließt hoffentlich am Donnerstag im Ple­num , dass die Verfolgung weitergeht. Sie arbeiten hier mit Propaganda (Zwischenruf bei der ÖVP), statt dass Sie die vielen Fehler, die in der Pandemiebekämpfung, beim Budget und den Finanzen begangen worden sind die Zahlen lügen nicht –, zur Kennt­nis nehmen, sich bemühen und wenigstens versprechen, es besser zu machen und Sauberkeit einkehren zu lassen. Davon ist nichts zu spüren, es gibt keine Verbesserung, Sie sind unverändert da.

Ich fürchte, dass das österreichische Volk eine andere Entscheidung treffen muss, was die Klassenzusammensetzung da auf der Regierungsbank betrifft. Die Mithelferschaft der Grünen lasse ich heute einmal weg, um eine Schonzeit für die armen Gebeutelten zu erreichen. Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

12.46


12.46.55

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir sind mit dem Abstimmungscroquis schon fertig. Wenn die Fraktionen einverstanden sind, gehen wir gleich in den Abstimmungsvorgang ein.

Wir kommen jetzt zu einer Reihe von Abstimmungen, die ich über jeden Ausschuss­antrag getrennt vornehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Entwurf betreffend Bud­getbegleitgesetz 2022 in 1154 der Beilagen.

Hiezu liegen zwei Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Kai Jan Krai­ner sowie ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Doppelbauer vor.


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Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Verlangen auf getrennte Abstim­mung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über die Artikel 1 bis 3 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diese Teile des Gesetzentwurfes aus­sprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Weiters kommen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 4 in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 6 in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters kommen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 7 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 8 in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist einstimmig angenommen.

Weiters kommen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 9 in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren Abgeordneten, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Auch das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die Artikel 10 und 11 in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer die Zustimmung in der dritten Lesung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordne­ten Pamela Rendi-Wagner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „soziale Krise verhin­dern, Teuerung bekämpfen“.

Wer sich für den Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz, das Garantiegesetz und das ABBAG-Gesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 1155 der Beilagen.


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Wer sich für diesen Gesetzentwurf ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen somit gleich zur dritten Lesung.

Wer dem in dritter Lesung die Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

12.51.043. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1035 und Zu 1035 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2022 bis 2025 erlassen wird (Bundesfinanzrahmengesetz 2022 bis 2025 – BFRG 2022-2025) (1156 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundes­gesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundes­finanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 3 und 4, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

UG 01: Präsidentschaftskanzlei

UG 02: Bundesgesetzgebung

UG 03: Verfassungsgerichtshof

UG 04: Verwaltungsgerichtshof

UG 05: Volksanwaltschaft

UG 06: Rechnungshof

UG 10: Bundeskanzleramt

UG 17: Öffentlicher Dienst und Sport


Präsidentin Doris Bures: Ich begrüße die Mitglieder der Bundesregierung, die Frau Rechnungshofpräsidentin, die Mitglieder der Volksanwaltschaft, die Herren Volksanwäl­te. – Herzlich willkommen!

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Christian Drobits. – Herr Abgeord­neter, Sie haben das Wort. Bitte.


12.52.54

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler an der Spitze der Bundesregierung! Hohes Haus! Geschätzte Zusehe­rinnen und Zuseher! Die Ausgaben für den Haushalt im Bundeskanzleramt, das sind Er­gebnis- und Finanzierungshaushalt, betragen grundsätzlich 480 Millionen Euro. Für 2022, Herr Bundeskanzler, gibt es eine Steigerung um 22,7 Millionen Euro. Diese 5-prozentige Steigerung entspricht circa der Hälfte des Budgets für die Pflegeausbildung, die mit 50 Millionen Euro dotiert worden ist. Wenn man sich das so durch den Kopf gehen lässt, muss man sagen, das ist doch eine enorme Schieflage.

Es gibt momentan eine Situation, in der ein Pflegenotstand besteht, in der das Pflege- und Gesundheitspersonal grundsätzlich ausgebrannt und schlecht entlohnt ist, in der


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einige nach dem Coronabonus lechzen, weil sie ihn nicht ausbezahlt bekommen, und in der der Antrag auf Schwerarbeitspension abgelehnt und vertagt worden ist. Das ist die eine Seite. Die andere Seite: Es werden wiederum Millionenbeträge für Inserate, für Werbeeinschaltungen und für Medienkampagnen ausgegeben.

Herr Bundeskanzler, das empfinde ich persönlich so, als müsste man sich für diesen Gegensatz schämen, der da momentan besteht. Gleichsam sagen Sie in einer Budget­anfragebeantwortung: Ja, diese Inserate werden geschaltet, weil sie zur Information die­nen und grundsätzlich keine Werbeeinschaltungen sind. – Na, Herr Bundeskanzler, die österreichische Bevölkerung denkt anders. Die denkt nicht so, dass das nur zur Informa­tion dient. Die denkt darüber, dass das eine Medienkampagne ist, Propaganda ist und Selbstdarstellung ist.

Wenn ich weitergehe, sehe ich die Budgets, in denen der ehemalige Bundeskanzler Kurz mit damals noch türkis-blauer Mehrheit, jetzt, 2020 und 2021, mit türkis-grüner Mehrheit eine Verdreifachung der Inseratenschaltung getätigt hat – eine Verdreifachung! –, und diese Inseratenschaltung ist geblieben. Herr Bundeskanzler, warum haben wir diese Schieflage? Warum haben wir diese erhöhten Zahlen, wenn es um Inserate geht?

Ich rechne es Ihnen vor: Heute haben wir das Frauenbudget auf 18 Millionen Euro erwei­tert, und 18 Millionen Euro sind ein Drittel dessen, was Sie pro Jahr für Inseratenschal­tungen aufwenden – rund 50 Millionen Euro. Das sind nach meinen Zahlen 2020 4,3 Mil­lionen Euro pro Monat gewesen. Bitte, das ist ja Propagandapolitik vor Frauenpolitik! Die Verliererinnen sind die Frauen. Deshalb meine ich, Sie sollten wirklich schauen, dass Sie diese Inseratenpolitik – diese Propagandapolitik – in den Griff bekommen und end­lich wieder zu einer Politik zurückkehren, die die Österreicherinnen und Österreicher brauchen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte aber den obersten Organen auch lobende Worte aussprechen, der Präsi­dentschaftskanzlei, dem Herrn Bundespräsidenten. Er hat es gut gemacht, weil er in seinem Budget auch an die Jugend klare Signale aussendet. Ich möchte klare Signale weitergeben: Er hat sich in diesem politischen Wirrwarr und Hickhack gut verhalten und eigentlich Rechtssicherheit geschaffen.

Abschließend noch von meiner Seite ein Dank an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der obersten Organe. Sie mussten in dieser schwierigen Situation, auch wenn die linke Hand oft nicht wusste, was die rechte Hand will, ihre Tätigkeit verrichten. Ein herzliches Dankeschön! – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

12.56


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wolfgang Gerstl. – Bitte.


12.57.00

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­deskanzler! Meine sehr geehrten Regierungsmitglieder! Liebe Mitglieder der Volksan­waltschaft und Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Ich habe mir jetzt gedacht, ich bin irgendwie ein bisschen in einem falschen Film. Da redet der Burgenländer Drobits offen­bar gegen den Wiener Ludwig – anders kann ich mir das nicht vorstellen. Er spricht vom größten Inseratenbudget und von Falschausgaben, und das stelle ich die ganze Zeit in Wien fest! Wien hat das größte Inseratenbudget von allen öffentlichen Institutionen. Dass die SPÖ Burgenland so stark gegen die SPÖ Wien ist, habe ich mir nicht erwartet, aber es ist vollkommen richtig. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Brandstötter.)

Daher darf ich nun auf das zurückkommen, um das es hier wirklich geht. Es geht um das Budget der obersten Organe. Da geht es um einen verfassungsrechtlichen Grundsatz, nämlich dass die Budgetmittel nach den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit, der Spar­samkeit und der Wirtschaftlichkeit ausgegeben werden.


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Wenn ich Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit sage, dann sind wir bei einem wichtigen Punkt, der das Hohe Haus betrifft. Im nächsten Jahr wird das alte Hohe Haus, sage ich einmal, neu saniert, neu hergestellt worden sein. Viele Investitionen waren dafür notwen­dig, aber es ist die erste Generalsanierung des Hohen Hauses seit über 100 Jahren. Daher ist es auch notwendig – weil man das Haus auch aus wirtschaftlichen Gründen erhalten möchte –, dass man eine solche Sanierung durchführt.

Sparsamkeit heißt – das hat Kollege Drobits nämlich auch im Budgetausschuss ge­fragt –, dass das Kabinett des Bundeskanzlers jetzt das kleinste Kabinett ist. Es war Bundeskanzler Kern, der damals die monatlichen Ausgaben des Kabinetts gleich um 50 000 Euro erhöht hat, meine Damen und Herren. Daher setzen wir nun mit dem Kabi­nett des Bundeskanzlers ein Beispiel der Sparsamkeit. Wir tätigen aber auf der anderen Seite auch eine notwendige zweckmäßige Ausgabe, wenn wir das Budget für die Justiz erhöhen. Meine Damen und Herren, bleiben wir daher bei der Differenzierung, bleiben wir bei dem, was notwendig ist!

Als Verfassungssprecher ist mir noch wichtig, dass wir faire Verfahren – auch immer ein Menschenrecht – rasch durchführen können, daher gibt es auch dieses erhöhte Budget für die Justiz, und dass wir auch dem, was ein Rechtsschutzbeauftragter zur Justiz sagt, die nötige Unterstützung geben, denn Menschenrechte müssen überall eingehalten wer­den, auch in der Justiz. – Vielen, vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

12.59


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Chris­tian Lausch. – Bitte.


12.59.55

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Präsident! Geschätzte oberste Organe dieser Republik! Ja, wir haben jetzt schon einiges gehört und, Kollege Gerstl, ich kann Ihnen das zurückgeben: Auch ich glaube bei Ihrer Rede, ich bin im fal­schen Film, wenn Sie dieses Budget loben, aber eigentlich ohne Substrat loben und nur mit Bundesländervergleichen daherkommen. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Es bleibt bei den Bundesinstitutionen in diesem Budget – kein großer Aufreger – alles ziemlich gleich, es wird kaum etwas erhöht, es gibt kaum mehr Personal. Nehmen wir einmal den Rechnungshof her: Man weiß ja, der Rechnungshof ist ein Prüforgan, der die Missstände in der Verwaltung aufzeigt und somit Steuergeld sparen könnte. Das ist also eine gute Sache, es würde wieder sehr viel Geld zurückfließen, wenn man die Prüfkom­petenzen ausweiten könnte, wenn man da etwas weiterbringen würde. Natürlich braucht eine Ausweitung, eine Kompetenzerhöhung auch mehr Personal. Das sehe ich bei die­sem Budget auf gar keinen Fall, es ist eigentlich nichts da. Genaueres zum Rechnungs­hof wird dann noch mein Kollege Alois Kainz ausführen.

Nichtsdestotrotz: Der Rechnungshof und die Präsidentin und die MitarbeiterInnen können ja nichts dafür. Ich bedanke mich im Namen unserer Fraktion bei der Präsidentin des Rechnungshofes und genauso bei ihren Mitarbeitern. Das Gleiche gilt für die drei Volksanwälte und deren Mitarbeiter: ein Danke für die gute Arbeit als Hilfsorgan dieses Parlaments. Es ist eine sehr gute Sache, dass trotz dieser budgetären Nichtmeilensteine sehr gute Arbeit geleistet wird.

Kommen wir zum öffentlichen Dienst. Beim öffentlichen Dienst sieht man großteils, wenn man das zusammenfasst: Trotz Corona, auch trotz intensiver Mehrarbeit durch die Co­ronamaßnahmen dieser Bundesregierung gibt es keine personelle Erhöhung. Das zieht sich wie ein roter Faden durch: beim Bürgerservice, bei den Beamten, bei den öffentlich Bediensteten, die bei den Bürgern sind, die Arbeit für die Bürger machen: null Erhöhung, alles bleibt gleich. Wenn man jetzt die Mehrarbeit noch rechnet und die Tatsache – das wurde heute von Kollegin Greiner von der SPÖ schon angesprochen –, dass die Pen­sionierungswelle im öffentlichen Dienst anrollt, dann sollte man jetzt schon Vorsorge


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treffen. Dieses Budget trifft diese Vorsorge nicht, da werden wir in den nächsten Jahren noch in ein schönes personelles Loch fallen. – Beim Service für die Bürger wird das Personal also nicht mehr.

Interessant ist bei dieser schwarz-grünen Bundesregierung aber schon eines: Wenn es Personalerhöhungen gibt, dann sind die in den Zentralstellen, in den Bundesministerien zu verzeichnen. Da sieht man sehr wohl Anstiege beim Personal und bei den Perso­nalkosten. Das ist ein ganz schlechtes Zeichen, Herr Bundeskanzler, wenn man sieht: Es muss jede Bundesdienststelle, jede öffentliche Stelle sparen, man sagt: Es geht sich halt nicht aus, mehr ist nicht da!, und dann gibt man sich in den Ministerien, in sehr vielen Ministerien selber – Bundeskanzleramt, Justizministerium und so weiter und so fort. Ich könnte die Liste noch weiterführen. Da gibt man sich.

Das ist kein gutes Zeichen für die Bürgerinnen und Bürger, für die Steuerzahler dieses Landes. Für die, die das Ganze am Ende des Tages bezahlen müssen, ist das sicherlich kein gutes Zeichen. Dieses Budget ist sicherlich nicht sozial, das kann man wegwischen. Ökosozial klingt recht gut, aber diese Worte sind aus unserer Sicht, aus Sicht der Frei­heitlichen Worthülsen, da ist gar nichts Soziales dran. Diese Steuerreform ist auf gar keinen Fall der große Wurf und wird auch durch die kalte Progression – wie heute auch schon gesagt – von den Steuerzahlern selbst bezahlt; diese frisst natürlich auch einen Großteil dieser so gepriesenen Erhöhungen auf.

Also: kein großer Wurf, kein großes innovatives Steuerpaket. Wir werden natürlich die nächsten Monate aufzeigen, was an Verteuerungen – ich sage nur Spritpreis – auf die arbeitende Bevölkerung in diesem Land zukommt. Ich muss ehrlich sagen: Wir sind sehr, sehr enttäuscht von diesem Steuerpaket. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

13.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag.a Agnes Sirkka Prammer. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.05.00

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Mit­glieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Volks­anwälte! Das ist leider ein Debattenpunkt, der ein bisschen durch viele inhaltliche Brüche gekennzeichnet sein wird – ich mache hier gleich den ersten und komme zum Sport­budget.

Der Sport ist ja im letzten Jahr von der Krise auch sehr gebeutelt worden, und es ist dringend notwendig, dass er Akuthilfe erhält. Es gab ja während der Krise schon die Unterstützung aus den verschiedenen Fonds: Es gab den NPO-Fonds für die gemeinnüt­zigen Vereine, es gab den Sportligenfonds für die Profiklubs. Ohne diesen hätten viele Ligen, hätten viele Übertragungen, auf die wir heiß und sehnsüchtig gewartet haben, ganz anders ausgeschaut, denn es gibt tatsächlich zahlreiche Klubs, denen das das Überleben gesichert hat. Es war also sehr, sehr wichtig, dass wir da investiert haben.

Was aber jetzt noch notwendig ist, ist, für die Zukunft weiterzudenken, und zwar haben wir hier herinnen das Come-back-stronger-Paket auf den Weg gebracht. Viele Maßnah­men, die wir in diesem Paket beschlossen haben, finden sich jetzt in diesem Budget wieder.

Da gibt es als wichtigstes Element für den Breitensport zunächst einmal den Sportbonus. Der Sportbonus bringt die Menschen zurück in die Vereine, und das ist sehr, sehr wichtig, weil dort in den Vereinen, in den kleinen Vereinen, ganz verstreut über das ge­samte Bundesgebiet, durch viel Arbeit von den ehrenamtlichen FunktionärInnen, Trai­nerInnen das Umfeld geboten wird, aus dem dann die zukünftigen Thiems, die zukünf­tigen Billas, die zukünftigen Kiesenhofers, die zukünftigen Alabas und wie sie alle heißen


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mögen, hervorkommen. Dort, in den kleinen Vereinen, beginnen die ihre sportliche Kar­riere.

Deshalb ist es wichtig, sie zurückzubringen, und dafür bekommen sie Unterstützung, und zwar bis zu 75 Prozent der Mitgliedsbeiträge, gedeckelt mit einem Betrag von maxi­mal 90 Euro. Das wird ersetzt und das ist für viele Menschen, für viele Familien eine ganz, ganz große Unterstützung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Natürlich werden aber auch die Sportförderschwerpunkte weiterverfolgt, das sind die Gleichstellung, die Integration, die Inklusion und die Nachhaltigkeit. Diese vier Ziele wer­den sich im gesamten Sportförderprogramm wiederfinden. Es gibt den Frauenförder­schwerpunkt, zum Beispiel beginnend mit dem Gender-Traineeprogramm, das bereits in den zweiten Durchgang geht und in dem Frauen ermöglicht wird, im professionellen Sport, im professionellen Umfeld Fuß zu fassen, sodass auch der Anteil der Frauen an TrainerInnen, an FunktionärInnen, an Spitzenpositionen durch Expertinnen aus dem eigenen Bereich gesteigert und gut abgesichert wird.

Als Nächstes gibt es dann noch den Frauenligenfonds, der einen wesentlichen Beitrag dazu leisten wird, dass es zu einer Professionalisierung kommt, denn nur die ist es, die dann internationale Erfolge sichert, Österreich voranbringt und großartige Leistungen sicherstellt. Genau aus diesem Grund wird auch eine zusätzliche Million, also insgesamt 6 Millionen Euro, in Sporttechnologieprojekte gesteckt, denn es gibt sehr viele Sportar­ten – denken wir an das Segeln, denken wir an die Leichtathletik, an Sportarten im Wintersport oder auch an Sportarten, die nicht so in aller Munde sind, wie zum Beispiel Skeleton –, bei denen es extrem wichtig ist, dass die Technologie Schritt hält, dass man in die Technologie investieren kann. Auch hierfür sorgen wir im Rahmen der Sportför­derung und auch das wird abgesichert.

Somit ist es möglich, dass der Sport in eine positive Zukunft starten kann – sowohl im Breitenbereich, sowohl für alle Einzelnen als auch im Spitzensportbereich, und das ist wesentlich, um Österreich auch da voranzubringen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Dr. Nikolaus Scherak. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.09.14

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundeskanz­ler! Frauen Bundesministerinnen! Frau Rechnungshofpräsidentin! Sehr geehrte Volks­anwälte! Wir diskutieren hier viele Dinge gemeinsam, unter anderem den Sport, aber auch und für mich in erster Linie die Frage und die budgetäre Ausstattung der obersten Organe in Österreich.

Wenn Sie die parlamentarische Arbeit als Bürgerin, als Bürger wahrnehmen, dann sehen Sie in allererster Linie irgendwie immer uns Abgeordnete, weil wir hier im Vordergrund stehen. Im Hintergrund ist es aber so, dass die MitarbeiterInnen der Parlamentsdirektion dafür verantwortlich sind, dass wir überhaupt unserer Arbeit nachkommen können. Sie machen das ganz, ganz großartig, und deswegen möchte ich mich auf diesem Weg in erster Linie bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Parlament einmal ganz herz­lich bedanken. (Beifall bei NEOS, ÖVP, FPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist ja als Parlament unsere Aufgabe, nicht nur Gesetze zu beschließen, sondern vor allem auch gute Gesetze zu beschließen, Gesetze zu beschließen, die dann auch vor den Höchstgerichten halten. Es ist die Parlamentsdirektion, die uns in dem Sinn hier sehr


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tatkräftig unterstützt; und ich freue mich auch, wenn es da betreffend die Planstellen zu einer Aufstockung kommt – über die Prioritätensetzung könnte man dann länger disku­tieren. Es ist bei mir in diesem Zusammenhang jedes Mal die gleiche Rede zum Budget: Ich würde mir wünschen, dass wir im Parlament einen viel besser ausgestatteten Rechts- und Legislativdienst haben und dass man auch den Budgetdienst besser aus­statten würde. Insbesondere im Zusammenhang mit der Coronapandemie und den vie­len verfassungswidrigen Gesetzen und gesetzeswidrigen Verordnungen wäre es, glaube ich, dringend angebracht, dass wir den Rechts- und Legislativdienst, der ausgezeichnete Arbeit leistet, aber mit den Ressourcen, die ihm zur Verfügung gestellt werden, zumin­dest Schwierigkeiten hat, das entsprechend zu handeln, angemessen ausstatten.

Wenn Sie zum Vergleich in den Deutschen Bundestag schauen, sehen Sie, dass es dort auch einen Rechts- und Legislativdienst gibt. Es darf aber jeder Abgeordnete, jede Ab­geordnete direkt dorthin gehen und fragen, ob entsprechende Verordnungen gesetzes­konform oder Gesetze verfassungskonform sind. Das können wir in Österreich nicht, dementsprechend würde ich mir für ein selbstbewusstes Parlament wünschen, dass wir endlich einmal in die Gänge kommen und den Rechts- und Legislativdienst so ausstat­ten, dass er seiner Arbeit noch besser nachkommen kann.

Wir haben im Rahmen der Coronapandemie auch gesehen, wie wichtig es ist, dass wir Höchstgerichte haben. Insbesondere der Verfassungsgerichtshof, aber auch der Verwal­tungsgerichtshof haben ausgezeichnete Arbeit unter schwierigen Umständen geleistet und wieder einmal gezeigt, wie wichtig es ist, dass sie als Wahrer und als Beschützer unserer Grund- und Freiheitsrechte in Österreich auftreten.

Neben der ausgezeichneten Arbeit der Volksanwälte ist – das ist für mich auch sehr wichtig – die Arbeit des Rechnungshofes noch einmal hervorzuheben. Die Frau Präsi­dentin hat im Zusammenhang mit der Parteienfinanzierung einen sehr ungewöhnlichen Schritt gewagt und einen Gesetzesvorschlag vorgelegt. Wir als NEOS haben das sehr begrüßt, weil wir glauben, dass ungewöhnliche Situationen auch ungewöhnliche Schritte brauchen. Diese Debatte geht nicht weiter, weil die Koalitionsparteien offensichtlich seit mehr als eineinhalb Jahren zu keiner Lösung finden. Ich habe es schon öfter gesagt: Alles, was H.-C. Strache auf Ibiza in leicht angetrunkenem Zustand erzählt hat, ist in Österreich immer noch möglich, liebe Bürgerinnen und Bürger. Das ist ein Zustand, den wir NEOS als nicht tragbar erachten.

Das Personal im Rechnungshof ist auch immer wieder ein Thema, und es kommt jetzt zu Aufstockungen. Ich bin überzeugt davon, dass das langfristig aber nicht reichen wird. Er wird seiner großartigen Arbeit zwar weiterhin nachkommen, aber es wäre angebracht, dass wir ihm mehr finanzielle Ressourcen zur Verfügung stellen.

Ich glaube, dass wir uns insgesamt immer vor Augen führen sollten, dass es da um die wichtigsten Institutionen dieses Staates geht und dass diese für eine Demokratie uner­setzlich sind – dementsprechend müssen wir dort immer auch entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.13


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Rudolf Sil­van. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.13.14

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Frauen Bundesministerinnen! Frau Rechnungshofpräsi­dentin! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Ich möchte zum Budget der Volksanwalt­schaft Stellung nehmen und möchte mich auch im Namen der Sozialdemokratie noch einmal für die Leistungen und die Arbeit der Volksanwälte recht herzlich im Sinne der Bevölkerung bedanken.


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Grundsätzlich – und das wird jetzt die Regierungsparteien vielleicht freuen – ist auch von unserer Seite an dem Budget der Volksanwälte nicht viel auszusetzen, wäre da nicht die Performance der Regierung. Aufgrund der aktuellen Situation in Österreich ist nicht ganz klar, ob die Verordnungen, die erlassen wurden und die noch erlassen werden, nicht vom Verfassungsgerichtshof gekippt werden. Es ist zu befürchten, dass dadurch auf die Volksanwaltschaft so wie schon 2020 mehr Arbeit zukommen wird und sich viele Bür­gerinnen und Bürger so wie auch schon 2020 an die Volksanwaltschaft wenden werden.

Wir erinnern uns noch an voriges Jahr, als sich sehr viele Menschen bei der Volksan­waltschaft über die verfassungswidrigen Verordnungen beschwert haben. Das hat der Volksanwaltschaft unerwarteten Mehraufwand bereitet. Diesbezüglich wäre auch gleich meine Frage an die Volksanwälte – vielleicht können Sie die im Zuge dieser Debatte beantworten –: Wie schaut es eigentlich mit den Strafen, die von den Bürgerinnen und Bürgern 2020 aufgrund der verfassungswidrigen Verordnungen zu Unrecht bezahlt wur­den, aus? Es ist geschätzt worden, es sind, glaube ich, immerhin 6 Millionen Euro, die zu Unrecht eingehoben wurden. Sind diese von der Regierung schon zurückgezahlt worden?

Man muss sich das vorstellen: Menschen zahlen aufgrund verfassungswidriger Verord­nungen zu Unrecht Strafe, und die Republik Österreich zahlt das nicht zurück. So etwas ist mit einer modernen Demokratie nicht zu vereinbaren, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Auch noch anbringen möchte ich, dass die Volksanwaltschaft einen Sonderbericht zu Covid verfasst hat. Auch der Rechnungshof hat dazu einen Bericht verfasst. Herr Bun­deskanzler, da steht eigentlich alles drinnen, was bei Ihrem Vorgänger falsch gelaufen ist – inklusive Vorschläge, wie man es richtig macht. Ein großer Punkt ist dabei eine klare und einheitliche Kommunikation durch die Regierung. Ich ersuche Sie, das zu beherzi­gen, denn es geht da um Menschenleben und es geht da auch um die österreichische Wirtschaft.

Ich möchte auch noch auf unseren Antrag betreffend Kompetenzerweiterung für die Volksanwaltschaft hinweisen. Es kann nämlich nicht sein, dass es von der Rechtsform abhängt, ob die Volksanwälte in den Bundesländern Spitäler prüfen können oder in ge­wissen Bundesländern eben nicht prüfen können. Gerade in Einrichtungen des Gesund­heitswesens, wie zum Beispiel in Spitälern, darf man mögliche Menschenrechtsverlet­zungen nicht hinnehmen. Daher müssen die Volksanwälte jedes Landesspital überprü­fen dürfen, egal welche Rechtsform dieses aufweist.

Ebenso nicht in die Zuständigkeit der Volksanwälte fällt die Asfinag. Sie betreffend gibt es haarsträubende Fälle: So wurden Autofahrer mehrfach bestraft, weil sie einmal ohne Autobahnvignette erwischt wurden. Der Fall war auch, glaube ich, beim „Bürgeranwalt“ im Fernsehen.

Kollegin Diesner-Wais, die Volksanwaltschaftssprecherin der ÖVP, wird ja einige Redner nach mir sprechen: Ich ersuche alle Parlamentsfraktionen – selbst die Grünen haben diesbezüglich positive Signale ausgesendet –, diese Kompetenzerweiterung zu unter­stützen, da dies ein Mehr an Menschenrechtskontrolle und ein Mehr an Transparenz im öffentlichen Dienst bedeuten würde. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich. – Bitte, Herr Abgeordneter. Entschuldige, Niki, du wärst schon vorhin dran gewesen, aber das wird hoffentlich kein Beinbruch sein. Bitte schön.


13.17.24

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätzte MinisterInnen! Präsidentin des Rechnungshofes! Volksanwälte! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Poštovane sluša­teljice i slušatelji! Dragi pripadniki naših narodnih grup! Ich darf, wie Sie annehmen, zu


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dem die Volksgruppen betreffenden Kapitel dieses Budgets sprechen. Die österreichi­schen Volksgruppen sind ein wichtiger Teil der Identität unseres Landes. Es gibt in Ös­terreich sechs anerkannte autochthone Volksgruppen, nämlich die burgenländischen Kroaten, die Kärntner Slowenen, die Ungarn, die Tschechen, die Slowaken sowie die Roma und Sinti. Sie leben seit Jahrhunderten gemeinsam mit der deutschsprachigen Mehrheitsbevölkerung in diesem Land, auf diesem Territorium; und diese Vielfalt macht eben die Einzigartigkeit dieser Kulturen und dieser Sprachen aus.

Wie kein anderes Bundesland ist das Burgenland durch seine ethnische Vielfalt geprägt. Drei der sechs anerkannten Volksgruppen, eben die burgenländischen Kroaten, die Un­garn sowie die Roma und Sinti, leben im Burgenland. Burgenland war 1 000 Jahre lang Westungarn und ist der einzige Gebietsteil gewesen, der nach dem Zerfall der Donaumo­narchie zu Österreich gekommen ist. Dieses mein Heimatbundesland feiert heuer sein 100-Jahr-Jubiläum.

Worauf wir stolz sein können, ist, dass wir im Burgenland ein friedliches Neben- und ein friedliches Miteinander der Volksgruppen haben. Ich meine, das ist schon beispielhaft, weil das in einer Welt, in der gerade diese Dinge oft für Spannungen sorgen, nicht selbst­verständlich ist.

Dieses Miteinander ist ein Ausdruck der gelebten Akzeptanz, aber auch der gelebten Toleranz, die miteinander gepflegt werden. Das kommt aber nicht von irgendwoher, son­dern ist sicher auch in der jahrhundertelangen Geschichte und sehr wohl auch in den Aktivitäten der Volksgruppenorganisationen begründet – gemeinsam mit der Politik, weil wir die Volksgruppen immer als etwas Bereicherndes, etwas Wichtiges gesehen haben. Daher haben wir in den letzten Jahrzehnten ein zweisprachiges Bildungswesen aufge­baut, vom Kindergarten bis zu den höheren Schulen.

Das Angebot in Volksgruppensprachen ist vielfältig, von Radio, TV bis hin zu den digita­len Medien. Die Verdopplung der Volksgruppenförderung, die im vorigen Jahr erfolgt ist, die seitens des Bundes auch heuer fortgeschrieben wird, ist ganz wichtig, weil es gilt, die Kultur und die Sprachen der Volksgruppen zu erhalten und zu unterstützen.

Diese erwähnte Toleranz ist zum Ausdruck gekommen, als im Jahr 2000 die zweispra­chigen Ortstafeln im Burgenland aufgestellt wurden. Der damalige Bundeskanzler, Wolf­gang Schüssel, hat davon gesprochen, dass sich der Öster-Reichtum eben auch in der Vielfalt der Volksgruppen ausdrückt. Viele Jubiläen und Anlässe genießen wir, wenn die Volksgruppen hier auch ihre Kultur präsentieren, und es ist schon wichtig, dass man sich auch dafür einsetzt, sie zu erhalten.

Ich darf die Verdopplung der Volksgruppenförderung erwähnen, die eine echte Auf­bruchsstimmung gebracht hat, denn die Organisationen brauchen das Geld, um kultu­relle Veranstaltungen zu machen, Literatur zu präsentieren und verschiedene andere Dinge, insbesondere für die Kinder und Jugendlichen, zu organisieren, damit diese Kul­tur weiter gelebt wird.

Es wird jetzt im Parlament auf Initiative von Präsident Sobotka eine Dialogplattform, ein Dialogforum eingerichtet, womit es ermöglicht wird, dass die Volksgruppen aktiv mitein­ander diskutieren können. Weiters gibt es seit dem Vorjahr eine Unterstützung in der Form, dass ein Leitmedium pro Volksgruppe finanziell unterstützt wird, damit eben Spra­che und Kultur erhalten bleiben.

Neu ist, dass im Rahmen der Volksgruppenförderung auch eine Wirkungsorientierung beim Budget eingebaut wurde. Das heißt, die Volksgruppen werden aktiv eingebaut, es soll deren Arbeit sichtbar gemacht werden und damit auch die Akzeptanz erhöht werden.

Ich denke, dass diese Arbeit wichtig ist, und bedanke mich bei Ministerin Raab für ihre große Offenheit und für ihren aktiven Zugang zu diesem Thema sowie für ihr Engage­ment, in diesem Bereich wirklich etwas weiterzubringen. Gemeinsam können wir das


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schaffen und an diesem Reichtum Österreichs auch weiter arbeiten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.21


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter David Stögmül­ler. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.21.42

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Wertes Präsidium! Sehr geehrter Herr Bun­deskanzler! Frauen Ministerinnen! Werte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Sehr geehrte Volksanwälte! Zuerst möchte ich mich auch im Namen meiner Fraktion ganz herzlich bei der Parlamentsdirektion für die bisherige großartige Zusammenarbeit in die­ser Legislaturperiode bedanken, für die Servicierung durch den Budgetdienst und alle anderen Dienste, die es gibt, von der Registratur bis hin zur Ausschussbetreuung. Vielen herzlichen Dank dafür! (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Bezüglich Rechnungshof und Volksanwaltschaft freut es mich zum einen einmal, dass wir es geschafft haben, auch für das Budget 2022 eine Mittelerhöhung zu erreichen, denn beide Institutionen unterstützen uns als Parlamentarier bei unserer Kontrollarbeit und sind daher ein wichtiges Instrument für uns. Deshalb möchte ich mich auch vorab bei der Frau Präsidentin und den Volksanwälten für ihre Arbeit bedanken.

Die Covid-Pandemie fordert nicht nur uns als BürgerInnen und auch uns als Parlamen­tarierInnen, sondern auch die Institutionen, die mit ihrer Kontrollfunktion und Prüfung von Beschwerden immer eine wichtige Aufgabe wahrnehmen. So hat die Volksanwaltschaft mit einer Vielzahl an Beschwerden zu tun, die einen unmittelbaren Zusammenhang mit den Maßnahmen in Bezug auf die Covid-Pandemie aufweisen. Die Anstrengungen beim Abarbeiten dieser Beschwerden hat die Volksanwaltschaft in einem eigenen Covid-Be­richt aufgearbeitet. Der soll uns klar aufzeigen, wo Handlungsbedarf besteht, um die Situation der Betroffenen zu verbessern.

Da die Wahrung der Grund- und Menschenrechte gerade in so angespannten Zeiten wie heute eine hohe Priorität hat, freut es uns, dass die Volksanwaltschaft vermehrt auch eine proaktive Rolle in der Wahrung dieser Rechte eingenommen hat, wie zum Beispiel durch die Mithilfe bei der Erarbeitung der Besucherregelungen in Alten- und Pflegehei­men. Eine solche proaktive Rolle gerade bei der Wahrung und dem Schutz der Men­schenrechte ist uns ein wichtiges Anliegen. Aus diesem Grund haben wir uns im Budget­ausschuss auch für eine stärkere Einbindung der organisierten Zivilgesellschaft einge­setzt. Die Vernetzung und die Zusammenarbeit aller Beteiligten sind ein wichtiger Grund­stein zur Sicherung unserer Menschenrechte. Die Ankündigung der Volksanwaltschaft im Hinblick auf eine noch stärkere Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen, wie man es auch in den Wirkungszielen zum Budget festgehalten hat, spielt dabei natür­lich auch eine wichtige Rolle.

Wie wir wissen, liegen aber seit dem letzten UPR-Bericht der Vereinten Nationen auch mehrere Kritikpunkte auf dem Tisch, die wir uns sehr kritisch anschauen und die wir auch reflektieren müssen.

Für den Rechnungshof war es wichtig, dass er endlich unabhängig von den Rücklagen­entnahmen wird. Das ist uns auch aufgefallen, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Ins­gesamt gibt es jetzt 1 Million Euro mehr, um den Betrieb des Rechnungshofes gut wei­terführen zu können.

Dass die Frau Präsidentin den strengen Maßstab von Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit nicht nur bei ihren Prüfungen anlegt, sondern auch in ihrem eige­nen Haus, ist ganz klar zu erkennen und zu begrüßen. Ein Beispiel möchte ich da he­rausnehmen, nämlich die grafische und zahlenmäßige Aufbereitung der Berichte. Ich


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habe Ihnen auch im Ausschuss schon ein Lob dafür ausgesprochen. Diese werden inhouse gemacht, was sicherlich die kostengünstigste Variante ist, und die Qualität, wie man sieht – und das ist wichtig –, leidet keineswegs darunter. Selbst kritische Stimmen müssen zugestehen, dass die Aufbereitung der Berichte in den letzten Jahren unter Präsidentin Kraker deutlich aussagekräftiger und anschaulicher wurde. Dafür ein großes Lob nicht nur an Sie, sondern auch an Ihr gesamtes Team, dass es zu dieser positiven Veränderung gekommen ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was mir daran besonders gefällt, ist, dass die Berichte nicht nur für uns Abgeordnete und unsere Kontrollarbeit im Rechnungshofausschuss, sondern immer mehr auch für die Bürgerinnen und Bürger übersichtlicher und damit aussagekräftiger werden, weil da der Finger ganz klar in die richtigen Wunden gelegt wird. Damit können Sie Ihr Ziel, nämlich quasi ein Motor zur Beseitigung von Misswirtschaft im staatlichen Bereich zu sein, immer effektiver verfolgen und auch besser erreichen.

An uns wird es liegen, weiterhin die Empfehlungen des Rechnungshofes nach und nach aufzuarbeiten und damit auch den BürgerInnen zu zeigen, dass ein behutsamer und sparsamer Umgang mit ihrem Steuergeld nicht nur das Ziel, sondern unser aller Pflicht ist – eine Aufgabe, die wir jeden Tag bestmöglich zu erfüllen versuchen, und das werden wir auch weiterhin tun. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Alois Kainz. – Bitte schön, Herr Abgeordneter. (Abg. Michael Hammer: Der letzte Blaue im Saal!)


13.26.38

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Rechnungshofpräsidentin! Ge­schätzte Regierungsmitglieder! Sehr geehrte Volksanwälte! Hohes Haus! Werte Zuse­her! Jeder Einzelne von uns kennt das Sprichwort: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!, und genau die so wichtige Kontrolle in unserem Staat führt der Rechnungshof aus. Der Rechnungshof ist zuständig für circa 6 000 Einrichtungen. Er prüft die gesamte Staats­wirtschaft: Das sind auf Bundes-, Länder- und Gemeindeebene öffentliche Stellen, An­stalten, Fonds sowie Unternehmungen, an denen der Staat mit mindestens 50 Prozent beteiligt ist.

Die Coronapolitik der Bundesregierung hat uns erneut gezeigt, wie wichtig der Rech­nungshof als unabhängiges Kontrollorgan in unserem Staat ist. Bereits im Vorjahr, aber auch dieses Jahr wurden die Aufgaben des Rechnungshofes durch umfassende Prüfun­gen der Coronamaßnahmen maßgeblich erweitert.

Der Rechnungshof kritisierte beispielsweise erst kürzlich in seinem mehr als 200-seitigen Bericht die Coronapolitik von Bund und Ländern, er bezeichnete sie als chaotisch, un­übersichtlich und beanstandete, dass unterschiedliche Daten und Regelungen das Ver­trauen in die Politik und die Bereitschaft zur Einhaltung der Maßnahmen immens ge­schwächt haben.

Durch die zusätzlichen Prüfungen des Rechnungshofes wird aber auch mehr Budget gebraucht. Der Budgetentwurf für 2022 sieht Auszahlungen in der Höhe von 37,4 Millio­nen Euro vor, das ist im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um 2,4 Prozent. Für das Jahr 2022 sind 323 Planstellen im Personalplan vorgesehen. Tatsächlich gibt es mit 1. November 2021 284 Vollbeschäftigte. Das eigentliche Vollbeschäftigungsäquivalent von 290 wird dieses Jahr nicht erreichbar sein. Mit dem Budget besteht weiterhin eine deutliche Differenz zwischen der Anzahl der Vollbeschäftigten von 284 und jener der Planstellen im Personalplan von 323, weil ganz einfach die verfügbaren Budgetmittel dafür nicht ausreichen. Durch die Erhöhung des Personalaufwandes im Ausmaß von


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2,4 Prozent besteht die Möglichkeit, einen geringfügigen Anstieg von zwei Vollbeschäf­tigten zu ermöglichen.

In Anbetracht dessen, welch hervorragende Leistungen der Rechnungshof bei seinen Prüfungen erbringt, hätte ich mir eine dementsprechende Budgeterhöhung gewünscht, welche gewährleistet, dass alle Planstellen realisiert werden könnten. Der Rechnungs­hof hat auch 2022 zusätzliche Aufgaben zu bewältigen, vor allem betreffend die Prüfung im Zusammenhang mit den Covid-19-Maßnahmen. Insofern wäre mehr Personal eine enorme Entlastung gewesen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hermann Gahr. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.30.05

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Damen und Herren! Hohes Haus! Uns liegt ein faires, nachhal­tiges und zukunftsorientiertes Budget vor, und wir werden es auch beschließen. Nach den schwierigen Budgets 2020 und 2021 ist es unserem Bundesminister gelungen, ein Zukunftsbudget vorzulegen. Es gibt gezielte Anreize, Akzente, aber auch Einsparungen und gezielte Investitionen in die Zukunft. Wir investieren in Umwelt und Klima, wir inves­tieren in Arbeit und Wirtschaft, wir investieren aber auch in Familie und Soziales.

Herzstück dieses Budgets ist die ökosoziale Steuerreform, mit der Menschen entlastet werden. Es gibt eine große Steuerentlastung, und auch der Familienbonus wird erhöht. Eine Hauptherausforderung für Gegenwart und Zukunft ist der Klimawandel. Da werden wir mit einer effizienten CO2-Bepreisung und klimafreundlichen Investitionen entgegen­wirken.

Insgesamt, glaube ich, geht es darum, dass wir den Wirtschaftsstandort stärken, dass wir uns auch die sozialen Belange in diesem Staat zukünftig leisten können und dass wir andererseits auch die Schuldenquote senken.

Ich darf nun auf das Budget für den Rechnungshof eingehen. Der Rechnungshof als Kontrollorgan des Parlaments hat ja in den letzten Jahren viele Aufgaben dazubekom­men, und er hat immer wieder Dinge aktuell aufgezeigt. Daher ist es erfreulich, dass wir das Rechnungshofbudget von 36,5 Millionen Euro im Jahr 2021 auf 37,5 Millionen Euro für das Jahr 2022 anheben können, und dazu gibt es noch Rücklagen von 1,4 Millionen Euro. Ziel ist es – und das wurde in den Ausschussberatungen klar festgestellt –, das Budget für den Rechnungshof in den nächsten Jahren auf 40 Millionen Euro zu erhöhen, damit er seinem Auftrag nachkommen kann.

Mit dem vorliegenden Budget kann der Rechnungshof seine Kontroll- und Beratungstä­tigkeiten ausüben. Der Personalplan wird zu 87,7 Prozent erfüllt, das sind 323 Planstel­len, die finanziert werden. Es ist natürlich klar, dass wir in Zukunft da und dort noch mehr Personalbedarf haben werden, und beim Personal soll dann zukünftig auch aufgestockt werden, weil ja im Regierungsprogramm die Absicht und der Wille festgehalten sind, die Kompetenzen des Rechnungshofes auszubauen.

Ein wesentlicher Punkt ist die Digitalisierung. Ich glaube, auch da steht der Rechnungs­hof durchaus vor neuen Herausforderungen. Wir können mit dem Budget die Digitalisie­rung im Rechnungshof ankurbeln und damit die Qualität der Berichte verbessern.

In diesem Sinne ein Danke an den Rechnungshof für seine Arbeit, ein Danke aber auch an unseren Herrn Bundesminister für dieses nachhaltige und zukunftsweisende Bud­get! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.33



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 125

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Henrike Brandstötter. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.33.17

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Frau Rechnungshofpräsidentin! Sehr geehrte Volksanwälte! Kollegin­nen und Kollegen! Vor allem aber: Liebe Bürgerinnen und Bürger zu Hause! Es gibt gute Scherze, es gibt schlechte Scherze, und dann gibt es auch noch die Medienpolitik un­serer Bundesregierung. Dank der nun bekannten Chats wissen wir auch, was sozial adäquates Verhalten ist: Umfragen zu manipulieren, mit Inseraten zu garnieren und das Ganze mit richtig viel Steuergeld zu verbrämen.

Die Auswirkungen dieser völlig aus dem Ruder gelaufenen Inseratenpolitik sind drama­tisch: Nur 3 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher sind der Meinung, dass man sich günstige Berichterstattung nicht kaufen kann. Im Gegenzug sind 25 Prozent der Menschen in unserem Land mittlerweile der Meinung, dass man sich jede Berichterstat­tung in privaten Medien kaufen kann und dass Journalistinnen und Journalisten dann schreiben, was immer man möchte. Dieser Vertrauensverlust in die klassischen Medien ist dramatisch: Die Menschen ziehen sich in ihre Echokammern zurück, ihre Informa­tionsquellen sind dann irgendwelche Telegram-Gruppen, sie werden Opfer von gezielten Desinformationskampagnen und von Fakenews.

Wer jetzt gedacht hat, dass diese Medienpolitik mit dem neuen Bundeskanzler Alexan­der Schallenberg aufhört, der irrt leider. Ganz im Gegenteil: Die rückwärtsgewandte Medienpolitik wird auch vom neuen Bundeskanzler weitergeführt. Auf meine Frage im Budgetausschuss zur dringend notwendigen Neuaufstellung der Presseförderung mein­te er, dass das derzeitige System sehr praktikabel sei und auch die Trimmel-Formel for­midabel.

Was ist die Trimmel-Formel?, fragt sich jetzt vielleicht der eine oder andere. – Wolfgang Trimmel wurde unter Bundeskanzler Werner Faymann Leiter des Bundespressedienstes und hat in dieser Funktion eine nach politischen Vorgaben passende Gewichtung für Inserate erarbeitet. Diese Formel war eigentlich nichts anderes als ein Mix aus Reich­weite, also wie viele Menschen man erreicht, und Auflage, also wie viele Bäume man fällen muss, um möglichst viel Papier zu bedrucken.

Dieser Zugang, diese Trimmel-Formel, ist völlig veraltet. Niemand arbeitet heute mehr danach, außer unsere Bundesregierung. Dabei sind Zielgruppen völlig uninteressant, das Timing ist uninteressant, die Frequenz von Werbung, die Kosten, Kennzahlen wie Erfolgskontrollen sucht man ebenfalls vergeblich. Unterstützung beim Werben bekommt man im Bundeskanzleramt von mittlerweile 68 PR-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern. 68! – Diese Zahl hat Bundeskanzler Schallenberg im Ausschuss genannt.

Schallenberg führt also als zuständiger Bundeskanzler diese Medienpolitik fort, und er verantwortet damit auch die steigende Skepsis gegenüber Medien im Allgemeinen und der Medienförderung im Speziellen.

Wir NEOS halten da dagegen. Wir wollen eine Transformation der Medienförderung, die in transparente und nachvollziehbare Förderkriterien mündet, die Abo- und Bezahlmo­delle attraktiv macht, und wir wollen ein Ende der überbordenden Inserate und Werbung der öffentlichen Hand – überall. (Abg. Gödl: Wie in Wien!)

Als einen von vielen notwendigen Schritten bringe ich folgenden Antrag ein - - (Abg. Gödl: Was ist mit Wien?) – Wenn Sie sinnerfassend zuhören können, dann haben Sie gehört: „der öffentlichen Hand“. Es ist überall zu viel. (Abg. Brandstätter: Zuhören!)

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 126

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Transpa­renz in Budgets für Informationstätigkeit bringen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefor­dert, eine Verbuchungsrichtlinie zu erlassen, die sicherstellt, dass alle Ausgaben für In­formationstätigkeit einheitlich und transparent erfasst, verbucht und im Budget darge­stellt und eine Möglichkeit für regelmäßige Berichterstattung darüber im Budgetvollzug geschaffen werden.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

13.37

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ‎, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Transparenz in Budgets für Informationstätigkeit bringen

eingebracht im Zuge der Debatte in der 129. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Budgetausschusses über TOP 4: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes­voranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 - BFG 2022) (1157 d.B.) samt Anlagen – UG 10

Im Zuge der Analyse des diesjährigen Budgets wurde erneut sehr augenscheinlich, dass es bei Ausgaben für Informationstätigkeit der einzelnen Ministerien an Transparenz mangelt. Diese Ausgaben jedes Ressorts werden grundsätzlich in einem Konto verrech­net, das die Bezeichnung „Werkleistungen durch Dritte“ trägt. In diesem Konto können aber auch viele andere, unterschiedliche Leistungen verrechnet werden, da es sich um ein sogenanntes Sammelkonto handelt.

Zudem haben die Ressorts auch die Möglichkeit, Untergliederungen einzurichten – die konkrete Bezeichnung ist hier aber wieder ressortspezifisch und somit überall unter­schiedlich.

Es ist aktuell also nicht wirklich möglich, schnell und einheitlich festzustellen, wie hoch die Ausgaben für Informationstätigkeit in den einzelnen Ressorts sind und wie sich diese zusammensetzen. Gerade in einer Zeit, in der Fälle von Inseratenkorruption von Seiten der Regierung ersichtlich wurden, müssen wir gemeinsam alles in unserer Macht stehen­de tun, um diese Ausgaben transparent zu gestalten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufge­fordert, eine Verbuchungsrichtlinie zu erlassen, die sicherstellt, dass alle Ausgaben für Informationstätigkeit einheitlich und transparent erfasst, verbucht und im Budget


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 127

dargestellt und eine Möglichkeit für regelmäßige Berichterstattung darüber im Budget­vollzug geschaffen werden."

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Dipl.-Ing.in Olga Voglauer. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.37.21

Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Spoštovana Visoka Hiša! Sehr geehr­ter Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesregierung! Frau Ministerin! Vertreter der Volks­anwaltschaft und des Rechnungshofes! Wir Minderheiten sind der sogenannte Added Value in Österreich, wenn es um unsere Sprachen geht, wenn es um die Kultur geht, wenn es um das Gestalten eines neuen gemeinsamen Narrativs der österreichischen Identität geht. (Die Rednerin setzt ihre Ausführungen in slowenischer Sprache fort.) – So heißt der Satz, den ich auf Deutsch gesagt habe, in meiner Muttersprache Slowenisch, und es ist schon etwas Besonderes, auch als Minderheitenangehörige dem Nationalrat anzugehören, vor allem in einer Zeit, in der es uns gelungen ist, die Volksgruppenförde­rung – im letzten Jahr – zu verdoppeln; heuer spüren wir schon, wie sehr dieses Geld durch die Volksgruppenorganisationen über alle Bundesländer, in denen sie leben und wirken, angenommen worden ist.

Dieses Geld der Volksgruppenförderung gestaltet das Leben der österreichischen Volks­gruppen wesentlich. Es leistet seinen Beitrag zur Kultur, die in Österreich bereits höchst ausgezeichnet wurde, es leistet seinen Beitrag zur Bildung, und diese Förderung leistet einen großen Beitrag zur Medienlandschaft der österreichischen Volksgruppen. All das ist uns gemeinsam gelungen. Da gilt ein großes Dankeschön der zuständigen Abteilung im Bundeskanzleramt, die im letzten Jahr auch aufgrund der Pandemie wirklich Großes geleistet hat, mit einem Selbstverständnis durch diese Zeit geleitet hat und den Orga­nisationen ermöglicht hat, auch während der Pandemie diese kulturelle Vielfalt mit mo­dernsten Ideen gestalten zu können.

Warum war und ist diese Verdoppelung der Volksgruppenförderung für die Organisa­tionen so wichtig? – Weil es eben nicht reicht, Volksgruppen in ihrer Struktur nur zu er­halten. Nein, es geht vor allem um die Förderung, um das Empowerment, um diese Or­ganisationen auch in das Jahr 2022 und die folgenden Jahre zu führen. Ich finde, mit der neuen Wirkungsorientierung wird uns das auch sicherlich gelingen, denn das Angebot der Volksgruppenorganisationen ist umfassend. Es reicht vom Kindergarten, von der Be­treuung von Kleinstkindern bis hin zu Erwachsenenbildung, da sprechen wir von Thea­tergruppen, die in Österreich und international höchstes Niveau erreichen, da sprechen wir davon, dass Sprachen erhalten werden, die in unserem Alltag eigentlich viel zu wenig gewürdigt werden. (Die Rednerin setzt ihre Ausführungen in slowenischer Sprache fort.)

Die eigentliche Frage betreffend Wirkungsorientierung ist aber, ob unsere Kinder unsere Minderheitensprachen noch aktiv sprechen, und wir haben es uns als gemeinsames Ziel gesetzt, gerade in diesen Bereichen – der Förderung von Kindern, der Förderung von Sprachen in der Kinderbetreuung – auch im Rahmen der Volksgruppenförderung einen Schwerpunkt zu setzen.

Ich bin überzeugt davon, dass wir Minderheiten eine Visitenkarte Österreichs sind. Ge­stalten wir sie vielsprachig! Fürchten wir uns nicht vor den Sprachen Österreichs und fürchten wir uns nicht vor den Menschen, die in vielerlei Hinsicht mehr Kompetenz zei­gen! Machen wir sie zum Teil unserer Gesellschaft! Gerade bei den Volksgruppen wer­den wir sehr viele Modelle finden, wie uns Integration auch in anderen Bereichen gut gelingen kann. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.41



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 128

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Ing. Reinhold Einwallner. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.41.35

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Regie­rungsmitglieder! Frau Rechnungshofpräsidentin! Sehr geehrte Volksanwälte! Auch ich möchte ganz kurz auf das Budgetkapitel Volksanwaltschaft eingehen und möchte vo­rausschicken, dass die Volksanwaltschaft wohl eine jener Institutionen in Österreich ist, die wahrscheinlich den größten Rückhalt und auch sehr großes Vertrauen in der öster­reichischen Bevölkerung genießen. Umso wichtiger ist es natürlich, dass wir darauf ach­ten, dass eine so wichtige Institution mit angemessenen finanziellen Mitteln ausgestattet ist, und ich kann bestätigen, was Kollege Silvan schon gesagt hat: Wir haben beim Budget der Volksanwaltschaft keine ganz, ganz großen Kritikpunkte. Ich glaube, es ist durchaus gegeben, dass da die Arbeit dementsprechend fortgeführt werden kann und gut fortgeführt werden kann. Gleichzeitig möchte ich aber auf drei Punkte eingehen, die mir wichtig sind.

Das eine ist die Vorsorge für die Herausforderungen der Covid-Krise. Wie im Gesamt­budget ist es leider auch bei den Detailbudgets so, dass konkrete Maßnahmen, die im nächsten Jahr aufgrund der Pandemie vielleicht notwendig wären, nicht deutlich abgebil­det sind, und gerade die Volksanwaltschaft – wir wissen das aus den ersten Jahren – ist natürlich betreffend Covid-Verordnungen, betreffend Maßnahmen ein direkter Ansprech­partner für die Bevölkerung und hatte da auch große Herausforderungen zu meistern. Daher ist also wichtig, dass wir dafür dann natürlich auch entsprechende Vorsorge treffen.

Das Zweite, das ich ansprechen möchte, ist die Opcat-Kommission – Sie, meine Damen und Herren, wissen, da geht es um die präventive Menschenrechtskontrolle. Es gibt eine Veränderung bei den Kommissionen, es gibt dann zukünftig keine eigene Kommission mehr für Vorarlberg. Das wurde in unserem Land nicht ganz unkritisch gesehen, weil wir mit der Vorarlberger Opcat-Kommission sehr gute Erfahrungen hatten. Es ist budgetär hinterlegt, es gibt die budgetären Mittel, dass man das jetzt vom Bund aus macht – das ist gut und richtig so. Ich hoffe, dass die Qualität, der Service – und das erwarten wir – im Land dementsprechend aufrechterhalten wird; ich bin da aber durchaus optimistisch, dass das gelingen wird.

Der dritte Punkt, auf den ich noch eingehen möchte, sind die zukünftigen Herausforde­rungen. Zum einen unterstützen wir die Bestrebungen, die Kompetenzen, die Prüfkom­petenzen der Volksanwaltschaft zu erweitern – das wird zusätzliche budgetäre Mittel be­anspruchen –, und das andere ist – wir müssen, glaube ich, auch in diese Richtung den­ken –, dass es wahrscheinlich auch neue Kommunikationskanäle für die Volksanwalt­schaft braucht. Ich spreche jetzt einmal exemplarisch die Social Media, die sozialen Netzwerke an. Da gibt es sicherlich das eine oder andere, was wir noch erweitern müs­sen, damit auch die Zielgruppe erweitert wird, damit wir auch junge Menschen dement­sprechend erreichen. Wenn das gewährleistet sein soll, reicht es nicht, ein Budget nur fortzuschreiben, sondern wir werden in Zukunft auch auf diese Herausforderungen ein­gehen müssen.

Abschließend noch ein Danke an die Volksanwälte und die Mitarbeiter bei der Volksan­waltschaft für die ausgezeichnete Arbeit! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.45


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Martina Diesner-Wais. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.45.11

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Mi­nister! Frau Rechnungshofpräsidentin! Liebe Volksanwälte! Als Ausschussvorsitzende


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 129

möchte ich zum Budgetvoranschlag betreffend Volksanwaltschaft einige Worte sagen. Die Volksanwaltschaft ist der parlamentarische Ombudsmann zur Kontrolle der öffentli­chen Verwaltung, und sie macht das immer bestens, sehr bürgernah und natürlich auf sehr niederschwelligem Niveau, sodass jeder Zugang findet und die Bürger sich gut ver­treten fühlen.

Die Coronapandemie hat natürlich auch die Volksanwaltschaft vor große Herausforde­rungen gestellt, denn der persönliche Kontakt, die Vorsprachen, die Sprechtage und die Veranstaltungen waren teilweise gar nicht oder nur in reduzierter Form möglich, und so hat die Volksanwaltschaft schnell auf Onlineabwicklung, aber auch auf sehr viele tele­fonische Kontakte umgestellt, was den Bürgern natürlich zugutegekommen ist. Damit war insgesamt kein Rückgang der Anzahl an Beschwerden zu verzeichnen. 2020 gab es 17 914 Menschen, die sich an die Volksanwaltschaft gewendet haben, das waren im Vergleich zum Vorjahr um 1 000 Menschen mehr.

Ich möchte aber auch noch einen weiteren Punkt erwähnen. Bei der Volksanwaltschaft ist ja seit 2009 das International Ombudsman Institute angesiedelt. Dort sind die Volks­anwaltschaften von 100 Staaten vernetzt, die Menschen eben unterstützen, damit kein Unrecht und keine Rechtsverletzungen passieren. In Kürze wird das IOI den Rechts­status einer internationalen Organisation erhalten, dazu möchte ich wirklich herzlich gra­tulieren. Das ist natürlich auch erwähnenswert, da sich ja sein Sitz in Österreich befin­det. – Herzliche Gratulation! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir sehen, dass die Aufgaben der Volksanwaltschaft immer mehr und immer vielfältiger werden, und so gab es ja auch schon in den Budgets 2020 und 2021 eine personelle Erweiterung um zwölf Planstellen; 2022, in diesem Budget, können wir die Anzahl nochmals um zwei Planstellen erhöhen. Somit gibt das Parlament der Volksanwaltschaft auch die nötige Handhabe, um ihre Aufgaben zu erledigen.

Wir sehen, das vielfältige Angebot zeichnet sich auch im Budget ab. Meine Vorredner haben es schon angesprochen: Es gibt ein Budget in Höhe von 13 Millionen Euro, das bedeutet eine Erhöhung um 574 000 Euro, also 4,6 Prozent.

Ich möchte mich nochmals wirklich recht herzlich bei den drei Volksanwälten und bei all ihren Mitarbeitern für die hohe Prüfungsqualität und für die gute Arbeit im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger bedanken, und ich möchte uns allen wünschen, dass auch in Zukunft unsere Bürger bestens zu ihrem Recht kommen. Nochmals: Herzlichen Dank für Ihre Arbeit! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.48


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Petra Steger. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.48.45

Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, ich muss sagen, ich bin etwas irritiert, dass Sie heute hier sind und nicht der dafür zuständige Sport­minister Kogler, insbesondere da er heute Vormittag schon im Parlament war. Wie ich aber der Zeitung entnehmen konnte, gab es anscheinend einen Coronafall in seinem näheren Umfeld, also sage ich nur: Gut, dass er zu Hause geblieben ist!, da wir ja wis­sen, dass die Impfung leider Gottes kaum vor einer Ansteckung schützt, und auf diesem Weg wünsche ich ihm natürlich persönlich alles Gute.

Gut, dann muss ich meine Fragen wohl einerseits an Sie, aber andererseits über den Bildschirm auch an ihn richten und hoffen, dass er es zumindest der Mühe wert findet, meine Fragen auch nachträglich noch zu beantworten.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 130

Kommen wir zum Budget! Sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP und den Grü­nen, ich finde es echt erstaunlich, wie Sie es jedes Jahr aufs Neue schaffen, ein Budget vorzulegen, das genau für eines gut ist, nämlich für die Rundablage.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wieder einmal legen Sie ein Budget vor, das keine einzige Ihrer jetzigen diskriminierenden, evidenzbefreiten Coronazwangsmaßnahmen auch nur irgendwie berücksichtigt. Wieso sonst lassen Sie alle Hilfen im Sport auslau­fen? Sportligenhilfsfonds – nicht verlängert, NPO-Fonds – nicht verlängert, Sportbonus im kommenden Jahr – nicht vorgesehen. Da frage ich mich schon, sehr geehrte Da­men und Herren, ob Sie ernsthaft glauben, dass all Ihre jetzigen 2G-Maßnahmen oder sogar der Lockdown, der wahrscheinlich bald kommen wird, keinerlei Auswirkungen im Jahr 2022 haben werden.

Glauben Sie ernsthaft, weil Sie den Sportligenfonds nicht verlängern, dass die Sportli­gen, die Bundesligen keine Einnahmenverluste mehr haben werden? Glauben Sie ernst­haft, da Sie den NPO-Unterstützungsfonds nicht verlängern oder ihn auslaufen lassen, dass die Vereine – Vereine, denen dank Ihrer Coronamaßnahmen mittlerweile unglaubli­che 500 000 Mitglieder abhandengekommen sind, weil sie keinen Sport mehr machen durften und weil sie sich die Mitgliedsbeiträge teilweise nicht mehr leisten konnten – jetzt schon über den Berg sind? Glauben Sie ernsthaft, dass die Millionen, die Sie jetzt im Wege des Sportbonus für Neumitglieder vergeben, nicht sofort wieder verpuffen, wenn Sie jetzt gleichzeitig wieder den Sport in Vereinen oder auch in Fitnesscentern verbieten und diese für einen großen Teil der Bevölkerung schließen? Glauben Sie das wirklich, oder ist Ihnen das, sehr geehrte Damen und Herren, einfach egal?

Ist das Ihre Form von verantwortungsvoller Budgetpolitik, dass Sie weitere Lockdowns nicht einmal ansatzweise einkalkulieren? Ist das Ihre Form von verantwortungsvoller Budgetpolitik, dass Sie nicht einmal in der Lage sind, ein Budget auch kurzfristig anzu­passen? Für jeden in der Bevölkerung war es schon lange absehbar, dass Sie im Herbst wieder mit solchen Coronazwangsmaßnahmen daherkommen werden – weil die Imp­fung eben nicht der versprochene Gamechanger ist, obwohl Sie ständig versuchen, den Ungeimpften die Schuld in die Schuhe zu schieben –, für jeden war das absehbar, bis auf diese Regierung anscheinend, weil Sie diese Maßnahmen nicht im Budget berück­sichtigen.

Eines muss ich sagen: Von Professionalität und Seriosität ist dieses Budget nicht ge­kennzeichnet, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich mache Ihnen aber einen anderen Vorschlag: Wie wäre es, wenn Sie endlich einmal mit diesen unsinnigen Maßnahmen, mit denen Sie den österreichischen Sport seit bald zwei Jahren quälen und ruinieren, aufhörten? Reicht Ihnen Ihre bisherige Erfolgsbilanz nicht? Reichen Ihnen die unzähligen Fitnesscenter und Vereine, die Sie in den wirt­schaftlichen Ruin getrieben haben, nicht? Reichen Ihnen die 500 000 Mitglieder – von den 2 Millionen –, die keinen Sport mehr ausüben und daher große gesundheitliche Pro­bleme bekommen werden, nicht?

Sie ruinieren gerade einen nicht nur volkswirtschaftlich bedeutenden, sondern auch sys­temrelevanten Faktor – relevant für die Wirtschaft, für die Gesundheit und auch für die Gesellschaft. Das ist, sehr geehrte Damen und Herren, eine gesellschaftspolitische Ka­tastrophe, für die der Sportminister und Vizekanzler die Verantwortung trägt. Aus diesem Grund wäre es auch seine Pflicht, zumindest bei den Vereinen für Sicherheit zu sorgen und die Hilfen auch bis 2022 zu verlängern.

Aus diesem Grund bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verlängerung der finanziellen Unterstützung im Sportbereich“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 131

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentli­chen Dienst und Sport werden aufgefordert, den Sportbonus, den Sportligenfonds und die Auszahlungen aus dem NPO-Fonds für Sportvereine bis zum Ende des Jahres 2022 zu verlängern.“

*****

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn Ihr Sportminister so weitermacht, geht er als Sportminister in die Geschichte ein, der nicht nur den österreichischen Vereinssport nachhaltig ruiniert hat, sondern auch einen wesentlichen Beitrag für die Krankheit der Bevölkerung geleistet hat.

Wie es Felix Gottwald, der wegen Ihrer Antibewegungspolitik gestern sogar zurückgetre­ten ist, richtig ausgedrückt hat, geht es Ihnen anscheinend nur noch um Spaltung, Hetze und Diskriminierung und nicht mehr um die Gesundheit, denn ansonsten würden Sie niemals den Sport erschweren oder sogar verbieten. Es macht mich fast fassungslos, wie ahnungslos ein Sportminister, aber auch ein Gesundheitsminister sein müssen, um den Sport zu verhindern und zu verbieten, da wir ja genau wissen, wie wichtig der Sport für die Gesundheit, für die Immunabwehr, aber auch für die Psyche der Menschen ist. Ich halte diese Politik, sehr geehrte Damen und Herren, für absolut unverantwortlich und für einen gesundheitspolitischen Skandal der Sonderklasse.

Sie müssen jetzt alles tun, um eine echte Bewegungskultur in diesem Land zu etablieren. Aus diesem Grund bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „keine 2G-Rege­lung im Sportbereich“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentli­chen Dienst und Sport werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, die 2G-Regelung für alle Sportlerinnen und Sportler, egal welcher Altersgruppe, bei Sportveranstaltungen, für alle Sportstätten und Fitnesscenter mit sofortiger Wirkung aufzuheben und darüber hinaus sicherzustellen, dass unseren Sportvereinen ausreichend finanzielle Unterstüt­zung zugutekommt.“

*****

Sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP und den Grünen, stoppen Sie endlich diesen Verordnungs- und Verbotswahnsinn! Sorgen Sie für die notwendigen Hilfen! Hö­ren Sie endlich auf, den Sport in irgendeiner Art und Weise zu verbieten! Beenden Sie endlich diesen gesundheitspolitischen Skandal, bevor Sie Schäden anrichten, die auf lange Sicht nicht mehr gutzumachen sind! Und vor allem, sehr geehrter Herr Sportminis­ter vor dem Bildschirm zu Hause, treten Sie endlich zurück! (Beifall bei der FPÖ.)

13.55

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Steger

und weiterer Abgeordneter


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 132

betreffend Verlängerung der finanziellen Unterstützung im Sportbereich

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 4 (UG 17) über den Bericht des Budgetaus­schusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) – in der 129. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 16. No­vember 2021

Die Bundesregierung hat beschlossen, einen „Sportbonus“ für neue Vereinsmitglieder auszubezahlen. Das BMKÖS soll dabei für die Saison 2021/2022 75% des Mitgliedsbei­trags in Sportvereinen übernehmen. Der Zuschuss wurde mit 90 Euro pro neuer Mit­gliedschaft gedeckelt. Unverständlich ist, dass diese grundsätzlich gute Idee, die im Ge­gensatz zu vielen anderen Maßnahmen der Bundesregierung, den Sportvereinen tat­sächlich hilft, zeitlich so eingeschränkt wurde. Der Beitrag des neuen Vereinsmitglieds muss nämlich zwischen 1. September und 31. Dezember 2021 einbezahlt werden, damit der Zuschuss ausbezahlt werden kann.

Seit Sommer 2021 können Sportvereine auch finanzielle Unterstützung aus dem NPO-Fonds erhalten. Leider konnten Anträge auf Unterstützungsleistungen nur bis zum 15. Ok­tober 2021 gestellt werden. Aufgrund der Corona-Krise leiden in Österreich tausende Sportvereine unter einem finanziellen Engpass, der teils existenzbedrohende Ausmaße annimmt – dies wird sich auch aufgrund neuer Begehungsverbote und Lockdowns in den nächsten Monaten nicht ändern.

Die Wichtigkeit des Sports für die Gesundheit und die Wirtschaft ist evident und anhand etlicher Studien bewiesen. Der Schaden für den Spitzen- und Breitensport, für die Profi­betriebe, wie auch für die Hobbysportler geht mittlerweile in eine 3-stellige Millionenhöhe. Der zuständige Sportminister muss sicherstellen, dass auch in Zukunft Gelder ausge­schüttet werden, um weiteres Vereinssterben zu verhindern und am Ende der Krise ein Trümmerfeld im österreichischen Sport zu hinterlassen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentli­chen Dienst und Sport werden aufgefordert, den Sportbonus, den Sportligenfonds und die Auszahlungen aus dem NPO-Fonds für Sportvereine bis zum Ende des Jahres 2022 zu verlängern.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Steger

und weiterer Abgeordneter

betreffend keine 2G-Regelung im Sportbereich

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 4 (UG 17) über den Bericht des Budgetaus­schusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) – in der 129. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 16. No­vember 2021


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 133

Österreichs erfolgreichster Olympionike und Vorsitzender der Breitensportkommission, Felix Gottwald, schrieb gestern auf seinem Facebookprofil:

„Ich bin angetreten, um einen Beitrag für eine echte Bewegungskultur in unserem Land zu leisten. Ich bin angetreten, um die Anzahl der gesunden Lebensjahre in unserem Land gemeinsam zu steigern. Und ich bin angetreten, um ein Bewusstsein in der Be­völkerung zu schaffen, durch Bewegung und Sport die Welt, in der wir leben, besser zu meistern. Nach nun neun offiziellen Monaten in dieser Funktion stelle ich fest: Es mag in unserem Land gerade um viel gehen, aber sicher nicht um die Gesundheit und das Wohl der Österreicher:innen und der in Österreich lebenden Menschen – und das inmitten der größten Gesundheitskrise. Spaltung, Hetze, Diskriminierung – das sind die Regierungs­gebote der Stunde.“

Nicht nur Gottwald, sondern zahlreiche Sportler, Funktionäre und Ehrenamtliche können die sinnlosen Corona-Maßnahmen der Bundesregierung nicht mehr nachvollziehen. An­statt Bewegung in allen Altersgruppen zu fördern, werden ständig Regeln aufgestellt, die das Sporteln im Amateur- und Hobbybereich komplizierter machen. Neben den Kindern werden sich auch erwachsene Hobbysportler immer weniger in Vereinen engagieren. Sport Austria schreibt: „So wurde bereits in der im Jahr 2000 durchgeführten Studie „Sport und Gesundheit. Die Auswirkungen des Sports auf die Gesundheit – eine sozio-ökonomische Analyse“ gezeigt, dass nicht die Sportausübung, sondern die Nicht-Sport­ausübung mehr volkswirtschaftliche Kosten verursacht.“

Nicht nur die Sportler, auch Zuschauer, Funktionäre und Betreuer werden durch die 2G-Regelung vom Spielbetrieb ausgeschlossen. Ein beachtlicher Teil der Österreicher darf, will oder kann aus unterschiedlichen Gründen die 2G-Regelung nicht erfüllen, dennoch möchten sich diese Menschen in ihren Vereinen sportlich betätigen. Die Infrastruktur wird durch das Betretungsverbot zusammenbrechen, der Sport im Amateur- und Hobby­bereich erliegen.

Zahlreiche Experten, unzählige ehrenamtliche Funktionäre und tausende Sportler sagen ganz klar „Nein zu 2G!“ im Vereinssport, egal für wen und egal in welcher Sportart. Es kommt mittlerweile vielen Österreichern so vor, als ob es der Bundesregierung nicht um die Gesundheit der Bürger gehe, sondern darum, auf Biegen und Brechen ihr Zwangs­regime durchzusetzen. Anstatt Eigenverantwortung anzuerkennen, kommt es zu staatli­chem Zwang.

Gottwald schrieb weiter:

„Bewegung und Sport und viel frische Luft werden uns dabei helfen und ganz nebenbei noch einer Pandemie unserer Zeit – nämlich Übergewicht und Bewegungsarmut – entge­genwirken. Ich persönlich werde mich weiterhin mit meinen Möglichkeiten für eine echte Bewegungskultur in unserem Land einsetzen, wissend, dass eine solche beharrlich auf­gebaut werden und vom politischen Aktionismus wohl unabhängig sein muss.“

Das bedeutet ganz klar: Sport muss uneingeschränkt erlaubt sein, Bewegung muss ge­fördert und Menschen dazu gebracht werden, sich so viel wie möglich zu bewegen. Eine Bundesregierung, die einen großen Teil der Menschen vom gesunden Sport vertreibt, ist nichts anderes als rücktrittsreif. Eine 2G-Regelung macht gesundheitspolitisch mehr kaputt als es jemals gut machen kann.

Zusätzlich zu allen gesundheitspolitischen Maßnahmen ist es evident, dass der österrei­chische Sportminister endlich sicherstellen muss, dass auch in Zukunft Gelder ausge­schüttet werden, um das weitere Vereinssterben zu verhindern.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 134

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentli­chen Dienst und Sport werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, die 2G-Regelung für alle Sportlerinnen und Sportler, egal welcher Altersgruppe, bei Sportveranstaltungen, für alle Sportstätten und Fitnesscenter mit sofortiger Wirkung aufzuheben und darüber hinaus sicherzustellen, dass unseren Sportvereinen ausreichend finanzielle Unterstüt­zung zugutekommt.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Beide Entschließungsanträge sind ausreichend unter­stützt, ordnungsgemäß eingebracht und stehen in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Frau Mag. Faika El-Nagashi. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.55.28

Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrtes Hohes Haus! Ich möchte heute darüber sprechen, wer zu Österreich gehört. Das sind alle, die hier sind. Das zu ermöglichen, das zu vermitteln und sich dafür einzusetzen ist auch die Aufgabe von Integrationspolitik. Das Mitgestalten zu ermöglichen ist Aufgabe der Integrationspolitik, und die gesellschaftlichen Spaltungen zu überwinden ist ebenfalls Aufgabe von Integrationspolitik.

Es ist so ein spannender Bereich, in dem so viel möglich ist, wenn Menschen einander begegnen und einander zuhören und einander verstehen können. Und nein, das ist nicht immer friktionsfrei, es ist nicht immer konfliktfrei, das Zusammenwachsen ist ein anstren­gender Prozess.

Das Integrationsparadox – so hat es der deutsche Soziologe Aladin El-Mafaalani ge­nannt –: Je mehr sich Menschen als Teil einer Gesellschaft begreifen, umso mehr möch­ten sie auch mitreden und mitentscheiden. Das ist gelingende Integration! Das führt nicht in einen Clash of Cultures, sondern ist eben der anstrengende Prozess des Zusammen­wachsens einer offenen Gesellschaft.

Integration geschieht nicht durch Leistung, egal wie oft das erzählt wird. Welche Leis­tung? Wie viel Leistung? An wen? Es gibt keine Schuld. Wir starten nicht aus einem Minus, und wir müssen uns auch nicht erst beweisen. Um welche Leistung soll es gehen, wenn hier geborene Kinder und Jugendliche kaum die Perspektive haben, die öster­reichische Staatsbürgerschaft zu bekommen und damit rechtlich endlich ihren ebenfalls hier geborenen österreichischen Freundinnen und Freunden gleichgestellt zu sein? Wie können wir es wagen, hier von Leistung zu sprechen und mit dem Finger auf andere zu zeigen? Was es braucht, ist eine aktive Integrationspolitik, die sich um Ungleichheiten sorgt und sie beseitigt. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Ofenauer.)

Integration geschieht auch nicht durch ein abstraktes Fördern und Fordern. Daran ist vielleicht die Alliteration interessant, aber im Grunde ist es sinnentleert, die Konditiona­lität hineinzubringen in etwas, das für uns, für die hier und für die woanders Geborenen, für die mit Migration im Hintergrund und in der Familie, für diejenigen mit der anderen Religion, der anderen Hautfarbe, der anderen Muttersprache, zum täglichen Überleben gehört. Bildung, Ausbildung, Arbeitsmöglichkeit fordern wir jeden Tag ein, und den Bei­trag zum gelingenden Miteinander leisten wir auch noch dazu. (Beifall bei den Grünen.)

Aktive Integrationspolitik bedeutet vor allem, mit den Betroffenen zu sprechen, also mit jenen, die von Ihren Maßnahmen betroffen sind. Das ist zum Beispiel auch die afgha­nische Community. Sie erlebt dieser Tage Schreckliches. Sie ist in steter Sorge um die


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 135

Familien und FreundInnen, insbesondere um die Frauen, die ihre Diplome verbrennen und männliche Verwandte heiraten, um sich vor den terroristischen Taliban zu schützen. Die afghanische Community in Österreich hat starke Stimmen. Sie können genau sagen, was sie für ihre Zukunft hier brauchen. Viele von ihnen sind jung, sie sind hier geboren, hier aufgewachsen, Österreich ist ihre Heimat. Sie verlangen, gehört zu werden und als Teil der österreichischen Gesellschaft wahrgenommen zu werden. Das ist gelingende Integration!

Die 18-jährige Maryam Rezaee ist vor sechs Jahren mit ihren Geschwistern und ihrer Großmutter von Afghanistan nach Wien geflohen. Sie macht jetzt eine Lehre mit Matura, ist eine supertoughe junge Frau, und in dem kürzlich erschienenen Buch „In unseren Worten – Lebensgeschichten von Wienerinnen aus der ganzen Welt“ sagt sie es ganz deutlich: „Ich will meine Geschichte selbst erzählen. Dem ganzen Parlament und allen Menschen auf der Straße.“ „Alle sprechen über Menschen, die flüchten müssen, aber niemand hört den Menschen zu, die wirklich geflüchtet sind. Und schon gar niemand hört einer Frau zu, die selbst erzählt, warum sie überhaupt flüchten musste und wie sie das empfand. Nur einmal will ich meine eigene Geschichte erzählen [...]“

Diese Stimmen zu hören, auch das ist Aufgabe aktiver Integrationspolitik. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dafür gibt es das Integrationsbudget mit Mentoringprogrammen, mit einem Maßnahmen­paket zur Stärkung von Frauen mit Migrationsbiografie, mit Förderungen für Vereine und Initiativen – damit diese Stimmen gehört werden, damit Integration gelingen kann. (Bei­fall bei den Grünen.)

14.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Yannick Shetty. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.00.24

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frauen Mi­nisterinnen! Sehr geehrte Volksanwälte! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr ge­ehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Vielleicht zu Be­ginn eine Bemerkung abseits dieser Untergliederungen, weil Kollege Obernosterer heute in der ersten Debatte zum Budget gesagt hat: Im Ausland beneidet man uns, weil diese Regierung Österreich so gut durch die Krise gebracht hat!

Ich möchte Ihnen etwas erzählen. Wie auch einige KollegInnen hier war auch ich letzte Woche bei der Weltklimakonferenz in Glasgow und habe dort mit TeilnehmerInnen und Politikern aus allen möglichen Ländern der Welt gesprochen. Sie wissen ja, wie das ist: Smalltalk am Anfang, dann fragt man sich, woher man ist, und wenn man dann sagt: I am from Austria!, dann ist die erste Reaktion: Ah, ihr seid doch das Land mit dieser Regierung und der Korruptionsaffäre, mit den Hausdurchsuchungen im Bundeskanz­leramt, und ihr hattet schon wieder Neuwahlen! – Das hört man nicht ein Mal, das hört man nicht zwei Mal oder drei Mal, sondern in jedem verdammten Gespräch.

Deswegen wollte ich das hier noch einmal kommentieren, weil mich das so ärgert: Sie haben Österreich nicht gut durch die Krise gebracht, sondern Sie haben Österreichs Ruf in der Welt ruiniert! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nun aber zu den beiden Untergliederungen, zu denen ich sprechen möchte: UG 10 und UG 17, also Integration und Sport. Ich möchte mich zu ein paar Punkten äußern und vielleicht mit etwas Positivem beginnen: Das Integrationsbudget wird im kommenden Jahr um knapp 1,8 Millionen Euro erhöht. Diese Erhöhung kommt zur Gänze dem Ge­waltschutzpaket, dem Kampf gegen Gewalt an Frauen zugute. Das begrüßen wir, weil auch im Integrationsbereich mehr für Frauen- und Mädchenarbeit getan werden muss.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 136

Wir begrüßen auch, dass endlich die Verlängerung der Werte- und Orientierungskurse budgetiert und umgesetzt wird. Das war dringend notwendig. Wir fordern das – ich habe einmal unsere ersten diesbezüglichen OTS gesucht – seit 2016. Es ist höchst an der Zeit gewesen, dass das nun endlich umgesetzt wird.

Wenn ich mir das Integrationsbudget ein bisschen genauer anschaue, dann vermisse ich erneut, so wie in den vergangenen Jahren, die Zukunftsvision für diesen wichtigen Politikbereich. Man kann aus dem Budget fast keine einzige konkrete Maßnahme he­rauslesen, obwohl das Budgetvolumen beträchtlich ist. Auch die Auswirkungen der Co­ronapandemie sind nach bald zwei Jahren noch immer nicht im Budget abgebildet.

Dabei wissen wir, dass die Pandemie – Sie kennen dieses Sprachbild von dem Brenn­glas und den Problemen, die darunter noch einmal vergrößert werden – die Herausforde­rungen in der Integrationspolitik, die es davor schon gegeben hat, noch weiter verschärft hat.

Frau Bundesministerin, Sie sprechen in Pressekonferenzen immer in schönen Headlines und plakativen Forderungen. Man würde meinen, dass das Budget, wenn man konkreter daran interessiert ist, Antworten dazu liefern kann, was Sie eigentlich wollen. Das ist aber leider nicht der Fall. Was sind denn Ihre konkreten Lösungen? Was sind Ihre Lö­sungen für steigende Radikalisierungstendenzen in bestimmten Milieus? Was sind denn Ihre Lösungen dafür, dass wir in einigen migrantischen Communitys noch immer eine besonders niedrige Durchimpfungsrate haben?

Was sind denn Ihre Lösungen dafür, dass jedes Jahr so vielen Kindern mit Migrations­hintergrund die Chancen im Bildungssystem geraubt werden? Was sind denn Ihre Lö­sungen dafür, dass noch immer Zehntausende Kinder ohne Ethikunterricht in der Schule aufwachsen? Was sind denn Ihre Lösungen dafür, dass wir in Österreich immer noch kein Einwanderungsgesetz haben und dass die besten Köpfe nicht nach Österreich kom­men können, wenn sie wollten?

Was ist eigentlich Ihre Vision, Ihr langfristiger Blick betreffend eine moderne Integra­tionspolitik? In diesem Budget sieht man diese Vision nicht. Ich habe das Gefühl, Sie sind nach wie vor nicht daran interessiert, die Lösungen groß zu machen, sondern wollen lieber nur über die Probleme reden, wie wir es anhand der Islamlandkarte gesehen ha­ben.

Auch bei einem Blick auf eine andere Untergliederung, die wir heute hier behandeln, bei einem Blick auf das Sportbudget, muss man sich schon wundern, dass so wenig vo­rangeht, insbesondere da die Verantwortung im Sportministerium ja bei einem grünen Minister, bei Sportminister Kogler, liegt. Dass im Bereich der Transparenz so wenig wei­tergeht, finde ich schon beachtlich.

Bemerkenswert ist zum Beispiel, dass unter dem Budgetposten „Werkleistungen durch Dritte“ einfach 9 Millionen Euro gebunkert werden. Wenn wir Herrn Minister Kogler dann im Ausschuss fragen, was denn darunter zu verstehen ist, sagt er: Das meiste ist für Medienzusammenarbeit gedacht! – Also wir wissen, wofür das Wort Medienzusammen­arbeit die Chiffre ist, nämlich für Inserate. (Heiterkeit des Abg. Loacker.) Wir werden mit anderen parlamentarischen Kontrollmechanismen noch genau nachsehen, was da da­hintersteckt.

Diese externen Kosten ziehen sich durch das gesamte Budget. Da frage ich mich schon: Wie hätten denn die Grünen – ich meine jetzt nicht diese Grünen, ich meine die alten Grünen, die jahrzehntelang in der Opposition genau das kritisiert haben – reagiert, wenn ein Budget mit solch intransparenten Posten präsentiert worden wäre?

Natürlich darf auch das Bundes-Sportförderungsgesetz nicht fehlen, das massiv intrans­parent ist, was strukturelle Korruption begünstigt. Diesbezüglich hat Minister Kogler für


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 137

Jänner 2021 eine Reform angekündigt, die noch immer nicht da ist. Herr Vizekanzler, Sie sind auch Sportminister, und ich darf Sie daran erinnern, dass es zwei Jahre nach Beginn der Legislaturperiode an der Zeit wäre, dass Sie sich für die Ihnen zugewiesene Kompetenz auch kompetent fühlen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

14.05


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Mag. Ernst Gödl. – Bitte, Herr Abge­ordneter.


14.05.46

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundeskanz­ler! Meine geschätzten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ge­schätzte Damen und Herren zu Hause! Im Zuge der Flüchtlingswelle 2015 sind ja viele Menschen, vor allem viele junge Menschen, aus verschiedenen Nationen nach Öster­reich gekommen, darunter auch viele aus Afghanistan. Ein mir bekannter junger Mensch – er heißt Quasem mit Vornamen – kam zuerst ins Aufnahmelager Traiskirchen und war dann in einer Grundversorgungsunterkunft in meiner Gemeinde untergebracht.

Er kam als Analphabet hierher, aber es hat sich sehr schnell gezeigt, dass er enorme Anstrengungen unternehmen möchte, um Schreiben und Rechnen zu lernen. Ein enga­gierter freiwilliger Betreuer in meiner Gemeinde hat sein Engagement gesehen und ihn zusätzlich zu den öffentlichen Angeboten gefördert. So hat er nach einigen Jahren hier in Österreich den Pflichtschulabschluss geschafft. Er hat eine Lehre als Metallbautechni­ker begonnen und steht jetzt kurz vor dem Abschluss. Er hat einen fixen Arbeitsplatz in einem Betrieb in der Oststeiermark, wohnt auch in dieser Gemeinde, in der er arbeitet, und wurde zu guter Letzt – und das ist besonders erfreulich – vor etwa vier Wochen im Zuge einer großen Feuerwehrversammlung in die örtliche freiwillige Feuerwehr aufge­nommen. Das ist also ein Musterbeispiel an gelungener Integration, wie es eigentlich im Bilderbuch steht. (Ruf bei der FPÖ: Und die Pointe?!) An diesem positiven Beispiel kann man auch gut das Prinzip der erfolgreichen Integration verstehen. Diesbezüglich bin ich nicht ganz der Meinung meiner Kollegin Faika El-Nagashi.

Genau da bildet sich das Fördern und Fordern ab: Fördern in dem Sinn, dass unser Staat als öffentliche Hand Institutionen und Angebote zur Verfügung stellt, um Integration zu ermöglichen, auf der anderen Seite aber natürlich auch ganz klar das Fordernde, nämlich dass jemand, der hier Zuflucht gefunden hat, die Menschen, die hierher zuge­wandert sind, auch ihren effektiven, positiven Beitrag zur Integration leisten müssen.

Dass unser Staat in der Gestalt des betreffenden Ministeriums und unserer Frau Bun­desministerin diesbezüglich sehr aktiv ist, zeigt natürlich auch der Blick in das Budget. 105 Millionen Euro – mehr als je zuvor – sind im kommenden Jahr für Integrations­maßnahmen vorgesehen. Das Budget wird dadurch um etwa 1,7 Millionen Euro erhöht. Etwa 89 Millionen Euro davon sind das Regelbudget für den ÖIF.

Wie es auch mein Vorredner, Kollege Shetty, angesprochen hat, ist es tatsächlich eine absolut wichtige und gute Maßnahme, die Werte- und Orientierungskurse auszubauen, nämlich von einem Tag auf drei Tage, von 8 auf 24 Stunden, untergliedert in drei wichtige Themenbereiche.

Der erste Themenbereich betrifft Deutschlernen und Bildungsangebote: Es muss den Menschen, die nach Österreich zugewandert sind, klargemacht werden, dass das Erler­nen der deutschen Sprache der Schlüssel zur Integration ist und dass es viele Bildungs­angebote gibt, die in Anspruch genommen werden müssen.

Der zweite Tag steht unter dem Zeichen des Ehrenamtes. Ehrenamt und freiwillige Teil­habe an der Gesellschaft werden als eine gute Zugangsmöglichkeit vorgestellt, durch die ein Kontakt zwischen der Aufnahmegesellschaft und den Zugewanderten hergestellt werden kann. Auch das ist ein wichtiger Integrationsaspekt.


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Der dritte Tag widmet sich dem Bereich Verfassungswerte und rechtliche Integration. Dabei geht es auch genau darum: Wie ist die Stellung der Frau? Das ist ein wichtiger Punkt.

Frau Bundesminister, ich möchte Ihnen ausdrücklich dafür danken, dass Sie einen Schwerpunkt auf Mädchen und Frauen legen und damit diesen falschen patriarchali­schen Strukturen, die so oft die Integration von Mädchen und Frauen in unsere Gesell­schaft verhindern, auch ganz klar den Kampf ansagen. Dass darauf ein Schwerpunkt gelegt wird, finde ich absolut gut und absolut wichtig. Die Budgeterhöhungen im Bereich der Integration fließen genau in diesen Bereich. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Im Bereich der Integration ist vieles passiert. Ich bin sicher, dass es noch viele positive Beispiele wie Quasem, der einige Zeit in meiner Heimatgemeinde gewohnt hat, geben wird – aber nur dann, wenn wir Fördern und For­dern in allen Bereichen umsetzen, nämlich Fördern in dem Sinn, dass wir als Staat Ins­titutionen und Angebote zur Verfügung stellen, aber auch ein klares Einfordern mit aller Vehemenz, dass jene, die zu uns zugewandert sind, auch Integrationsmaßnahmen selbst in Anspruch nehmen müssen und sich auch einbringen und ausbilden lassen müs­sen. Das brauchen wir, damit wir ein gutes Miteinander in unserer Gesellschaft gewähr­leisten können. (Beifall bei der ÖVP.)

14.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin MMag.a Dr.in Susanne Raab zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.


14.10.36

Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeord­nete! Sehr geehrte Frau Rechnungshofpräsidentin! Werte Herren Volksanwälte! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher! Ich darf als Kanzleramtsministerin einen kur­zen Überblick über die Schwerpunkte des heurigen Budgets aus meinen Zuständigkeits­bereichen Volksgruppen, Integration und auch Kultusangelegenheiten geben.

Wir haben bereits im letzten Jahr eine historische Verdoppelung des Volksgruppenbud­gets zustande gebracht. Diese Verdoppelung des Volksgruppenbudgets wird natürlich fortgeschrieben. Das Geld ist bereits bei den Volksgruppen angekommen. Es ist wichtig für den Erhalt der und auch für das Leben in den Volksgruppen, denen wir auch ver­fassungsrechtlich verpflichtet sind. Die Schwerpunkte im Budget werden insbesondere auf die Jugend- und Nachwuchsarbeit gesetzt und auch darauf, dass die Volksgruppen mit ihren Medien im neuen Zeitalter ankommen – mit einem Schwerpunkt auf Digita­lisierung. Jedes Volksgruppenmedium bekommt finanzielle Unterstützung aus dem Kanzleramt, sodass auch die Volksgruppenarbeit der anerkannten Volksgruppen insbe­sondere im neuen digitalen Zeitalter ankommen kann. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Prammer.)

Der zweite Schwerpunkt, der zweite Aufgabenbereich, der mit diesem Budget finanziert wird, ist der Bereich Integration. Wir setzen in der Integration ganz klar auf das Motto: fördern und fordern. Warum tun wir das? – Wir fördern Integrationsmaßnahmen mit diesem Budget, aber wir fordern auch die Eigenverantwortung und die Selbstinitiative, das Engagement im Integrationsprozess der Zuwanderinnen und Zuwanderer ein. Das ist der Schlüssel für gelungene Integration: die Beidseitigkeit des Integrationsprozesses. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Prammer.)

Ganz klar ist, dass dabei ein Schwerpunkt auf den Deutscherwerb gelegt wird, denn ohne Deutsch kann man am gesellschaftlichen Leben, auch am Arbeitsmarkt und am Bildungssystem einfach nicht teilnehmen. Ein Großteil des Budgets wird daher in Maß­nahmen für den Deutscherwerb investiert.


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Der zweite Bereich ist der Arbeitsmarkt und der dritte Bereich – die dritte Säule der ge­lungenen Integration – ist einfach auch das emotionale Ankommen in unserem Land, dass wir Werte haben, verfassungsrechtlich verankerte Werte, die für das Zusammen­leben wichtig sind. Diese vermitteln wir in unseren Werte- und Orientierungskursen. Diese Kurse werden von einem Tag auf drei Tage ausgebaut. Das sind Integrations­pflichten; das bedeutet, es sind Kurse, an denen man teilnehmen muss. Sie werden vom Staat finanziert. Wenn man nicht daran teilnimmt, dann kommt es zur Kürzung von Sozialleistungen. Ich glaube, auch diese Integrationspflichten sind ein großer Teil eines gelingenden Integrationsprozesses.

Ein Schwerpunkt, den wir im Budget in diesem Jahr setzen, ist die Prävention von so­genannter ehrkultureller Gewalt, der Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt im Kontext von Integration. Gewalt an Frauen und Mädchen hat in Österreich viele Fa­cetten – hat viele Gesichter. Wir müssen gegen alle Formen von Gewalt ankämpfen und wir müssen auch all die Tatsachen benennen: Es gibt Formen von ehrkultureller Gewalt, die im Kontext von Migration nach Österreich kommen, wie Zwangsehe, wie weibliche Genitalverstümmelung, wie Kinderehe. Und diese Formen von Gewalt – wie auch alle anderen – will ich in Österreich nicht haben! (Beifall bei der ÖVP.)

Daher setzen wir hier einen ganz zentralen Schwerpunkt betreffend Selbstbestimmung von Frauen und Mädchen im Integrationsbereich im Kampf gegen ehrkulturelle Gewalt. Erst letzte Woche durfte ich eine neue Beratungsstelle gegen Zwangsverheiratung in Innsbruck eröffnen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, dass das Gelingen von Integration eine ganz zentrale Zukunftsfrage für den sozialen Zusammenhalt, für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist. Wir werden überall dort hinsehen, wo dieser Zusammenhalt gefährdet ist. Das ist auch Integrationsarbeit: dass wir dort hinsehen, wo Parallelstrukturen entste­hen, wo Segregation entsteht und wo sich Menschen abschotten. Daher wird auch ein Schwerpunkt auf den Kampf gegen Parallelgesellschaften gelegt und den Kampf gegen den politischen Islam – überall dort, wo unsere Werte mit Füßen getreten werden und wo der Nährboden für Extremismus und Islamismus geschaffen wird. Daher ist der Kampf gegen all diese Formen von Extremismus ein Schwerpunkt, der sich auch in die­sem Budget abbildet. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir werden damit auch die Arbeit der Dokumentationsstelle politischer Islam weiterfüh­ren, die sich nun als unabhängige Forschungseinrichtung etabliert hat. Wir werden natür­lich auch die Novelle des Islamgesetzes, die hier beschlossen wurde, entsprechend um­setzen. Daher wollen wir beispielsweise das Auslandsfinanzierungsverbot, das im Islam­gesetz seinen Niederschlag findet, noch umfassender kontrollieren. All das wird mit einer Aufstockung des Budgets des Kultusamtes sichergestellt, damit wir umfassend zum einen Integration fördern, die positiven Beispiele gelungener Integration sehen und un­terstützen, zum anderen aber auch den Kampf gegen Parallelgesellschaften und Extre­mismus fortführen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Mag.a Karin Greiner. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.16.13

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Rechnungshofpräsidentin, Sie dürfen sich über 900 000 Euro mehr im Bud­get für das kommende Jahr freuen. Schauen wir uns vielleicht gemeinsam die aktuelle und zukünftige Personalsituation im Rechnungshof an!

Sie haben seit einigen Monaten mit Covid-19-Prüfungen viel zu tun, die Prüfung des Härtefallfonds wurde abgeschlossen. Das war eine sehr wertvolle Prüfung. Die Impfstoff­beschaffung wird gerade geprüft; da sind wir auf die Ergebnisse gespannt. Sie sehen,


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es sind aktuelle Themenbereiche, die ein umfassendes und rasches, zeitnahes Handeln erfordern, weil wir entsprechend schnell für die BürgerInnen Antworten wollen.

Da geht es auch um die Überprüfung der Wirksamkeit: Wie wirken denn die Fördermaß­nahmen, die vom Bund kommen? Wie kommen sie in den Ländern an? Wirken sie in den Kommunen?

Einen Punkt möchte ich im Zusammenhang mit dem Personal anschneiden, nämlich die Sonderprüfungen, also Prüfverlangen von Abgeordneten. Wir haben darüber im Aus­schuss diskutiert, Sie haben uns informiert, dass durch Sonderprüfungen 15 Prozent der Personalressourcen gebunden werden. Wenn man jetzt weiß, dass viele Dinge aktuell im Zusammenhang mit Covid geprüft werden müssen, es laufende Sonderprüfungen gibt, muss man sich – auch angesichts möglicher weiterer Prüfkompetenzen – die Frage stellen: Geht sich das mit diesem Personalstand und mit dieser Budgetausstattung auch in Zukunft aus? Ich spreche da von Parteiengesetz-, Parteienfinanzierungsüberprüfun­gen. Ich glaube, da muss man schon sehr genau hinschauen. Das ist ein Appell an alle Kolleginnen und Kollegen, wirklich Sorge dafür zu tragen, dass da zusätzliches Personal zur Verfügung gestellt wird. Wir wollen ja schnelle Antworten, wir wollen Qualität in den Antworten haben. Eine Steigerung – das halten Sie auch fest – wird angesichts der ak­tuellen Lage schwer zu schaffen sein.

In diesem Zusammenhang möchte ich ein Wirkungsziel betonen, das bereits existiert, nämlich die qualitätsvolle Beratung des Nationalrates, der Landtage. Das ist bereits existent und funktioniert dankenswerterweise. Neu in den Wirkungszielen findet sich die schnelle und umfassende Bearbeitung von Sonderprüfungsverlangen, die von uns ge­stellt werden. Den Aspekt der Zeitnähe betone ich noch einmal, weil es für uns alle wirklich wichtig ist. Es müssen ja entsprechende Maßnahmen abgeleitet werden können. Was hilft eine Antwort auf eine Frage, die lange zurückliegt und keineswegs mehr etwas mit der aktuellen Situation zu tun hat?

Die mittelfristigen Prioritäten setzt der Rechnungshof, das möchte ich hervorheben, das lohnt sich wirklich: die Beurteilung der Wirksamkeit der finanziellen Fördermaßnahmen, umfassende Covid-19-Prüfungen und – das ist ganz wesentlich – es wird ein verstärkter Einsatz innovativer Datenanalysemethoden angestrebt. Warum betone ich das? – Weil meine Kolleginnen und Kollegen in vielen Diskussionen festgestellt haben, dass es schwierig ist, wirklich Maßnahmen abzuleiten, weil entsprechend wenig Datenmaterial ausgewertet werden konnte. Das heißt, ausreichend Daten, fundierte Daten und eine moderne Datenauswertung sind für uns von allerhöchster Wichtigkeit.

Ich ersuche Sie wirklich, liebe Kolleginnen und Kollegen: Tragen Sie Sorge dafür! Wir sind für das Budget verantwortlich, für die Ausstattung des Rechnungshofes. Ich wün­sche mir zeitweise auch mehr Taten und ein bisschen lautere Stimmen aus den Regie­rungsfraktionen dazu. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Taschner.)

14.19


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun die Präsidentin des Rechnungs­hofes Dr.in Margit Kraker. – Bitte, Frau Präsidentin.


14.20.01

Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministe­rin! Geschätzte Volksanwälte! Auf der Tagesordnung steht unter anderem die UG 06: Rechnungshof, und damit das Budget des Rechnungshofes. Es wurde hier in der De­batte ja schon angesprochen, dass der Rechnungshof aktuell auch sehr viel damit zu tun hat, dem Hohen Haus Prüfungen betreffend Corona zur Verfügung zu stellen. Er versucht, Ihnen akkurat und zeitgerecht entsprechende Prüfungen vorzulegen, damit Sie


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eine Übersicht über diesen hohen staatlichen Mitteleinsatz und auch über die Funktions­fähigkeit erhalten.

Lassen Sie mich im Lichte dessen, dass der Rechnungshof sehr stark damit tangiert und befasst ist, kurz auf die aktuelle Situation eingehen. Wir haben im Vorjahr, als wir vor fast genau einem Jahr in den zweiten Lockdown gegangen sind, gehofft, dass uns die Pandemie Ende dieses Jahres nicht mehr so stark beherrschen würde, aber heute äh­neln die Herausforderungen jenen des Vorjahres: Wir haben hohe Inzidenzen, wir haben eine hohe Spitalsauslastung und stark belastetes Personal im Gesundheits- und Pflege­bereich. Wir haben eine im europäischen Vergleich niedrige Impfquote und auch der Stufenplan zur Eindämmung der Verbreitung wurde verzögert gesetzt. All das sind Grün­de für diese schwierige pandemische Lage, und seit gestern gibt es den Lockdown für Ungeimpfte.

Ich möchte hier an dieser Stelle appellieren – ich glaube, das ist im Sinne aller –: Es kann niemand allein eine Pandemie bekämpfen, sondern es geht darum, dass wir ge­meinsam die Pandemie bewältigen, und wir alle sind dazu aufgerufen, solidarisch zu agieren, dem wissenschaftlichen Fortschritt zu vertrauen und die Impfquote zu heben. Österreich hat ja genügend Impfstoff zur Verfügung. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Ab­geordneten von Grünen und NEOS.)

Das ist zu bedenken, wenn es darum geht, eine Situation zu verbessern, die uns alle betrifft, Geimpfte und Ungeimpfte. Es hilft allen, wenn sich möglichst viele impfen lassen.

Der Schutz der Gesundheit hat Vorrang, aber die anhaltende Pandemie trifft den Staat natürlich auch in finanzieller Hinsicht sehr stark und sehr hart. Wie vor einem Jahr wird ein Budget beschlossen – nun für das Jahr 2022 –, das von starken Unsicherheiten ge­prägt ist, geprägt durch konjunkturelle Einflüsse und durch die eben weiter anhaltende Pandemie, in der man seitens der öffentlichen Hand natürlich durch kurzfristige Unter­stützungsmaßnahmen entgegenwirken muss. Mittel- und langfristig, und davon bin ich überzeugt, brauchen wir dann auch wieder die Kraft für strukturelle Reformmaßnahmen.

Ein Punkt, den wir als Rechnungshof, als gesamtstaatliches Prüforgan natürlich sehen, ist, dass die Coronapandemie uns lehrt, dass das Zusammenspiel der staatlichen Ak­teure besser werden muss. Da geht es um die staatlichen Handlungsabläufe und Struk­turen in der Krise im Bundesstaat, zwischen den zuständigen Bundesministerien, zwi­schen Regierung und Opposition. Wir erleben Reibungsverluste, und in der Krise sind schnelle Entscheidungen und klare Verantwortlichkeiten gefragt: Wer ist zuständig, wer entscheidet, wer setzt die Entscheidungen rechtlich und organisatorisch um und wer be­zahlt? Ich bin davon überzeugt, dass wir dafür künftig einen klaren Krisenmechanismus brauchen und dass wir das aus der Krise lernen können.

Wichtig ist natürlich auch das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in verlässliche und richtige Datengrundlagen und nachvollziehbare Entscheidungskriterien.

Und zu all diesen Punkten prüft der Rechnungshof. Wir haben umfangreiche Covid-19-Prüfungen im Laufen, das sind mehr als 20 Prüfungen, die wir zum Thema Krisenbe­wältigung eingeleitet haben. Einige Ergebnisse haben wir schon vorgelegt. Wir haben Ihnen den Bericht „Covid-19 – Struktur und Umfang der finanziellen Hilfsmaßnahmen“ vorgelegt. Dieser Bericht bietet einen systematischen Überblick über sämtliche Maßnah­men von Bund und Ländern, über den Mitteleinsatz, und dazu läuft gerade auch eine Aktualisierung, denn wir wollen dann auch eine Gesamtschau geben. Ich denke, dass das dem Gesamtstaat dient.

Wir haben im Rahmen des Bundesrechnungsabschlusses das Ergebnis der Prüfung des Covid-19-Krisenbewältigungsfonds bereits vorgelegt. Dabei geht es um die rechtliche Einordnung des Fonds in den Bundeshaushalt, um die Ordnungsmäßigkeit dieser Zah­lungsflüsse innerhalb des Bundes. Da hatten wir Empfehlungen zur einheitlichen Ver­rechnung und zur Transparenz im Haushalt abgegeben.


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Weiters folgte der Bericht zum Härtefallfonds: Da haben wir ausdrücklich gelobt und auch darauf hingewiesen, dass wir die rasche Einführung dieser Maßnahmen im Hinblick auf die nachteiligen wirtschaftlichen Folgen anerkannt haben.

Viele Berichte laufen noch, das betrifft den Bericht zum Datenmanagement im Rahmen der Pandemiebewältigung. Ein Bericht zur Kurzarbeit befindet sich im Stellungnahme­verfahren. Wir haben zusätzliche Ersuchensprüfungen zum Thema Covid von Ihnen be­kommen, das betrifft die Impfstoffbeschaffung, die Covid-Testungen an Schulen. All das haben wir unmittelbar eingeleitet, da sind die Prüfungen im Laufen. Auch Prüfungen zum behördlichen Zusammenwirken, zum Zukauf der Beratungsleistungen oder zur Beschaf­fungstätigkeit sind im Gange und natürlich die Prüfung zu den Hilfen der Cofag und zur Cofag insgesamt.

Dass diese Prüftätigkeit enorm wichtig ist, ergibt sich aufgrund des Ausmaßes der Hilfs­maßnahmen. Wir sprechen hier bis jetzt von rund 40 Milliarden Euro, und zu diesen Hilfsmaßnahmen kommen natürlich noch die Einnahmenausfälle, die hinzugerechnet werden müssen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Ihnen auch sagen, dass der Rechnungshof im Rahmen der Intosai auch international tätig ist. Da ist es so, dass wir uns international zusammenschließen und damit befassen, welche Rolle Rechnungshöfe international in einer Coronapandemie haben. Dazu haben wir heuer ein virtuelles Symposium organi­siert. Und wir haben auch 51 oberste Rechnungskontrollbehörden, die sich in einer schwierigen Situation befunden haben, finanziell unterstützt – da kommt für den österrei­chischen Rechnungshof als Generalsekretariat eine zusätzliche Aufgabe als Abwick­lungsstelle dazu.

Wir verstehen uns, den Rechnungshof, auch als jene Stelle, die für eine langfristige und nachhaltige Sicht auf den Staat eintritt und dementsprechend prüft. Deshalb haben wir unseren Prüfschwerpunkt für die kommenden drei Jahre auch so gewählt. Dieser Prüf­schwerpunkt lautet: Next Generation Austria. Da geht es um zwei Fragen: Hinterlassen wir der nächsten Generation mehr als Schulden?, und: Was ist die zukünftige Rolle des Staates für die nächste Generation? Das sind die zentralen Herausforderungen für den Staat aus Sicht des Rechnungshofes: die Entwicklung der Staatsaufgaben im Sinne einer Vorsorge- und Vorhaltefunktion, die Umsetzung kostenintensiver Reformprojekte, solider öffentlicher Finanzen, die Modernisierung der Verwaltung im Zeitalter der Digita­lisierung und der Korruptionsprävention und das Einlösen von Zukunftsversprechen an die Jugend im Bildungsbereich, im Arbeitsmarktbereich, im Klimaschutz und bei der Fi­nanzierung der Pensionen.

Das heißt also, die Krise kann natürlich auch nach Auffassung des Rechnungshofes eine Chance für langfristige Weichenstellungen, für den Umgang mit Daten, für eine neue Kultur der Transparenz und des gegenseitigen Respekts und natürlich für eine selbstbe­wusste Weiterentwicklung der öffentlichen Verwaltung sein.

Das Rechnungshofbudget für das Jahr 2022 wurde schon angesprochen. Dem Rech­nungshof stehen für die Erfüllung seiner umfangreichen Aufgaben 37,4 Millionen Euro zur Verfügung, das sind um 875 000 Euro mehr als im Bundesvoranschlag 2021. Damit können wir für uns wichtige Digitalisierungs- und IT-Sicherheitsprojekte abwickeln und zusätzlich zwei Vollzeitstellen finanzieren. Der Hardwareaustausch wurde dankenswer­terweise heuer gesondert finanziert, sodass die Rücklage des Rechnungshofes noch aufrecht ist und diese für Unvorhergesehenes zur Verfügung steht. Das Rechnungshof­budget ist damit eine gute Basis, damit der Rechnungshof auch im kommenden Jahr seine Arbeit sehr konsequent und intensiv fortsetzen kann.

Die Qualität unserer Prüfarbeit, sehr geehrte Damen und Herren, beruht auf zwei tra­genden Säulen: auf den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rechnungshof, die hoch


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qualifiziert und motiviert sind, und auf einer zeitgemäßen IT-Ausstattung. An beiden Aspekten arbeiten wir tagtäglich intensiv. Deshalb danke ich auch den Teams im Rech­nungshof für die Unterstützung, die sie mir und Ihnen zuteilwerden lassen.

Im Rahmen der Digitalisierung geht es um Datenanalysen, um die Implementierung des Elak und um die Digitalisierung des gesamten Prüfprozesses.

Wenn es zu einer Ausweitung der Prüfkompetenzen kommt, im Rahmen des Parteien­gesetzes, im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes, was die Prüfung öffentlicher Unternehmen betrifft – ich weise darauf hin, dass das im Land Niederösterreich im Mai schon herabgesetzt wurde auf Unternehmen mit 25 Prozent öffentlicher Beteiligung, das heißt, der Landesrechnungshof hat jetzt auch schon mehr Möglichkeiten als der Rech­nungshof; da muss nachgezogen werden –, dann muss es auch zu einer Anpassung des Rechnungshofbudgets kommen.

Zusätzliche Aufgaben können klarerweise nur mit zusätzlichen Prüfteams bewältigt wer­den, und da schweben uns als Richtwert – in Summe für den Rechnungshof, bei Auswei­tung der Prüfkompetenzen, je nachdem, wie weit das geht – 300 Planstellen vor.

Wichtig erscheint uns, dass Rechnungshöfe die zentrale Aufgabe haben, die Handlungs­fähigkeit und Funktionsfähigkeit von Regierungen und Verwaltungen zu beurteilen. Da­ran arbeiten wir, denn das ist die Voraussetzung für die Umsetzung von Reformen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Allgemeiner Beifall.)

14.30


Präsident Ing. Norbert Hofer: Besten Dank, Frau Präsidentin.

Frau Mag.a Eva Blimlinger gelangt zu Wort. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.30.51

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Bundesminister und Bundesministerinnen! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Zunächst gilt mein Dank, bevor ich mich näher dem öf­fentlichen Dienst widme, den obersten Organen – es ist ja auch schon ausführlich er­wähnt worden –, und ich freue mich, dass Sie in dieser effizienten Art und Weise für die Republik tätig sind. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Zum öffentlichen Dienst: Es ist zwar auf den ersten Blick viel weniger Budget, aber das ist Covid geschuldet. Der Großteil davon war für den – wie Sie wissen, überaus erfolgrei­chen – NPO-Fonds dotiert. Wenn man sich die Budgetzahlen ohne die Covid-Hilfen an­schaut, so sieht man, es gibt eine Steigerung um 4,5 Millionen Euro, das sind 2,3 Pro­zent, also durchaus eine gute Geschichte. Im Wesentlichen wird davon im öffentlichen Dienst der Lehrgang Public Management am FH-Campus Wien bezahlt.

Dazu ist zu sagen, dass es ja in den nächsten drei, vier Jahren im öffentlichen Dienst zu einem großen Austausch kommen wird. Die Babyboomer, wie ich eine bin, werden in den Ruhestand treten beziehungsweise in Pension gehen, und daher ist es notwendig, wirklich ausgezeichnetes Personal auszubilden, so wie wir jetzt ausgezeichnetes Perso­nal im öffentlichen Dienst haben. Man muss sich das immer auch im Vergleich mit der Privatwirtschaft anschauen: Der Anteil der Akademiker und Akademikerinnen und auch der Anteil jener, die eine Fachschule abgeschlossen haben, ist im öffentlichen Dienst wesentlich höher als in der Privatwirtschaft. Ein Großteil des Budgets geht daher auch in die Verwaltungsakademie. Wir haben ja im Regierungsprogramm die Austrian School of Government, die wir weiter entwickeln werden. Da sind wir dabei, ein Konzept für eine Perspektive im Zusammenhang mit diesem Wechsel im Personal zu erarbeiten.

Ein dritter großer Bereich ist die Digitalisierung. Da ist ja im öffentlichen Dienst schon wirklich sehr viel passiert. Die meisten Behördenwege kann man online erledigen. Öster­reich ist auch im internationalen Vergleich besonders weit vorne, was zum Beispiel die


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elektronische Erledigung eines Passantrages oder Ähnliches betrifft. Da gibt es natürlich auch die Notwendigkeit der fortlaufenden Adaptierung dieser digitalisierten Angebote.

Lassen Sie mich zum Schluss – ich mache das, glaube ich, jetzt schon zum dritten Mal – meinen herzlichen Dank an alle Bediensteten im öffentlichen Dienst aussprechen: an die Beamtinnen, Beamten, Vertragsbediensteten, Lehrlinge, all jene, die diesen Staat trotz Pandemie, trotz Krise, trotz aller möglichen Widrigkeiten so gut am Laufen halten. Ich halte auch hier wieder mein Plädoyer dafür, dass die Vorgesetzten in den Dienststellen – nicht zuletzt auch im Hinblick auf Weihnachten – bei Belohnungen und Prämien doch großzügig sind. Die Budgets geben das her. Es wäre mir wirklich ein Anliegen, dass diese Leistungen, die es gegeben hat, belohnt werden.

Im Übrigen bin ich natürlich noch immer dafür, dass die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

14.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich nun Frau Staatsse­kretärin Mag.a Andrea Mayer zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Staatssekretärin.


14.34.54

Staatssekretärin im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Mag. Andrea Mayer: Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Frau Mi­nister! Frau Rechnungshofpräsidentin! Hohes Haus! In Vertretung von Herrn Vizekanzler Kogler möchte ich die Gelegenheit ergreifen und an meine Vorrednerin anschließen und mich ganz, ganz herzlich bei allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im öffentlichen Dienst für ihre Arbeit bedanken. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Die Veränderungen in der Arbeitswelt, eine Dynamisierung, stellenweise weniger Perso­nal, Digitalisierung, Homeoffice und natürlich die letzten 20 Monate des Pandemiege­schehens: Was da an Arbeit geleistet worden ist, kann man nicht hoch genug anerken­nen. Der Staat funktioniert wegen des öffentlichen Dienstes so gut, und ich hoffe, dass wir gemeinsam mit der Gewerkschaft zu einem guten Abschluss der Gehaltsverhand­lungen kommen, um dem öffentlichen Dienst auch auf diesem Wege eine hohe Wert­schätzung zukommen zu lassen. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Lindner.)

Neben den Gehaltsverhandlungen ist eine gute Personalentwicklung ein entscheidender Erfolgsfaktor dafür, dass die Qualität der Arbeit des öffentlichen Dienstes auch weiter so gewährleistet ist. Es geht darum, dass wir die besten Köpfe des Landes für den öf­fentlichen Dienst gewinnen, um das Wissen, das durch die Pensionierungen in den nächsten zehn Jahren irgendwie wegzudriften droht, auch im öffentlichen Dienst zu halten, dass die qualitativ wirklich sehr hoch stehende Ausbildung und Weiterentwick­lung ausgebaut wird und weiterhin diesen Qualitätsstandard bietet und dass wir durch Maßnahmen der Inklusion darauf achten, dass alle, die hier leben, auch Teil des öffent­lichen Dienstes sind. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Generell darf ich noch sagen: Für den Sport, genauso wie für Kunst und Kultur, gilt, dass die Coronahilfen nicht im regulären Budget abgebildet sind. Trotzdem hat es sie gege­ben. Der NPO-Fonds zum Beispiel war für den Sport und viele andere gemeinnützige Einrichtungen wirklich die zentrale Stelle, um die Vielfalt des gemeinnützigen Lebens, von dem es in Österreich sehr viel gibt und das ja irgendwie auch unser Land zusam­menhält, gut durch diese Krise zu bringen.

Ich darf Ihnen versichern, dass wir auch weiterhin alle notwendigen Schritte setzen wer­den, um diese Strukturen im Sport, in der Kultur und an anderen Stellen zu erhalten. Wir


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sind gerade in Verhandlungen über weitere Wirtschaftshilfen, die aufgrund der andau­ernden Pandemie wieder notwendig sind. Dabei haben diese Bereiche unsere volle Un­terstützung.

Zu Herrn Abgeordneten Shetty und seinem Redebeitrag darf ich noch ergänzen: Es sind nicht 9 Millionen Euro für Werkleistungen Dritter im Sportbudget vorgesehen, sondern es sind 2,7 Millionen Euro, und die sind auch nicht für Medienkooperationen (Zwischen­ruf des Abg. Shetty), sondern für die Durchführung des Tags des Sports und des Langen Tags des Sports vorgesehen. Da geht es um Veranstaltungen und Kooperationen, bei denen das Bundesministerium Partner ist, also das sind die 2,7 Millionen Euro für Werk­leistungen Dritter. – Ich danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

14.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Christian Ragger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.39.27

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Bundeskanzler! Liebe Ministerinnen und Frau Rechnungshofpräsidentin, aber vor allem geschätzte Volksanwälte! Ich möchte in meiner Rede insofern den Fokus auf die Volksanwaltschaft legen, als es mir darum geht – weil wir ja heute hier alle drei, nämlich die nachträgliche Kontrolle, die Legislative und die Exekutive, vereint haben –, klar und deutlich hervorzuheben, welcher Fälle sich die Volksanwaltschaft eigentlich an­nimmt.

Von den 18 000 Fällen, die letztes Jahr als Beschwerden Eingang gefunden haben, konnten die Volksanwälte über 10 000 erledigen. Ich möchte nicht nur bestimmte Fälle aufgreifen, sondern, weil es mir ein Anliegen ist und heute ja auch der Bundeskanzler anwesend ist, auch darüber diskutieren, was man künftig die Tätigkeit der Volksanwalt­schaft begleitend umsetzen könnte.

Es ist heute das dritte Mal, dass ich hier stehe und gemeinsam mit der Volksanwaltschaft einmahnen muss, dass es in Kärnten heute immer noch so ist – nicht zu fassen! –, dass Menschen, die eine Behinderung, eine körperliche oder geistige Behinderung haben, auf Bauernhöfen versorgt werden, und das nur deswegen, weil die Landesregierung nicht in der Lage ist, eine ordnungsgemäße Budgetierung und Chancengleichheit nach einem abgeleiteten Gesetz umzusetzen. Das würde 26 Millionen Euro kosten und würde damit 1 000 Menschen in eine ordnungsgemäße Versorgung überführen. Es ist dies nicht nur einmal, sondern jedes Jahr von der Volksanwaltschaft bemängelt und eine Änderung verlangt worden. Ergebnis bis jetzt: null.

Im zweiten Themenblock möchte ich darauf hinweisen, dass wir vor Kurzem in der Stei­ermark einen unfassbar skandalösen Vorfall gehabt haben, nämlich dass es bei UVP-Verfahren und Genehmigungsverfahren in puncto Naturschutz offenbar zu einem Touris­mus gekommen ist, weil dort nämlich die meisten Windrad- und auch andere UVP-Ver­fahren, wie beispielsweise für eine Anlage zur Sicherstellung der Wasserversorgung, einfach getürkt waren. Anwaltskanzleien oder Ökologiebüros haben den Bescheid für den Beamten gleich selbst geschrieben, und man ist dabei mittlerweile auf so einem Level angelangt, dass wir darüber nachdenken müssen, wie weit wir der Verwaltung überhaupt noch trauen können. Große Konzerne nehmen Einfluss auf einzelne Verfah­ren, die gesetzlich verordnet, aber auch gesetzlich geregelt sind.

Ich würde es sehr begrüßen, dass die Volksanwaltschaft da eine nachträgliche Prüfung vornimmt, und zwar nicht nur in der Steiermark. Es gibt sicherlich auch in anderen Bun­desländern Problemfälle, die ähnlich gelagert sind. Wenn es der Fall ist, dass man sich


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Bescheide und Gesetze kaufen kann, dann ist es um diese Republik wahrlich sehr schlecht bestellt.

Abschließend möchte ich Ihnen noch einen dritten Bereich ans Herz legen, und da geht es auch um eine gesetzliche Sicherstellung. Die österreichische Raumplanung ist eine Querschnittsmaterie, die Bund, Länder und Gemeinden betrifft. Eine länderübergreifen­de, bundesweite Raumplanung wäre wünschenswert. Windräder lösen immer wieder breite Diskussionen aus, zum Beispiel bei uns im Grenzgebiet zwischen Kärnten und der Steiermark. Weil es keine länderübergreifende Raumplanung gibt, sind hier sage und schreibe 125 Windräder auf einem Standort konzentriert. Jeder kümmert sich nur um seinen eigenen kleinen Bereich. Ein koordinierendes übergreifendes Element und eine gemeinsame Umsetzungsmöglichkeit und Kontrolle fehlt in der Raumordnung völlig, ist rechtlich nicht ausformuliert. Umso wichtiger ist, dass es diese nachgehende Kontrolle der Volksanwaltschaft gibt und sie auch gesetzlich verankert ist.

Ich bedanke mich bei den drei Volksanwälten ganz herzlich für ihre Tätigkeit und hoffe, dass die aufgezeigten Missstände bei der Bundesregierung auf Aufmerksamkeit stoßen, dass sie abgestellt und entsprechende gesetzliche Regelungen veranlasst werden. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.43


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Alexander Mel­chior. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.43.57

Abgeordneter Alexander Melchior (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Liebe Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf mich zum Sport zu Wort melden und möchte gleich am Anfang sagen, dass natürlich auch der Sport vor einer riesen­großen Herausforderung gestanden ist. (Zwischenruf des Abg. Einwallner.) – Du, ich höre dich nicht! Die Menschen hören dich auch nicht, wenn du jetzt lauter schreist. Du kannst aber auch hierherkommen und wir können uns das Rednerpult teilen. Aber so bringt das irgendwie nichts. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber wir sind uns, lieber Kollege von der SPÖ, sicher einig, dass die Vereine und Sportler eine Ausnahmesituation hatten, und wir sind uns auch sicher einig, und dazu hat es ja auch Anträge gegeben, dass wir die Vereine und die Sportlerinnen und Sportler best­möglich unterstützen müssen. Deswegen haben wir ja auch gemeinsam einen Antrag hier im Parlament einstimmig auf den Weg gebracht, den #comebackstronger-Antrag, um die Vereine und die Sportlerinnen und Sportler bestmöglich zu unterstützen.

Besonders erfreulich war, dass wir das im Sportausschuss gut vordiskutiert haben und da auch wirklich viele Maßnahmen davon umgesetzt wurden. An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die bei der Umsetzung dabei waren. Ich habe viele Rück­meldungen von den Vereinen bekommen, von Menschen, die ehrenamtlich tätig sind. Es ist dort gut angekommen, und so konnte sichergestellt werden, dass Sport auch wei­terhin möglich ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Dass das keine Selbstverständlichkeit ist, sehen wir. Die Situation war so, dass Sport eigentlich nur mehr möglich war, wenn man allein laufen gegangen ist oder wenn man zu Hause Sport gemacht hat. So haben beispielsweise einige Kinder im Wohnzimmer Gaberln gelernt; das soll passiert sein. Es war schön, zu erleben, dass es wieder Sport in Vereinen gibt, Sport wieder normal stattfindet. Es ist wichtig, dass wir diesen Prozess weiter begleiten. Ich bin froh, dass wir mit dem NPO-Fonds ein Instrument geschaffen haben, um Vereine zu unterstützen, auch finanziell zu unterstützen und sie dadurch so auszustatten, dass sie auch nach der Krise bestehen können. Und das tun sie jetzt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 147

Ich freue mich auch, dass jetzt ganz viele Turniere und Meisterschaften stattgefunden haben, und möchte zum Schluss allen gratulieren, die in einer solch herausfordernden Zeit Preise gewonnen haben, vor allem im Jugendbereich. Ich habe da bei einigen Tur­nieren dabei sein dürfen. Es ist wunderschön, zu sehen, wie sehr die Kinder darin auf­gegangen sind und sich gefreut haben. Schauen wir, dass wir in diesem Bereich noch möglichst viel an Unterstützung leisten können. Es zahlt sich auf jeden Fall aus. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Zorba.)

14.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Volksanwalt Dr. Walter Rosenkranz zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Herr Volksanwalt.


14.46.57

Volksanwalt Dr. Walter Rosenkranz: Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Bundesministerinnen! Frau Staatssekretärin! Frau Rechnungshofpräsidentin! Geschätz­te Kollegen der Volksanwaltschaft! Hohes Haus! Zunächst möchte ich den Dank und die Anerkennung, die Sie hier vom Rednerpult aus der Institution Volksanwaltschaft gespen­det haben, entgegennehmen und selbstverständlich an die kompetenten Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter im Haus weiterleiten.

Zum Budget: Es gibt eine leichte Erhöhung, die vor allem dem Opcat-Mandat, also dem präventiven Menschenrechtsschutz, und der internationalen Tätigkeit zukommen wird. Es wurde auch erwähnt, dass die Zahl der Dienstposten im letzten Jahr erhöht worden ist. Das muss ich allerdings insoweit einschränken, als die budgetäre Bedeckung dafür noch nicht da ist, aber die Volksanwaltschaft kommt mit Entnahmen aus Rücklagen, die wir derzeit noch haben, zumindest 2022 und 2023 noch damit aus. Ab 2024 muss sich der Bundesfinanzgesetzgeber schon Gedanken darüber machen, wie das weiter zu fi­nanzieren sein wird.

Es wurden auch einige Prüfschwerpunkte der letzten Zeit angesprochen. In diesem Zu­sammenhang gibt es den Wunsch, dass auch ausgegliederte Unternehmungen und Betriebe einer Prüfung durch die Volksanwaltschaft unterliegen können. Dem stehen wir selbstverständlich offen gegenüber, und wir können auch versichern, dass wir das mit der entsprechenden Qualität auch ohne große Budgeterhöhungen durchführen können, weil wir schon jetzt Beschwerden über diese Institutionen bekommen und servicierend wirken. Das Beispiel Asfinag wurde bereits erwähnt, wobei es eine gute Kooperation gibt und wir bereits einiges an Wirkung erzielt haben.

Es wurde angefragt, ob durch die Übernahme des Opcat-Mandats für Vorarlberg unter Umständen die Qualität leiden könnte. Da kann ich klar Auskunft geben: Nein, es wird keine Einschränkung in der Qualität des Opcat-Mandats in Vorarlberg geben.

Es wurden auch die Strafen im Zuge von Corona angesprochen – die diesen zugrunde­liegenden Verordnungen wurden ja durch den Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Die Konsequenz daraus ist in erster Linie Ländersache, und da hat es eine unterschiedliche Praxis gegeben: Manche Bundesländer haben die Strafen freiwillig zurückgezahlt, man­che nicht. Die Forderung wäre natürlich quasi ein allgemeines Amnestiegesetz. So et­was, und damit darf ich den Ball zurückgeben, kann nur dieses Hohe Haus beschließen.

Wenn es Anonymverfügungen waren, ist leider jede Möglichkeit zur Rückabwicklung mangels Überprüfbarkeit ausgeschlossen.

Zum Schluss wurde die Situation angesprochen, die es in der Steiermark mit diesen – es wurde so genannt – „getürkten“ Gutachten beziehungsweise Bescheiden bezie­hungsweise mit dem Tätigwerden der Abteilung im Amt der Landesregierung gegeben hat. Das ist ein anhängiges Strafverfahren. Da ist in erster Linie die Gerichtsbarkeit am Zug, aber umgekehrt: Die Volksanwaltschaft geht selbstverständlich jeder Beschwerde nach.


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Wenn Bürgerinnen und Bürger, Menschen in diesem Land glauben, dass es in einem solchen Bereich auch in einem anderen Bundesland zu Verfehlungen gekommen ist, so steht die Volksanwaltschaft für jede Beschwerde offen. Wir bewerben das auch. Es kam die Frage, ob man nicht auch eine jüngere Klientel aufmerksam machen kann: Das ist selbstverständlich auch im Gange.

Insgesamt: Die Volksanwaltschaft steht den Menschen in diesem Land offen. Wir wollen mit unserer Expertise Vertrauen in die Verwaltung bringen. Ein Grundsatz der Volksan­waltschaft ist auch, dass die Verwaltung auch das Vertrauen haben muss und die Möglichkeit, richtig zu handeln, und erst dann, wenn das im Einzelfall eben nicht mehr gegeben sein sollte, stehen wir selbstverständlich dem Bürger, der Bürgerin, allen Men­schen mit Rat und Tat zur Verfügung.

Ich glaube, das Budget für die nächsten zwei Jahre ist ein mit der Volksanwaltschaft gut akkordiertes. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

14.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Nurten Yılmaz. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.51.25

Abgeordnete Nurten Yılmaz (SPÖ): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Werte Frauen Ministerinnen! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es gibt keine zusätzlichen Investitionen in Pfle­ge, keine Offensive gegen den Pflegenotstand, stattdessen gibt es eine KöSt-Senkung, die nur den Reichsten und den türkisen Spendern zugutekommt. Es gibt keinen einzigen Cent mehr als bisher für Ganztagsschulen, Nachmittagsbetreuung oder Kindergärten. Stattdessen wird der ungerechte Familienbonus noch einmal erhöht. Das erfreut die rei­chen Großfamilien, eine teilzeitbeschäftigte Alleinerzieherin hat nichts davon. Das ist die Quintessenz des ökokonservativen Budgets 2022: Umverteilung nach oben. Manches mag ökologisch sein, aber sozial, werte Kolleginnen und Kollegen, ist da gar nichts, aber wirklich nichts! (Beifall bei der SPÖ.)

Werte Frau Ministerin Raab, das wäre auch Ihre Aufgabe als Integrationsministerin: kan­tige Interessenpolitik für die zugewanderten NeoösterreicherInnen und deren Kinder und Enkel, glaubwürdiger Einsatz für die Hunderttausenden Menschen im Einwanderungs­land Österreich, die unser Land am Laufen halten, sei es an der Kassa im Supermarkt, sei es am Bau, in der Pflege oder in den Krankenhäusern.

Egal ob Coronakrise oder nicht, es sind die vielfältigen Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer, die täglich unser Land vorwärtsbringen. Diese Menschen haben es sich ver­dient, dass es in der Bundesregierung jemanden gibt, der sich für sie einsetzt, statt­dessen hören wir von Ihnen immer nur: Wertekurse, Wertekurse, Ehrenamt, Ehrenamt, politischer Islam, politischer Islam!

Frau Ministerin, Sie müssen als Integrationsministerin Partei ergreifen für die jungen Menschen und deren Zukunft, Partei ergreifen für die Kinder, die täglich in unserem Land auf die Welt kommen, für die Kinder, deren Eltern und Großeltern einmal nach Österreich ausgewandert sind. Diese Kinder sind unsere Kinder und diese Kinder brauchen endlich eine Interessenvertretung in der Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Zu Ihrem Integrationsbudget selbst habe ich wenig Negatives anzumerken, zumindest was die Zahlen betrifft. Es gibt 1,75 Millionen Euro mehr Geld, insgesamt 105 Millionen Euro, auch mehr Förderung gegen patriarchale Zusammenhänge, wobei der Schwer­punkt auf Stärkung der Mädchen und Frauen gelegt wird. Das macht natürlich Sinn. Mit der Ermächtigung können Sie nochmals 55,4 Millionen Euro für Deutschkurse abrufen und ausgeben. Auch das unterstütze ich. Es kann nicht genügend gute, niederschwellige Angebote für Deutschkurse geben.


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Was ich aber nach wie vor kritisiere: Es gibt immer noch keinen Integrationsausschuss hier im Parlament, in dem wir uns ernsthaft, und zwar alle Parteien, mit den Themen Teilhabe und Integration auseinandersetzen. Das Integrationsbudget ist fünfmal höher als das Frauenbudget, und wir haben noch immer keinen Integrationsausschuss. Es geht nicht, dass man da das Parlament außen vor lässt!

Zweitens: Nach wie vor wandern circa 90 Millionen Euro vom Budget in den Österreichi­schen Integrationsfonds. Dieser ist und bleibt eine Blackbox, und zwar im doppelten Sinne: Die MitarbeiterInnen im ÖIF machen eine gute und wichtige Arbeit, keine Frage; es geht aber nicht, dass dort die wirkliche Integrationsarbeit intransparent abläuft und jede Anfrage mit Verweis auf das Interpellationsrecht zurückgeworfen wird. Diese Arbeit muss im Haus gemacht werden, werte Kolleginnen und Kollegen, und zwar im Ministe­rium selbst. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

14.56


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Dr. Reinhold Lopatka. – Herr Ab­geordneter, ich nehme an, dass Sie die Redezeit exakt einhalten werden und wir um 15 Uhr zum nächsten Punkt kommen können. Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Lopatka – auf dem Weg zum Rednerpult –: Keine Sorge, Herr Präsident!)


14.56.30

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Nach der Polemik meiner Vorrednerin Nurten Yılmaz lassen Sie uns wieder zu einem Sachthema zurückkehren, für das auch Bundesministerin Raab zustän­dig ist, einem wichtigen Thema, das in der Vergangenheit kontroversiell war, wobei da viel gelungen ist – ich spreche von unseren Volksgruppen in Österreich.

Die Förderung des wirksamen Schutzes nationaler Minderheiten hatte ja auch Ungarn im Europarat – wo Ungarn jetzt im Ministerkomitee den Vorsitz geführt hat – als Schwer­punkt. Vorletzte Woche war ich mit Präsidentin Doris Bures bei einer Tagung des Euro­parates, und auch da ist positiv gesehen worden, was die Bundesregierung in den letzten Jahren in diesem Bereich zustande gebracht hat.

Ein sensibles Thema: Die größte Gruppe europaweit sind hier die Roma und Sinti, mehr als zehn Millionen Menschen von Spanien bis nach Rumänien. Auch wir haben die Roma als eine der sechs anerkannten Volksgruppen. Da gibt es bei uns ein gutes Miteinander, einerseits der Volksgruppen untereinander, andererseits aber auch der verantwortlichen Politik im Zusammenhang mit der Arbeit für die Volksgruppen.

Nach mehr als 25 Jahren ist im letzten Jahr erreicht worden – die Förderung und die finanziellen Mittel sind da von ganz, ganz großer Bedeutung –, diese Förderung von 3,9 Millionen Euro auf 7,9 Millionen Euro aufzustocken. Das ist eine enorme Leistung. Das ist auch von den Volksgruppen positiv anerkannt worden.

Auch die Volksgruppen versuchen, ihre Arbeit zu professionalisieren. Die Volksgruppen­beiratsvorsitzenden haben bisher lose zusammengearbeitet, sie haben das erst kürzlich auf Vereinsebene gestellt, um diese Arbeit zu verbessern. Unser Volksgruppensprecher Niki Berlakovich hat es vorhin schon angesprochen: Es gibt nun auch für die Volks­gruppenmedien eine zusätzliche Förderung, und in Zukunft will man im Bereich Jugend- und Nachwuchsarbeit noch aktiver sein.

Ich möchte noch erwähnen, dass die Volksgruppen, alle Volksgruppen, eine Bereiche­rung für Österreich sind. Es ist viel geschehen, man kann und darf aber nie mit dem Stand zufrieden sein. Das heißt, es wird für uns heuer und in Zukunft auf nationalstaat­licher Ebene weiter eine wichtige Aufgabe bleiben, die Volksgruppen bestmöglich zu unterstützen. Genauso sind auch die jeweiligen Bundesländer und die Landesregierun­gen gefordert, ihren Beitrag zu leisten.


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Es ist ein gutes Miteinander auf den Weg gebracht worden, unter anderem durch eine deutliche Aufstockung der Mittel. Das sollten wir nützen, um diesen guten Weg gemein­sam fortzusetzen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.59


Präsident Ing. Norbert Hofer: Besten Dank für die zeitliche Punktlandung.

Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über die Punkte 3 und 4 der Tagesord­nung, damit die verlangte Behandlung eines Dringlichen Antrages gemäß der Geschäfts­ordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

15.00.08Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nein zur Diskriminierung gesunder Menschen – Ja zum Plan B gegen Corona“ (2011/A(E))


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung des Selbstän­digen Antrages 2011/A(E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Seit Beginn der Corona-Krise im Frühjahr 2020 sehen sich die Österreicherinnen und Österreicher mit Einschränkungen ihrer Grund- und Freiheitsrechte konfrontiert: Lock­downs, Ausgangssperren, Demonstrationsverbote, Kontaktbeschränkungen, Masken­pflicht, Zutrittsbeschränkungen, Testpflicht und mittlerweile eine mehr als indirekte Impf­pflicht sind jene Instrumente, die von der Bundesregierung seit nunmehr beinahe zwei Jahren in Stellung gebracht werden, um das Land – eigenen Angaben zufolge – sicher durch die Pandemie zu bringen.

Das Ergebnis sieht leider anders aus: Die Maßnahmen im Vorjahr hatten einen beinahe irreparablen Schaden für die Wirtschaft des Landes zur Folge, die Zahl der Menschen in Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit stieg auf knapp eine Million an. Firmenpleiten und zer­störte Existenzen von Klein- und Mittelunternehmern sowie gesundheitliche Kollateral­schäden abseits von Corona, ein rasanter Anstieg an Patienten in der Kinder- und Ju­gendpsychiatrie als Folge von Heimunterricht und Lockdown sind vielmehr das Ergebnis der Corona-Politik der türkis-grünen Bundesregierung, die trotzdem immer noch behaup­tet, dass Österreich „besser durch die Corona-Pandemie“ gekommen sei als viele an­dere Länder.

Regierung hat Pandemie medial schon für beendet erklärt

Zusätzlich ist es Spitzenvertretern dieser Regierung nicht einmal peinlich, wenn sie hier im Hohen Haus – wie Klubobmann Wöginger in der letzten Plenarsitzung – auch noch behaupten, Alt-Kanzler Kurz habe die Pandemie beendet. Auch Finanzminister Blümel meinte Mitte Oktober im ZiB2-Interview, dass die Pandemie vorbei sei. Und sogar beim Städtetag in der Vorwoche, wo Österreich bereits mit fünfstelligen täglichen Neuinfek­tionen konfrontiert war, behauptete Niederösterreichs ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, dass die Pandemie gemeistert sei.

Seit den Einschlägen in Form von Korruptionsermittlungen im Sektor der ÖVP und dem damit verbundenen „Schritt zur Seite“ durch den nunmehrigen Alt-Kanzler hat Gesund­heitsminister Mückstein das Zepter in der Corona-Politik übernommen, führt sie aber ebenso wenig evidenz- und faktenbasiert wie noch unter der Leitung des mittlerweile komplett von der Bildfläche verschwundenen Alt-Kanzlers.


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Von Anfang an, seit zuerst von der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA und später auch vom Nationalen Impfgremium „grünes Licht“ für die im Eilverfahren zugelassenen Impfstoffe gegeben wurde, fokussierte sich die österreichische Bundesregierung auf die Impfung als einzigen Ausweg aus der Krise. Die Versprechungen, was die Impfung alles kann, wurden allerdings immer weiter abgeschwächt. Die Bundesregierung tätigte im Laufe der Zeit folgende Aussagen:

•     Wer sich impft, der schützt sich und andere.

•     Die Impfung ist der Gamechanger.

•     Für Geimpfte ist die Pandemie vorbei.

Im Laufe der Zeit wurden die Aussagen immer vorsichtiger. Da hieß es dann:

•     Die Impfung schützt vor schweren Verläufen.

•     Die Impfung verhindert, dass man auf der Intensivstation landet.

Der Höhepunkt der Abschwächung der Heilsversprechen für die Corona-Impfung war vor zwei Wochen dann die Schlagzeile in einer österreichischen Tageszeitung: „Impfung bringt kürzeren Aufenthalt in Kliniken.“

Unter die Zahl der Neuinfektionen mischen sich immer mehr Impfdurchbrüche. Entgegen der Versprechungen versterben auch jeden Tag Menschen in den Kliniken, die vollimmu­nisiert waren. Doch wie reagiert die Bundesregierung? Sie baut ein Zwangsregime auf mit dem einzigen Ziel, all jene, die bislang aus unterschiedlichsten Gründen nicht geimpft sind, in die Nadel zu zwingen.

Regierung bricht Versprechen und kündigt Impfpflicht im Gesundheitsbereich an

Dabei geht die Regierung sogar so weit, in Gesundheitsberufen einen Impfzwang ver­ankern zu wollen. Damit überschreitet Türkis-Grün die rote Linie, die sie selber gezogen hat. In dutzenden Medienauftritten haben sich vom Kanzler abwärts alle Repräsentanten stets gegen einen Impfzwang ausgesprochen.

Gerade im medizinischen Bereich, wo – wie man den Medien entnehmen kann – die Personalsituation besonders angespannt sei, wird dieser Impfzwang wohl dazu führen, dass etliche fachlich hervorragende Mitarbeiter ihren Job verlieren. Die Leitlinie der Re­gierung, wonach alle getroffenen Maßnahmen das vorrangige Ziel haben, eine Überlas­tung des Gesundheitssystems zu verhindern, wird durch diese angekündigte Impfpflicht im Gesundheitsbereich konterkariert.

Als bislang letzten Akt im Angriff auf gesunde und durch die 3G-Regel am Arbeitsplatz sogar durchgehend getestete Menschen, hat die Bundesregierung nun einen Lockdown über Ungeimpfte verhängt. Zwei Millionen Menschen werden quasi inhaftiert, ohne et­was Unrechtes getan zu haben. Arbeiten, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zah­len: ja. Teilnahme am Gesellschaftsleben, Einkäufe etc.: nein! Dieser verfassungswidri­ge Schritt, der gegen alle Grund- und Freiheitsrechte verstößt bildet eine neue „Qualität" von Menschenverachtung und Kaltherzigkeit.

Mit diesem Schritt treibt die Bundesregierung ihre Hetzkampagne gegen Ungeimpfte auf einen neuen traurigen Höhepunkt und tritt aus ihrer gescheiterten Corona-Strategie die Flucht nach vorne an. Es handelt sich um reine Sündenbockpolitik ohne Beachtung ir­gendeiner medizinischen Evidenz. Denn es ist nun einmal Tatsache, dass gerade die mangelhafte Wirksamkeit des Impfstoffes die Pandemie weiter vorantreibt. Gesundheits­minister Mückstein und Co. verschließen die Augen vor dramatischen Infektionsentwick­lungen in Ländern mit hoher Impfquote genauso wie sie die steigende Zahl an Impf­durchbrüchen ignorieren. Die Regierung läuft mit dem Impfbrett vor dem Kopf gegen die Wand. Die Infektionszahlen werden trotz dieser Diskriminierungsmaßnahme weiter steigen.


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Diese Vorgangsweise der österreichischen Bundesregierung widerspricht auch ganz klar der Entschließung 2361 (2021) des Europarats vom 27. Jänner 2021, die eine Diskri­minierung von Covid-19-Ungeimpten ganz klar verurteilt und ausschließt.

Der Plan B als einziger Ausweg aus der Coronakrise

Die FPÖ hat vor zwei Wochen ihren mit Hilfe von Experten und Ärzten ausgearbeiteten „Plan B“ präsentiert, um das Land aus der Sackgasse der Regierung zu manövrieren. Im Mittelpunkt stehen drei Punkte, deren Umsetzung eine Kehrtwende zum Positiven in der Corona-Politik bewirken kann.

Über allen Maßnahmen steht das Prinzip der Freiwilligkeit. Jeder, der sich impfen lassen will, soll das tun – aber nicht an der Supermarktkasse, in der Hofburg oder gar im Bordell, sondern nach einem Gespräch mit dem Arzt des Vertrauens. Für die Impfung von Kin­dern und Jugendlichen gibt es keinen Grund. Jeder, der sich am Ende nach einem Auf­klärungsgespräch mit dem Arzt des Vertrauens und der Abwägung der positiven und negativen Auswirkungen gegen die Impfung entscheidet, der darf keinen Nachteil daraus erhalten.

Die Basis für den „Plan B“ soll eine flächendeckende Antikörper-Erhebung sein, denn nur dann weiß man, wer sich nicht infizieren kann bzw. mit maximaler Wahrscheinlichkeit vor einer Infektion geschützt ist. Wer eine entsprechende Anzahl an Antikörpern auf­weist, der hat einen Schutz und muss als immunisiert gelten. Es muss dabei egal sein, ob diese Antikörper aus der Impfung, einer erwiesenen Covid-Infektion oder aus einer Infektion kommen, die jemand gar nicht bemerkt hat. Ab einem entsprechenden Niveau, das noch zu definieren sein wird, hat man als immunisiert zu gelten. Es ist für die FPÖ unverständlich, warum die Regierung kein Interesse an dieser Statuserhebung hat. Stattdessen sollen offenbar alle diskriminiert werden, die nicht an einer experimentellen Impfung teilnehmen wollen. Aus der großen Antikörperstudie würde auch eine solide Datenbasis über die Wirksamkeit der Impfung und sogar der einzelnen Impfstoffe ge­schaffen werden.

Bei all jenen, die keine Antikörper haben, sollte mit PCR-Tests gearbeitet werden, sobald sie Symptome haben. Und dann muss sofort ein Arzt die Behandlung des mit dem Co­ronavirus infizierten Patienten übernehmen. Damit gelingt eine Rückkehr zur medizini­schen Normalität. Die Betreuung von Infizierten und Erkrankten darf nicht in Callcentern erfolgen, sondern muss vom Arzt übernommen werden. Dabei ist es egal, ob jemand geimpft ist oder nicht.

Frühzeitige Behandlung durch einen Arzt zur Schonung des Gesundheitssystems

Der dritte Punkt und das Herzstück des „Plan B“ ist die frühzeitige Behandlung Corona-positiver Menschen, damit ein schwerer Krankheitsverlauf mit Hospitalisierung verhin­dert werden kann. Bei Covid 19 handelt es sich um eine Virusinfektion der oberen Atemwege. Für deren Behandlung gäbe es eine Reihe zugelassener Medikamente, die – vom Arzt auf den jeweiligen Patienten zugeschnitten – zur Anwendung kommen können und müssen.

Für die mögliche zweite Phase, die Entzündungsphase der Gefäßwände, gibt es eben­falls eine Vielzahl an Medikamenten, die schon jetzt im Einsatz sind und die sich bewährt haben – wie etwa Cortison in verschiedenen Abstufungen, Blutgerinnungsmittel, sowie Mittel, die die Viruslast senken können. Es gibt dabei kein Patentrezept für alle. Es gibt aber ein sehr gutes Arsenal an Wirkstoffen, das ein Arzt auf Basis des individuellen Risikoprofils des Patienten anwenden kann und soll. Auf diese Weise erreicht man eine hohe Wahrscheinlichkeit, schwere Verläufe zu verhindern. Das entlastet unser Gesund­heitssystem, mit dessen Auslastung derzeit das Herunterfahren unseres Landes begrün­det wird, welches aktuell wieder – für Ungeimpfte – vom Gesundheitsminister verordnet wurde.


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Der „Plan B“ kombiniert Freiheit und Gesundheit und spielt diese beiden Werte nicht gegeneinander aus. Zwang wird durch Freiheit ersetzt. Der „Plan B“ beendet die Spal­tung der Gesellschaft und das Gegeneinander, in das die Menschen von der Bundesre­gierung hineinmanövriert worden sei. Und der „Plan B“ ersetzt Angst und Panik durch begründete Hoffnung und Zuversicht.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, die folgende gesetzliche Regelungen umfasst:

-     Ein sofortiges Außerkrafttreten des Covid-Maßnahmengesetzes

-     Ein ausdrückliches und bindendes Diskriminierungsverbot für Covid-19-Ungeimpfte in Gesellschaft, Wirtschaft, am Arbeitsplatz, an den Schulen und Universitäten, ins­besondere

-     Eine sofortige Aufhebung des seit 15.11. 2021 geltenden Lockdowns für Covid-19-Ungeimpfte

-     ein Verbot der Kürzung oder sogar Streichung von Versicherungs- und Sozialleis­tungen durch Arbeitsmarktservice (AMS) oder die Sozialämter für Covid-19-Unge­impfte

-     ein Verbot der Kündigung oder Nichtanstellung von Lehrlingen und Arbeitnehmern, die sich nicht gegen Covid-19 impfen lassen

-     einen gesetzlichen Rechtsanspruch für die Bürgerinnen und Bürger gegen den Bund, die Länder und Gemeinden, die Sozialversicherungsträger, das Arbeitsmarkt­service, die Sozialämter und Arbeitgeber in der Privatwirtschaft und im Öffentlichen Dienst gegen Diskriminierungen im Zusammenhang mit dem Covid-19-Impfstatus

-     die Umsetzung des „Plan B“ als Alternative zur derzeitigen grundrechtswidrigen und nicht evidenzbasierenden Corona-Politik

In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag im Sinne des § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 2 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und einem der Antrags­steller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich erteile Frau Abgeordneter Dr. Belakowitsch als An­tragstellerin zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort. Gemäß § 74a Abs. 5 der Geschäftsordnung darf die Redezeit 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


15.00.37

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungs­bank! Seit zwei Tagen sperrt jetzt die Bundesregierung, sperren Sie, Herr Bundeskanzler Schallenberg, nachweislich gesunde Bürger weg. Sie sperren nachweislich gesunde Bürger zu Hause ein, während Sie auf der anderen Seite infektiöse Bürger draußen he­rumlaufen lassen. Die dürfen dann alles machen. Wenige Meter, 100 Meter Luftlinie von hier ist der Wiener Christkindlmarkt, Herr Bundeskanzler, dort schieben sich die Massen


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durch, ohne jegliche Kontrolle, ohne einen Test, ohne dass man weiß, sind sie infektiös oder sind sie es eben nicht.

Diese Personen dürfen dann in die Nachtgastronomie gehen, sie dürfen ins Kleiderge­schäft gehen, sie dürfen sich Winterstiefel kaufen, Weihnachtsgeschenke für ihre Liebs­ten kaufen, das dürfen sie alles; aber ein anderer Teil, ungefähr 30 Prozent unserer Mit­bürger, die dürfen das alles nicht, weil sie sich aus unterschiedlichsten Gründen nicht haben impfen lassen – sei es aufgrund einer Vorerkrankung, sei es, weil sie diesen Impf­stoffen misstrauen, vielleicht auch, weil sie vor den Nebenwirkungen dieser Impfstoffe Angst haben, all das sind durchaus Gründe, die zu respektieren sind. Diese Bürger wer­den jetzt von Ihnen eingesperrt, Herr Bundeskanzler! (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Dann überlegen Sie noch weiter: Vielleicht kann man noch mehr Leute noch schneller in eine Impfung treiben! Ich meine, der Fantasie sind da ja überhaupt keine Grenzen ge­setzt, das treibt ja wunderbare Blüten: Bis zu 1 000 Euro für jeden Geimpften sollte man verschenken, also eine Belohnung für eine Impfung, für eine Spritze. Na bravo, Herr Bundeskanzler, weit haben wir es gebracht! So etwas hat es tatsächlich noch nie gege­ben: eine Schutzimpfung, nach der man trotzdem Maske tragen muss; eine Schutzimp­fung, nach der man infektiös sein kann, eine Schutzimpfung, nach der man krank werden kann, eine Schutzimpfung, nach der man auch versterben kann.

Herr Bundeskanzler, was ist das Ziel, das Sie mit diesem Lockdown für Ungeimpfte ver­folgen? Was wollen Sie jetzt? Ich meine, der Herr Bundesminister für Gesundheit war ja leider am Sonntag nicht in der Lage, uns zu erklären, was er als Ziel sieht, trotz mehr­facher Nachfragen hat Herr Bundesminister Mückstein eigentlich kein Ziel formuliert ge­habt. Er wusste nicht, warum es jetzt einen Lockdown für Ungeimpfte gibt. Er ist aller­dings nach dem Ausschuss direkt zum Küniglberg gefahren, hinein in die „ZIB 2“, und hat dann gleich den Lockdown für alle angekündigt.

Gut, Sie sind am nächsten Tag ausgerückt, Sie sind ihm dann einerseits beigesprungen, als Sie gesagt haben, das Ziel sei natürlich, die Impfquote zu erhöhen, aber Sie haben auch gesagt, es werde auf keinen Fall einen Lockdown für die Geimpften geben. Meine Damen und Herren, was ist das für eine Regierung? – Das ist ein Sauhaufen! Einer sagt hü und einer sagt hott. (Beifall bei der FPÖ.) Keiner weiß, worum es geht. Bei Ihnen ist wirklich die ägyptische Finsternis ausgebrochen, meine Damen und Herren.

Ich will jetzt gar nicht so genau darauf eingehen, was Ihr Klubobmanndarsteller einmal gesagt hat, dass es eben keine Impfpflicht in Österreich geben wird, auch keine indirekte, aber bitte schön, meine Damen und Herren, was ist 2G? Was ist 2G? – Die indirekte Impfpflicht. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Ihr Auftritt in der gestrigen „ZIB 2“, Herr Bundeskanzler, war auch alles andere als ein Heldenstück. Sie treiben die Leute wirklich schon in die Verzweiflung. Wir haben Arbeit­geber, die bereits 2G verlangen. Das ist für Arbeitnehmer ganz fürchterlich. Viele wissen jetzt nicht, was sie tun sollen. Sollen sie sich gegen ihre Überzeugung impfen lassen oder sollen sie kündigen? Beim AMS ist dann die nächste Drohung: Wenn sie einen Job nicht annehmen, bei dem Impfpflicht herrscht, kriegen sie weniger AMS-Geld. Also das ist eine enorme Spaltung, die in der Gesellschaft bereits stattfindet, meine Damen und Herren.

Anstatt dass Sie versuchen, dem entgegenzuwirken, schmeißen Sie noch eines drauf. Es ist einfach so: Man hat den Eindruck, Sie von der Österreichischen Volkspartei wollen diese Spaltung. (Abg. Hörl: Sie spalten!) Es ist ja nicht so, dass das überraschend wäre. Der Klubobmann, der jetzt fehlt, Herr Wöginger, der möchte ja so gerne spalten. Das hat er ja schon angekündigt: Er will einen Spalt hineintreiben. Jetzt haben wir den Spalt durch die Bevölkerung. Da können Sie sich dann auf die Schulter klopfen, liebe Öster­reichische Volkspartei. Sie spalten auf: Geimpfte gegen Ungeimpfte, Arbeitnehmer gegen


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Arbeitgeber, Sie hetzen Gäste gegen Kellner auf, Sie hetzen Handel gegen Gastrono­mie, Polizei gegen Bürger, Ärzte gegen Patienten auf. Sie spalten die Gesellschaft in allen Bereichen, meine Damen und Herren von der Volkspartei! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Stocker.)

Das Denunziantentum, das treibt fröhliche Urständ in unserem Lande, meine Damen und Herren! Da zeigen sich Nachbarn gegenseitig an, weil der Nachbar vermeintlich in Quarantäne das Haus verlassen hat. Familien zerstreiten sich. Der Ehemann zeigt den Schwager an, die Ehefrau den Partner. Alle Konflikte können jetzt ausgelebt werden, denn jetzt ist Corona, und da ist es in Ordnung, dass man sich gegenseitig vernadert und dass man sich ausspioniert und bespitzelt, meine Damen und Herren.

Herr Bundeskanzler Schallenberg, macht Sie das eigentlich nicht nervös? Wollen Sie tatsächlich, dass es in unserer Republik so weitergeht? Wissen Sie, Herr Bundeskanzler Schallenberg, wir haben so etwas schon einmal gehabt, bei der Staatssicherheit in der DDR. Auch damals war es so, meine Damen und Herren, dass innerhalb der Familien das Spitzelwesen geblüht hat. (Ruf: Geh bitte! – Abg. Lopatka: Hören Sie auf!) – Was heißt: Geh, hören Sie auf!, Herr Kollege von der Österreichischen Volkspartei?! (Abg. Lopatka: Na wirklich!) Die Österreichische Volkspartei ist genau jene Partei, die das permanent befeuert. Dieses Spitzelwesen, das hatten wir bei der Staatssicherheit. Da­mals haben die sogenannten Spitzel IM geheißen. Dieses Spitzelwesen haben Sie in den letzten 22 Monaten hier aufgezogen.

Dann haben Sie einen Innenminister, der sich hinstellt und drakonische, drastische Stra­fen verkündet, dass man den Eindruck gewinnen könnte, jeder Maskenverweigerer kommt jetzt ins Gefängnis. Schauen Sie sich die Videos an: Da werden unbescholtene Bürger im Schuhgeschäft kontrolliert, ob sie einen grünen Pass haben. Unbescholtene Bürger werden in dieser Republik beim Einkauf von Schuhen, von Kleidung kontrolliert. Auf der anderen Seite aber haben wir offene Grenzen, im Burgenland und in der Steier­mark. Wie schaut es denn aus, was kommt dort alles herein? Haben die Asylwerber eigentlich alle einen 2G-Nachweis? (Ruf: Oida!) Müssen die eigentlich einen 2G-Nach­weis haben, bevor sie überhaupt „Asyl“ rufen dürfen? Sie haben ja einen Grünen-Pass-Fetisch, Sie ordnen ja diesem grünen Pass sonst auch alles unter. Oder gilt das nur für die unbescholtenen Österreicherinnen und Österreicher, liebe Volkspartei? (Beifall bei der FPÖ.)

Jeder, der sich Ihrem evidenzbefreiten Meinungsdiktat nicht unterordnet, wird als Covid­iot, als Depp, als dumm, als Nazi, als Coronaleugner bezeichnet. Meine Damen und Herren, bei Ihnen gibt es nur Schwarz und Weiß: hier die Wissenschaft – die von Ihnen definierte –, die Volkspartei, da drüben die Bürger. Und die haben gefälligst das zu tun, was Sie ihnen sagen. Und dann gibt es noch die publizistischen Troubadoure dieser Bundesregierung, die ja in den letzten 22 Monaten von Sebastian Kurz und Ihrer Volks­partei ordentlich mit Geld gefüttert worden sind. Na die müssen sich natürlich verbiegen und die müssen natürlich genau diese Propaganda bringen, die Sie wollen. Bei manchen ist es dann tatsächlich schon so weit gekommen, dass sie die eigene Propaganda glau­ben und ihre zweijährigen Kinder impfen lassen und dass sie sich vor Angst nicht mehr aus dem Haus trauen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das sind aber genau die Gleichen, die sich dann aufregen, wenn es Privatsender gibt, die vielleicht auch alternative Meinungen zulassen, die internationale Größen und inter­nationale Wissenschafter bringen, die vielleicht eine etwas andere Meinung als die vor­gegebene unserer Bundesregierung vertreten. Genau die gleichen Leute sind es, die dann schreien: Kann man nicht diesen Sender verbieten? Das ist das Demokratiever­ständnis, das Sie in den letzten 22 Monaten in diesem Lande geschaffen haben, meine Herrschaften von der Österreichischen Volkspartei.


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Vor diesem Hintergrund muss man ehrlich sagen: Der Gesundheitsminister möchte dann die gesunden Menschen separieren. Gesundheitsminister Mückstein hat am Sonntag im Hauptausschuss gesagt, er möchte Menschen in Österreich separieren. Wie geht denn das weiter, wo hört denn das auf? Was ist dann der nächste Schritt? Haben wir dann Lager für die separierten Menschen? Sind das dann die sogenannten Separationslager für die gesunden Menschen, vielleicht auch noch eingezäunt mit Stacheldraht, damit das Virus nicht rauskrabbeln kann, meine Damen und Herren? (Zwischenrufe bei den Grü­nen.) Was ist dann der nächste Schritt, meine Damen und Herren? Was ist der nächste Schritt? Und was werden Sie unseren Bürgern noch alles aufbürden? (Ruf bei den Grünen: Das ist ein Wahnsinn!) – Das ist ein Wahnsinn, Sie sagen es. (Ruf bei der ÖVP: Diese Rede, ja!) Diese Politik ist ein wirklicher Wahnsinn, meine Damen und Herren!

Wie lange wollen Sie denn diesen Spalt noch weitertreiben? Wie weit wollen Sie den Spalt noch hineintreiben? Bis hinein in die Kinder haben Sie es getan: Die Kinder mit dem Goldpickerl gegen die Kinder mit dem blauen Pickerl, die Kinder mit dem Goldpi­ckerl gegen die Kinder mit dem grünen Pickerl, die Kinder, die off label geimpft wurden, gegen die ungeimpften Kinder, die Kinder, die Jugendlichen, die sich haben impfen lassen, gegen jene Jugendliche, die sich nicht impfen lassen möchten. Das ist Ihre Poli­tik, die betreiben Sie bei den ganz Kleinen beginnend bis ganz hinauf, meine Damen und Herren.

Und wissen Sie: Alles geschieht unter dem Deckmantel: die Wissenschaft. Jetzt sage ich Ihnen etwas, meine Damen und Herren: Es gibt sie nicht, die Wissenschaft. Wissen­schaft ist ein Prozess, es gibt eine These, es gibt eine Antithese, es gibt eine Synthese. Eine These muss aufgestellt werden, sie wird bewiesen oder widerlegt. Bei Ihnen ist das ein bissel anders. Und wenn man nach Ihrer Wissenschaft geht, so wie Sie 22 Monate lang Wissenschaft definiert haben, dann wäre die Erde heute noch eine Scheibe, denn genau das war seinerzeit wissenschaftlicher Konsens. (Beifall bei der FPÖ.)

Auch die Erkenntnisse von Ignaz Semmelweis hätte man nie umgesetzt. Auch damals gab es einen Streit in der Wissenschaft. Heute wird niemand mehr die Erkenntnisse von Ignaz Semmelweis anzweifeln, meine Damen und Herren. (Abg. Lopatka: Sie schon!)

Wir müssen aber gar nicht so weit in die Vergangenheit zurück, Herr Kollege Lopatka, wenn Sie schon dauernd dazwischenschreien. (Abg. Lopatka: Ich rufe! Sie sind die Schreierin! Ich schreie nicht, ich rufe!) Wo sind wir denn im Februar 2021 gestanden? Damals wurde den Bürgern gesagt: Lasst euch impfen, wir haben jetzt ganz viel Impfstoff bekommen, Astra Zeneca wurde geliefert, lasst euch alle impfen! Die Wissenschaft hat gesagt: Der Impfstoff ist gut, der Impfstoff ist sicher. Und heute, wo ist die Wissenschaft heute? – Dieser Impfstoff wird in Österreich nicht mehr verimpft. Hat sich die Wissen­schaft geirrt? Hat die Wissenschaft andere Erkenntnisse?

Noch im Sommer dieses Jahres war Moderna der Porsche unter den Impfstoffen. Die Wissenschaft hat das gesagt. Und wo stehen wir heute? Heute wird Moderna an unter 30-jährige Männer gar nicht mehr verimpft. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Da hat sich also die Wissenschaft, so wie Sie die Wissenschaft nämlich definieren, wohl auch in jüngster Vergangenheit geirrt.

Das ist genau Ihr Problem, dass Sie immer die Wissenschaft bemühen, in Wahrheit aber nur Ihre Meinung politisch durchsetzen wollen. Sie beziehen sich dann auf gekaufte Ex­perten, denen Sie halt irgendetwas versprechen, die gerne in Österreich Karriere ma­chen wollen. Und Sie sind nicht willens, auch internationale Erkenntnisse anzuerkennen, auch einmal internationale Experten, wirkliche Wissenschafter zu hören und deren The­sen in Ihre politische Überlegung einzubringen. Es geht Ihnen nicht um die Wissen­schaft, es geht Ihnen nicht um die Gesundheit, nein, meine Damen und Herren der Ös­terreichischen Volkspartei, Ihnen geht es um die Politik. Das ist das Problem, und des­halb stehen wir auch so da, wie wir dastehen. (Beifall bei der FPÖ.)


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Weil Sie sich auf die Wissenschaft verlassen haben, so wie Sie glauben, dass die Wis­senschaft gut für Sie ist, haben Sie nur die eine Wissenschaft gesehen und nur auf die Impfung gesetzt. Und das war Ihr ganz großer Fehler. Sie haben nicht geschaut, dass man vielleicht ein System auf zwei Beinen aufbaut, nämlich auf der einen Seite auf Prävention und auf der anderen Seite auf Medikation. Diesen zweiten Teil, die Medika­tion, haben Sie leider vollkommen fallen gelassen, den haben Sie vergessen.

Es sagen Ihnen ja seit Monaten unterschiedlichste internationale Studien, dass Sie mit der Impfung keine Wende herbeibringen werden. Es gibt in der Zwischenzeit Dutzende Studien, die das belegen. Die jüngste, eine Harvard-Studie, ist im europäischen epide­miologischen Journal erschienen, und dort steht dann eben wörtlich: Die alleinige Ab­hängigkeit von der Impfung als primäre Strategie zur Minderung von Covid-19 muss dringend überprüft werden. Es müssen auch andere pharmakologische Interventionen zunehmen. – Zitatende. Meine Damen und Herren, das steht in dieser internationalen Studie. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundeskanzler, es liegt an Ihnen, denn Sie haben ja dem Gesundheitsminister so­wieso alles entzogen. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Sie fahren ihm ja eh andau­ernd in die Panier, er darf es eh nicht mehr entscheiden. Das müssen Sie sich unter­einander ausmachen. Genau das sollten Sie jetzt endlich beherzigen. Warum setzen Sie nur auf die Impfung? Warum glauben Sie eigentlich, dass Sie jetzt die ÖsterreicherInnen so weit pädagogisch erziehen müssen? Sie schicken die Ungeimpften in einen Lock­down, damit sie zu dieser Impfung gehen.

Übrigens, bei all dem, was ich heute gesagt habe: Keiner von Ihnen spricht davon, dass diese Impfung vielleicht auch so etwas wie Nebenwirkungen hat. Das ist nämlich der Grund, warum der Impfstoff Astra Zeneca in Österreich nicht mehr am Markt ist und warum der Impfstoff Moderna für unter 30-Jährige in Österreich nicht mehr am Markt ist. Das sagen Sie nie dazu. Das hat sich die Wissenschaft nicht einfach aus den Fingern gezuzelt. Das sollten Sie wissen. Diese Studien müssen Sie jetzt auch endlich einmal verinnerlichen, meine Damen und Herren!

Herr Bundeskanzler Schallenberg, Sie erinnern mich leider immer wieder ein bissel an das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“. Sie sind in Wahrheit nackt, und niemand rund­herum traut sich, Ihnen zu sagen, dass Sie auf diesem Weg, auf dem Sie sich befinden, nackt in der Bekämpfung der Pandemie sind. (Beifall bei der FPÖ. – Bundeskanzler Schallenberg spricht mit einer Mitarbeiterin.) – Wissen Sie, Herr Bundeskanzler, es gebietet eigentlich die Höflichkeit, dass man zuhört. Wir sind in einer ganz schwierigen Situation in Österreich. Sie gehen Ihren Weg weiter, der uns in diese Katastrophe geführt hat, Sie spalten die Menschen weiter, die Sie in diese Katastrophe geführt haben, und es interessiert Sie überhaupt nicht, was hier gesprochen wird. Das ist ein ungeheuer­liches Benehmen und das zeigt allerdings auch, wie wenig Sie das Parlament achten. Es interessiert Sie gar nicht, was im Parlament gesprochen wird. Na danke! Die letzten 2 Minuten hat sich der Herr Bundeskanzler zurückgelehnt; vielleicht hört er doch noch einmal zu!

Wissen Sie, Herr Bundeskanzler, es geböte nämlich das Gebot der Höflichkeit. (Abg. Hörl: Sie und Höflichkeit! Das ist ein Witz!) Wenn es Sie schon nicht interessiert, dann tun Sie wenigstens so! Dieses Benehmen, das Sie hier an den Tag legen, ist wirklich furchtbar. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Lopatka: Vielleicht hat er sich etwas aufgeschrie­ben! Er ist sehr höflich! Sie sind nicht höflich!) – Ich weiß jetzt nicht genau, Kollege Lo­patka, welches Problem Sie haben, aber ich kann es leider nicht für Sie lösen, das müs­sen Sie schon selbst lösen – oder suchen Sie sich bitte einen entsprechenden Thera­peuten.

Ich würde Sie, Herr Bundeskanzler, und auch die gesamte Bundesregierung wirklich bitten, dass Sie einmal hinterfragen, ob diese Strategie, die uns jetzt hierhergebracht


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hat, auch tatsächlich zum Erfolg führt. (Abg. Loacker: Welche Strategie?) Wenn Sie jetzt wieder einen Lockdown machen, noch einen Lockdown dranhängen und vielleicht ir­gendwann alle in den Lockdown schicken, wird das auch nichts bringen, denn schon Ihr Vorgänger hat einmal gesagt, Lockdowns bringen nichts. Das ist auch international so. Es gibt übrigens Studien, die belegen, dass die Lockdowns eigentlich nichts gebracht haben.

Die einzige Möglichkeit wäre also, dass Sie jetzt sehr rasch hergehen und das zweite Standbein suchen, nämlich die pharmakologische Behandlung von Covid-19. Das wäre jetzt dringend notwendig. Dazu gibt es weltweit Dutzende Beispiele. In vielen Kranken­häusern wird das ja auch bereits unternommen, nur in Österreich und in Wien nach wie vor nicht.

Ich erzähle Ihnen von einem Fall, der sich gestern zugetragen hat: Ein altes Ehepaar – doppelt geimpft, aber trotzdem positiv – ruft bei Ihrer super Hotline an und fragt: Was passiert denn jetzt mit uns? – Die beiden sind ob der Propaganda ein bisschen verängs­tigt, sie glauben, sie müssen sofort sterben, weil sie zu Hause sitzen und immer nur hören: Alle werden sterben! Sie rufen also bei der Hotline an und kriegen dort die Aus­kunft: Es passiert gar nichts, und wenn es Ihnen schlecht geht, dann rufen Sie halt in zwei Tagen die Rettung!

Glauben Sie, dass Sie mit dieser Strategie die Pandemie tatsächlich in den Griff bekom­men werden? Herr Bundesminister Mückstein, wenn Sie schon hier sind, denken Sie mal darüber nach! Glauben Sie nicht, dass es vielleicht Sinn machen würde, Patienten, die mit Symptomen daheim liegen, auch zu behandeln und sie nicht allein ihrem Schick­sal zu überlassen, in der Hoffnung, dass in 14 Tagen alles gut ist, und wenn es nicht gut ist, na ja, dann kommen sie halt ins Krankenhaus? – Das ist die falsche Strategie, meine sehr geehrten Damen und Herren, so werden wir nicht aus der Pandemie rauskommen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die einzige Strategie, die Sie fahren, ist - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (fortsetzend): Die einzige Strategie, die Sie fahren, ist Nachimpfen. Jetzt brauchen wir die Boosterimpfung nach vier Monaten, bald brauchen wir sie nach zwei Monaten, und irgendwann sind wir in der Situation, in der wir öfter Boosterimpfungen als Testungen brauchen werden. Das ist der Weg, den Sie gera­dewegs drauflos gehen, meine Damen und Herren der Österreichischen Volkspartei. Das ist der falsche Weg. (Abg. Hörl: Glauben Sie eigentlich selbst, was Sie sagen?) – Kehren Sie um! Hinterfragen Sie bitte Ihre Strategie! (Beifall bei der FPÖ.)

15.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich bitte Sie, jegliche Anspielungen auf den Holo­caust durch Worte wie Separation, Stacheldraht und andere Dinge zu unterlassen. (Abg. Belakowitsch: Das war der Bundesminister Mückstein!) Ich bitte Sie, das zu unterlas­sen, und sage ganz bewusst: Wir sollten mit diesen Dingen nicht spielen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS. – Abg. Belakowitsch: Zur Geschäftsordnung!)

Zur Geschäftsordnung: Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte.


15.22.00

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr ge­ehrter Herr Präsident! (Rufe bei der FPÖ: Man hört dich nicht! Bitte Mikro einschalten! – Abg. Lopatka: Wir hören sie!) Die Worte separieren und Separation sind am Sonntag im Hauptausschuss gefallen, und zwar vonseiten des Herrn Bundesministers Mückstein.


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Ich habe sie zitiert. Es war das Zitieren des Bundesministers, der die Menschen sepa­rieren möchte. (Rufe bei den Grünen: Lüge!) Diese Ausdrücke kamen nicht von mir, sondern sie waren ein Zitat. (Beifall bei der FPÖ.)

15.22


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Bundesminister hat das Wort separieren ge­sagt, aber nicht „Separationslager“ und „mit Stacheldraht“ (Abg. Belakowitsch: Das ist jetzt der Unterschied oder was? – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), aber ich möchte Sie alle in der Gesamtheit bitten: Es ist für uns ganz wichtig, dass wir auch eine sehr kontroverse Diskussion wie diese mit dem nötigen Respekt abhalten, darum habe ich Sie vorhin auch nicht unterbrochen.

Zu Wort gelangt nun Bundeskanzler Schallenberg. – Bitte.


15.23.16

Bundeskanzler Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Frau Abgeordnete, ich habe Ihnen ganz genau zugehört (Abg. Belakowitsch: Nein, Sie haben getratscht!), und ich muss dazu eine Sache ganz offen sagen: Der Vergleich mit der DDR und mit Stasimethoden (Abg. Steger: Angemessen!), den Sie angestellt haben, ist Ihrer unwürdig und er ist eine Verhöhnung der Opfer des Kommunismus. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Rufe bei der FPÖ: Das sagen die Leute!) Es ist erstaunlich, dass das gerade Ihnen geschieht.

Meine Damen und Herren! (Neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Meine Damen und Herren! (Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Ja, die Coronasituation in Österreich ist und bleibt ernst, ebenso wie in einer ganzen Reihe von anderen euro­päischen Staaten, die gerade mit einer sehr schwierigen vierten Welle konfrontiert sind. Die Zahl der Neuinfektionen in Österreich ist höher als je zuvor. Das liegt zum einen an der besonders ansteckenden Deltavariante und zum anderen an der leider Gottes noch zu geringen Impfquote, an der zu geringen Anzahl an Menschen in diesem Land, die sich haben impfen lassen. Für mich ist eines ganz klar: Unsere Aufgabe als Bundesre­gierung ist es, die Menschen in Österreich zu schützen, und dieser Aufgabe kommen wir auch gemeinsam nach. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Die Inzidenz, also die Anzahl der an Covid-19 Erkrankten unter 100 000 Einwohnern innerhalb einer Woche, ist bei ungeimpften Menschen weiter ansteigend, und zwar ex­ponentiell ansteigend. (Abg. Brückl: Weil sie testen!) Sie liegt derzeit bei einem Wert über 1 700.

Zum Vergleich: Bei Geimpften (Abg. Brückl: Weil die nicht testen müssen!) liegt der Inzidenzwert unter 350, ist damit also viermal geringer. (Abg. Belakowitsch: Die sind nicht getestet! – Ruf bei der FPÖ: Weil die Geimpften nicht testen müssen!) – Alle wer­den getestet, unterschiedslos. (Abg. Belakowitsch: Das ist falsch! – Zwischenrufe bei der FPÖ.) Frau Abgeordnete, diese Zahlen sprechen für sich und sie sprechen eine ganz deutliche Sprache: die Sprache der Mathematik. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch, Brückl und Wurm.)

Bereits seit Monaten warnen wir immer und immer wieder davor, dass sich jeder un­geimpfte Mensch in diesem Land früher oder später anstecken wird, und leider Gottes bewahrheitet sich das. (Abg. Belakowitsch: Die Geimpften auch, Herr Bundeskanzler!) Ich darf an dieser Stelle auch ausdrücklich Klubobmann Herbert Kickl und seiner Familie eine rasche Genesung und einen hoffentlich milden Verlauf ihrer Covid-Infektion wün­schen.

Wir alle wissen, dass das Risiko für ungeimpfte Menschen um ein Vielfaches höher ist. (Abg. Hauser: Stimmt ja nicht!) Geimpfte stecken sich bis zu 70 Prozent weniger an.


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(Abg. Belakowitsch: Sie sollten die neuesten Studien lesen! Hätten Sie mir zugehört!) Es ist bis zu 95 Prozent weniger wahrscheinlich, dass sie einen schweren Krankheitsver­lauf haben. (Abg. Martin Graf: Wie ist das beim Kogler?) Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist klar: Die Zahlen sprechen für sich. Und die Ungeimpften – das ist auch klar – sind derzeit die wesentlichen Treiber des Infektionsgeschehens in unserem Land. (Abg. Belakowitsch: Nein, falsch! Selbst Drosten sagt das! – Neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Wir haben daher am Sonntag gemeinsam mit den Landeshauptleuten einen drastischen und weitreichenden Schritt setzen müssen. Seit gestern gilt im ganzen Land eine Aus­gangsbeschränkung für den ungeimpften Teil der Bevölkerung. (Abg. Amesbauer: Und auf das sind Sie stolz? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Damit haben wir die so­genannte fünfte Stufe im Stufenplan vorgezogen.

Ich muss ganz klar sagen, dass wir diese Entscheidung nicht leichten Herzens getroffen haben. (Abg. Belakowitsch: Oh doch ...!) Niemand wünscht sich solch gravierende Ein­schränkungen. Niemand wünscht sich, für rund 2 Millionen Menschen die Freiheit des Ausgangs aus den eigenen vier Wänden einzuschränken. In Anbetracht der Lage in die­sem Land war dieser Schritt aber leider notwendig. (Ruf bei der FPÖ: Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!) Es ist mein Ziel und ich stehe ausdrücklich dazu, dass wir in dieser Situation gemeinsam alles dafür tun, die Ungeimpften zur Impfung zu bringen, statt die Geimpften einzuschränken. (Ruf bei der FPÖ: Zu zwingen!) Das ist in der Politik, die wir betreiben, mein ganz klares Ziel. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwi­schenrufe bei der FPÖ.)

Mit der Maßnahme, die wir am Sonntag gemeinsam getroffen haben (Abg. Belako­witsch: Wer gemeinsam?), haben wir eine einheitliche bundesweite Unterkante ge­schaffen: 3G gilt am Arbeitsplatz, 2G gilt in der Freizeit und es gibt Ausgangsbeschrän­kungen für die Ungeimpften. (Abg. Deimek: ... wie es funktioniert hat!) Wie wir schon wiederholt festgestellt haben, liegt es aber natürlich in der Hand der Bundesländer (Abg. Amesbauer: Das ist gefährlich ...!), und es steht ihnen dementsprechend auch frei, strengere Maßnahmen einzuführen. Wir stehen diesbezüglich laufend mit den Landes­hauptleuten in Kontakt. Ich habe heute in der Früh mit dem Salzburger Landeshaupt­mann Wilfried Haslauer über die angespannte Situation in seinem Bundesland gespro­chen, und ich habe ihm zugesagt, dass vonseiten des Bundes in diesem Fall – wie auch in jedem anderen Fall – alles getan wird und wir mit aller Kraft helfen und unterstützen werden, wenn es in Salzburg notwendig und gebraucht wird. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Nach bald 20 Monaten Pandemie wissen wir, dass Maßnahmen Zeit brauchen, bis sie ihren vollen Effekt entfalten. Ich sehe aber bereits jetzt sehr starke und ermutigende Signale. Seit der Einführung der 2G-Regel ist die Impfbereitschaft in Österreich unglaub­lich – ja beeindruckend – gestiegen. (Abg. Steger: Die Bereitschaft! – Ruf bei der FPÖ: Ja, weil Sie die Leute zwingen!) Allein in der letzten Woche wurden fast eine halbe Million Impfdosen verabreicht, das ist so viel wie seit Juli nicht. (Abg. Loacker: Da sieht man, was man alles früher hätte haben können!) Momentan ist Österreich das Land in der Europäischen Union, wo die meisten Impfdosen verabreicht werden. (Zwischenrufe bei den NEOS.) Das zeigt, glaube ich, dass die Maßnahmen wirken und dass immer mehr Menschen das Angebot nutzen, sich impfen lassen – sei es der erste Stich, der zweite Stich oder, ganz besonders wichtig, der dritte Stich, die Auffrischungsimpfung – und sich damit schützen.

Wir sind alle gemeinsam aufgefordert, dafür zu kämpfen, dass dieser Trend so weiter­geht, dass er nicht abreißt, dass dieser Push und dieser Rush zu den Impfungen weiter­gehen. Man müsste es endlich schaffen, dass die Impfquote in unserem Land sich nach­haltig erhöht. Sie ist immer noch beschämend niedrig und wir müssen gemeinsam alles tun, damit sie sich erhöht, denn das ist der einzige Weg raus aus dem Teufelskreis, in


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dem wir uns befinden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wurm: Was heißt „beschämend niedrig“?!)

Auch wenn Sie es nicht tun: Ich glaube daran, dass es möglich ist; ich glaube an die Menschen in diesem Land, und ich glaube, dass es uns gemeinsam gelingen kann, aus diesem Teufelskreis von Wellen und Lockdowndiskussionen endlich hinauszukommen. (Abg. Wurm: Das ist keine beschämend niedrige Quote, Herr Bundeskanzler!)

Eines will ich auch klarstellen, weil das manchmal infrage gestellt wird: Wir werden keine der Maßnahmen, die wir in der Bundesregierung gesetzt haben, auch nur eine Stunde länger aufrechterhalten, als es absolut notwendig ist. (Abg. Belakowitsch: Na dann sofort weg damit! Dann weg damit!) Wir haben keine dieser Stufen leichten Herzens ausgelöst, aber wir werden sie in dem Moment leichten Herzens zurücknehmen, in dem sich die Impfquote erhöht und sich das Infektionsgeschehen in diesem Land beruhigt hat. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Belakowitsch: Das ist Erpressung!)

Was es von der Politik, von Regierungsseite, von uns dafür braucht, ist ein gemeinsames Vorgehen und – ich sage es ganz klar – auch Klarheit in der Kommunikation. (Ruf bei der SPÖ: Bitte! Bitte!) Ich werde als Bundeskanzler alles daransetzen, dies sicherzustel­len. Heute Vormittag hatte ich auch ein Gespräch mit Gesundheitsminister Mückstein über die weitere Vorgangsweise und die Kommunikation in den kommenden Wochen. Da haben wir uns noch einmal miteinander abgestimmt. Ich habe auch heute mit Innen­minister Nehammer darüber gesprochen. Ich muss dem Innenminister auch ein großes Kompliment aussprechen: Allein gestern wurden 15 000 Kontrollen durchgeführt, über 120 Übertretungen festgestellt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Amesbauer: Bravo! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Um es ganz klar zu sagen: Die Ausgangsbeschränkungen sind schwierig, aber sie sind keine Empfehlung, sondern sie sind klare, rechtliche Vorgaben (Zwischenrufe bei der FPÖ – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen), die auch kontrolliert werden, und Übertretungen werden, wenn notwendig, sanktioniert. (Abg. Rauch: ..., Herr Bundes­kanzler, das ist ...! Genau das ist das, was Sie gesagt haben! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Eines ist auch ganz klar: Wir werden natürlich die Situation weiterhin sehr genau be­obachten. Sie ist natürlich volatil, sie ist in Bewegung, sie ist dynamisch. Wir werden die Vorgangsweise auch laufend aus gesundheitspolitischer, wirtschaftlicher und gesell­schaftlicher Sicht evaluieren. Falls notwendig, werden wir natürlich gemeinsam als Bun­desregierung in Absprache mit den Bundesländern dort, wo es notwendig ist, nachschär­fen, aber noch einmal – und das ist für mich entscheidend –: Bei all jenen Menschen in diesem Land, die einen Beitrag geleistet haben, die sich haben impfen lassen, die damit sich und ihr Umfeld geschützt haben, sehe ich nicht ein, dass wir ihre Freiheit weiterhin oder in Zukunft wieder einschränken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Belakowitsch: Was reden Sie da? Das ist ja inhaltlich falsch!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass das Virus nicht verschwinden wird. Wir werden lernen müssen, damit zu leben und damit umzuge­hen. Das ist möglich, und zwar dank der Impfung. (Abg. Belakowitsch: Durch Zwang, ja!) Sie hat schon Hunderttausende Leben gerettet, auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen, sie hat Hunderttausende Menschenleben gerettet. (Abg. Belakowitsch: Wie kommen Sie da drauf?) Sie ist das einzige Mittel, damit wir diesen Spuk endgültig hinter uns lassen können.

Staaten wie Israel zeigen es uns vor. Sie haben mitten in die vierte Welle hinein geimpft, und man sieht schon in den Grafiken, wie die Entwicklung fast senkrecht nach unten geht. (Abg. Wurm: Herr Bundeskanzler, haben Sie eine Ahnung von der Impfquote in Israel? Kennen Sie die Impfquote in Israel?) Das ist Wissenschaft, das ist Mathematik,


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das sind Fakten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Ich kann Ihnen eines versprechen: Diese Bundesregierung wird auch in Zukunft, so wie das schon in den letzten 20 Monaten der Fall war, ihre Politik auf Fakten und nicht auf Fakenews aufbauen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Das wird wei­terhin der Fall sein.

Ich habe diesbezüglich eine ganz große Bitte an alle in diesem Haus, aber insbesondere an Sie, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete der FPÖ: Bei allen Auffassungs­unterschieden, die wir haben, bei allen Diskussionen müssen wir doch alle anerkennen: Das ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, eine Herausforderung, die jeden einzelnen Menschen in diesem Land betrifft, nicht nur die Personen, die in diesem Haus sind. (Zwischenruf des Abg. Hauser. – Abg. Rauch: Hören Sie auf, die Gesellschaft zu spalten! – Abg. Belakowitsch: Hören Sie bitte auf, die Leute gegeneinander aufzu­hetzen!)

Wenn man auf politischer Ebene versucht, sich damit zu profilieren, politisches Kleingeld zu schlagen, dann bewirkt man nur eines: die Verwirrung von Menschen, die Verunsi­cherung von Menschen. Was bewirken Verwirrung und Verunsicherung von Men­schen? – Sie bewirken, dass die Maßnahmen langsamer greifen, dass die Impfungen weniger schnell voranschreiten und dass die Situation in den Spitälern sich weiter zu­spitzt. Das kann doch in niemandes Interesse sein! (Zwischenruf der Abg. Belako­witsch. – Abg. Rauch: ... Ihr Versagen in der Gesundheitspolitik, in der Personalpolitik in den letzten 20, 22 ...!) Daher lautet meine nachdrückliche Bitte und auch Einladung an Sie: Leisten Sie einen Beitrag! Arbeiten wir zusammen, um diese Pandemie endgültig hinter uns lassen zu können! – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.34


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kaniak. – Bitte.


15.34.57

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister Mückstein! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Ich habe Ihnen, Herr Bundeskanzler, genau zugehört und mir auch Ihre aus meiner Sicht teils abstrusen Analysen angehört. Ich kann Ihnen nur in einer Sache recht geben: Die Lage ist tat­sächlich ernst. Die Coronalage ist ernst, aber noch viel ernster ist die Lage der Rechts­staatlichkeit und der Freiheiten in diesem Land aufgrund der Maßnahmen, die Sie und Ihre Bundesregierung in den letzten Tagen getroffen haben. Das ist wirklich ernst. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Bis vor wenigen Wochen hat es zumindest einen Grundkonsens in der Bekämpfung der Coronapandemie in diesem Hohes Haus gegeben: Das oberste Ziel, dass es darum geht, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern und möglichst viele Le­ben zu retten, stand bei allen Fraktionen außer Streit. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Sie haben aber eine 180-Grad-Wende hingelegt. Wenn man Ihren Worten heute genau zu­gehört hat, dann erkennt man, dass Sie nur mehr ein einziges Ziel haben: das Erhöhen der Durchimpfungsrate, koste es, was es wolle, und seien es auch die Grund- und Frei­heitsrechte unserer Bürger. Das können wir beim besten Willen nicht mittragen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie schon von „Fakenews“ und Desinformation sprechen, dann erlauben Sie mir, dass ich die Zahlen, die Sie heute hier gebracht haben, etwas relativiere und ins richtige Licht setze! Ja, wir haben in Österreich aktuell über 131 000 aktive Fälle. Das ist sehr, sehr viel. Allerdings testen wir in Österreich auch ungefähr 20-mal so viel wie vor einem Jahr und bis zu 50-mal so viel wie andere vergleichbare Staaten. Dadurch finden wir natürlich auch mehr positive Fälle. (Zwischenruf des Abg. Berlakovich.)


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Ganz anders sieht es aus, wenn wir uns die Situation in den Spitälern ansehen. Aktuell sind gut 2 000 Covid-Patienten auf Normalstationen. Das entspricht ungefähr 1,6 Pro­zent der sogenannten aktiven Fälle. Wenn wir uns die Intensivstationen anschauen, dann sehen wir: Dort liegen tagesaktuell 456 Patienten. Das sind ganze 0,35 Prozent der aktiven Fälle.

Wenn wir uns an unsere ursprüngliche Prämisse – Schutz vor Überlastung des Gesund­heitssystems und vor allem des Nadelöhrs Intensivstationen – erinnern, dann müssen wir uns auch die diesbezügliche Situation anschauen. Es gibt eine Belegungsrate von 22 Prozent durch Covid-19-Patienten. Das ist in der Tat relativ viel. Österreichweit ste­hen aber tagesaktuell 37 Prozent aller intensivmedizinischen Behandlungsbetten leer, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wo ist da die akute Überlastung unseres Ge­sundheitssystems und der Intensivstationen, die solch massive Eingriffe in die Grund- und Freiheitsrechte rechtfertigt? – Ich sehe sie nicht. (Beifall bei der FPÖ – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Vielleicht noch ein Detail zur Ergänzung, weil Oberösterreich in den letzten Monaten ja der Prügelknabe der Nation war: In Oberösterreich stehen tagesaktuell 43 Prozent der Intensivbetten leer. Dass es auf einzelnen Abteilungen zu Überlastungen kommt, ist also offensichtlich weniger ein Problem der Gesamtkapazität als ein Managementproblem und ein Verteilungsproblem, aber sicherlich kein generalisiertes Problem durch die An­zahl der Covid-Kranken. (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt nicht!)

Wie gesagt, die Lage ist ernst, sie ist aber noch lange kein Grund, diese massiven Ein­griffe in die Grund- und Freiheitsrechte durchzuführen. Sie ist auch definitiv kein Grund, einen Lockdown für Ungeimpfte durchzuführen, der ja bis hinein in die Schulklassen geht.

Was sollen wir uns aber von dieser Bundesregierung erwarten? – Diese Maßnahmen reihen sich ja in eine Reihe von Maßnahmen ein, die die Bundesregierung getroffen hat, obwohl sich schon längst herausgestellt hat, dass sie auf den epidemiologischen Verlauf überhaupt keinen Effekt haben.

Sie wollen die Impfquote unbedingt erhöhen? – Na dann sehen Sie sich doch bitte die Studien an, die beweisen, dass es, was den epidemiologischen Verlauf anbelangt, voll­kommen irrelevant ist, wie hoch die Impfquote ist! Schauen Sie sich die Zahlen aus Israel an: 65 Prozent Impfquote, trotzdem eine starke vierte Welle. Das ist nicht mehr als bei uns. Wozu brauchen wir 85 Prozent? Selbst wenn wir 85 Prozent hätten: Schauen Sie nach Dänemark! Die hatten 85 Prozent und haben trotzdem eine starke vierte Welle. Schauen Sie sich als Vergleich vielleicht auch Rumänien an! Die haben mit nur 30 Pro­zent Durchimpfungsrate ihre vierte Welle Gott sei Dank jetzt hinter sich gebracht. Wenn man Ihrer Logik folgt, dann hätten die ja eine dauerhafte Welle über den ganzen Winter haben müssen. Nein, das Gegenteil war der Fall: Die Welle hat genauso lang gedauert wie in Israel und in anderen Staaten dieser Welt. Das heißt, eine direkte Relation der Ausbreitung des Virus zur Impfquote ist nicht gegeben, und deshalb ist auch Ihre Stra­tegie grundlegend falsch. (Beifall bei der FPÖ.)

Diese Bundesregierung hat sich allerdings nachhaltig als nicht nur kritikunfähig, sondern auch als lernunwillig erwiesen. Man setzt vielmehr darauf, mit Ankündigungspolitik, mit der Verunsicherung der Menschen und mit Drohungen – das haben Sie, Herr Bundes­kanzler gleich als eine Ihrer ersten Amtshandlungen ganz vehement fortgesetzt – die Menschen einzuschüchtern, wie Sie selber sagen, in die Impfung zu treiben, es ihnen „ungemütlich“ zu machen, sie in ihren Grund- und Freiheitsrechten zu beschränken, ih­nen Angst zu machen, die Gesellschaft zu spalten und zu verunsichern. Das ist ein Irr­weg – wir brauchen dringend einen anderen Weg, wir brauchen einen Plan B, und den haben wir Freiheitlichen in den vergangenen Wochen bereits mehrfach präsentiert.


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Wir brauchen eine flächendeckende Analyse der Seroprävalenz von Antikörpern, damit jeder Österreicher und jede Österreicherin weiß: Hat sie oder er einen natürlichen Schutz gegen das Coronavirus oder nicht, muss sie oder er sich zusätzlich schützen oder nicht? Wir brauchen einen gezielten Schutz der Risikogruppe, denn knappe 20 Prozent der ös­terreichischen Bevölkerung – das sind diejenigen mit schweren Erkrankungen und über 65 – tragen zu einem Großteil zu den schweren Krankheitsverläufen und zu fast 98, 99 Prozent aller Todesfälle bei. Diese Personen müssen wir schützen, wir müssen ihnen aber die Art und Weise des Schutzes freistellen – ob sie sich impfen lassen wollen, ob sie Masken tragen wollen, ob sie regelmäßig getestet werden wollen. Das müssen wir die Menschen doch selbst entscheiden lassen und dürfen sie nicht zwangsbehandeln; das sind doch freie Bürger, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei der FPÖ.) Wir können sie nicht wie Vieh behandeln, und wir wollen das übrigens auch nicht – wir Freiheitliche zu­mindest nicht. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)

Der dritte Punkt neben dem Schutz der Risikogruppen und den Antikörpertestungen ist natürlich die frühzeitige Behandlung. Die Bundesregierung macht, dass Zehntausende Menschen in diesem Land – nach dem derzeitigen Stand sind es momentan über 200 000 Menschen –, in Österreich, „abgesondert“ (mit den Fingern Anführungszeichen andeutend) sind. Mindestens ein Drittel davon sind gesunde, ungetestete Menschen, die abgesondert und in den eigenen vier Wänden eingesperrt werden. Das ist absolut inak­zeptabel, es widerspricht auch in jeglicher Art und Weise der Intention des Epidemiege­setzes und gehört schleunigst beendet. (Beifall bei der FPÖ.)

Da diese Bundesregierung offensichtlich, nachweislich und wiederholt nicht in der Lage ist, ihren Kurs zu ändern, gibt es nur einen einzigen Weg aus dieser Krise: Diese Bundes­regierung gehört abgewählt, und deshalb bringe ich folgenden Antrag gemäß § 55 GOG ein:

Misstrauensantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ver­sagen des Vertrauens gegenüber der Bundesregierung und den Staatssekretären“ (Abg. Prinz: Das kann man als Apotheker ...!)

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesregierung und den Staatssekretären wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG sowie Art. 78 Abs. 2 iVm Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des National­rates das Vertrauen versagt.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Mitglieder der Bundesregierung, die Bevölkerung hat Ihnen das Vertrauen schon längst versagt, und wir tun es auch. (Beifall bei der FPÖ.)

15.43

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


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Misstrauensantrag

§ 55 GOG

der Abg. Dr. Dagmar Belakowitsch und weiterer Abgeordneter

betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber der Bundesregierung und den Staats­sekretären

eingebracht in der 129. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 16. November 2021 im Zuge der Debatte zum Dringlichen Antrag betreffend Nein zur Diskriminierung gesun­der Menschen - Ja zum Plan B gegen Corona

Seit Beginn der Corona-Krise im Frühjahr 2020 sehen sich die Österreicherinnen und Österreicher mit Einschränkungen ihrer Grund- und Freiheitsrechte konfrontiert: Lock­downs, Ausgangssperren, Demonstrationsverbote, Kontaktbeschränkungen, Masken­pflicht, Zutrittsbeschränkungen, Testpflicht und mittlerweile eine mehr als indirekte Impf­pflicht sind jene Instrumente, die von der Bundesregierung seit nunmehr beinahe zwei Jahren in Stellung gebracht werden, um das Land – eigenen Angaben zufolge – sicher durch die Pandemie zu bringen.

Das Ergebnis sieht leider anders aus: Die Maßnahmen im Vorjahr hatten einen beinahe irreparablen Schaden für die Wirtschaft des Landes zur Folge, die Zahl der Menschen in Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit stieg auf knapp eine Million an. Firmenpleiten und zer­störte Existenzen von Klein- und Mittelunternehmern sowie gesundheitliche Kollateral­schäden abseits von Corona, ein rasanter Anstieg an Patienten in der Kinder- und Ju­gendpsychiatrie als Folge von Heimunterricht und Lockdown sind vielmehr das Ergebnis der Corona-Politik der türkis-grünen Bundesregierung, die trotzdem immer noch behaup­tet, dass Österreich „besser durch die Corona-Pandemie“ gekommen sei als viele an­dere Länder.

Regierung hat Pandemie medial schon für beendet erklärt

Zusätzlich ist es Spitzenvertretern dieser Regierung nicht einmal peinlich, wenn sie hier im Hohen Haus – wie Klubobmann Wöginger in der letzten Plenarsitzung – auch noch behaupten, Alt-Kanzler Kurz habe die Pandemie beendet. Auch Finanzminister Blümel meinte Mitte Oktober im ZiB2-Interview, dass die Pandemie vorbei sei. Und sogar beim Städtetag in der Vorwoche, wo Österreich bereits mit fünfstelligen täglichen Neuinfek­tionen konfrontiert war, behauptete Niederösterreichs ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, dass die Pandemie gemeistert sei.

Seit den Einschlägen in Form von Korruptionsermittlungen im Sektor der ÖVP und dem damit verbundenen „Schritt zur Seite“ durch den nunmehrigen Alt-Kanzler hat Gesund­heitsminister Mückstein das Zepter in der Corona-Politik übernommen, führt sie aber ebenso wenig evidenz- und faktenbasiert wie noch unter der Leitung des mittlerweile komplett von der Bildfläche verschwundenen Alt-Kanzlers.

Von Anfang an, seit zuerst von der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA und später auch vom Nationalen Impfgremium „grünes Licht“ für die im Eilverfahren zugelassenen Impfstoffe gegeben wurde, fokussierte sich die österreichische Bundesregierung auf die Impfung als einzigen Ausweg aus der Krise. Die Versprechungen, was die Impfung alles kann, wurden allerdings immer weiter abgeschwächt. Die Bundesregierung tätigte im Laufe der Zeit folgende Aussagen:

•     Wer sich impft, der schützt sich und andere.

•     Die Impfung ist der Gamechanger.

•     Für Geimpfte ist die Pandemie vorbei.


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Im Laufe der Zeit wurden die Aussagen immer vorsichtiger. Da hieß es dann:

•     Die Impfung schützt vor schweren Verläufen.

•     Die Impfung verhindert, dass man auf der Intensivstation landet.

Der Höhepunkt der Abschwächung der Heilsversprechen für die Corona-Impfung war vor zwei Wochen dann die Schlagzeile in einer österreichischen Tageszeitung: „Impfung bringt kürzeren Aufenthalt in Kliniken.“

Unter die Zahl der Neuinfektionen mischen sich immer mehr Impfdurchbrüche. Entgegen der Versprechungen versterben auch jeden Tag Menschen in den Kliniken, die vollimmu­nisiert waren. Doch wie reagiert die Bundesregierung? Sie baut ein Zwangsregime auf mit dem einzigen Ziel, all jene, die bislang aus unterschiedlichsten Gründen nicht geimpft sind, in die Nadel zu zwingen.

Regierung bricht Versprechen und kündigt Impfpflicht im Gesundheitsbereich an

Dabei geht die Regierung sogar so weit, in Gesundheitsberufen einen Impfzwang veran­kern zu wollen. Damit überschreitet Türkis-Grün die rote Linie, die sie selber gezogen hat. In dutzenden Medienauftritten haben sich vom Kanzler abwärts alle Repräsentanten stets gegen einen Impfzwang ausgesprochen.

Gerade im medizinischen Bereich, wo – wie man den Medien entnehmen kann – die Personalsituation besonders angespannt sei, wird dieser Impfzwang wohl dazu führen, dass etliche fachlich hervorragende Mitarbeiter ihren Job verlieren. Die Leitlinie der Re­gierung, wonach alle getroffenen Maßnahmen das vorrangige Ziel haben, eine Überlas­tung des Gesundheitssystems zu verhindern, wird durch diese angekündigte Impfpflicht im Gesundheitsbereich konterkariert.

Als bislang letzten Akt im Angriff auf gesunde und durch die 3G-Regel am Arbeitsplatz sogar durchgehend getestete Menschen, hat die Bundesregierung nun einen Lockdown über Ungeimpfte verhängt. Zwei Millionen Menschen werden quasi inhaftiert, ohne et­was Unrechtes getan zu haben. Arbeiten, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zahlen: ja. Teilnahme am Gesellschaftsleben, Einkäufe etc.: nein! Dieser verfassungs­widrige Schritt, der gegen alle Grund- und Freiheitsrechte verstößt bildet eine neue „Qua­lität" von Menschenverachtung und Kaltherzigkeit.

Mit diesem Schritt treibt die Bundesregierung ihre Hetzkampagne gegen Ungeimpfte auf einen neuen traurigen Höhepunkt und tritt aus ihrer gescheiterten Corona-Strategie die Flucht nach vorne an. Es handelt sich um reine Sündenbockpolitik ohne Beachtung irgendeiner medizinischen Evidenz. Denn es ist nun einmal Tatsache, dass gerade die mangelhafte Wirksamkeit des Impfstoffes die Pandemie weiter vorantreibt. Gesundheits­minister Mückstein und Co. verschließen die Augen vor dramatischen Infektionsentwick­lungen in Ländern mit hoher Impfquote genauso wie sie die steigende Zahl an Impf­durchbrüchen ignorieren. Die Regierung läuft mit dem Impfbrett vor dem Kopf gegen die Wand. Die Infektionszahlen werden trotz dieser Diskriminierungsmaßnahme weiter steigen.

Diese Vorgangsweise der österreichischen Bundesregierung widerspricht auch ganz klar der Entschließung 2361 (2021) des Europarats vom 27. Jänner 2021, die eine Diskri­minierung von Covid-19-Ungeimpten ganz klar verurteilt und ausschließt.

Der Plan B als einziger Ausweg aus der Coronakrise

Die FPÖ hat vor zwei Wochen ihren mit Hilfe von Experten und Ärzten ausgearbeiteten „Plan B“ präsentiert, um das Land aus der Sackgasse der Regierung zu manövrieren. Im Mittelpunkt stehen drei Punkte, deren Umsetzung eine Kehrtwende zum Positiven in der Corona-Politik bewirken kann.

Über allen Maßnahmen steht das Prinzip der Freiwilligkeit. Jeder, der sich impfen lassen will, soll das tun – aber nicht an der Supermarktkasse, in der Hofburg oder gar im Bordell,


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sondern nach einem Gespräch mit dem Arzt des Vertrauens. Für die Impfung von Kin­dern und Jugendlichen gibt es keinen Grund. Jeder, der sich am Ende nach einem Auf­klärungsgespräch mit dem Arzt des Vertrauens und der Abwägung der positiven und negativen Auswirkungen gegen die Impfung entscheidet, der darf keinen Nachteil daraus erhalten.

Die Basis für den „Plan B“ soll eine flächendeckende Antikörper-Erhebung sein, denn nur dann weiß man, wer sich nicht infizieren kann bzw. mit maximaler Wahrscheinlichkeit vor einer Infektion geschützt ist. Wer eine entsprechende Anzahl an Antikörpern auf­weist, der hat einen Schutz und muss als immunisiert gelten. Es muss dabei egal sein, ob diese Antikörper aus der Impfung, einer erwiesenen Covid-Infektion oder aus einer Infektion kommen, die jemand gar nicht bemerkt hat. Ab einem entsprechenden Niveau, das noch zu definieren sein wird, hat man als immunisiert zu gelten. Es ist für die FPÖ unverständlich, warum die Regierung kein Interesse an dieser Statuserhebung hat. Stattdessen sollen offenbar alle diskriminiert werden, die nicht an einer experimentellen Impfung teilnehmen wollen. Aus der großen Antikörperstudie würde auch eine solide Datenbasis über die Wirksamkeit der Impfung und sogar der einzelnen Impfstoffe ge­schaffen werden.

Bei all jenen, die keine Antikörper haben, sollte mit PCR-Tests gearbeitet werden, sobald sie Symptome haben. Und dann muss sofort ein Arzt die Behandlung des mit dem Co­ronavirus infizierten Patienten übernehmen. Damit gelingt eine Rückkehr zur medizini­schen Normalität. Die Betreuung von Infizierten und Erkrankten darf nicht in Callcentern erfolgen, sondern muss vom Arzt übernommen werden. Dabei ist es egal, ob jemand geimpft ist oder nicht.

Frühzeitige Behandlung durch einen Arzt zur Schonung des Gesundheitssystems

Der dritte Punkt und das Herzstück des „Plan B“ ist die frühzeitige Behandlung Corona-positiver Menschen, damit ein schwerer Krankheitsverlauf mit Hospitalisierung verhin­dert werden kann. Bei Covid 19 handelt es sich um eine Virusinfektion der oberen Atem­wege. Für deren Behandlung gäbe es eine Reihe zugelassener Medikamente, die – vom Arzt auf den jeweiligen Patienten zugeschnitten – zur Anwendung kommen können und müssen.

Für die mögliche zweite Phase, die Entzündungsphase der Gefäßwände, gibt es eben­falls eine Vielzahl an Medikamenten, die schon jetzt im Einsatz sind und die sich bewährt haben – wie etwa Cortison in verschiedenen Abstufungen, Blutgerinnungsmittel, sowie Mittel, die die Viruslast senken können. Es gibt dabei kein Patentrezept für alle. Es gibt aber ein sehr gutes Arsenal an Wirkstoffen, das ein Arzt auf Basis des individuellen Ri­sikoprofils des Patienten anwenden kann und soll. Auf diese Weise erreicht man eine hohe Wahrscheinlichkeit, schwere Verläufe zu verhindern. Das entlastet unser Gesund­heitssystem, mit dessen Auslastung derzeit das Herunterfahren unseres Landes begrün­det wird, welches aktuell wieder – für Ungeimpfte – vom Gesundheitsminister verordnet wurde.

Der „Plan B“ kombiniert Freiheit und Gesundheit und spielt diese beiden Werte nicht gegeneinander aus. Zwang wird durch Freiheit ersetzt. Der „Plan B“ beendet die Spal­tung der Gesellschaft und das Gegeneinander, in das die Menschen von der Bundesre­gierung hineinmanövriert worden sei. Und der „Plan B“ ersetzt Angst und Panik durch begründete Hoffnung und Zuversicht.

Da die türkis-grüne Bundesregierung Österreich durch Ihre Corona-Politik seit nunmehr 21 Monaten in eine gesellschaftliche, wirtschaftliche und rechtsstaatliche Sackgasse ge­führt hat und ein grundrechtswidriges Corona-Regime etabliert hat, ist ihr daher das Ver­trauen zu versagen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesregierung und den Staatssekretären wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG sowie Art. 78 Abs. 2 iVm Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des National­rates das Vertrauen versagt.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Peter Wurm zu einer tatsächlichen Berichtigung. – Bitte. (Abg. Loacker: Musst jetzt den Kaniak berichtigen? – Heiterkeit bei den NEOS. – Ruf bei den Grünen: Das könnte aber länger dauern!)


15.43.25

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Der Herr Bundeskanzler hat einige unrichtige Aussagen getätigt, die ich nun mit einer tatsächlichen Berichtigung richtigstel­len werde. Ich konzentriere mich auf zwei Aussagen. Die erste Aussage war: Es werden alle getestet, egal ob geimpft oder ungeimpft. – Das ist unrichtig, Herr Bundeskanzler, das sollten Sie wissen. Nur Ungeimpfte werden regelmäßig und verpflichtend getestet. (Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

Die zweite unrichtige Aussage, Herr Bundeskanzler: Sie haben sich (Ruf bei der ÖVP: Ein Schwachsinn! – Zwischenrufe bei der SPÖ sowie der Abg. Belakowitsch– darf ich weitersprechen, Herr Präsident? – auf eine beschämende Impfquote bezogen, die Ös­terreich anscheinend hat. Das ist Ihre Aussage, die Sie als Bundeskanzler Österreichs über das eigene Volk tätigen – eine beschämende Impfquote, haben Sie wortwörtlich gesagt und in diesem Zusammenhang auch Israel als leuchtendes Beispiel verwendet. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, Herr Bundeskanzler – ich gebe Ihnen gerne die Zahlen mit, wenn Sie sie nicht kennen sollten –: Israel hat eine um 2 Prozent niedri­gere Impfquote als Österreich. – Danke, der Rest folgt dann in meiner Rede. (Beifall bei der FPÖ.)

15.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das Letzte war keine tatsächliche Berichtigung, sondern eine politische Feststellung. Ich halte fest, dass es keine tatsächliche Berichti­gung im Sinne (Abg. Belakowitsch: Na selbstverständlich, was denn sonst?!) der Ge­schäftsordnung gewesen ist. (Zwischenruf des Abg. Rauch.)

Frau Abgeordnete Schwarz ist zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Belakowitsch: Herr Prä­sident, Sie wissen nicht einmal, was Sie da oben machen! – Abg. Martin Graf: Das war eine notwendige Richtigstellung!)


15.45.07

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren vor den Bildschirmen, wo auch immer! Ich möchte zuerst etwas zum Ton sagen, der da soeben Einzug gehalten hat. Ich werde mich dem hoffentlich nicht anschließen – es sei denn, ich werde doch noch emotional (Abg. Hafenecker: ... der Schallenberg war wirklich ...! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ) –, sondern werde versuchen, mit sachli­chen und fachlichen Argumenten diese Pandemie Revue passieren zu lassen, und auf­zeigen, wo wir gerade stehen.

Beginnen möchte ich schon mit einem Appell (Abg. Rauch: ... diplomatische Akademie absolviert ...!), da unterstütze ich den Bundeskanzler: Bitte, das nationale Impfgremium


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hat am 2. November eine Empfehlung für den dritten Stich (Abg. Hafenecker: ... auf Israel losgehen! – Zwischenruf des Abg. Amesbauer) nach sechs Monaten als Schutz für alle über 18 abgegeben und das zwei Tage später noch auf vier Monate herabge­setzt, zum Beispiel für all jene, die mit Astra Zeneca geimpft wurden.

Zweite Feststellung: Wir respektieren selbstverständlich die Persönlichkeitsrechte und die Freiheitsrechte, unumwunden und uneingeschränkt (Zwischenrufe bei der FPÖ), aber wir haben auch ein Grundrecht auf Gesundheit. (Beifall bei der ÖVP.) Die Gesund­heit betrachte ich schon so: Wenn ich mein Gegenüber nicht schütze (Abg. Rauch: ... in­ternationalen Medien! Warum schränken Sie ...? – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen), dann endet dort meine persönliche Frei­heit. Die endet dort, wo ich jemanden anderen gefährde, und dabei bleibe ich. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Martin Graf.) Deshalb mein Appell: Bitte nutzen Sie die Möglichkeit zum dritten Stich – und falls Sie noch nicht impfen waren, nehmen Sie die niederschwelligen Angebote in allen Bundesländern wahr und gehen Sie impfen!

Nun komme ich zu den Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ: Erstens ist der Vergleich mit der Stasi und mit einer kommunistischen Diktatur unterirdisch. (Ruf bei der FPÖ: Ist angebracht! – Abg. Belakowitsch: ... Bürger der DDR ..., würde Ihnen nicht schaden ... mit Leuten zu reden! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ad zwei fällt mir noch ein Vergleich ein, der bei einer Pressekonferenz der FPÖ gezogen wurde. Da ging es um den Plan B, in dem Herr Kickl, dem ich selbstverständlich auch gute Genesung wünsche, wie allen anderen Kranken in Österreich, die individuelle me­dikamentöse Behandlung für jeden Erkrankten gefordert hat. (Abg. Rauch: Falschaus­sage! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, glauben Sie bitte allen Ernstes, dass Ärzte und Ärztinnen in Österreich das nicht ohnehin tun (Zwischenruf des Abg. Deimek) – auf die Gesundheit der Menschen zu achten und bei Krankheit die Medikamente zu verschreiben, die der oder die Einzelne braucht? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Deimek.) Es ist eine Unterstellung, dass die Ärzteschaft da nicht nach den wirklichen Gesetzen der Medizin handelt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Das tun sie nicht, die Leute werden einfach nur abgesondert!)

Zweitens, zum Vergleich – abgesehen davon, dass Kickl ein Wurmmittel für Pferde und Kühe empfohlen hat, über das heute in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ steht, dass es in Oberösterreich bereits zu Vergiftungserscheinungen gekommen ist (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen) –: Der Bundesminister für Gesundheit hat in einer Sitzung des Gesundheitsausschusses auch erklärt, dass es, wenn man es in der Kon­zentration verwendet, in der es eventuell Wirkung haben könnte, toxisch ist, sprich giftig. Wer das nicht glaubt, kann gerne den Gesundheitsminister dazu befragen. (Abg. Hau­ser: Sie sind so falsch informiert, Sie sind sowas von falsch informiert! Erschreckend, wie desinformiert Sie wirklich sind! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Was wirklich letztklassig, grausam und nicht zu tolerieren ist, ist der Vergleich der 3G-Regel am Arbeitsplatz mit einer Impfvergewaltigung. Ich sage Ihnen eines (Abg. Amesbau­er: ... Psychiater, da gehört ...!), und nun werde ich doch emotional: Ich habe in meiner Aufgabe als ehrenamtliche Mitarbeiterin in der Krisenintervention Vergewaltigungsopfer zu betreuen, und dieser Vergleich ist einfach nur schändlich. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grü­nen und NEOS.)

Es ist, um das in aller Deutlichkeit zu sagen, das gute Recht der Opposition, zu kritisie­ren. Man muss nicht alle Maßnahmen gutheißen, aber ich halte allen Fraktionen außer der FPÖ in diesem Hause zugute, dass sie während der letzten Monate immer wieder auch konstruktiv dazu beigetragen haben, diese Pandemie zu besiegen. Ich hoffe sehr, dass das Nationale Impfgremium in Bezug auf die Empfehlung, was den Impfstoff für


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Kinder betrifft, die offensichtlich am 24. November ausgegeben werden soll, zeitnah und mit großer Umsicht entscheiden wird (Abg. Amesbauer: ... Risiko ...!) und die Eltern dann mit ebenso großer Umsicht (Abg. Martin Graf: Bitte zuerst die ÖVP-Klub...!) und allen Erwägungen entscheiden, ob sie ihre Kinder zwischen fünf und elf Jahren impfen lassen. (Ruf bei der FPÖ: Sind bei Ihnen im Klub schon alle geimpft? – Zwischenruf des Abg. Martin Graf.)

Der Verlauf der Pandemie ist schwierig, die Wissenschaft war sich auch nicht immer einig, wie sie verlaufen wird, aber ich sage Ihnen ganz einfach: Passen Sie bitte auf sich und auf Ihre Umgebung auf! Das geht nach wie vor am besten, indem Sie sich impfen lassen. Darum bitte ich Sie: Seien Sie solidarisch! (Abg. Amesbauer: Nein, das ist keine Solidarität!) Wir pochen immer so auf unser solidarisches Gesundheitssystem, aber die Solidarität ist keine Einbahnstraße, sie ist ein Geben und Nehmen, und die Demokratie besteht nicht nur aus Rechten, sondern auch aus Pflichten. Bitte gehen Sie impfen, schützen Sie sich (Abg. Belakowitsch: Das ist keine - -, also eine Pflicht, die Impfung, ach so! Na, sagen S’ das doch gleich!), schützen Sie Ihre Nächsten! – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Belako­witsch zu einer tatsächlichen Berichtigung. – Bitte.


15.50.09

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Die Vor­rednerin, Abgeordnete Schwarz von der Österreichischen Volkspartei, hat hier heraußen behauptet, Herbert Kickl habe empfohlen, ein Pferdeentwurmungsmittel einzunehmen. – Das ist unrichtig.

Ich berichtige tatsächlich: Das Medikament, von dem Herbert Kickl unter anderem – unter vielen anderen Möglichkeiten – gesprochen hat, wird erfolgreich in verschiedenen Bereichen der Humanmedizin eingesetzt, unter anderem auch zur Behandlung von Co­vid‑19. Der Bayerische Rundfunk hat einen Bericht darüber und einen Oberarzt, nämlich den Oberarzt Werner Appelt, gezeigt, der genau dazu gesprochen hat. Er ist Oberarzt im Krankenhaus Barmherzige Brüder München, wo es erfolgreich eingesetzt wird. Er bat darum, dass dieses Medikament bereits den Patienten zu Hause gegeben wird, um da­mit Krankenhausaufenthalte zu verhindern. (Beifall bei der FPÖ.)

15.51


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kucher. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Bitte sehr.


15.51.21

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler, ich möchte nicht zu hart mit Ihnen sein – wenn Sie vielleicht kurz das Handy weglegen würden; das ist auch eine Parallele zu Ihrem Vorgänger –, ich möchte nicht zu hart mit Ihnen sein, weil Sie das anscheinend in der Regierung auch nie anders gelernt haben, aber in einer Rede 15-mal das Wort „gemeinsam“ zu verwenden und intern die Hackelschmeißerei in der Bundesregierung zu leben, das passt irgendwie nicht zusammen; auch wenn man Sie gestern im Fernsehen erlebt hat. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

Da kann man auch 100 000-mal Plattitüden à la „gemeinsam“ vorbeten, aber was in den letzten Tagen in der Bundesregierung mitten in dieser Krise passiert ist, ist unwürdig und beschämend. Sie können auch 100-mal in einer Rede irgendetwas von faktenbasiert daherreden: Wenn dann die eigenen Beraterstäbe der Bundesregierung verunglimpft werden, wenn es Leute wie Herrn Landeshauptmann Haslauer gibt, der sich in einer unanständigen Art und Weise gegenüber der Wissenschaft geäußert hat, während Sie


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von faktenbasiert reden und Ihre eigenen Beraterstäbe völlig anderer Meinung sind, dann passt das, Herr Bundeskanzler, hinten und vorne nicht zusammen. Da können Sie 100-mal von faktenbasiert sprechen. Vielleicht wäre es Ihnen auch gut angestanden, ein bisschen mehr auf die Wissenschaft zu hören und ein bisschen weniger auf Frau Köstin­ger – dann wären wir alle miteinander nicht in diesem Schlamassel. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

Die nächste Kollegin, von der ich sagen muss: Irgendetwas passt hier in diesem Hohen Haus anscheinend in der Krise nicht mehr!, ist Frau Kollegin Belakowitsch. Ich wünsche Herbert Kickl persönlich alles Gute und gute Besserung, aber in einer Rede irgendwel­che komischen Vergleiche zu bringen, dass Herbert Kickl eigentlich so etwas wie Ignaz Semmelweis oder ein Albert Einstein des 21. Jahrhunderts sei? – Nein, das ist er ganz, ganz sicher nicht! Er weiß ja selbst, dass er einen Topfen daherredet. Er weiß es ja selbst. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten von Grünen und NEOS. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Ihr habt Panik vor irgendwelchen Impfgegnern von der MFG, deswegen erzählt ihr Ge­schichten, die hinten und vorne nicht stimmen: von Wurmmitteln für Pferde oder für Kü­he, was wir heute alles gehört haben, und von irgendwelchen Bitterstoffen. Ihr wisst ja selbst, dass das ein Topfen ist. Alle miteinander wisst ihr es. (Abg. Hauser: Du redest so einen Blödsinn ...! – Ruf bei der FPÖ: Jetzt hast du so gut angefangen! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Das ist leider das Unanständige in der Krise: Herbert Kickl auf der einen Seite, der genau weiß, dass es in Österreich ein desaströses Krisenmanagement gibt, und Sebastian Kurz auf der anderen Seite, der uns erzählt hat, er sei so etwas wie der Messias, der sich im Sommer hat plakatieren lassen – er hat gesagt, er hat die Pandemie gemeistert – und der uns erzählt hat, es komme eine coole Zeit auf uns zu. Ich sage offen, das ist beides gleich schäbig für ehemals staatstragende Parteien – egal ob ÖVP oder FPÖ. Das ist kein Weg aus der Krise. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Künsberg Sarre.)

Ihr spielt für ein paar Tausend Wählerstimmen mit Menschenleben. Das wisst ihr alle miteinander ganz genau. Kurz und Kickl, diese Politik bringt uns alle miteinander nicht weiter. Da könnt ihr 100 000-mal einen Dringlichen Antrag einbringen, das ist einfach nur unanständig. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Künsberg Sarre. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Nur ein Punkt – weil das heute auch vom Bundeskanzler gekommen ist und Sebastian Kurz uns ja die Geschichte erzählt hat: Wir sind so super aus dieser Krise gekommen! – Das zweite Mal hintereinander – das zweite Mal hintereinander! – liegt Österreich welt­weit an der Spitze in Bezug auf die Zahl der Neuinfektionen. Das muss man in einem starken Land wie Österreich mit so tollen Menschen einmal zusammenbringen, das Ge­sundheitssystem so herunterzufahren. Wir sind ja nicht Dschibuti, wir sind Österreich, und wir hätten es schaffen können, deutlich besser aus der Krise hervorzukommen, das wäre möglich gewesen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es war aber Sebastian Kurz den ganzen Sommer über wichtiger, dass die Plakatständer aufgestellt worden sind, von denen er heruntergelacht hat. Ein paar Monate vorher ist er in Vorarlberg spazieren gegangen und hat sich bewerben lassen, und in diesem Sommer hat er Plakate aufgestellt. Wichtiger als gutes Krisenmanagement war ihm, dass er von den Plakaten heruntergrinst. Und dann stellen sich Leute wie Herr Stelzer hin und sagen, sie seien völlig überrascht, sie hätten nicht gewusst, was da auf sie zukommt!

Vor Wochen haben die Expertinnen und Experten bereits gewarnt, und die ÖVP hat nichts getan. Die ÖVP, die ach so staatstragende Partei, hat nichts getan. – Ihr alle habt geschwiegen, weil euch die Landtagswahl in Oberösterreich wichtiger war. Ihr alle habt geschwiegen, als die Wissenschaft beleidigt worden ist. Das ist die neue Volkspartei:


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Hände falten, Goschen halten! Das habt ihr euch bewahrt. (Beifall bei der SPÖ.) Anstatt dass ihr die Krise meistert, macht ihr Marketing-Blabla und vergesst, dass es da wirklich um Menschenleben geht, dass es um Existenzen geht, dass es um die Wirtschaft geht und dass es um Österreich geht.

Es kann nicht sein, dass das Krisenmanagement in Österreich immer im Desaster endet. Viele, viele andere Staaten zeigen uns vor, dass es deutlich, deutlich besser möglich ist, aber das ist Krisenmanagement der Marke ÖVP. Deswegen: Reißt euch zusammen! Serviert Kurz ab, wenn er im Hintergrund noch intrigiert, haut auf den Tisch und schaut, dass ihr in der Bundesregierung weniger streitet und endlich das Krisenmanagement in den Vordergrund stellt! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Baumgartner: Jetzt schrei net so!)

15.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schallmei­ner. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


15.56.11

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­deskanzler! Frau Ministerin! Sehr geehrte Minister! Sehr geehrte Damen und Herren hier herinnen und zu Hause vor den Bildschirmen! Drei Anmerkungen vorneweg: einmal an Kollegen Kaniak, der gesagt hat, weil wir so viel testen, haben wir auch so viele positive Fälle. – Kollege Kaniak, hör bitte einfach Statistiker Neuwirth zu, der kann dir ganz genau erklären, wie das ist: dass das eben nicht wahr ist, was du sagst, weil ansonsten ja Vorarlberg eine 20-mal geringere Inzidenz als Wien haben müsste. Wien testet 20-mal mehr als Vorarlberg – dieser Tage erst wieder auf den Punkt gebracht. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Zum Zweiten: Die Behauptung von Peter Wurm, dass nicht jeder in Österreich getestet wird, ist auch falsch. Natürlich wird jeder oder jede in Österreich getestet. Ich selbst – zweimal geimpft – bin in den letzten zehn Tagen, würde ich mal sagen, sechsmal getes­tet worden. Das ist gar kein Problem. Es wird jeder und jede in diesem Land getestet, wenn er oder sie möchte. (Abg. Belakowitsch: Aber nicht verpflichtend! – Weitere Zwi­schenrufe bei der FPÖ.)

Ja, und zum Dritten doch noch einmal zu Kollegen Kaniak: Lieber Kollege Kaniak, ich würde dir empfehlen, sprich einmal mit der neuen Gemeindeärztin von Seewalchen! Vielleicht hast du dieses 24-minütige Video gesehen (Zwischenruf des Abg. Deimek) – normalerweise bin ich nicht sehr gut auf „Österreich“ zu sprechen, also auf die Zeitung „Österreich“ –, dann wüsstest du, was sich wirklich abspielt, und würdest dich nicht hier hinstellen und so tun, als ob ja eigentlich in unserem Gesundheitswesen eh alles kein Problem wäre, als ob wir aktuell eh keine Belastung hätten. – So, das vorneweg. (Zwi­schenruf der Abg. Belakowitsch.)

Ich habe gestern am Abend in einer Sendung etwas gesagt. Ich habe gesagt: Das geht besser! – Dazu stehe ich, zu diesem Satz stehe ich: Das geht besser. Es geht nämlich besser – mit mehr Impfungen und damit, Abstand zu halten, Kontakte zu reduzieren, mehr aufeinander achten, Zahlen, Daten und Fakten ernst zu nehmen. Das gilt übrigens nicht nur für uns Geimpfte, das gilt für alle hier herinnen, das gilt für alle in Österreich. Das ist genau die Herangehensweise, die für Geimpfte wie auch für Ungeimpfte gilt. Genau so geht es nämlich auch besser.

Und nein, der angebliche Plan B, den die FPÖ heute hier wieder einmal zu präsentieren versucht – es ist, glaube ich, eh schon der 27. Anlauf, der wahrscheinlich eh auch sinnlos untergehen wird –, ist kein Mittel, damit es besser wird, sondern dieser Plan B ist nichts anderes als ein Potemkinsches Dorf, auch wenn das Narrativ dieses Plans B von der FPÖ ständig und immer und immer wieder bemüht wird, um angeblich eine Alternative aufzutun. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)


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Denn – reden wir über die Fakten – was macht die Impfung? – Die Impfung senkt das Risiko, sich zu infizieren. Sie senkt das Risiko, symptomatisch zu erkranken. Sie senkt des Weiteren das Risiko, im Krankenhaus behandelt werden zu müssen, und sie senkt nochmals das Risiko, auf der Intensivstation zu landen. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Das macht die Impfung.

Wir sehen das auch anhand der Daten der Ages. Die Ages hat zum Beispiel für den 9.11. dieses Jahres geschrieben, 25,7 Prozent der Menschen auf den Intensivstationen in die­sem Land seien geimpft, 74,3 Prozent seien ungeimpft. (Abg. Belakowitsch: ... Da­ten?) – Liebe Kollegin Belakowitsch, das war in den Unterlagen zum Hauptausschuss vom Sonntag, bei dem es eben um die Lockdownverordnung gegangen ist. Das sind die Zahlen, Daten und Fakten der Ages. Diese Daten, Zahlen und Fakten werden uns auch international bestätigt. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Was macht der angebliche Plan B, der uns hier ständig als Alternative präsentiert wird? – Der Plan B verhindert keine einzige Ansteckung. Er verhindert auch nicht, dass Pa­tientinnen und Patienten ins Krankenhaus müssen. Der Plan B verhindert auch nicht, dass Patientinnen und Patienten auf die Intensivstation müssen, und der Plan B, der uns heute hier einmal mehr präsentiert worden ist, verhindert auch keinen einzigen Fall von Long Covid in diesem Land. Sehr geehrte Damen und Herren, das einzig Positive an diesem Plan B ist, dass dieses Mal, in diesem Antrag, Ivermectin als Mittel offensichtlich vergessen wurde oder zumindest dieses Mal nicht drinnen steht.

Sehr geehrte Damen und Herren, das alles geschieht vor dem Hintergrund einer dramati­schen und sich zuspitzenden Situation. In Salzburg – das haben wir heute schon ge­hört – melden die Krankenhäuser eine Überlastung, ein Triageteam wird gerade gebil­det. (Abg. Belakowitsch: 37 Prozent der Intensivbetten sind frei!) Auch überall anders füllen sich Intensiv- und Normalstationen. Es vergeht kein Tag ohne Berichte von den Intensivstationen, von Ärztinnen und Ärzten aus ihren Ordinationen, von Pflegepersonal, das überfordert ist, weil es einfach nicht mehr geht, das fünfmal am Tag Menschen wen­den muss, damit Patienten auf der Intensivstation überhaupt eine Chance haben, zu überleben. Das alles negiert die FPÖ. (Zwischenruf des Abg. Deimek. Ruf bei der FPÖ: Blödsinn!)

Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, sind die Erkrankten egal, Ihnen sind die Angehörigen der Erkrankten egal, und Ihnen sind auch die Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter in den Spitälern, in den Ordinationen, in unserem Gesundheitswesen in Öster­reich schlichtweg egal. (Beifall bei Grünen und ÖVP. Zwischenruf des Abg. Hauser.) Wie es sich für eine rechtspopulistische Partei gehört, sind Ihnen Zahlen, Daten, Fakten egal. Wenn sie nicht ins System hineinpassen, werden sie einfach negiert, und dann werden Wissenschafter und Wissenschafterinnen von Ihnen einfach schlechtgeredet, so wie es Ihre stellvertretende Klubobfrau heute hier gemacht hat, so wie Sie das seit 22 Mo­naten in einer Tour machen. (Beifall bei Grünen und ÖVP. Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte mit einem Impfaufruf, der sehr persönlich ist, abschließen. Ich habe gesagt, dass ich in den letzten zehn Tagen insgesamt sechs­mal getestet worden bin, meistens mit einem PCR-Test. Warum? – Weil sich meine Tochter mit elf Jahren ungeimpft  angesteckt hat. Sie hat uns die Krankheit nach Hause gebracht. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Meine Tochter hat leichte Symp­tome gehabt, ich war die ganze Zeit bei ihr. Ich habe direkten Kontakt mit ihr gehabt, denn bei einer Elfjährigen es ist halt eher schwer, sich komplett voneinander zu sepa­rieren. Ich bin in dieser Zeit kein einziges Mal positiv getestet worden. Ich bin doppelt geimpft, bei mir hat die Impfung gewirkt. (Zwischenrufe der Abgeordneten Deimek und Hauser.) Das zeigt, dass diese Impfung sehr, sehr gut funktioniert und sehr, sehr gut wirkt. Auch alle anderen Verwandten in meinem direkten Umfeld, die direkten Kontakt mit meiner Tochter hatten und geimpft sind, sind nicht erkrankt. Das ist die Wirkung der


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Impfung, das können Sie schlechtreden, so viel Sie wollen, das ist Fakt! (Beifall bei Grü­nen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der NEOS. Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die FPÖ gefährdet Leben – dazu stehe ich –, indem sie hier einen angeblichen Plan B präsentiert, der keiner ist. (Zwischenrufe der Abgeord­neten Belakowitsch und Hauser.) Sehr geehrte Damen und Herren, seien Sie nicht so wie die FPÖ! Gehen Sie impfen, schützen Sie sich selbst, schützen Sie die anderen, seien Sie solidarisch! (Beifall bei Grünen und ÖVP.  Zwischenrufe bei der FPÖ.)

16.02


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte, das Wort steht bei Ihnen.


16.02.46

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­deskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! (Unruhe im Saal. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Geschätzte Fernsehzuschauerinnen und -zuschau­er! Ich möchte Ihnen etwas mitgeben: Wenn Sie davon ausgehen, dass bei der Freiheit­lichen Partei ungefähr die Hälfte der Abgeordneten geimpft ist, dann liegen Sie nicht weit daneben.

Diese Abgeordnetenkollegen von der FPÖ sind geimpft, weil sie Folgendes wissen: Die Impfung schützt nicht zu 100 Prozent, aber sie reduziert das Risiko, dass man sich an­steckt. Wenn man sich ansteckt, dann ist man weniger ansteckend gegenüber anderen, wenn man sich ansteckt und ansteckend ist, ist man weniger lange ansteckend. Wenn man sich ansteckt, hat man einen milderen Krankheitsverlauf (Abg. Belakowitsch: Alles schon widerlegt!), und die Wahrscheinlichkeit, dass man ins Spital muss, ist viel nied­riger. Deswegen haben sich auch viele Freiheitliche, der gesamte Wiener Gemeinderats­klub der FPÖ, impfen lassen. (Beifall bei den NEOS. Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Wir müssen aber schon auch schauen, wer denn den Boden dafür bereitet hat, dass die Unzufriedenheit mit der Impfung jetzt so groß ist. Wir müssen schauen, was gesagt wurde. Sebastian Kurz hat nämlich gesagt, er sehe „Licht am Ende des Tunnels“, das war am 28. August 2020. Die ÖVP hat plakatiert: „Pandemie gemeistert“, das war im Juni/Juli des heurigen Jahres. Am 6. Juli hat Sebastian Kurz gesagt: „Die Pandemie ist für alle vorbei, die geimpft sind.“ – Wir sehen jetzt: Das stimmt nicht. August Wöginger hat am 12.10.2021 noch gesagt: „Er“ – Sebastian Kurz – „hat [...] die Pandemie in Öster­reich bewältigt.“

Natürlich sind die Menschen dann unzufrieden, wenn sie sehen, dass das, was ihnen von der allerobersten Stelle versprochen worden ist, nicht eintritt. Auf dieser Unzufrie­denheit, die auf die Versprechen der ÖVP zurückgeht, baut jetzt die FPÖ-Polemik auf. (Beifall bei NEOS.)

Dann ist es bedauerlich, zu sehen, dass Sie, Herr Bundeskanzler, auf die Anfrage der FPÖ in der Tonlage: Wir haben alles richtig gemacht!, antworten und nicht eine Spur der Zerknirschung und vielleicht einen Hauch der Entschuldigung gegenüber den Bürgern zeigen: dass man vielleicht Erwartungen geweckt hat, die man nicht erfüllen konnte, dass man vielleicht in der Phase vor der Oberösterreichwahl ein bisschen zu ruhig war, um keine Wähler zu verschrecken, ein bisschen zu wenig Linie und Kante gezeigt hat, weil man Angst vor der Wahrheit und vor den Wählern hatte.

Jetzt kann man als Bundeskanzler immer sagen: Ich bin nicht zuständig, zuständig ist natürlich der Gesundheitsminister! – Herr Minister Mückstein hat das Amt in einer ver­gleichsweise ruhigen Phase der Pandemie übernommen, in einer Phase, in der man viel hätte machen, viel hätte vorbereiten können, da war auch noch nicht Hochwahlkampf.


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Schon im Juni im heurigen Jahr hat man gesehen, dass die Anmeldezahlen zu den Imp­fungen zurückgehen. Man hätte dort schon sehen müssen: Ui, da melden sich nicht alle, die könnten, zu einer Impfung an!, und reagieren müssen: Wie kriegen wir die dazu? – Passiert ist nichts. Die Experten haben im Juni, im Juli, im August gewarnt, passiert ist nichts.

Ich habe im Juni eine parlamentarische Anfrage gestellt: Herr Minister, was machen Sie, die Impfanmeldungen gehen zurück? – Die Antwort war – ich fasse kurz zusammen –: Ich bin nicht zuständig! – Das ist natürlich auch kein Zugang für einen Amtsträger. Ein Minister bekommt ein Managergehalt, weil er Managerverantwortung hat, und diese muss man auch wahrnehmen. (Beifall bei den NEOS.)

Im Auftrag der Bundesregierung hat die Sozialversicherung letztes Jahr die Risikogrup­pen gefiltert, damit man sie anschreiben kann. Man hat dieses Wissen nicht genützt, die Risikogruppen nicht zur Boosterimpfung eingeladen, die Älteren nicht zur Boosterimp­fung eingeladen, das Impfen in der Apotheke nicht möglich gemacht. Es gibt Gemeinden mit über 20 000 Einwohnern, in denen es keinen einzigen Arzt gibt, der impft. Die Ein­wohner müssen irgendwo in ein Impfzentrum fahren. Macht man das so mit 85-jährigen Leuten, dann kann nichts weitergehen.

Dazu kommt natürlich noch die Geringschätzung: In der Sitzung des Hauptausschusses dieses Hauses am Sonntag sind Sie von mehreren Fraktionen gefragt worden, welche weiteren Maßnahmen kommen, wenn das nicht reicht. Es hat keine Antworten gegeben. 2 Stunden später gibt derselbe Minister in der „ZIB 2 am Sonntag“ dem Zuschauer die Antworten, die die Abgeordneten hier herinnen nicht bekommen haben, weil es schein­bar keine gegeben hat. – Das ist das Gegenteil von Zusammenarbeit und das Gegenteil eines Vertrauensbeweises. (Beifall bei den NEOS.)

Ja, ein Minister hat es nicht leicht, insbesondere in dieser Regierung nicht, das verstehe ich. Da muss man sich vom Bundeskanzler im „Morgenjournal“ zurückpfeifen lassen, da meldet sich die nicht zuständige Landwirtschaftsministerin – Sie wissen, von welchem Gerät aus – zu Wort, hat keine fachliche Ahnung und richtet dem Minister aus, sie halte „nichts von den Wortmeldungen des Gesundheitsministers“. Wenn er etwas zur Land­wirtschaft sagen würde, dann müsste sie ja auch nichts davon halten, aber beim Thema Gesundheit hätte sie Pause. Dann muss Vizekanzler Kogler zur Verteidigung ausreiten, und jetzt kommt Frau Schramböck und sagt, man hat zu wenig Medikamente eingekauft, und gießt noch Wasser auf die Kickl’schen Pferdeentwurmungsmittelmühlen. Was fällt der eigentlich ein, nicht? – Man hat es als Minister wirklich nicht leicht, ich verstehe Sie da voll. (Beifall bei den NEOS.)

Man muss in dieser Republik aber damit leben, dass sich Leute zu Wort melden, die nicht zuständig sind, deswegen hat der Gesundheitsminister nach dem Epidemiegesetz ein Weisungsrecht. Wenn ein Landeshauptmann glaubt, er habe genug Intensivbetten, dann kann man ihn anweisen, einzuschreiten. Ja, wir haben einen Föderalismus, aber man muss sich dem nicht beugen. Ja, man hat einen Koalitionspartner, aber man muss sich nicht allem beugen, nur damit man Minister ist.

Ich bringe daher den Antrag ein:

Misstrauensantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz“

Der Nationalrat wolle beschließen:


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„Dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird gem. Art 74 Abs 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrats das Ver­trauen versagt.“

*****

(Beifall bei den NEOS.)

16.09

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Misstrauensantrag

gem. § 55 GOG-NR

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Soziales‚ Ge­sundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz

eingebracht im Zuge der Debatte in der 129. Sitzung des Nationalrats über den Dring­lichen Antrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Gerhard Kaniak, Dr. Susan­ne Fürst, Peter Wurm und weiterer Abgeordneter betreffend Nein zur Diskriminierung gesunder Menschen - Ja zum Plan B gegen Corona

Dr. Wolfgang Mückstein hat in einer verhältnismäßig ruhigen Phase der Pandemie das Gesundheitsministerium übernommen. Seine Hauptaufgabe wäre es (lediglich) gewe­sen, den Impffortschritt zu überwachen und gegebenenfalls die entsprechenden Maß­nahmen zu setzen, um den Impffortschritt wieder zu beschleunigen. Dennoch ist spä­testens seit Ende Mai 2021 (zu) vieles falsch gelaufen. Warnungen im Juni, dass der Impffortschritt rückläufig ist, wurden nicht ernstgenommen. Wahlkampfbedingt wurden vor der OÖ Landtagswahl die notwendigen Maßnahmen unterlassen. Außerdem unter­lief die ärztelastige Klientelpolitik der Regierung gegen das "Impfen in der Apotheke" ein breites niederschwelliges Impfangebot, obwohl für diese Maßnahme sogar die FPÖ mit an Board war. Der Minister wurde zunehmend von Kommentatoren und von seinem Um­feld als führungsschwach beschrieben. Zudem wurde die Opposition nur geringschätzig behandelt und bei der Maßnahmenvorbereitung nicht eingebunden. So erfuhr die Op­position regelmäßig erst über die Medien Details zu den Maßnahmenverschärfungen, so auch am letzten Wochenende, inklusive öffentlichem Streit zwischen Kanzler und Ge­sundheitsminister, ob es nun Ausgangsbeschränkungen für Geimpfte geben wird oder nicht.

Warnungen zum abnehmenden Impffortschritt im Juni nicht ernst genommen

Bereits im Juni, als die Regierung noch stolz 70 Prozent Impfbereite via Presseaussen­dung verkündete, zeichnete sich ein starker Rückgang der Impfbereitschaft ab. So konn­te man bei der NÖ Impfanmeldeplattform bereits ab Ende Mai / Anfang Juni beobachten, dass viele freie Impftermine nicht mehr gebucht wurden, obwohl in Niederösterreich die Impfquote noch niedrig war und bereits seit 10. Mai für alle die Impfanmeldung möglich war. "In Niederösterreich scheinen also bereits viele grundsätzlich Impfbereite (passive Impfbereitschaft) die Impfungen hinauszuzögern, anstatt sofort zu buchen. Und dass obwohl die Durchimpfung in Niederösterreich erst bei 48 Prozent liegt" warnte NEOS den Gesundheitsminister damals mittels Anfrage (1). Und als in Oberösterreich bereits für alle das Impfdebakel sichtbar war, warnte NEOS den Gesundheitsminister via Pres­seaussendung: "NEOS zu Mückstein: Wie dramatisch soll’s denn werden?" (2). Wer sich


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nun eine wirkungsvolle Reaktion des Gesundheitsministers erwartete, der in der Pande­mie gemäß Epidemiegesetz der oberste Pandemiemanager ist, wurde erneut ent­täuscht.

Boosterimpfungen verspätet und im Schneckentempo

Auch bei den Boosterimpfungen hat der Gesundheitsminister die Sommerpause zu ernst genommen. Erst eine Anfrage im Juli brachte etwas Bewegung in die Angelegenheit (3). Allerdings immer noch zu langsam. Bis November hat sich faktisch gar nichts getan. Nicht einmal die Älteren und Risikogruppen wurden aktiv angeschrieben, um sie mit Impfterminen zu versorgen. Das Ergebnis ist eine extrem niedrige Boosterimpfquote von 8 Prozent, mit erheblichen regionalen Unterschieden: Vorarlberg 6% bis Niederöster­reich 10 Prozent. Bei den ganz Alten (>85 Jahre) sind die Unterschiede noch erheblicher: Boosterimpfquoten von 39 Prozent bis 68 Prozent. Hier unterlässt der Gesundheitsmi­nister erneut seine Aufsichtspflicht, obwohl bekannt ist, dass die Boosterimpfungen bei den Älteren und Risikogruppen eine deutlich höhere Wirkung haben als Erstimpfungen bei Kindern.

Keine Maßnahmen gesetzt, um den Impffortschritt zu erhöhen

Der Gesundheitsminister hat auch keine erkennbaren Maßnahmen gesetzt, um die Impf­geschwindigkeit zu erhöhen. Auch als NEOS zahlreiche Maßnahmen wie 1) aktives Ter­min-/Erinnerungsmanagement für Impfungen, 2) das Ende der Gratistests für Ungeimpf­te und das 3) Impfen in der Apotheke als zusätzliche Impfanreize vorgeschlagen hatte, setzte der Minister keine Maßnahmen (4). Auch für flächendeckende Antikörpertestun­gen ließ sich der Minister nicht erweichen, was die Ratlosigkeit des Minister sehr deutlich unterstreicht. Denn wenn ein Minister schon keine Maßnahmen für eine schnellere Durchimpfung der Bevölkerung setzt, dann müsste er den Impfskeptikern zumindest die Möglichkeit geben, ihren Immunisierungsgrad mittels Antikörpertests zu belegen. An­dernfalls bewirken Maßnahmen wie 2G, dass ein Drittel der Bevölkerung von vielen Be­reichen ausgeschlossen wird. Und ob das der Maßnahmen-Compliance zweckdienlich ist, kann bezweifelt werden.

OÖ: Wahlkampfbedingt nicht auf steigende Zahlen reagiert

Durch Untätigkeit zeichnete sicher Gesundheitsminister auch vor der OÖ Landtagswahl aus. Obwohl Oberösterreich im Bundesländervergleich bereits seit Juni beim Impfen zurückgefallen ist und schon weit vor der OÖ Landtagswahl bei der Impfquote auf dem letzten Platz lag, griff der Minister nicht ein. Nicht einmal unmittelbar nach der Landtags­wahl reagierte der Minister mit den entsprechenden Maßnahmen. Wenig überraschend liegt OÖ bei der 7-Tageinzidenz nur bei 1422 und somit 70 Prozent über dem Bundes­schnitt.

Ärztelastige Klientelpolitik unterläuft niederschwelliges Impfangebot

Seit Beginn der Pandemie wurde mehrfach in den Ausschüssen über ein breites nieder­schwelliges Impfangebot debattiert, mehrfach sogar über speziell ausgebildetes Perso­nal in Impfapotheken ("Impfen in der Apotheke"). Dieses zusätzliche Impfangebot exis­tiert bereits in 14 europäischen Ländern und wirkt sich dort natürlich positiv auf die Impf­quote aus. Beim Thema Impfapotheken herrscht zudem Einstimmigkeit zwischen allen Oppositionsparteien, sogar die FPÖ ist mit an Board (5), nur die Regierungsfraktionen waren stets dagegen. Dass der Gesundheitsminister auch hier keine Akzente setzen konnte, unterstreicht erneut seine Unzulänglichkeit für das Ministeramt.

Führungsschwäche - fehlendes Pandemiemanagement

Dem Minister wird zunehmend Führungsschwäche nachgesagt. Zum Einen hält er sich bei der Überwachung des Infektionsgeschehens in den Bundesländern so zurück, dass


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sich schon seit jeher einige Bundesländer über die mangelnde Kommunikation beklagt haben, zum Anderen greift er nicht mal ein, selbst wenn es höchst an der Zeit ist. Hierbei sei erneut auf die Situation in OÖ verwiesen.

Erfolgreiches Pandemiemanagement bedingt Führungsstärke, die der Gesundheitsmi­nister leider nicht vorweisen kann.

Geringschätzung der Opposition und Kommunikationschaos zwischen Kanzler und Schallenberg

Zwar wird der nationale Schulterschluss von der Regierung regelmäßig medial herauf­beschworen, real umgesetzt wurde er von der Regierung jedoch nie. Erst am vergange­nen Wochenende wurde der COVID-Verordnungsentwurf seitens des Gesundheitsmi­nisteriums erneut vorab an die Medien weitergegeben. Die Opposition erfuhr von den geplanten Maßnahmen also wieder einmal aus den Zeitungen. Auch bei der Nachfrage, welche weiteren möglichen Maßnahmen genau geplant sind, hielt sich der Gesund­heitsminister im Hauptausschuss (14.11.) konsequent bedeckt. Aber nur zwei Stunden danach in der ZIB am Sonntag gab er bekannt, dass er auch Ausgangssperren für Ge­impfte plane. Abgesehen vom Kommunikationschaos, dass der Minister ausgelöst hat, offenbart es seine Geringschätzung der Opposition, womit der Minister das Vertrauen der Opposition endgültig verspielt hat. Und das Kommunikationschaos, das zwischen Gesundheitsminister und dem Kanzler herrscht, setzt dem Ganzen die Krone auf - Mückstein: Lockdown für Geimpfte ja; Schallenberg: Lockdown für Geimpfte nein; Schal­lenberg: Lockdown für Ungeimpfte nur in Salzburg und Oberösterreich; Mückstein: Lock­down für Ungeimpfte bundesweit.

Quellen:

(1)  https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_06913/fnameorig_982290.html

(2)  https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20210820_OTS0069/neos-zu-mueck­stein-wie-dramatisch-solls-denn-werden

(3)  https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_07580/index.shtml

(4)  https://www.oe24.at/coronavirus/neos-fordern-wirkungsvolle-sofortmassnahmen-statt-strafen/492420744

(5)  https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/UEA/UEA_00535/index.shtml

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz wird gem. Art 74 Abs 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrates das Ver­trauen versagt.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fürst. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


16.09.33

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Bundes­kanzler! Sehr geehrte Frau Minister! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir


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erleben gerade wieder ein tägliches Crescendo an Horrormeldungen aus den Kranken­häusern, die Medien überschlagen sich mit katastrophalen Berichten und Zusammen­bruchszenarien, auch hier im Plenum haben wir jetzt gerade von solchen Szenarien gehört. Experten, Virologen sagen, es gebe nur mehr die Möglichkeit von strikten Maß­nahmen oder die Impfung, das sei alternativlos.

Nun, wie steigt man aus dieser Hysterie wieder aus? Wie konnte es dazu kommen? – Die Politik wird jetzt zum Teil die Geister, die sie rief, nicht mehr los. Medien, gefüttert mit Abermillionen an Fördergeld, lassen jetzt natürlich ihre Auflage mit Sensationsmel­dungen in die Höhe schießen. Journalisten profilieren sich mit dem Herbeireden und -schreiben der allerhärtesten Maßnahmen. Politiker werden angegangen, warum sie nicht schon noch größere Freiheitseinschränkungen verhängt haben. Zahlentürme wer­den gezeigt. Gemäßigte, regierungskritischere Journalisten werden einmal in das Eck gestellt, die eine oder andere Herausgeberin auch schon abgesetzt.

Auch Experten, Virologen, Ärztekammervertreter, Intensivmediziner sind jetzt eigentlich wenig geneigt, die Bühne und das Scheinwerferlicht, an das sie sich in den letzten Mo­naten schon gewöhnt haben, wieder zu verlassen. Auch da gibt es leider die Tendenz: je schriller die Vorschläge, desto mehr Aufmerksamkeit – Lockdown hier, Lockdown da! Nein, für alle! Kontaktbeschränkungen, Abstand! Was, noch zwei, drei Leute treffen, das geht doch nicht?! Ausschluss vom öffentlichen Leben! Im privatem Leben Ausschluss von Freizeit! Kein Sport! Ja, natürlich auch Ausschluss von der Gesundheit, also denen gehört auch die E-Card weggenommen!

Auch da gilt: Es ist natürlich sexy, je härter die Maßnahmen sind, und langweilig sind diejenigen, die vielleicht noch sagen: Na ja, eigentlich gäbe es schon auch konservative Behandlungen, eigentlich sollte man doch auch auf das Gesundheitssystem schauen! Wieso werden die Betten immer weniger? Was macht man, damit das Gesundheitsper­sonal motiviert bleibt und nicht mit fliegenden Fahnen die Krankenhäuser verlässt, und zwar nicht wegen der Coronakranken, sondern wegen der Maßnahmen und dem großen Druck? – Oder auch Ärzte, die noch auf die Natur des Menschen, auf die Psyche des Menschen, der Kinder oder der Jugendlichen Rücksicht nehmen: Nein, total langweilig, das brauchen wir nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Auch für sonstige Karrieristen ist diese Krise natürlich ein herrlicher Tummelplatz. El­ternvertreter und Schulsprecher wollen auch einmal Karriere machen. Präsenzunterricht ist einfach unsolidarisch: Das ist jetzt den Kindern zu vermitteln.

Ministerinnen zeichnen sich auch hier und dort aus, man will vielleicht auch einmal den Herrn Bundeskanzler beerben. Besonders Tourismusministerin Köstinger gibt wirklich komplexeste inhaltliche Aussagen von sich wie: Es ist niemand sicher, solange nicht alle sicher sind! – Das ist ein Hineinknien in die Coronaproblematik, eine tiefgehende Re­cherche, also dem kann man einfach nichts entgegensetzen.

Ich meine, dass solche Aussagen dann natürlich auch dazu führen, dass es aus Deutschland Reisewarnungen gibt – ja natürlich, wenn so eine hohe Repräsentantin in Österreich sagt, es ist niemand in Österreich sicher, dann würde ich auch Reisewarnun­gen aussprechen. Mit dieser Panikpolitik, mit solchen unsubstanziierten Aussagen wer­den in der Wirtschaft Schäden angerichtet, da werden Betriebe in den Ruin geschickt, wird Arbeitslosigkeit produziert – man kann immer sagen, die Gesundheit geht vor, und außerdem sind die Schuld.

Der Herr Gesundheitsminister sagt auf die Frage, wie lange die Maßnahmen dauern, wie lange die Grundrechtseinschränkungen und die Freiheitsbeschränkungen – dieser verfassungswidrige Zustand – dauern: Ja bitte, bis die Auslastung in den Krankenhäu­sern nachlässt! – Na ja, das lässt sich steuern. Ich meine, wir wissen, die Betten sind


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immer weniger geworden, das wird schon zugegeben. Jetzt heißt es, es gibt das Per­sonal nicht mehr. Was macht der Herr Gesundheitsminister als Dankeschön für das Ge­sundheitspersonal? – Eine Impfpflicht. Es wird damit gerechnet, dass wir dadurch 20 bis 30 Prozent an Personal verlieren, und da kommt der Zusammenbruch des Gesundheits­systems mit Sicherheit. Wer ist schuld daran? – Na ja, da kann man ja sagen: Das sind die Ungeimpften und nicht der Gesundheitsminister! (Abg. Sieber: Das verstehe einer!)

Zu unserem obersten Repräsentanten sozusagen, dem Herr Bundeskanzler, und seiner Sprache, der mangelnden Geduld mit einem Teil der Bevölkerung – die „Zauderer und Zögerer“, bei denen man die Zügel anziehen muss; es wird jetzt in den nächsten Mona­ten für einen Teil der Bevölkerung schon ungemütlich –: Da hat ein Psychiater diese Woche das traurige Fazit gestellt, dass mit dieser Sprache ganz gezielt die niedersten Instinkte im Menschen angesprochen werden. (Beifall bei der FPÖ.) Das heißt, der Herr Bundeskanzler kann stolz darauf sein, dass er sich in seiner noch sehr jungen Kanz­lerschaft schon einen Orden dafür verdient hat – den kann er sich ans Sakko heften –, dass er die niedersten Instinkte der Menschen anspricht. – So viel dazu. (Zwischenruf des Abg. Sieber.)

Er ist für das Gemeinsame und gegen die Spaltung. Er hat hier auch gerade wieder verkündet, dass er sein Amt vollkommen falsch versteht. Er sagt, seine Aufgabe ist es, die Gesundheit der Bürger zu schützen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Nein! Wir sind mündige Bürger. Jeder Erwachsene in Österreich ist selbst aufgerufen, für seine indivi­duelle Gesundheit zu sorgen, die Eltern für die der Kinder, und auch für die Alten wird in den Familien gesorgt. Die Bundesregierung ist dazu da, das Gesundheitssystem zur Verfügung zu stellen und zu schützen, für das Personal und für ausreichende Kapazi­täten zu sorgen. (Beifall bei der FPÖ.)

Bei einem Bundeskanzler, der stolz darauf ist und sich hier rühmt, wie viele polizeiliche Kontrollen in den letzten Tagen gegen die eigene Bevölkerung stattgefunden haben, fehlen einem die Worte.

Ja, wir haben jetzt folgende Situation: Einem Teil der Bevölkerung wird nur mehr erlaubt, arbeiten zu gehen, und das nur unter Schikanen, Lebensmittel einzukaufen oder alleine spazieren zu gehen. Sie dürfen kein Geschäft betreten und – für mich oberster symboli­scher Gipfel – nicht zum Friseur gehen. Da erübrigt sich dann bald das mit der mangeln­den Kontrollierbarkeit, weil man ja dann auf den öffentlichen Plätzen diejenigen sieht, die unmögliche Frisuren haben und schmuddelig daherkommen; auf die kann ich dann mit dem Finger zeigen: Das muss ein Ungeimpfter sein! (Zwischenruf bei der ÖVP.)

So eine Politik wird betrieben. Das hat mit Gesundheitspolitik nichts zu tun, das hat mit Unrecht zu tun. Dem schließen wir uns nicht an, sondern da braucht es dringend unseren Plan B. (Beifall bei der FPÖ.)

16.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Smolle. Das Wort steht bei ihm. – Bitte, Herr Abgeordneter.


16.16.44

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Geschätzte Regierungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Tatsächlich befinden wir uns mitten in der vierten Welle. (Ruf bei der FPÖ: Aha!) Wir sind nicht das erste Land, das davon betroffen ist. Wir sind bei Gott auch nicht das einzige Land, das davon betroffen ist.

Man hat das anhand der Entwicklung in Israel recht gut verfolgen können. Die waren als Erste von der vierten Welle betroffen, und sie sind uns beim Impfen, nicht bei der Ge­samtimpfquote, sondern bei der Auffrischungsquote, ganz deutlich um etwa drei Monate


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voraus. (Abg. Belakowitsch: Warum ist das so?) Damit ist es ihnen gelungen, diese vierte Welle zu brechen. (Abg. Belakowitsch: Warum haben wir nicht vor der vierten Welle die Auffrischung geimpft?)

Warum ist diese Auffrischungsimpfung so wichtig? (Abg. Belakowitsch: Warum erst jetzt?!) – Es hat sich mittlerweile herausgestellt, dass der Schutz gegen eine schwere Erkrankung zu etwa 90 Prozent sehr gut über sechs Monate und auch noch darüber hinaus anhält, dass aber der Schutz vor einer milden Erkrankung etwas rascher nach­lässt, und genau das beschert die vierte Welle. Deshalb ist jetzt die dritte Impfung so wichtig.

Es gibt aber eine Reihe von Handlungssträngen, von denen jener mit der Impfung ent­scheidend ist. Es gibt aber auch – es ist wiederholt angesprochen worden – die Frage, welche therapeutischen Möglichkeiten es gibt. Da will ich einmal eines festhalten: Bis­lang waren die Behandlungsmöglichkeiten für diese Erkrankung äußerst bescheiden. Es bringt nichts, irgendwelche Therapien, die vielleicht eine marginale Wirksamkeit haben, gar nicht wirken oder potenziell gefährlich sind, zu hypen, weil sie die anderen Maß­nahmen nicht ersetzen. Die österreichische Ärztinnen- und Ärzteschaft hat sich mit den anderen Gesundheitsberufen (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) vom ersten Tag der Pandemie an mit den bescheidenen therapeutischen Möglichkeiten, die es bis jetzt ge­geben hat, um die Patientinnen und Patienten gekümmert. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen, die dieser Aufgabe ver­antwortungsbewusst nachgekommen sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Es gibt nun zwei Präparate in der Entwicklung, in der Pipeline, für die es die ersten sehr, sehr guten klinischen Studien gibt, die wirklich Hoffnung bringen, dass man, wenn man sie frühzeitig verwendet, damit schwere Verläufe weitgehend oder zumindest teilweise verhindern kann. (Abg. Belakowitsch: Sicher so gut wie die Impfung!) Natürlich ist es auch unsere Aufgabe, diese, sobald sie zugelassen sind, zu verwenden (Abg. Belako­witsch: Warum ist es nicht zugelassen?), und wir werden das mit großer Selbstver­ständlichkeit und Begeisterung tun. (Abg. Belakowitsch: Warum ist es in Großbritannien zugelassen und in Europa nicht?)

Auf eines möchte ich aber hinweisen: Was ich nicht verstehe, ist, dass man gegen die Impfungen, für die es mittlerweile Millionen von Daten und unzählige wissenschaftliche Studien gibt, bei denen man alles Für und Wider weitgehend kennt, immer wieder Pro­paganda macht, aber andere Präparate, bei denen es jetzt glücklicherweise zwei gute Studien mit einigen Hundert Patienten gibt, einfach vorbehaltlos hypt. Mit meinen 40 Jah­ren als Arzt und Wissenschafter habe ich zu viel erlebt, um nicht da auch ein bisschen vorsichtig zu sein. Ich bin optimistisch. Ich hoffe, dass es wirklich so kommt, wie die ersten Studien ausschauen.

Ich möchte aber jetzt noch etwas zur FPÖ sagen: Sie haben – zumindest Ihre Partei­spitze – vor etwa vier Wochen eine 180-Grad-Wendung vollzogen, denn Sie haben über 20 Monate hinweg die Krankheit und die Pandemie kleingeredet. (Abg. Belakowitsch: Das stimmt ja nicht!) Da war die Rede: Das ist ja nur eine kleine Grippe. (Ruf bei der FPÖ: Das stimmt ja gar nicht! – Abg. Belakowitsch: Wer hat das gesagt? Können Sie das belegen?) Dann hat es geheißen: Es gibt ja gar keine Welle, die wird ja nur her­beigetestet. (Abg. Hörl: Genau!) Es hat geheißen: die sogenannte Pandemie. – Da muss ich schon sagen: Wie man bei mehr als fünf Millionen Todesfällen weltweit und mehr als 11 000 davon in Österreich von einer sogenannten Pandemie reden kann, ist mir unver­ständlich. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Deimek: Reden Sie jetzt auch von soge­nannten ...? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich finde diese 180-Grad-Kehrtwendung positiv, weil sie eine Annäherung an die Realität ist. (Abg. Belakowitsch: Oh mein Gott! Wir waren immer schon bei der Realität!) Ich erwarte jetzt eigentlich, dass Sie dann ganz selbstverständlich die Maßnahmen, die zur


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Eindämmung der Pandemie getroffen werden, auch entsprechend mittragen, dass Sie sie nicht mehr kleinreden. Heute war am Rande wieder zu hören, dass es mit der Über­lastung der Intensivstationen gar nicht so sei. (Abg. Belakowitsch: Kennen Sie das Ages-Dashboard?) Reden Sie mit den Spitälern! Reden Sie mit den Chirurginnen und Chirurgen, die tagtäglich um das Intensivbett für angesetzte Operationen ringen müssen! Das ist eine ernste Situation. (Abg. Martin Graf: ... Patienten behandeln! ... Zeit!)

Wenn ich jetzt Revue passieren lasse, dass Sie fast jede Maßnahme gegen die Pan­demie, jede oder fast jede Maßnahme zur Bekämpfung der Pandemie – Maskentragen, Impfen, Abstandhalten und so weiter (Abg. Belakowitsch: Wann hat irgendwer von uns etwas gegen Abstandhalten gesagt? Ich kann mich nicht erinnern!) – hintertrieben und torpediert haben und jetzt mit dem Finger auf die Bundesregierung zeigen, dann ist das einfach skurril. (Abg. Belakowitsch: Ja, die haben die Verantwortung!) Das ist das Höf­lichste, was mir dazu einfällt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Martin Graf: Ethisch verantwortungslos ist es, in der Pandemie nur Privatpatienten zu operieren! Das ist verantwortungslos!)

16.22


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ecker. Bei ihr steht das Wort. – Frau Abgeordnete, bitte sehr.


16.22.51

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesre­gierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte kurz auf meinen Vorredner replizieren: Wer ist laut Epidemiegesetz verantwortlich? – Das ist schon die Bundesre­gierung.

Die Salzburger Landeskliniken können die Behandlungen weiterer Patienten nach gel­tenden medizinischen Standards und Sorgfaltsmaßstäben bald nicht mehr garantie­ren. – Das sind nicht meine Worte, das sind die Worte der Geschäftsführung der Salzbur­ger Landeskliniken, die heute mit einer Überlastungsanzeige einen dramatischen Hilferuf an die Politik gerichtet hat – ein Novum, ein absolutes Novum in der Geschichte der Gesundheitsversorgung in Salzburg.

Gleich darauf wurde ein Triageteam eingerichtet, welches zu entscheiden hat, welcher Patient intensivmedizinisch betreut wird und welcher nicht. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, so eine Entscheidung möchten wir alle miteinander niemals treffen müssen. Ich zitiere: „Es herrscht jeden Tag ein menschenunwürdiger Streit, wessen Patient zuerst operiert werden könne“, so ein Salzburger Mediziner. Das ist eine Situation, geschätzter Herr Bundeskanzler, die vermeidbar gewesen wäre, wenn die Bundesregierung recht­zeitig ihre Arbeit aufgenommen hätte, klare Botschaften an die Bevölkerung gerichtet hätte – zum Beispiel eine Impfkampagne während der Sommermonate. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

Die jetzige Situation ist aber erst der Anfang. Weitere Krankenhäuser werden in den kommenden Wochen folgen, denn der Zenit, so sagen die Expertinnen und Experten, ist noch nicht erreicht. Das Haus brennt, geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Es brennt nicht das Dach, sondern das ganze Haus! Anstatt den Feuerlöscher hervorzuholen und die Pandemie endlich ernsthaft zu bekämpfen, versinkt die Regierung in Streit und bas­telt lieber an der Rückkehr von Sebastian Kurz. Währenddessen steigen die Zahlen wei­ter, und die Gesundheitsversorgung in Österreich steht vor dem Kollaps.

Die Regierungsparteien sprechen nicht aus einem Sprachrohr. – Herr Bundeskanzler (in Richtung des mit Bundesministerin Edtstadler sprechenden Bundeskanzlers Schallen­berg), vielleicht könnten Sie meinen Ausführungen bitte folgen? (Ruf: Das interessiert ihn nicht!) – Das schafft Verunsicherung, und das können wir jetzt, in dieser Situation, nicht gebrauchen. Ihre Politik, Herr Bundeskanzler, ist es, die einen Riss durch die Ge­sellschaft gezogen hat. Anstatt rechtzeitig Maßnahmen für alle zu verordnen, haben Sie


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die Gesellschaft bewusst mit dem Lockdown für Ungeimpfte gespaltet. Die einen und die anderen – das ist das politische Mantra dieser Regierung. Die Leidtragenden sind nur die Menschen in diesem Land, die im Verordnungschaos versinken und sich verärgert und auch coronamüde von der Politik abwenden. (Abg. Deimek: Das ist denen wurscht!) Sie gefährden damit nicht nur die Gesundheit der Bevölkerung, sondern erschüttern mit Ihren Versäumnissen die Demokratie in diesem Land. Wir wissen aus der Geschichte, was passiert, wenn sich Menschen vom Vertrauen in ihre politischen Vertreterinnen und Vertreter abwenden.

Ja, es waren Michael Ludwig und Hans Peter Doskozil, die im Sommer mutige Entschei­dungen getroffen haben. Sie haben Corona zu einem gemeinsamen Projekt gemacht, haben vermieden, zu polarisieren, und zeitgerecht klare Maßnahmen gesetzt. Heute sind sie mit ihren Bundesländern österreichweit Vorzeigeregionen. (Beifall bei der SPÖ.) Die Pandemiebekämpfung dieser zwei Bundesländer zweifelt niemand mehr an – auch nicht ihre Vorgehensweise. Man muss aber an dieser Stelle schon auch festhalten – und ich habe es eingangs schon formuliert –, dass es Aufgabe des Bundes ist, sich kraft des Epidemiegesetzes um eine Epidemie zu kümmern und diese Krise zu bekämpfen. Da wurde aber wieder einmal die Verantwortung an die Länder abgeschoben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es gilt jetzt, die Gräben zuzuschütten, das Verbinden­de vor das Trennende zu stellen und Brücken zu bauen, anstatt die Gesellschaft ständig weiter zu spalten. Wir werden den Weg aus dieser Pandemie nur alle miteinander schaffen können. Daher ersuche ich Sie, Herr Bundeskanzler: Ziehen Sie die Zügel in der Regierung an, erfüllen Sie endlich Ihre Aufgabe, nehmen Sie sie wahr, setzen Sie sich dafür ein und sehen Sie ein, dass der Gesundheitsminister seine Arbeit machen muss und Sie ihn dabei zu unterstützen haben!

Zum Abschluss möchte ich mich bei allen Menschen bedanken, die tagtäglich ihren Dienst in Krankenhäusern, auf Intensivstationen, in Kindergärten, in Schulen verrichten, die den Virus tagtäglich vor sich haben. Sie alle haben meinen höchsten Respekt ver­dient und verdienen mehr als nur Anerkennung. Halten Sie durch! (Beifall bei der SPÖ.)

16.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Ribo. – Bitte sehr.


16.28.11

Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­kanzler! Liebe Regierungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuse­herinnen und Zuseher! Die FPÖ fragt sich: Wozu all diese Maßnahmen? Wer braucht die schon? Leben wir doch einfach, als ob nichts wäre – Pandemie hin oder her!

Meine Damen und Herren, glauben Sie mir, es braucht diese Maßnahmen. Es ist noch nicht vorbei. Die Pandemie ist so präsent wie leider noch nie zuvor und hält uns fest im Griff. Die letzten Tage waren sehr hart. Die Zahlen der letzten Tage sprechen für sich. Pro Tag gab es fast 12 000 Infizierte, so viele wie noch nie. Dabei treten 83 Prozent der symptomatischen Erkrankungen in der ungeimpften Bevölkerung auf. Was macht die FPÖ? – Die FPÖ schlägt einen Plan B vor: Antikörpertestungen und eine frühzeitige Be­handlung zur Schonung des Gesundheitssystems. Was denken Sie, was jetzt gerade passiert? Glauben Sie, dass die ÄrztInnen die Leute so lange warten lassen, bis sie eine Intensivbetreuung brauchen? – Nein, auch jetzt werden die Leute betreut. (Abg. Belako­witsch: Wo?) Eine frühzeitige Behandlung reicht aber nicht aus. Es braucht mehr.

Was will die FPÖ weiter? Die FPÖ will außerdem, dass erst bei Symptomen mit PCR-Tests gearbeitet wird. Auch das reicht leider nicht, auch dann ist es zu spät. (Abg. Wurm: Bei uns passieren gar keine Tests!) Wir brauchen präventive Maßnahmen. Studien zei­gen klar auf, dass bei einer Impfung besser abgeschätzt werden kann, wie lange ein


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Schutz wirkt, als bei einer einmaligen Antikörpertestung, bei der man nicht einmal weiß, wann die Infektion stattfand. (Abg. Belakowitsch: Aha! Sehr medizinisch!)

Was heißt es weiter: Ich will mich nicht impfen lassen! Ich bin eh gesund! Ich nehme genug Vitamin C! Ich lasse mich doch von der Politik nicht veräppeln! – Noch immer heißt es: Ich, ich und noch einmal ich!(Abg. Belakowitsch: Wer sagt das? Sagen das Sie?) – Da geht es aber nicht um die eigene Person, da geht es um uns alle. Egoismus ist da fehl am Platz! (Abg. Belakowitsch: Da haben Sie recht! Da haben Sie ausnahms­weise ...!)

Eine Partei hat das aber leider noch nicht kapiert. Eine Partei handelt weiterhin egois­tisch und wissenschaftsfeindlich. (Abg. Belakowitsch: Die Grünen!) Bei der FPÖ heißt es – genau, Herr Kollege Wurm (in Richtung des an die Decke schauenden Abg. Wurm), schauen Sie einfach rauf! –: Wissenschaft, was ist denn das, es gibt eh Entwurmungs­mittel, wozu braucht es da bitte Expertinnen und Experten?! (Abg. Deimek: Ignoranz und Eigenwilligkeit ...! – Zwischenruf der Abg. Steger.)

In diesem Antrag ist dann noch zu lesen, die FPÖ möchte die Spaltung der Gesellschaft beenden. – Wer, bitte, soll euch das glauben? (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Wer glaubt euch das? Ihr wollt dafür sorgen, dass die Spaltung in der Gesellschaft beendet wird? Das glaubt euch nicht einmal mein sechsjähriges Kind. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ihr lebt von der Spaltung, ihr seid die Spaltung, es gibt nichts anderes, was ihr könnt. Das ist euer Geschäft, das ist euer Kapital. Gerade vorhin hat Kollegin Belakowitsch geredet und gegen Asylwerber gehetzt, und jetzt wollt ihr gegen die Spaltung auftreten? (Abg. Wurm: Ihr habt eigene Eingänge für die Ungeimpften ...! Eigene Eingänge für Ungeimpfte habt ihr gemacht!) – Das Einzige, was ihr mit eurer Coronapolitik bewirkt, das Einzige, was ihr wollt, ist Spaltung. Ihr seid die Spaltung! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Amesbauer.)

Ohne Rücksicht auf Verluste spaltet ihr, ohne Rücksicht auf Leben, ohne Rücksicht auf unsere Gesellschaft. (Abg. Amesbauer: Und ohne schlechtes Gewissen!) Meine Damen und Herren, das ist Egoismus pur. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Ja! – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Wie unser Bundespräsident aber sagte: So ist unsere Gesellschaft nicht. So ist Öster­reich Gott sei Dank nicht. (Abg. Belakowitsch: Hallo?! So ist Österreich! So ist die Bun­desregierung!) In Österreich schaut man aufeinander. Solidarität ist jetzt gefragt, vor allem auch Solidarität – wie heute schon mehrfach erwähnt – mit den Menschen (Abg. Deimek: Solidarität mit den ...!), die Tag und Nacht an vorderster Front für uns alle kämp­fen, für die Menschen auf den Intensivstationen in den Krankenhäusern. (Abg. Ames­bauer: Sollen Sie einmal einen Corona ...!)

Diese Menschen gehen zum Teil ein- bis zweimal aufs WC. Sie kommen freiwillig vom Urlaub zurück, um zu arbeiten (Abg. Deimek: Genau!), um für uns die Versorgung si­cherzustellen (Abg. Belakowitsch: Und jetzt?)  die Versorgung, die für uns alle eigent­lich selbstverständlich ist, weil sie uns ja zusteht. (Abg. Belakowitsch: Und was ist jetzt mit dem 500-Euro-Bonus?!) Selbstverständlich ist sie nur deshalb, weil diese Tausenden Personen im Gesundheits- und Pflegebereich tagtäglich für uns da sind. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte mich hier noch einmal bei allen Personen im Gesundheits- und Pflegebe­reich, bei allen Ärztinnen, bei allen Ärzten, Pflegerinnen, Pflegern, Reinigungskräften, bei allen, die dort arbeiten, herzlich bedanken. Euch gebührt mein höchster Respekt und meine Wertschätzung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwi­schenruf des Abg. Deimek.)


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Kurz noch zu all den Personen, die sich noch nicht haben impfen lassen: Glauben Sie mir (Abg. Belakowitsch: Wieso soll Ihnen jemand was glauben?!), ich verstehe jeden und jede, der beziehungsweise die Angst hat. Ich selber hatte auch Angst vor der Imp­fung. (Abg. Belakowitsch: Warum?) Es war so viel geschrieben worden, ich hatte Angst, dass ich einen allergischen Schock bekomme, weil ich davor einen hatte. Ich habe dann mit meinem Hausarzt gesprochen (Abg. Amesbauer: Es gibt auch Hausärzte, die ab­raten! – Abg. Belakowitsch: Mein Hausarzt rät mir ab!), er hat mich gut aufgeklärt, er hat mir meine Angst nehmen können, und ich bin jetzt so was von froh, dass ich mich habe impfen lassen.

Noch einmal mein Appell an alle (Ruf bei der FPÖ: Reden Sie mit Ihrem Hausarzt!): Bitte reden Sie mit Ihrem Arzt, mit Ihrer Ärztin! Lassen Sie sich impfen, denn die Impfung ist die einzige Lösung! – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Was ist, wenn der Hausarzt ...! Es gibt genug Hausärzte, die abraten!)

16.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Scherak. – Bitte sehr.


16.34.02

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundeskanz­ler! Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Ich weiß nicht, wer von Ihnen das Buch von Christopher Clark über den Ersten Weltkrieg kennt. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Es heißt „Die Schlafwandler“, und er beschreibt darin, wie durch Ignoranz, mangelnde Aufmerksamkeit, durch das Missachten einer androhenden Situation – und das alles durch die politischen Eliten Europas verursacht – der gesamte Kontinent in den Ersten Weltkrieg getaumelt oder, wie Clark es beschreibt, geschlafwan­delt ist.

Die Parallelen zu den Handlungen der Bundesregierung beziehungsweise eher zu dem Nichthandeln im Zusammenhang mit der Pandemiebekämpfung im Sommer lassen mich eigentlich nur zu dem einen Schluss kommen, das muss ich Ihnen attestieren: Sie sind im Sommer durch die Pandemie geschlafwandelt. Sie hätten die Chance gehabt, Dinge zu tun. Sie haben es nicht gemacht, sie haben es verschlafen – und das ist der Scher­benhaufen, vor dem wir jetzt stehen. Dafür sind einzig und alleine Sie verantwortlich.

Es ist deswegen ein bisschen billig – weil Frau Kollegin Ribo vor mir das jetzt gerade getan hat –, wieder der FPÖ die Schuld zuzuschieben. Ich lehne das, was die FPÖ im Zusammenhang mit ihrer Coronapolitik macht, auch ab, und auch die Mythen, die hier verbreitet werden, aber Fakt ist schon, dass die österreichische Bundesregierung aus ÖVP und Grünen dafür verantwortlich ist, wo wir jetzt stehen. Es ist einigermaßen ein­fach und Sie machen es sich einigermaßen einfach, wenn Sie der FPÖ die Schuld dafür zuschieben, dass Sie nicht in der Lage waren, die Impfquote entsprechend hinaufzutrei­ben, dass Sie nicht in der Lage waren, die entsprechenden Testkapazitäten auszubauen, und es ist Ihre Bundesregierung, die dafür verantwortlich ist, und nicht die FPÖ. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Deimek.)

Es haben nicht nur wir, sondern unzählige Expertinnen und Experten immer darauf hin­gewiesen: Wenn wir im Sommer nichts machen, wenn die Impfquote nicht in die Höhe geht, werden wir eine vierte Welle bekommen. Wie kann man so eine Impfquote in die Höhe treiben? – Wir haben x Vorschläge gemacht. Manche Landeshauptleute haben es selbst in die Hand genommen. Man kann ordentliche Impfkampagnen machen. Man kann über die Sozialversicherung Impftermine an Ungeimpfte verschicken. Man kann viel mehr niederschwellige Impfangebote im Sommer bei irgendwelchen Festivals, bei Kirtagen machen. Man hätte jungen Menschen dort auch gerne ein Bier dafür zahlen können, dass sie sich impfen lassen. Ich glaube, wir hätten viele Dinge tun können. Ge­tan wurde von der Bundesregierung fast gar nichts.


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Sie schaffen es jetzt noch nicht einmal, dass Sie für die Boosterimpfungen für die Risiko­gruppen einen fixen Impftermin verschicken. Sie schaffen es jetzt nicht, entsprechende PCR-Testkapazitäten auszubauen. Ich habe es mir vorhin angeschaut: In meinem Hei­matbundesland Niederösterreich gibt es 25 Stellen, wo man sich den PCR-Test für Alles gurgelt abholen kann – 25 Stellen für 1,7 Millionen Menschen. Fragen Sie einmal nach, wie es im 5. Wiener Gemeindebezirk, in Margareten, ist! Dort leben 54 000 Menschen, dort gibt es auch 25 Stellen, um solche PCR-Tests abzuholen. Sich jetzt hinzustellen und zu sagen, man habe alles richtig gemacht, ist einigermaßen irritierend, wenn Sie nicht einmal das zustande bringen.

Sie sind im Sommer in Anbetracht des oberösterreichischen Landtagswahlkampfes irgendwie ganz ängstlich wie das Kaninchen vor der Schlage gesessen, haben sich ge­dacht: Unpopuläre Maßnahmen sind doch nicht angebracht!, und haben dementspre­chend nichts gemacht. Herr Gesundheitsminister, Sie haben sogar die Impfkampagne eingestellt und uns vor, glaube ich, eineinhalb Monaten gesagt, Sie werden jetzt anfan­gen, eine ordentliche Impfkampagne zu machen. Ich sage Ihnen etwas: Das war einiger­maßen zu spät.

Jetzt sind wir in der Situation, dass wir einen Lockdown für Ungeimpfte haben. Herr Ge­sundheitsminister, nicht nur dass Sie am Sonntag im Hauptausschuss auf das mehrma­lige Nachfragen keine Antwort gegeben haben, Sie haben auch 2 Stunden später in der „ZIB 2“ gesagt, dass Sie jetzt bald auch Ausgangssperren für Geimpfte haben wollen. Sie eifern Ihrem Vorgänger in der Missachtung unserer Grund- und Freiheitsrechte und in dem verfassungsrechtlichen Dilettantismus ganz gewaltig nach.

Ich halte es für unverantwortlich, dass diejenigen Menschen, die sich zweimal oder auch schon dreimal haben impfen lassen, die sich trotzdem regelmäßig testen, jetzt die Dum­men sein sollen. Herr Bundeskanzler, ich nehme Sie beim Wort. Ich verlasse mich in dieser Situation auf Sie, dass diese Menschen nicht zu Hause eingesperrt werden, nur weil Ihr Koalitionspartner plötzlich der Meinung ist, dass das ein sinnvolles Mittel wäre. (Beifall bei den NEOS.)

Das ist so irritierend, Sie hätten sich ja umschauen können! Schauen Sie nach Portugal, wie die das gemacht haben! Die haben das generalstabsmäßig organisiert, da hat jeder einen Impftermin zugeschickt bekommen, dann hat man den Leuten nachtelefoniert. Man hat versucht, das auch entsprechend zu machen. Ich verstehe das nicht, Sie sind ja im Kabinett des Herrn Bundeskanzlers von Leuten umgeben, die bei McKinsey gear­beitet haben, die bei PCG gearbeitet haben, die so etwas können: Große Beratungsun­ternehmen mit Managementqualität schaffen es, solche großen Prozesse aufzusetzen, damit möglichst viele Menschen geimpft werden.

Wenn Sie es selbst nicht können, dann lassen Sie es bleiben, suchen Sie sich einen erfahrenen Pandemiemanager oder überhaupt irgendjemanden mit Managementqua­lität! Schaffen wir es gemeinsam, dass die Impfquote in die Höhe getrieben wird! Ich bitte alle Menschen in Österreich: Gehen Sie impfen, zum ersten, zum zweiten oder auch zum dritten Mal! Es schützt Sie, und es schützt die anderen! (Beifall bei den NEOS.)

16.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Mück­stein. – Bitte sehr. (Abg. Belakowitsch: Wie schaut’s jetzt aus? Der Herr Bundeskanzler beobachtet Sie genau!)


16.39.28

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Dr. Wolfgang Mückstein: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Liebe Kolleginnen und Kolle­gen! Die Lage ist äußerst ernst. Es sind heute 10 363 Positivtestungen zu verzeichnen. Die


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Siebentageinzidenz ist seit letzter Woche bis heute von 653 auf 916 gestiegen. In der jüngeren Altersgruppe beträgt die Inzidenz bei den Ungeimpften 2 000 und im Ver­gleich dazu bei den Geimpften 350. Seit einer Woche liegen 58 Personen mehr auf den Intensivstationen, und seit einer Woche liegen mehr als 350 Menschen mehr auf den Normalstationen. Wir hören die Hilferufe von den Ärztinnen und Ärzten, von den Pflege­kräften aus den Spitälern (Abg. Belakowitsch: Die Hilferufe hören wir auch!) – das sind die Zahlen, das sind sehr technische Sachen –, die können dort nicht mehr.

In Salzburg wurde ein Triageteam aufgestellt. Das sind sechs Personen, die im Einzelfall darüber entscheiden, wer ein Intensivbett bekommt und wer nicht. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Das ist nicht der einzige Beweis dafür, dass wir in einer sehr ernsten Situation sind. In den letzten Tagen wurden in vielen Bundesländern Stück für Stück Verschärfungen gemacht, zum Beispiel die Ausweitung der FFP2-Masken-Pflicht oder auch die Absage von Veranstaltungen.

Wir sind uns in der Bundesregierung einig darüber, dass wir jetzt die vierte Welle bre­chen müssen – da sind sich der Bundeskanzler und ich einig –, wir haben darum in den vergangenen Tagen einschneidende Maßnahmen für die österreichische Bevölkerung gesetzt: Seit gestern gilt in Österreich ein Lockdown für Ungeimpfte. Wir haben die Kontrollen massiv ausgebaut. Seit Montag letzter Woche gilt die 2G-Regelung, also ge­nesen oder geimpft, als Voraussetzung für die meisten Lebensbereiche, und es gilt 3G an den Arbeitsplätzen.

Wie viel Effekt werden diese Maßnahmen haben? – Morgen bekommen wir dazu eine erste – ich betone es hier noch einmal –, eine erste grobe Einschätzung von unseren Expertinnen und Experten. Im Idealfall bekommen wir dann ein Gefühl dafür, ob und wie schnell es in die richtige Richtung geht. Auf Basis dessen werden wir weitere Entschei­dungen treffen. Da geht es nicht um abstrakte Zahlen oder Wellen, sondern es geht um Menschenleben, es geht darum, ob Menschen eine lebensnotwendige Behandlung be­kommen oder nicht. Gemeinsam beraten wir daher Woche für Woche, Tag für Tag, wo wir noch Handlungsmöglichkeiten haben, um die Infektionszahlen zu senken.

Das ist mir wichtig: Lassen Sie uns bitte hier alle gemeinsam an einem Strang ziehen! Das gilt für uns als Bundesregierung. Ich muss Ihnen ehrlich und selbstkritisch sagen, dass wir als Bundesregierung in den letzten Tagen hinter diesem Anspruch zurückge­blieben sind. Gemeinsame Kommunikation ist entscheidend, und auch darüber sind wir uns einig. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Gleichzeitig gilt das aber auch für alle hier im Hohen Haus vertretenen Parteien, für alle Abgeordneten. Wir müssen gemeinsam alles tun, um die vierte Welle zu brechen. Das erwarten sich die Menschen da draußen von uns. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Eines ist klar: Was wir langfristig brauchen, ist eine höhere Durchimpfungsrate. Die gute Nachricht ist: Wir sehen bereits die Auswirkungen der von uns gesetzten Maßnahmen. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Die Zahl der Erstimpfungen pro Tag hat sich in der letzten Zeit, seit Ankündigung der 3G-Regelung am Arbeitsplatz, vervierfacht. Wir konn­ten letzten Freitag fast 80 000 Stiche in Österreich verabreichen, fast 50 000 davon wa­ren Drittstiche. Ich glaube, das ist beeindruckend. Ich bedanke mich hier bei denjenigen, die zur Impfung gegangen sind, und auch bei denjenigen, die diese Impfung organisiert und verabreicht haben. Wir sind da auf einem guten Weg. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Auch weil immer wieder Vergleiche gezogen werden: Wir haben letzten Sonntag mehr Impfdosen verabreicht als Deutschland. Das ist wirklich beeindruckend. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wurm: Also nicht mehr beschämend?) Wir sind übrigens auch in Bezug auf die aktuelle Impfrate im europäischen Vergleich derzeit klar auf Platz eins. (Abg.


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Wurm: Aha!) Wir müssen auch bei den Drittstichen dranbleiben. (Abg. Rauch: ... falsche Einsager! – Zwischenruf des Abg. Hauser.) Wir wissen, dass die Drittstiche – das habe ich gerade eben ausgeführt – den größten Teil der Impfungen ausmachen. Wir sind ne­ben Israel bis dato das einzige Land mit systematischen Drittimpfungen. Da geht viel weiter, das ist enorm wichtig, und das wird helfen, die vierte Welle zu brechen.

Abschließend möchte ich Sie noch einmal alle dazu aufrufen, dass wir bei der Pandemie­bekämpfung, bei der Sicherstellung von Intensivkapazitäten, bei der Gesundheit der Be­völkerung an einem Strang ziehen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wir können nur ge­meinsam schaffen, jetzt die vierte Welle zu brechen.

Halten wir uns bitte alle an die Maßnahmen, tragen wir Maske, waschen wir uns die Hände, halten wir Abstand, reduzieren wir Kontakte, wo immer das möglich ist! (Abg. Rauch: Herr Bundeskanzler, hast gehört? Das ist das Gegenteil von dem, was Sie ge­sagt haben! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Motivieren wir, motivieren Sie bitte die Menschen, sich impfen zu lassen! Das ist unser Weg, so bekommen wir die Zahlen wieder runter, und so entlasten wir gemeinsam die Intensivstationen. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Rauch.)

16.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Wurm. – Bitte.


16.46.29

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Ich möchte mich heute an die Zuse­her draußen wenden, und zwar an alle ungeimpften Zuseher, an alle genesenen Zuseher und selbstverständlich auch an alle geimpften Zuseher. Wir sitzen alle im selben Boot, und ich bitte Sie wirklich eindringlich, nicht der Bundesregierung zu folgen und diese Spaltung und dieses gegenseitige Aufhetzen mitzumachen. Wir Österreicher müssen zusammenhalten, und das, was die Bundesregierung vorhat und seit Monaten betreibt, ist, eben durch diese Spaltung von ihrem eigenen Versagen, dem Versagen ihrer Politik und von ihrer Unfähigkeit abzulenken. (Beifall bei der FPÖ.) Deshalb lautet mein Appell: Bitte zusammenhalten und nicht spalten lassen!

Es gibt einige Dinge, die bei der Regierung jetzt offensichtlich nicht ganz stimmig sind. Ich sage auch ganz deutlich: Das Vorhaben, in den Pflegeberufen die Impfpflicht einzu­führen und alle zu kündigen, die dem nicht Folge leisten, kann man nur als höchst schwachsinnig und ungerecht bezeichnen. Offensichtlich dürfte es hier Gott sei Dank einen Kurswechsel geben, denn es ist meiner Meinung nach gemeingefährlich, in der jetzigen Phase auf 15 bis 20 Prozent des Fachpersonals in der Pflege zu verzichten. (Beifall bei der FPÖ.)

Selbstverständlich unterstützen wir seit Wochen und Monaten alle in der Pflege, die sich genau gegen diese Maßnahme stellen. Ich sage jetzt eines deutlich – weil es ja auch immer wieder kommt und wir diese üblichen Anschüttungen Richtung FPÖ in Wahrheit seit Jahrzehnten kennen –: Das, was sich verändert hat und was Ihnen ein Problem be­reitet, sind zu 80 Prozent nicht FPÖ-Wähler. Die merken zum ersten Mal am eigenen Leib, was da für ein Spiel getrieben wird: Mit Unwahrheiten, Halbwahrheiten, Druck und Brutalität wird hineingefahren. Die verstehen jetzt zum ersten Mal, wie es uns Freiheitli­chen seit Jahren und Jahrzehnten geht, wenn wir nämlich ohne Evidenz, ohne Inhalt nur unter Druck gesetzt werden und zum Außenseiter gestempelt werden. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Ich finde es also ganz gut, dass jetzt viele Österreicher aufgewacht sind und auch den Medien nicht mehr glauben, zu Recht nicht mehr glauben, und viele an­dere Dinge hinterfragen, zu Recht hinterfragen. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Das, was ich und meine Kolleginnen und Kollegen seit Monaten erleben, sind verzwei­felte Schicksale und Menschen. Wenn eine schwangere, hochschwangere Frau anruft und mitteilt, sie habe in acht Wochen Entbindung und das Spital habe ihr gesagt, sie darf


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im Krankenhaus ungeimpft nicht entbinden, dann sind das schlichtweg, ich sage es deut­lich, Schweinereien, die passieren – ich sage das ganz deutlich.

Es gibt viele, viele ähnliche Schicksale. Genauso werden Arbeitnehmer gezwungen, am Sonntag zu versuchen, noch irgendwo einen Test aufzutreiben. Alle Verordnungen, die Sie machen, die hinten und vorne sinnlos sind, worüber man eigentlich nur noch den Kopf schütteln kann, und alle diese Dinge, die wir kritisieren, kritisieren wir bitte schön sehr wohl zu Recht.

Eines noch einmal, und das ist mir ganz, ganz wichtig – wir haben ja den Lockdown oder den Hausarrest für Ungeimpfte seit mittlerweile neun Tagen, denn seit letzter Woche kann man als Ungeimpfter kaum noch etwas machen, und jetzt wird es noch einmal verschärft –: Das wird aber alles nichts nützen, und Sie werden das in letzter Konse­quenz zugeben müssen.

Bundeskanzler Kurz – ich sage immer Bundeskanzler –, der jetzt nicht da ist, hat heute eine interessante Rede gehalten. Er ist ja irgendwann einmal zumindest gewählt worden; Sie, Herr Kollege Schallenberg, sind nie gewählt worden. Bundeskanzler Kurz hat heute etwas Interessantes gesagt, nämlich: Die Inzidenz bei den doppelt Geimpften liegt bei 350 oder so etwas und bei den Ungeimpften bei 1 000. (Abg. Prinz: 1 700! 1 700! – Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller.) Das ist ja eine 180-Grad-Kehrtwendung, mit der der ehemalige Bundeskanzler Kurz zugibt, dass doppelt Geimpfte selbstverständlich nicht geschützt sind. (Abg. Jeitler-Cincelli: Das hat nie jemand gesagt!) Die Erzählung war ja eine ganz andere, und ich bin froh, dass die Dinge langsam ans Tageslicht kommen.

Sie, Herr jetziger Bundeskanzler – ich sage es noch einmal –, haben sich bis heute nicht offiziell entschuldigt. Das verlange ich nicht von Ihnen, ich bitte Sie darum, dass Sie Ihre Aussage, dass man bei den Ungeimpften „die Zügel [...] straffer ziehen“ muss, endlich einmal zurücknehmen und sich offiziell entschuldigen. Die Ungeimpften sind kein Vieh, Herr Bundeskanzler, das sind Menschen und Österreicher, und die haben sich so eine Aussage nicht verdient. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich bitte Sie, sich heute im Rahmen des Plenums dafür zu entschuldigen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich sage das seit Monaten, das kann man auch nachlesen: Die Impfung hat eine gewisse Wirkung, aber nicht in der Breite wie versprochen und vor allem nicht in der Dauer wie versprochen. In Studienergebnissen des englischen Gesundheitsministeriums können Sie das ganz klar und deutlich nachlesen. Sie haben den Menschen etwas versprochen, was Sie nicht halten können. Deshalb sollte man die Menschen ehrlich informieren und ihnen sagen: Nach wenigen Monaten ist der Impfschutz weg! Man sollte ihnen aber auch sagen, und dazu gibt es auch Studien, sogar Anfragebeantwortungen aus Ihrem eigenen Haus: Wenn Sie Corona überstanden haben, sind Sie zu 99 Prozent safe.

Ich sage es zum Abschluss noch einmal ganz kurz: Sie haben meiner und unserer Mei­nung nach die Leute wirklich vorsätzlich belogen und getäuscht, und dieses Konstrukt fällt langsam in sich zusammen. Die Menschen spüren das und sehen das. Das, was wir Ihnen immer angeraten haben, wäre gewesen, eine Coronapolitik mit Herz und Hirn auf Augenhöhe mit den Bürgern zu machen. Man kann es zusammenfassen mit: in Richtung schwedischer Weg. Das hören Sie nicht gerne, aber wenn sich jemand genauer damit beschäftigt und nach Schweden schaut, so wird er den Unterschied erkennen. Das woll­ten Sie aber nie. Sie wollten Sündenböcke machen, Sie wollten brutal hineinfahren. Eine Zeit lang ist Ihre Kommunikationspolitik aufgegangen, jetzt aber ist sie gescheitert.

Ich sage es hier auch noch einmal: Wir alle von den Freiheitlichen sind gerne bereit, wenn Sie Ihre Politik ändern, vernünftig, auf Zahlen, Daten, Fakten und wissenschaftli­chen Erkenntnissen basierend, mit Ihnen zu diskutieren. Ihre Politik jedoch ist geschei­tert, und die Menschen haben das mittlerweile mitbekommen. Sie werden es hoffentlich von sich aus bald beenden. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.53



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Plakolm. – Bitte sehr.


16.53.41

Abgeordnete Claudia Plakolm (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen und vor allem liebe Zuseher der heutigen Parlamentssitzung! Auch ich möchte zu Beginn FPÖ-Chef Herbert Kickl von hier aus gute und baldige Genesung von seiner Coronaerkrankung wünschen. Ich glaube, Schadenfreude, wie man sie in den sozialen Medien mancherorts liest, ist absolut unangebracht. Aber was auch definitiv unange­bracht ist, sind die Wortwahl und die Verantwortungslosigkeit der FPÖ seit Beginn dieser Pandemie. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn man so wie Herbert Kickl in einer Pressekonferenz von einer Impfvergewaltigung spricht, dann verhöhnt man damit die Opfer dieser scheußlichen Straftat, man verhöhnt alle Vergewaltigungsopfer damit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grü­nen. – Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Inhaltlich haben bereits einige Experten und auch Ärztinnen und Ärzte Stellung zu Ihrem Plan B genommen. Ich möchte jetzt gar nicht meine Redezeit damit verschwenden, da­rüber zu diskutieren, ob ein Entwurmungsmittel für Pferde wirksam ist oder nicht. Verste­hen Sie mich nicht falsch: Verantwortungslos finde ich es nicht, dass Sie sich Gedanken zur Pandemie machen und dass Sie auch einen Plan erstellen, über dessen Inhalt man bekanntlich streiten kann (Zwischenruf des Abg. Deimek), verantwortungslos ist viel, viel mehr, dass Sie wissentlich Menschen verunsichern, nämlich Menschen, die Ihnen und Ihren Verschwörungstheorien vertrauen, die etwas auf Ihre Meinung halten und Ihren Aussagen Glauben schenken. Das ist ein unglaublicher Machtmissbrauch, mit dem Sie da spielen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Was aber an Dreistigkeit nicht zu überbieten ist, sind Ihre Handlungsempfehlungen an Ärztinnen und Ärzte und auch an die Pflegerinnen und Pfleger, an das medizinische Fachpersonal. Ich lese aus Ihrem Antrag vor: „[...] das Herzstück des ,Plan B‘ ist die frühzeitige Behandlung Corona-positiver Menschen, damit ein schwerer Krankheitsver­lauf mit Hospitalisierung verhindert werden kann.“ – Was glauben Sie denn, was Ärzte und Pfleger im Krankenhaus den ganzen Tag machen? (Abg. Belakowitsch: Können Sie nicht lesen? Frühzeitig!) Sie haben absolut den Blick für die Realität verloren. Sie haben den Blick für die Realität verloren, die sich auf unseren Intensivstationen mittler­weile abspielt. (Abg. Belakowitsch: Das ist es: zu spät!)

Ich möchte ein weiteres Mal die Gelegenheit nutzen, allen zu danken, die im Gesund­heitsbereich arbeiten, in den Spitälern, bei Rettungsorganisationen, in den Test- und Impfstraßen und bei vielen anderen Einrichtungen: Danke für Ihre Arbeit! Sie leisten seit Anbeginn dieser Pandemie Unglaubliches, und das rund um die Uhr, Tag und Nacht. (Abg. Belakowitsch: Das ist genau das Problem: Erst im Krankenhaus werden sie be­handelt! Das ist das Problem!)

Ich möchte aufs Schärfste zurückweisen, was Kollegin Fürst hier vorne gesagt hat. Sie hat von einer Hysterie gesprochen. Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die tagtäglich die Situation in den Krankenhäusern erleben, die tagtäglich damit konfrontiert sind, die Angehörige wegen Corona verloren haben. Das haben Sie denen ins Gesicht gesagt: dass das nur eine Hysterie ist, und das weise ich aufs Schärfste zurück! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen, die Situation in den Krankenhäusern ist bit­tere Realität, und die Bilder, die wir bisher nur aus italienischen Krankenhäusern gekannt haben, spiegeln eine Situation wider, die mittlerweile auch uns erreicht hat. (Abg. Kas­segger: Das ist Hysterie!)


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Was mich wirklich wütend macht, das ist, dass manche noch immer nicht wahrhaben wollen, dass es bereits ein wirksames Mittel gegen diese Coronapandemie, gegen diese schwere Krankheit gibt. Die Impfung wirkt, sie schützt vor schweren Verläufen, ist kos­tenlos und einfach zu haben. (Abg. Deimek: 300 Leute sind in Quarantäne wegen euch, wegen der Jungen ÖVP! Ihr seid ein Skandalverein!) Ich möchte das auch mit Fakten noch einmal belegen: Drei von vier Intensivbetten werden von Ungeimpften gebraucht. Wer geimpft ist, hat zu 95 Prozent keinen schweren Verlauf und ist um 70 Prozent we­niger ansteckend.

Dieser Lockdown für Ungeschützte, der leider notwendig wurde, ist absolut hausge­macht, keine Frage, und die Leidtragenden sind unter anderen wir Jugendlichen: Das Vereinsleben wird aus Verantwortungsbewusstsein wieder zurückgefahren, Veranstal­tungen, Konzerte, Sportveranstaltungen, auch im ehrenamtlichen Bereich, werden abge­sagt. Das trifft natürlich auch Jugendliche, die geimpft sind, das muss man sich vor Augen führen. Jugendliche müssen ihr Leben, die Schule und Freizeit nach den Impfun­willigen in dieser Gesellschaft richten, und das verstehe ich absolut nicht.

Die Beschränkungen sind hausgemacht von denjenigen, die die Wirksamkeit der Imp­fung nicht wahrhaben wollen, die sich aus Egoismus über das Gemeinwohl stellen und den Freiheitsbegriff missbrauchen. Sie agieren unsolidarisch mit denjenigen, die Vorer­krankungen haben und die auf eine hohe Durchimpfungsrate angewiesen sind. Deshalb plädiere ich auch für eine Impfpflicht für Berufsgruppen mit unausweichlich vielen So­zialkontakten, wie zum Beispiel im Gesundheits- oder auch im Bildungsbereich. (Abg. Amesbauer: Die werden dann kündigen! – Abg. Belakowitsch: Sehr verantwortungs­voll!)

In diesen hochsensiblen Bereichen müssen wir das Infektionsrisiko massiv minimieren, damit wir jene schützen, die unsere Hilfe jetzt am meisten brauchen. Es gibt Menschen, die sich nicht impfen lassen können, wegen schwerer Vorerkrankungen oder weil der Impfstoff noch nicht für alle Altersgruppen zugelassen ist, und genau diese Menschen müssen wir jetzt umso mehr und ganz besonders schützen.

Eine Pandemie ist keine Privatsache. Eine Pandemie braucht eine gemeinsame Kraft­anstrengung aller, egal ob ich Angst vor der Krankheit, die das Coronavirus auslöst, habe, oder ob ich mir denke, das Virus kann mir ohnehin nichts anhaben. Jetzt ist nicht die Zeit für Verschwörung und Demonstrationen, jetzt muss jeder, der kann, seinen Bei­trag leisten – aus Verantwortung, aus Solidarität und vor allem aus Mitmenschlichkeit.

Das Weiterwurschteln von Welle zu Welle muss jetzt endlich ein Ende haben, deswegen appelliere ich ein weiteres Mal: Lassen Sie sich impfen, egal ob zum ersten, zum zweiten oder zum dritten Mal! Nur die Impfung wirkt und bringt uns auch aus dieser Pandemie. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Deimek: Was sagen Sie zu dem Cluster der Jungen ÖVP beim Oktoberfest? – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

16.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Erasim. – Bitte sehr.


16.59.19

Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Kollegin Plakolm, weiterwurschteln – der Ausdruck, den Sie gerade verwendet haben – ist, glaube ich, das richtige Wort, denn das, was hier passiert, sind lediglich Lippenbekenntnisse, wenn Sie sich alle so euphorisch bei denje­nigen, die in der Pandemie in den Gesundheitsberufen ihre Frau, ihren Mann stehen, bedanken. Im Budget sieht man davon leider gar nichts, und das ist wirklich traurig. (Bei­fall bei der SPÖ.)


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ÖVP und FPÖ sind leider ein gefährliches Duo, wenn es darum geht, Lösungen in einer dramatischen Situation zu finden. Sie beide stehen auf der exakt selben Stufe der Ver­antwortungslosigkeit und Realitätsverweigerung, nur mit unterschiedlichen Zugängen.

Es ist jedoch vor allem Ihre Aufgabe – nämlich die Aufgabe der Regierung –, in Zeiten einer Pandemie dieses Land sicher zu führen. Als „beschämend niedrig“ haben Sie, Herr Bundeskanzler, der Sie gerade am Handy lesen, die Impfrate bezeichnet – beschämend niedrig ist die Kompetenz, die in dieser Regierung herrscht. Seit knapp zwei Jahren di­lettieren Sie hier herum und schaffen es nicht, die Pandemie unter Kontrolle zu bringen. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Wir sind bei den Infektionszahlen mittlerweile beschämendes Schlusslicht in der gesam­ten Europäischen Union, und was machen Sie in dieser dramatischen Situation? – Sie setzen sich nicht innerhalb dieser gescheiterten Regierung zusammen und versuchen, den Karren aus dem Dreck zu ziehen, nein, die ÖVP übt Rache an den Grünen, weil diese ihren Messias in Verkörperung von Sebastian Kurz aus dem Kanzleramt geschos­sen haben! (Zwischenruf des Abg. Gerstl.)

Herr Bundesminister Mückstein, ich habe genau an dieser Stelle vor genau dieser Rache gewarnt. Diese Rache fällt in ÖVP-Manier sehr, sehr bitter aus, nämlich vor allem für die Bevölkerung. Von Kindern auf Intensivstationen (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Gerstl) über Triageteams bis hin zu völlig überlastetem Gesundheitspersonal – die Liste Ihres tragischen Taumelns ließe sich endlos fortführen.

Die Bevölkerung erwartet sich zu Recht seitens der Politik Planungssicherheit, Rechtssi­cherheit, aber auch Entscheidungen, die länger als nur 5 Minuten halten. Herr Gesund­heitsminister, zur Verordnung vom Sonntag ist bereits jetzt eine Novelle notwendig. Das zeigt, wie wenig durchdacht das, was Sie hier tun, ist.

Auch Sie, Herr Gesundheitsminister, sind gescheitert, denn Sie sind seitens der Verfas­sung mit allen Möglichkeiten ausgestattet, rechtzeitig Maßnahmen – und vor allem wirk­same Maßnahmen – zu veranlassen, stattdessen tragen Sie Ihren internen Koalitions­streit auf Kindergartenniveau auf offener Bühne aus und erreichen damit lediglich eines, nämlich eine ohnehin verunsicherte Bevölkerung noch mehr zu verunsichern, geschätz­te Damen und Herren!

„Krieg in der Regierung“ lautete gestern eine Schlagzeile. – Ja, sagen Sie, schämen Sie sich nicht für solche Schlagzeilen? Schämen Sie sich nicht für diese vielen vermeidbaren Todesfälle? Schämen Sie sich nicht für die Verzweiflung, die Sie in so vielen Branchen stiften? (Zwischenruf des Abg. Gerstl.)

Einen besonders schlimmen Beitrag zur Verunsicherung in Österreich leistet mit großer Beständigkeit auch unsere Tourismusministerin Elisabeth Köstinger. Sie ist heute nicht hier, doch man darf sie in dieser Versagensreihe nicht unerwähnt lassen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Gerstl.) Jetzt gibt es eine Reisewarnung seitens Deutschland. Sie, die Ministerin, war es, die einen erfolgreichen Landeshauptmann und Bürgermeister im Sommer gemaßregelt hat, seine Maßnahmen als „absurd“ bezeichnet hat. – Was be­zeichnen Sie jetzt als absurd, Herr Bundeskanzler, wenn der größte, wichtigste Ge­schäftspartner und die wichtigsten Tourismusgäste uns auf die Liste jener Länder set­zen, die als nicht bereisenswert gelten?

Sehr geehrte Bundesregierung! Österreich war ein Land, das weit über die Grenzen hi­naus hohes Ansehen genossen hat. Mittlerweile haben Sie diesen Ruf schwer beschä­digt.

Schwer beschädigt ist, wie ich bereits erwähnt habe, auch die Tourismusbranche. Sie steht zum wiederholten Male vor einem Trümmerhaufen. Alle Versprechen, alle Zusagen


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samt Zigmillionen teuren geplanten Winterzauberwerbekampagnen können in den Mist­kübel geworfen werden, weil sie das Papier nicht wert sind, auf dem sie stehen. Anstelle eines Sommers wie damals wird es einen Winter wie voriges Jahr geben.

Auch die Hoteliervereinigung zeigt sich fassungslos über Ihr Missmanagement. Ich zi­tiere: „[...] unsere Lager sind voll, unsere Teams und Gäste sind geimpft. Aber das hilft nicht, wenn es rundherum an allem mangelt“. – Es mangelt vor allem an Sinn und Ver­stand, es mangelt an Mut und Durchsetzungskraft und es mangelt am Willen, die Bevöl­kerung miteinzubinden und zu einen.

Sie verschlafen den gesamten Sommer und wollen dann bei der Bevölkerung die Zügel straffer ziehen. Das Einzige, was straffer gezogen werden muss, sind die Zügel bei Ih­nen, werte Bundesregierung, denn so etwas hat sich Österreich wirklich nicht verdient. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

17.05


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Elisabeth Götze. – Bitte.


17.05.39

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bun­desregierung! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte ZuseherInnen! Ich möchte mit einer tatsächlichen Berichtigung beginnen, weil die FPÖ hartnäckig behauptet, dass Ivermectin von den Barmherzigen Brüdern verwen­det wird, noch immer verwendet wird, und dem ist nicht so. (Abg. Hauser: Das wird in Apotheken verkauft!) Es ist nachgewiesen – und das wurde auch von ihnen selber so kommuniziert –, dass sich alle Hoffnungen in dieses Wurmmittel nicht bewahrheitet ha­ben. (Beifall bei Grünen, ÖVP und NEOS. – Abg. Deimek: Das ist keine tatsächliche Berichtigung, sondern ein Redebeitrag! Das hat ... so geheißen, die Frau Präsidentin ...!)

Ja, ein Wundermittel, und dieses Wundermittel, wenn man so will, haben wir schon. Die Daten zeigen ganz klar: Wer sich impfen lässt, schützt sich damit selbst, seine Mitmen­schen und auch die Wirtschaft. Das sehen wir in Oberösterreich, in Salzburg, wo die Impfraten relativ niedrig sind, und derzeit leider in ganz Österreich. Für uns als Bürge­rinnen und Bürger bedeutet das Homeoffice, Kurzarbeit, möglicherweise Verlust der Ar­beit, keine Weihnachtseinkäufe, kein Familienessen im Lieblingsrestaurant, vielleicht auch keinen Urlaub. Für Unternehmerinnen und Unternehmer, und das ist mir als Wirt­schaftssprecherin sehr wichtig, bedeutet es Umsatzverluste, Ladenschließungen, Frus­tration, zum Teil auch Hoffnungslosigkeit.

Für den Staat – und da sind wir in der Verantwortung – bedeutete es im vergangenen Jahr Hilfszahlungen und Unterstützungszahlungen in Milliardenhöhe, weniger Steuerein­nahmen und, wie wir auch hier sehen, eine Spaltung der Gesellschaft. Als Wirtschafts­sprecherin, ich habe es schon gesagt, engagiere ich mich dafür, dass für Betriebe, für Unternehmen, für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die nötigen Wirtschaftshilfen zur Ver­fügung stehen. Die Bandbreite der Betroffenen, die mich kontaktiert haben, ist riesig: vom Schwimmlehrer über die Restaurantbetreiberin, den Musiker, die Vermieterin von Veranstaltungsequipment bis zum Hotelier.

Wir wissen, die Absicherung der Betriebe ist im vergangenen Jahr dank dieser Wirt­schaftshilfen, die wir hier gemeinsam beschlossen haben, so weit gut gelungen. Wir wis­sen aber auch: Das ist nur Symptombekämpfung. Wir müssen das Problem grundsätz­lich lösen.

Jetzt komme ich noch einmal zur Lösung: Wir kennen die Lösung, die Lösung heißt Impfung. Wer sich impfen lässt, schützt sich vor schweren Verläufen, und mit der Imp­fung können wir auch die schützen, die sich nicht impfen lassen können, weil sie schwere


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Erkrankungen haben oder Kinder sind. Impfen ist also unsere solidarische Pflicht. Wir alle wollen zu unseren lieb gewordenen Gewohnheiten zurückkehren, und das gelingt uns mit der Impfung, und zwar, wenn ausreichend Menschen geimpft sind. Wir wissen, wir brauchen eine Durchimpfungsrate von über 80 Prozent, und darauf müssen wir hin­steuern. Das ist Solidarität! Das müssen wir erreichen! (Beifall bei Grünen und ÖVP so­wie bei Abgeordneten der NEOS.)

Solange das noch nicht der Fall ist, heißt es also wieder: Kontakte einschränken – mit allen unangenehmen Konsequenzen, ich habe es vorhin beschrieben –, und es heißt auch: neuerliche Wirtschaftshilfen. Auch darum werden wir nicht herumkommen und auch dafür werden wir uns wieder einsetzen.

Ich appelliere an alle – an alle, vor allem in diese Richtung (in Richtung FPÖ) –: Gehen Sie bitte impfen, damit wir diese Pandemie endlich nachhaltig in den Griff bekommen! – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

17.10


Präsidentin Doris Bures: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Fiona Fiedler zu Wort gemeldet. – Bitte.


17.10.17

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehr­ter Herr Bundeskanzler! Werter Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zusehe­rinnen und Zuseher zu Hause! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Die hier von der FPÖ geforderte völlige Maßnahmenaufhe­bung ist leider aufgrund des Regierungsversagens komplette Utopie. Gesund ist eben nicht gesund.

Wie weiß denn ein Mensch in dieser Pandemie, ob er gesund ist? Er hört in sich hinein, er spürt, dass es ihm gut geht, er fühlt sich fit, also ist er gesund? – Er macht einen Test, weil er muss oder auch weil er will, und dieser Test ist positiv. Und auch wenn es diesem Menschen immer noch gut geht, ist er möglicherweise Überträger dieses Virus. Daher bieten Teststraßen, Apotheken und andere Stellen die Möglichkeit, sich testen zu lassen: weil man zwar subjektiv gesund ist, trotzdem aber Überträger eines Virus sein kann, das für andere möglicherweise fatale Auswirkungen hat.

Zusätzlich hat man in Österreich seit Jänner 2021 die Möglichkeit, sich impfen zu lassen. Ich frage mich: Warum sind dann immer noch nicht mehr Menschen geimpft? Wir werden immer wieder auf Menschen treffen, die sich nicht impfen lassen, und ja, das ist eine freie Entscheidung, die jedem zusteht. Hier sprechen wir von 3 bis 5 Prozent der Be­völkerung, es gibt aber auch noch viel Luft nach oben: bei den Menschen, die noch schwanken, die sich nicht sicher sind, die noch nicht genügend Aufklärung erhalten haben; es gibt Menschen, die gar nicht darüber nachdenken, ob sie sich impfen lassen oder nicht, und es gibt Menschen, die kein wohnortnahes Impfangebot haben.

Herr Gesundheitsminister, Sie hätten von Beginn an auf all diese Menschen aktiv mit Briefen und Impfterminen zugehen müssen und eigentlich bereits seit September auf eben diesem Wege die ältere Bevölkerung und die Risikogruppen zur Boosterimpfung einladen sollen, wie das zum Beispiel in Portugal geschehen ist. Diese Post funktioniert bei uns wunderbar, wenn es um Brustkrebsvorsorge oder Impftermine beim Mutter-Kind-Pass geht. Warum verwenden wir dieses Modell nicht für die Covid-Impfungen? Es wäre so einfach!

Herr Minister, unter anderem ist es Ihre Aufgabe, den Impffortschritt in den Bundeslän­dern zu überwachen. Mein Heimatbundesland, die Steiermark, liegt zurzeit mit 7,4 Pro­zent Drittimpfquote deutlich unter dem Schnitt. Auch bei den über 55-Jährigen liegt die Steiermark mit 15 Prozent hinten. Wegen des zögerlichen Testmanagements hat die


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Steiermark in dieser Pandemie die meisten Toten in Pflegeheimen. Glauben Sie wirklich, dass das Impfen dort jetzt funktioniert? Auch Oberösterreich liegt bei den Boosterimp­fungen hinten. Vor der Wahl ist dort nichts passiert; nach der Wahl passiert dort auch nichts. Da haben Sie Handlungsbedarf, ganz dringend!

In Österreich haben wir zurzeit eine Impfrate von rund 65 Prozent. Wenn ich großzügig die 5 Prozent der absoluten Impfskeptiker dazurechne, dann bleiben noch 30 Prozent ungeimpfte Personen, die wir erreichen können. Wenn wir zumindest die Hälfte davon überzeugen, impfen zu gehen, haben wir viel erreicht. Das könnten wir auch durch gezieltes Impfen in Apotheken schaffen, wie es auch Portugal und 13 andere Länder in Europa vormachen. Die Regierung spricht davon, alles zu tun, damit die Menschen impfen gehen – dann holen Sie doch bitte die Apotheker ins Impfboot! Schlimmer wird es dadurch sicher nicht. Jeder Stich mehr zählt in dieser Pandemie.

Um Ihnen die Möglichkeit zu geben, allen zu zeigen, dass Sie wirklich alles versuchen, um die Impfquote zu steigern, bringe ich jetzt noch folgenden Entschließungsantrag ein, dem Sie nun endlich zustimmen können. Sogar die FPÖ hat diesem Antrag mehrfach zugestimmt.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Impfen in der Apotheke“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird auf­gefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regierungsvorlage vorzulegen, die das Impfen in Apotheken durch ein entsprechend geschultes Apothekenpersonal ermög­licht.“

*****

Danke. (Beifall bei den NEOS.)

17.14

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Fiona Fiedler Kolleginnen und Kollegen

betreffend Impfen in der Apotheke

eingebracht im Zuge der Debatte in der 129. Sitzung des Nationalrats über den Dring­lichen Antrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Gerhard Kaniak, Dr. Susan­ne Fürst, Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nein zur Diskriminierung gesunder Menschen – Ja zum Plan B gegen Corona

Größeres Impfangebot erhöht die Durchimpfungsraten

Je größer das Angebot beim Impfen, desto höher sind die erzielten Durchimpfungsraten. Einige sehr progressive Länder lassen deshalb während der COVID-Pandemie sogar in Bars (Israel) oder Supermärkten (USA) impfen. Für Österreich wäre jedoch zumindest das Ermöglichen für das Impfen in den Apotheken schon ein sehr großer Schritt, was in vielen europäischen Ländern auch schon seit Jahren praktiziert wird. In der Schweiz gibt es deshalb die sogenannten "Impfapotheken" mit entsprechend geschultem Personal


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(1). Ab Mai soll in den Schweizer Apotheken sogar mit den COVID-Impfstoffen geimpft werden dürfen (2), um die größeren COVID-Impfstoff-Liefermengen rascher impfen zu können. Vor allem für die folgenden COVID-Impfstoffwellen 2022 ist ein breites nieder­schwelliges Angebot wichtig, um die Impfbereitschaft und die Durchimpfungsraten hoch zu halten.

Impfschulungen für Apothekerpersonal laufen bereits

Dass mehrere Stationen im Impfprozess dem Ziel einer höheren Durchimpfungsrate ent­gegenstehen, haben nun auch die Gesundheitslandesräte erkannt und ein Impfen in der Apotheke vorgeschlagen (3). Entsprechend dem Vorschlag der Gesundheitslandesräte müssen nun schleunigst die gesetzlichen Grundlagen für ein Impfen in der Apotheke geschaffen werden. Allein die Zeitersparnis, die gerade berufstätige Eltern für sich und ihre Kinder dadurch haben werden, spricht für ein rasches Vorgehen. Die entsprechen­den gesetzlichen Schritte für das Impfen in der Apotheke wären auch eine Anerkennung der Leistungen der Apothekerschaft, die bereits mit den Impfschulungen begonnen hat (4).

Budget: Impfkosten gegenüber Testkosten und Pandemiekosten verhältnismäßig mini­mal

Aus dem Budget und der Debatte im Budgetausschuss geht hervor, dass die COVID-bedingten Testkosten (1,6 Mrd. Euro) die Impfkosten (0,4 Mrd. Euro) dieses Jahr um ein Vielfaches übersteigen, wobei die Testungen keinen Schutz gegen das Virus darstellen. Darüber hinaus wird die Pandemie das Budget mit bis zu 70 Mrd. Euro (2020-2022) belasten (Wirtschaftshilfen, Arbeitslosigkeit, etc.) (5). So ist es also auch aus budgetärer Sicht absolut sinnvoll, das Impfangebot auf die Apotheken auszuweiten, um eine höhere COVID-Durchimpfungsrate zu erreichen und um damit Pandemie- und Testkosten zu sparen.

Quellen:

(1)  https://impfapotheke.ch/

(2)  https://www.zh.ch/de/gesundheit/coronavirus/coronavirus-impfung/impforte.html

(3)  https://www.diepresse.com/5822982/impfen-bald-auch-in-apotheken-moglich

(4)  https://www.profil.at/oesterreich/rechtlicher-druck-aerztevertreter-stoppten-impf-schulung-fuer-apotheker/401361644

(5)  https://www.wu.ac.at/other/zukunftsperspektiven-nach-der-coronakrise-1/corona-qa-details/detail/was-hat-corona-bis-jetzt-den-oesterreichischen-staat-gekostet

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird auf­gefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regierungsvorlage vorzulegen, die das Impfen in Apotheken durch ein entsprechend geschultes Apothekenpersonal ermög­licht."

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Herr Abgeordneter Christian Hafenecker gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.



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17.14.32

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! In dieser heutigen Sitzung sieht man ja, wie absurd die Herange­hensweise der österreichischen Bundesregierung mittlerweile ist: Auf der einen Seite sitzt Herr Bundeskanzler Schallenberg, der den Impffortschritt als beschämend bezeich­net, daneben auch gleich noch Israel mitbeleidigt, auf der anderen Seite sitzt Herr Minis­ter Mückstein, der sagt, wir seien Europameister im Impfen und es sei alles in bester Ordnung. – Also ich glaube, das alleine ist ein Sinnbild dafür, wie es Ihnen in der Regie­rung und in der Koalition so geht, und das soll man auch einmal herausstreichen. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Kollegin Erasim, auch mir geht Frau Ministerin Köstinger ab, weil sie auch eine ist, die Schuld daran trägt, welches Bild wir nach außen transportieren. Ich glaube, sie ist auch im Haus, nur eine Etage tiefer, und sie zählt, glaube ich, gerade nach, ob noch alle Lipizzaner da sind, weil für die ist sie nämlich auch noch zuständig – das nur nebenbei. (Zwischenruf der Abg. Salzmann.)

Sehr geehrte Damen und Herren, aber zurück zum Thema: Ich habe bereits im Haupt­ausschuss gesagt, was Sie, Herr Bundeskanzler und Herr Gesundheitsminister, hier veranlasst haben: Das ist das Öffnen der Büchse der Pandora. Sie sperren mit Ihren Maßnahmen jetzt gesunde Menschen ein, Sie brandmarken gesunde Menschen, Sie diskreditieren gesunde Menschen, kriminalisieren gesunde Menschen und erteilen ihnen de facto ein Berufs- und ein Ausbildungsverbot – und auch wenn es Präsident Sobotka nicht gefällt: Das erinnert mich trotzdem frappant an gewisse Maßnahmen, die in den Dreißigerjahren gesetzt worden sind, und das hat diese Republik nicht verdient. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundeskanzler, noch etwas: Ich durchschaue Ihre Strategie. Sie wollen genau die ungeimpften Personen zum Sündenbock dafür machen, dass Sie in der Bundesregie­rung versagt haben, vor allem im Sommer versagt und eben nicht die richtigen Maßnah­men ergriffen haben: Sie haben nicht geschaut, dass die Zahl der Spitalsbetten entspre­chend erhöht wird, Sie haben nicht dafür gesorgt, dass die Pflegekräfte eine Lohnaufbes­serung und eine Prämie bekommen. Wissen Sie, was Sie in der Zwischenzeit gemacht haben? – Sie haben 500 Millionen Euro, die genau in diesen Gesundheitsbereich hinein­gehört hätten, genommen und in Medien investiert (Zwischenruf des Abg. Deimek), um in den Medien eine Meinung zu kaufen und um die Weste von Sebastian Kurz, der leider wie immer nicht hier ist, weißzuwaschen. Das haben Sie mit diesem Geld gemacht, das Sie dem Steuerzahler weggenommen haben.

Ein weiterer Punkt, den man auch besprechen muss, ist ein Innenminister Nehammer, der gerade wiederum in Allmachtfantasien schwelgt, indem er sozusagen alle Landeskri­minalämter dazu angewiesen hat, gegen die eigene Bevölkerung vorzugehen. Es gibt zwei Bezirksstreifen, die Kontrollen machen. Sie freuen sich darüber, dass 15 000 Kon­trollen an Personen in Österreich stattgefunden haben. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist totalitär, das kann man nicht anders bezeichnen! (Zwischenruf bei der ÖVP.) Und ja, ich muss auch dem Präsidenten von Kroatien recht geben, der gesagt hat, „das ist Faschismus“. – Das brauchen wir in unserem Land nicht, das müssen Sie sich gefallen lassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Es gibt hier im Haus einen Abgeordneten von der ÖVP, nämlich Abgeordneten Hintner, der wirklich und tatsächlich gesagt hat, man möge doch Ungeimpfte nicht mehr in den Krankenhäusern behandeln. – Herr Kollege Hintner, bis heute habe ich keine Entschuldi­gung zu dieser unglaublichen Entgleisung gehört – im Gegenteil. Sie stellen damit ja unser gesamtes Gesundheitssystem infrage! Wird in Zukunft ein Extremsportler nicht mehr behandelt, wenn er irgendwo einen Unfall erleidet? Wird in Zukunft ein Überge­wichtiger nicht mehr behandelt, weil er vielleicht einen Schweinsbraten zu viel isst? Und


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was passiert mit dem Gesundheitsminister, der gerade Rauchen gegangen ist? – Viel­leicht hat auch er einmal eine Problematik auf der Lunge und würde gerne behandelt werden. Kollege Hintner ist der Garant dafür, dass auch der Gesundheitsminister dann nicht mehr behandelt wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme auch schon zum Schluss. Was Sie hier mit diesem Lockdown für Ungeimpfte machen, ist nichts anderes als eine pädagogi­sche Maßnahme an der österreichischen Bevölkerung, ist nichts anderes, als eine Grup­pe der Bevölkerung dafür verantwortlich zu machen, dass Sie höchstpersönlich versagt haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist der Grund dafür, warum wir zur De­monstration am Samstag am Heldenplatz in der Wiener Innenstadt einladen: einfach deswegen, weil es offenbar nicht mehr ausreicht, hier einen parlamentarischen Diskurs mit Ihnen zu führen, sondern ich denke, es ist wichtig, dass auch die Bevölkerung Ihnen anhand einer starken Teilnahme signalisiert, wie groß der Unmut gegen Ihre Vorgehens­weise mittlerweile geworden ist. (Beifall bei der FPÖ.)

17.18

17.18.34*****


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Hafenecker, für den Ausdruck „das ist Faschismus“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Die Abgeordneten Hafenecker und Steger: Das war ein Zitat!)

*****

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Alois Stöger. – Bitte.


17.18.51

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben es hier im Parlament mit zwei rechten Par­teien zu tun, die sich gegenseitig betreffend das Thema, wie man die Frage der Pande­mie nur für ihre persönliche Performance nutzen kann, überschlagen. Da gibt es einer­seits die FPÖ, die das nicht ganz ernst nimmt, und dann gibt es auf der anderen Seite die ÖVP, die immer weiß, wie die anderen leben müssen, und das autoritär von oben herab immer anordnen will.

Der Herr Vorsitzende dieser Partei, der an die Seite getretene Altkanzler Kurz, hat heute hier empfohlen, im Bereich der Pandemie auf die Fakten zu schauen. Was sind die Fakten?

Fakt ist, dass die Pandemie ungebremst grassiert. Fakt ist, dass die Bundesregierung lieber plakatiert, als notwendige Maßnahmen zu setzen. Und Fakt ist, dass jene Bundes­länder – die nicht von der ÖVP regiert werden – gut dastehen, die im Sommer Aktivitäten gesetzt haben, für die sie von der ÖVP auch kritisiert worden sind, nämlich Wien und das Burgenland – dort hat man eine andere Situation.

Wir haben und vor allem unsere Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner hat immer ge­sagt, wir müssen mit dieser Pandemie leben, wir müssen sorgsam damit umgehen, und sie hat viele Maßnahmen vorgeschlagen, die Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren in der Bundesregierung, leider nicht wahrgenommen haben.

Und was sagt heute der „Falter“? (Rufe bei der ÖVP: Der „Falter“? – Abg. Michael Ham­mer: Das Renner-Institut, oder was?) – Er zitiert einen Experten aus Dänemark, er hat diesen gefragt: Wie kann man es schaffen – Herr Bundeskanzler –, dass sich mehr Men­schen impfen lassen? Und was sagt dieser Experte? – Er sagt erstens: Man muss es zu


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einer kollektiven Aktion machen. (Ruf bei der ÖVP: Na so was!) – Das ist uns im April des Jahres 2020 noch gelungen, dass wir gemeinsam gesagt haben, wir tragen viele Maßnahmen dieser Bundesregierung auch als Opposition mit. Das haben wir getan. Und dann hat es irgendwann einmal eine Spaltung gegeben.

Das Zweite, was dieser Experte, nämlich Michael Bang Petersen, sagt, ist: Vermeide Polarisierung! – Das ist wichtig. Die Menschen muss man erreichen! Man muss auch das Vertrauen dieser Menschen gewinnen. Das Vertrauen gewinnt man aber nicht, wenn man ihnen Sanktionen in Aussicht stellt und diese Sanktionen martialisch darstellt. Ich sage es ganz deutlich: Diese Aussagen mit den Zügeln – Herr Bundeskanzler, so etwas geht nicht. Die Menschen in Österreich müssen Respekt haben, die Menschen in Öster­reich müssen einer Bundesregierung vertrauen – und ich vertraue niemandem, der die Zügel anziehen will, ich vertraue solchen Menschen nicht.

Herr Bundeskanzler, Vertrauen ist etwas ganz Zentrales. Vertrauen ist für die Politik wichtig, und Vertrauen ist auch in der Medizin wichtig: Jeder Arzt, jede Ärztin weiß, dass das Heilsame in der Medizin Vertrauen ist. Ich muss meinem Arzt, ich muss meiner Ärztin vertrauen, und ich muss auch darauf vertrauen, dass die Fachlichkeit, die diese Person einbringt, mir guttut. Dazu müssen wir mit den Menschen reden. Reden wir mit ihnen! Das funktioniert nicht nach dem Motto: Zügel anziehen oder nicht.

Zweitens: Herr Gesundheitsminister, gehen Sie nie wieder auf eine Pressekonferenz, bei der auch der Innenminister dabei ist! Das braucht man nicht. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.) Gehen Sie auf eine Pressekonferenz, bei der Exper­ten dabei sind, wie zum Beispiel Frau Prof. von Laer, die das auch sagt: Wir wollen nicht 3G im Sinne von „geimpft, genesen oder gestorben“, sondern wir wollen eine echte Aus­einandersetzung.

Liebe Bundesregierung: Gehen Sie her und denken Sie Ihre Regeln durch! Wie funk­tioniert es, dass Mitarbeiter bei der Amag in Ranshofen heute zu ihrem Test kommen? – Wenn Sie das beantworten können, dann werden Sie Respekt von den Menschen be­kommen. Und wenn es in meinem Bezirk nur eine Stelle gibt, an der geimpft wird, dann werden sich die Menschen nicht impfen lassen können. Das ist euer Geschäft. Bitte macht es!

Und noch einmal, Herr Bundeskanzler: Sie sind verantwortlich für die Mitglieder Ihrer Bundesregierung. Wenn Ihnen einer nicht passt, dann nehmen Sie ihn zurück! Und wenn Sie der Meinung sind, dass Sie eine Führungsfunktion haben, dann holen Sie sich den Bundesminister, reden Sie zu zweit mit ihm in Ihrem Büro, aber richten Sie nicht in der Öffentlichkeit aus, dass Sie nicht zum Bundesminister stehen! Ich habe das sehr wichtig gefunden, dass der Bundeskanzler hinter dem Gesundheitsminister steht. Der hat es in einer Pandemie nicht leicht, und was er sich erwarten können muss, ist, dass der Bun­deskanzler hinter ihm steht. Es geht nicht um das Image, es geht um die Menschen.

Ich sage noch eines dazu – letzte Frage –: In Oberösterreich sind in den letzten vier Tagen 59 Menschen gestorben. Wie viele davon gehen auf das Konto der Zaghaftigkeit? (Beifall bei der SPÖ.)

17.25


Präsidentin Doris Bures: Mir liegt nun eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung vor: Herr Abgeordneter Hafenecker. – Bitte.

*****


17.25.20

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Danke, Frau Präsidentin. Ich verstehe das Animo Ihres Ordnungsrufes, möchte aber trotzdem


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auf eines verweisen, und zwar: Das Zitat „das ist Faschismus“ – und ich hoffe, ich habe es gesagt; vielleicht können Sie auch noch einmal nachschlagen – stammt vom kroati­schen Staatspräsidenten.

Ich verstehe den Ordnungsruf und ich kenne auch die Regelung betreffend Zitate, ich stelle mir aber nur eine Frage – und vielleicht können Sie mir da weiterhelfen, Frau Prä­sidentin –: Ich denke, genau dieser Ausspruch des kroatischen Staatspräsidenten wird uns früher oder später auch hier im Parlament beschäftigen. Ich stelle mir jetzt die Frage: Wie sollen wir über so etwas sprechen, wenn wir es dann auspiepsen oder sonst irgend­etwas tun müssen?

Also: Wie sollen wir mit Dingen umgehen, die uns auch außenpolitisch beschäftigen, wenn wir es hier herinnen nicht verwenden oder nicht erwähnen dürfen? – Das ist meine Frage, und meine Bitte auch im Hinblick auf die Spruchpraxis ist, auch über solche Dinge nachzudenken. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wurm: Da hat er recht!)

17.26


Präsidentin Doris Bures: Ich frage, ob es eine weitere Wortmeldung zur Geschäftsbe­handlung gibt. – Dies ist offenbar nicht der Fall. (Ruf bei der ÖVP: Das ist eh der Tief­punkt!)

Herr Abgeordneter, wie Sie wissen, werde ich mich in diese inhaltliche Debatte in meiner Vorsitzführung nicht einbringen. Was aber klar ist, ist – und Sie haben darauf hingewie­sen –, dass wir ja die Regelung haben, dass es auch bei Zitaten eine Bewertung gibt, ob die Würde des Hauses verletzt wird oder nicht; erst recht ist es so, wenn man ein Zitat gleichzeitig zu seiner eigenen Meinung macht – dann entspricht es der Spruchpraxis, dass es ordnungsrufwürdig ist. Ich habe aber den Eindruck gehabt, dass Sie auch das bei Ihrer Wortmeldung nicht infrage gestellt haben.

*****

Damit gehe ich jetzt in der Redner- und Rednerinnenliste weiter.

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer. – Bitte.


17.27.10

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Mit­glieder der Bundesregierung! Eigentlich freue ich mich ja über solche Debatten, weil sie uns in Erinnerung rufen, wie hoch die Bedeutung der Grund- und Freiheitsrechte für un­sere Gesellschaft ist. Sie zeigen uns aber leider auch, wie gering die Kenntnisse über die Ausgestaltung, über den Inhalt und über die Funktionsweise dieser Rechte in weiten Teilen der Bevölkerung sind.

Kein Recht wirkt absolut, auch nicht die Grundrechte. Das würde ja auch dem Prinzip der Grundrechte widersprechen, nämlich dass sie für alle gleich und gleichrangig gelten. Dieses Prinzip gibt ja selbst die Grenzen vor: Die Freiheit des einen endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt. Oder, wie Mai Thi Nguyen-Kim es sagt: Dein Recht, deine Faust zu schwingen, endet dort, wo meine Nase anfängt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das bedeutet: Grundrechte sind beschränkbar, sie müssen beschränkbar sein – dies natürlich im verfassungsrechtlich vorgegebenen Rahmen. Grob gesagt bedeutet das, dass die Einschränkung des einen Grundrechts dort zulässig ist, wo eine Gefährdung des anderen Grundrechts bevorsteht.

Was heißt das jetzt übertragen auf diese Maßnahmen? – Lassen Sie es mich anhand eines Beispiels erklären: Nehmen Sie eine Gruppe gesunder, fitter, athletischer Men­schen, die nicht Ski fahren können, geben Sie denen Ski und Skistöcke, stellen Sie sie


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oben auf einen Berg und sagen Sie: Fahrt runter! – Die werden sich da todesmutig hinunterstürzen, einige werden stürzen, manche werden sich schwer verletzen, andere vielleicht etwas leichter, manche werden sogar heil runterkommen. Und weil sie sportlich und fit und athletisch sind, werden sie im Laufe dieser halsbrecherischen Fahrt lernen, wie man Ski fährt. Sie werden den Dreh herauskriegen, sie werden herausfinden, wie man die Geschwindigkeit kontrolliert, wie man die Richtung verändert, und werden die­sen Berg einigermaßen meistern.

Und dann nehmen Sie eine andere Gruppe genauso fitter, genauso sportlicher, genauso gesunder, genauso athletischer Menschen (Abg. Wurm: Das ist sehr weit hergeholt!) und zeigen Sie denen, wie man einen Schneepflug macht – oder ein Pizzastück, wie man jetzt sagt –, lehren Sie diese, wie man ein Bogerl macht, und lassen Sie es sie in einem geschützten Bereich einmal ausprobieren – und dann lassen Sie diese Menschen den Berg runterfahren. Ich glaube, es liegt auf der Hand, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die heil runterkommen, wesentlich höher ist.

Das entspricht genau dem, wie unser Immunsystem funktioniert. Es kann noch so fit sein und noch so gesund sein, Corona muss es erst einmal lernen. (Abg. Stefan: Das ist ein Plädoyer für Genesene!) Das geht auf die harte Tour, indem man diese Menschen sich einfach den Berg runterstürzen lässt, sprich: sie einfach dem Virus aussetzt. Oder man lässt sie zuerst einen Skikurs machen, sprich: man impft. (Abg. Stefan: Ich habe schon Bogerl machen gelernt, darf aber trotzdem nirgends hingehen! Warum?)

Jetzt wieder zu den Maßnahmen: Natürlich bleibt es jedem und jeder selbst überlassen, ob er oder sie dem Virus lieber mit oder ohne Vorbereitung begegnen möchte. Wenn die Krankenhäuser aber so voll mit Bruchpiloten sind, dass andere Menschen, die dringend Versorgung brauchen, diese nicht bekommen können, dann muss man die Piste für diejenigen sperren, die vom Skifahren keine Ahnung haben; dann darf man sie eben nur für Geübte offen lassen. (Abg. Hauser: So ein Blödsinn!)

Da in diesem Moment das Recht aller auf ausreichende gesundheitliche Versorgung höher zu bewerten ist als das Recht mancher auf Selbstverwirklichung (Abg. Deimek: Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen! – Abg. Wurm: Wer sind die geübten Skifahrer dann?), sind diese Maßnahmen jetzt sowohl notwendig als auch zulässig. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.31


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist nun Herr Abgeordneter Helmut Brandstätter ge­meldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.


17.31.15

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Mit­glieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Zuseherin­nen und liebe Zuseher! Ich möchte damit beginnen, mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Intensivstationen, die in diesen Tagen eine unglaubliche Aufgabe erfül­len, sehr herzlich zu bedanken. Das können wir alle uns nicht vorstellen. Ich habe mir das von einer Ärztin erklären lassen. Das ist eine wirklich so belastende Aufgabe, dass wir zwischendurch daran denken sollten, wenn wir hier sitzen.

Ich habe erst gestern mit Herrn Prof. Greil, einem Onkologen in Salzburg, darüber ge­sprochen, der mir sehr deutlich gesagt hat: Wissen Sie, welche Verantwortung wir als Ärztinnen und Ärzte jeden Tag haben, wenn wir Entscheidungen treffen? – Ich habe aus seinen Worten herausgehört, dass er den Eindruck hat, dass diese Verantwortung in der Politik so nicht gespürt und gelebt wird, und ihm versprochen, dass ich das hier sagen werde.

Ich habe auch deshalb mit ihm gesprochen, weil mich das, was Herr Landeshauptmann Haslauer vor wenigen Tagen gesagt hat, wirklich persönlich schockiert hat. Ich habe


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Wilfried Haslauer vor vielen Jahren als Studienkollegen erlebt. Ich halte ihn für einen der wirklich Gebildeten und habe ihn bis zu diesem Zeitpunkt für einen verantwortungsvollen Politiker gehalten. Sich dann aber über Virologen lustig zu machen – dass sie Leute einsperren wollen, die dann irgendwann verhungern und verdursten –, das war beschä­mend. (Abg. Gerstl: Falsch! Hat er nicht! – Bundesministerin Edtstadler: Hat er nicht! – Zwischenruf der Abg. Niss. – Abg. Gerstl: Hat er ja nicht!)

Noch schlimmer aber ist Folgendes: Es war nicht nur beschämend, sondern es hat etwas unterstrichen, was in diesem Land leider sehr präsent ist, nämlich eine unglaubliche Wissenschaftsfeindlichkeit. Die haben wir auch heute wieder gehört. Ich möchte auf dieses blöde Entwurmungsmittel gar nicht eingehen, aber nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass es Wissenschafterinnen und Wissenschafter gibt, die ernsthaft arbeiten, die wis­sen, was sie tun und was sie sagen. Wir müssen alle sehr froh sein, dass sie das ma­chen. Es gibt sehr viele in Österreich, die das tun.

Es ist kein Zufall, dass mir Herr Prof. Kittel geschrieben hat. Er ist der Leiter des Austrian Corona Panel Project. Das (ein Schriftstück in die Höhe haltend) ist nicht irgendein Kinderbrief, den man herzeigen kann und über den man sagt: Schaut, wie lieb ich bin, und das Kind findet mich auch lieb! Das ist ein sehr ernsthaftes Mail von Herrn Prof. Kit­tel, in dem er schreibt: Das Spielen auf der Klaviatur der Pandemieskepsis und Wis­senschaftsfeindlichkeit ist unverantwortlich und trägt ebenso maßgeblich dazu bei, dass es nicht gelingt, die Pandemie zu überwinden. (Beifall bei den NEOS.)

Er schreibt auch: Bitte machen Sie im Nationalrat darauf aufmerksam! Ich wüsste keine andere im Nationalrat vertretene Partei, an die ich mich mit diesem Anliegen wenden kann. – Da ist ja auch ein interessanter und trauriger Befund.

Diese Wissenschaftsfeindlichkeit schadet uns heute, weil es sie nämlich schon seit Län­gerem gibt. Im Sommer hat man auf Plakaten lesen können: Die Pandemie ist gemeis­tert! – Das war erstens nicht nur sehr blöd, sondern es war wirklich gemeingefährlich, weil es das, was die WissenschafterInnen uns damals gesagt haben, dass nämlich die vierte Welle kommt, konterkarieren sollte. Es sagte: Macht euch keine Sorgen!, und das war falsch. Der Herr Bundeskanzler, der den Saal verlassen hat, ist ebenso völlig dane­bengelegen, als er gesagt hat: Das haben wir ja alles nicht wissen können, es hat uns keiner aufmerksam gemacht!

Das „Profil“ hat sehr genau nachgewiesen, dass die Wissenschafterinnen und Wissen­schafter es im Sommer sehr wohl gesagt haben. Es ist ja auch eines Bundeskanzlers nicht würdig, sich jetzt hierherzustellen und zu sagen: Das habe ich nicht gewusst! Nein, er muss es gewusst haben.

Der nächste Punkt: Herr Wöginger hat hier gesagt: Ja, wir haben eh den Hausverstand! Jetzt ist er gerade nicht da. (Zwischenruf des Abg. Prinz.) – Herr Wöginger, mit dem Hausverstand können Sie einkaufen gehen, aber Sie können damit nicht die Forschung beeinträchtigen. Das ist das, was Sie gemacht haben. (Beifall bei den NEOS.)

Jetzt bringe ich Ihnen noch einmal das Buch „Factfulness“ mit. (Der Redner hält das genannte Buch von Hans Rosling in die Höhe.) Ich stelle Ihnen eine Frage, damit Sie sehen, wie das mit dem Hausverstand ist – die, die es gelesen haben, bitte nicht mitspie­len –: Wie viel Prozent der einjährigen Kinder weltweit haben schon zumindest eine Impfung bekommen? Wie viel Prozent? (Abg. Wurm: Hoffentlich keine! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Herr Dr. Mückstein wird das vielleicht wissen. Na, was glauben Sie? Nicht sehr viele. Die Europäerinnen und Europäer, die befragt wurden, sagen: Na, etwa 5 Prozent, 10 Prozent, 20 Prozent! – Nein, 80 Prozent der Kinder weltweit haben bereits eine Impfung bekommen. Das Buch ist im Jahr 2018 geschrieben worden. (Zwi­schenruf des Abg. Matznetter.) Das heißt, die Menschen, auch die Gebildeten, liegen völlig daneben mit dem sogenannten Hausverstand. Wir haben dankbar zu sein, dass wir die Wissenschafterinnen und Wissenschafter haben, die uns aufklären.


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Jetzt komme ich zum Schluss. Herr Foitik vom Roten Kreuz, der – so war mein Ein­druck – doch versucht hat, der Regierung ein bissl auf die Sprünge zu helfen, hat heute gefragt: Was ist eigentlich das politische Ziel bei der Bekämpfung der Pandemie? Er weiß es auch nicht. Stellen wir uns vor, wir leben in einem Land, in dem einer der füh­renden Helfer – er arbeitet beim Roten Kreuz –, der auch schon einmal konsultiert wurde und der vielleicht Sachen gesagt hat, die nicht gerne gehört wurden, sagt, er weiß auch nicht, was das politische Ziel ist!

Wie sollen wir denn diese Pandemie bekämpfen, wenn Sie, meine Damen und Herren in der Bundesregierung, keine Ahnung davon haben, wenn Sie dann auch untereinander streiten und am Ende noch auf die Wissenschafterinnen und Wissenschafter losgehen? Hören Sie auf damit und vertrauen Sie denen, die für uns arbeiten, und vertrauen Sie erst recht denen, die Tag und Nacht mit unglaublicher Schutzbekleidung für die Kranken, die es leider gibt, da sind! Wir haben auch gehört, wie viele in den letzten Tagen ge­storben sind. Vertrauen wir denen, die dort arbeiten, und bedanken wir uns bei ihnen! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.37


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Martina Künsberg Sarre. – Bitte. (Abg. Wurm: Nur NEOS, die da reden!)


17.37.07

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Minister! Frau Minister! Hohes Haus! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Wenn ich mir die Reden von Türkis-Grün anhöre, dann glaube ich wirklich, dass Sie immer noch denken, dass Sie die Pandemie gut gemeistert haben. Ich möchte es Ihnen hier nochmals sagen: Sie haben die Pandemie nicht gut gemeistert! (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der FPÖ sowie der Abgeordneten Silvan und Yılmaz.)

Sie haben es nicht geschafft, dass wir eine ausreichend hohe Impfquote erreichen. Im Gegenteil: Wir sind im weltweiten Spitzenfeld bei den Infektionszahlen und am unteren Ende bei den Impfungen. Weil Sie es bei den Erwachsenen nicht schaffen, tragen Sie die Pandemie nach wie vor auf dem Rücken der Kinder und Jugendlichen aus. Unsere Kinder zahlen den Preis für Ihre verfehlte Politik. (Beifall der Abg. Yılmaz. – Zwischenru­fe bei der ÖVP.)

Wissen Sie, was Sie den Kindern und Jugendlichen mit dieser verfehlten Politik antun? Sie haben monatelang gehört, dass sie solidarisch sein müssen, dass Isolation, Schul­schließungen und Distancelearning notwendig sind, um ältere Menschen und Risiko­gruppen zu schützen. Das haben sie ohne Mucks akzeptiert, sie haben sich an ganz viele Dinge im großen Stil gehalten. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Sie aber haben in dieser Zeit nichts zusammengebracht und es mit Ihrer verfehlten Politik ge­schafft, dass wir bei den Schulschließungen im weltweiten Spitzenfeld sind. Sie haben es im Gegensatz zu vielen anderen Ländern nicht geschafft, Einschränkungen zuerst bei Kindern und Jugendlichen zurückzunehmen – im Gegenteil.

Sie kennen auch die Auswirkungen: Bildungsverluste und vergebene Lebenschancen, psychische und körperliche Belastungen und Krankheiten, besonders stark bei denen, die es bereits vor der Pandemie schwer hatten. Erst nach und nach wird deutlich, welche Begleitschäden es gibt. Die Triagierung auf den Kinder- und Jugendpsychiatrien ist seit Monaten gegeben und eine Tatsache. Die Wartefrist auf einen Therapieplatz beträgt Monate – und da reden wir von schweren Essstörungen oder Suizidversuchen. Darüber wird hier überhaupt nicht gesprochen. (Abg. Wurm: Doch, seit Monaten! – Abg. Belako­witsch: Oh ja!) Hauptsache aber Sie plakatieren: Die Pandemie ist gemeistert!

Für Schülerinnen und Schüler hat sich de facto nichts verändert. Es finden weder Wan­dertage statt noch dürfen an den Schulen Kurse externer Anbieter stattfinden, weder mit


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2G noch mit 2G und PCR-Test, von Skikursen, Sportwochen und anderen wichtigen sozialen Erlebnissen ganz zu schweigen.

Es ist aber nicht nur die Schule allein. Ich habe drei Kinder und zwei davon sind im Teenageralter. Ich wünsche mir für meine Kinder, aber auch für alle anderen Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, dass sie endlich wieder alles tun können, wo­rauf sie Lust haben. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich wünsche mir für sie, dass sie sich ausprobieren dürfen, dass sie wo und wann und mit wem auch immer feiern dürfen. Ich wünsche mir für meine Kinder, dass ich sie von Übernachtungspartys, vom Tanzkurs oder von Bällen abholen kann und dass diese statt­finden und nicht andauernd verschoben werden. (Ruf bei der ÖVP: Schönes Referat!) Ich wünsche mir für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, dass sie etwas erle­ben dürfen, dass sie das erleben dürfen, was wir alle erlebt haben. (Zwischenruf des Abg. Höfinger.)

Anstatt sich um die Jungen zu kümmern, haben Sie vor der Oberösterreichwahl nichts unternommen – und die Grünen haben mitgemacht. Anstatt sich um die Jungen zu küm­mern, haben Sie vor der Oberösterreichwahl noch eine Pensionserhöhung gemacht – und die Grünen haben wieder mitgemacht.

Anstatt sich um die Jungen zu kümmern, schränken Sie das Leben dieser Generation weiter ein. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Schön vorgelesen!)

17.41


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Reinhold Einwallner zu Wort. – Bitte.


17.41.08

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Da­men und Herren auf der Regierungsbank! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Her­ren vor den Fernsehschirmen und wo auch immer Sie diese Sitzung verfolgen! Sie erle­ben jetzt seit gut 2 Stunden ein Schauspiel zwischen FPÖ und ÖVP, das wohl seinesglei­chen sucht. Sie beweisen – und zwar beide Parteien – seit über 2 Stunden die Verant­wortungslosigkeit bei der Bekämpfung dieser Pandemie, meine Damen und Herren. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Auf der einen Seite: die FPÖ mit unglaublichen Redebeiträgen, die von Stasimethoden spricht, von Separierungslagern spricht. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Meine Damen und Herren von der FPÖ, der Plan B steht wahrscheinlich für beschämend. Was anderes kann es nicht sein, wenn das Ihr Plan B ist. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Auf der anderen Seite: die ÖVP, die weit weg von jeder Strategie agiert. Der Bundes­kanzler spricht davon, wie gefährlich es sei, wenn man verwirrt und verunsichert. – Herr Bundeskanzler, Sie sind Teil dieser Verunsicherung, Sie sind Teil dieser Verwirrung! Sie tragen dazu bei, dass die Menschen verunsichert sind. Herr Bundeskanzler, was ist es denn sonst, wenn Sie bei einem so sensiblen Thema offen einen Streit in der Bundesre­gierung austragen? Das führt zu einer Verunsicherung der Menschen. Das ist das Pro­blem, das wir haben.

Herr Gesundheitsminister, Sie stehen hier heute auf und sagen: Ja, wir hatten ein Kom­munikationsproblem!, und der Bundeskanzler nickt ein bisschen dazu. – Ein Kommuni­kationsproblem?! Die ganze Regierung ist ein Kommunikationsproblem in dieser Pande­mie. Die Leute kennen sich ja nicht mehr aus, was gilt und was nicht gilt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein weiterer Punkt der Verunsicherung sind Ihre Landeshauptleute, Herr Bundeskanzler, Ihre Landeshauptleute, die mit wissenschaftsfeindlichen Aussagen agieren. Das ist doch


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unwürdig, wenn Landeshauptleute so agieren. (Ruf bei der ÖVP: Geh bitte!) Die Wissen­schaft braucht jetzt Wertschätzung, meine Damen und Herren, und nicht Aussagen wie jene von Haslauer und Stelzer. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber es ist halt immer das Gleiche bei der ÖVP: Wenn sie keine Lösungen parat hat, dann sucht sie Schuldige. Diesmal sind die Expertinnen und Experten, die gewarnt ha­ben, plötzlich die Schuldigen.

Fakt ist vielmehr: Unser Problem ist, dass es von Anfang an kein gesamtstaatliches Kri­senmanagement in dieser Krise gab – das war von Anfang an, vom Beginn der Krise an das Problem –, dass es keinen nationalen Schulterschluss gab, weil der ehemalige Bundeskanzler Kurz geglaubt hat, er sei der alleinige Heilsbringer und könne diese Krise alleine mit Inszenierung lösen. Das funktioniert aber nicht. In einer Krisenbekämpfung braucht man ein gemeinsames Vorgehen – nur das kann funktionieren. (Ruf bei der ÖVP: Geh bitte!) Plakate reichen nicht, Herr Bundeskanzler. Es hätte eine Impfkampagne im Sommer gebraucht, aber die Mittel dafür haben Sie gekürzt. Und das ist die Verant­wortung, die Sie zu tragen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Es reicht auch nicht, ein Regierungspartner zu sein und – auch wenn man der kleinere Regierungspartner ist – hier stillschweigend zu assistieren. Der Gesundheitsminister steht hilflos dabei und schaut dem Treiben zu. Das tut uns auch nicht gut.

Das Ergebnis liegt auf der Hand. Es wurde schon gesagt: Den viel zitierten und ange­kündigten „Sommer wie damals“ gab es leider nicht. Der Sommer wurde wieder ver­schlafen. (Zwischenruf des Abg. Prinz.) Wir haben die Chancen im Sommer nicht ge­nutzt und daraus resultieren ein schrecklicher Herbst und ein schrecklicher Winter, was schwere Folgen für die Wirtschaft und die Bevölkerung in unserem Land haben wird. Das ist Ihre Verantwortung, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Das war wichtig!)

17.45


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist nun Herr Abgeordneter Werner Saxinger gemel­det. – Bitte.


17.45.27

Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Liebe Ministerinnen und Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Slogan lautet: Die Impfung ist Training für das Immunsystem und das Tor zum Ende der Pandemie.

Die Impfung – das haben wir heute schon etliche Male gehört – schützt vor schweren Erkrankungen und führt im Falle einer Infektion in der Regel zu einem milden Verlauf. Das muss mittlerweile allen klar sein, auch den zahlreichen Hobbyvirologen und ‑exper­ten, die mitunter Probleme haben, das Wort Pandemie überhaupt zu schreiben. (Abg. Stefan: Wie schreibt man das?)

Der Plan B der FPÖ, den wir hier vorgelegt bekommen haben, ist für mich als Arzt B wie bedrohlich, B wie banal, B wie beschämend, B wie bizarr. (Abg. Stefan: Was jetzt: banal oder ...?) Dort, wo die FPÖ stark ist, ist in vielen Regionen leider auch die Impfquote entsprechend niedrig. Das ist ein Faktum. Die FPÖ – das habe ich in den letzten Mo­naten miterlebt – ist die Kraft, die gegen die Covid-Impfung auftritt. (Abg. Deimek: Ist das ein Trauma?)

Wissen Sie, welche zwei Staaten weltweit gar nicht impfen? – Das sind Eritrea und Nord­korea. Wollen Sie sich wirklich mit diesen Staaten auf eine Stufe stellen? (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Loacker.)

Vor einer Woche waren 5 400 000 Personen in Österreich geimpft. In 48 000 Fällen kam es zu Impfdurchbrüchen, das heißt, auf 1 000 Geimpfte neun Personen. Die Gesundheit


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Österreich GmbH hat berechnet, was die Impfung in den letzten acht Monaten bewirkt hat. Ein paar Zahlen – Sie berufen sich immer auf Zahlen; das sind Fakten, keine Fake­news (Abg. Wurm: Da hat der Kollege Kurz was anderes gesagt! Da hast du nicht auf­gepasst!) –: In den letzten acht Monaten hat die Impfung 19 203 Krankenhausaufenthal­te verhindert. Die Impfung hat 6 200 Aufenthalte auf der Intensivstation verhindert und die Impfung hat 6 118 Todesfälle verhindert. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Danke an alle, die dazu beigetragen haben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

Beim sogenannten Plan B ist sehr viel Nonsens dabei, „Nonstop Nonsens“ möchte ich sagen, eine beliebte Serie von Dieter Hallervorden vor vielen Jahren. (Abg. Belako­witsch: Das ist Ihr Niveau!) Vor allem Klubobmann Kickl hat sich da als Anführer der Peinlichkeiten besonders hervorgetan: der Sager vom unverwundbarem Immunsystem zum Beispiel. – Dem Virus ist das völlig wurscht. Wie töricht diese Aussage ist, sieht er jetzt selbst. Ich wünsche ihm an dieser Stelle alles Gute, ich hoffe, er sieht zu.

Weitere Empfehlungen von Chefarzt und Dr.-Google-Nobelpreisträger Kickl: die Bitter­stoffe – das war schon sehr unterhaltsam, wenn es nicht so traurig wäre –, dann Vita­min C, Zink, Paracetamol, Ibuprofen. (Abg. Belakowitsch: Lachen ist die beste Medi­zin!) Den Vogel hat er dann wirklich mit dem Wurmmittel abgeschossen. Ich kann Ihnen sagen, ich bin Dermatologe, ich verwende das Wurmmittel Ivermectin gegen die Krätz­milbe sehr häufig. Ich habe viel Erfahrung damit. (Abg. Belakowitsch: Aha! Doch ein Humanmedikament?!) Wenn es wirklich helfen soll, dann muss man es in Dosen neh­men, bei denen es zu Leberschädigung und Nierenschädigung kommt. (Neuerlicher Zwi­schenruf der Abg. Belakowitsch.)

Also ich rufe ihm jetzt zu, wenn er zuschaut: Schweigen Sie lieber, Herr Kickl, Herr Ober­gscheit, zu medizinischen Themen! Das sage ich Ihnen als Arzt, als Politiker und als Staatsbürger. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

An den ehemaligen Philosophiestudenten Kickl: Argentum est sermo, aurum silentium est – Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Zu Ihnen, Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ: Wenn Sie einen Funken Anstand und Verantwortungsgefühl haben, dann lassen Sie Ihren brüllenden Oberhäuptling ruhig schreien! Es wird im Nirwana verhallen, wenn Sie ihn nicht unterstützen.

Schauen wir gemeinsam, dass wir die Impfquote weiter steigern! Vergessen wir Kickl und Co! (Abg. Belakowitsch: Habt ihr ...?) Die Impfung ist das Tor zum Ende der Pan­demie. – Herzlichen Dank. (Anhaltender Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Wurm: Das war eine schwache Rede!)

17.49


17.49.46

Präsidentin Doris Bures: Das war die letzte Wortmeldung in der Debatte zu diesem Dringlichen Antrag, in der ich allerdings auch noch zur Mäßigung in der Ausdrucksweise aufrufen möchte; aber die Debatte dazu ist jetzt beendet.

Es ist niemand mehr dazu zu Wort gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Bevor wir zu den Abstimmungen kommen, frage ich die Klubs, ob wir auch gleich fortfah­ren können. – Gut, dann gehe ich so vor.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 2011/A(E) der Abgeord­neten Dr.in Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nein zur Diskriminierung gesunder Menschen – Ja zum Plan B gegen Corona“.

Wer sich für diesen Antrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Min­derheit, abgelehnt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 207

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Versagen des Ver­trauens gegenüber der Bundesregierung und den Staatssekretären“ gemäß Art. 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes sowie Art. 78 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Da zu einem solchen Beschluss des Nationalrates gemäß Absatz 2 der zitierten Verfas­sungsbestimmung die Anwesenheit der Hälfte aller Abgeordneten erforderlich ist, stelle ich diese auch ausdrücklich fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem gegenständlichen Misstrauensantrag ihre Zu­stimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen ferner zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordne­ten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Versagen des Vertrauens ge­genüber dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz“ gemäß Art. 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Da auch zu diesem Beschluss des Nationalrates gemäß Absatz 2 der zitierten Verfas­sungsbestimmung die Anwesenheit der Hälfte aller Abgeordneten erforderlich ist, stelle ich diese ausdrücklich fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Misstrauensantrag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Impfen in der Apotheke“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Damit ist der Abstimmungsvorgang abgeschlossen, und ich fahre in der Tagesordnung fort.

17.52.50Fortsetzung der Tagesordnung


Präsidentin Doris Bures: Ich nehme die Verhandlungen über die Punkte 3 und 4 der Tagesordnung wieder auf.

Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Maximilian Köllner gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.


17.53.09

Abgeordneter Maximilian Köllner, MA (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Sportminister ist nicht hier, wir haben es gehört, ich hoffe jedoch, dass er zuhört, denn seit der Sitzung des Sportausschusses hier letzte Woche hat sich im Sport viel getan.

Ganz aktuell und gestern in den Medien: der Rücktritt des früheren Nordischen Kombi­nierers Felix Gottwald von seiner Funktion als Vorsitzender der österreichischen Kom­mission für den Breitensport. Ich möchte diesen Rücktritt jetzt aber gar nicht bewerten oder gar kommentieren, er ist zur Kenntnis zu nehmen – das hat auch der Herr Sportmi­nister so gesagt.

Es hat aber auch schon am vergangenen Freitag wie aus dem Nichts einen öffentlichen Aufstand einiger Fachverbände über die Neuaufteilung der Sportfördermittel gegeben. Offensichtlich fühlen sich vor allem die kleineren Vereine benachteiligt. Man merkt also, es rumort in der Sportwelt.

Ich sehe dieses aktuelle Gewitter in der österreichischen Sportpolitik dennoch positiv, weil wir endlich eine öffentliche und ordentliche Bühne haben, um die Probleme im Sport zu thematisieren. Die Wurzel aller Probleme ist, no na, das liebe Geld.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 208

Allein durch die Inflation hat der österreichische Sport seit 2010 insgesamt 90 Millionen Euro verloren. Das ist mehr als ein Jahresbudget der besonderen Sportförderung. „Die Inflation frisst den Förderkuchen auf“, so hat Sport-Austria-Präsident Hans Niessl ge­sagt.

So gesehen kann das Budget 2022 für den Sport nicht einmal mehr more of the same genannt werden. Was Sie hier machen, ist in Wahrheit ein Jonglieren: da ein paar Euro mehr, dort ein paar Euro weniger, einmal den Fokus auf Inklusion, einmal auf Frauenpro­jekte. Das ist alles ganz wichtig, aber am Ende des Tages wird das Geld lediglich von einem Budgetposten zum nächsten geschoben, und das Geld fehlt dann natürlich wo­anders.

Wir reden von Pandemiebekämpfung, wir reden davon, dass Sport das Immunsystem stärkt, die geistige Fitness, und trotzdem gibt es wieder nicht mehr Geld für den Schul- und Breitensport, nicht mehr Geld für die flächendeckende Umsetzung der täglichen Be­wegungseinheit in den Schulen.

Und genau bei diesem Punkt würde ich mir von einem Sportminister erwarten und wün­schen, dass er den Bildungsminister, den Gesundheitsminister und den Finanzminister natürlich an der Hand nimmt und sagt: He, gehen wir jetzt, tun wir gemeinsam etwas! Wir investieren gemeinsam, ressortübergreifend in die Zukunft unserer Kinder, das macht sich langfristig bezahlt! – Das müssten Sie machen, wenn Sie ernsthaftes Inter­esse daran hätten, diese unerträgliche Situation nachhaltig zu verbessern, andernfalls bleibt es auch bei dieser Regierung nur bei Lippenbekenntnissen.

Ich appelliere daher noch einmal an den Sportminister: Setzen Sie sich bitte noch einmal mit Ihren Regierungskollegen hin! Setzen Sie sich auch durch, damit Investitionen in den Sport nicht als Problem, sondern als Teil der Lösung gesehen werden!

Es ist ja eine einfache volkswirtschaftliche Rechnung: Mehr Sport, mehr Bewegung in den Schulen entlastet langfristig unser Gesundheitssystem und fördert die geistige Leis­tungsfähigkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher müssen die Mittel zur Förderung von Bewegung und Sport endlich insgesamt er­höht werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

17.57


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christoph Zarits. – Bitte.


17.57.10

Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­kanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Geschätzte Volksanwälte! Frau Rechnungshofpräsidentin! Herr Kollege Köllner dürfte sich ja sehr intensiv mit dem Bud­get beschäftigt haben, er dürfte es zumindest gelesen haben, es ist aber bemerkenswert, dass er das Budget nicht verstanden hat.

Wir haben 156 Millionen Euro für den Sport budgetiert, 156 Millionen Euro für den orga­nisierten Sport in Österreich. Wir haben 14 000 Vereine in Österreich. Wir haben 2,1 Mil­lionen Menschen, die sich in den Sportvereinen organisieren, die in den Sportvereinen Sport betreiben. 570 000 Kinder betreiben Sport, haben in den Vereinen somit eine sinn­volle Freizeitbeschäftigung.

Sport als Lebensschule: Die Kinder lernen, Regeln zu akzeptieren. Die Kinder lernen auch den Umgang innerhalb unserer Gesellschaft, den Umgang mit den eigenen Kame­radinnen und Kameraden und den Umgang auch mit dem Mitbewerber.

Meine geschätzten Damen und Herren! Die letzten Monate waren nicht einfach, keine Frage, die letzten Monate waren sicherlich auch geprägt von sehr, sehr schwierigen Ent­scheidungen von uns, und die Entscheidungen, die wir getroffen haben, die haben wir


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 209

uns nicht leicht gemacht. Wir haben die Entscheidungen, die wir getroffen haben, immer im Einvernehmen mit dem organisierten Sport getroffen, denn im organisierten Sport sitzen die Expertinnen und Experten und diese haben uns auch im Vorfeld unserer Ent­scheidungen mitberaten und die haben unsere Entscheidungen auch mitgetragen.

Natürlich standen wir immer in einem Spannungsfeld zwischen Gesundheitsprävention auf der einen Seite und dem verständlichen Wunsch der Sportlerinnen und Sportler nach Bewegung auf der anderen Seite, aber das Wichtigste für unsere Entscheidungen und für uns als verantwortungsvolle Politiker ist die Gesundheit der Bevölkerung und die Ge­sundheit der Sportlerinnen und Sportler. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Prammer. – Zwischenruf des Abg. Stefan.)

Das Budget: 156 Millionen Euro für die allgemeine Sportförderung und die besondere Sportförderung. Wir wollen das Ehrenamt stärken. Wir wollen, dass die tägliche Bewe­gungseinheit endlich eingeführt wird. Der Herr Sportminister hat es auch erklärt, wir sind da sehr, sehr weit.

Kinder gesund bewegen, dafür steht mehr Geld zur Verfügung. Sport für Integration, Sport für Inklusion, das ist das, was wir wollen. Wir wollen mit dem Sportbudget 2022 dem Sport Planungssicherheit geben, dem Sport in einer schwierigen Phase Sicherheit geben.

Wir sind auf einem guten Weg. Gemeinsam mit den Dach- und Fachverbänden werden wir auch durch die nächsten Wochen und Monate kommen und gemeinsam Lösungen finden. Was es braucht, ist, dass wir besonnene Entscheidungen treffen, die epidemiolo­gische Lage auch genau beobachten und immer so viel Bewegung wie möglich zulassen und nur so viel an Einschränkungen wie nötig beschließen.

Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg: 156 Millionen Euro für den Sport, für die Dach- und Fachverbände, für die Vereine, für die Sportlerinnen und Sportler. Ich bitte um Zustimmung zum Budget 2022. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.00


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Friedrich Ofenauer. – Bitte.


18.00.49

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Frau Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Frau Präsidentin! Ge­schätzte Herren Volksanwälte! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zusehe­rinnen und Zuseher! Gerade die Coronapandemie hat gezeigt, wie wichtig starke Institu­tionen sind, von den obersten Organen, Bundespräsident, Gesetzgebung, über die Re­gierung, die Gerichtsbarkeit, vor allem Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof, die wir gerade in diesen Untergliederungen hier verhandeln, bis hin aber auch zu den öffentlich Bediensteten in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes, denen ich hier an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön für ihren Einsatz aussprechen möchte. Sie alle tragen zu einem funktionierenden Gemeinwesen ganz wesentlich bei.

Ich denke, gerade in einer Situation wie dieser müssen wir uns alle fragen, was wir zu einem funktionierenden Gemeinwesen beitragen können und ob es nicht auch eine ge­wisse Verpflichtung gibt, einen entsprechenden Beitrag zu leisten. Da frage ich mich vor allem, ob es nicht unser aller Verpflichtung, ob es nicht eine Aufgabe der Gemeinschaft und des Gemeinwesens ist, diese Pandemie gemeinsam zu bewältigen.

Im Jahr 2022 wird für uns als Nationalratsabgeordnete im Rahmen der Bundesgesetzge­bung die Rückkehr ins Hohe Haus ein Meilenstein sein. Theophil Hansen hat sich, als er in den 1870er-Jahren begonnen hat, dieses Gebäude zu errichten, viel überlegt. De­mokratie und Mitsprache waren damals eher neu und ungewohnt; heute ist Partizipation


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der Bevölkerung ein Gebot der Stunde. Dem wird mit dem Ausbau des Besucherzen­trums und der Möglichkeit des Besuches von Parlamentssitzungen Rechnung getragen. Die Parlamentsdirektion wird weiter ausgebaut zu einem Kompetenz- und Kommunika­tionszentrum für Parlamentarismus und Demokratie für die interessierte Öffentlichkeit.

Vor allem die Sinn- und Formensprache des Gebäudes ist sehr interessant und könnte vielleicht heute auch als Richtschnur dienen, denn durch das Verwenden verschiedens­ter Baumaterialen hat der Architekt ein Zeichen gesetzt, ein Sinnbild für das Zusammen­wirken aller Kräfte, wenn es darum geht, das Beste für ein Land zu erreichen. Dabei ist auch der Blick auf Details wichtig, nicht nur auf die Schlangensymbole oder die Pallas Athene, die immerhin ein Zeichen nicht nur für Weisheit, sondern auch für Strategie, Frieden und Krieg ist– es ist also ein gewisser Widerspruch in ihr vereint. Das Parlament ist einem griechischen Tempel nachempfunden, weil Freiheit und vor allem Gesetzmä­ßigkeit damals hochgehalten wurden.

In dem Zusammenhang ist natürlich auch wichtig, dass gerade das Parlament der Ort ist, wo Reden gehalten werden, emotionale Reden gehalten werden und diese Emo­tionen auch gelebt werden. Die Rossebändiger sollen uns aber darauf hinweisen, dass es trotz aller Emotionen notwendig ist, die Leidenschaften zu zügeln. Wenn ich die Aus­sagen mancher Kollegen hier höre – Kollege Hafenecker zum Beispiel hat gemeint, dass der parlamentarische Diskurs nicht mehr ausreichend sei und man zu Demonstrationen aufrufen müsse –, dann will ich zwar niemandem das Demonstrationsrecht abspre­chen – im Gegenteil –, aber ich frage mich schon, ob damit die Straße instrumentalisiert wird, und dann, meine ich, wird es bedenklich.

Wir sollten dennoch daran denken, unsere Leidenschaften zu zügeln, denn gerade das wäre in turbulenten Zeiten, in denen es wichtig ist, gemeinsam die Pandemie zu be­kämpfen, essenziell. Dazu möchte ich aufrufen: mehr Besonnenheit und weniger Aufge­regtheit, mehr Miteinander und weniger Gegeneinander. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Prammer.)

18.04


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Johann Weber. – Bitte.


18.04.51

Abgeordneter Ing. Johann Weber (ÖVP): „Es lebe der Sport! Er ist gesund und mocht uns hoat.“ – Das ist der Text eines bekanntes Liedes eines berühmten Vertreters des Austropop. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohe Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vor allem aber geschätzte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschir­men! Ein gesunder Geist lebt in einem gesunden Körper, haben wir heute auch schon gehört. Sport ist nicht nur gut für die körperliche Fitness, er schärft den Verstand und hilft, schwierige Situationen besser zu meistern. Das erleben wir immer wieder, das brau­chen wir immer wieder.

Sport und Bewegung sind Grundlage für eine gesunde Lebensführung, das gilt in allen Altersgruppen. Vom Vorschulalter bis ins hohe Alter hat somit Sport eine Bedeutung und eine entsprechende Berechtigung. Hier kommt dem Schulsport – ich bin nämlich auch Lehrer – eine ganz besondere Bedeutung zu. Ich möchte die Gelegenheit nutzen und mich bei allen Kolleginnen und Kollegen, die in den Schulen Sport unterrichten, auf das Herzlichste bedanken. Sie versuchen immer wieder, die Jugendlichen, die Kinder an den Sport heranzuführen, in die Bewegung zu bringen, und das ist eine ganz großartige Ar­beit und auch ein Verdienst der Kollegenschaft, die diese Leistung erbringt.

Bedanken möchte ich mich auch bei allen Ehrenamtlichen – das ist ja auch schon an­gesprochen worden – in den unterschiedlichsten Organisationen und Vereinen, egal in welcher Funktion, ob das jetzt ein Trainer ist oder eine Kantineurin – es gibt die unter­schiedlichsten Tätigkeiten in einem Verein –, und ihnen allen gebührt ein großes Danke­schön.


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Vielen Dank auch an den Herrn Finanzminister, dass es ihm wieder gelungen ist, 156 Millionen Euro, die auch schon ein Vorredner angesprochen hat, für den Sport vor­zusehen. Ganz konkret sind für 2022 für die allgemeine Sportförderung rund 69,5 Millio­nen Euro und für die besondere Sportförderung 80 Millionen Euro eingepreist. Für Sport­großprojekte und die Bundessporteinrichtungen GmbH sind weitere 6,5 Millionen Euro vorgesehen. Das ergibt in Summe eben diese 156 Millionen Euro.

Ich möchte aber noch einen zweiten Bereich, der ein sehr wichtiger Bereich in der ge­samten Sportszene ist, ansprechen: Die österreichischen Spitzensportlerinnen und Spit­zensportler mit oder ohne Behinderung sollen in der Weltklasse positioniert sein. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, auf den wir schauen müssen, weil gerade die Spitzensportler ja diejenigen sind, die eine gewisse Vorbildwirkung für unsere Kinder, die Jugend und den gesamten Breitensport haben, und das ist eben ganz, ganz wichtig.

Abschließend möchte ich nur noch einmal sagen: Es lebe der Sport! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weratschnig.)

18.07


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lukas Brandweiner. – Bitte.


18.08.02

Abgeordneter Lukas Brandweiner (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vor allem aber liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Sport ist ein wichtiger Be­standteil im Leben vieler Menschen in Österreich. Ungefähr 64 Prozent treiben wöchent­lich einmal Sport. Nur 5 Prozent sind nie sportlich aktiv.

Unser Ziel muss natürlich sein, dass wir noch mehr Menschen für Bewegung und Sport begeistern, und das spiegelt sich auch im aktuellen Budget wider. Wir wollen den Spit­zensport in Österreich weiter fördern, damit wir uns auch in Zukunft wieder über Erfolge bei Europameisterschaften, Weltmeisterschaften (Abg. Steger: Das ist ja was ganz was Neues!), aber auch bei Olympischen Spielen gemeinsam freuen können. Beispielsweise investieren wir 1 Million Euro in den Nachwuchsleistungssport und über 1,8 Millionen Euro in die Sportmedizin und die Wissenschaft.

Auch Spitzensportler wie Gregor Schlierenzauer oder David Alaba haben einmal klein angefangen, und daher sind die Fach- und Dachverbände mit ihren unzähligen Vereinen so wichtig. In diesem Bereich haben wir die Finanzierung mit 33,5 Millionen Euro für die Fachverbände (Abg. Steger: Auch ganz was Neues!) und über 25,5 Millionen Euro für die Dachverbände sichergestellt. Gerade in der Gesundheitskrise gab und gibt es natür­lich auch jetzt für den Sport enorme Herausforderungen, daher bin ich froh, dass wir rasch Hilfe geleistet und unsere Vereine unterstützt haben. (Beifall bei der ÖVP. – Neu­erlicher Zwischenruf der Abg. Steger.)

In meinem Heimatbundesland Niederösterreich geschah dies mit dem Schutzschirm für Sportvereine. Dafür gilt mein Dank dem zuständigen Sportlandesrat Jochen Danninger, aber auch unserer Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. Besonders wichtig war auch der NPO-Unterstützungsfonds auf Bundesebene, mit dem wir die Vereine finanziell un­terstützt haben. Dafür geht mein Dank an Sportminister und Vizekanzler Werner Kogler für die gute Zusammenarbeit. Gemeinsam mit unserem Koalitionspartner und den Dach­verbänden haben wir den Sportbonus ins Leben gerufen, um verlorene Mitglieder wieder zurück-, aber auch gerade jetzt neue erstmals zu gewinnen.

Als Abgeordneter der Volkspartei ist es mir natürlich wichtig, auch den Gemeinden, die ihre Sportvereine laufend unterstützen und fördern, Danke zu sagen. Mein größter Dank heute gilt aber den unzähligen freiwilligen Helfern, Trainern, Funktionären in den Vereinen, die die Jugend betreuen, die die Sportlerinnen und Sportler betreuen, sie


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begeistern. Davon habe ich mir in den letzten Wochen bei vielen Sportveranstaltungen ein Bild machen können. Vielen Dank dafür! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Für mich ist ein Leben ohne Vereine nicht vorstellbar, auch deshalb, weil ich selbst schon in unzähligen Vereinen aktiv war und noch immer bin, deshalb meine Bitte und mein Appell: Jetzt müssen wir den Blick nach vorne richten und unsere Mitmenschen wieder für mehr Sport und Bewegung begeistern. Da kann jeder von uns einen Beitrag leisten. Ich habe erst letzten Samstag meine Freunde und mich für den Silvesterlauf angemeldet, und morgen in der Früh vor der Sitzung im Parlament geht es los mit dem Training. Jeder, der mitlaufen will, ist herzlich eingeladen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.11


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kurt Egger. – Bitte.


18.11.52

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Bundesregierung! Frau Rechnungshofpräsidentin! Werte Staatsanwälte, hätte ich fast gesagt. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer via Livestream! Sport ist nicht nur wichtig für die Jugend, für die Menschen insgesamt, sondern Sport ist in Österreich auch ein großer Wirtschaftsfaktor. Über 13 Milliarden Euro, und das hat das Institut für Sportökonomie festgestellt, trägt der Sport zur Brutto­wertschöpfung unseres Landes bei. An die 230 000 Beschäftigte sind im Umfeld des Sports tätig. Diese beiden Zahlen sind europaweit auffällig; wir befinden uns damit im Spitzenfeld der 28 Staaten der Europäischen Union.

Damit das auch so bleibt, wird weiterhin in die Sportinfrastruktur, in Sportveranstaltungen und in Sportgroßveranstaltungen investiert. Darüber bin ich sehr froh, denn das ist die Grundlage für die Sportvereine. Sportvereine sind die beste Lebensschule für unsere Kinder, und ganz Europa beneidet uns darum. (Beifall bei der ÖVP.)

Investitionen in den Sport bedeuten: Sportstätten statt Krankenhausbetten. Jeder Euro, der dort investiert wird, ist gut angelegt. Sportvereine fördern den Zusammenhalt, die Ausdauer und die Gesundheit. All das brauchen wir sehr dringend.

Ganz wichtig ist auch, dass neben anderen Budgetposten auch das Budget im Bereich des Schulsports weiter ausgebaut wird. Es wird bereits jetzt sehr viel in die Förderung des Sports an Schulen investiert. Ich kann Ihnen dazu auch ein aktuelles Beispiel brin­gen: Meine Tochter ist in der HLW Schrödingerstraße. Sie hat jetzt in der dritten Klasse die Ausbildung zum Übungsleiter gemacht und wird am Beginn der fünften Klasse die Ausbildung zum Fitness- und Freizeitcoach machen; genau so etwas gehört ausgebaut. In diesem Sinne: Stimmen Sie dem Sportbudget zu! (Beifall bei der ÖVP.)

18.14


Präsidentin Doris Bures: Mir liegen nun zu diesem Themenbereich keine Wortmeldun­gen mehr vor, daher beende ich auch die Beratungen darüber.

18.14.53UG 32: Kunst und Kultur


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zur nächsten Untergliederung, nämlich 32: Kunst und Kultur.

Als Erste zu dieser Untergliederung zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Katharina Kucharowits. – Bitte.


18.15.09

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Frau Präsidentin! Werter Herr Bundes­kanzler! Geschätzte Herren Präsidenten! Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Frau


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Staatssekretärin! Wir kommen jetzt zu Kunst und Kultur. Ich möchte gleich vorweg sagen, sehr geehrte Frau Staatssekretärin, es ist wirklich gut, dass das Budget für Kunst und Kultur um 60 Millionen Euro erhöht worden ist. Es ist gut und wichtig, dass damit die Basisabgeltung der Bundestheater und Bundesmuseen erhöht wird, dass die Kinderoper mit zusätzlichen Mitteln ausgestattet wird und die Festspielhäuser in Salzburg und in Bregenz saniert werden können. Das ist gut so.

Gleichzeitig muss ich aber festhalten und auch fragen: Von diesen 60 Millionen Euro sind 50 Millionen fix für die genannten Projekte vergeben. Wo bleibt denn das Geld zum Beispiel für einzelne Förderungen, für Fair Pay und für Coronamaßnahmen? Wo ist das Geld für Hilfen in der aktuellen und wahnsinnig akuten Coronasituation? Wir finden keine Hilfen im Budget, Frau Staatssekretärin.

60 Millionen Euro wurden im letzten Jahr aus dem Covid-Topf benötigt, die heuer eben ins reguläre Budget aufgenommen worden sind. Aber was passiert jetzt angesichts dieser horrend ansteigenden Infektionszahlen? Wo können Künstlerinnen und Künstler künftig andocken, wo KulturvermittlerInnen, wo KulturarbeiterInnen, wo Kunsthandwer­kerInnen? Wir finden keinen neuen Covid-Unterstützungsfonds. Sie wissen, alle Hilfen sind ausgelaufen oder laufen mit Ende des Jahres aus, und wir stecken mitten in der vierten Welle, die eine unglaubliche Dimension angenommen hat, die wir vorher so ei­gentlich noch nicht kannten.

Wir wissen auch, die Auslastung in den Häusern, egal ob kleiner oder größer, ist sehr unterschiedlich und stark schwankend. Die Höchstwerte an Infektionen, die wir tagtäg­lich haben, werden die ZuschauerInnenzahlen nicht heben. Wir wissen auch, dass eine sehr breite Gruppe von Künstlerinnen und Künstlern sowieso schon am unteren Einkom­menslimit ist und leider immer wieder – im Vergleich zu anderen Branchen überpro­portional – an der Armutsgrenze kratzt. Und Hilfen für 2022, ich betone es noch einmal, sind im Budget nicht zu finden.

Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder die Coronamaßnahmen fressen die 60 Millionen Euro, um die das Budget erhöht worden ist, sofort auf, und das in Kürze, oder es gibt eben keine Gelder für Unterstützungsmaßnahmen. Worauf wird es hinauslaufen, Frau Staatssekretärin? Ich möchte Sie wirklich beim Wort nehmen, und das haben Sie auch im Ausschuss gesagt, dass Sie sich in den Verhandlungen beim Finanzminister ins Zeug legen werden, um Coronahilfen, wenn diese notwendig sind, auch auf die Füße zu be­kommen. Ich appelliere an dieser Stelle wirklich dringend dafür, denn im aktuellen Bud­get für 2022 ist dazu nichts zu finden.

Ein weiteres wichtiges Vorhaben nicht nur laut Regierungsprogramm, sondern auch für Sie, das weiß ich, ist, endlich Fairness bei der Bezahlung von Künstlerinnen und Künst­lern zu etablieren. Ich bin da absolut bei Ihnen. Eine gerechte Bezahlung vor allem für Frauen in der Branche wäre dringend und wirklich so etwas von an der Zeit, etwa durch Honorarempfehlungen, die auf dem Tisch liegen, es gibt ja Vorschläge, oder die Etablierung von Kollektivverträgen bei den Bundesmuseen, oder Fördermittel, gekoppelt an bessere Bezahlung, so wie Wien das schon eingeführt hat und macht, oder eben auch ein starkes UrheberInnenvertragsrecht.

Noch einmal: Wie soll das mit einem 10-Millionen-Euro-Delta gelingen? Von den 60 Mil­lionen Euro sind 50 bereits fix vergeben. Wir haben also nur mehr 10 Millionen Euro. Wie soll das alles gelingen, Frau Staatssekretärin? Wie kann man damit eine bessere Bezahlung etablieren oder Armut bekämpfen oder verhindern? Ich glaube Ihnen ja, dass Sie diese Ziele verfolgen, bin aber leider nicht davon überzeugt, dass das die gesamte Bundesregierung auch so sieht, sonst würden wir nämlich andere Zahlen im Budget vorfinden.

Zusammengefasst: Gut, dass es 60 Millionen Euro mehr gibt, schlecht, dass bei einer täglichen Infektionszahl von über 10 000 keine Covid-Hilfen im Budget zu finden sind,


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und schlecht auch, dass im Budget kein fixer Betrag für die Umsetzung von Fair Pay zu finden ist.

Abschließend eine dringende Bitte im Sinne der Künstlerinnen und Künstler: Setzen wir endlich eine Direktvergütung bei Google und Co um! Es liegt auf der Hand, werte Frau Staatssekretärin, werte Kultursprecherin Blimlinger, es liegt jetzt auf der Hand mit der Umsetzung der UrheberInnenrechtsrichtlinie der Europäischen Union. Das wäre im Sin­ne der Künstlerinnen und Künstler und würde einen wichtigen Beitrag zu Fair Pay leis­ten. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

18.19


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva Blimlinger. – Bitte.


18.19.57

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Zunächst gilt wirklich mein außerordentlicher Dank Staats­sekretärin Andrea Mayer, der es gelungen ist – ich habe das heute schon einmal ge­sagt –, das höchste Kunst- und Kulturbudget in der Geschichte Österreichs zu erreichen. Es sind um 60 Millionen Euro mehr als bisher. Und die 10 Millionen Euro sind ja nicht, wie meine Vorrednerin gesagt hat, der Gesamtbetrag, der für die freie Szene oder für Künstler und Künstlerinnen vorgesehen ist, sondern dieses Geld gibt es zusätzlich zu dem, was ohnehin schon gezahlt wird.

Es kann immer mehr sein für die Kunst und Kultur, aber so eine Erhöhung hat in den letzten 20, 25 Jahren keiner der Vorgänger von Andrea Mayer erreicht, und für diese Erhöhung möchte ich mich wirklich herzlich bedanken. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte zwei Bereiche herausgreifen, und zwar einerseits die Sanierung des Wiener Volkskundemuseums, teilweise mit Mitteln aus dem EU-Wiederaufbaufonds. Dieses Mu­seum gehört der Stadt Wien, während das Personal beim Bund angestellt ist. Es geht darum, das Gebäude dieses, wie ich meine, außerordentlich interessanten Museums mitten im Herzen Wiens zu sanieren und auf einen guten weiteren Weg zu bringen. Das ist ja von einem Verein getragen, und es ist wirklich notwendig, das zu machen. Es freut mich besonders, dass das nun gemacht wird.

Ebenso freut es mich, dass die Praterateliers in diesem Rahmen saniert werden. Die Praterateliers sind für bildende Künstler und Künstlerinnen ein ganz wesentlicher Ort. Vielleicht kann man diese dann auch einmal, wenn sie saniert sind, öffentlich zugänglich machen, um die Arbeit der bildenden Künstler und Künstlerinnen zu zeigen.

Der Fair-Pay-Prozess ist deswegen nicht beziffert, Frau Kollegin Kucharowits, weil er in verschiedenen Bereichen stattfindet und daher nicht als Einzelwert gesehen werden kann. Das betrifft zum Beispiel die Kollektivverträge, in die wir uns selbstverständlich nicht einmischen. Da bestehe ich nämlich schon darauf, dass das noch immer Ver­handlungssache zwischen ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen ist und wir da nichts verloren haben. Also es ist in den verschiedensten Bereichen dafür Geld vorge­sehen, und deswegen gibt es nicht eine Zahl, die da drinnen steht.

Das ist in diesem Jahr begonnen worden und wird in den nächsten ein, zwei Jahren umgesetzt werden. Wir hoffen natürlich sehr, dass die Verhandlungen zwischen den beiden Verhandlungspartnern um die Kollektivverträge in den Bundesmuseen möglichst bald abgeschlossen sein werden.

Wichtig ist mir auch die Sanierung des Festspielhauses Bregenz. Das ist, glaube ich, schon auf einem guten Weg oder fast abgeschlossen. Es ist notwendig, auch diese Kunst-und-Kultur-Tanker, wenn man so will, immer wieder zu sanieren. Das ist ein


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großartiges Vorhaben, was das Festspielhaus betrifft. Ich freue mich, dass es gelungen ist, Gelder dafür zu kriegen und das umzusetzen.

Natürlich gilt es aber, vor allen Dingen die Kunst und die Künstlerinnen und Künstler zu stärken. Coronahilfen sind natürlich nicht im Budget, das waren sie nie, sie waren immer gesondert budgetiert. Wir müssen jetzt schauen, wie es weitergeht, und wie ich heute schon einmal gesagt habe: Wir werden schauen, was möglich ist oder was nicht möglich ist, und schauen, dass es weitere Hilfen für die Künstler und Künstlerinnen gibt.

Erlauben Sie mir aber einen Satz: Schwindende Besucherzahlen, zum Beispiel in Thea­tern, haben nicht immer nur mit Corona zu tun, sondern manchmal auch mit der Auswahl oder Inszenierung von Stücken. Corona ist nicht an allem schuld, aber an vielem, muss ich sagen.

Im Übrigen bin ich dafür, dass die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne um­benannt wird. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

18.24


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Volker Reifenberger. – Bitte.


18.24.36

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Her­ren! Wer meint, als Oppositionspolitiker könne man eh nichts bewirken, der irrt. Ein gutes Beispiel dafür ist, dass wir Freiheitliche in den letzten Jahren regelmäßig Anträge auf Erhöhung der Basisabgeltung bei Bundestheatern und Bundesmuseen gestellt haben. In den Sitzungen des Kulturausschusses wurden diese Anträge stets vertagt und genau vor einem Jahr hier in diesem Plenum seitens der Regierungsfraktionen sogar abge­lehnt. Politik ist eben das „Bohren von harten Brettern“, wie Max Weber einmal zutreffend gemeint hat.

Frau Staatssekretärin, Sie haben mir vor einem Jahr noch erklärt, die Erhöhung der Ba­sisabgeltung bei den Bundesmuseen und Bundestheatern komme erst, wenn die Co­ronakrise vorbei sei. So freut es mich umso mehr, dass die Regierung anscheinend un­serem Druck doch nachgegeben hat und die Basisabgeltungen bereits nächstes Jahr erhöhen wird.

Da das mit dem letztjährigen Entschließungsantrag so gut geklappt hat, möchte ich es auch heuer wieder versuchen und wieder einen Entschließungsantrag einbringen, den die Regierungsfraktionen im Ausschuss auch schon vertagt haben. So hoffen wir, dass in einem Jahr bei der Budgetdebatte im Plenum auch dieser Antrag entsprechend umge­setzt sein wird, auch wenn Sie dem jetzt inhaltlich nicht zustimmen.

Es geht mir nämlich diesmal um die längst überfällige Einführung eines Kollektivver­trages bei den Bundesmuseen. Kollegin Blimlinger hat das Thema im Vorfeld schon an­gesprochen, das heißt, Sie reden eh selbst auch davon, aber Sie kommen bei diesem Thema nicht zum Abschluss.

Bereits seit 20 Jahren ist das ein Thema – ja, meine Damen und Herren, Sie haben richtig gehört: seit 20 Jahren. Die Betriebsräte der Bundesmuseen weisen hier auf den Umstand hin, dass ein Kollektivvertrag fehlt, und machen Druck für arbeitsrechtliche Ver­besserungen.

Daher werden wir die harten Bretter weiter bohren, und ich bringe hiermit folgenden An­trag ein:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 216

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „rasche Einigung auf einen Kollektivvertrag für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesmuseen und der Österreichischen Nationalbibliothek“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport wird aufgefordert, im Rahmen der Möglichkeiten auf die Direktor/in­nenkonferenz der Bundesmuseen und der Österreichischen Nationalbibliothek dahinge­hend einzuwirken, dass die Verhandlungen mit den jeweiligen Arbeitnehmervertretern der Bundesmuseen sowie der Nationalbibliothek zu einem raschen Abschluss eines Kol­lektivvertrags für die dort beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer führen.“

*****

Ich glaube, das sind wir vonseiten der Politik den Mitarbeitern dort schuldig. (Beifall bei der FPÖ.)

Abschließend möchte ich allerdings noch ein anderes Thema ansprechen. In Salzburg, meinem Heimatbundesland, wird gerade eine neue Festspielpräsidentin gesucht – Prä­sidentin, ja: Ein Mann kommt von vornherein erst gar nicht infrage. Es gibt da 32 hochka­rätige Bewerber aus dem In- und Ausland.

Wir wären aber nicht in Österreich, wenn dieser ganze, angeblich so objektive Aus­schreibungsprozess nicht eine reine Augenauswischerei, ein abgekartetes Spiel wäre. Es ist ein offenes Geheimnis, dass für diesen prestigeträchtigen Posten ohnehin nur eine Frau aus dem ÖVP-Umfeld infrage kommen würde. Und so rein zufällig hat sich mit Brigitta Pallauf die durch die ÖVP gestellte Salzburger Landtagspräsidentin beworben. Die türkis-schwarze Volkspartei hat anscheinend nichts gelernt aus den jüngsten Pos­tenschachereien rund um Thomas Schmid und Co. (Abg. Gerstl: ... bewerben! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Frau Staatssekretärin, Sie sind da mittendrin statt nur dabei, denn Ihr Sektionschef ist der Vorsitzende des Festspielkuratoriums, welches mit einstimmigem Beschluss über die Nachfolge von Helga Rabl-Stadler entscheiden wird; Ihr Sektionschef hat also ein Vetorecht. Wenn es ein wirklich objektiver Entscheidungsprozess sein sollte, dann kann am Ende jedenfalls jeder andere Name herauskommen, aber nicht jener der schwarzen Landtagspräsidentin.

Daher, Frau Staatssekretärin, wette ich mit Ihnen – und bei einem objektiven Bewer­bungsverfahren steht die Quote 1 : 31 gegen mich – um eine Flasche guten österreichi­schen Rotweins, dass Brigitta Pallauf die nächste Präsidentin der Salzburger Festspiele werden wird. Ich hoffe, ich werde diese Wette verlieren, aber ich glaube es nicht. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Gerstl.)

18.29

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger

und weiterer Abgeordneter

betreffend rasche Einigung auf einen Kollektivvertrag für Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer der Bundesmuseen und der Österreichischen Nationalbibliothek


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 217

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 4: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) (UG 32 Kunst und Kultur) in der 129. Sitzung des Nationalrats am 16. No­vember 2021

Bereits mehrfach wurden seitens der Freiheitlichen Anträge mit der Zielsetzung eines raschen Abschlusses eines Kollektivvertrages für Bundesmuseen und der Österreichi­schen Nationalbibliothek eingebracht.

Seit Jahren wird nun bereits über den Umstand diskutiert, dass es für die Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer der Bundesmuseen und der Österreichischen National­bibliothek (mit Ausnahme des KHM-Museumsverbandes) noch immer keinen Kollektiv­vertrag gibt.

Immer wieder wurde dieses Thema bei Sitzungen der Direktor/innenkonferenz der Bun­desmuseen und der Österreichischen Nationalbibliothek debattiert, und gab es auch be­reits Treffen zwischen den Vorsitzenden der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und den Vorsitzenden der Direktorenkonferenz.

Ergebnisse in Richtung eines Kollektivvertrages für alle Bundesmuseen und die Öster­reichische Nationalbibliothek lassen jedoch weiterhin auf sich warten.

Unter anderem machten im Jahr 2018 die Betriebsräte der Albertina, des Belvedere, des MUMOK, des MAK, der Nationalbibliothek und des Technischen Museums in einem Of­fenen Brief auf den Umstand aufmerksam, dass man bereits seit 17 Jahren vergeblich auf die arbeitsrechtliche Verbesserung dränge und einen gemeinsamen Kollektivvertrag für die Bundesmuseen fordere:

„Die Betriebsratsvorsitzenden fordern den "umgehenden Beginn von Verhandlungen mit den Regierungsverantwortlichen" und eine "konstruktive Thematisierung" des bereits von den Mitarbeitervertretern erarbeiteten und vorgelegten Entwurfs für einen Kollektiv­vertrag.“ (Der Standard, Stefan Weiss, 27.4.2018)

Auch wenn mittlerweile bereits entsprechende Verhandlungen begonnen haben, so wer­den die entsprechenden Zieldaten für einen Abschluss eines Kollektivvertrages von Bundesvoranschlag zu Bundesvoranschlag weiter nach hinten verschoben. Im Bun­desvoranschlag 2022 ist nun mehr geplant, dass ein entsprechender Abschluss bis 31.12.2022 erfolgt sein sollte.

Laut den Erläuterungen soll dies insbesondere der Umsetzung der folgenden Maßnah­me dienen: „Faires, gleiches und transparentes Arbeitsrecht für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesmuseen/ÖNB“

Um dieser seit Jahren nicht umgesetzten und gerade in Zeiten enormer auch finanzieller Belastungen durch Corona-Maßnahmen umso dringlicheren Forderung - im Interesse der Beschäftigten der Bundesmuseen und der Österreichischen Nationalbibliothek - nach einem einheitlichen Kollektivvertrag entsprechend Nachdruck zu verleihen, wäre es aus Sicht der unterfertigten Abgeordneten geboten, dass auch der österreichische Nationalrat mit einem entsprechenden Beschluss zum Ausdruck bringt, dass auch ihm dieses Anliegen besonders wichtig ist.

Im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der österreichischen Bundesmuseen und der Nationalbibliothek stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 218

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport wird aufgefordert, im Rahmen der Möglichkeiten auf die Direktor/innen­konferenz der Bundesmuseen und der Österreichischen Nationalbibliothek dahingehend einzuwirken, dass die Verhandlungen mit den jeweiligen Arbeitnehmervertretern der Bundesmuseen sowie der Nationalbibliothek zu einem raschen Abschluss eines Kol­lektivvertrags für die dort beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer führen.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Maria Großbauer. – Bitte.


18.29.20

Abgeordnete Maria Großbauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staats­sekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! In diesen Tagen gibt es auch einmal gute Nachrichten, und die gute Nachricht ist eindeutig das Kulturbudget 2022. Es ist sogar ein historisch gutes Kulturbudget, würde ich sagen, eines, wie es das noch nie zuvor gegeben hat. Es sieht nämlich eine Steigerung um 61 Millionen Euro vor. Ich gratuliere ganz, ganz herzlich, Frau Staatssekretärin! Danke für Ihren Einsatz!

Wir haben ein Kulturbudget in der Höhe von 557,1 Millionen Euro, ein Plus von 61 Mil­lionen Euro. Dieses Budget mit diesen zusätzlichen 61 Millionen Euro ist also nicht nur strukturell wichtig für Kunst und Kultur, sondern auch, würde ich sagen, ein ganz, ganz starkes, klares Bekenntnis der Politik, der Republik zu Kunst und Kultur und zu deren Wichtigkeit für unser Land. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dass Kunst und Kultur wichtig sind, hat uns unter anderem die Pandemie auch wieder klar und hart vor Augen geführt: für unsere Gesellschaft als Ventil für Gefühle, für die psychische Gesundheit, für das Menschsein, auch für das gesellige Zusammensein. Kunst und Kultur sind aber auch, das hat die Pandemie ebenfalls gezeigt, ein Wirt­schaftsfaktor. Der Kultursektor trägt ungefähr 3 Prozent zum BIP bei und hat eine Wert­schöpfung von fast 10 Milliarden Euro, ist also in vielerlei Hinsicht ein ganz wesentlicher Faktor.

Ein paar Punkte aus dem Kulturbudget möchte ich herausgreifen: Ja, es gibt natürlich wieder ein Budget für die freie Szene. Es ist ganz, ganz wichtig, dass der Bund auch die freie Szene fördert, aber da sind auch ganz stark die Bundesländer und die Gemeinden gefragt, die auch einen wesentlichen Anteil an der Kulturförderung in unserem Land haben.

Wenn Kollegin Kucharowits sagt, nur 10 Millionen Euro, muss ich antworten: Früher wurde das gesamte Kulturbudget um 10 Millionen Euro erhöht, jetzt haben wir 61 Mil­lionen Euro mehr, und das ist hervorragend, denn wir brauchen natürlich auch Investi­tionen in die bauliche Substanz. Die Festspielhäuser Bregenz und Salzburg müssen re­noviert werden. Das sind Langzeitprojekte, die nun auch umgesetzt werden können, die auch schon sehr, sehr, sehr lange ganz wichtig waren. Die Festspielhäuser sind ja auch Arbeitgeber, sie sind Arbeitsplatz für ganz viele Menschen, sind auch wichtig für den Tourismus, der hoffentlich bald wieder in voller Blüte zurückkommen wird.

Ein Meilenstein ist sicher die Basisabgeltung der Bundestheater und Bundesmuseen – die Erhöhung der Basisabgeltung, muss man richtigerweise sagen –, denn auch in die­sen Häusern arbeiten Hunderte Menschen, deren Gehälter und Löhne auch steigen und angepasst werden müssen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 219

Zur aktuellen Situation: Ja, die Pandemie ist nicht vorüber. Das ist uns auch bewusst und klar, und auch die Staatssekretärin hat das immer wieder betont, auch heute schon. Die Coronahilfen waren nie Teil des regulären Budgets, sind es auch jetzt nicht. Ich glaube, es ist schon bewiesen worden, dass sich die Staatssekretärin besonders für Co­ronahilfen einsetzt. Es gab 13 Unterstützungswerkzeuge nur für Kunst und Kultur.

Dazu möchte ich noch eine Zahl herausgreifen, auch wenn sie nicht aus dem Budget stammt, sondern aus einem Bericht: Die Überbrückungsfinanzierung für selbstständige Künstlerinnen und Künstler, die über die SVS abgewickelt worden ist, hat bis Ende Sep­tember dieses Jahres 134,7 Millionen Euro an freischaffende selbstständige Künstlerin­nen und Künstler ausbezahlt. Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass dies nach wie vor eine schwierige Situation ist. Die Staatssekretärin hat heute schon gesagt, es wird weiterhin über Wirtschaftshilfen verhandelt, und selbstverständlich gehören auch Kunst und Kultur ganz, ganz wesentlich in das gesamte Spektrum unserer Gesellschaft.

Wir wollen, dass Kultur weiterhin stattfindet, auch wenn die nächsten Wochen vielleicht schwierig werden. Wir brauchen Kultur, wir wollen Kultur, und deswegen auch mein Aufruf und meine Bitte an Sie alle, die Sie zusehen: Bitte gehen Sie zur Impfung! – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.33


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Julia Seidl. – Bitte.


18.33.44

Abgeordnete Mag. Julia Seidl (NEOS): Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Kolle­ginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Ja, vielen Dank für dieses Budget! Wir haben heute von Kolleginnen und Kollegen schon öfter gehört, dass das Kulturbudget erhöht worden ist. Darüber freut sich auch die NEOS-Fraktion, darüber freue auch ich mich.

Für uns stellt sich allerdings schon die Frage – und das ist natürlich immer die zweite Seite der Medaille –: Kommt dieses Budget, das am Ende des Tages tatsächlich eine Erhöhung ist, die nicht bereits vorausgeplant ist, dort an, wo es ankommen soll?, das ist nämlich zum Großteil in den Gemeinden, wo die Förderungen für Kulturveranstaltungen vergeben werden. Das ist nicht im großen Stil: Ich habe in den letzten drei Jahren sehr viele Förderanträge bearbeitet. In den Gemeinden und in den Bundesländern, wo diese Förderungen für Veranstaltungen, für Kulturschaffende hauptsächlich ausgegeben wer­den, passiert ganz viel. Die Frage ist, ob es dort ankommt.

Dieses Budget beinhaltet ein paar langjährige NEOS-Forderungen, zum Beispiel die Erhöhung der Basisabgeltung – ich glaube, es ist immer sinnvoll, wenn es von vielen Fraktionen Druck gibt, dass da etwas passiert –, außerdem das Thema der Kunst- und Kulturstrategie, wofür ja jetzt auch der Startschuss gefallen ist und deren Prozess 2022 weitergehen soll. Die Erhöhung der Basisabgeltung für die Bundesmuseen und Bundes­theater war längst überfällig.

Wir haben uns natürlich auch angeschaut, wie es mit der Weiterführung in den folgenden Budgets ausschaut. Was man da leider bemängeln muss: Es wäre noch besser gewe­sen, wenn es bei dieser Basisabgeltung eine automatische Valorisierung gegeben hätte, um eine langfristige Planbarkeit zu ermöglichen. Langfristige Planbarkeit ist für Kunst- und Kulturschaffende genauso wichtig wie für viele andere Bereiche im öffentlichen Leben.

Endlich fand, wie schon erwähnt, der Startschuss für eine Kunst- und Kulturstrategie statt, deren Arbeiten 2022 weitergehen sollen. Für uns ist da schwierig, dass es im Bud­get keinen eigens abgegrenzten finanziellen Rahmen gibt, um diesen Prozess auszu­führen, beziehungsweise ist dieser zu kommunizieren und transparent auszuschildern. Zudem fordern wir, dass dieser Prozess von einem Kommunikationstool begleitet wird,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 220

wo jeder und jede nachschauen kann: Was ist geplant? Was sind die aktuellen Zwi­schenergebnisse?, und das online, am besten sehr einfach und niederschwellig in Form einer Website, zu kommunizieren. Damit erhöht man auch die Transparenz und die Auf­merksamkeit.

Vor lauter Freude über die Erhöhung dieses Kulturbudgets darf man natürlich Folgendes nicht vergessen: Wenn man genau hinschaut, sieht man, wie auch schon erwähnt wurde, dass zum einen viele, viele Millionen dieser Erhöhung bereits vergeben sind, unter an­derem für große Projekte, Bauprojekte wie die Sanierung der Festspielhäuser Bregenz und Salzburg oder eben auch das Projekt der Kinderoper, welches wir auch sehr be­grüßen. Zum anderen ist die Umsetzung von Fair Pay natürlich sehr, sehr schwierig, weil man keine Anhaltspunkte hat, was es bedeuten würde, wenn man Fair Pay wirklich komplett durchziehen würde. Handelt es sich dabei um 5 Prozent? Geht es um 10 Pro­zent? Wie viel mehr an Budget braucht man tatsächlich, um Kunst- und Kulturschaffende fair zu bezahlen, und über welche Förderrichtlinien soll dieses Projekt implementiert werden?

So bleibt nach Abzug dieser Großbauprojekte und dieser bereits vergebenen Gelder nicht mehr viel übrig. Es sind diese bereits erwähnten 10 Millionen Euro – das ergibt sich auch bei unserer Rechnung –, die hinzukommen. Da stellt sich noch einmal die Frage: Kommt das Geld tatsächlich dort an, wo es ankommen soll, nämlich auch in der freien Kunst- und Kulturszene, nicht nur in der – unter Anführungszeichen – „großen Hochkul­tur“, sondern auch bei Vereinen und Theatern und Künstlerinnen und Künstlern, die in den Gemeinden tätig sind?

Wir brauchen unserer Meinung nach in Zukunft eine Sache noch dringender, und auch das ist eine langjährige Forderung: Die Doppelförderung von Kunst- und Kulturbetrieben muss aufhören. Es braucht mehr Transparenz und Fairness bei den Förderungen, um eben diese Doppelgleisigkeiten zu vermeiden. Am Ende des Tages bleibt dann auch mehr Geld übrig, weil man ja Bürokratie einspart.

Insgesamt freuen wir uns natürlich, dass es die Wertschätzung für Kunst- und Kultur­betriebe gibt. In Coronazeiten haben wir gesehen, dass es beim Satellitenkonto – das heißt, wie viel Wertschöpfung man im Rundumlauf erreicht, wenn man einen Euro in Kunst- und Kulturbetriebe schiebt – am Anfang Schwierigkeiten gegeben hat, weil es zu wenig valide Daten gibt. Wir möchten noch einmal darauf hinweisen, dass die Schaffung dieses Satellitenkontos, wo man valide Daten dazu, wie hoch die Wertschöpfung ist, zur Verfügung stellen kann, dringend notwendig ist. Wir hoffen, dass das in Bälde umgesetzt wird. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

18.39


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Staatssekretärin Andrea Mayer zu Wort gemel­det. – Bitte.


18.39.06

Staatssekretärin im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Mag. Andrea Mayer: Frau Präsidentin! Geschätzte Abgeordnete zum Nationalrat! Sehr geehrte Damen und Herren! Die österreichische Bundesregierung hat sich mit dem vorliegenden Kulturbudget des Bundes zu einem historischen und zukunftsweisenden Schritt entschlossen. Das Budget erreicht mit 557 Millionen Euro einen historischen Höchststand, das bedeutet eine Erhöhung um 61 Millionen Euro. Das ist ein starkes Bekenntnis zur österreichischen Kunst- und Kulturlandschaft, zu den zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern, die in Österreich leben und arbeiten. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Dies ist gerade in dieser nach wie vor sehr unruhigen Zeit ein wichtiges Zeichen. Der österreichische Staat verpflichtet sich damit zu einer staatlichen Finanzierung von Kunst


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 221

und Kultur. Nur das gewährt auch weiterhin die Freiheit für die österreichischen Künst­lerinnen und Künstler.

Was ist mit diesen zusätzlichen 61 Millionen Euro geplant? – Ich möchte es noch einmal wiederholen, denn es ist noch nie gelungen, dass gleichzeitig die Basisabgeltung für die Bundestheater und die Bundesmuseen erhöht werden konnte. Mir war es aber wichtig, dass das in einem Schritt passiert, denn es ist jetzt in dieser schwierigen Zeit wichtig, diese großen Institutionen und Einrichtungen des Bundes, die auch sehr unter den schwankenden Besucherzahlen leiden, wirklich absichern zu können.

11,4 Millionen Euro sind Teil des Wiederaufbauplans der EU. Unsere Schwerpunkte sind dabei ein Investitionsfonds für klimafitte Kulturbetriebe, eine Digitalisierungsoffensive im Bereich des Kulturerbes sowie die Sanierungen des Volkskundemuseums und der Pra­terateliers.

Dabei darf ich auch noch einmal betonen, dass es in Österreich möglich war, die Emp­fehlung des Europäischen Parlaments, dass 2 Prozent der den einzelnen Ländern aus dem EU-Wiederaufbauplan zugewiesenen Mittel für Kunst und Kultur gewidmet werden, umzusetzen. Das haben nicht viele Länder umgesetzt, wir in Österreich aber schon. Auch das zeigt den Stellenwert, den Kunst und Kultur in Österreich für die Bundesregie­rung haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dann gibt es 10,6 Millionen Euro an zusätzlichen Kunstförderungen im Bereich der zeit­genössischen Kunst und der freien Szene. Auch das bedeutet eine Steigerung der Kunstfördermittel um rund 10 Prozent. Schwerpunkt dabei ist natürlich das Thema Fair Pay. Wir bekommen zu Beginn des nächsten Jahres die Ergebnisse unserer Fair-Pay-Gap-Studie und werden danach über die Verteilung dieser Mittel befinden.

Ein wichtiges Anliegen war mir zudem, dass wir alle Fördererhöhungen aus dem Jahr 2021 weiterführen können. Bereits 2021 gab es eine Steigerung um 30 Millionen Euro. Auch dabei waren wieder 10 Millionen für die freie Szene, wo wir vor allem auch bei den Kulturinitiativen viel erhöhen konnten. Auch das ist sichergestellt.

Die Coronahilfsmittel – das haben hier ja schon viele festgestellt, auch ich habe es schon oft gesagt – sind wie auch im vergangenen Jahr nicht im regulären Budget eingeplant. Mittlerweile haben wir 380 Millionen Euro abseits der horizontalen Hilfsinstrumente spe­zifisch für den Kunst- und Kulturbereich bereitgestellt. Manche greifen noch und sind ein eindrückliches Zeichen, dass die Bundesregierung den Kunst- und Kultursektor stützt, wenn es notwendig ist.

Auch jetzt haben wir wieder schwierigere Zeiten im Kulturbereich, einerseits wegen der doch sinkenden Besucherzahlen, andererseits ist es für die Bühnen und Konzerthäuser auch wirklich schwierig, jeden Tag eine Veranstaltung zustande zu bringen, weil natürlich auch in den Kulturbetrieben die Coronafälle steigen. Wie immer bemühen sich aber die Kulturbetriebe wirklich, mit den Rahmenbedingungen zurechtzukommen und ihrem Pub­likum einen tollen Abend zu bescheren.

Ich finde, dass man dort Unterstützung gewähren muss. Einerseits bin ich dafür, dass wir bei allen Restriktionen, die vielleicht wegen Kontaktbeschränkungen notwendig sind, bei den Öffnungen auch die Kultur gut behandeln und dass das sozusagen auch mit Einschränkungen in anderen Bereichen konsistent ist. Andererseits verhandeln wir über eine Weiterführung der Wirtschaftshilfen, vor allen Dingen auch über eine Weiterführung der Überbrückungsfinanzierung für die freischaffenden Künstlerinnen und Künstler, denn das sind, wenn Veranstaltungen abgesagt werden müssen, immer die Ersten, die um ihr Einkommen umfallen. Es ist jetzt ganz wichtig, dass wir verhandeln und auch genau schauen, in welchen Bereichen Unterstützung notwendig ist.

Ich danke Herrn Abgeordnetem Reifenberger für die Unterstützung durch die Entschlie­ßungsanträge für Angelegenheiten, die wir sowieso schon geplant und begonnen haben,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 222

wie eben den Kollektivvertrag und auch das Verhandeln über ein weiteres Coronapaket für die Bundesmuseen.

Betreffend Salzburger Festspiele möchte ich noch sagen, dass ich auf jeden Fall auch mit dafür gesorgt habe, dass es im Verfahren, so wie bei alle anderen Personalauswahl­verfahren, für die ich verantwortlich bin – da bin ich nur mitverantwortlich –, eine Aus­schreibung gibt, dass ein professionelles Personalbüro eingesetzt ist, das das Verfahren begleitet, und dass es auch Hearings gibt, bevor eine Auswahl getroffen wird. – Ich dan­ke Ihnen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.45


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hermann Weratsch­nig. – Bitte.


18.46.02

Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Abgeordnete! Werte ZuseherInnen! Das Kulturbudget sichert Kultureinrichtungen, und das Kulturbudget kommt natürlich erst dann zur völligen Entfaltung, hat erst dann seine volle Wirkung, wenn diese Veranstal­tungen auch stattfinden. Dementsprechend entfaltet natürlich auch die Coronasituation hier eine Wirkung, und wir alle hoffen, dass Kunst und Kultur nächstes Jahr auch in voller Wirkung geschehen können. Ich glaube, das ist auch von einer sehr hohen Impfquote abhängig. Wenn die Impfquote wirkt, kann also auch die Kultur wirken.

Zwei Bereiche wurden bereits genannt: einerseits die Basisabgeltung bei den Bundes­museen. Das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Punkt: Mit 122,8 Millionen Euro sind es um 8 Millionen mehr. Auch die Bundestheater profitieren, und es freut mich insbeson­dere – es wurde heute schon erwähnt –, dass auch die Kinderoper im Budget festgelegt ist. Die Basisabgeltung für die Bundestheater wird somit auch angehoben.

Die Handschrift der Koalition, die Handschrift des Regierungsübereinkommens ist im Budget 2022 sichtbar. Ich nenne hier vor allem auch die Schwerpunkte Chancengleich­heit der Geschlechter in Vergabeprozessen, das Thema Filmförderung, die Förderung im Bereich der Buchpreise, Literatur und Digitalisierung. Nicht zu vergessen ist als star­ker und wichtiger Fokus die Baukultur und damit verbunden auch die Erinnerungskultur. Es ist ein wichtiges Budget mit wichtigen Schwerpunkten.

Ein besonderer Punkt sind natürlich die Fair-Pay-Maßnahmen. Fair Pay, ein gerechtes Bezahlen weiterzuentwickeln, ist aber nicht nur eine Aufgabe und Herausforderung des Bundes, sondern da braucht es auch eine enge Abstimmung mit den Bundesländern und Gemeinden. Das ist eine Notwendigkeit, die wir in der Zukunft in den Mittelpunkt stellen müssen. Ich glaube, das ist auch ein wichtiger Beteiligungsprozess im Rahmen der Kulturstrategie, wo dieser Bereich auch entsprechend wirken kann.

Was Corona betrifft, muss man dazusagen, Frau Abgeordnete Kucharowits, es gibt, glaube ich, sehr viele Beispiele, an denen wir zeigen können, dass wir am Anfang nicht alles gewusst haben, die Hilfen aber geholfen haben, wenn man jetzt im Nachhinein zurückschaut. Gerade beim Künstler-Sozialversicherungsfonds war am Anfang nicht klar, dass es vier Phasen braucht. Es hat diese vier Phasen gebraucht, und wenn es in Zukunft weitere Phasen braucht, dann wird es auch diese Phasen und diese Förder­schienen geben.

Das Gleiche gilt auch für den NPO-Fonds. Wenn man den KSVF, den Künstler-Sozial­versicherungsfonds, hernimmt, wurden in vier Phasen fast 31 Millionen Euro ausge­schüttet. Beim NPO-Fonds gab es 18 800 Förderzusagen, davon ungefähr 20 Prozent für Kultur- und Kunsteinrichtungen in einer durchschnittlichen Höhe von 18 000 Euro.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 223

Man sieht auch anhand der Statistik des NPO-Fonds, dass wirklich wirksam gearbeitet wurde: 98,7 Prozent der Zusagen liegen unter 200 000 Euro. Das heißt, wir fördern hier vor allem die kleinstrukturierten Vereinskulturen, die Kunstvereine, auch draußen in den Regionen. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Bereich. In diesem Sinne werden wir – so bin ich überzeugt – das auch wieder in Angriff nehmen, sollte es notwendig sein.

Setzen wir ein Zeichen! Seien wir tatkräftig darin, Kunst und Kultur viel Raum zu ermögli­chen, Kreativpotenzial zu fördern, junge Kunst- und Kulturschaffende in den Regionen zu stärken, ihnen einen Wert beizumessen – das ist in der Kunst- und Kulturfrage, glaube ich, auch ganz wichtig –, Neues zu wagen, auch wenn damit manchmal Richtlinien ge­sprengt werden! Es ist ganz wichtig, dass es in der Kunst und Kultur Freiheit gibt, ich glaube, auch das muss man im Auge behalten.

Ich wünsche der Kunst und Kultur, ich wünsche uns im Parlament, ich wünsche vor allem auch dem Staatssekretariat, dass wir in diesem Sinne weiterarbeiten. Ich freue mich auf die Kunst- und Kulturstrategie. Ich freue mich darauf, die Kunststaatssekretärin auch in den Bundesländern begrüßen zu dürfen, hinauszugehen, mit den Leuten zu reden und entsprechend für die Kunst und Kultur in Österreich zu wirken. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

18.50


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Andrea Kuntzl. – Bitte.


18.51.08

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Die Erhöhung des Kunst- und Kulturbud­gets ist tatsächlich ein sehr erfreuliches Element in diesem Budget und sie ist sicher ein persönlicher Erfolg für Sie, Frau Staatssekretärin, zu dem ich Ihnen gratulieren möchte. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass man bei Betrachtung eines längeren Zeitraums sieht, dass es im Jahr 2022 eine Spitze gibt und dass diese dann wieder abflacht. Das heißt, ich möchte Sie, Frau Staatssekretärin, dazu ermutigen, sich dafür einzusetzen, dass das, was Sie heuer geschafft haben, zu einer nachhaltigen Entwicklung wird. Das ist sehr wichtig für die österreichische Kunst- und Kulturszene.

Die Basisabgeltung für die Bundesmuseen und Bundestheater ist etwas, das wir außer­ordentlich begrüßen. Sie ist wichtig und auch ein erfreulicher Punkt in diesem Budget. Ebenfalls wichtig ist – darauf wurde schon hingewiesen –, dass durch die Erhöhung der Mittel auch Gelder an die Bundestheater, die Bundesmuseen, die Salzburger Festspiele, die Bregenzer Festspiele gehen. Das sind wichtige Institutionen, auf die wir stolz sind. Sie sind ein wesentliches Element dessen, was uns als Kulturnation Österreich aus­macht. Das ist gut und richtig so. Man muss aber darauf hinweisen – meine Kollegin Kucharowits hat das schon getan –, dass der überwiegende Teil der Erhöhung an sie geht und so eben ein kleinerer Teil für die darüber hinaus existierende, sehr lebendige freie Kultur- und Kunstszene überbleibt. Diese haben wir in Österreich ja auch; sie ist ein wichtiges Element und wir wollen auch sie unterstützen und fördern.

Nun zu dem, was uns alle in allen Bereichen, so auch im Kunst- und Kulturbereich, bewegt, nämlich zu der Frage: Wie geht es mit der Pandemie in unserem Land weiter? Sie haben bereits darauf hingewiesen: Die Zahlen laufen im Moment aus dem Ruder. Das betrifft natürlich auch Kunst- und Kulturveranstaltungen. Es ist so, dass wir schon in der letzten Zeit einen Rückgang der Besucherzahlen hatten, weil die Leute bei allen Si­cherheitskonzepten, die gemacht worden sind und die hervorragend klappen, trotzdem Vorsicht haben walten lassen und beim Besuch von Veranstaltungen zurückhaltender sind. Es ist schwieriger, Veranstaltungen auf die Beine zu stellen, auch darauf haben Sie schon hingewiesen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 224

Wir wissen nicht, wie es weitergeht. Wir wissen nicht, ob es zu Schließungen kommen wird. Niemand von uns will das – Sie wollen das nicht, wir wollen das nicht –, es ist aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht auszuschließen, dass es wieder zu solchen Entwicklungen kommt. Das Budget ist nach dem Motto, dass die Pandemie vorbei ist, gemacht worden, also sozusagen der eigenen Propaganda aufgesessen. Es wurde darauf hingewiesen, dass Hilfen, die es gegeben hat, nachentwickelt worden sind, weil man es ja anfangs nicht besser gewusst hat. Jetzt wissen wir aber mehr: Wir wissen, dass die Pandemie in Wellen kommt, und wir wissen, welche Art von Unterstützung wir brauchen werden.

Die wichtigen Instrumente, die entwickelt worden sind, sind ausgelaufen oder laufen ge­rade aus. Frau Staatssekretärin, Sie haben sich da sehr eingesetzt und viele wichtige Instrumente entwickelt. Ich gehe davon aus, dass Sie, wenn die Zeiten wieder schlimmer werden – und wir müssen rechtzeitig beginnen, Vorsorge dafür zu treffen, damit wir un­terstützen können, wenn es notwendig wird –, mit entsprechendem Nachdruck Verhand­lungen führen werden, um wieder Unterstützung für die Kunst- und Kulturszene auf die Beine zu stellen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Weratschnig.)

18.55


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Martin Engelberg. – Bitte.


18.55.28

Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Kolleginnen und Kollegen! Zuschauer vor den Bildschirmen! Ich glaube, dieses Jahr war und ist quasi eine Feuerprobe für die Kunst- und Kulturbetriebe. In dieser sehr schwie­rigen Zeit wurde Großartiges geleistet. Von den meisten der Betriebe wurde unglaublich innovativ und engagiert gearbeitet, zugleich wurden aber auch sehr, sehr verantwor­tungsvoll Konzepte erstellt. Es ist also, glaube ich, eine wirklich sehr gelungene Feuer­probe, einerseits für die Kunst- und Kulturbetriebe, andererseits auch für die Politik, die Regierung und damit stellvertretend für die Gesellschaft.

Österreich ist eine Kulturnation, das wirkt sich mit dieser sehr schönen Erhöhung des Kulturbudgets jetzt auch finanziell aus. Ich denke, dass wir auch in Zukunft mit solch starken Bekenntnissen zeigen müssen, wie wichtig das für uns ist.

Umgekehrt ist es letztlich auch ein Appell an die Menschen in Österreich. Ich erinnere immer wieder gerne daran, dass wir in einer unglaublich privilegierten Situation sind. Wir haben zum Beispiel in Wien eine derartige Ansammlung an hervorragenden Kulturveran­staltungen, Konzerten, Opern. In anderen Ländern, in anderen Städten gibt es vielleicht einmal im Jahr die Veranstaltungen, die wir an jedem Abend zu Dutzenden haben. In diesem Sinne ist das also auch eine Ermunterung und eine Erinnerung an alle: Konsu­mieren Sie bitte die hervorragende Kultur, die wir in Österreich zu bieten haben! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Litschauer.)

18.57


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hermann Brückl. – Bitte.


18.57.45

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Frau Präsident! Geschätzte Frau Staats­sekretärin! Hohes Haus! Werte Abgeordnete und KollegInnen! Die Bundesmuseen und die Bundestheater sind und waren seit Beginn der Coronakrise bemüht. Sie haben un­glaubliche Kreativität und großen Einfallsreichtum entwickelt, um diese Krise in ihrem Bereich zu meistern. Sie haben großartige Projekte zur Umsetzung gebracht – ich denke da nur an die aktuell laufende Tizian-Ausstellung im Kunsthistorischen Museum oder an die märchenhafte Aufführung der „Zauberflöte“ in der Volksoper.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 225

Die Regierungsmaßnahmen drücken aber natürlich auch im Bereich der Bundestheater und der Bundesmuseen schwer. Und obwohl das Budget erhöht wurde – Frau Staats­sekretärin, Sie haben das ja erwähnt, und es ist auch gut, dass es erhöht wurde ‑, fehlt es an finanzieller Ausstattung. Ein Großteil dieser Erhöhung, das darf man auch dazu­sagen, dient nämlich zur Abdeckung der Einführung der Kollektivverträge, und die Mehr­aufwendungen, die durch Corona entstanden sind, sind darin nicht eingepreist. Daher ist dieses Budget in Wahrheit auch nicht nachhaltig, das schreibt im Übrigen auch der „Standard“ in einem wirklich sehr guten Artikel.

Die Bundesmuseen brauchen ein viertes staatliches Hilfspaket. „Auf alle Fälle – und für alle“, das hat die Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Bundesmuseen Katrin Voh­land im September gesagt. Die coronabedingten Schließungen der Museen beziehungs­weise die trotz Öffnung bestehenden Restriktionen haben enorme Einnahmenverluste verursacht.

Ich darf nur ein paar Zahlen im Hinblick auf die Besucher nennen – sehr unverdächtige Zahlen. Im Jahr 2019 hatten wir ein Rekordhoch. Die Bundesmuseen verzeichneten na­hezu sieben Millionen Besucher. Diese Zahlen sind im Jahr 2020 in den Keller gerasselt: Knapp zwei Millionen Besucher waren 2020 in den Bundesmuseen. Die Albertina ver­zeichnete ein Minus an Besuchern von 64 Prozent, das Belvedere einen Besucherrück­gang von 80 Prozent, das Kunsthistorische Museum minus 74 Prozent, die Österreichi­sche Nationalbibliothek minus 75 Prozent.

Dazu, Hohes Haus, sagt die Vorsitzende der Direktorenkonferenz Katrin Vohland Fol­gendes: Angesichts des anhaltenden Besucherrückgangs reichten die bisherigen Hilfs­pakete nicht aus. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Zu diesen bereits bestehenden massiven Einnahmenverlusten kommen jetzt auch noch die nicht abschätzbaren negativen Auswirkungen der jüngst beschlossenen und noch zu erwartenden Covid-19-Restriktionen. So bereitet man sich bei den Bundestheatern jetzt auf eine 2G-plus-Regel vor, und das in Zeiten, in denen Testen nahezu unmöglich ge­macht wird, in denen es lange Warteschlangen vor den Testzentren gibt, in denen War­tezeiten auf das Ergebnis von 40, 44 Stunden keine Seltenheit sind, in denen die Tests ausgehen, in denen das EDV-System völlig überlastet ist. Daher braucht es in diesem Bereich und gerade auch für die Bundesmuseen und die Bundestheater ganz einfach eine finanzielle Unterstützung, eine zusätzliche finanzielle Hilfe.

Ich darf in diesem Zusammenhang folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „finanzielle Absicherung für Bundesmuseen, Österreichische Nationalbibliothek und Bundestheater zur Abfederung der Auswirkungen der jüngsten COVID-19 Restriktionen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der zu erwar­tenden Einnahmenverluste infolge der jüngst beschlossenen und noch zu erwartenden COVID-19 Restriktionen, ausreichende finanzielle Mittel zur Liquiditätssicherung der Bundestheater, der Bundesmuseen und der Österreichischen Nationalbibliothek sicher­zustellen.

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

19.02


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 226

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Ing. Mag. Volker Reifenberger

und weiterer Abgeordneter

betreffend finanzielle Absicherung für Bundesmuseen, Österreichische Nationalbiblio­thek und Bundestheater zur Abfederung der Auswirkungen der jüngsten COVID-19 Re­striktionen

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 4: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) (UG 32 Kunst und Kultur) in der 129. Sitzung des Nationalrats am 16. No­vember 2021

„Die Bundesmuseen brauchen ein viertes staatliches Hilfspaket. Auf alle Fälle - und für alle" so die unmissverständliche Forderung der Vorsitzenden der Bundesmuseen-Direk­torenkonferenz, die Generaldirektorin des Naturhistorischen Museums Katrin Vohland, nach einem Treffen am 6. September 2021 (APA0341/07.Sep 2021)

Die coronabedingten gänzlichen Schließungen der Museen bzw. die trotz Öffnung be­stehenden Restriktionen haben enorme Einnahmenverlusten verursacht.

Die seitens des Museumsbundes Österreich in Kooperation mit der Statistik Austria ver­öffentlichte Vorerhebung der österreichweiten Museumsstatistik des Berichtsjahres 2020 zeigt einen Besucherrückgang von nicht weniger als 75 Prozent.

„Insgesamt lieferten 64,6 Prozent aller heimischen Museen Zahlen für die Erhebung. Nach dem Rekordwert von 20,6 Mio. Besuchen im Jahr 2019 rasselten die Besucher­zahlen in dem von Lockdowns geprägten Jahr 2020 in den Keller. So wurden 2020 le­diglich 6,4 Mio. Besuche verzeichnet, wobei die Bundeshauptstadt durch den Wegfall des Kulturtourismus besonders betroffen war, wie es in einer Aussendung heißt.“ (orf.at 6. August 2021)

In den Bundesmuseen war ein Rückgang der Besucherzahlen im Jahr 2020 gegenüber 2019 von 71 % zu verzeichnen. 2020 wurden insgesamt 2.010.624 Besucher vermeldet, 2019 waren es 6.933.776.

Die Zahlen machen sichtbar, dass das Erliegen des Städtetourismus und das Ausbleiben der internationalen Touristen während der Pandemie besonders drastische Auswirkun­gen auf die Besuchszahlen hatte.

Die Ergebnisse der Institutionen in Detail:

Albertina & Albertina Modern: 360.073 (-64 %)

Österreichische Galerie Belvedere: 343.064 (-80 %)

Kunsthistorisches Museum / Museumsverband: 454.291 (-74 %)

Museum für angewandte Kunst/MAK: 84.158 (-62 %)

Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien/MUMOK: 113.277 (-61 %)

Naturhistorisches Museum Wien: 302.324 (-64 %)

Technisches Museum Wien: 179.258 (-58 %)

Österreichische Nationalbibliothek (inkl. HdGÖ; ohne Lesesaal): 174.179 (-75 %)

(OTS0116, 29. Jan. 2021)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 227

„Angesichts des anhaltenden Besucherrückgangs (2020 verzeichneten die Bundesmu­seen ein Minus von 71 Prozent) reichten die bisherigen Hilfspakete nicht aus,“ so Voh­land gegenüber der APA am 07.09.2021.

Zu diesen bereits bestehenden massiven Einnahmenverlusten kommen nun mehr die noch gar nicht abschätzbaren negativen Auswirkungen der jüngst beschlossenen und wohl noch zu erwartenden COVID-19 Restriktionen.

So bereiten sich die Bundestheater bereits auf die Einführung der „2Gplus-Regel“ Mitte dieser Woche vor. Die Verschärfung bedeutet, dass auch ein gültiger 2G-Nachweis (ge­impft oder genesen) für einen Besuch künftig nicht mehr ausreicht, sondern beim Besuch einer Vorstellung zusätzlich ein gültigen PCR-Test vorzulegen ist.

Man befürchte einen Einbruch der Besucherzahlen, wie stark sich die künftige zusätzli­che Test-Verpflichtung auf den Besuch auswirken werde, lasse sich schwer prognosti­zieren, so Holding-Geschäftsführer Christian Kircher. (APA0159 5 Sa, 13.Nov 2021)

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachste­henden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der zu er­wartenden Einnahmenverluste infolge der jüngst beschlossenen und noch zu erwar­tenden COVID-19 Restriktionen, ausreichende finanzielle Mittel zur Liquiditätssicherung der Bundestheater, der Bundesmuseen und der Österreichischen Nationalbibliothek si­cherzustellen.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht; er steht in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun MMag.a Dr.in Agnes Totter. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.02.13

Abgeordnete MMag. Dr. Agnes Totter, BEd (ÖVP): Österreich ist ein großartiges Kul­turland. Sorgen wir gemeinsam dafür, dass es das auch bleibt!

Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Kunst und Kultur reichen bei uns in Öster­reich von der kleinsten Initiative, vom kleinsten Projekt in den Gemeinden bis zur Hoch­kultur an den großen Häusern der Landeshauptstädte sowie der Bundeshauptstadt und bei den Festspielen. Überall sind es großartige und sehr tüchtige Menschen, die all diese Kunst und Kultur tragen, entstehen lassen und möglich machen. Für diesen Einsatz sa­ge ich an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Ja­kob Schwarz.)

Meine Damen und Herren! Das Budget ist die in Zahlen gegossene Politik, hört man auch hier immer wieder. In der Tat, beim Blick in das Kulturbudget zeigt sich, dass Parla­ment und Bundesregierung gemeinsam ihr Bestes geben, um den Kulturstandort Öster­reich zu stärken. Der Bundesvoranschlag 2022 sieht für den Kunst- und Kulturbereich rund 557 Millionen Euro vor, und damit – das haben wir heute gehört – steigt das Kultur­budget um rund 61 Millionen Euro an.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 228

Wo werden aber 2022 besondere Schwerpunkte gesetzt? – Die Bundesmuseen und Bun­destheater – auch das haben wir schon gehört – bekommen eine Erhöhung der Basisab­geltung um 21 Millionen Euro. Die Festspielhäuser Salzburg und Bregenz bekommen 14 Millionen Euro für die Finanzierung von Sanierungsprojekten. 10 Millionen Euro sind zusätzlich für weitere Förderungen vorgesehen.

In diesem Zusammenhang darf ich auch bitten, gerade die Künstlerinnen und Künstler in den ländlichen Regionen und Gemeinden bei der Mittelverteilung entsprechend zu be­rücksichtigen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Prammer.)

Besonders bedanken möchte ich mich bei Finanzminister Gernot Blümel, dem zustän­digen Kulturminister sowie bei der Frau Staatssekretärin für die Unterstützung der Künst­lerinnen und Künstler während der Pandemie. Um nur ein Beispiel zu nennen: Für den Überbrückungsfinanzierungsfonds für selbständige Künstlerinnen und Künstler wurde ein Gesamtrahmen von bis zu 150 Millionen Euro vorgesehen. Bis Ende September 2021 sind davon bereits 134 Millionen Euro an die Antragstellerinnen und Antragsteller ausbe­zahlt worden. Österreich hat mit diesen Geldern im Kulturbereich wie kaum ein anderes Land geholfen.

Wenn ich mir den Finanzrahmen bis 2025 ansehe, bin ich sicher, dass wir auch da auf dem richtigen Weg sind. Erwähnt seien an dieser Stelle nur einige Schwerpunkte: Bau­kulturprogramm, Digitalisierungsoffensive für das Kulturerbe und klimafitte Kulturbetriebe.

Meine Damen und Herren! Die vergangenen schwierigen Monate haben gezeigt, dass auch eine Pandemie wie diese nichts an der Kreativität der heimischen Künstlerinnen und Künstler ändert. Ich persönlich freue mich jetzt schon auf vielfältige Beiträge im Be­reich Kunst und Kultur im Jahre 2022. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

19.05


Präsident Ing. Norbert Hofer: Vorerst letzter Redner zur Untergliederung 32: Kunst und Kultur, ist Hans Stefan Hintner. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.05.58

Abgeordneter Hans Stefan Hintner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Einmal mehr sei gesagt, dass die Steigerung im Kulturbudget von 2020 auf 2021 30 Millionen Euro ausgemacht hat und diese nun 61 Millionen Euro beträgt. Das ist das größte Kulturbudget, das es jemals in der Geschichte Österreichs gab.

Die Problematik der Pandemiebewältigung ist ja von einigen Vorrednern aufgezeigt wor­den. Es gibt die unterschiedlichsten Träger, die unterschiedlichsten Beschäftigungsver­hältnisse. Es gibt Ensemblemitglieder, es gibt aber auch freie Schauspieler, freie Künst­ler. Es gibt freie Bühnen, private Bühnen, es gibt aber auch Bundes- und Landesspiel­stätten.

Eine eigene Förderproblematik betraf ja jene Kulturbetriebe, die über Vereine organisiert waren und sind. Wer hätte jemals gedacht, dass zum Beispiel die Wiener Sängerknaben in finanzielle Schwierigkeiten kommen würden?

Auch viele Kulturveranstalter sind über Vereine organisiert. Ich danke auch da, dass wir mit dem NPO-Fonds ein Instrument gefunden haben, vielen zu helfen – und was speziell mein Bundesland und die Stadt Mödling anlangt, selbstverständlich auch dem Land Nie­derösterreich.

Es war und ist auch eine Zeit, in der man sieht, wer welche Chancen nützt. Es gab natürlich unterschiedliche Motivationen und Gründe, warum vielleicht das eine oder an­dere Haus geschlossen hatte, warum der eine oder andere Kulturbetrieb ins Stocken


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 229

geraten war. Es war aber auch zu erkennen, dass manche sich eher zu Tiraden gegen die Kulturpolitik der Regierung hinreißen ließen als Initiativen zu setzen.

Leider ist Sepp Schellhorn nicht mehr in unserem Haus. Ich konnte ihm in ein paar Reden die Kulturstadt Mödling näherbringen.

Ich darf auch voller Stolz sagen, dass wir im heurigen Jahr beim Mödlinger Kultursommer 13 000 Besucher verzeichnen konnten, um 3 000 mehr als noch im vergangenen Jahr, mit einer Auslastung von 80 bis 90 Prozent – als Beispiel darf ich die „Geschichten aus dem Wiener Wald“ als Stationentheater des Vereins für Kunst und Kultur erwähnen. Ich darf Shakespeare in der Sala Terrena erwähnen, das Teatro mit „Little Women“ und „Bambi“, das Theater im Bunker mit „Utopia“, das Mödlinger Stadttheater, das wieder ei­nen Jahresplan mit sieben Premieren vorgelegt hat.

Es war natürlich auch an uns, an der Stadt, an den Gemeinden, die notwendigen Rah­menbedingungen festzulegen. Das war nicht billig, was die Coronamaßnahmen anbe­langt hat. Wir stehen jetzt auch im Land Niederösterreich vor 2G. Ab morgen sollen ja Theaterbesuche, Konzertbesuche wieder nur mit Maske möglich sein.

Wie sagte aber Friedrich Schiller? – „Die Kunst ist eine Tochter der Freiheit.“ Und diese Freiheit haben wir genutzt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

19.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Mir liegen dazu keine Wortmeldungen mehr vor. Die Be­ratungen zu diesem Themenbereich sind somit beendet.

19.09.28UG 12: Äußeres


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zur Untergliederung 12: Äußeres.

Zu Wort gelangt dazu Dr. Harald Troch. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.09.42

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir das Budget des Äußeren diskutieren, dann geht es natürlich nicht nur um Fi­nanzen, sondern es geht auch um Inhalte. Was macht die Außenpolitik Österreichs aus? – Ich sage einmal, zwei tragende Säulen der österreichischen Außenpolitik sind die österreichische Neutralität und die Menschenrechte. – Ich freue mich, dass auch der Bundesminister hier ist. Herzlich willkommen!

Wenn man von Menschenrechten und Neutralität spricht, dann kann Österreich natürlich gerade auf der Basis der Neutralität einen Beitrag zur Friedenssicherung sowie zu Kon­fliktlösungen in Europa und in der Welt leisten – natürlich auf Basis einer proeuropäi­schen Politik, eines klaren Bekenntnisses zu Europa. Die Interessen Österreichs betref­fen natürlich auch Österreich und insbesondere Wien als Standort internationaler Begeg­nungen und Konferenzen.

Was kann Österreich für Außenpolitik ausgeben? – Ich darf sagen, die derzeitige Taktik, nach jahrzehntelangen Einsparungen unter ÖVP-Außenministern alles der kurzfristig, eineinhalb Jahre amtierenden FPÖ-nahen Außenministerin in die Schuhe zu schieben, geht ja nicht auf. Wir haben seit 1987 ÖVP-Außenminister gehabt, und die jahrzehnte­langen Einsparungen und Kürzungen im außenpolitischen Bereich haben natürlich die Infrastruktur von Auslandsmissionen bis hin zum Personal stark geschwächt. Da wäre natürlich anzusetzen.

Österreich ist ein Exportland. Das heißt, Auslandsmissionen haben ganz klar auch wirt­schaftliche Interessen Österreichs zu vertreten. Österreich ist einerseits ein Tourismus­land, und Diplomatie und Außenpolitik können auch ein Brückenbauer für den österrei­chischen Tourismus sein, und andererseits sind wir ein klassisches Exportland, was zum


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Beispiel die Umwelttechnologie, aber auch viele, viele andere Bereiche – zum Teil im­materielle Bereiche wie Kultur, zum Teil auch sehr materielle Bereiche – betrifft. Da ist die Außenpolitik gefordert.

Geopolitik ist zusehends beweglicher – ich würde sogar sagen: gefährlicher – geworden; auch da ist Österreich gefordert. Eine aktive Außenpolitik sollte auch die gemeinsame europäische Sicherheits- und Außenpolitik im Sinne von Friedenserhaltung und Frie­denssicherung mitprägen.

Ich gehe nun kurz in das Jahr 1987 zurück: Bis in jenes Jahr amtierte der letzte sozial­demokratische Außenminister. Die Ära war natürlich noch sehr stark von Bruno Kreisky geprägt – einem Bundeskanzler, der sehr auf eine aktive, offensive, selbstbewusste Außenpolitik gesetzt hat. Seit damals ist der Personalstand in diesem Bereich massiv reduziert worden, die österreichischen Missionen im Ausland sind massiv gekürzt, ei­gentlich zugesperrt worden. Peter Jankowitsch war damals Außenminister, seither sind wir auf jahrzehntelange Einsparungen und Kürzungen zugegangen.

Ich glaube, es ist hier wieder eine offensive Strategie notwendig – und das betrifft na­türlich auch die Finanzen und die Ressourcen österreichischer Außenpolitik. Ich freue mich, dass es nun wieder eine österreichische Botschaft im Oman gibt. Unsere Bot­schaften sind ja auch wichtige Anlaufstellen für österreichische Staatsbürger im Aus­land – nicht nur, wenn sie Probleme haben, aber auch dann. Ich würde sagen, es wäre auch strategisch sehr klug, an eine österreichische Mission in Usbekistan, einem sich entwickelnden Staat in Zentralasien, zu denken.

Was ich nicht will, sind Laptopbotschafter für Österreich – Botschafter, die brav in Wien sitzen, sehr wenig kosten und ihre Netzwerkarbeit per Laptop machen sollen. Das ist zu wenig, das ist keine wirklich effiziente Diplomatie.

Herr Bundesminister, nützen Sie bitte auch Ihr gutes Netzwerk nach Frankreich. Die französische EU-Präsidentschaft kommt. Macron hat gesagt, der Dialog mit Afrika soll ein Schwerpunkt der französischen EU-Präsidentschaft werden. Es wäre ein guter An­satz, dass Österreich in der europäischen und in der globalen Politik wieder mehr Außen­politik betreibt und sich durchaus auch Afrika zuwendet. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Dr. Reinhold Lopatka. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.14.35

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Die Europäische Union ist von so etwas wie von einem „Ring of Fire“, von einem Ring von Krisenherden umgeben. Da ist es umso wichtiger, dass wir eine gemeinsame Außenpolitik schaffen, und daher bin ich Abgeordnetem Troch für seinen konstruktiven und von der Sache getragenen Beitrag durchaus dankbar.

Wenn wir rund um uns blicken, sehen wir, dass Diktator Lukaschenko in Belarus bewusst Menschen einsetzt, um die Europäische Union – vor allem Polen, aber auch Litauen – unter Druck zu setzen. Viele von uns haben schon vergessen, dass seit 2014 in der Ukraine – vor allem in zwei Regionen, in Luhansk und in Donezk – mindestens 10 000 Men­schen ihr Leben verloren haben. Im Vorjahr sind in Bergkarabach im Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan innerhalb von drei Monaten 7 000 Menschen getötet wor­den. Die Scharmützel gehen weiter, erst diese Woche wieder. In Syrien befinden sich fünf Millionen Menschen auf der Flucht im Ausland, und es gibt 6,7 Millionen Binnenver­triebene. In Libyen gibt es zehn Jahre nach dem Sturz von Gaddafi anhaltendes Chaos, fremde militärische Mächte im Land. Vielleicht kommt es zu Wahlen, wir wissen es nicht.


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Afghanistan, Myanmar, Äthiopien, ich werde nicht fertig mit der Liste von Ländern mit Konflikten.

Und dann kommen noch die großen Krisen dazu: die Coronakrise – überhaupt nicht be­wältigt.

Was hat Glasgow gebracht, was die Klimakrise betrifft? – Dazu wird ein äußerst zwie­spältiges Urteil abgegeben.

Nachhaltige Lösungen sind gefordert und diese kann es nur auf dem Verhandlungsweg geben. Wien ist als einer der vier Sitze der UN, aber auch als Verhandlungsort schon erwähnt worden. Da kann Österreich viel leisten und die österreichische Außenpolitik kann viel beitragen. Wir haben 40 internationale Organisationen, wie die Atomenergie­behörde, bei uns. Allein die Atomenergiebehörde hat 2 500 Beschäftigte.

Sie haben Außenvertretungen angesprochen. Meine Damen und Herren, 120 bilaterale und 197 multilaterale Vertretungen sind bei uns in Wien. Wien ist tatsächlich ein Zentrum des Dialogs, der Diplomatie und auch der multilateralen Arbeit. Dessen sollten wir uns schon bewusst sein. Es war daher richtig, das Amtssitzgesetz zu beschließen – das ha­ben wir in diesem Jahr gemacht. Es ist richtig, dass das Budget für diesen Bereich um 4 Millionen Euro aufgestockt wird. Ich hoffe, wir sind uns diesbezüglich über alle Partei­grenzen hinweg einig.

Es ist viel an Arbeit zu leisten – nicht nur hierzulande. Sie haben es angesprochen, wir waren ja gemeinsam bei der Wahlbeobachtung in Usbekistan – ein aufstrebendes Land. Kollege Kassegger war mit dabei, der neue Außenminister war ja auch schon dort. Ja, es ist wünschenswert, möglichst viele Vertretungen zu haben, und dass wir gemeinsam das Außenamt unterstützen, wenn es um das Budget geht. Da haben wir keinen Wider­spruch, aber natürlich gibt es auch finanzielle Grenzen.

Was ich damit sagen möchte, ist: Das Wichtigste in der Außenpolitik ist natürlich, Öster­reichs Interessen im Ausland bestmöglich zu vertreten. Ich glaube, mit Bundeskanzler Alexander Schallenberg, der jetzt gerade nicht hier ist, und mit Außenminister Michael Linhart haben wir zwei ausgewiesene, erfahrene Diplomaten. Ich kann abschließend nur eines sagen: Ich bin fest davon überzeugt, dass Österreichs Außenpolitik beim Herrn Außenminister in guten Händen ist – unterstützen wir ihn gemeinsam! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.18


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist MMMag. Dr. Axel Kassegger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.19.04

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Außenminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Troch und Kollege Lopatka haben schon einiges angemerkt, zu dem wir durchaus auch derselben Meinung sind.

Ich möchte anfangs auf die Außenvertretung Österreichs in der Welt zu sprechen kom­men, die österreichischen Botschaften und konsularischen Vertretungen, die absolut gute Arbeit leisten, und ich teile da die Meinung von Kollegen Troch, dass da die bud­getäre Ausstattung erhöht werden sollte. Dabei stellt sich nur immer die Frage nach der Ressourcenallokation. Es ist schon klar, die Mittel sind beschränkt, da muss man halt Prioritäten setzen – und hinsichtlich der Prioritäten haben wir durchaus auch unter­schiedliche Meinungen. Ich möchte aber noch einmal festhalten: Die österreichischen Vertretungen im Ausland leisten hervorragende Arbeit; ich komme doch ein bissel he­rum. Das gilt im Übrigen auch, und das wird Sie jetzt wundern, für die Außenwirtschafts­stellen der Wirtschaftskammer, die zum Großteil sehr, sehr gute Arbeit leisten.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 232

Wo wir vermutlich nicht einer Meinung sein werden, ist beim grundsätzlichen Zugang zur Entwicklungshilfe/-zusammenarbeit und insbesondere auch betreffend Ausmaß und In­tensität der dafür verwendeten Ressourcen. Die Grünen sind natürlich sehr, sehr froh, zufrieden und happy mit diesem Budget, das teilweise doch drastische Erhöhungen ent­sprechender Gelder – Auslandskatastrophenfonds, Entwicklungszusammenarbeit et ce­tera – vorsieht. Wir Freiheitliche sind der Meinung, dass man Entwicklungshilfe/-zusam­menarbeit auch immer situationsangepasst machen muss – Punkt eins –, dass man im Rahmen der Beurteilung der Entwicklungshilfe situationsangepasst reagieren muss.

Was heißt das? – Wir haben in Österreich derzeit – hervorgerufen durch die Bundesre­gierung, ausgelöst durch deren Maßnahmen – eine enorme Krisensituation, eine Coro­nakrisensituation, die, wie gesagt, durch die Maßnahmen der Bundesregierung ausge­löst wurde. Wir haben in Österreich eine Wirtschaftskrise. Wir haben eine Teuerungs­welle. Wir haben die Situation, dass sich unsere Bürger vieles gar nicht mehr leisten können. Da geht es natürlich um die Frage: Wie verwenden wir das Budget? Noch ein­mal zur Erinnerung: Das Budget sind jene Mittel, die wir unseren Bürgern an Steuergel­dern vorher wegnehmen. Wie verwenden wir dieses Budget?

Da geht es um die Frage der Prioritätensetzung. Wir Freiheitliche sind der Meinung, dass Priorität eins – insbesondere in Krisensituationen – die österreichischen Bürger sind und erst Priorität zwei sozusagen die Rettung der Welt ist. In dieser Krisensituation sehen wir es nicht als gut an, Mittel für die Entwicklungshilfe/‑zusammenarbeit zu erhöhen, sondern da sollte man eher über eine Reduktion nachdenken und den österreichischen Bürgern unter die Arme greifen (Beifall bei der FPÖ); insbesondere, und das haben wir auch im Ausschuss besprochen, wenn es hinsichtlich der Wirksamkeit dieser Gelder doch Erklärungsbedarf gibt. Länder wie etwa Äthiopien, Afghanistan, Sudan beweisen ja klar, dass es auch mit Hunderten Millionen und Milliarden von Euro und Dollars nicht gelingt, stabile Gesellschaften zu bilden, Demokratie zu implementieren, offene, stabile Gesellschaften zu implementieren. Alle drei Fälle sind als gescheitert zu beurteilen. Ich sehe da aber überhaupt keine Kursänderung im Rahmen unserer Politik der Entwick­lungshilfe/-zusammenarbeit.

Sie, Herr Außenminister, konnten mir das im Ausschuss auch nicht beantworten, ob Sie das jetzt analysieren und – ausgehend von der Feststellung, dass da vieles im Rahmen der Entwicklungshilfe sozusagen gescheitert ist – darüber nachdenken, den Kurs irgend­wie zu ändern und zu verbessern. Vielleicht können Sie uns heute erläutern, inwieweit Sie darüber nachdenken, den Kurs zu verändern. – Also situationsangepasst!

Für uns Freiheitliche muss Entwicklungshilfe auch dem Prinzip der gezielten Hilfe ent­sprechen – gezielte Hilfe regional, inhaltlich fokussiert und nicht nach dem Gießkannen­prinzip.

Für uns Freiheitliche muss Entwicklungshilfe/-zusammenarbeit auch mehr outputorien­tiert gestaltet sein. Wir reden immer nur von Erhöhungen und von Quoten. Das ist eine inputorientierte Betrachtungsweise. Wir messen den Erfolg der Entwicklungshilfe/-zu­sammenarbeit daran, wie viel Geld wir ausgeben. Das ist ein grundsätzlich falscher Zu­gang. Wir sollten den Erfolg unserer Entwicklungshilfe daran messen, wie erfolgreich wir in den entsprechenden Ländern, wo wir helfen wollen – auch wir Freiheitliche wollen helfen –, sind, wie groß der Erfolg ist. Da ist die Bilanz etwas schlecht.

Vierter wichtiger Grundsatz freiheitlicher Entwicklungshilfe/-zusammenarbeit: Diese soll­te nicht bedingungslos erfolgen, sondern an Bedingungen geknüpft sein – keine allzu harten Bedingungen, aber es muss Fortschritte in der Entwicklung offener Gesellschaf­ten, in der Entwicklung der Demokratie geben. Es muss in diesen Ländern Fortschritte in der Bekämpfung der Korruption, in der Bekämpfung von Steuerumgehung und Ähnli­chem geben. Vor allem fehlt uns das Verständnis, dass etwa Länder mit Geldern der


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Entwicklungshilfe/-zusammenarbeit gefördert werden, deren Militärausgaben bei Wei­tem – wir kommen morgen zur UG 14, zur Landesverteidigung – das übersteigen, was die Republik Österreich für ihr eigenes Militär ausgibt. Das passt also nicht zusammen.

Ganz konkret sollten wir das auch – also durchaus nicht bedingungslos – mit Rücknah­meabkommen junktimieren. (Beifall bei der FPÖ.) Der Ausbau der Rücknahmeabkom­men steht auch in Ihrem Strategiebericht 2022 bis 2025. Wir haben im Ausschuss da­rüber diskutiert und Sie selbst haben gesagt: Das ist eine Schwachstelle! – Das ist schon einmal eine gute Erkenntnis, dass das eine Schwachstelle ist, aber Lösungswege konn­ten Sie leider auch nicht aufzeigen, wobei das ja aus meinem Selbstverständnis heraus relativ einfach wäre, und zwar indem wir Entwicklungshilfegelder mit dem Abschluss ent­sprechender Rücknahmeabkommen junktimieren. Da gäbe es also noch einiges Verbes­serungspotenzial.

Vielleicht noch ein abschließendes Wort – da Sie ja immer Ihre Grundsätze betonen, dass Sie ein Verfechter des transatlantischen Bündnisses, ein Verfechter der Menschen­rechte und ein Kämpfer gegen jede Art von Antisemitismus sind –: Ich möchte mich auf das transatlantische Bekenntnis beziehen. Im Strategiebericht geben Sie auch an, dass der Ausbau der Dialogschienen mit den USA, mit Russland und mit China vorangetrie­ben werden soll – das ist ein Ziel österreichischer Außenpolitik –, wobei ich auf meine konkrete Frage, wie das jetzt mit Russland und China funktionieren soll, leider auch kei­ne konkrete Antwort bekommen habe.

Das gibt mir aber die Gelegenheit, noch einmal das Verhältnis der Freiheitlichen Partei zu Russland klarzustellen: Es ist ja bekannt, dass es da so Freundschaftsabkommen – oder was auch immer – gegeben hat. Die gibt es nicht mehr, die wird es in Zukunft auch nicht geben. Es werden auch keine Präsidenten mehr auf Hochzeiten freiheitlicher Politi­ker tanzen et cetera. (Abg. Brandstätter: Sie sind lernfähig! Bravo!) Das heißt aber nicht, dass wir keinen normalen Zugang zu Russland in alter österreichischer Neutrali­tätstradition pflegen wollen. Das heißt, dass wir – zumindest wir Freiheitliche – in Rich­tung Russland, in Richtung China ein Brückenbauer sein wollen, dass wir auch unsere Freunde aus dem Baltikum oder unsere polnischen Freunde durchaus unterstützen könnten, weil diese sich zugegebenermaßen aufgrund ihrer historischen Erfahrungen – und dafür haben wir vollstes Verständnis – wesentlich schwerer tun. Das wäre eine Mög­lichkeit für die Republik Österreich, da als tatsächlicher Brückenbauer in Erscheinung zu treten, und das wäre unser Zugang. Vielleicht, Herr Außenminister, nehmen Sie diesen Zugang auf und verfolgen den auch in weiterer Folge. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

19.27


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Dr.in Ewa Ernst-Dziedzic. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.27.38

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Herr Außenminister! Werte Kollegen und Kolleginnen! Zu meinem Vorredner vielleicht nur ein Satz: Die Au­ßenpolitik braucht aus meiner Sicht Weitblick und keine Neiddebatten, denn jeder, der mit offenen Augen durch die Welt geht, sieht, dass Österreich bekanntlich keine Insel ist. Ob es die Klimakrise ist, die Flüchtlingssituation oder auch die Covid-Pandemie: Die Herausforderungen auf der Welt sind ja längst globaler Natur und machen ja auch – das wiederhole ich fast in jeder Rede – vor unseren Grenzen nicht halt.

Die Situation an der polnisch-belarussischen Grenze macht zudem gerade deutlich, wie komplex aktuelle Konflikte sind, wie global sie sind und wie komplex auch die geopoliti­schen Interessen sein können. Deshalb können alle, die über den Tellerrand schauen, verstehen, wie wichtig es ist, dass wir diese globalen Probleme auch entsprechend an


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der Wurzel packen und eben nicht immer nur die Symptome bekämpfen, weil ja leider damit auch ein Bruch internationaler, humanitärer oder rechtlicher Normen einhergeht.

Das heißt, wir können die Welt nur dann sicherer und lebenswerter machen, wenn mög­lichst viele Staaten in der Welt an einem Strang ziehen. Deshalb freut es mich sehr, dass das Ressort für europäische und internationale Angelegenheiten mehr Ressourcen be­kommt – nämlich 1,9 Prozent mehr als im Vorjahr –, dessen Budget somit um 10,5 Millio­nen Euro erhöht wird. Besonders freut mich auch, dass auf unser Betreiben hin die Mittel für den Auslandskatastrophenfonds abermals, und zwar um 2,5 auf 55 Millionen Euro aufgestockt worden sind. Ich erinnere: Diese haben wir auch schon letztes Jahr erhöht, was bedeutet, dass wir bis zum Jahr 2024 eine Steigerung auf rund 60 Millionen Euro haben werden, was für eine rasche Bewältigung von diesen vielen aktuellen Katastro­phen notwendig sein wird. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte wirklich einmal taxativ aufzählen, was Österreich alles tut, weil wir ja immer wieder zitieren, dass diese Hilfe vor Ort, die humanitäre Hilfe so notwendig ist, dass die Entwicklungszusammenarbeit wichtig ist. Allein im laufenden Jahr haben wir humanitäre Hilfe in Äthiopien, Burkina Faso, Jemen, Jordanien, Kolumbien, Libanon, Libyen, Mo­sambik, Syrien, Venezuela und Uganda geleistet, außerdem unterstützen wir mit den zur Verfügung stehenden Geldern auch die Bekämpfung der Covid-19-Krise in Armenien, in Georgien, Bergkarabach, Uganda, im Südsudan, am Westbalkan oder eben in Äthio­pien, Mosambik, Südafrika oder der Demokratischen Republik Kongo.

Wenn wir alleine heute die Nachrichten screenen, können wir lesen, dass es in Äthiopien zu Verhaftungen und Misshandlungen kommt, in Uganda gab es heute zwei Anschläge, in Bergkarabach ist der Konflikt wieder neu entfacht, es gibt tote Soldaten. – Umso wich­tiger sind gezielte Hilfe und die Unterstützung der aufgezählten Länder.

Eine weitere erfreuliche Nachricht ist aus meiner Sicht auch die Vervierfachung des Kernbeitrags für die UNHCR-Flüchtlingshilfe von 0,5 auf 2,2 Millionen Euro. Mit dem im Vergleich zum Vorjahr um 1,9 Prozent höheren Budget wird auch ein Ausbau des Amts­sitzes auch das wurde erwähnt, ganz wichtig ist Wien als Konferenzort  finanziert, das bedeutet zusätzliche 4,3 Millionen Euro, die sozusagen in die österreichische inter­nationale Arbeit und in die Stärkung eines effektiven Multilateralismus fließen, da sei zum Beispiel nur die Belaruskonferenz kommenden Montag in Wien erwähnt.

Alles in allem: Es gibt viele Krisen und sie werden nicht weniger. Unsere Aufgabe und zugleich Verantwortung ist es aber, für soziale, wirtschaftliche und politische Stabilität auch woanders zu sorgen, denn das hat, wie wir wissen, in einer globalen Weltpolitik natürlich automatisch auch Auswirkungen auf Österreich. In diesem Sinne freue ich mich, dass wir sehr viele positive Aspekte zu vermelden haben, ich freue mich auch auf die Zusammenarbeit mit dem neuen Außenminister. Es wird uns nicht langweilig werden. Wichtig ist es aber, wie eingangs erwähnt, den Weitblick zu bewahren und nicht in Neid­debatten zu verfallen. Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.32


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Dr. Helmut Brandstätter. – Bitte, Herr Doktor.


19.32.47

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Ja, ich bin für eine gemeinsame Außenpolitik, Herr Bundesminister, ich freue mich darauf. Die Gemeinsamkeit kann aber nicht nur von uns ausgehen, sondern ich ersuche schon auch darum, dass sie von der Bundesregierung ausgeht. Wenn es also nächste Woche eine Belaruskonferenz im Kanzleramt, nicht im Außenministerium, gibt, wäre es nett ge­wesen, uns da auch einzubinden. Wir haben gute Kontakte auch zur Opposition.


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Ich freue mich auch, dass die Opposition kommt, aber nach allem, was ich höre, wird es da wenige Gesprächspartner geben. Damit komme ich schon zu einem wesentlichen Punkt: Außenpolitik muss eben mehr sein als Symbole, Bilder und auch Marketingsprü­che. Wir haben so oft den Spruch vom Brückenbauer gehört, aber ich fürchte, meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Brückenbauer sind wir halt nicht mehr (Zwi­schenruf des Abg. Hörl), und das wird schon seinen Grund haben.

Die Opposition hat einen Antrag gestellt, wir haben einen Antrag zum Thema Aserbaid­schan, Armenien gestellt. Im Februar haben wir den Antrag gestellt – man möge doch versuchen, hier in Wien eine Konferenz aufzustellen, weil es eben diese Kampfhandlun­gen um Bergkarabach gibt, heute hören wir von neuen Kampfhandlungen –, aber bis dahin wurde nichts gemacht. Der Antrag, den wir gestellt haben, ist einfach abgelehnt worden. In diesem Sinne würde ich mich über mehr Miteinander freuen.

Ich komme zu einem anderen Konflikt an der polnisch-belarussischen Grenze. Wenn Europa, wenn unsere europäische Geschichte irgendeinen Sinn hat, dann ist es, dass das ein Kontinent von Menschlichkeit und Menschenrechten sein muss, denn sonst hat das alles und haben auch die schrecklichen Teile unserer Geschichte keinen Sinn ge­habt. Nein, ich sage nicht, dass wir uns dem, was der belarussische Diktator gemacht hat, nämlich Menschen zu missbrauchen und an die Grenze zu führen, beugen müssen. Nein, das müssen wir nicht – ganz im Gegenteil: Es hat sich herausgestellt, es hat funk­tioniert, wenn die EU gemeinsam auftritt und sagt: Also bitte schön, diese Flüge nehmen wir nicht zur Kenntnis, denn wer in die EU fliegen will, der kann nicht gleichzeitig Flücht­linge missbrauchen. Dort leben – was heißt leben? –, dort versuchen, ein paar Tausend Menschen zu überleben, und wir können nicht zusehen, wie die dort verhungern und erfrieren. Das heißt, wir müssen da aktiv werden, Herr Bundesminister.

Noch einmal: Das heißt nicht, dass man sagt, na gut, dann werden die halt nach West­europa gebracht! Wir müssen sie aber auf jeden Fall einmal betreuen, und dann wird es Rückführungsmöglichkeiten geben, das muss man sich dann in Ruhe anschauen. Es kann aber doch überhaupt nicht sein, dass wir Europäerinnen und Europäer zuschauen, wie Menschen verhungern, die überhaupt nichts dafür können, die ohnehin schon einmal missbraucht wurden. Da möchte ich wirklich auch um Zustimmung bitten. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. El-Nagashi.)

Ein anderes Thema ist Afghanistan: Da haben wir vom Innenminister gehört, es kommt jetzt die neue Flüchtlingswelle. Das waren ja schon wieder nur Propagandasprüche, aus­getragen auf dem Rücken von wirklich schrecklich benachteiligten Menschen. Sie sind dann in die Region gefahren, auch nach Usbekistan, Kollege Troch hat es angemerkt. Ich möchte nur sagen: Usbekistan, ja, das ist ein autoritäres Regime, das ist eine Dikta­tur, laut Freedomreport, den ich mir gerade angeschaut habe, hat es elf von 100 Punk­ten. Ja, es ist eine schreckliche Diktatur.

Man muss also schon auch schauen, mit wem man Kontakte hat und wen man unter­stützen will. Sie haben dann aber richtigerweise gesagt, dass es da jetzt eh keine Flücht­lingswelle gibt. Also ich bitte, sich da erstens abzusprechen und zweitens dieses Thema nicht zu missbrauchen.

Dann möchte ich noch etwas sagen: Ja, natürlich, nach dem Westfälischen System agie­ren Staaten miteinander, aber in unserer globalisierten Welt geht es halt um Menschen. Dazu habe ich Ihnen ein Buch mitgebracht (Oh-Rufe bei der ÖVP)  ja, erst lesen und dann schreien –, der Kollege von den Grünen hat es sich schon angeschaut: „Atlas eines ängstlichen Mannes“. Sie kennen mich, da geht es nicht um mich. Christoph Ransmayr hat da (das genannte Buch in die Höhe haltend) Reportagen von der ganzen Welt zu­sammengeführt. Er hat beobachtet, wie Menschen im Himalaya, in der Südsee leben, er hat beobachtet, wie arme und reiche Menschen leben, er hat Menschen in ihren Nöten


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beobachtet. Ich glaube, dass wir gerade auch bei der Außenpolitik daran denken müs­sen, dass es um Menschen geht. Das, was Sie als Außenpolitiker machen, ist am Ende, das Schicksal der Menschen mitzubestimmen, und deswegen hilft es manchmal auch, wenn man so ein Buch liest.

Zum Abschluss, Herr Bundesminister, bedanke auch ich mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hier, vor allem aber auch bei denen draußen. Ich weiß es aus eigener Erfahrung, ich stimme Kollegen Kassegger zu, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wirtschaftskammer sind tolle MitarbeiterInnen, die kennen sich aus, sie sind wichtig für Österreich. Die sind aber eh so gut, deswegen, Herr Bundesminister, brauchen Sie diese 600 000 Euro für Inserate nicht, die Leistungen des Außenministeriums sind anerkannt. Verwenden Sie die 600 000 Euro für etwas Sinnvolles oder sparen Sie sie ein, aber bitte vergessen Sie das mit den Inseraten! Sie sind viel zu gut dafür, das brauchen Sie nicht. Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

19.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Dr. Michael Linhart zu Wort gemeldet. – Herr Bundesminister, ich bitte Sie, das Mikrofon links zu verwenden.


19.38.15

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Michael Linhart: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Auch ich möchte die Gelegenheit nutzen, um ein paar Worte zum Budget meines Hauses für 2022 zu sagen.

Wie schon das Jahr 2020, das uns den Ausbruch einer globalen Pandemie beschert hat, ist auch 2021 ein sehr herausforderndes Jahr. Das Coronavirus hält uns weiterhin auf Trab, die Krisen und Konflikte rund um den Globus nehmen leider nicht ab, sondern zu, und das Verteidigen unserer Werte einer freien demokratischen und offenen Gesell­schaft stellt uns global vor immer größere Herausforderungen. Die Herausforderungen werden nicht weniger werden, dennoch bin ich als Außenminister davon überzeugt, dass wir positiv in die Zukunft blicken können und sollten.

Das vorliegende Budget des Außenministeriums für 2022 beträgt etwas mehr als 560 000 Euro, also ein Plus von rund 10,5 Millionen Euro gegenüber dem Bundesvoran­schlag von 2021, wofür ich auch sehr dankbar bin. Ich kann Ihnen versichern, dass die­ses Geld sehr gut investiert ist. Ein klarer Schwerpunkt liegt auf den Serviceleistungen des Hauses. Unsere Vertreterinnen und Vertreter des Außenministeriums stehen ge­meinsam in der ersten Reihe, wenn es darum geht, die Interessen Österreichs im Aus­land zu vertreten und Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern in Not zu helfen.

Bis vor Kurzem war ich ja noch selbst in Paris als Botschafter Teil dieses Teams Außen­amt und habe auch dort mein Bestes gegeben, um weltweit für Sie da zu sein. Für uns ist klar: Wir können nicht jeden Brand sofort löschen, aber wir stehen an der Seite der Österreicherinnen und Österreicher und sind zu jeder Tages- und Nachtzeit weltweit für Sie da. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Inland und an den 101 Vertretungs­behörden im Ausland waren und sind gerade wieder in der Pandemie immer dort, wo sie gebraucht wurden – bei den Repatriierungsflügen, beim Beschaffen medizinischer Güter zu Beginn der Coronakrise, bei der Impfstoffhilfe in unserer Nachbarschaft am Westbal­kan und anderen Partnerländern und zuletzt bei den Evakuierungen aus Afghanistan. Ich möchte mich auch hier ganz ausdrücklich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Außenamt sehr herzlich bedanken. (Beifall bei ÖVP und Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

Mit diesem Budget können wir unsere Serviceleistungen für die Österreicherinnen und Ös­terreicher im In- und Ausland in gewohnt hoher Qualität gewährleisten. Das gilt insbesondere


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auch für die neuen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger nach § 58c Staatsbürgerschafts­gesetz, also die Nachkommen von NS-Opfern, denn für die damit verbundenen zusätzli­chen Aufgaben werden uns 2022 und 2023 zusätzlich je 1,5 Millionen Euro zur Verfü­gung stehen.

Dieses vorliegende Budget ermöglicht zudem eine weitere Ausweitung unseres Beitrags zur Linderung von Katastrophen weltweit und die Fortführung unserer Projektmaßnah­men der Entwicklungszusammenarbeit. Damit reagieren wir erneut klar und deutlich auf die weltweit steigenden humanitären Herausforderungen. Die Mittel des Auslandskata­strophenfonds – das wurde ja schon genannt – werden neuerlich erhöht, und zwar um 2,5 Millionen Euro auf insgesamt 55 Millionen Euro für 2022. So werden wir auch im kommenden Jahr als verlässlicher Partner im Ausland auftreten und durch effektive Hilfe vor Ort unseren Beitrag dazu leisten, das Leid auf der Welt zu verringern.

Insbesondere in diesen Zeiten ist eine solche Budgeterhöhung nicht selbstverständlich. Das muss uns allen hier auch immer wieder bewusst sein. Es ist ein klares Bekenntnis zur österreichischen Außenpolitik, dem Service des Außenministeriums und der weltwei­ten Hilfe Österreichs. Mit der erneuten Steigerung setzen wir den Kurs fort, dem sich diese Bundesregierung verschrieben hat: ein klarer Fokus auf humanitäre Hilfe mit dem Ziel, das Budget des Auslandskatastrophenfonds bis zum Ende der Legislaturperiode auf 60 Millionen Euro zu erhöhen.

Ein deutliches Plus im Budget verzeichnen wir auch in einem weiteren für uns essen­ziellen Bereich, nämlich das Budget für den Amtssitz Wien, also für die Ausrichtung inter­nationaler Konferenzen und Gipfeltreffen. Das steigt nächstes Jahr von 1,7 Millionen Eu­ro um 4,3 Millionen Euro, also signifikant, auf 6 Millionen Euro. Das ist für uns wirklich von besonderer Bedeutung, weil Wien ja seit jeher als Drehscheibe der Diplomatie fun­giert und ein international höchst anerkannter Ort des Dialogs ist.

Heuer haben trotz der erschwerten Reisemöglichkeiten bereits sechs Runden der Iran­gespräche, der sogenannten JCPOA-Gespräche, stattgefunden. Diese werden hoffent­lich noch in diesem Monat wiederaufgenommen. Die Teilnehmer dieser JCPOA-Gesprä­che, also die USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich, Deutschland und der Iran, bringen uns ja für diese Dienste große Wertschätzung und Anerkennung entgegen und wir pflegen mit ihnen bei dieser Gelegenheit auch einen regelmäßigen Austausch. Die Abhaltung dieser Gespräche ist aber auch mit hohen Kosten verbunden – ein Grund, warum erhöhte Budgetmittel erforderlich sind. Abgesehen davon bemühen wir uns natür­lich auch um die Ansiedlung verschiedener Organisationen und Einrichtungen, unter an­derem das Sekretariat des Kimberley-Prozesses, sowie um die nachhaltige Absicherung des bestehenden Amtssitzes.

Ich kann Ihnen sagen: Die Konkurrenz, vor allem anderer europäischer Staaten, schläft nicht, sie ist immer wieder sehr groß.

Eine weitere Stärkung des Amtssitzes Wien ist mir nicht nur ein persönliches Anliegen, sondern ist auch durchaus im Interesse der österreichischen Wirtschaft. Der internatio­nale Sektor generiert in diesem Bereich eine Wertschöpfung von rund 1,3 Milliarden Eu­ro pro Jahr. Neben Wien profitieren davon auch die Bundesländer. Dieser internationale Sektor ist Arbeitgeber für 6 000 internationale Beamte und Diplomaten – ein Viertel davon Österreicher – und insgesamt werden über 18 000 Arbeitsplätze damit gesichert.

Wozu es uns nun ganz besonders braucht, ist die Abfederung der wirtschaftlichen Fol­gen der Coronakrise im Inland. Die Initiative Refocus Austria ist ein zentraler Teil des Comebackplans der Bundesregierung für einen raschen wirtschaftlichen Wiederaufbau. Unsere Botschaften und Generalkonsulate stehen hier Hand in Hand mit den Außenwirt­schaftscentern der Wirtschaftskammer an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Politik, um Exporte anzukurbeln, ausländische Investitionen anzuziehen und neue Ge­schäftsmöglichkeiten auszuloten. Das ist eine Zusammenarbeit, die sehr gut funktioniert.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, das Budget für 2022 bedeutet für uns, dass die Serviceleistungen für die Österreicherinnen und Österreicher im In- und Ausland, insbesondere auch für die neuen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger nach § 58c Staatsbürgerschaftsgesetz, in gewohnt hoher Qualität gewährleistet bleiben, und dass wir mit dem Auslandskatastrophenfonds und der Entwicklungszusammenarbeit un­seren Beitrag zur Linderung von Katastrophen weltweit ausweiten können, denn Wohl­stand, Sicherheit und Stabilität in unserer Nachbarschaft dienen auch unserer Sicherheit und Nachbarschaft ist nicht nur Europa.

Das Budget für 2022 bedeutet für uns auch, dass dringend erforderliche Investitionen in IT und Gebäudesicherheit sowie Digitalisierung getätigt werden können und wir uns mit Riesenschritten in Richtung Digitales Amt auch im Ausland bewegen. Es bedeutet auch eine Stärkung des Amtssitzes Wien und unsere Rolle als Vermittler, die dringend not­wendige Unterstützung des wirtschaftlichen Aufschwungs für die Export- und Tourismus­wirtschaft sowie für die österreichischen Künstlerinnen und Künstler im Ausland und die Einhaltung unserer internationalen Verpflichtungen in Form von Beiträgen an die interna­tionalen Organisationen, verbunden mit der auch besonders wichtigen Steigerung des UNHCR-Kernbeitrags um 1,7 Millionen auf 2,2 Millionen Euro.

Damit haben wir, glaube ich, die Möglichkeit, uns wertebasiert für die Österreicherinnen und Österreicher weltweit einzusetzen – für unser Land, für unser Österreich. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.47


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Martin Engelberg. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.47.45

Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen und auch die Zuseher vor den Fernsehschirmen! Herr Kollege Kassegger, Sie haben mich wirklich beeindruckt. Wo (sich im Saal umblickend) ist er denn? – Dort. Kollege Kassegger, ich möchte das hier auch noch einmal ausdrücklich erwähnen, weil es ein bisschen untergegangen ist: Ihr Bekenntnis, Ihr klares Bekenntnis, was Russland betrifft, war hier für mich wirklich überraschend und wirklich sehr, sehr erfreulich. Es ist eine Lossagung von diesen doch sehr merkwürdigen Verbandelungen, die es gegeben hat. Diese waren, glaube ich, wirklich eine Belastung, nicht nur für Ihre Partei, sondern eigentlich für uns alle, für Österreich. Ich bin so oft darauf angesprochen worden. Ich möchte hier noch einmal unterstreichen, wie wichtig Ihre Aussage hier war und wie hilfreich sie, glaube ich, auch ist.

Das führt mich auch noch einmal zum Thema der transatlantischen Beziehungen und deren Bedeutung. Es ist auch für mich eine besondere Befriedigung, dass wir heute als Teil unserer Außenpolitik so ein klares Bekenntnis zu den transatlantischen Beziehun­gen, zu unserer strategischen Allianz mit den Vereinigten Staaten, haben. Ich glaube, dass wir uns heute viel bewusster als Teil der westlichen Wertegemeinschaft sehen. Ich halte das für zentral wichtig. Es wird die große Herausforderung der nächsten Jahre und Jahrzehnte sein, die westliche Wertegemeinschaft zu verteidigen, und dazu braucht es auch eine ganz enge Beziehung mit den Vereinigten Staaten. Wir müssen auch tatsäch­lich aufhören, Neutralität und Neutralismus zu vermischen. Das heißt, es kann keine Neutralität zwischen dem westlichen Wertesystem mit Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten und Freiheit und Ländern, die Diktaturen sind, die Menschenrechte missachten und nicht rechtsstaatlich sind, geben.

Da stehen wir nicht in der Mitte. Es muss klar sein, wo wir stehen. Das heißt nicht, dass wir funktionierende Beziehungen zu Ländern wie Russland und China oder solchen Län­dern nicht aufrechterhalten müssen, aber da muss es ganz klar sein, wo wir stehen, und wir stehen da nicht in der Mitte.


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Einen Satz noch zum Außenministerium, weil ich glaube, dass auch immer einmal gro­ßer Dank und Anerkennung für die Arbeit, die da geleistet wird, erwähnt werden muss: Es ist wirklich ein Schatz, den wir da in Österreich haben: in der Pflege der internatio­nalen Beziehungen, als Informationsquelle und natürlich auch in der Betreuung von Ös­terreichern in anderen Ländern; es ist also wirklich ein unglaublicher Wert. Ich glaube, das muss hier auch gesagt sein. Da wird Tolles geleistet und da müssen wir wirklich sehr dankbar sein. – Vielen Dank. Ich mache an dieser Stelle Schluss. Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Zorba.)

19.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Petra Bayr. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.51.11

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Über das Kapitel Entwicklungszusammenarbeit im Budget zu reden ist meistens ziemlich unerfreulich, aber: Ha! Heute gibt es die Chance auf eine Wende.

Wir alle haben einen Brief oder ein E-Mail von einerseits der Dachorganisation der Ent­wicklungsorganisationen und humanitärer Hilfeorganisationen, der Arbeitsgemeinschaft Globale Verantwortung, und noch dazu von einigen großen NGOs gekriegt, in dem sie uns ersuchen, doch noch einen Abänderungsantrag hier in der Debatte einzubringen und das Budget für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit, sowohl was die ADA, also die Austrian Development Agency, als auch was den Auslandskatastrophenfonds betrifft, doch zu erhöhen. Dieser Antrag wird gerade verteilt. Die Regierungsparteien haben also die Chance, dann am Donnerstag einem Antrag zuzustimmen, mit dem sie ihrem eigenen Regierungsprogramm nachkommen könnten, nämlich in Richtung 0,7 Pro­zent des BNE für Entwicklungszusammenarbeit zu kommen. Das ist zwar ein kleines Schritterl – wir fordern konkret eine Erhöhung von 20 Prozent für ADA und AKF –, aber immerhin wäre es ein Schritt in Richtung Ihres Regierungsprogramms. Das wäre doch etwas. Ich hoffe, Sie sind dann alle dabei, wenn wir am Donnerstag abstimmen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Brandstätter und Brandstötter.)

Ich möchte diesen Abänderungsantrag der Abgeordneten Petra Bayr, Henrike Brand­stötter, Kolleginnen und Kollegen einbringen und auch kurz erläutern:

Er ist zum Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage 1034 der Beila­gen samt Anlagen, 1157 der Beilagen, und es geht wie gesagt im Kern darum, die Gelder für die Austrian Development Agency und für den AKF jeweils um etwa 20 Prozent zu erhöhen. Das wären dann in Summe 36 Millionen Euro mehr. Diese 36 Millionen Euro sind einerseits dadurch bedeckt, dass das Außenministerium 10 Millionen Euro Rückla­gen hat, und darüber hinaus gibt es normalerweise wesentlich mehr Einkünfte aus der KöSt, als veranschlagt ist, auch in diesem Budget veranschlagt ist, und das gemeinsam würde diese Steigerung locker decken.

Der AKF steigt in der Tat, aber er steigt nicht einmal in dem Ausmaß, wie wir ihn heuer überziehen. Wir überziehen heuer also mehr, als er bis 2024 steigt. Das heißt, das ist jetzt nicht gerade die super Spitze des Eisbergs, die wir da erreichen, und es ist echt noch einiges zu tun. Die NGOs, die uns schreiben, führen unter anderem ins Treffen, dass Corona wie ein Brandverstärker wirkt, dass wahrscheinlich sehr bald mehr als eine Milliarde Menschen auf dieser Erde absolut arm sein werden, das heißt, statistisch weniger als 1,6 Euro pro Tag zur Verfügung haben werden, und dass die Armutskrise, gepaart mit der Klimakrise, zu einem Teufelskreis wird, der durch eine sinnvoll gemachte sowohl humanitäre Hilfe als auch Entwicklungszusammenarbeit unterbrochen werden könnte.

*****


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 240

Das zum einen – also ich freue mich, wenn Sie diesem Antrag zustimmen.

Zum anderen muss ich auch sagen, dass schon zum Zeitpunkt des Vorliegens des Bud­gets das Budget nicht mehr stimmt. Wir haben seit vielen Jahren in der Budgetvorschau immer 1,6 Milliarden Euro auf drei Jahre aufgeteilt für die Entschuldung des Sudans. In der Vorschau diesmal ist es sogar schon im Budget für 2022 drinnen mit einem Betrag, der sich in Summe, warum auch immer, wunderlicherweise auf 3,3 Milliarden Euro ge­steigert hat, und das von einer Kreditsubstanz, die Ende der Siebzigerjahre ungefähr 75 Millionen Euro war. Es ist also geschafft worden, durch Umschuldungen in Hochzins­zeiten und durch Zinseszinsen diese Summe mehr als zu verzwanzigfachen, und jetzt gehen wir her und wollen uns das als Entwicklungszusammenarbeitsgelder ein halbes Jahrhundert später anschreiben.

Zum Antrag der FPÖ sei gesagt: Nicht nur, dass das nicht kommt, was da vorgesehen ist – also wenn Sie zugehört haben: Der Minister hat schon im Budgethearing auf die Frage des Abgeordneten Matznetter, ob wir nächstes Jahr 0,7 Prozent erreichen – laut Vorschau würden wir ja 0,83 Prozent oder so etwas erreichen –, gesagt, dass wir das nicht tun, weil da zwar der Pariser Club im Sommer einen Entschluss gefasst hat, die Sudanentschuldung endlich zu machen, aber nachdem dann ein Militärputsch war, ist diese Entscheidung on hold und wird wohl 2022 nicht kommen. Das sagt auch der Pa­riser Club. – Also keine Sorge, nicht nur, dass die Entschuldung nicht kommt, auch wenn sie käme, würde das im Budget keinen Cent kosten. Das ist reines Spielgeld, das ist eine reine Abschreibegeschichte. Das ist in den Siebzigerjahren geflossen, das ist tausend Mal abgeschrieben, das ist keine wirkliche Entschuldung mehr, es ist nur eine buchhalte­rische Geschichte und ist by the way unlauter, weil überhaupt nicht entwicklungspolitisch relevant. Ich weiß, es ist im Rahmen der OECD-Kriterien, es ist im Rahmen der Spielre­geln, keine Frage, da sind wir nicht die Bösen, sondern die Bösen sind unter anderem jene, die die Spielregeln machen, aber wir sind halt schon auch jene, die die Spielregeln bis zum Gehtnichtmehr ausreizen.

Zum Schluss noch ein Gedanke: Was auch gerade in der OECD im DAC, also im Devel­opment Assistance Committee, diskutiert wird, ist, dass jede Impfstoffspende, die ein Land in ein sogenanntes Entwicklungsland gibt, mit 6,7 Dollar als ODA verbucht werden soll, und zwar – das ist der wirkliche Wahnsinn an der Sache – ohne irgendwelche Krite­rien für ein Ablaufdatum zu definieren. Wir dürfen nicht bereits abgelaufene Impfstoffe wohin auch immer exportieren, das ist uns aufgrund von anderen Umständen untersagt, aber wir könnten theoretisch einen Impfstoff, der in drei, vier Wochen abläuft, wohin auch immer schicken und sagen: Juhu, bei uns daheim will keiner Astra Zeneca oder was auch immer, schicken wir es wohin auch immer und rechnen uns das dann pro Dosis mit 6,7 Dollar an. Auch das – nicht böse sein! – ist unlauter, denn bis diese Dosen wirklich dort angekommen sind, wo sie in einen Oberarm injiziert werden, sind sie längst abge­laufen. Das ist einfach auch auf OECD-Ebene zu diskutieren!

Herr Minister, tut mir leid, aber wenn Sie uns im Ausschuss auf Nachfrage sagen, dass Sie natürlich wollen, dass so viel wie möglich ODA-anrechenbar ist, dann glaube ich, dass man das schon wesentlich differenzierter diskutieren muss, als das momentan der Fall ist, denn das, was da mit Budgetkosmetik passiert, ist wirklich, wirklich unmoralisch, unethisch und auch politisch überhaupt nicht sauber. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

19.57

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Henrike Brandstötter

Kolleginnen und Kollegen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 241

zum Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundes­gesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanz­gesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs zitierte Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. In Artikel I lauten die Schlusssummen wie folgt:

 

„Allgemeine Gebarung

Geldfluss aus der Finanzierungstätigkeit

 

(Beträge in Millionen Euro)

Auszahlungen:

99.117,137

156.954,534

Einzahlungen:

86.474,563

169.597,108

Nettofinanzierungsbedarf

12.642,574

 

Finanzierungsüberschuss

 

12.642,574“

2. In der Anlage I der im Titel bezeichneten Regierungsvorlage sind in der Untergliede­rung 12 – Äußeres und in der Untergliederung 16 – öffentliche Abgaben die Beträge folgender Detailbudgets zu ändern:

„Detail-
budget

Mittelverwendungsgruppe/
Mittelaufbringungsgruppe


von

abzuändern
um


auf

 

 

(Beträge in Millionen Euro)

12.02.01

Transferaufwand

180,125

36,00

216,125

12.02.01

Auszahlungen aus Transfers

180,125

36,00

216,125

16.01.01

Erträge aus der operativen Verwaltungstätigkeit und Transfers

98.300,000

36,00

98.336,000

16.01.01

Einzahlungen aus der operativen Verwaltungs­tätigkeit und Transfers

98.300,000

36,00

98.336,000“

3. Die Betragsänderungen sind auch in den entsprechenden Globalbudgets, in der Über­sicht Globalbudgets sowie bei den von den Änderungen jeweils betroffenen Summenbe­trägen der Anlagen I, I.a, I.b, I.c, I.d, I.e und III zu berücksichtigen.

Begründung

Der gegenständliche Abänderungsantrag dient der Aufstockung der bilateralen Entwick­lungszusammenarbeit in der Untergliederung 12 des Äußeres.

Die Pandemie ist ein Brandbeschleuniger, der viele Erfolge der Entwicklungspolitik zu­nichtemacht: Laut UNO und Weltbank wird durch COVID-19 die Anzahl jener, die als


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 242

extrem arm gelte, also jene Menschen, die von 1,60 Euro pro Tag leben müssen, auf über eine Milliarde steigen. Ein Blick nach Syrien, Afghanistan oder Äthiopien, einem langjährigen Schwerpunktland der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, zeigt, dass immer mehr und immer länger andauernde Konflikte Staaten destabilisieren, Exis­tenzgrundlagen zerstören und letztlich viele Menschen töten.

Auch die Klimakrise trifft Menschen in Ländern des globalen Südens besonders hart, obwohl sie am wenigsten dazu beitragen. Schätzungen zufolge wirken sich Bodenzer­störung, Wüstenbildung und Dürre schon heute auf das Leben von 1,8 Milliarden Men­schen aus – auf jede und jeden Fünften. Jeder dritte Mensch hat keinen durchgehenden Zugang zu sauberem Trinkwasser. Diese Zahlen und damit die Anzahl armer Menschen, die hungern und ihrer Lebensperspektiven beraubt sind, werden steigen. Den Teufels­kreis aus Armut, Hunger und Gewalt, der Menschen in die Flucht treibt und der durch COVID-19 sowie Klimakrise noch verstärkt wird, gilt es endlich zu durchbrechen.

Während Österreich laut Angaben der OECD im Jahr 2020 pro Kopf 51 Euro für bila­terale Hilfe aufwendete, waren es in den Niederlanden 180 Euro und in Schweden 302,5 Euro pro Einwohner*in. Aus diesem Grund ist es umso bedauerlicher, dass die Finanzierung der direkten bilateralen Projekthilfe der ADA im Budgetentwurf 2022 stag­niert – handelt es sich doch genau um jene Entwicklungsgelder, die unmittelbar bei den ärmsten Menschen der Welt ankommen. Expert*innen und NGOs haben bereits Alarm geschlagen und vor einer Stagnation der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit ge­warnt. Sie appellieren an die Bundesregierung und an alle Abgeordneten hier finanziell nachzubessern.

Laut dem Regierungsprogramm tragen Entwicklungszusammenarbeit, humanitäre Hilfe sowie entwicklungspolitische Bildung als Instrumente der Entwicklungspolitik wesentlich dazu bei, Lebensperspektiven für Menschen in einem Umfeld sozialer und politischer Stabilität und eine nachhaltige Entwicklung – im Sinne der Agenda 2030 – zu ermögli­chen.

Ebenso hält das Regierungsprogramm ein Bekenntnis der Erhöhung der finanziellen Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit, sowie die Ausweitung der finanziellen Mittel im Bereich der bi- und multilateralen EZA mit Fokus auf bilaterale Mittel fest.

Die zusätzlichen Ausgaben im Detailbudget 12.02.01 Entwicklungszusammenarbeit und Auslandskatastrophenfonds können teilweise durch vorhandene Rücklagen in der UG 12 als auch zu erwartenden Mehreinnahmen aus der Körperschaftsteuer, die das BMF im Bundesvoranschlag zumeist unterschätzt, bedeckt werden (DB 16.01.01).

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als nächster Redner ist Alexander Melchior zu Wort ge­meldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Ich darf noch ergänzen, dass der Abänderungsantrag ordnungsgemäß eingebracht ist und somit auch in Verhandlung steht. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.57.52

Abgeordneter Alexander Melchior (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Außenminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Sehr geschätzte Kollegin Bayr, als Sie jetzt hier ans Rednerpult getreten sind und davon gesprochen haben, dass heute ein guter Tag sein könnte, habe ich mir gedacht, dass es um den Auslandskatastrophenfonds geht. Diesen haben Sie dann auch angesprochen, aber Sie haben nicht dazugesagt, dass er sich in den letzten Jahren ver­zehnfacht hat. Der Auslandskatastrophenfonds ist eine ganz wichtige Maßnahme, um


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schnell und unkompliziert Hilfe zu ermöglichen. Sie sind in diesem Bereich ja extrem engagiert, auch da meine große Wertschätzung, aber ich finde, es wäre auch einmal angebracht, dass man sagt: Das ist auch einmal ein Erfolg und es geht in die richtige Richtung. – Natürlich kann es immer mehr sein, aber man kann auch einmal das, was da ist, honorieren, und ich würde das gerne an dieser Stelle tun. (Beifall bei der ÖVP.)

Der zweite Aspekt, den Sie angesprochen haben, betrifft die Impfdosen. Wie Sie ja selbst wissen, sind die Impfstoffe, die Österreich anderen Ländern zur Verfügung stellt – wenn ich richtig informiert bin, da vor allem auch rund um den Westbalkan –, natürlich und selbstverständlich keine Impfstoffe, die abgelaufen sind. Da geht es auch nicht um die Anrechnung wegen der ODA oder sonst irgendetwas, sondern es geht ausschließlich darum, Länder zu unterstützen, die unsere Hilfe brauchen. Das machen wir und ich bin sehr, sehr dankbar, dass diese Initiative auch gestartet wurde. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Disoski.)

Zu dem, was ich aber eigentlich sagen wollte: Sehr geehrter Herr Außenminister – ich darf das sagen: lieber Michael –, es freut mich, dass du die Aufgabe im Außenministe­rium übernommen hast. Wir haben sehr eng und intensiv zusammenarbeiten dürfen und ich darf eine persönliche Anekdote erzählen: Als ich damals ins Außenministerium ge­kommen bin und dich gesehen habe, war dein erster Satz: Hallo, schön, dass du da bist – also ich habe mich sehr willkommen gefühlt –, wie kann ich helfen? Wie kann ich unterstützen?

Das trifft eigentlich auch genau darauf zu, wie ich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Außenministerium kennengelernt habe: extrem serviceorientiert im Konsularbereich, bei der Unterstützung von Unternehmen, die in anderen Ländern zu unterstützen sind, im Bereich der EZA. Da ist das Außenministerium also ein wirklicher Servicedienstleister, und es ist wunderschön zu beobachten, dass das einfach diese Qualität hat und diese vorhanden ist.

An dieser Stelle ein ganz, ganz großes Dankeschön an die Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter. Ich habe vorher eine SMS von einer lieben ehemaligen Kollegin bekommen, die gesagt hat, sie sieht zu. Ihr stellvertretend: Du seist gegrüßt – und auch alle Kolleginnen und Kollegen, die in Österreich oder in den Vertretungen vor Ort sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte zum Abschluss noch erwähnen, dass das Thema – du hast es auch schon angesprochen – Amtssitz ein wirklich wichtiges Thema ist, nicht nur für uns, für die Au­ßenpolitik, sondern auch für die Standortpolitik. Du hast von der Wertschöpfung gespro­chen. Alleine diese Kontakte, die man in diesem Rahmen auch in Österreich nutzen kann, diese bilateralen Gespräche, die am Rande stattfinden  ich weiß, wie wichtig sie sind, ich weiß, wie du sie führen wirst. Es hilft uns allen, vielen herzlichen Dank! – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.01


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Abgeordnete Petra Steger. – Bitte, Frau Abgeordnete.


20.01.29

Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wir befinden uns mitten in der größten Gesundheits- und Wirtschaftskrise der Zweiten Republik. Die Schulden steigen ins Unermessliche, die In­flation belastet nicht nur die Haushalte, sondern auch die Unternehmen. Strom, Öl, Gas, Baustoffe, alles wird immer teurer, und in Österreich gibt es mittlerweile um die 1,2 Millio­nen armutsgefährdete Menschen, die nicht mehr wissen, ob sie sich diesen Winter das Heizen noch leisten können.


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Trotz alldem, trotz Krise und obwohl wir jeden Cent jetzt hier in Österreich dringend brau­chen würden, zahlen wir jedes Mal mehr und mehr und noch mehr in die Europäische Union ein. Das, sehr geehrte Damen und Herren, halte ich nicht nur für absolut unverant­wortlich, sondern gerade in der jetzigen Zeit für einen unglaublichen Verrat an den Inter­essen der Österreicherinnen und Österreicher. (Abg. Brandstätter: Wir kriegen ja immer mehr zurück!)

Sehr geehrte Damen und Herren, dabei handelt es sich nicht um einen kleinen Betrag. Dank der Zustimmung der ÖVP, aber auch der anderen Parteien zum letzten Mehrjähri­gen Finanzrahmen zahlen wir seit 2020 um die 800 Millionen Euro mehr nach Brüssel als noch in den Jahren davor. Unser Beitrag ist von rund 3 Milliarden Euro auf 3,8 Milliar­den Euro gestiegen – Geld, das jetzt fehlt und das wir dringend brauchen würden. Mit der damaligen Zustimmung hat auch die ÖVP jedes Wahlversprechen gebrochen, das sie je in diesem Zusammenhang gegeben hat.

Ich kann mich noch daran erinnern, als der damalige Bundeskanzler Kurz, jetzt bald Angeklagter, dagestanden ist und gesagt hat, mit ihm wird es keine Erhöhung des EU-Beitrags geben, es könne nicht sein, dass eine EU, die durch den Brexit kleiner gewor­den ist, jetzt mehr Geld braucht. – Am Ende haben Sie dem größten EU-Budget aller Zeiten zugestimmt, mit 1 074 Milliarden Euro.

Aber nicht nur das, Sie haben auch im vergangenen Jahr unter dem Deckmantel von Corona einem der weitreichendsten Beschlüsse seit der Einführung des Euro zuge­stimmt, nämlich dem EU-Wiederaufbaufonds, und damit nicht nur dem gewaltigen Tabu­bruch einer Schuldenunion, sondern auch Zahlungen und Haftungen Österreichs in Mil­liardenhöhe für Pleitestaaten wie Italien, Spanien oder Frankreich. Für 3,5 Milliarden Eu­ro, die wir wahrscheinlich bekommen werden, zahlen wir in Zukunft um die 12 Milliarden Euro. Das sind Schulden der nächsten Generation, für die Sie verantwortlich sind, sehr geehrte Damen und Herren. Wenn Sie von Solidarität sprechen, frage ich mich immer: Was ist mit der Solidarität gegenüber der eigenen Bevölkerung, der nächsten Genera­tionen in Österreich, sehr geehrte Damen und Herren? (Beifall bei der FPÖ. – Zwi­schenruf des Abg. Brandstätter.)

Sie haben mit diesem Beschluss nicht nur zugestimmt, dass die EU ihre eigenen Ver­träge bricht, sondern auch klar österreichisches Verfassungsrecht gebrochen. Ich habe es Ihnen schon mehrfach gesagt, aber anscheinend spielt für Sie österreichisches Ver­fassungsrecht, wie wir es bei den 2G-Maßnahmen erst kürzlich wieder sehen konnten, eh keine Rolle mehr – der nächste Schandfleck für Österreich. In ganz Europa, auch in Deutschland schütteln die Medien schon den Kopf über diese Maßnahmen; nach dem Schandfleck, den die ÖVP mit ihren Bussi-Bussi-Chats verursacht hat, ist das die nächs­te Peinlichkeit in Europa.

Das Schlimmste ist: Sie sorgen mit Ihrer EU-Umverteilungspolitik und dem Einstehen für fremde Schulden dafür, dass immer mehr Schulden gemacht werden. Anstatt dass si­chergestellt wird, dass die Schuldenquoten endlich sinken, will man jetzt auch noch die Maastrichtkriterien aufweichen. Ich halte das für absolut unverantwortlich und ich kann Ihnen jetzt schon sagen: Das ganze Geld, dass jetzt in diese Länder fließt, wird verpuffen und am Ende bleibt nur noch ein noch größerer Schuldenberg.

Das Schlimmste ist – was man erkennt, wenn man sich das auch noch anschaut –, wofür die EU unsere Gelder verwendet. Abgesehen von der Finanzierung weiterer Schulden und der Aufnahme von immer mehr Flüchtlingen zahlt sie Milliarden an die Türkei für Heranführungshilfen, für einen EU-Türkei-Deal, den die Türkei immer wieder dafür missbraucht, uns zu erpressen. Statt die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei endlich zu beenden, werden dagegen Länder wie Ungarn oder Polen ständig bestraft: Ungarn dafür, dass es die EU-Außengrenzen 2015 geschützt hat, und Polen dafür, weil es fest­gehalten hat, dass polnisches Verfassungsrecht vor EU-Recht geht.


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Gleichzeitig – und das ist ein besonderes Schmankerl – spricht sich die Europäische Union dafür aus, 1 Milliarde Euro an die Taliban zu geben. – Ja natürlich, das ist euro­päische Logik: Kopfabhacken ist natürlich wesentlich vereinbarer mit europäischen Wer­ten, als einmal festzuhalten, dass nationalstaatliche Kompetenzen vor EU-Recht gehen. Da hat sich Polen natürlich etwas Grausiges geleistet. – Absurder geht es nicht mehr, sehr geehrte Damen und Herren. Man streicht Polen Coronaaufbaumittel, verhängt gleichzeitig eine Strafe von 1 Million Euro täglich und erwartet dann auch noch, dass es genügend Mittel zur Verfügung hat, um die Außengrenzen effektiv zu schützen.

Bei einer derartigen Vorgehensweise zeigt sich einmal wieder die ganze Absurdität der Europäischen Union und in welchem Paralleluniversum die Politiker teilweise leben. Aus diesem Grund bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein (Zwischenruf des Abg. Brandstätter):

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unterstützung der Grenzschutzmaßnahmen an der polnischen, litauischen und lettischen EU-Außen­grenze“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, den EU-Mitgliedstaaten Polen, Litauen und Lettland zur Errichtung ihrer Grenzschutzmaßnahmen gegen illegale Migration auf bila­teraler und europäischer Ebene Unterstützungsleistungen – auch finanzieller Natur – zu­kommen zu lassen.“

*****

Sehr geehrte Damen und Herren, hören Sie endlich mit diesem ständigen Ungarn- und Polenbashing auf, bevor noch die nächsten Länder der Europäischen Union den Rücken kehren! Statt Flüchtlingsverteilungsfantasien nachzuhängen, sollten Sie lieber dafür sor­gen, dass die Milliarden, die wir nach Brüssel überweisen, endlich für einen effektiven Außengrenzschutz eingesetzt werden. Hören Sie außerdem endlich mit diesem Ausver­kauf Österreichs nach Brüssel auf, sowohl finanzieller Natur als auch betreffend unsere Kompetenzen! (Beifall bei der FPÖ.)

20.07

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Steger, MMMag. Dr. Axel Kassegger, Mag. Hannes Amesbauer

und weiterer Abgeordneter

betreffend Unterstützung der Grenzschutzmaßnahmen an der polnischen, litauischen und lettischen EU-Außengrenze

eingebracht in der 129. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 16. November 2021 im Zuge der Debatte zu TOP 4, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungs­vorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.), UG 12 Äußeres

Die EU-Mitgliedstaaten Polen, Litauen und Lettland sind an ihren Landesgrenzen zu Weißrussland mit einer wahren Sicherheitsbedrohung konfrontiert: Tausende illegale


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Wirtschaftsmigranten versuchen seit Monaten von Weißrussland aus gewaltsam auf pol­nisches, litauisches oder lettisches Territorium, und somit in die EU, vorzudringen. Alle drei Länder gaben allerdings – im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten in den letzten Jahren – dem Druck nicht nach, sondern waren vielmehr bereit, ihre Staatsgren­zen zum Wohle Europas und der Europäer zu verteidigen.

Die Regierungen der bedrohten Staaten verhängten den Ausnahmezustand. Soldaten wurden zur Sicherung der Grenze abkommandiert. Physische Grenzbarrieren über eine Länge von mehreren hundert Kilometern wurden als notwendige Maßnahme errichtet oder sind in Planung. Polen, Litauen und Lettland verteidigen damit nicht nur ihre jewei­ligen Landesgrenzen, sondern auch die östliche EU-Außengrenze. Eine derartige Wehr­haftigkeit wird andernorts sträflich vermisst.

Diese Einsatzbereitschaft offenbart, dass physische Barrieren nicht nur eine abschre­ckende Wirkung in Bezug auf illegale Migration haben, sondern vielmehr tatsächlich Migrationsströme zum Halten bringen können. Wohingegen ein Durchwinken der ille­galen Migranten nachweislich eine weitere Sogwirkung entfaltet und Europa sich damit erneut der Erpressung preisgegeben hätte, haben Polen, Litauen und Lettland bewie­sen, dass ernstgemeinter Grenzschutz ein mehr als probates Mittel darstellt, um Migra­tionsbewegungen zu stoppen. Die Rechnung des weißrussischen Regimes ging dank dieser Standhaftigkeit nicht auf und nun muss sich Weißrussland selbst um Rückführun­gen der gestrandeten Migranten bemühen.

Diese Schutzmaßnahmen gegen illegale Migration verursachen allerdings Kosten. In Li­tauen werden diese mit rund 152 Millionen Euro beziffert. In Polen geht man von Kosten in Höhe von etwa 350 Millionen Euro aus.

Die Institutionen der Europäischen Union lassen hierbei ihre östlichen Mitgliedstaaten vollkommen im Stich. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach zwar davon, dass es sich um einen „hybriden Angriff eines autoritären Regimes handelt, um demokratische Nachbarn zu destabilisieren“ (FAZ 10.11.2021: Von der Leyen und Biden beklagen „hybriden Angriff“ Lukaschenkos), zeigte sich aber nicht bereit, auch nur einen Euro vonseiten der Europäischen Union für die Errichtung der schützenden Grenzanla­gen beizusteuern (FAZ 23.10.2021: Keine Finanzierung von „Stacheldraht und Mauern“).

Zumindest EU-Ratspräsident Charles Michel sprach sich für eine weitere Diskussion bezüglich der Finanzierung von Grenzanlagen aus. Zuvor hatte er den Juristischen Dienst des EU-Rates damit beauftragt, die Frage zu klären, ob die Europäische Union „auch wirklich Grenzzäune zum Schutz der EU-Außengrenzen mitfinanzieren darf. Nun hat der Juristische Dienst des EU-Rates nach den Worten Michels Klarheit geschaffen: Die darf Zäune finanzieren“ (Welt.de 11.11.2021: In der EU-Migrationspolitik deutet sich eine spektakuläre Wende an). Rechtlich spricht demnach nichts gegen eine Mitfinanzie­rung der Grenzzäune durch die EU.

Der österreichische Innenminister Karl Nehammer zeigte – zumindest verbal – seine Bereitschaft, die von der neuesten Welle illegaler Massenmigration bedrohten EU-Mit­gliedstaaten zu unterstützen: „Die EU-Kommission muss Polen bei der Sicherung der EU-Außengrenze unterstützen und die nötigen Mittel für die Errichtung eines robusten Grenzzaunes bereitstellen“ (Welt 10.11.2021: „Das darf sich Europa nicht gefallen las­sen“). „Die Außengrenze muss auch in Litauen geschlossen werden. Es darf keine Lü­cken geben, das System kann so nicht funktionieren“, so Nehammer (Kurier 29.07.2021: Migration: Nehammer kritisiert erneut EU-Kommission). Auch auf bilateraler Ebene bat Nehammer Unterstützung an.

Worte allein reichen aber nicht aus, um die Sicherheit Europas zu gewährleisten. Und die Budgetpolitik der schwarz-grünen Bundesregierung zeichnet sowieso ein anderes Bild. Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit werden hunderte Millionen Euro


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jährlich ins Ausland gepumpt, ohne dass dadurch Stabilisierungseffekte erzielt werden können, wie eindrucksvoll die jüngsten Entwicklungen in Afghanistan oder Äthiopien zei­gen. Organisationen wie der UNHCR, der sich für offene Grenzen für Migranten aus­spricht, werden mit Millionenbeträgen aus österreichischen Steuergeldern finanziert.

Es ist an der Zeit, diese ineffiziente Entwicklungshilfe neu zu gestalten und die dafür vorgesehenen Mittel einer sinnvollen Verwendung zuzuführen. Ein richtiger Schritt in diese Richtung wäre es, Polen, Litauen und Lettland bei der Aufrechterhaltung der Si­cherheit ihrer Länder und damit Europas zu helfen und ihnen im Kampf gegen illegale Migration unter die Arme zu greifen.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, den EU-Mitgliedstaaten Polen, Litauen und Lettland zur Errichtung ihrer Grenzschutzmaßnahmen gegen illegale Migration auf bila­teraler und europäischer Ebene Unterstützungsleistungen – auch finanzieller Natur – zukommen zu lassen.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Henrike Brandstötter. – Bitte, Frau Abgeordnete.


20.07.29

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr (in Richtung Bundesminister Linhart) Bundeskanzler! (Zwischenbemerkung von Bundesminister Linhart.) – Entschuldigen Sie bitte! Sehr geehrter Herr Bundesmi­nister! – Es ist schon spät.

Entwicklungszusammenarbeit ist die humanitäre Verantwortung für ein so reiches Land wie unser Österreich, aber Entwicklungszusammenarbeit ist auch eine ausgezeichnete Investition in unsere eigene Zukunft. Die Wachstumsmärkte der Zukunft liegen in Afrika, in Asien, in Südamerika, und deshalb verlange ich einerseits immer mehr Mittel für Entwicklungszusammenarbeit, mehr Budget, andererseits aber auch eine neue Qualität der Entwicklungszusammenarbeit. Qualität bedeutet, zu messen, was wir eigentlich mit unserem Geld erreichen.

Kollege Kassegger hat das ja vorhin auch angesprochen, im Ausschuss wurde es auch angesprochen: In diesem Budget, das wir jetzt beschließen, haben wir Wirkungsziele, die Armutsbekämpfung danach bewerten, wie viele Projekte wir haben und wie viel Geld wir in diese Projekte hineinbuttern. Kein Wirkungsziel ist es derzeit, zu sehen, ob es den Menschen danach auch besser geht, ob diese Projekte auch nachhaltig ein Einkommen schaffen.

Sie haben im Ausschuss dazu auch gesagt, Herr Bundesminister, dass Erfolg schwer zu bewerten ist. Da muss ich Ihnen aber auch entgegenhalten: Es gibt ein ganzes aka­demisches Feld der Evaluierung, und ich finde, wir sollten es damit auch einmal pro­bieren. Auch, dass wir unsere Hilfe nicht schnell genug und flexibel anpassen können, wenn eines unserer Partnerländer im Bürgerkrieg versinkt, wie das derzeit in Äthiopien der Fall ist, ist nicht akzeptabel. Wenn wir wirklich so schlecht darin sind, Hilfe zu be­werten, dann muss man es sich eben auch überlegen, ob wir diese Art der Hilfe sein


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lassen und unsere Gelder poolen. Wir können sie an internationale Organisationen ge­ben, wir können sie an jene Organisationen geben, die eben schon evaluieren können.

Das bringt mich auch zur Quantität. 0,7 Prozent ist das internationale Ziel, davon sind wir mit derzeit 0,31 Prozent weit entfernt. Sie haben im Ausschuss gesagt, dass 0,7 Pro­zent ja ein längerfristiges Ziel sind, wir aber am richtigen Weg seien, weil wir uns ja schon von 0,26 Prozent ausgehend verbessert haben.

Ich weiß, Sie sind neu und Sie müssen sich erst einarbeiten. Vielleicht fragen Sie aber auch einmal Ihren Stab nach den Trends der Zukunft. Da geht es ein paar Jahre bergauf, dann geht es wieder bergab, dann flacht es wieder ab, und dementsprechend gestalten wir dann unsere Wirtschaftsleistungen. Deshalb fordern NGOs ja nicht umsonst ein EZA-Finanzierungsgesetz, das diese Wirtschaftshilfen auf vorhersehbare Schienen bringt, um zu verhindern, dass diese Prozentsätze Achterbahn fahren, je nachdem, wie die Wirtschaft gerade läuft. Ich bitte Sie, sich als ehemaliger ADA-Direktor mit dem neuen ADA-Direktor zusammenzusetzen, der sich ja ebenfalls ein Mehr an Hilfe gewünscht hat, eine Budgeterhöhung gewünscht hat.

Diese Budgeterhöhung ist möglich, Sonderbudgets sind möglich, und ich bitte Sie, noch einmal darüber nachzudenken, ob wir nicht dieses Sonderbudget ziehen. Ich bitte Sie weiters darum, auch Evaluierung zu einer Priorität eins zu machen, denn wer effizient hilft, der hilft, wer nicht effizient hilft, der hilft eben nicht. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

20.11


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Christian Hafen­ecker. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.11.12

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich glaube, vorhin ist Ihnen ein kleiner Blümel’scher Zahlendreher passiert, und zwar hat Ihr Ressort nicht 560 000 Euro Budget, sondern 560 Millionen Euro. Das ist aber wahr­scheinlich der fortgeschrittenen Stunde geschuldet.

Ich habe vorhin Kollegin Dziedzic zugehört und teile ihre Bedenken, was die vielen Kon­flikte rund um den Globus und auch die vielen Probleme, die es im Zusammenhang mit Menschenrechten gibt, betrifft. Ich hoffe, dass Kollegin Dziedzic auch einmal sieht, was sich im eigenen Land abspielt: dass hier unschuldige Menschen zu Hause einfach inter­niert werden. Dafür ist ihre Partei mitverantwortlich. Man muss ja schon fast hoffen, dass es irgendwelche internationalen NGOs gibt, die sich auch einmal um die Österreicher kümmern, wenn das so weitergeht. (Beifall bei FPÖ.)

Herr Bundesminister, was mir zuletzt in unserer Ausschusssitzung leidgetan hat, ist, dass Sie eigentlich keine unserer Fragen beantwortet haben, und das, obwohl Sie lange Generalsekretär im Außenministerium waren, also gar nicht so neu sind, und vor Kurzem auch noch Botschafter waren.

Ich möchte jetzt die Gelegenheit nutzen, noch einmal darauf hinzuweisen, was Sie uns alles nicht gesagt haben. Wenn man zum Beispiel über die Zusammensetzung unserer EZA-Gelder spricht und sich überlegt, in welchen Regimes diese am Ende des Tages ankommen, denke ich schon, dass es wichtig wäre, dass man aus österreichischer Sicht einmal eine Strategie dafür hat, wo man diese Gelder hinschickt. Ich denke nicht, dass Österreich damit zufrieden sein kann, dass schlussendlich unsere EZA-Gelder unter an­derem bei den Taliban landen. Diese Diskussion muss möglich sein und man muss sie auch führen.

Ein weiterer Punkt, den wir im Plenum angesprochen haben – Kollegin Bayr aber auch Herr Kollege Melchior haben darauf hingewiesen –, ist das Verteilen von Impfdosen. Im­mer dann, wenn österreichische Regierungsmitglieder in Ländern, denen es halt nicht


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so gut geht, Staatsbesuche abhalten, werden sofort Impfdosen verteilt. Auch darüber sollte man sprechen können (Zwischenruf bei der ÖVP), nicht nur, wie diese dort hinkom­men, sondern auch, was wir dafür bezahlen.

Da geht es nicht nur um die Anschaffungskosten dieser Impfdosen, sondern es geht um Nebenverträge, die die Pharmakonzerne hinterlegt haben, und darum, dass wir diese Impfdosen nicht einfach so weitergeben können, sondern dann noch einmal dafür be­zahlen müssen. Ich denke, das ist ein Thema, das man in diesem Zusammenhang doch auch noch einmal beleuchten muss. Herr Bundesminister, ich habe es Ihnen schon im Ausschuss gesagt: Sie sollten der österreichischen Bevölkerung auch sagen, was diese Gnadenakte, die Sie da irgendwie rund um den Globus tätigen, tatsächlich kosten. Es geht nicht nur um die Impfdosis per se, sondern um das, was man dann sozusagen auch noch an Ausgleichszahlungen leisten muss.

Vor diesem Hintergrund – und da bin ich auch schon wieder am Ende meiner Ausfüh­rungen – ist eines auch noch spannend: Wir verteilen zwar auf der einen Seite überallhin Impfstoffe, aber auf der anderen Seite kümmern wir uns nicht um die Auslandsösterrei­cher. Es gibt das Beispiel aus Brasilien, wo es natürlich auch impfwillige Auslandsöster­reicher gibt, die die Impfstoffe aus Österreich nicht erhalten; im Gegenzug aber haben sie alle Botschaftsangehörigen erhalten.

Der Punkt ist jener: Man muss jetzt nicht eine brasilienweite Impflogistik aufbauen, man könnte aber zumindest die Botschaft so mit Impfstoffen beschicken, dass sich dort auch impfwillige Österreicher impfen lassen können. Im Gegenzug gibt es nämlich das Pro­blem, dass diese Österreicher dazu verurteilt sind, sich vor Ort Impfstoffe verabreichen zu lassen, wenn sie das möchten. Diese werden aber bei uns nicht akzeptiert, und somit können sie trotz Impfung nicht nach Hause reisen.

Herr Bundesminister, diese Ungerechtigkeit – und Brasilien ist jetzt nur exemplarisch genannt worden – sollten Sie also aus meiner Sicht schleunigst auf gerade stellen, und man sollte wirklich schauen, dass die Auslandsösterreicher mindestens genauso gut be­handelt werden wie andere Länder rund um den Globus. (Beifall bei der FPÖ.)

20.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Mag. Dr. Martin Graf. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.15.04

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Ja, wir sprechen bei diesem Tagesordnungspunkt viel von Entwicklungszusammenarbeit, und wir haben das im Ausschuss bei den sogenannten Budgetverhandlungen auch schon behandelt. Heute wird von Abgeordneten der Regierungsfraktionen, vor allem von Kollegin Dzie­dzic, kaum irgendetwas an diesem Budget, an dieser Regierungsvorlage, die wir heute hier verabschieden, kritisiert, sondern es wird ständig die Opposition kritisiert. Dabei steht hier eigentlich eine Regierungsvorlage zur Abstimmung, und da hätten wir ja bei den Budgetverhandlungen das eine oder andere erreichen können.

Ich nehme jetzt einen Punkt heraus, der alleine mir schon reichen würde, um das Budget überhaupt abzulehnen, und zwar die Streichung der Schulden des Sudan. Ich darf erin­nern: Das ist in der Regierungsvorlage festgeschrieben worden, und man reagiert in den Verhandlungen gar nicht darauf, dass es dort mittlerweile zu einem Militärputsch gekom­men ist und dort Menschen umgebracht werden, Oppositionelle eingesperrt werden, Gegner der Militärregierung eingesperrt werden. Die österreichische Regierung geht her und beschließt mit dem Budgetgesetz, das wir heute und in den nächsten Tagen be­schließen werden, einen Schuldenerlass von in Summe 2,5 Milliarden Euro für diese Mili­tärregierung. Das sind 2 500 Millionen Euro, wenn man so will, oder in alter Währung –


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darunter können sich manche auch noch etwas vorstellen – 35 Milliarden österreichi­sche Schilling. Damit könnte man den Österreichern 125 000 VW Golf mittlerer Ausstat­tung zur Verfügung stellen. Dieses Geld haben die Österreicher in der Vergangenheit aufgebracht.

Das sind Gelder, die der Sudan in den letzten Jahren ausgegeben hat, und ich erinnere daran: Der Sudan hat in den letzten 30 Jahren, um nur ein Beispiel zu nennen, im Durch­schnitt 4,6 Prozent seines BIPs für militärische Belange ausgegeben. Österreich gibt 0,4 Prozent aus, sage ich dazu. Man könnte also sagen, der Sudan hat unsere Entwick­lungshilfegelder in den letzten Jahren offensichtlich auch für Militärausgaben verwendet und verwendet sie jetzt offensichtlich auch, um die Bevölkerung in vielerlei Art und Weise zu unterdrücken.

Dass man da in den Budgetverhandlungen im Ausschuss nicht bereit ist – und wir haben den Herrn Minister oftmals gedrängt und dazu befragt, er hat aber kaum dazu Stellung genommen –, das verwundert doch. Wenn wir bei einem Einnahmenbudget von rund 80, 85 Milliarden Euro 2,5 Milliarden so locker wegdrücken können, verwundert es doch, dass wir das beschließen und damit auch noch der Rosstäuscherei Vorschub leisten, dass man über diesen besagten 0,7-Prozentanteil unseres BIPs die Mittel der Entwick­lungszusammenarbeit aufgestockt hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich halte das für ein wirklich falsches Signal, an eine Militärregierung, an Putschisten in dieser Situation letztlich Geld zu verschenken. Was ist denn die Wirkungsorientierung dieser Maßnahme? – Dass man in der Dritten Welt sagen kann: Wenn wir putschen und ein Militärregime einsetzen, erlässt uns Öster­reich die Schulden! – Das ist dann das Ziel, das man unter Umständen verfolgt oder auch erreicht hat, und das mithilfe der Grünen. Man ist nicht bereit, das aufzugeben. Da sieht man wieder, welchen Stellenwert das Parlament bei Budgetverhandlungen am Ende hat. Das ist fatal und ganz, ganz schlecht, da werden Sie mir zustimmen.

Ich stelle daher folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend „definitive Beendigung der geplanten Schuldenreduktionen für den Sudan“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und internatio­nale Angelegenheiten im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, die Schulden des Sudan nicht – wie im Budgetvoranschlag 2022 geplant – zu reduzieren. Vor dem Hintergrund der, in Folge der Corona-Krise angespannten Bud­getlage soll von Schuldennachlässen generell Abstand genommen werden.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich halte es für ganz dringend notwendig, dass man zumindest dieses Signal vom Hohen Haus aussendet, und wenn wir nicht in der Lage sind, dieses Signal auszusenden, dann tun Sie, Frau Kollegin Dziedzic – mit Ver­laub –, mir echt leid. Dann brauchen Sie den moralischen Zeigefinger vor allem in Rich­tung der FPÖ überhaupt nicht mehr zu heben, denn dann haben Sie sämtlichen Kredit, den man Ihnen in der Entwicklungshilfe gegeben hat, schon längst verbraucht; das sage ich an dieser Stelle. (Beifall bei der FPÖ.)

Dass man rückwärtsgewandte Ziele hat, ist das eine, dass man aber überhaupt keine Ziele für die Zukunft hat, sieht man an einem einzigen Beispiel. Brasilien ist jetzt auch


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bei der Klimakonferenz in Glasgow im Zentrum gestanden. Dass aber Österreich her­geht – vielleicht mithilfe der Grünen, aber ich bin ja von den Grünen gar nicht mehr ent­täuscht, schon gar nicht in dieser politischen Situation; sie können sich nirgends durch­setzen – und in diesem Zusammenhang nicht einmal Brasilien für die wirtschaftliche Zu­sammenarbeit auf allen Ebenen, Wissenschaft, Außenpolitik und Ähnliches mehr zu ei­nem Schwerpunktland erklärt, auch im Hinblick darauf, dass man dort vielleicht auch mit dazu beiträgt, im Amazonasgebiet oder wo auch immer in diesen Fragen Gutes zu be­wirken, darauf kommen Sie nicht?!

Wir haben nach wie vor in Südamerika Uruguay, das wurde im März dieses Jahres ge­macht, und in Zentralamerika Costa Rica als zwei Zielländer festgeschrieben. Das ist schön und fein und das soll auch so sein, aber der wirkliche globale Spieler, nämlich Brasilien, wo man etwas unternehmen sollte und muss und bei dem Zusammenarbeit an oberster Stelle stehen müsste, wird auch hier wiederum außer Acht gelassen, und das ist schade.

Ich hoffe, wir kommen in den nächsten Wochen zu einem besseren Standpunkt im Zu­sammenhang mit der österreichischen Außenpolitik. Ich lade Sie dazu ein, mit uns in Verhandlung zu treten. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

20.22

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Martin Graf, MMMag. Dr. Axel Kassegger

und weiterer Abgeordneter

betreffend definitive Beendigung der geplanten Schuldenreduktionen für den Sudan

eingebracht in der 129. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 16. November 2021 im Zuge der Debatte zu TOP 4, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungs­vorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.), UG 12 Äußeres

Der Budgetdienst des Nationalrates hält in seiner Untergliederungsanalyse zum UG 12-Äußeres hinsichtlich der Höhe der verwendeten Mittel für die Entwicklungszusammenar­beit fest: „Im BVA-E 2022 wird von einer Steigerung gegenüber 2021 von 2,5 Mrd. EUR auf 3,774 Mrd. EUR und einer ODA-Quote von 0,87 % ausgegangen, die insbesondere auf die Schuldenreduktionen (Sudan; 2/3 im Finanzjahr 2022 und 1/3 Finanzjahr 2024) zurückzuführen sind.“

Der Entwurf zum Bundesvoranschlag 2022 sieht demnach vor, eine Summe in Höhe von rund 2,5 Milliarden Euro (!) aufgrund einer Schuldenreduktion für den Sudan zu bud­getieren. Es ist festzuhalten, dass die Gelder, welche einst dem Sudan bereitgestellt wurden und auf deren Rückzahlung nun verzichtet werden soll, österreichische Steuer­gelder darstellen. Gerade in Zeiten, in denen die österreichischen Bürger unter einer steigenden Inflation und Kostenexplosionen leiden, stellt dieses Ansinnen schon für sich genommen einen ungeheuerlichen Affront dar.

Darüber hinaus ist anzuführen, dass der Sudan ein äußerst instabiler Staat ist, welcher erst jüngst von einem Militärputsch erfasst wurde. Es herrscht der Ausnahmezustand. In der Sitzung des Budgetausschusses am 12. November 2021 gab Außenminister Michael Linhart bekannt, dass die geplante Schuldenreduktion aufgrund des Militärputsches vorerst nicht durchgeführt werden solle, allerdings weiterhin Bestandteil des Entwurfs zum Bundesvoranschlag 2022 bleiben werde. Demzufolge kann, welches Regime sich


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im Sudan auch immer durchsetzen wird, dieses zukünftig auf die dann beschlossene Schuldenreduktion verweisen und davon profitieren. Derartige Unsauberkeiten sind ei­nes Bundesvoranschlages nicht würdig.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und interna­tionale Angelegenheiten im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, die Schulden des Sudan nicht – wie im Bundesvoranschlag 2022 geplant – zu reduzieren. Vor dem Hintergrund der, in Folge der Corona-Krise angespannten Bud­getlage soll von Schuldennachlässen generell Abstand genommen werden.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht somit auch in Verhandlung.

Mir liegen keine Wortmeldungen mehr vor, die Beratungen zu diesem Themenbereich sind somit beendet.

20.22.29UG 13: Justiz


Präsident Ing. Norbert Hofer: Weiters kommen wir zur Untergliederung 13: Justiz.

Zu Wort gelangt zunächst Mag. Selma Yildirim. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


20.22.40

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin, ich begrüße Sie! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Eines ist unbestreitbar, auch wenn manche uns anderes weiszumachen versuchen: Die Justiz ist eine der zentralen Säulen in unserem Rechtsstaat und sie ist Teil der systemrelevanten Infrastruktur. So sollten wir sie auch behandeln – das bedeutet: genug Personal, genug Geld –, sie sollte aber auch in Ruhe arbeiten können. Die Gerichte sind mit großen Herausforderungen konfrontiert – all das war in den vergangenen Jahren nicht der Fall –, dennoch: Die österreichische Justiz leistet trotz schwierigster Bedingungen eine sehr gute Arbeit mit enorm hoher Qualität – dafür ein großes Dankeschön. Auf unsere Justiz ist auch in Krisenzeiten Ver­lass.

Positiv sehe ich auch, dass es für die Justiz heuer eine Budgeterhöhung gibt. Schaut man aber genauer hin, Frau Ministerin, dann hakt es budgetär und personell dennoch an vielen Ecken und Enden. Ist das vielleicht auch eine Folge vieler Jahre Ressortfüh­rung durch die ÖVP? Zahlreiche Reformprojekte drehen schon die x-te Schleife; da be­steht jedenfalls Aufholbedarf.

Die Justiz bekommt im Jahr 2022 rund 76 Millionen Euro mehr, die Zahl der Planstellen wird um 55 Vollzeitäquivalente erhöht. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, keine Frage. Im kommenden Jahr werden es beispielsweise bei den Staatsanwältinnen und Staatsanwälten sechs Planstellen mehr sein, jedoch hat allein die WKStA Bedarf an zehn zusätzlichen Staatsanwältinnen und Staatsanwälten angemeldet. Im dramatisch überlasteten Bundesverwaltungsgericht fällt die Erhöhung von 2021 auf 2022 mit 1 Pro­zent äußerst dürftig aus.


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Unverantwortlich ist der Zustand bei den Justizanstalten. Eine Erhöhung um nur vier Planstellen ist angesichts der immer noch umfangreichen Aufgaben viel zu wenig. Abge­sehen davon konnten die geforderten 200 zusätzlichen Stellen noch gar nicht besetzt werden. Die Situation ist da wirklich angespannt.

Einmal mehr sind diese Erhöhungen also ein Tropfen auf den heißen Stein. Nicht ver­gessen darf man auch, dass immer neue Herausforderungen dazukommen – die Be­kämpfung von Hass im Netz oder die Extremismusprävention seien als Beispiele ge­nannt –, und für neue Aufgaben braucht es jedenfalls mehr Personal.

Ich möchte auf die einzelnen Reformprojekte, die anstehen und wichtig sind, gar nicht eingehen, ich möchte nur zusammenfassend feststellen, dass es positiv ist, dass es für die Justiz mehr Geld geben wird. Besonders freut es mich, dass es für die Gerichtsdol­metscherinnen und Gerichtsdolmetscher Verbesserungen geben wird – ich denke, auch unser Antrag und unsere Diskussion haben dazu beigetragen –, aber leider reicht das finanziell und personell nicht aus, um große Reformen umzusetzen, und die stehen an – ich erwähne beispielsweise den Maßnahmenvollzug.

Das ist einer der Gründe, warum wir diesem Budget nicht zustimmen können, obwohl Sie, Frau Ministerin, ambitioniert sind. Wir hoffen einfach, dass da mehr Durchschlag­kraft an den Tag gelegt wird und Sie sich für die österreichische Justiz sehr starkmachen werden. – Danke, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

20.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Mag.a Agnes Sirkka Prammer. – Bitte, Frau Abgeordnete.


20.26.29

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wie immer zeigen wir mit dem Budget, wo die Schwerpunkte der Arbeit liegen, und einer der Schwerpunkte ist sicherlich die Stärkung der Justiz.

131 Millionen Euro 2020, 65 Millionen Euro 2021, das war das, was die Justiz vor dem schleichenden Tod gerettet hat, womit ihr Bundesministerin Alma Zadić das Überleben gesichert hat. Nachdem das System zuvor jahrelang kaputtgespart worden war, konnte die Justiz mit diesen Mitteln am Leben erhalten und aufgepäppelt werden. Es wurden zum Beispiel dringend benötigte Stellen in allen Bereichen geschaffen – an den Gerich­ten, bei den Staatsanwälten und auch in den Justizanstalten – und es wurden Ressour­cen zur Verfügung gestellt, um ein effizientes Arbeiten zu ermöglichen. Das Überleben ist jetzt gesichert und es können auch zukunftsgerichtete Projekte angegangen werden. Dafür gibt es erneut eine Aufstockung des Budgets um 76 Millionen Euro. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich habe das letzte Mal meine Rede hier mit einem leisen leider beendet und die Frau Justizministerin die ihre mit einem Versprechen, und zwar ging es damals eben genau um die Gebühren für die Gerichtsdolmetscherinnen und Gerichtsdolmetscher. Diese haben seit Jahren dringend eine Erhöhung gefordert, und dieses Versprechen wird mit diesem Budget eingelöst. (Beifall bei den Grünen.)

Die Gebühren werden nicht nur angehoben, sie werden auch insgesamt fairer gestaltet und an die Praxis angepasst. Und weil ich heute schon Rückmeldungen auf meine erste Rede dazu erhalten habe: Ja, das bedeutet auch, dass die Erhöhung der Entschädigung für Zeitversäumnis bei einer Anreise über 30 Kilometer wegfällt. Das ist uns bewusst. Das liegt in erster Linie daran, dass sich auch die Grundvoraussetzungen geändert haben.

Die Begründung dafür, dass diese ab diesem Kilometersatz erhöht gewesen ist, war nämlich, dass man 1975 von einer erhöhten körperlichen Beanspruchung und seeli­schen Anspannung aufgrund der langen Anreise ausgegangen ist. Mittlerweile wissen


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wir, dass das für sehr viele Pendlerinnen und Pendler ein normaler Arbeitsweg ist, und deshalb erfolgte da auch eine Angleichung. Ich glaube, in dieser Größenordnung ist es wirklich legitim, das zu überdenken.

Das ändert aber nichts daran, dass wir die Leistungen der Dolmetscherinnen und Dol­metscher für die Justiz sehr zu schätzen wissen. Es war uns ein echtes Anliegen, da eine faire Abgeltung zu erreichen, und ich bin tatsächlich der Ansicht, dass uns das ge­lungen ist.

Natürlich geht immer mehr, aber wir haben jetzt aus: ausbeuterisch wenig, ein: fair ent­lohnt, gemacht, und ich denke doch, dass das ein wichtiger, wenn zugegebenermaßen auch längst überfälliger Schritt war. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ein weiteres wichtiges Projekt ist die Verbesserung der Bedingungen im Maßnahmen­vollzug. Das Ziel ist da, eine echte Verbesserung für die Betroffenen – und zwar für die Untergebrachten wie auch für das Personal – zu schaffen.

Mit dem Ausbau der Justizanstalt Göllersdorf wird dazu ein großer, wichtiger, richtungs­weisender Schritt gemacht, und mit der Umsetzung eines geplanten Maßnahmenvoll­zugsgesetzes wird es dann wirklich eine faire und auch für alle Betroffenen sinnvolle Art der Unterbringung geben. Die Menschen werden behandelt, man gibt ihnen eine Pers­pektive, um sie dann wieder zu entlassen, sobald dies möglich ist.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt im Gewaltschutz. Für diesen Bereich stehen 5,6 Millionen Euro an zusätzlichen Mitteln zur Verfügung. Ein wichtiger und großer Teil dieses Be­reichs ist die Jugend- und Familiengerichtshilfe. Diese Einrichtung ist so wichtig, um den Opfern zu ihrem Recht zu verhelfen, um ihnen eine Stimme zu geben, um ihnen Gehör zu verschaffen, und da werden auch 20 zusätzliche Stellen geschaffen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dazu kommt eine Infokampagne über die Prozessbegleitung, um insbesondere Kinder und Opfer von Hass im Netz auf die ihnen zustehenden Rechte aufmerksam zu machen. Die Rechte werden zu Jahresbeginn auch noch ausgeweitet, aber das ist eben nur ein halber Erfolg, wenn die Opfer nicht darüber Bescheid wissen, wie sie zu ihrem Recht kommen.

Prozessbegleitung funktioniert nur dann, wenn es Menschen gibt, die diese Leistung anbieten, und um das zu gewährleisten, werden auch die Stundensätze für die psycho­soziale Prozessbegleitung erhöht. So werden für diese Tätigkeit gut ausgebildete, moti­vierte SpezialistInnen gefunden, die diese Arbeit auch machen können.

Auch das Antigewalttraining darf in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben. Auch dafür steht fast eine halbe Million Euro zur Verfügung, damit ein Vorfall, der vor Gericht landet, nicht mehr der erste einer sich immer weiter drehenden Gewaltspirale ist, sondern das Ende einer langen Leidensgeschichte. (Beifall bei den Grünen und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

Somit ende ich auch diesmal, wie ich vorhin schon einmal geendet habe: Lassen wir die Justiz arbeiten und geben wir ihr die notwendigen Mittel! – Danke. (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.32


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Harald Ste­fan. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.32.14

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wir diskutieren das Justiz­budget und wir haben jetzt schon gehört – meines Erachtens etwas sehr dramatisch –,


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dass die Justiz in einem schlechten Zustand war. Es war vom Tod der Justiz oder von ihrem schleichenden Tod die Rede. Ich halte von derartigen Ausdrücken nichts, weil die Justiz Gott sei Dank immer funktioniert hat – in weiten Bereichen sogar sehr gut –, und daher sollte man das auch in der verbalen Ausformung nicht so weit treiben. Es ist auch nicht immer ein Wert an sich, dass man für irgendetwas mehr Geld ausgibt – wir haben es ja auch nur in beschränktem Ausmaß –, aber natürlich ist es auf der anderen Seite notwendig, dass man die Justiz mit den erforderlichen Mitteln ausstattet, und es ist daher erfreulich, wenn wir hier feststellen können, dass das doch weitgehend der Fall ist.

Wichtig war uns immer, dass es eine finanzielle Ausstattung und personelle Aufstockung im Bereich der Justizanstalten gibt, aber vor allem auch – was immer wieder vergessen wurde, weil dort eine geringere Lobby vorhanden ist – bei den Schreib- und Bürokräften. Das ist jetzt doch zum Teil gewährleistet. Natürlich könnte es immer noch mehr sein, das ist auch klar, aber das ist durchaus positiv.

Zwei Dinge möchte ich aber ansprechen, die mir in diesem Zusammenhang immer wie­der aufstoßen. Das eine ist die Durchlässigkeit der Justiz, das heißt, die Weitergabe von Akten, dass wir ständig aus Akten lesen und dann auch aus Chatprotokollen, aus Din­gen, die in Wirklichkeit rein privat sind, über die man sich dann lustig macht – es wird vielleicht sogar noch im Burgtheater oder sonst wo daraus vorgelesen. Das ist einfach ein Zustand, der abgestellt werden muss, weil er die Privatsphäre der Menschen betrifft und weil es nicht sein kann, dass man einerseits von den Behörden verfolgt wird – was ja völlig korrekt ist und wogegen natürlich niemand etwas haben kann –, aber auf der anderen Seite dann eine Vorverurteilung dadurch passiert, dass man diese Dinge bereits in den Medien liest. Das ist jetzt schon so lange der Fall – seit 20 Jahren in etwa beob­achten wir das jetzt –, und es ist mir völlig unerklärlich, wieso es nicht möglich ist, das abzustellen.

Ich weiß schon, es wird dann immer behauptet, es kommt von Anwälten, die das weiter­geben. Ja, aber Sie haben jetzt, im Rahmen dieser Diskussionen über das Budget, Gott sei Dank auch vorgeschlagen, dass es eine Art elektronisches Wasserzeichen geben wird, sodass man das nachvollziehen kann, denn es kann zumindest nicht sein, dass immer der Vorwurf im Raum stehen bleibt – und es stellt sich ja immer wieder heraus, dass das durchaus glaubwürdig ist –, dass es direkt aus der Justiz kommt. Das, denke ich, Frau Justizminister, müssen Sie abstellen. Ich hoffe, es gelingt Ihnen. Es wäre je­denfalls absolut notwendig.

Ein zweiter Punkt, der auch immer wieder von uns genannt wird, betrifft einen ganz an­deren Bereich, nämlich den der Justizanstalten: dass die Insassen nicht sozialversichert sind. Sie sind zwar arbeitslosenversichert, aber sonst nicht sozialversichert. Das heißt, sie werden wie Privatpatienten behandelt, und es wird auch wie für Privatpatienten be­zahlt, und das kostet enorme Summen, die so nicht notwendig wären. Wir fordern daher Jahr für Jahr – und ich fordere es auch heute wieder –, dass hier endlich einmal eine gesetzliche Regelung getroffen wird, durch die die Insassen von Justizanstalten in die normale Sozialversicherung aufgenommen werden. Es kann ja nicht sein, dass die Justizwachebeamten letztendlich schlechter oder weniger zuvorkommend behandelt werden als die Insassen der Justizanstalten selbst – abgesehen von dem großen finan­ziellen Aufwand. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich bringe daher gemeinsam mit Herrn Kollegen Lausch folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einbezie­hung der Insassen von Justizanstalten in die gesetzliche Krankenversicherung“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 256

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, welche die Einbeziehung der Insassen von Justizanstalten in die gesetzliche Krankenversicherung vorsieht.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

20.36

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Christian Lausch

und weiterer Abgeordneter

betreffend Einbeziehung der Insassen von Justizanstalten in die gesetzliche Kranken­versicherung

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) (UG - 13 Justiz) in der 129. Sitzung des Nationalrates, am 16. November 2021

Insassen von Justizanstalten sind – sieht man von der Arbeitslosenversicherung für ar­beitende Häftlinge ab – nicht sozialversichert. Die Kosten für ihre ärztliche Betreuung und medizinische Behandlung werden unabhängig von der Arbeitsleistung direkt vom Bund getragen. Ärzte und Krankenanstalten verrechnen dem Bundesministerium für Justiz den Tarif für unversicherte Privatpatienten, der nach Angaben eines hochrangigen Beamten des Ressorts „deutlich über den von den Sozialversicherungsträgern eingeho­benen Beiträgen“ liegt. So kostet etwa „ein Tag als Nichtversicherter im Wiener All­gemeinen Krankenhaus in der allgemeinen Gebührenklasse 1.127 Euro. Für ein 30-mi­nütiges ärztliches Beratungsgespräch würden rund 60 Euro verrechnet.“

(http://derstandard.at/2000043360105/Privatpatient-Haeftling-Steigende-Kosten-fuer-Krankenversorgung).

An dieser massiven Geldverschwendung hat der Rechnungshof schon vor Jahren in seinem Bericht „Kosten der medizinischen Versorgung im Strafvollzug – Bund 2012/3“ deutliche Kritik geübt und Einsparungsmöglichkeiten aufgezeigt. „Die Ausgaben für die medizinische Versorgung von Häftlingen stiegen von 29,34 Mill. EUR (2000) auf 73,76 Mill. EUR (2010). Im Durchschnitt betrugen die Ausgaben pro Häftling 2009 8.418 EUR und waren damit rund dreimal so hoch wie die laufenden öffentlichen Gesundheitsausgaben pro Kopf in Österreich.“, ist weiters dem Bericht zu entnehmen.

Die Gesundheitsausgaben für die Insassen von Justizanstalten steigen trotz des gleich­gebliebenen Gesamtbestandes an Insassen weiterhin ungebremst. Im Jahr 2015 lagen sie bei über 80 Millionen Euro!

In der Anfragebeantwortung 829/AB vom 09.04.2020 der Bundesministerin Dr. Zadic´ werden die Kosten wie folgt aufgelistet (ohne Krankenhausaufenthalte, Krankentrans­port, Untersuchung bei Fachärzten, Nachkontrollen bei Fachärzten usw.):

•     Kosten für zahnmedizinische Behandlungen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 257

•     Kosten für Anstaltsärzte, -psychiater und -psychologen

•     Kosten für eigenes Pflegepersonal

•     Kosten für zugekauftes Personal

•     Kosten für Medikamente

•     Kosten für Heilbehelfe

Wobei die Kosten für stationäre Aufnahme in Krankenhäuser hier nicht eingerechnet wurden.

Die medizinischen Kosten pro Hafttag pro Insasse betrugen in den Jahren 2017 und 2018 28,65 Euro und im Jahr 2019 stiegen die Kosten auf 29,27 Euro.

Aus der Beantwortung einer Anfrage der Neos durch den Justizminister a.D. Moser geht hervor, dass die medizinischen Gesamtkosten im 2018 94,6 Mio. Euro betrugen.

Aus den dargelegten Gründen und um das Budget des Justizministeriums sowie seiner nachgeordneten Dienststellen zu entlasten, stellen die unterfertigten Abgeordneten fol­genden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, welche die Einbeziehung der Insassen von Justizanstalten in die gesetzliche Kran­kenversicherung vorsieht.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Mag. Michaela Steinacker. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


20.36.19

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauer vor den Bildschirmen! Ja,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 258

das Budget ist in Zahlen gegossene Politik. Wir verfolgen aber wirtschaftliche und ge­sellschaftliche Ziele nicht nur mit Steuern, die steuern, sondern auch mit maßgeblichen Schwerpunktsetzungen, und diesbezüglich ist dieses Justizbudget aus meiner Sicht sehr gut gelungen.

Wir machen nachhaltige Budgetpolitik, die sich einerseits damit auseinandersetzt, dass wir das Ziel haben, sukzessive die Schuldenquote bis zum Jahr 2025 zu reduzieren. Wir setzen andererseits Schwerpunkte zur Entlastung der Österreicher und Österreiche­rinnen, zur Förderung von Familien, zur Förderung von Kindern, für ein Gewaltschutz­paket und für eine ökosoziale Steuerreform.

Unser Justizbudget ist klein, aber fein, es ist oho, und es hat ganz gewichtige Wirkungs­ziele, die dahinterstehen. Diese Wirkungsziele sind so wichtig, dass ich sie ganz kurz erläutern möchte.

Es sind vier: zuerst einmal die „Gewährleistung der Rechtssicherheit und des Rechtsfrie­dens“; zum Zweiten: „Sicherstellung eines gleichberechtigten Zugangs zur Justiz“ für je­dermann; drittens: „Objektive, faire und unabhängige [...] Verfahren [...] in angemessener Dauer“, die „durch Gerichte, Staatsanwaltschaften und die Datenschutzbehörde“ geführt werden; und – viertens – ein „moderner, effektiver und humaner Strafvollzug“.

Es sind vier so wichtige Themenstellungen, denen sich all die Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter im gesamten Justizbereich – Menschen, die in der Rechtsprechung, in der Straf­verfolgung, in den Justizanstalten als Wachpersonal, in den Schreibstuben und auch in der Rechtspflege tätig sind – verschrieben haben. – Danke dafür, danke ihnen allen, denn sie schaffen genau diesen Rechtsfrieden und diese Rechtssicherheit in Österreich, die wir so dringend brauchen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir stehen in der Justiz bei der Umsetzung der notwendigen Dinge, die zu tun sind, vor großen Herausforderungen. Wir haben heuer wieder eine Erhöhung des Justizbudgets um 4,3 Prozent – 76,4 Millionen Euro –, insgesamt in den letzten drei Jahren sukzessive somit mehr als 200 Millionen Euro, und das ist gut und richtig. Wir werden neben den organisatorischen Effizienzsteigerungen Projekte, die schon gestartet sind, weiterentwi­ckeln und auch neue aufsetzen.

Wir brauchen das Geld für ganz wichtige Schwerpunktsetzungen im Bereich des Ge­waltschutzes. Meine Damen und Herren! Mit heutigem Tag sind es alleine 26 Frauen­morde, die in diesem Jahr in Österreich begangen wurden. – Da gilt es hinzuschauen, da gilt es, etwas zu tun: beim Gewaltschutz, bei der Prävention – dafür ist Geld vorge­sehen –, bei Infokampagnen darüber, wohin sich Frauen wenden können. Es ist dies ein Thema, das so wichtig ist, dass wir alle, Männer und Frauen in Österreich, zusammen­stehen müssen, um das zu beenden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Opferhilfe, Terrorbekämpfung, faire Entlohnung der Gerichtsdolmetscher – all das sind Projekte, die angegangen wurden, die aber jetzt in die Zielgerade kommen.

Zum Thema der Planstellenverwendung möchte ich nur sagen: Die Planstellen werden in der Verantwortung der Ministerin dorthin verteilt, wo sie notwendig sind. Wir werden keine Planstellen schaffen, wo sie nicht gebraucht werden. Wir haben in der Justizwa­che – einem Bereich, den ich ganz besonders wertschätze für die Leistung, die die Kol­leginnen und Kollegen dort erbringen – noch offene Planstellen; das heißt, da mussten wir in diesem Jahr nicht Vorsorge treffen.

In allen anderen Bereichen aber sollen vor allem die fairen, unabhängigen Verfahren schnell und ordnungsgemäß abgewickelt werden können. Das wird entsprechend unter­stützt.

Wir beginnen außerdem die großen Bauvorhaben: zum einen in der Justizanstalt Göl­lersdorf, was einer der ersten Schritte ist, um im Maßnahmenvollzug nachzuziehen; wir


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 259

fangen mit der Renovierung des Grauen Hauses – jeder kennt sie, die Justizanstalt Jo­sefstadt – und des Wiener Straflandesgerichts an. Das sind Projekte, für die es in den nächsten Jahren rund 200 Millionen Euro brauchen wird, die durchzuführen aber drin­gendst notwendig ist, um endlich auch den Strafvollzug entsprechend zu modernisieren.

Für mich gibt es einen Punkt, der besonders wichtig ist: Es gibt ausreichend Geld für die IT-Ausstattung, um den Elektronischen Akt endlich flächendeckend in ganz Österreich umzusetzen, sowohl in der Strafverfolgung als auch bei den Gerichten. Ich glaube, dass der Elektronische Akt – Kollege Stefan hat es vorhin gesagt – auch ganz wichtig ist, um mit den Sicherheitsmarken, die es in Zukunft geben wird, mitzuhelfen, dass die Wahrung von Persönlichkeitsrechten Verdächtiger und Beschuldigter besser gewährleistet wer­den kann.

Dass wir in der Justiz mit 85 Prozent einen hohen Deckungsgrad haben, ist bekannt. Ich glaube, das ist unter sämtlichen Ministerien fast einmalig.

Meine Damen und Herren! Nochmals: Ich glaube, wir haben ein gutes, ausgewogenes Budget mit guten Schwerpunktsetzungen. Vor allem möchte ich mich bei den Menschen, die das Fundament unseres Rechtsstaats bilden, bei allen jenen, die in den verschie­denen Bereichen der Justiz tätig sind, herzlich bedanken, denn sie erbringen jeden Tag ihre Leistung für sein gutes Funktionieren. Dafür sei herzlichst gedankt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.41


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Dr. Johannes Margreiter. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.41.38

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Justizministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuse­her vor den Bildschirmen, sofern noch jemand da ist! Im Rahmen seiner Budgetrede hat der Herr Finanzminister am 13. Oktober zum Justizbudget Folgendes ausgeführt: „Wir werden im Bereich der Justiz Mittel zur Umsetzung des Terrorbekämpfungspakets auf­stocken.“ – Es geht dem Herrn Minister also budgetär um die Terrorbekämpfung. Wer wird ihm widersprechen, dass Terrorbekämpfung in Zeiten wie den unseren ein wichtiges Thema ist? (Zwischenruf der Abg. Jachs.)

Sehen wir aber den Tatsachen einmal ins Auge und reden wir über die Relationen! Rü­cken wir die dringlichen Themen vor die wichtigen, die grundlegenden vor die zusätzli­chen! Es ist nicht der Terror, der unser Land im Würgegriff hält, auch nicht der funda­mentalistische Islamismus. Es sind die Machenschaften, die derzeit vornehmlich die WKStA befassen, die unser Land im Würgegriff halten. Es ist unethisches Verhalten. Es ist gekaufte, schamlose Meinungsmache, die unser System korrupt unterwandert. (Bei­fall bei den NEOS sowie des Abg. Silvan.)

Ich plädiere für eine andere, für eine neue Reihenfolge der Vorhaben: Kümmern wir uns doch zuerst um eine moralische und menschenachtende Politik, bevor Politik den Blick auf die Unmoral und die Menschenverachtung extremistischer Bewegungen und Rand­gruppen lenkt!

Ich denke, ich erziele breiten Konsens, wenn ich hier behaupte: Extremismus hat seinen Ursprung unter anderem in der Nichtbeachtung von moralischen Grundpfeilern einer Ge­sellschaft, in der Vorstellung, sich alles nach seinen eigenen, teils abstrusen Regelungen richten zu können, ungeachtet der Folgen für die Menschen, die es betrifft.

Jetzt ersetze ich den Begriff Extremismus einfach durch den Begriff korrupte Politik: Kor­rupte Politik hat ihren Ursprung unter anderem in der Nichtbeachtung von moralischen Grundpfeilern einer Gesellschaft, in der Vorstellung, sich alles nach seinen eigenen, teils


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 260

abstrusen Regeln richten zu dürfen, ungeachtet der Folgen für die Menschen, die es betrifft. – Sie sehen, es ist ein und dieselbe Wortwahl und die Aussage funktioniert trotz­dem. Das belegt nicht nur den zwingenden Zusammenhang dieser Dinge, sondern eben auch die Reihenfolge. Es beginnt nämlich nicht mit dem Extremismus, es beginnt mit der Unmoral von Mensch und Politik.

Für einen österreichischen Wertekompass, der politischen Extremismus verhindern soll, braucht es kein Feindbild von fanatischen Gotteskriegern oder ideologischen Fanatikern. Die Bedrohung unserer gesellschaftlichen Realität und unserer gesellschaftlichen Integrität ist aktuell ein Herr Schmid, der nach dem Motto: „Wer zahlt schafft an“, glaubt, sich über jede moralische und gesetzliche Grenze hinwegsetzen zu können. Das ist auch ein Herr Kurz, der in staatstragender Funktion diese Umtriebe nicht nur gutheißt, sondern auch noch befeuert (Zwischenruf des Abg. Haubner), und das ist natürlich auch ein Mi­nister, der demokratische Kontrollinstitutionen wie einen parlamentarischen Untersu­chungsausschuss monatelang zum Narren hält. Ich sage nur das Stichwort: Ich habe ja alles geliefert! – Ja, das stimmt, er hat wirklich alles geliefert. Er und seine türkise Chat­gruppe haben wirklich alles getan, um diesen ihren Sumpf zum Naturschutzgebiet zu erklären – unter dem Motto: Trockenlegung strengstens verboten! Mitten in diesem Sumpf – ich zitiere den „Standard“ –: ein „Blümchen“. – Dem entgegenzuwirken ist das Gebot der Stunde.

Ich stelle daher folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mehr Personalressourcen für die WKStA“ (Zwischenruf des Abg. Wurm.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, die Personalressourcen der WKStA aufzustocken und im Sinne der zuletzt von der Lei­terin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft formulierten Notmaßnahme si­cherzustellen, dass für die Unterstützung der Tätigkeit der WKStA ab 2022 zehn zu­sätzliche Planstellen für Oberstaatsanwältinnen und Oberstaatsanwälte geschaffen wer­den sowie in der Budgetplanung weitere Expert_innen aus dem Finanz-, Wirtschafts- und IT-Bereich vorgesehen werden.“

*****

Abgesehen von dieser wichtigen Sache, Kolleginnen und Kollegen, geschätztes Hohes Haus, wende ich mich einer Position unseres Justizbudgets zu, und zwar ausnahmswei­se nicht einer Ausgabenposition. Wir haben ja im Zuge dieser Budgetdebatte sehr viel über Ausgaben gesprochen. Wir freuen uns, wenn Ausgabenpositionen da und dort er­höht werden, im Justizbudget fällt aber eine Einnahmenposition auf, Frau Bundesminis­terin, die wir uns anschauen müssen: die Grundbuchsgebühren.

In Europa ist es so, dass die Justizbudgets aus den Gebühren, die zu bezahlen sind, im Durchschnitt zu 25 Prozent abgedeckt werden. In Österreich beträgt dieser Anteil im Justizbudget 2021 93 Prozent. Das sind rund 1,4 Milliarden Euro an Einnahmen für die Justiz. Ein sehr wesentlicher Teil davon sind die Grundbuchsgebühren.

Die Grundbuchsgebühren fallen uns allen zur Last. Sie fallen der Wirtschaft zur Last, sie fallen dem Wohnungskäufer zur Last, der nicht nur 1,1 Prozent Eintragungsgebühr für die Eintragung des Eigentumsrechts bezahlen muss, sondern, wenn er seine Wohnung mit einem Darlehen finanziert, auch für den Kredit noch zusätzlich 1,2 Prozent Ein­tragungsgebühr. Das Ganze ist angesichts der extrem steigenden Immobilienpreise


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natürlich eine Rieseneinnahmequelle für das Budget, aber andererseits eine enorme Be­lastung für die betroffene Bevölkerung und auch für die Wirtschaft.

Wir wissen ja – das ist ja rechtlich gar nicht so unproblematisch –, dass laut Finanz‑Ver­fassungsgesetz Gebühren eigentlich dem Grundsatz unterliegen, dass sie nur den entstandenen Aufwand abdecken dürfen, was in der Zwischenzeit eine europarechtliche Vorgabe ist. Das heißt also, unsere Grundbuchsgebühren, die den Aufwand, der mit der Führung der Grundbücher verbunden ist, um ein Vielfaches übersteigen, sind in dieser Hinsicht aus rechtlichen Gründen eher fragwürdig.

Ich bringe daher einen weiteren Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „We­sentliche Reduktion der Grundbuchsgebühren“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, und insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufge­fordert, dem Nationalrat eine Gesetzesinitiative vorzulegen, die eine wesentliche Reduk­tion der Grundbuchsgebühren zum Inhalt hat.“

*****

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den NEOS.)

20.50

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kol­legen

betreffend Mehr Personalressourcen für die WKStA

eingebracht im Zuge der Debatte in der 129. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Budgetausschusses über TOP 4: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes­voranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 - BFG 2022) (1157 d.B.) samt Anlagen – UG 13

Das aktuelle Regierungsprogramm sieht eine Stärkung der Korruptionsbekämpfung vor. Seit Abschluss des Regierungsprogramms sind zahlreiche zusätzliche Großverfahren bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) angefallen. Es ist offen­kundig, dass sich die Verfahren mit den vorhandenen Ressourcen nicht in angemes­sener Frist erledigen lassen. Zuletzt wurden zu Recht immer wieder zügige Ermittlungs­verfahren eingefordert. Dies setzt allerdings die Zurverfügungstellung der nötigen Res­sourcen voraus.

Dies wurde insbesondere auch noch einmal mehr in der Befragung der Auskunftsperson Mag. Matthias Purkart, LL.M., der seit sieben Jahren bei der WKStA tätig ist, sowie in der Befragung von Mag. Vrabl-Sanda, Leiterin der WKStA, im "Ibiza"-Untersuchungs­ausschuss klar (https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/KOMM/KOMM_00244/
fnameorig_986573.html und https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/KOMM/
KOMM_00249/fnameorig_986580.html).


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 262

Die Bundesregierung hat bisher keine Initiativen zur Korruptionsbekämpfung im Sinne des Regierungsprogramms vorgelegt. Der vorliegende Entschließungsantrag schlägt vor, als erste dringliche und leicht umzusetzende Maßnahme die Personalressourcen der WKStA im Jahr 2022 auf ein Mindestniveau anzuheben.

Im Sinne der zuletzt von der Leiterin der WKStA formulierten Notmaßnahme sollen der WKStA für 2022 zehn zusätzliche Planstellen für Oberstaatsanwältinnen und Ober­staatsanwälte zugewiesen werden.

Darüber hinaus benötigt die WKStA aber auch weiteres Personal, etwa zur technischen Auswertung elektronischen/digitalen Daten und zur Bewertung von Bilanz- und Steuer­fragen, die bspw. zeitnahe über die Justizbetreuungsagentur bereit gestellt werden könnten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, die Personalressourcen der WKStA aufzustocken und im Sinne der zuletzt von der Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft formulierten Notmaßnahme sicherzustellen, dass für die Unterstützung der Tätigkeit der WKStA ab 2022 zehn zu­sätzliche Planstellen für Oberstaatsanwältinnen und Oberstaatsanwälte geschaffen wer­den sowie in der Budgetplanung weitere Expert_innen aus dem Finanz-, Wirtschafts- und IT-Bereich vorgesehen werden."

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak‚ MA, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Wesentliche Reduktion der Grundbuchsgebühren

eingebracht im Zuge der Debatte in der 129. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Budgetausschusses über TOP 4: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes­voranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 - BFG 2022) (1157 d.B.) samt Anlagen – UG 13

In kaum einem europäischen Land gibt es eine derartige Vielfalt und Höhe an Gebühren wie in Österreich. Eine wesentliche Rolle spielt hierbei das österreichische Justizsystem, das die europaweit höchste Gebührenbelastung aufweist und sich zum größten Teil aus Gebühren finanziert. Gerichtsgebühren (u.a. Grundbuchsgebühr) und Rechtsgeschäfts­gebühren treffen dabei nicht nur die eigenen Bürger_innen und deren uneingeschränk­ten Zugang zum Recht, sondern auch ausländische Unternehmer_innen und Inves­tor_innen und damit den Wirtschafts- und Wettbewerbsstandort Österreich.

Die Einzahlungen in das Justizbudget setzen sich vorwiegend (zu 93%) aus Justiz- und Gerichtsgebühren zusammen. Die Einzahlungen belaufen sich gemäß BFGR 2022-2025 auf 1,6 Mrd. €, wobei die Steigerung gegenüber der Planung im BFRG 2021-2024 (1,45 Mrd. €) aus höheren Einzahlungen wegen der gestiegenen Immobilienpreise und verstärkten Liegenschaftsverkäufe als Folge der COVID-19-Pandemie im Zusammen­hang mit dem Grundbuch resultiert.

Möchte man in Österreich eine Immobilie kaufen, setzen sich die Nebenkosten für den Kauf neben der Immobilie selbst aus Maklerprovision, Grunderwerbssteuer, Grund­buchsgebühr, Anwalts/Notarkosten und Kosten für die Beglaubigung der Unterschriften


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 263

zusammen. Für die Eintragung des Eigentumsrechtes ins Grundbuch ist eine Gebühr von 1,1 % des gesamten Verkehrswertes der Immobilie zu entrichten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, und insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufge­fordert, dem Nationalrat eine Gesetzesinitiative vorzulegen, die eine wesentliche Reduk­tion der Grundbuchsgebühren zum Inhalt hat."

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Beide Entschließungsanträge sind ordnungsgemäß ein­gebracht und stehen somit auch in Verhandlung.

Zu einer Stellungnahme hat sich nun die Bundesministerin für Justiz Dr.in Alma Zadić zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.


20.50.23

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Herr Präsident! Geschätzte Da­men und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Die unabhän­gige und starke Justiz ist von zentraler Bedeutung für unsere Gesellschaft, und zwar für ein gerechtes Miteinander, denn sie schützt die Schwächsten unserer Gesellschaft und sorgt auch für den Rechtsfrieden. Das Budget des Justizministeriums wird 2022 um 76,4 Millionen Euro aufgestockt. Damit ist es gelungen, die erfolgreiche Trendwende fortzusetzen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ja, und damit konnten wir auch den viel zitierten stillen Tod der Justiz abwenden. Nach einer Erhöhung 2020 um 131 Millionen Euro, 2021 um 65 Millionen Euro konnten wir jetzt 76,4 Millionen Euro dazubekommen. Damit können wir die sehr hohen Kosten des laufenden Betriebes tragen. Man muss dazusagen, die Justiz ist ein personalstarkes Haus, daher ist es einfach notwendig, da auch in Personal zu investieren. Zusätzlich zur Aufrechterhaltung des laufenden Betriebes konnten wir durch diese Aufstockung die Un­abhängigkeit der Justiz weiterhin strukturell absichern und zusätzlich auch Schwerpunk­te auf gewisse Projekte legen, insbesondere im Bereich des Gewaltschutzes, der Pro­zessbegleitung und natürlich auch der Weiterentwicklung der modernen und unabhän­gigen Justiz. (Beifall bei den Grünen.)

Sie wissen, der Kampf gegen häusliche Gewalt und Gewalt gegen Frauen ist mir ein wichtiges Anliegen, denn wir müssen alles daran setzen, um diese Gewaltspirale endlich zu durchbrechen. Heute zählen wir den 26. Frauenmord. Allein in diesem Jahr wurden zusätzlich 40 Frauen beinahe ermordet. – Das ist ein Auftrag, das ist ein Auftrag an die Politikerinnen und Politiker in diesem Land! Und ja, wir als Bundesregierung nehmen zusätzlich 24 Millionen Euro in die Hand, um diese Gewaltspirale zu durchbrechen, allein 5,6 Millionen Euro innerhalb der Justiz für den Gewaltschutz. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Wir fördern damit Antigewalttrainings, Männerbera­tung, aber auch die Familien- und Jugendgerichtshilfe bekommt endlich die geforderten Ressourcen. Ja, und alles dem einen Ziel verschrieben: diese Gewaltspirale zu durch­brechen.

Wenn wir uns den heutigen Frauenmord anschauen, müssen wir sagen: Er ist an Bru­talität und Frauenhass einfach nicht zu überbieten – und das ist ein Auftrag an uns alle. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 264

Viel Kritik hat es heuer auch am Bundesverwaltungsgericht gegeben. Man hat gerügt, dass die Asylverfahren viel zu lange dauern. Ja, bei meinem Amtsantritt lag der Rück­stand bei 40 000, das heißt, 40 000 Verfahren waren noch offen. Wir haben im letzten Budget dafür gesorgt, dass 80 vorgesehene Stellenkürzungen nicht stattfanden, und wir haben zusätzlich 30 Stellen für juristische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazubekom­men. Auch heuer setzen wir das fort, denn auch heuer gibt es mehr Planstellen, sowohl für die Richterinnen und Richter im Bundesverwaltungsgericht als auch für die juristi­schen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir konnten bereits Erfolge erzielen. Wir haben diesen Rückstand von 40 000 Fällen bereits um 50 Prozent reduziert. Es ist mein Ziel, dass wir ihn weiter reduzieren und keine Rückstände mehr in diesem Bereich haben.

Ein weiteres Projekt, das heute auch mehrfach angesprochen wurde, ist die Digitalisie­rung der Justiz. Ja, das ist mir auch ein zentrales Anliegen, ich möchte, dass die ge­samten Bezirksgerichte, dass die Landesgerichte und auch alle Staatsanwaltschaften einen voll digitalisierten Akt haben. Das kostet Geld, deswegen habe ich von Anfang an Geld in diesen Bereich investiert – und ich kann Ihnen heute mit Stolz sagen: Im ersten Quartal des nächsten Jahres wird die gesamte Staatsanwaltschaft umgestellt sein, näm­lich auf den digitalen Akt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Letztes Jahr habe ich etwas versprochen. Ich habe letztes Jahr bedauert, dass wir die Dolmetschergebühren nicht erhöhen konnten, und ich habe versprochen, dass ich mich beim nächsten Budget dafür einsetzen werde, gemeinsam mit dem Innenminister, die Dolmetschergebühren zu erhöhen. Das haben wir gemacht, und es war auch endlich Zeit dafür, denn 14 Jahre lang wurden die Dolmetschergebühren nicht erhöht. Wir als Bundesregierung haben es gemeinsam geschafft, diese Stundensätze deutlich zu erhöhen. Ja, das ist wichtig für die Rechtsstaatlichkeit, denn jeder hat ein Recht auf einen gesetzlichen Richter. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nicht unerwähnt lassen möchte ich den Maßnahmenvollzug: Der Maßnahmenvollzug ist ein Schwerpunktprojekt von mir, weil es mir einfach wichtig ist, da Reformen voranzu­treiben. Der Maßnahmenvollzug ist erstens enorm reformbedürftig; und zweitens, wenn wir uns die Justizanstalten anschauen, dann wissen wir, dass wir da dringend sanieren und das Budget aufstocken müssen. Jetzt haben wir auch endlich das Budget, die Jus­tizanstalt Göllersdorf auszubauen und dort 100 neue Plätze für Untergebrachte zur Ver­fügung zu stellen. Auch die Justizanstalt Asten wird ausgebaut.

Langfristig spart uns das Geld, denn wir wissen, dass uns jeder im Maßnahmenvollzug Untergebrachte, der nicht in einer Justizanstalt untergebracht ist, sondern medizinisch in einer Krankenanstalt versorgt wird, fast das Doppelte kostet. Wenn wir die Justizan­stalten ausbauen und damit den Maßnahmenvollzug inhouse ausbauen, dann wird das auch in the long run billiger für uns.

Ja, ich weiß, dass der Straf- und Maßnahmenvollzug zwar zusätzliche Budgetmittel be­kommen hat, ich weiß aber auch, dass die Zahlen im Maßnahmenvollzug leider enorm steigen und dass damit auch verbunden sein wird, dass es da auch steigende Kosten geben wird, aber wir als Bundesregierung setzen alles daran, dass wir das auch in den Griff bekommen, dass wir die Justizanstalten ausbauen und auch mit der anstehenden Maßnahmenreform das Ganze gut strukturiert auf den Weg bringen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wie Sie sehen, gibt es im Justizteil auch Erfolge, die es der Justiz ermöglichen, ihre für die Gesellschaft so zentrale Rolle auch weiterhin auszuüben. Ich freue mich, dass wir dieses Jahr gemeinsam wieder eine Erhöhung zustande gebracht haben. Ich freue mich auch, dass sich viele Personen mit voller Kraft dafür eingesetzt haben. Da möchte ich


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 265

ganz herzlich auch den Beamtinnen und Beamten in meinem Haus danken, allen voran jenen in der Präsidialsektion, die mich in den Budgetverhandlungen, aber auch im Aus­schuss sehr unterstützt haben, gemeinsam auch mit der Generaldirektion. Ein herzliches Danke an die Beamtinnen und Beamten! – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt jetzt Mag. Georg Bürstmayr. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.58.23

Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wenn unter grüner Regierungsbeteiligung das Justizbudget zum dritten Mal in Folge deutlich erhöht wurde, wenn sich unsere Re­publik ihre Justiz 1,8 Prozent ihres Jahresbudgets kosten lässt, was heißt das? – Das heißt, dass eine Mutter vielleicht um etliche Monate schneller weiß, ob sie das Sorge­recht für ihre Tochter erhält oder nicht, einfach weil da eine Richterin ist, die ihren Fall verhandelt. Das heißt, dass ein Erbschaftsstreit entschieden werden kann, bevor die ersten Kinder auch schon verstorben sind. Und das heißt, dass längst überfällige Refor­men endlich ausgearbeitet werden können, weil die zwei, drei zusätzlichen Arbeitskräfte, die man dafür halt braucht, endlich im Justizministerium angestellt werden können.

Wir Grüne sind angetreten, um all das zu ermöglichen, und zwar nachhaltig; und zum dritten Mal ist uns ein Schritt in diese Richtung gelungen. Das sind keine Einzelschritte mehr, das ist schon ein Weg – der grüne Weg der Justizpolitik. (Beifall bei den Grünen.)

Weil wir wissen, was Justiz, was unabhängige, gute, qualitätvolle Justiz für eine Gesell­schaft bedeutet: dass Rechtsfrieden nichts Abstraktes ist, sondern ganz konkret, Sicher­heit darüber, wie es weitergeht. Das gilt nicht nur für das sogenannte Zivilrecht.

Ich als Strafverteidiger weiß, wie quälend lange Strafprozesse sein können und wie man die Wände hochgeht, wenn man Monat für Monat immer noch nicht weiß, ob und wofür man überhaupt angeklagt wird. Manche in diesem Haus wissen das auch und ich be­neide keine und keinen von ihnen. Sie alle haben so wie jeder Mensch in Österreich das Recht, nicht nur auf die Unschuldsvermutung und auf einen fairen Prozess, sondern auch auf eine rasche Entscheidung. Das braucht Geld, das muss man ausverhandeln, jedes Jahr aufs Neue, und das haben wir auch heuer wieder geschafft – der grüne Weg der Justizpolitik. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Zu diesem Weg gehört aber auch, die unabhängige Justiz nicht nur in ihren finanziellen Bedürfnissen ernst zu nehmen, sondern sie auch gegen Attacken zu verteidigen, egal von welcher Seite, und die Grenze zu ziehen zwischen der immer zulässigen, ja notwen­digen Kritik an einzelnen Entscheidungen auf der einen Seite und der Verunglimpfung, der pauschalen Kritik an ganzen Behörden auf der anderen Seite; die lassen wir nicht zu – auch das ist der grüne Weg. (Beifall bei den Grünen.)

Dabei entscheidet diese Justiz ja längst nicht immer in unserem Sinne, manchmal haut ein Erstgericht daneben und es braucht eine Korrektur in der Instanz, manchmal freut man sich über eine Entscheidung und erlebt dann, dass ein Höchstgericht zum völlig gegenteiligen Ergebnis kommt, das einem wirklich zwider ist, wie wir in Wien sagen. Dass solche Entscheidungen auch dann zu akzeptieren sind, ohne Wenn und Aber, auch das gehört zum Rechtsstaat. Dafür steht der bekannte Spruch: Vor Gericht und auf hoher See bist du in Gottes Hand! Ich für meinen Teil bin ja mehr ein Anhänger von: Vor Gericht such dir eine gute Anwältin und auf hoher See einen guten Skipper, aber sorg auf jeden Fall dafür, dass dein Boot in Ordnung ist!

Da steht sie also, unsere Justiz, frisch überholt und gestrichen, mit 4,2 Prozent mehr Budget an Bord. Wir können es wieder zu Wasser lassen, dieses stolze Schiff. Es wird


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 266

auch im nächsten Jahr ein paar Stürme erleben, aber es wird nicht untergehen. – Danke an die Frau Justizministerin und alle, die das möglich gemacht haben. – Danke fürs Zu­hören. (Beifall bei den Grünen.)

21.02


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Bayr. Bei ihr steht das Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.


21.02.57

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ich freue mich sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, dass es gelungen ist, die Gebühren für die Gerichtsdol­metscherInnen nach 14 Jahren zu erhöhen. Es war wirklich an der Zeit. Ich denke, das ist auch ein gutes Beispiel dafür, dass sich hartnäckige Oppositionsarbeit auszahlt. Wir haben diesbezüglich sehr, sehr viele Anträge eingebracht. Wir haben das auch immer wieder diskutiert. Es freut mich, dass es jetzt gelungen ist, da wirklich etwas weiterzu­bringen.

Es ist aber auch noch eine Menge zu tun. Es gibt noch einiges, was wir an Wertschät­zung im wahrsten Sinne des Wortes, auch pekuniär, diesen Menschen, die zu einem reibungslosen Ablauf von Gerichtsverhandlungen beitragen, schuldig sind, würde ich sa­gen.

Deswegen bringe ich auch den Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verbesserung der Qualitätsstandards, der Gebüh­ren und der Arbeitsbedingungen für Gerichtsdolmetscher*innen“ ein, der auch gerade verteilt wird, der folgende weitere Forderungen enthält, die, wie ich glaube, durchaus angemessen und richtig sind:

Die Auszahlung – ich hoffe, dass das wirklich gelingt – der Honorare an die Gerichtsdol­metscherinnen und -dolmetscher soll wenigstens innerhalb von drei Monaten erfolgen. Es gibt nach wie vor keine klar festgelegte Frist. Die Gerichtsdolmetscherinnen und -dol­metscher müssen zwar ihre Honorarnoten sehr bald stellen, aber im Gegenzug bekom­men sie nicht sehr bald ihr Geld.

Es sollte auch, wenn Verhandlungen kurzfristig abberaumt werden, wenn jemand schon vor Ort ist, schon zu einem Gericht nach Niederösterreich gefahren ist und dann die Verhandlung nicht stattfindet – warum auch immer –, Entschädigungen geben, das wäre notwendig.

Rückübersetzungen, die vor allem auch bei der Polizei erfolgen, sollten nicht pauscha­liert sein, sondern wirklich wieder, wie das früher war, nach Seiten abgegolten werden.

Es sollte auch eine Gebühr für Fahrten über 30 Kilometer geben, weil das ja auch ein Zeitversäumnis ist, das die DolmetscherInnen, die da zu einem Gericht fahren, haben.

Es sollten auch bei der Polizei – das ist jetzt nichts, was Sie direkt betrifft; auch bei der Polizeiarbeit ist gute Dolmetschung wichtig – nur gerichtlich beeidete und zertifizierte DolmetscherInnen hinzugezogen werden dürfen, die wirklich Qualität in ihrer Arbeit brin­gen können, sodass auch die Vertrauensfrage ganz klar abgedeckt ist.

Wenn nicht zertifizierte Gerichtsdolmetscher oder Gerichtsdolmetscherinnen zugezogen werden, dann sollen diese ad hoc beeidet werden, und diese Beeidigung soll auch proto­kolliert werden.

Darüber hinaus – noch einmal zur Gebühr oder zur Abgeltung – wäre es auch wichtig, ab jetzt – wir haben gesehen, 14 Jahre sind eine unglaublich lange Zeit – zu einer jährli­chen Indexanpassung zu kommen, zumindest wenn, das haben wir eh auch im Budget­ausschuss diskutiert, ein gewisser Prozentsatz an Inflation überschritten ist.


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Es ist, und darin sind wir uns alle einig, ein grundlegendes Menschenrecht, auch nach Artikel 6 der EMRK, an einer Verhandlung, die einen selbst betrifft, teilzunehmen – das muss allen Menschen möglich sein –, zu verstehen, was dort gesprochen wird, sich äu­ßern zu können. Die Gerichtsdolmetscherinnen und -dolmetscher sorgen genau dafür, dass der Artikel 6 EMRK da umgesetzt wird.

Ich möchte mich abschließend beim Berufsverband bedanken, der da sehr, sehr hart­näckig war, sehr präzise auch in seinen Forderungen und auch sehr offen für jeden Austausch, und ganz besonders bei Funda Sel, das ist die Gerichtsdolmetscherin, mit der ich ganz viel Kontakt hatte, die mir sehr, sehr viele Inputs für die Arbeit geliefert hat – danke. Das ist wirklich ein großer Schritt vorwärts für die etwa 850 Gerichtsdolmetsche­rinnen und -dolmetscher, die wir in Österreich haben. Also: fein so. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

21.06

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS

und Genoss*innen

betreffend Verbesserung der Qualitätsstandards, der Gebühren und der Arbeitsbedin­gungen für Gerichtsdolmetscher*innen

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 4) Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.), zur Untergliederung UG 13 Justiz

Die Aufgabe von Gerichtsdolmetscher*innen ist enorm wichtig und erfordert höchste Konzentration während der gesamten Verhandlungsdauer.

Diesem Umstand trägt die Regierungsvorlage vom 13. Oktober 2021 Rechnung, indem Gebühren teilweise erhöht wurden und Fristen und Verrechnungsmethoden aus Sicht der Dolmetscher*innen verbessert wurden. Die Erhöhungen treten aber erst mit 1. Juli 2022 in Kraft.

Ein*e Gerichtsdolmetscher*in ist an einem Tag in mehreren Gerichtsverhandlungen und oft in mehreren Bundesländern im Einsatz. Trotzdem wurde in der Regierungsvorlage § 33 (1) gestrichen (Zeitversäumnis über 30 km à € 28,20). Aufgrund der Streichung dieses Postens und des herrschenden Mangels an beeideten Dolmetscher*innen, muss befürchtet werden, dass weitere Wegstrecken nicht mehr in Kauf genommen werden und zunehmend nicht beeidete Dolmetscher*innen zum Einsatz kommen

Gemäß Artikel 6 (3) e der EMRK hat jede angeklagte Person das Recht, „die unentgelt­liche Beiziehung eines Dolmetschers zu verlangen, wenn der Angeklagte die Verhand­lungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.“

Es geht bei Gerichtsverhandlungen so gut wie immer um Existenzen, egal ob ein Delikt mit Geld- oder Haftstrafen bedroht ist. Die Dolmetschung muss gewissenhaft, vollständig und korrekt durchgeführt werden.

Nach jeder Einvernahme bei der Polizei wird das Aussageprotokoll, das bis zu 20 Seiten lang sein kann, ausgedruckt und der aussagenden Person zur Durchsicht und Unter­schrift vorgelegt. Der/Die Dolmetscher*in dolmetscht die nunmehr verschriftlichte Aussa­ge zurück, um sicherzustellen, dass richtig und vollständig protokolliert wurde. Der/Die Beschuldigte hat die Möglichkeit Korrekturen vornehmen zu lassen. Eine exakte und


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 268

präzise Rückübersetzung ist hier sehr wichtig. Eine Leistung die zuvor mit € 20,- pau­schaliert war und in der Regierungsvorlage nun auf € 12,- reduziert wurde.

Es ist fahrlässig und eines Rechtsstaates unwürdig, Menschen Dolmetschungen durch­führen zu lassen, die weder einschlägige Kompetenz noch Erfahrung haben. Zweispra­chig aufgewachsen zu sein oder anzugeben, eine bestimmte Sprache sprechen zu kön­nen, ist keine Qualifikation, um den Beruf eines*r Dolmetschers*in ausüben zu können. Weiters sind soft skills, wie Präzision und Konzentrationsfähigkeit und Verhaltensregeln wie Objektivität, Verschwiegenheitspflicht und Distanziertheit zu allen Beteiligten, we­sentliche Kompetenzen von zertifizierten Gerichtsdolmetscher*innen.

Gerichtsdolmetscher*innen verrechnen bei jedem Strafverfahren und bei jedem Verfah­ren, in dem Verfahrenshilfe gewährt wurde, gemäß GebAG. Das trifft bei ungefähr 90 % der Gebührennoten zu. Die Gebühren für Dolmetscher im GebAG wurden seit 2007 nicht inflationsangepasst.

Die Dolmetschung ist ein Menschenrecht, es braucht Kompetenz, Qualifikation und Er­fahrung, hohe Mobilität und geistige Flexibilität.

Die Dolmetschleistung ist somit eine fordernde, anspruchsvolle und vor allem verantwor­tungsvolle Aufgabe und essenzieller Baustein im Justizsystem, die auch dementspre­chend abgegolten werden muss.

Auch der Rechnungshof geht in seinem Bericht „Dolmetsch– und Übersetzungsleis­tungen im Innenministerium und Justizministerium“ (2020) auf die Notwendigkeit einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Gerichtsdolmetscher*innen ein.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der folgende Eckpunkte beinhaltet:

1.   Nur Personen, die allgemein beeidet und gerichtlich zertifiziert sind, dürfen an Ver­handlungen bei Gericht oder Vernehmungen bei der Polizei hinzugezogen werden.

2.   Wenn aus Dolmetschermangel vorläufig noch nicht ausgebildete und zertifizierte Gerichtsdolmetscher*innen beauftragt werden, müssen diese adhoc-beeidet werden und die adhoc-Beeidigung muss protokolliert werden.

3.   Eine Gebühr für Zeitversäumnis ab 30 km [§ 33 (1)]

4.   Die Gebühr ab der dritten halben Stunde bei einem Satz von € 30,00 anzusetzen

5.   Die Aufhebung der Pauschalierung von Rückübersetzung und sie mit einer Verrech­nung pro Seite ersetzen

6.   Die Gebühren der Gerichtsdolmetscher*innen, geregelt im GebAG, sollen einer jähr­lichen Indexanpassung unterzogen werden.

7.   Die Festlegung einer Frist für die Auszahlung von gestellten Honorarnoten auf drei Monate.

8.   Die Einführung einer Stornogebühr/Ausfallsentschädigung bei kurzfristig abberaum­ten Verhandlungen.

*****



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 269

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung, weil er auch ausreichend unterstützt ist.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Singer. – Bitte sehr.


21.06.55

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sehr geschätzte Damen und Herren! Wir haben schon gehört, dass wir mit diesem Budget die Auszahlungen für die Justiz 2022 gegenüber den Auszahlungen für das lau­fende Jahr, 2021, um 76,4 Millionen auf 1 872,2 Millionen Euro erhöhen werden. Wenn man sich die Entwicklung der letzten vier Jahre anschaut, sieht man eine Erhöhung um 214,9 Millionen Euro. Die „Kronen Zeitung“ bewertet das mit der Bemerkung: „Die hei­mische Justiz rüstet auf.“ Sicher ist jedenfalls, dass damit viel hinsichtlich Sicherstellung der unabhängigen Gerichtsbarkeit und Stärkung der Rechtssicherheit erreicht werden kann und konnte.

Durch die angesprochenen Budgeterhöhungen wurden in diesem Zeitraum 350 zusätzli­che Planstellen geschaffen, für 2022 sind es um 55 Planstellen mehr. Sie verteilen sich in erster Linie auf den allgemeinen Verwaltungsdienst, auf die Verbraucherbehörde, auf das Bundesverwaltungsgericht, den Strafvollzug und auch die Extremismusprävention und Deradikalisierung. Auch zusätzliche Planstellen für sechs StaatsanwältInnen und sieben RichterInnen sind vorgesehen. All das sind Maßnahmen, die die Justiz stärken.

Sehr geehrte Damen und Herren! Als Sprecher für Wohnen und Bauten der ÖVP darf ich die Diskussion nutzen, auch das Thema Wohnen in Zusammenhang mit diesem Bud­get anzusprechen. Ich spreche von den geplanten Anhebungen der Sanierungsrate in Richtung 3 Prozent und dem geplanten Ausstieg aus fossilen Heizungssystemen. Damit werden von 2022 bis 2025 insgesamt 1 290 Millionen Euro, zusätzlich weitere – zumin­dest – 280 Millionen Euro für einkommensschwache Haushalte, bereitgestellt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Was bedeutet das für 2022? – 350 Millionen Euro für die thermische Sanierung und für die Aktion Raus aus Öl, 90 Millionen Euro für den Umstieg auf klimafreundliche Heizun­gen und 60 Millionen Euro für die thermische Sanierung im mehrgeschoßigen Wohnbau, also insgesamt 500 Millionen Euro. Dazu kommen noch Förderungen für thermische Sa­nierungen von betrieblichen und kommunalen Gebäuden in Ortskernen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das ist eine enorme und wichtige Summe, um unseren Gebäudebestand klimafit zu ma­chen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

21.10


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lausch. – Bitte.


21.10.17

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich habe jetzt ganz genau zugehört, um Ihre Wertigkeiten zu erfahren, um zu hören, wo Sie sagen, dass Sie die Schwerpunkte setzen. Das Einzige, was ich Ihnen zugutehalte, ist, dass Sie von Finanzminister Blümel nicht mit Geld überschüttet wurden – warum auch immer. Man kann sich einen Reim darauf machen. Dass das Budget hier gelobt wird und dass der Koalitionspartner, Kollegin Steinacker, die ich sehr schätze, da so viele freie Planstellen bei der Justizwache sieht und sagt, deswegen musste man nicht handeln, sehe ich ganz anders: Es gibt immer freie Planstellen, und zwar aufgrund der Pensio­nierungen und des ganzen Prozederes, bis diese ausgeschrieben und nachbesetzt sind, aber das sind Peanuts, das sind Kleinigkeiten und das rechtfertigt und legitimiert nicht, dass diese Bundesregierung null Planstellen für die Justizwache schafft. Das ist eigent­lich ein Hohn.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 270

Frau Bundesministerin, ich habe Ihnen ganz genau zugehört: Anscheinend – und das ist traurig – besteht für Sie der Strafvollzug von 28 Justizanstalten nur aus zweien, und das sind Asten und Göllersdorf. Der Maßnahmenvollzug gehört reformiert, gar kein Thema, aber 26 Justizanstalten für zwei im Regen stehen zu lassen, das ist eigentlich, muss ich sagen, eine traurige Geschichte. Das haben sich die Strafvollzugsbediensteten, bei de­nen ich mich übrigens dafür bedanken will, dass sie trotz dieser Bundesregierung weiter­arbeiten, nicht verdient.

Eigentlich hat sich zwischen dem letzten Budget und diesem nichts geändert, ich hätte meine Rede vom letzten Mal nehmen können. Sie haben da eigentlich nichts bewirkt und für den Strafvollzug – der ist das ewige Stiefkind – nichts getan. Ich bin persönlich auch sehr enttäuscht von Ihnen, denn als Sie noch als Abgeordnete hier gesessen sind, klang vieles anders und man hat schon große Hoffnungen in Sie setzen können. Diese Hoffnungen, muss man sagen, kann man nach diesem Budget eigentlich mehr oder weniger begraben. Die Strafvollzugsbediensteten sind da wieder kläglich alleine gelas­sen worden.

Ich habe es schon im Ausschuss gesagt: Es macht kein gutes Bild. Kollegin Steinacker hat es schon gesagt: ein kleines Budget. Kollege Bürstmayr sieht das nicht, da glaubt man, Sie sind mit Millionen überschüttet worden, aber Kollegin Steinacker hat es schon richtig erkannt, sie hat gesagt: ein kleines – das stimmt –, feines – das Feine sehe ich wiederum nicht – Justizbudget. Da hört man natürlich schon einiges heraus, nämlich dass es an allen Ecken und Enden zu wenig ist, für den Strafvollzug jedenfalls. Wie gesagt, das ist man inzwischen – das muss man sagen – schon gewohnt. Das ist einfach so, da passiert eigentlich nichts.

Wie Kollege Stefan ja richtigerweise gesagt hat: Sie lassen viel Geld auf der Straße liegen, nämlich mit den Privatpatienteninsassen. Sie müssten einfach nur einmal etwas tun. Wenn der Generaldirektor im Ausschuss sagt, das sei alles nicht so einfach, dann würde ich einmal bitten: Holen Sie sich Experten, machen Sie einmal etwas, tun Sie etwas, kommen Sie in die Gänge, solange Sie noch in der Bundesregierung sind und die Möglichkeit haben, etwas zu tun! Reden Sie mit Bundesminister Mückstein! Er ist Ihnen ja kein Unbekannter. Tun Sie etwas, damit da endlich etwas passiert und damit da nicht Justizgeld, das Sie an allen Ecken und Enden bräuchten, unnötig verbrannt wird! Schauen Sie, dass die Insassen endlich in die gesetzliche Krankenversicherung kom­men! Das wäre nur mit Fug und Recht, auch gegenüber den Steuerzahlern, die ja auch dort gelandet sind und die anders als die Insassen keine Privatpatienten sind.

Da Sie, also diese Bundesregierung, ja sehr wenig zustande gebracht haben, bringe ich noch folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „bessere bud­getäre und personelle Ausstattung der Justizwache“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Justiz wird aufgefordert, dem Nationalrat Maßnahmenpaket für die Justizwache vorzulegen, das folgende Kernpunkte enthält:

- Mehr Planstellen: Die Sicherheit in den Justizanstalten muss durch Personalaufsto­ckung der Bediensteten der Justizwache erhalten bleiben.

- Bessere budgetäre Ausstattung: Das Budget hat so ausgerichtet zu sein, dass ein Mehr an Planstellen und Ausrüstung für die Justizwache nicht zu Einsparungen in anderen Bereichen in der Justiz führt.

- Schutz der Privatsphäre [...]


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 271

- Anerkennung der Justizwache: Die Bediensteten der Justizwache dürfen nicht durch Zivilpersonen ersetzt werden, sondern müssen vielmehr im Sinne der Vollzugszwecke gestärkt werden. Der Beruf des Justizwachebeamten ist kein Betreuungsberuf, die Be­amten sind keine Sozialarbeiter, sie erbringen Sicherheitsleistungen.

- Haft in der Heimat: Das Konzept ‚Haft in der Heimat‘ ist durch bilaterale Überein­kommen und konsequente Anwendung der bestehenden multilateralen Übereinkommen zu forcieren.“

*****

Dieser Antrag wird Ihnen auch nicht so unbekannt sein, wir kommen immer wieder mit ihm daher, und der Grund dafür ist nicht, dass wir lästig sind, sondern dass in Ihrem Haus relativ wenig passiert.

Ich muss abschließend noch einmal Folgendes zu diesem Entschließungsantrag erwäh­nen: Ich glaube, alle Parteien sind immer für eine Aufstockung der Justizwache, für eine Erhöhung – Sicherheit ist wichtig, da werden auch alle zustimmen. Noch einmal zurück zu Ihrem Haus: Es macht kein gutes Bild, auch wenn Sie jetzt Staatsanwaltschaftspos­ten, Richterposten schaffen, so ist trotzdem in diesem Budget ersichtlich, dass sechs Planstellen von Gerichten und Staatsanwälten in Ihr Haus, in die Zentralstelle Bundesmi­nisterium für Justiz, wandern. Das macht in Zeiten wie diesen, wenn man schon zu wenig hat, kein gutes Bild. Das sollte man nicht tun.

Wenn man jetzt weiter sagt: Der Lausch sagt, es gibt null Planstellen mehr für die Jus­tizwache, und das stimmt ja auch nicht, denn wir haben ja vier geschaffen!, dann muss ich sagen: Ja, das sind akademische Posten für die Leitung, sie bringen eigentlich im normalen Strafvollzug nichts.

In diesem Sinne: Es wurde nichts erreicht. Wir hoffen auf Besserung. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

21.16

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Lausch, Mag Stefan

und weiterer Abgeordneter

betreffend bessere budgetäre und personelle Ausstattung der Justizwache

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) (UG - 13 Justiz) in der 129. Sitzung des Nationalrates, am 16. November 2021

Die Justiz und im Speziellen die Justizwache waren und sind seit Jahren Stiefkinder Finanzminister. Dieses Faktum unterstreicht ein Artikel, vom 16. Dezember 2019, der Online-Zeitung „addendum“, welcher die Altersstruktur veranschaulicht:

„Justizwachebeamte nach Altersgruppen

Alter in Jahren / Menge

bis 20: 2

20 bis 24 /102; 25 bis 29 / 267; 30 bis 34 / 299; 35 bis 39 / 522; 40 bis 4 / 506;

45 bis 49 / 542; 50 bis 54 / 493; 55 bis 60 / 384; 60 bis 64 / 125


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 272

Die Deckung des aktuellen Personalbedarfs hält das Ressort „aufgrund der Schwierig­keiten bei der Rekrutierung trotz gestarteter Initiativen“ für „eher unwahrscheinlich“. Von 3.422 Planstellen bei der Justizwache waren 2019 immerhin 6,2 Prozent unbesetzt. Der Personalmangel birgt „hohe Sicherheitsrisiken“, so das Ministerium. (…)

(…) Personeller Mehrbedarf

gesamter Bedarf an zusätzlichen Planstellen oder Vollbeschäftigtenäquivalenten laut Wahrnehmungsbericht

Justizwache 250 (…)“

Der Personalmangel bei der Justizwache bedeutet eine Belastung eines jeden Bediens­teten, welche oft durch Eingriffe in die Privatsphäre von einigen Medien verstärkt wird. Hier ist der öffentlich Bedienstete samt seiner Familie gänzlich auf sich alleine gestellt. Der Staat gegenüber seinen Bediensteten die Pflicht, diesen rechtlich beizustehen.

Nicht nur der rechtliche Schutz, auch die budgetäre Ausstattung zur Aufrechterhaltung der Sicherheit in den Haftanstalten muss dem Staat ein Leistungssoll sein.

Im letzten Bundesvoranschlag, der mit seinen Zahlen wegen der COVID-19-Maßnah­men der Realität höchstwahrscheinlich nicht einmal nahekommt, werden Gelder locker­gemacht, um zusätzlich 30 neue Planstellen für Exekutivbedienstete der Justizanstalten einzurichten. Das bedeutete, dass es für jede der 28 Justizanstalten 1,07142857 Justiz­wachebeamte mehr geben wird. Im Ergebnis konnte der Personalstand der Justizwache nicht einmal so aufgefüllt werden, dass die Lücke durch Ruhestandsabgänge geschlos­sen werden kann.

Im Budgetvoranschlag 2022 werden keine neuen und dringend notwendigen Planstellen für Justizwachebeamte zur Verfügung gestellt. Dazu gab es von Seiten des Finanzmi­nisters, der diese Planstellen budgetär hätte bedienen müssen, keine grünes Licht.

Um die Justizwache tatsächlich zu entlasten, muss neben einer personellen Aufstockung und einer besseren budgetären Ausstattung auch das freiheitliche Modell „Haft in der Heimat“ verstärkt vorangetrieben werden, denn der Anteil der in Österreich verurteilten Ausländer an der Gesamtzahl der Verurteilten nimmt seit Jahren stetig zu. Innerhalb von nicht einmal zwanzig Jahren hat er sich nahezu verdoppelt: Verfügte um die Jahrtau­sendwende noch jeder vierte Verurteilte über keine österreichische Staatsbürgerschaft, so ist heute schon jeder zweite Verurteilte ein Ausländer.

Der aus dieser dramatischen Entwicklung resultierende hohe Ausländeranteil bei den Inhaftierten stellt für den österreichischen Strafvollzug eine der größten Herausforderun­gen dar. Insbesondere die Kosten für die Unterbringung sind enorm.

Zur Entlastung unserer Justizanstalten müssen daher Maßnahmen – vor allem solche, welche zur Haftverbüßung der Straftäter in deren Heimatstaat führen – getroffen werden. Die Vollziehung der Haft in der Heimat ist zudem im Hinblick auf eine erfolgreiche Reso­zialisierung stets besser, weshalb stets eine möglichst rasche Überstellung des Straftä­ters in den jeweiligen Herkunftsstaat anzustreben ist.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Justiz wird aufgefordert, dem Nationalrat Maßnahmenpaket für die Justizwache vorzulegen, das folgende Kernpunkte enthält:

•     Mehr Planstellen: Die Sicherheit in den Justizanstalten muss durch Personalaufsto­ckung der Bediensteten der Justizwache erhalten bleiben.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 273

•     Bessere budgetäre Ausstattung: Das Budget hat so ausgerichtet zu sein, dass ein Mehr an Planstellen und Ausrüstung für die Justizwache nicht zu Einsparungen in anderen Bereichen in der Justiz führt.

•     Schutz der Privatsphäre: Es ist ein medienrechtlicher Schutz der Privatsphäre der Bediensteten einzuführen. Wird bei Eingriffen in die Privatsphäre von Bediensteten, insbesondere bei Justizwachebeamten, durch Veröffentlichungen verletzt, kann der Dienstgeber im Wege der Finanzprokuratur die Ansprüche der Betroffenen geltend machen.

•     Anerkennung der Justizwache: Die Bediensteten der Justizwache dürfen nicht durch Zivilpersonen ersetzt werden, sondern müssen vielmehr im Sinne der Vollzugszwe­cke gestärkt werden. Der Beruf des Justizwachebeamten ist kein Betreuungsberuf, die Beamten sind keine Sozialarbeiter, sie erbringen Sicherheitsleistungen.

•     Haft in der Heimat: Das Konzept „Haft in der Heimat“ ist durch bilaterale Überein­kommen und konsequente Anwendung der bestehenden multilateralen Übereinkom­men zu forcieren.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Jachs. – Bitte sehr.


21.16.43

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Sie alle kennen die Statue der antiken Göttin Justitia, die vor dem Parlament steht. Sie hält zwei Waagschalen in der Hand, die ihr helfen sollen, ein gerechtes Urteil zu treffen. Damit Justitia das auch kann, ist es unsere Aufgabe, diese hehren Absichten der Antike mit Zahlen zu hinterlegen und die entsprechenden finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen – und das tun wir auch.

Wir haben bereits in den letzten beiden Jahren mehr Geld in diese Waagschalen hi­neingelegt und wir machen das auch heuer wieder. Man könnte es in andere Worte fas­sen und sagen, dass die Justiz mit diesem Budget um 215 Millionen Euro mehr zur Ver­fügung hat, als sie es noch vor drei Jahren hatte. (Beifall bei der ÖVP.)

Unser oberstes Ziel muss es auch sein, für Rechtssicherheit und Rechtsfrieden zu sor­gen, denn diese zwei Komponenten sorgen für innere Sicherheit, und das machen wir auch mit diesem Budget. (Abg. Deimek: Jetzt wissen wir wieder, warum sich die Athene vom Parlament abwendet: weil sie mit der Justitia verwechselt wird!)

Ich möchte nur zwei Punkte herausgreifen: Wir stärken den Gewaltschutz. Es wurde heute schon angesprochen: Wir wollen, dass keine Frau, kein Kind in Angst vor häusli­cher Gewalt leben muss, und darum ist es richtig, dass wir hier mehr Geld zur Verfügung stellen und daran arbeiten. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir wollen natürlich auch, dass sich in Österreich niemand vor den Bedrohungen des Terrorismus fürchten muss, deshalb wird es auch mehr Geld für die Maßnahmen aus dem Terrorpaket geben.

Lieber Kollege Margreiter, ich möchte an dieser Stelle auf Ihren Redebeitrag eingehen, denn Sie haben auch zum Thema Terrorismus und Extremismus gesprochen und haben zeitgleich unseren Klubobmann Sebastian Kurz mit Extremisten und Terroristen auf eine Stufe gestellt. Ich muss Ihnen wirklich ausrichten: Ich finde das verwerflich. (Beifall bei


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der ÖVP.) Allen Kolleginnen und Kollegen, die immer liebend gern mit dem Zeigefinger der Moral auf andere zeigen, möchte ich wirklich sagen, wenn sie das tun (Zwischenruf der Abg. Krisper), zeigen immer drei Finger auf sie zurück. (Abg. Deimek: Richtig, das hat schon die Justitia gewusst und ... auch gesagt!)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ein abschließender Satz noch zum Budget: Als Juristin freut es mich wirklich, dass dieses Budget der Justiz auch den Stellenwert ein­räumt, den sie verdient (Abg. Deimek: Ich glaube, das ist das ... Fremdenverkehrsbud­get!), dass wir mehr Geld zur Verfügung stellen, denn eine funktionierende Justiz kostet Geld und das ist sie uns auch wert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

21.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Becher. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete. (Abg. Deimek: Tatsächliche Berichtigung!)


21.19.43

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir begrüßen natürlich auch die Aufstockung des Budgets. Das ist sicher sehr erfreulich, und es wird sich zeigen, ob das auch insgesamt reicht, weil zum Beispiel für den Bundesstaatsanwalt nichts budgetiert ist.

Die Anforderungen im Bereich des Wohnens steigen und es gibt im Bereich des Miet­rechts keine Spur einer Wohnrechtsreform. Da wird Arbeitsverweigerung betrieben, und das hat System. Man hat denen, die viel haben, den großen Vermietern beispielsweise, nichts weggenommen, stattdessen wird bei den Durchschnittsverdienern abkassiert. Die Großen bleiben ungeschoren. Als Beispiel möchte ich die Coronakrise nehmen: Anstatt die Delogierungen auszusetzen und für die Vermieter einen Fonds aufzusetzen, um Mietrückstände abzufedern, haben Sie den Mietern, die die echten Opfer dieser Krise sind, die Mieten nur gestundet – die müssen sie mit 4 Prozent Verzinsung zurückbezah­len. Jetzt droht eine große Kündigungswelle, und es wird Geld für Vereine und Notquar­tiere aufgestellt werden müssen, um die Menschen aufzufangen. Das heißt, den Nutzen haben die Vermieter und den Schaden die Steuerzahler und die Mieter.

Wir brauchen echte Lösungen. Das Problem muss gelöst werden und nicht das Symp­tom. – Machen Sie endlich ein Mietrecht, das die Spekulation bekämpft, verbieten Sie endlich befristete Mietverträge, denn durch die werden nur die Spekulanten gefördert und die Gerichte belastet! Beschließen Sie endlich das Bestellerprinzip für Immobilien­makler, was ja ÖVP-Altkanzler Kurz schon im Wahlkampf versprochen hat, und machen Sie Gesetze, die funktionieren, und dadurch die Justiz gesund, anstatt ein weiteres Pflas­ter für die Justiz aufzukleben! Das geht nicht so weiter. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

21.22


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stocker. Bei ihm steht das Wort. – Bitte sehr.


21.22.35

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren, die diese Debatte noch von zu Hause aus verfolgen! Wenn es auch heuer im Voranschlag für die Justiz wieder eine Erhöhung gibt, dann ist das eine Gewährleistung dafür, dass die Justiz auch in Zukunft ihre Aufgaben erfüllen und diesen Aufgaben vollumfänglich nachkommen kann. Ich sage das als jemand, der seit Jahr­zehnten im Bereich der Justiz als Anwalt tätig ist, und ich habe in diesen Jahrzehnten eigentlich weitaus überwiegend Persönlichkeiten kennengelernt, die sich mit viel En­gagement, mit viel Kompetenz der Rechtspflege verschrieben haben – ganz egal ob es


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um die Justizwache, um die Verwaltungsbediensteten oder um die Staatsanwaltschaften oder die Rechtsprechung geht. Das ist auch der Grund, warum die Wirkungsziele, wie man in der Budgetanalyse sieht, in weitem Umfang sehr gut erfüllt werden.

Wenn man es ein wenig genauer ansieht, dann merkt man schon, dass es da und dort Anlass für Kritik geben kann. Die WKStA ist heute ja schon angesprochen worden. Das Wirkungsziel 3 verlangt ja ein faires Verfahren in angemessener Zeit, Entscheidungen und Verfahrensführung in angemessener Zeit. Wir sehen, dass bei der WKStA die An­zahl der Verfahren, die länger als drei Jahre dauern, eine sehr hohe ist, und 37 von über 70 Verfahren sind Großverfahren, wie im letzten Revisionsbericht Ihres Ministeriums zu lesen ist. Wenn man sich das ansieht, muss man sich fragen: Warum ist das so? – Ich verstehe schon, dass manche Verfahren – und gerade von der Thematik her bei der WKStA – halt mehr Zeit in Anspruch nehmen. Die Frage ist, ob das auf alle Verfahren zutrifft, die da aufgelistet werden.

Gerade die jüngsten Entwicklungen, muss ich ehrlich sagen, stimmen mich da ein wenig bedenklich. Ich frage mich, ob es wirklich notwendig ist, dass ein Verfahren so aufgebläht wird, dass man sich nicht mehr auskennt, wer noch aller beschuldigt ist. Auch die Frage der Leaks, die hier schon thematisiert wurde, hat darin ihren Ursprung – obwohl man dieses Problem ja technisch lösen könnte, damit man weiß, von wo ein Akt nach außen getragen wird. – Das heißt, ich glaube schon, dass Sie da gefordert sind.

Sie haben ja im „Morgenjournal“ – ich habe mir das aufmerksam angehört – gesagt, Sie verwehren sich dagegen, dass pauschale Kritik an der Staatsanwaltschaft, insbesondere an der WKStA, geübt wird. – Da gebe ich Ihnen schon recht: Die Kritik sollte zielgerichtet und nicht pauschal sein. Ich würde mir aber wünschen, dass Sie das vice versa genauso sehen. Ich persönlich empfinde es nämlich auch als pauschale Kritik, wenn vonseiten der WKStA eine politische Einflussnahme auf Verfahren artikuliert wird, die dann aber nicht belegt werden kann, die sogar vom Gruppenleiter der WKStA im Untersuchungs­ausschuss ausdrücklich als nicht gegeben bezeichnet wird. Das ist keine Einbahnstraße, das sind kommunizierende Gefäße, und es darf sich die Justiz auch nicht wundern, wenn sie so pauschal mit der Politik umgeht, dass sie dann auch auf diesem Spielfeld steht und sich Kritik gefallen lassen muss. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Eines sage ich hier auch, weil mich das vormittags schon etwas verwundert hat: Das Gutachten eines Strafrechtsprofessors, wird hier, nur weil es im Inhalt der Meinung der Opposition und der linken Jagdgesellschaft nicht entspricht, ganz pauschal - - (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) – Ja, der Herr Kollege Krainer, ich weiß es eh. Ich frage mich, wo die Expertise des Kollegen Krainer ist (Zwischenruf des Abg. Matznetter), um sich mit diesem Gutachten auseinanderzusetzen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wenn die Ex­pertise aus seinen Strafanzeigen stammt, dann weiß ich, dass es mit ihr nicht weit her ist, denn die waren weitgehend erfolglos.

Wenn man natürlich lieber die Analysen im „Falter“ und die scharfen Schlüsse des Herrn Klenk liest, dann muss ich sagen: Lieber lese ich die eines Strafrechtsprofessors. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das sei hier nur am Rande angemerkt. (Zwi­schenruf des Abg. Loacker.)

Was ich sage, ist, dass auch Sie, sehr geehrte Frau Bundesministerin, gefordert sind, dass diese Verfahren in angemessener – meiner Meinung nach rascher – Zeit zu ent­scheiden sind. Ich habe auch mit Verwunderung zur Kenntnis genommen, dass in der WKStA jetzt Kommunikationsplanstellen geschaffen werden. Ich würde mir allenfalls Er­mittlungsplanstellen wünschen. Ich würde mir wünschen, dass Sie bei der Justiz, die Sie in Ruhe arbeiten lassen wollen, Ihr Augenmerk nicht nur auf die Ruhe legen, sondern auf die Arbeit, damit wir sehr rasch mit Entscheidungen rechnen können – denn das haben sich die Öffentlichkeit und die Republik auch verdient. (Beifall bei der ÖVP.)

21.27



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 276

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Troch – Bitte.


21.28.00

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ich freue mich, dass der Plenarsaal fast voll ist. Es geht ja immerhin um die Justiz. Es geht um die unabhängige Justiz, es geht um nicht mehr und nicht weniger als den Rechtsstaat und die Finanzierung dieses Rechtsstaats in Österreich. Wir gehen davon aus, dass vor dem Gesetz alle gleich sind. Es sollten auch alle einen gleich guten Zugang zum Gesetz und zur Rechtsprechung haben. Ich sehe manches aber trotzdem ein bisschen kritisch, Frau Ministerin.

Wenn wir zur Frage der Rechtsdurchsetzung kommen: Wie gut ist die Erreichbarkeit der Gerichte? – Bezirksgerichte sind gesperrt worden. Nicht mehr für alle Bürger ist es so leicht, zu einem Gericht zu kommen. Zur Frage des Personals: Ja, da sind die schlimms­ten Kürzungen verhindert worden. Frau Bundesministerin, Sie haben da sicher auch Verdienste gehabt. Es darf aber auch keine ewig langen Verfahren geben, das heißt, in diesem Bereich muss es weiterhin Verbesserungen geben

Eine unabhängige Justiz muss uns natürlich auch etwas wert sein. In Österreich zahlt der Bürger aber eigentlich doppelt: Er zahlt über seine allgemeinen Steuern, über das reguläre Budget für die Justiz, und der Bürger in Österreich zahlt über zu hohe Gerichts­gebühren. Da muss ganz einfach noch mehr passieren. Die Gerichtsgebühren sind ja schon wie Steuern, aber sie sollten eigentlich nur Kosten abdecken. Auch die hohen Gebühren machen, wie wir schon gehört haben, die Rechtsdurchsetzung schwieriger.

In den Justizanstalten ist zu wenig Personal vorhanden, da gibt es dringenden Hand­lungsbedarf. Eigentlich finde ich es unverständlich, dass bei einem durchaus bemer­kenswerten Justizbudget die Justizwache durch die Finger schaut. Von den 3 300 Plan­stellen sind 100 nicht besetzt. Neue Planstellen werden nicht geschaffen, weil man sagt, es sind nicht einmal noch die alten 100 besetzt. Da muss sich das Ministerium eben auch darum kümmern. Für 2022 sind vier Planstellen vorgesehen. Meiner Meinung nach ist die Justizwache im Budget vergessen worden, gerade die Justizwache, die wirklich rund um die Uhr, Tag und Nacht im Einsatz ist.

Zum Maßnahmenvollzug: Der ist nach wie vor unterfinanziert. Dabei sind zusätzliche Aufgaben da. Im Maßnahmenvollzug sind ja auch Straftäter mit terroristischem Hinter­grund untergebracht. Auch da ist für die entsprechenden Ressourcen zu sorgen.

Ich muss aber abschließend zu den Ausführungen meines Vorredners, Kollegen Sto­cker, und zum Privatgutachten für den ehemaligen Bundeskanzler etwas sagen: Das kann man so nicht stehen lassen. Dass auf dem Privatgutachten das Logo der Univer­sität abgebildet wird, das ist wie eine Manipulation. Das ist absolut nicht korrekt und das ist abzulehnen. (Beifall bei der SPÖ.) In diesem Gutachten wird zu den eigentlichen Vor­würfen an den ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz ja gar nichts gesagt, nämlich Beihilfe zur Untreue. Es ist ein massiver Angriff auf die Staatsanwaltschaft für Wirt­schaftskriminalität und Korruption. Dass all diese gesetzten Maßnahmen, auch die Haus­durchsuchung, von einem Gericht bewilligt wurden, darauf wird gar nicht eingegangen. Das heißt, das Gutachten ist für A und F. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.31


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Mir liegt dazu keine weitere Wortmeldung mehr vor. Die Beratungen zu diesem Themenbereich sind damit beendet.

21.31.40UG 33: Wirtschaft (Forschung)

UG 40: Wirtschaft


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur Untergliederung 33: Wirtschaft (For­schung), sowie 40: Wirtschaft.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 277

Hierüber findet eine gemeinsame Debatte statt.

Zu Wort gemeldet ist nach meinen Unterlagen Abgeordneter Matznetter. – Bitte sehr.


21.32.15

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin, schönen guten Abend! Wir haben im Ausschuss, glaube ich, noch auf der Basis von 2G in der Gastronomie und bei persönlichen Dienstleistern diskutiert. Jetzt, schon wenige Tage später, schaut die Situation deutlich schlimmer aus.

Während wir uns noch über die Phrase „ein Sommer wie damals“, ursprünglich eine Limonadenwerbung, über die Untätigkeit der Bundesregierung lustig machen, vergeht einem jedes Scherzen, wenn man nur die Zeitung aufschlägt und sieht, wie es um die derzeitige Situation bestellt ist. In Salzburg wird die erste Triagekommission mit der Fra­gestellung gebildet, ob innerhalb weniger Tage genau das eintreten könnte, was der Grund für all die Maßnahmen der letzten 600 Tage war.

Frau Ministerin, es ist nicht mehr darauf beschränkt, dass zum Martiniganslessen we­niger Gäste kommen, wie wir noch vorige Woche diskutieren konnten, oder ob bei den Friseuren weniger los ist. Die Situation ist so, dass in der umsatzstärksten Zeit des ös­terreichischen stationären Handels, nämlich der Vorweihnachtszeit, mehr als 30 Prozent der Bevölkerung die Geschäfte, bis auf den Lebensmittelhandel, Tabaktrafiken und Dro­gerien, nicht betreten dürfen. Ich frage Sie heute, Frau Bundesministerin, mit einer viel größeren Schärfe als im Ausschuss: Was haben Sie im Köcher? Warum sind nicht längst alle Coronahilfen zumindest bis März nächsten Jahres verlängert? Wieso nicht, Frau Bundesministerin, wie kann das sein? (Beifall bei der SPÖ.)

Selbst in der Limonadenwerbung heißt es: „ein Sommer wie damals“, nicht: ein Spät­herbst wie damals. Wenn Sie von der Regierung schon im Sommer nichts gemacht ha­ben, wäre es vielleicht gut und günstig, uns heute bei Ihrem Kapitel zuzusagen, dass es das sofort gibt, welche Budgetmittel Sie dafür zur Verfügung stellen, denn bisher kennen wir nur, was uns Gernot Blümel sagt: Na ja, das ist ja alles kein Problem, bis Jahresende kann man eh noch etwas beantragen, ich habe eine Ermächtigung für 5 Milliarden Euro. – Ehrlich gesagt: So geht es nicht! Daher: die Karten auf den Tisch; sofortige Maß­nahmen; Verlängerung von mir aus auch jener Coronahilfsmaßnahmen, die eh auch so nicht perfekt funktioniert haben, aber wir haben viele kleine Geschäfte, die in der Folge am Ende sind.

Was den stationären Handel betrifft, Frau Bundesministerin, brauchen wir uns nichts vorzumachen: Die, die nicht hingehen dürfen, werden nicht keine Weihnachtsgeschenke kaufen! Jeff Bezos wird weitere Milliarden damit machen, und sie werden nie mehr in den stationären Handel zurückkehren. Wenn Sie nicht handeln, wird also die Lebens­grundlage Tausender in diesem Lande gefährdet sein.

Wenn der Herr Finanzminister behauptet, es gibt noch Maßnahmen, dann möge er mir bitte heute sagen, was ich jedem einzelnen Einpersonenunternehmen oder KMU sagen kann, die sagen, sie haben kein Geld mehr zum Leben. Härtefallfonds? – Am 15. Okto­ber war die letzte Möglichkeit, um für September zu beantragen. Aus ist es. Die letzte Garantie ist am 15. Dezember beim AMS oder beim ÖHT zu beantragen, da heißt es: Ganz schnell sein!

Frau Bundesministerin, so ein Nichtarbeiten, ein Untätigsein, ein Pendeluhrschlafen, das geht nicht! Sie müssen heute die Karten auf den Tisch legen, damit ganz schnell gehan­delt wird.

Ich darf an das Wochenende 13., 14. März erinnern. Um den Paragrafen zum Rechts­anspruch auf den vollen Verdienstentgang aus dem Epidemiegesetz zu streichen, haben Sie keine 5 Minuten gebraucht. Einer halben Million Menschen haben Sie den Anspruch,


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den es seit 100 Jahren gibt, weggenommen. Da waren Sie ganz schnell. Was ist jetzt, wieso liegt das nicht auf dem Tisch? Zu dieser Frage werde ich einen Entschließungs­antrag einbringen. Ich hoffe, dass von den Regierungsfraktionen ein entsprechender Be­schluss kommt, der alles verlängert, damit am Donnerstag klar ist, wie es weitergeht.

Wir werden Sie in dieser Frage nicht auslassen. Wir haben Sie für die Fehler im vorigen Jahr gebrandmarkt, und wir werden jetzt nicht dulden, nachdem schon die Gesundheit der Menschen wegen Untätigkeit gefährdet wurde, dass auch noch ihre wirtschaftliche Existenz wegen Untätigkeit gefährdet ist. Das ist nicht unsere Vorstellung von Politik. Das ist nicht unsere Vorstellung davon, wie eine Krisenbewältigung stattfinden soll. Ich appelliere noch einmal an die Regierungsparteien, das sofort auf den Tisch zu legen.

Nachsatz: Sie können auch gleich beim Thema Wintertourismus weitermachen, denn dass Frau Bundesministerin Köstinger herumreist und bei den Deutschen lieb bittet, doch die Kinder aus der Quarantäne zu nehmen, wenn wir Hochrisikogebiet sind, wird kein Beitrag sein. Ich höre, dass bei den Hotels, was den Wintertourismus betrifft, schon in wenigen Tagen 30 Prozent und mehr storniert wurden.

Dann höre ich, dass Mitarbeiter nicht arbeiten können, weil sie aus Ungarn kommen und eine Sputnik-Impfung haben, Touristen nicht kommen können, weil sie eine andere Imp­fung haben, die zwar bei der WHO zugelassen ist, aber bei uns nicht gilt. Wann beheben Sie das, meine Damen und Herren? Kann mir das irgendjemand erklären? Wir haben 2G in den Hotels und in der Gastronomie. Wieso kann der russische Tourist nicht bei uns einchecken? Wieso kann der chinesische Tourist nicht einchecken? (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.) Was spricht dagegen? Nur weil die westlichen Konzerne bei der EMA schneller waren? So weit müssen wir uns also nicht ins eigene Fleisch schneiden, und bitte – soll ich mehr zur grünen Seite hinüberschauen? –, bitte sorgt dafür, dass wir halbwegs eine Liberalität haben, wenigstens einen Fuzel unseres Wintertourismus retten können.

Das wäre ein Beitrag: dass Sie, wenn Sie schon einen „Sommer wie damals“ gefeiert haben, in der Folge wenigstens nicht mit dieser Pendeluhrschlafmethode weitermachen. Das ist nämlich nicht nur für die Gesundheit, sondern auch für die Wirtschaft lebensge­fährlich. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Haubner. – Bitte.


21.39.12

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Matznetter, wenn wir uns die letzten Monate anschauen, dann können wir feststellen, dass wir von der Bundesregierung be­ziehungsweise von den Regierungsparteien alles darangesetzt haben, die Unternehmer in dieser schweren Zeit zu begleiten und zu unterstützen. Wir haben ja auch über 40 Mil­liarden Euro in die Hand genommen, um eben die Wirtschaft zu unterstützen, die Ar­beitsplätze zu sichern und Österreich in dieser Hinsicht auch wettbewerbsfähig zu hal­ten. Wir werden auch jetzt alles daran setzen, dass wir diese Maßnahmen so setzen, dass die Wirtschaft weiterhin gut durch diese Pandemie kommt.

Ich möchte aber – es geht ja heute um das Budget für das Jahr 2022 – ganz kurz zum Wirtschaftsbudget einiges sagen und vor allem zwei Punkte herausstreichen, die in die­sem Budget als Schwerpunkte angesetzt sind.

Einerseits geht es natürlich darum, dass wir die Unternehmer bei der Investitionsprämie weiter begleiten, denn das ist ein ganz wichtiger Punkt. Wir haben ja dieses Jahr bisher schon ungefähr 200 Millionen Euro bei den Investitionsprämien bei den Klein- und


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Kleinstunternehmen abgerechnet, und jetzt geht es darum, dass wir diese Offensivmaß­nahme auch weiterhin begleiten. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.

Ich habe es heute schon einmal erwähnt: 1 Milliarde Euro Investitionsprämie löst 10 Mil­liarden Euro Investitionen aus. Wir haben 5 bis 7 Milliarden Euro Investitionsprämie ein­geplant. In dieser Hinsicht ist das also ein wichtiger Punkt für die Wirtschaft und vor allem auch für die Sicherung der Arbeitsplätze in Österreich.

Der zweite ganz wichtige Punkt ist eine Weiterentwicklung der Austrian Business Agency und der Ausbau der ABA-Unit Work in Austria zu einem umfassenden Kompetenzzent­rum. Es ist nämlich ganz wichtig, dass wir auch am Fachkräftesektor noch einige Akti­vitäten setzen, und das ist in diesem Budget auch entsprechend abgebildet.

Frau Minister, ich denke, Sie setzen die richtigen Schwerpunkte, und mit unserer Unter­stützung können Sie auf jeden Fall rechnen. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

21.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ange­rer. – Bitte.


21.41.53

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Kol­lege Haubner hat gerade gesagt, die Regierung hat 40 Milliarden Euro in die Hand ge­nommen, damit es der Wirtschaft gutgeht und damit wir die Krise überstehen können. Ich würde sagen, ihr habt 40 Milliarden Euro neue Schulden gemacht, und diese Schul­den werden die Unternehmerinnen und Unternehmer und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land wieder zurückzahlen müssen. Sie haben im letzten Jahr auf Kosten der Zukunft dieses Landes Schulden gemacht und nicht Geld in die Hand genommen!

Frau Minister, es tut mir leid, ich wäre gern freundlich zu Ihnen, aber es geht einfach nicht. Wenn ich mir anschaue, was in den letzten Tagen passiert ist: Das ist ja Ma­nagement by Chaos und ein Déjà-vu, weil wir das im letzten Jahr schon einmal erlebt haben.

Das Budget, über das wir heute eigentlich diskutieren sollten – jetzt geht es um Wirt­schaft –, ist an dem Tag, an dem es vorgelegt, diskutiert wird, schon wieder Makulatur, weil die Einschränkungen – Kollege Matznetter hat es richtig auf den Punkt gebracht – sehr viele und vor allem kleine Unternehmen, die natürlich wieder einen kompletten Ein­nahmenausfall zu verzeichnen haben, total beeinträchtigen.

Wir haben schon im Ausschuss darauf hingewiesen, dass natürlich wieder entsprechen­de Maßnahmen und neue Hilfen notwendig sein werden müssen. Es werden wieder neue Schulden gemacht werden müssen, das Budget wird wieder nicht halten. Sie wer­den das einfach tun müssen.

Bis jetzt haben Sie es nicht getan. Sie machen Verordnungen, die völlig praxisfern sind. Wir haben 3G-Regeln, wir haben 2G-Regeln. Mittlerweile ist österreichweit das ganze PCR-Test-System zusammengebrochen, es funktioniert nicht mehr. Die Arbeiter kom­men nicht mehr in ihre Betriebe, weil die Mitarbeiter mit Strafen von 500 Euro und die Unternehmer von 3 600 Euro bedroht sind. Sie haben gar nicht die Möglichkeit, diese Tests zu erbringen, weil es einfach nicht mehr funktioniert. Das kann man nicht anders als Management by Chaos bezeichnen.

Wenn ich mir anschaue, wie Sie diese Vorschriften erstellen: Sie sind eine der wenigen – ich habe das im Ausschuss schon gesagt –, die einmal ein paar Tage in der Privatwirt­schaft gearbeitet haben. Vom ehemaligen Bundeskanzler bis zum halben Kabinett hat


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keiner einen Tag in der Privatwirtschaft gearbeitet. Von denen erwarte ich mir ja auch gar nicht, dass sie verstehen, wie das in einem Unternehmen funktioniert, aber Sie müss­ten das ja verstehen. Ihnen müsste ja das Herz wehtun, wenn Sie sich in einen Unter­nehmer versetzen.

Ich gebe Ihnen jetzt zwei Beispiele dafür, wie absurd diese Vorschriften sind. Gehen Sie jetzt davon aus: Eine Tätowiererin ist nicht geimpft und eine Friseurin ist geimpft. Die Friseurin darf sich jetzt von ihrer Kollegin, der Tätowiererin, tätowieren lassen. Umge­kehrt darf sich die eine aber von der anderen nicht die Haare schneiden lassen.

Oder Sie gehen in einen Friseurladen, und dort sind die Chefin und die Mitarbeiterin nicht geimpft. Beide dürfen den ganzen Tag dort nebeneinander arbeiten, aber sie dürfen sich nicht gegenseitig die Haare schneiden.

Das ist ja ein totaler Schwachsinn! Wer soll denn diesen Schwachsinn überhaupt noch glauben? Da kann ja keiner mehr mitmachen! Es macht auch keiner mehr mit, weil das alles völlig praxisfern ist. Sie sind mit Ihrer gesamten Politik total daneben, und es funk­tioniert einfach nicht.

Wenn wir jetzt noch anschauen, was Sie für den Standort Österreich tun, sehen wir: Da fehlt es ja auch komplett. Die Standortpolitik dieser Regierung ist, möchte ich einmal sagen, massiv überschaubar. Wir haben immer noch die höchste Steuerbelastung, wir haben noch massive bürokratische Hürden in unserem System. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Die hohen Lohnnebenkosten sind noch immer ein Thema, die kalte Pro­gression wird nicht abgeschafft; Fachkräftemangel, Lehrlingsmangel – nichts wird dage­gen getan.

Das Einzige, was Ihnen einfällt, ist, dass Sie die Rot-Weiß-Rot-Karte ausweiten und schauen wollen, dass mehr Mitarbeiter aus dem Ausland nach Österreich kommen. Das ist jetzt die in Ihrem Budget definierte wirkungsorientierte Folgenabschätzung und Ihr Ziel: dass Sie die Rot-Weiß-Rot-Karte entsprechend ausdehnen und damit versuchen, Arbeitskräfte, Facharbeiter nach Österreich zu holen.

Dass Sie aber endlich einmal für die eigenen Leute etwas tun, dass Sie einmal schauen, dass von uns wieder mehr eine Lehre beginnen, dass wieder mehr den Facharbei­terberuf angehen und sagen: Das ist etwas Gescheites!, das tun Sie nicht. Jeden Antrag von uns, der Lehrlinge betrifft, egal ob es der Blum-Bonus zur Unterstützung der Un­ternehmer war, egal ob es die Lehrabschussprämie war, die ich auch jetzt wieder ein­bringen werde, lehnen Sie kategorisch ab.

Sie tun nichts dafür, dass wieder mehr Menschen in Österreich den Lehrberuf angehen, also eine Lehre beginnen, und damit wieder Facharbeiter in den Branchen zur Verfügung stehen. (Abg. Michael Hammer: Das ist ein Blödsinn!) Wenn man sich die Branchen ein bissel anschaut – ein Touristiker ist hier, der Kollege aus dem Gailtal –, muss man sa­gen, es ist eigentlich auch erschreckend, dass sich im Gastronomiebereich von 2005 bis 2019, 2020 die Lehrlingszahlen halbiert haben. Das heißt, die Branche hat damals noch 14 000 Lehrlinge ausgebildet, heute ist sie bei 8 000 Lehrlingen. Insgesamt sind es über­haupt nur 7,5 Prozent, die der Tourismus an Lehrlingen ausbildet. Da sind das Gewerbe und das Handwerk mit 50 Prozent noch top. Die bilden wenigstens noch Lehrlinge aus, die Touristiker bilden aber keine Lehrlinge aus.

Jetzt würde ich mir als Wirtschaftsministerin einmal die Frage stellen: Warum ist das so? Warum bilden die keine Lehrlinge aus? – Weil halt die Rahmenbedingungen nicht pas­sen, weil die Lehrlinge nichts verdienen, weil sie das halbe Einkommen von einem Mau­rerlehrling haben und weil die Lehre nicht attraktiv ist. Sie sind nicht bereit, etwas zu tun, damit sich das ändert.

Bevor ich den Antrag zur Lehrabschlussprämie einbringe, noch ein Punkt zu Ihrer Co­ronapolitik: Als unser Klubobmann vor circa drei Wochen den Plan B präsentiert hat,


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dass man endlich einmal einen Strategiewechsel machen sollte – Sie sagen ja täglich: impfen, impfen, impfen, drängen die Leute in die Impfung hinein, drängen Kinder in die Impfung hinein, drängen jeden Unternehmer und den Mitarbeiter in die Impfung hinein ‑, haben Sie sich darüber lustig gemacht. Klubobmann Wöginger hat sich darüber lustig gemacht. Heute lese ich im „Exxpress“: „Schramböck kritisiert Mückstein-Chaos: ‚Fokus sollte auf Medikamenten liegen‘“. – Frau Minister, es freut mich, dass Sie offensichtlich die Strategie ändern und jetzt auch auf eine medikamentöse Behandlung setzen. (Abg. Loacker: ... Ich weiß nicht, ob das für den Kickl spricht!) Es widerspricht aber total der derzeitigen Linie dieser Bundesregierung. Vielleicht können Sie uns das noch erklären.

Jetzt bringe ich noch folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die Einführung einer Lehrabschlussprämie“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, jene Maßnahmen zu setzen bzw. Schritte ein­zuleiten, die die Einführung einer bundesweiten, aus öffentlichen Mitteln finanzierten Lehrabschlussprämie in Höhe von 10.000 Euro für jede erfolgreich abgeschlossene Leh­re sicherstellen, wobei 5.000 Euro dieser Prämie dem Lehrling bei erfolgreichem Lehrab­schluss direkt ausgezahlt und 5.000 Euro in Form eines Bildungsschecks für seine be­rufliche Fortbildung zur Verfügung gestellt werden sollten.“

*****

Ich freue mich auf Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

21.49

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Erwin Angerer und weiterer Abgeordneter betreffend die Einführung einer Lehrabschlussprämie

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 4: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) (UG 40 Wirtschaft) in der 129. Sitzung des Nationalrats am 16. November 2021

Der Fachkräftemangel in Österreich wird zusehends zu einem massiven Problem für die heimische Wirtschaft.

So legen die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage beispielsweise im Kärntner Gewerbe und Handwerk das Ausmaß des Fachkräftemangels in Kärnten dar: 24 Prozent der Betriebe gaben an, ihren Beschäftigungsstand in den nächsten Monaten um durch­schnittlich 6,8 Personen erhöhen zu wollen. Spartenobmann Klaus Kronlechner betonte, dass die Erholung der Auftragslage im ersten Quartal 2021 gegenüber dem ersten Quartal 2020 zu diesem dramatischen Fachkräftemangel führte: „Wir trommeln seit Jah­ren, dass der Fachkräftemangel bedrohende Ausmaße für das Gewerbe und Handwerk annimmt. Jetzt ist die Situation eingetreten, vor der wir immer gewarnt haben: Unsere Betriebe können die Aufträge kaum noch abarbeiten, da ihnen qualifizierte Mitarbeiter


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fehlen. Wir sind jetzt leider an einem Punkt angekommen, an dem der Fachkräftemangel die Produktivität bremst.“1

Laut einer Studie, die im Auftrag der WKO durchgeführt wurde2, waren bereits im Sep­tember 2020 62 Prozent der Betriebe von starkem Fachkräftemangel betroffen. Insge­samt gaben 81 Prozent der Betriebe an, dass sie zumindest in irgendeiner Form vom Mangel an Fachkräften betroffen sind. „Besonders intensiv wird der Mangel an Fach­kräften am Bau, in der Herstellung von Holzwaren, im Tourismus, im handwerklich-tech­nischen Bereich sowie in mittelgroßen Betrieben erlebt. Hochgerechnet auf Österreich kann zum Befragungszeitpunkt September 2020 von einem geschätzten Fachkräftebe­darf (offene Stellen) von rund 177.000 Personen (bezogen auf alle Mitgliedsbetriebe der WKO) ausgegangen werden.“ In rund 61 Prozent der Betriebe hat der Fachkräftemangel auch zu Umsatzeinbußen geführt. Rund 50 Prozent der Unternehmen gaben an, dass in Folge des Mangels auch weniger qualifizierte Bewerber eingestellt werden mussten, was sich wiederum auf die Möglichkeit zur Innovation bzw. Entwicklung neuer Produkte aus­wirkte. Zudem wird von über 70 Prozent der Betriebe eine Verschärfung des Fachkräfte­mangels in den nächsten drei Jahren befürchtet.

Auch die EY-Studie vom Februar 2021 „Fachkräftemangel im österreichischen Mittel­stand“ bestätigt diese Zahlen und den Fachkräftemangel in Österreich: 76 Prozent der Mittelstandsunternehmen haben Probleme damit, geeignete Fachkräfte zu finden und 35 Prozent der Mittelstandsunternehmen gaben an, Umsätze aufgrund des Fachkräfte­mangels zu verlieren.3

Auch der diesem Antrag zugrunde liegende Entschließungsantrag der Abgeordneten Muchitsch, Genossinnen und Genossen betreffend arbeitsmarktpolitische Sofortmaß­nahmen zur Beschäftigungsförderung zielt unter anderem auf Maßnahmen zur Bekämp­fung des Fachkräftemangels und zur Unterstützung der Lehrlingsausbildung ab.

Es bedarf dringend geeigneter Maßnahmen, um dem Fachkräftemangel effektiv zu be­gegnen. Neben einer Informationsoffensive der Jugend, müssen vor allem Schüler ange­sprochen und dazu motiviert werden, einen Lehrberuf zu ergreifen. Die Lehre muss ins­gesamt attraktiver werden und wieder an Stellenwert gewinnen. Mit einer aus öffent­lichen Mitteln finanzierten Lehrabschlussprämie für jede erfolgreich abgeschlossene Lehre in Höhe von 10.000 Euro könnte den Lehrlingen der Start in ihre private und beruf­liche Zukunft erleichtert werden. 5.000 Euro dieser Prämie sollten dem Lehrling direkt ausgezahlt und 5.000 Euro in Form eines Bildungs-schecks für seine berufliche Fortbil­dung zur Verfügung gestellt werden.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachste­henden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, jene Maßnahmen zu setzen bzw. Schritte ein­zuleiten, die die Einführung einer bundesweiten, aus öffentlichen Mitteln finanzierten Lehrabschlussprämie in Höhe von 10.000 Euro für jede erfolgreich abgeschlossene Leh­re sicherstellen, wobei 5.000 Euro dieser Prämie dem Lehrling bei erfolgreichem Lehr­abschluss direkt ausgezahlt und 5.000 Euro in Form eines Bildungsschecks für seine berufliche Fortbildung zur Verfügung gestellt werden sollten.“

1     https://www.5min.at/202107396224/wkk-fachkraeftemangel-bremst-produktivitaet-in-kaernten/

2     https://news.wko.at/news/oesterreich/ibw-summary_Fachkraeftebedarf_mangel-in-Oesterreich-2020_FIN.pdf


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3     https://presse.ikp.at/news-ey-studie-fachkraeftemangel-im-oesterreichischen-mittel­stand-2021?id=125943&menueid=2186&l=deutsch

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Götze. – Bitte.


21.50.01

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Minis­terin! Thema ist das Budget für die Bereiche Wirtschaft und Forschung, und dazu wurden schon einige Punkte behandelt. Ich möchte drei Dinge herausgreifen, die mir besonders wichtig sind.

Ein Thema, das noch gar nicht behandelt wurde, ist das Personal, ist die Personalpla­nung. Ich danke Ihnen für die – ich nenne es einmal so – Weitsicht, die Bundeswettbe­werbsbehörde mit zusätzlichen Personalstellen auszustatten. Es erfolgt eine Ausweitung von 43 auf 49 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das bedeutet, dass die Bundeswettbe­werbsbehörde in Zukunft noch wirksamer sein kann. Warum ist das wichtig? – Beispiels­weise weil sie aktiv gegen illegale Preisabsprachen vorgeht und damit garantiert, dass in Österreich der Wettbewerb funktioniert. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Kaufmann.)

Gerade erst im September hat es wegen solcher Preisabsprachen eine Strafe für den Baukonzern Porr gegeben, dieser hat die Schuld auch schon eingestanden. Es ist die höchste Strafe, die in der Zweiten Republik je vergeben wurde. Das ist für uns sehr wichtig, weil es da ums Bauen, um den Bausektor generell geht, und daher beispiels­weise um Immobilien, um Wohnungen, aber auch um Straßenbau, um Infrastruktur im öffentlichen Bereich, um Kanal- und Wasseranlagen, das kann ich aus kommunaler Er­fahrung sagen. Es ist wichtig, dass die Preise da korrekt ermittelt werden.

Personalausbau erfolgt ebenfalls im Bereich der Investitionskontrolle. Das ist auch ein wichtiger Bereich, in dem wir erst im letzten Jahr ein Gesetz auf den Weg gebracht ha­ben, und es ist wichtig, dass genug Personal zur Verfügung steht, um die Abwicklung zeitgerecht zu machen. Bei der Investitionskontrolle geht es darum, zu verhindern, dass es durch Investorinnen und Investoren aus dem Ausland, also aus Drittstaaten, aus EU-Drittstaaten, zum möglichen Ausverkauf kritischer Infrastruktur kommt.

Ein zweiter wichtiger Punkt ist die Investitionsprämie. Ich halte die Ausführungen dazu kurz, wir haben hier schon häufig darüber gesprochen, damit ist wirklich etwas Gutes gelungen. Da fließen Gelder in Investitionsprojekte von Unternehmen, mehr als ein Vier­tel der Projekte sind ökologische Investitionsprojekte. In diesem Bereich fließen rund 2,6 Milliarden Euro an Zuschüssen für Investitionen, auch für digitale Investitionen.

In diesem Zusammenhang möchte ich, da auch das hier diskutiert wurde, erwähnen: Wir haben die Gelder aus dem nationalen Aufbauplan, also dem Wiederaufbauplan der EU genützt, um die Investitionsprämie zu finanzieren. Dafür haben wir von der EU viel Lob bekommen. Wir waren eines der ersten Länder, deren Pläne von der EU überhaupt zu­gelassen wurden. Insofern ist da, glaube ich, wirklich etwas Gutes gelungen.

Mein dritter Punkt ist jener, der bereits sehr heftig von Kollegen Matznetter angespro­chen wurde: Natürlich werden wir uns Gedanken machen. Wir werden uns intensive Ge­danken über weitere Wirtschaftshilfen machen, und auch da wird etwas passieren. Bis­her ist es gut gelungen, die Unternehmen und die arbeitende Bevölkerung zu unterstüt­zen. Das wird auch 2022 gelingen, da bin ich sehr zuversichtlich. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Gabriela Schwarz.)

21.54



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 284

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte.


21.54.17

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Wir haben im Budgetausschuss ein sehr aufschlussreiches Gespräch ge­habt, wir konnten uns über viele Details unterhalten. Kollege Haubner hat schon die ABA genannt, wo mehr Geld in die Hand genommen wird, um Betriebsansiedelungen vorzu­nehmen. Spannend ist aber, dass die Wirkungsziele im Budget auf weniger Betriebs­ansiedelungen ausgelegt sind. Wir nehmen also mehr Geld in die Hand, um weniger Betriebe herzubekommen. Das Ziel ist auch, im Jahr 2022 weniger Neugründungen als 2020 zu haben. Es wird dann erklärt: Die Zahl leitet sich irgendwo ab, bla, bla, bla. – Man dividiert irgendwo eine Zahl heraus, und das Ergebnis ist weniger Leistung und mehr Geld – das ist keine Zielsetzung. Die Wirkungsziele im Budget sind also zum Ver­gessen.

Man kann natürlich ganz viel Arbeit jenseits der Budgetzahlen machen. Wenn Sie in die morgige Ausgabe des „Kuriers“ schauen, werden Sie lesen, dass Wifo-Chef Gabriel Fel­bermayr der Regierung, was die Wirtschaftshilfen und ihre Zielsicherheit anbelangt, ein sehr schlechtes Zeugnis ausstellt, weil es in manchen Bereichen zu einer sichtbaren Überförderung gekommen ist – ich sage nur: Umsatzersatz für die Gastronomie im No­vember letzten Jahres – und man in anderen Bereichen eben nicht treffsicher genug war. Felbermayr sagt, man hätte den Sommer nützen können, um zu überlegen, wie eine Förderung strukturiert sein muss, damit sie treffsicher ist. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Im Ausschuss haben Sie uns jedenfalls nicht vermittelt, dass diese Überlegungsarbeit gemacht worden ist. Vielleicht ist sie in Ihrem Haus gemacht worden und Sie haben Ihrem Kollegen Blümel gesagt: Wenn du das nächste Mal so etwas machst, bauen wir das bitte so auf! – wir wissen es nicht.

Wir haben auch über die Investitionsprämie, die in der Steuerreform vorgesehen ist, ge­sprochen. Ja, es ist gut, wenn die Unternehmen eine Investitionsprämie für Investitionen bekommen, wir hätten das jedoch breiter gefasst. Wir hätten uns vorgestellt, dass man auch für Investitionen in Form einer Beteiligung an einem anderen Unternehmen eine solche Prämie geltend machen kann, weil man dadurch beispielsweise Start-ups neue Finanzierungsmöglichkeiten eröffnet und die Abhängigkeit der österreichischen Unter­nehmensfinanzierung vom Bankensektor reduzieren kann. Das ist leider nicht passiert. (Zwischenruf der Abg. Niss.)

Auffällig ist auch, dass sich im Budget die Zahlungen für Werkleistungen von Dritten massiv erhöht haben, auf beachtliche 100 Millionen Euro, und es ist meines Erachtens nicht transparent, wo diese 100 Millionen Euro hingehen und welche Leistungen damit eingekauft werden. Jetzt kann man sagen: Bei einem Budget von nahezu 100 Milliarden Euro sind 100 Millionen nicht viel. Genau das ist aber das Wesen eines Budgets: Es besteht aus ganz viel Kleinvieh, aus vielen kleinen Posten, und die geben in Summe einen riesengroßen Haufen. Damit es am Schluss kein Misthaufen ist, sondern etwas Gescheites, müssen diese kleinen Elemente etwas Gescheites sein, und das haben Sie mir nicht mit der Kraft vermittelt, die ich mir gewünscht hätte.

Kollege Angerer hat vorhin noch angesprochen, dass Sie vom Herrn Gesundheitsminis­ter mehr Medikamenteneinkauf fordern. Einerseits macht den Medikamenteneinkauf in Österreich ja nicht der Gesundheitsminister – das machen entweder die Spitalsträger oder die Sozialversicherung –, andererseits: Selbst wenn man mehr Medikamente ein­kauft, bringt das nichts. Man kann natürlich das viel zitierte Pferdeentwurmungsmittel von Herrn Kickl einkaufen, das in Oberösterreich ausverkauft ist. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Da freuen sich ein paar, wenn sie es kriegen. Es wird wahrscheinlich überdosiert


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genommen, weil viele Leute versehentlich die Portion nehmen, die für ein Pferd vorgese­hen war; das ist für den Menschen natürlich zu viel. (Heiterkeit bei NEOS, ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Hauser.)

Vielleicht haben Sie aber auch an ein Medikament von der Firma MSD gedacht, das viel in den Medien ist, aber – überlegen Sie sich das! – um einen schweren Covid-Fall zu verhindern, müssten Sie dieses Medikament 70 000 Menschen geben. Das ist dann halt ein bisschen viel Streuverlust auf dem Weg zum Ziel, da bin ich am Ende des Tages doch lieber fürs Impfen. – Bitte gehen Sie impfen! (Beifall bei NEOS, ÖVP und Grünen.)

21.58


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesminister Schramböck. – Bitte.


21.58.28

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Die ös­terreichische Wirtschaft ist in Europa eine jener, die am stärksten wachsen. Und ja, wir haben dafür investiert.

Noch kurz zu der Rede des Nationalratsabgeordneten Angerer: Es geht darum, dass jeder Euro richtig und gut ausgegeben ist. Ich bereue keinen einzigen Euro, den wir in die österreichischen Unternehmen investiert haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ja, wir haben Unternehmen in unterschiedlichen Branchen unterstützt. Ja, wir haben kleine und große Unternehmen unterstützt. Wir haben Leitbetreibe genauso wie EPUs unterstützt. Und ja, in unterschiedlichen Phasen dieser Pandemie sind unterschiedliche Maßnahmen notwendig gewesen – auch dazu stehe ich. Wir haben richtig investiert, wir haben gut investiert.

Jetzt möchte ich auf die Themen des Budgets eingehen. Schauen wir uns an, was die Unternehmen heute beschäftigt: Es ist weiterhin die Pandemie, sie ist ein Thema, es sind der Fachkräftemangel, der Arbeitskräftemangel und das Thema Rohstoff- und Ener­giepreise. Lassen Sie mich, bevor ich zu den Budgetzahlen komme, ein bisschen darauf eingehen!

Gegen die Pandemie hilft eines: impfen, impfen und nochmals impfen. Das sage ich nicht nur, weil es das Thema der Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher betrifft, sondern es geht auch um jeden Arbeitsplatz. Da gilt es jetzt für jene, die noch nicht geimpft sind, aufzuwachen, mitzumachen und Verantwortung zu übernehmen, nicht nur für sich selbst, sondern insbesondere für die nächsten Generationen, für unsere Kinder und für die Enkelkinder, denn es ist nicht gottgegeben und nicht selbstverständ­lich, dass es in Österreich diesen Wohlstand gibt. Da muss jeder und jede etwas bei­tragen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe heute etwas von Herrn Nationalratsabgeordneten Kaniak, FPÖ-Gesundheits­sprecher, gesehen, der gesagt hat: Das Ziel der ÖVP ist „das Erhöhen der Durchimp­fungsrate“. – Ja, genau! Das ist genau unser Ziel, die Erhöhung der Durchimpfungsrate, denn jeder Stich zählt (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP), jeder Erststich, jeder Zweit­stich und jeder Drittstich.

Ich möchte die FPÖ noch einmal dazu auffordern und sie auch dazu anhalten, da mit­zuhelfen, denn das unterscheidet Österreich von anderen Ländern. Schauen Sie nach Frankreich, nach Italien, nach Dänemark! Da sind alle Parteien geschlossen für das Imp­fen, und deshalb haben sie eine höhere Impfquote. Das ist die Ursache. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte deshalb jeden Einzelnen, der mit seinen Kindern eislaufen gehen möchte, auffordern: Lassen Sie sich impfen! (Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) Wer sein Bier


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im Gasthaus trinken will: Lassen Sie sich impfen! Wer Sonstiges machen will: Lassen Sie sich impfen! Das ist das Allerwichtigste, was es im Moment gibt. (Beifall bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Schauen wir als Nächstes zum Thema Fachkräfte und Arbeitskräfte: Da ist im Moment ein ganz wesentlicher Punkt, dass wir einen Maßnahmenmix brauchen. Ja, Sie sprechen es richtig an: Die Lehre ist wichtig, aber wir werden mit den Jugendlichen, die jetzt eine Lehre absolvieren, das Lehrlingsproblem nicht lösen – deren Anzahl genügt nicht –, son­dern wir müssen neue Wege gehen. Wir brauchen eine Lehre für Erwachsene, wir müs­sen schauen, dass wir auch Erwachsene, die sich verändern wollen, die etwas Neues lernen müssen, in die Lehre bringen. Wir brauchen vor allem die Lehre nach der AHS-Matura. Das ist im Moment ein weißer Fleck, und da ist es ganz, ganz wichtig, dass wir die Eltern davon überzeugen, dass es für die Karriere der Kinder gut ist, wenn sie nach der AHS-Matura eine Lehre machen. Digitale Bildung ist ebenfalls wichtig, und auch mehr Frauen in Mint-Berufen sind wichtig.

Zum dritten Thema, jenem der Rohstoff- und Energiepreise, möchte ich eines sagen: Es ist ganz wesentlich, Infrastrukturprojekte auszubauen. Es braucht in der Zukunft mehr Energie, und dazu braucht es auch Infrastrukturprojekte, die rasch ausgebaut werden. Eine Beschleunigung tut uns da gut.

Impulse zu setzen war unsere gemeinsame Aufgabe, und die haben wir gemeistert. Einer dieser Impuls ist genannt worden: die Investitionsprämie. Dafür sind 1,5 Milliarden Euro im Budget 2022 in der UG 40 festgelegt. Auch die ABA hat mehr Budget, 1,5 Mil­lionen Euro. Es geht um Ansiedelungen und auch um das Fachkräftethema. Für das Baubudget sind 68,5 Milliarden Euro im Budget vorgesehen. Und ja, wir investieren auch in den Pharmabereich, in den Lifesciencebereich. Mit 58,6 Millionen Euro soll Österreich auch dazu beitragen, eine Apotheke Europas zu sein, um die Impf- und Medikamenten­forschung weiter auszudehnen.

Wenn ich von Medikamenten gesprochen habe, so geht es mir um Medikamente auf der einen Seite und um Impfen auf der anderen Seite. Ja, es gibt Unternehmen, die gerade auch Medikamente gegen Covid auf den Weg gebracht haben, und ja, es ist wichtig, dass Österreich da ganz weit vorne mit dabei ist, um diese Medikamente zu beschaffen, denn da geht es um eine Zulassung, die Mitte November von der EU erteilt werden wird.

Ein weiterer Investitionsbereich liegt im Bereich der Mikroelektronik, in der Gründung von Start-ups. All das sind Bereiche, in die wir investieren.

Wir investieren natürlich auch in den Bereich der Digitalisierung. Der Digitalisierungs­fonds ist mit 80 Millionen Euro dotiert, KMU-Digital mit 5 Millionen Euro. Die Innova­tioncamps sind drinnen, Digital Pro Bootcamps und Digital Innovationhubs.

Bei der digitalen Verwaltung ist wesentlich, dass wir weiter ausbauen. Wir haben es ge­sehen, wir sind im Desi-Index – das ist der Digitalindex – von Platz 13 auf Platz 10 nach vorne gekommen, und das ist das Ergebnis harter Arbeit von vielen.

Da geht es um vier Komponenten: Es geht um das Thema digitale Bildung, um das Thema Infrastrukturen, um das Thema Digitalisierung in Unternehmen und als vierten Punkt eben um die digitale Verwaltung. Unsere stärksten Bereiche sind das digitale Hu­mankapital und die digitale Verwaltung. Da gilt es, weiterzumachen. Auch das ist im Budget entsprechend vorgesehen. Wir haben die Instrumente in der Hand, unsere Wirt­schaft zu unterstützen.

Eines möchte ich noch einmal sagen: Wir haben die richtigen Maßnahmen gesetzt, und wir werden auch in Zukunft die richtigen Maßnahmen setzen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

22.05



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 287

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Höfinger. – Bitte sehr.


22.05.41

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesmi­nister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man das Budget von heute diskutiert, dann sollte man auch die letzten eineinhalb, zwei Jahre Revue passieren lassen. Wir kommen aus einer Phase heraus, in der unsere Wirt­schaft enorm angezogen hat, in der es einen enormen Aufwärtstrend gab, bis uns plötz­lich diese Pandemie erreicht hat und so vieles zusammengebrochen ist. Da hat sich gezeigt – vielen Dank, Frau Bundesminister –, dass Sie ressortübergreifend mit vielen anderen Ministerien unheimlich rasch und, wie Sie es erwähnt haben, flexibel reagiert haben, wenn es darum gegangen ist, diese Hilfen möglichst breit aufzustellen, sie vielfäl­tig aufzustellen, so wie es die heimische Wirtschaft in Wirklichkeit widerspiegelt, um möglichst rasch und effizient helfen zu können. Das ist gut gelungen.

Wenn wir jetzt dieses Budget vorliegen haben, dann sehen wir, dass wir uns in einer neuen Phase befinden. Die Wirtschaft zieht wieder an, die Pandemie ist aber noch nicht zu Ende. Ich bin davon überzeugt: Wenn es notwendig ist, wird die erwähnte Flexibilität wieder an den Tag gelegt werden. Da kann ich alle beruhigen, die hier heraußen ge­standen sind – Kollegen Angerer und viele andere –, diese Regierung hat es bewiesen: Wir werden reagieren.

Was steht denn grundsätzlich drinnen? – Ich nenne zunächst drei Is: Investitionen, In­novationen und die Impulse. Wir haben eine unheimlich spannende Zeit, wenn es darum geht, die Wirtschaft neu zu ordnen. Es gibt viele Start-ups mit vielen neuen Ideen. Die werden wir begleiten, wenn es um die Investitionen und um das Losstarten in der hei­mischen Wirtschaft oder aber auch vernetzt in Europa und in der ganzen Welt geht.

Wir bauen momentan unsere komplette Energieversorgung um, und das ist wichtig. Wir liefern momentan über 11 Milliarden Euro, was die Energieversorgung betrifft, ins Aus­land. Das ist nicht notwendig. Da schaffen wir zum einen, wenn wir umbauen, Versor­gungssicherheit, und zum anderen reduzieren wir die Abhängigkeit.

Was es noch braucht, ist natürlich eine Topausbildung unserer jungen Menschen, unse­rer Menschen, die im Arbeitsprozess sind, damit sie am Puls der Zeit bleiben. Auch diesbezüglich sind die Schwerpunkte im Budget ganz klar verankert. Menschen, die sich in der Arbeitswelt verändern wollen, werden wir begleiten. Junge Menschen, die in die Arbeitswelt hineinkommen, werden wir top ausbilden, auf verschiedensten Ebenen.

Es geht auch darum, dass wir in Zukunft wieder Versorgungssicherheit in vielen Be­reichen erlangen. Wir haben jetzt plakativ vor Augen geführt bekommen, was es heißt, wenn manche Wirtschaftsbereiche nicht mehr in unseren Händen sind, wenn wir von Konzernen, die weit in der Welt verstreut sind, abhängig sind. Auch das ist eine un­heimliche Herausforderung für die Wirtschaft. Viele erkennen das als Chance, und wir werden an ihrer Seite gehen. – In diesem Sinne: Vielen herzlichen Dank, alles, alles Gute! Ich hoffe auf Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

22.08


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lercher. Bei ihm steht das Wort. – Herr Abgeordneter, bitte sehr.


22.08.56

Abgeordneter Maximilian Lercher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministe­rin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Bundesministerin, ich habe bei Ihren Ausführungen genau aufgepasst. Sie haben gesagt: Wohlstand in Österreich ist nicht selbstverständlich, sondern jede und jeder muss ihren und seinen Beitrag leisten! – Da


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warte ich auf den Beitrag dieser Bundesregierung. Wissen Sie, wieso? – Weil die Bürge­rinnen und Bürger in diesem Land es sich verdient haben, dass Sie gefälligst Ihre Arbeit erledigen. Die machen Sie seit Monaten nicht. Immer und immer wieder hüpfen Sie in die gleichen Fehler, die Ihnen von Expertinnen und Experten prognostiziert wurden, und zwar weil Sie aus politischem Kalkül in einem Schlagabtausch mit der Freiheitlichen Par­tei die Gesundheitskrise zum Schaden von Österreich für sich verwendet haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen, diese Polarisierung, die Sie aus politischem Kalkül gesucht haben – dass Sie keine Lösungen fabriziert haben –, das fällt uns allen nun auf den Kopf. Die Bür­gerinnen und Bürger haben sich Lösungen verdient und vor allem eines: dass Sie für die Österreicherinnen und Österreicher hart arbeiten und nicht nur in Reden – als Lippen­bekenntnisse – davon sprechen. Sie nutzen das nicht, Sie bauen das Steuer- und Abga­bensystem für die Klein- und Mittelbetriebe nicht um. Sie nehmen den Druck von den ArbeitnehmerInnen in diesem Land nicht weg. Sie schreiben den Istzustand, der es für viele von Tag zu Tag schwieriger macht, fort. Das müssen Sie sich heute gefallen lassen, denn in dieser Budgetvorlage finden wir überhaupt nichts, was für die Wirtschaftshilfen (Zwischenruf des Abg. Obernosterer), die nun gebraucht werden – weil Sie nicht getan haben, was zu tun gewesen wäre –, an Vorsorge getroffen worden wäre, meine sehr verehrten Damen und Herren. – Da sehen wir nichts. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist mir klar, dass der Finanzminister Ihnen nach dem Kaufhaus Österreich nicht gerne Geld gibt. Sie hätten allerdings dafür kämpfen müssen, dass die Wirtschaftshilfen wieder vorbereitet sind – für das, was kommen wird, wenn ein Lockdown im Raum steht, wenn wieder Beschränkungen da sind, wenn 35 Prozent nicht in Geschäften einkaufen können und Amazon einen Vorteil hat, so wie es aufgestellt ist. Das heißt, wenn Sie die Klein- und Mittelbetriebe stärken wollen, dann brauchen die das Geld. „Koste es, was es wolle“, hat es einmal geheißen. Wir sehen nichts in Ihrer Vorlage. Es braucht Mut, dass man neue Wege geht, und zwar insofern, als man diejenigen entlastet, die dieses Land groß gemacht haben, die den Wohlstand auch wirklich erwirtschaftet haben. (Abg. Zarits: Die Gewerkschaften, oder? Die Gewerkschaften?) Das sind die Klein- und Mittelbetriebe, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land, die Fleißigen, die sich täglich bemühen, die aber von Ihnen in diesem vorliegenden Budget nichts bekommen. Das ist ein Budget der Spenderinnen und Spender des türkisen Systems Kurz, aber nicht für die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Zarits.)

Deswegen bitte ich Sie: Überdenken Sie Ihre Vorlage noch einmal! Geben Sie die Zusi­cherung für dringend benötigte Wirtschaftshilfen, und schaffen Sie vor allem Klarheit und damit Vertrauen! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

22.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hauser. – Bitte.


22.12.29

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Minister Schramböck, ich bin wirklich betrof­fen – eigentlich muss ich sagen: sehr schockiert – über Ihr – dem Anschein nach – Un­wissen über Covid. Ich meine, das Einzige, was Ihnen einfällt, ist: Impfen, Impfen, Imp­fen! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist das, was der ÖVP-Fraktion seit Anbeginn der Pandemie einfällt: Impfen, Impfen, Impfen!

Schauen Sie sich doch bitte (Zwischenruf bei der ÖVP) – ich habe nicht so viel Zeit – einmal die aktuelle Harvard-Studie zum Zusammenhang zwischen der Impfquote und den Infektionen an! (Zwischenruf des Abg. Haubner. – Weitere Zwischenrufe bei der


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ÖVP.) Wenn Sie diese aktuelle Studie kennen würden, wüssten Sie, dass es keinen Zusammenhang zwischen Impfquote und Infektionen gibt. Ihre Meinung (Zwischenrufe bei der ÖVP), dass durch eine Erhöhung der Impfquote die Anzahl der Infektionen zu­rückgeht, ist wissenschaftlich falsch (Abg. Stögmüller: ... Wissenschaft!), da können Sie noch so hereinschreien und hereinbrüllen (Abg. Melchior: Aber selber geimpft sein!), Sie sind auf dem falschen Dampfer. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie diskriminieren die ungeimpfte österreichische Bevölkerung, und Sie spalten die Ge­sellschaft in einem Ausmaß, das es überhaupt noch nie gegeben hat. (Ruf bei der ÖVP: Selber bist geimpft!) Wir argumentieren wissenschaftlich. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Das, was ihr macht, ist reiner Populismus, den man auf Impfen, Impfen, Impfen reduzieren kann. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist alles, was ihr zu bieten habt. Das erschreckt mich.

Frau Minister, Sie sagen, Sie haben alles gemacht. Na ja, wenn man Betriebe behördlich zusperrt, dann wird man diese Betriebe wohl entschädigen müssen. Wissen Sie, was Sie gemacht haben? – Sie haben das Epidemiegesetz ausgehebelt. Sie haben einen Rechtsanspruch durch eine Betteltour ersetzt. Das ist der Wahnsinn, und das ist die Schande. Ich sage Ihnen noch eines zum Ausfallsbonus, weil Sie gerade so stolz sind – auch dir, Kollege Haubner, weil du auch immer wieder dazwischenschreist –: Ausfalls­bonus (Zwischenrufe der Abgeordneten Haubner und Zarits. – Abg. Hanger: Wenn Du so viel Blödsinn redest ...!) für kleine Betriebe, aktuelle Statistik vom September: 56 Pro­zent der kleinen Betriebe haben noch keinen Ausfallsbonus bekommen. Geld wird schon verteilt worden sein, aber nicht in Richtung der Kleinen. Schaut euch eure eigenen Be­richte an! Zu mir sagen die Leute immer: Die ÖVP-Politiker gehen raus zum Rednerpult und sagen: Wir verteilen 40 Milliarden Euro! Nur unten bei den Kleinen ist halt wenig bis nichts angekommen, und das ist halt die Tragödie. (Abg. Hanger: Ein so ein Schwach­sinn!) – Schau dir den Ausfallsbonus bitte selbst an – 56 Prozent!

So, nun zum Tourismus (Zwischenrufe bei der ÖVP): Voriges Jahr habt ihr durch den von euch verordneten Dauerlockdown ein Desaster für den Tourismus verursacht. (Zwi­schenruf des Abg. Stögmüller.) Vom 2. November bis Mai habt ihr ein maximales Näch­tigungsminus produziert. Die Schweizer haben es anders und viel besser gemacht: Sie haben unsere Sicherheitskonzepte angewendet und waren erfolgreich.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz bitte! Ihre Redezeit ist ausgeschöpft, Herr Abgeordneter.


Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (fortsetzend): Ich fordere Sie auf (Abg. Stögmüller: Schlusssatz ...!): Schädigen Sie den Tourismus nicht weiter! Er wurde bisher schon ge­schädigt, es gibt einen partiellen Lockdown. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Sie müssen den Schlusssatz formulieren! Ihre Re­dezeit ist aus, Sie haben keine andere Möglichkeit mehr.


Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (fortsetzend): Wir haben eine Eigenkapitalschwä­che. Versuchen Sie, diese Probleme zu beseitigen! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

22.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Smodics-Neu­mann. – Bitte. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP sowie des Abg. Stögmüller.)


22.16.18

Abgeordnete Mag. Maria Smodics-Neumann (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Unternehmerinnen und Unternehmer! Ich möchte den Budgetvoranschlag gerne kurz aus dem Lichte der Unter­nehmerinnen und Unternehmer beleuchten und – die Frau Bundesminister hat es auch


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schon erwähnt – mit der Investitionsprämie beginnen, die ein großer Wirtschaftstreiber ist und auch künftig sein wird.

Ein anderes Beispiel ist der Investitionsfreibetrag, der für Unternehmen vorgesehen ist, die ökologischer werden wollen. Reden wir doch über Erleichterungen bei Betriebsüber­gaben: Alteingesessene Unternehmen oder Familienbetriebe sollen leichter übergeben werden können und damit auch Bestand haben. Reden wir vom Programm Go-Interna­tional: Das ist ein ganz wichtiges Programm, gerade für kleine und mittlere Unterneh­men, um die ersten Schritte in internationalen Märkten zu machen. Reden wir von einem Arbeitsmarktpaket, das 100 000 Arbeitssuchenden die Möglichkeit gibt, sich qualifiziert ausbilden zu lassen, um in Zukunft jene Fachkräfte zu sein, die die Wirtschaft so drin­gend braucht!

Herzlichen Dank, Frau Bundesministerin, für die Stärkung der dualen Ausbildung – im­mer wieder und aufs Neue! Danke auch, dass du da dahinter bleibst, denn durch die Modernisierung der Berufsbilder und die Schaffung neuer Berufsbilder bleibt die Lehre auch am Puls der Zeit. Wie erfolgreich dieses duale Ausbildungssystem ist, nämlich auch im internationalen Vergleich, haben unsere jungen Berufsfachkräfte im September bei den Europameisterschaften der Berufe bewiesen, bei denen von unseren jungen Nach­wuchskräften elf Goldmedaillen, zwölf Silbermedaillen und zehn Bronzemedaillen für Österreich geholt werden konnten. Herzlichen Dank und herzliche Gratulation! Ich war dabei, ihr wart wirklich großartig. (Beifall bei der ÖVP.)

Reden wir aber auch von Erleichterungen wie zum Beispiel dem Gewinnfreibetrag, der von 13 auf 15 Prozent erhöht wird! Reden wir von der Sofortabschreibung der gering­wertigen Wirtschaftsgüter: bisher 800 Euro, in Zukunft 1 000 Euro, sofern Sie dieses Budget unterstützen. Reden wir vor allem über Steuersenkungen, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen betreffen! Sie erinnern sich: 2020 haben wir bereits die erste Tarifstufe gesenkt, und im kommenden Jahr ist mit einer möglichen Einsparung von 650 Euro im Jahr die zweite Tarifstufe dran. 2023 gibt es dann mit der dritten Tarif­stufe die Möglichkeit von 580 Euro Ersparnis pro Jahr. Dazu werden geringere und mitt­lere Einkommen mit der Reduktion der Krankenversicherungsbeiträge ab Juli nächsten Jahres entlastet.

Da Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch Papa und Mama sind, dürfen wir auch den Fa­milienbonus – eine Erhöhung von 500 Euro auf 2 000 Euro – nicht vergessen. Lassen Sie mich bitte die letzten Sekunden meiner Rede noch dazu benutzen, mit einem Mythos aufzuräumen, der seit dem 13. Oktober, nämlich seit der Budgetrede unseres Bundesmi­nisters, kursiert: dass die Senkung der Körperschaftsteuer – ich darf zitieren, und das ist das freundlichste Zitat, das ich gefunden habe, um einen Ordnungsruf zu vermeiden – „Steuergeschenke für Großkonzerne“ bedeutet.

Ich darf vielleicht ganz kurz erklären – liebe Damen und Herren, lassen Sie sich nicht Sand in die Augen streuen! –: Körperschaftsteuer zahlen alle juristischen Personen – das sind AGs, GmbHs, Genossenschaften, Vereine –, sofern sie einen Betrieb der ge­werblichen Art unterhalten, also Unternehmer sind. (Zwischenruf der Abg. Oberrauner.) Eine GmbH können Sie heute oder konnten Sie auch jetzt schon mit einem Stammkapital von 10 000 Euro gründen. Die Hälfte haben Sie als Barerlag zu erlegen.

Sie müssen mir schon erklären – speziell an die Damen und Herren Kollegen von der Sozialdemokratie gerichtet –, ob sich eine Kosmetikerin, die ihr Unternehmen mit 5 000 Euro Bareinlage gründet, als Großkonzern fühlt. Ich habe also schon den Ein­druck, dass es da auch einen großen Förderbedarf oder einen Nachholbedarf gibt, aber, sehr geehrte Kollegen von der Sozialdemokratie, Sie haben den profundesten Experten in Ihrer Mitte: Dr. Matznetter kann Ihnen als beeideter Wirtschaftsprüfer und Steuerbe­rater ganz genau erklären, was die Körperschaftsteuer ist. (Abg. Matznetter: ...! Was


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tun Sie? ...! Keine Antwort! Keine Antwort! – Ruf bei der SPÖ: Am meisten profitieren die Großen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir reden also in Summe von mehr als 500 000 Unternehmen und ihren Mitarbeitern, die entlastet werden. Mehr Geld in den Unternehmen zu belassen heißt, die Liquidität zu stärken, heißt, Arbeitsplätze zu sichern, heißt, zu wachsen und Arbeitsplätze zu schaffen. Das bedeutet auch mehr Konsum. Mehr Konsum bedeutet wieder mehr Steu­ereinnahmen, und die brauchen wir ganz dringend, damit unser Staat funktioniert, damit das soziale Netz auch aufgespannt bleibt und damit unser Gesundheitssystem funktio­niert. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Apropos Gesundheitssystem – einen Satz an alle Geimpften und ganz speziell, aufgrund seiner vorigen Rede, an Herrn Kollegen Hauser von der FPÖ: Sehr geehrte Damen und Herren, vergessen Sie bitte nicht auf die dritte Impfung, auf Ihre Auffrischungsimpfung, damit Ihr ganz persönliches Gesundheitssystem auch weiterhin den Schutzschild oben hat! (Beifall bei der ÖVP.)

22.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Brandstätter. – Bitte sehr. Das Wort steht bei Ihnen – mit Bucherklärung. (Abg. Brandstätter legt das Buch von Stefan Aust und Adrian Geiges über Xi Jinping auf das Rednerpult.)


22.22.03

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Herr Präsident! Sie haben schon auf die Uhr geschaut.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich habe nicht auf die Uhr geschaut, ich habe nur gesagt, um diese Zeit braucht es keine Aufregung mehr. Wir haben genügend Zeit. – Bitte.


Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (fortsetzend): Ja, ich weiß schon, aber Kollege Michi Bernhard hat mir gesagt, ich habe jetzt theoretisch 15 Minuten Zeit, aber ich möchte mir keine Fleißpunkte, sondern lieber Beliebtheitspunkte verdienen (Abg. Hörl: Das geht nicht mehr!) und werde diese 15 Minuten also nicht ausnutzen. – Was sagst du? (Ruf bei der ÖVP: Jetzt nützt es eh nix mehr! – Heiterkeit und weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Er provoziert mich, aber es werden trotzdem nicht 15 Minuten.

Frau Bundesministerin, eines möchte ich schon sehr deutlich sagen: Sie sind ja Mana­gerin gewesen. Als Managerin muss man realistisch einschätzen. Es geht nicht nur mir, sondern, glaube ich, schon vielen Menschen im Land auf die Nerven, wenn wir immer hören: Wir sind da die Besten, dort die Besten! – Wir sind es leider nicht, und ich werde auch gleich Beispiele nennen. Ich glaube, dass es in einer politischen Debatte viel sinn­voller ist, zu überlegen, was wir besser machen können. Da gibt es einen großen Bedarf, etwas besser zu machen.

Ich möchte jetzt über Forschung sprechen, möchte auch über den Standort der For­schung sprechen, und da schaut es leider nicht so gut aus. Ich habe heute schon einige Mails von Forscherinnen und Forschern unseres Landes zitiert, die die Wissenschafts­feindlichkeit, insbesondere von Herrn Kurz und von Herrn Haslauer, sehr betroffen ge­macht hat, weil das unserem Standort natürlich schadet.

Ich möchte jetzt den Präsidenten der Krebshilfe, Professor Paul Sevelda, zitieren, der eben sagt, dass diese Form von „Desavouierung wissenschaftlicher Experten“ natürlich unserem Land schadet. Dann sagt er noch etwas ganz Wesentliches, das mir in dieser Form so nicht bekannt war, er sagt nämlich: Die wissenschaftsfeindliche Stimmung in dem Land „zeigt sich auch darin, dass [...] erfolgreiche klinische Forschungsgruppen wie die [...] Austrian Breast and Colorectal Study Group und die AGO (Austrian Gynecologic Oncology Group) keinerlei finanzielle Unterstützung der öffentlichen Hand erhalten bzw.


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weniger als 1 % der klinischen Forschung in Österreich derzeit gefördert wird“. – Da müsste man auf jeden Fall etwas korrigieren. (Bundesministerin Schramböck: Sind im Budget!)

Etwas Ähnliches schreibt mir Professor Zielinski, von dem man auch weiß, dass er ein weltbekannter Forscher ist, und auch er sagt, dass uns natürlich diese Wissenschafts­skepsis massiv schadet.

Weil das Thema Medikamente aufgetaucht ist: Ich habe auch mit Professor Greil gespro­chen, und er sagt auch, dass wir gerade bei der Herstellung von Medikamenten zu langsam sind und dass da natürlich auch die Initiative der öffentlichen Hand hilfreich wäre.

Der nächste Punkt, der mich immer wieder bewegt und über den ich auch schon ge­sprochen habe, ist künstliche Intelligenz. Jetzt kann man sagen: Es ist schon zu wenig menschliche da, was machen wir mit der künstlichen? Leider sind wir aber auch da nicht weit vorne. Da ist heute eine Statistik von Eurostat gekommen: Nur 5 Prozent der öster­reichischen Unternehmen verwenden Technologien der künstlichen Intelligenz. Länder, die von dieser ÖVP heruntergemacht werden – Spanien, Italien, „in ihren Systemen ka­putt“! –, liegen deutlich höher; Irland: 23 Prozent – vielleicht war Herr Kurz deswegen dort –, Malta: 19 Prozent. Hören Sie also auf, zu erzählen, wir seien überall die Besten! Leider sind wir es nicht, aber wir können besser werden.

Ein nächster Punkt – weil Sie ja auch immer auf die Frage der Lieferketten hingewiesen haben –: Das ist, glaube ich, ganz wichtig, und da kommen wir nach China. Jetzt weiß ich, bei Ihnen muss ich aufpassen (erheitert), weil Sie so einen Hang zur Kleptolibrie haben. Ich gebe Ihnen das Buch, aber nur, wenn Sie für das „Kurier“-Lernhaus etwas spenden. Dann gebe ich Ihnen gerne das Buch, und es ist wirklich lesenswert, aber das mit der Spende für das Lernhaus haben, glaube ich, alle mitbekommen. (Der Redner überreicht Bundesministerin Schramböck das Buch über Xi Jinping.)

Das Buch von Stefan Aust ist gestern auch im „Kulturmontag“ vorgestellt worden. Xi Jinping sagt immer: Die erste industrielle Revolution machte Großbritannien zum Beherr­scher der Welt – es ist interessant, dass er das sagt, da sieht man, was ihm wesentlich ist: Beherrscher der Welt! –, die zweite industrielle Revolution natürlich die Vereinigten Staaten, und dann ist ja ganz klar, dass die Digitalisierung – Stichwort Digitalisierung! – was machen soll? – Sie soll natürlich China zum Beherrscher der Welt machen.

Wir wissen, dass wir jetzt schon große Abhängigkeiten haben. Da sind Sie ja die Fach­frau. Im Bereich der Telekommunikation gibt es jedenfalls ExpertInnen, die mir sagen, dass man ohne Huawei gewisse Dinge gar nicht mehr machen kann, also da sind wir auch zurückgefallen – auch problematisch! Jetzt kann man umgekehrt natürlich kein Interesse daran haben, dass es China schlecht geht. Die frühere Fed-Präsidentin Yellen hat gesagt: Wenn China ein ernsthaftes finanzielles Problem bekommt – Evergrande et cetera –, dann wird die ganze Weltwirtschaft leiden! – Das wollen wir natürlich auch nicht. Selbstbewusst auftreten müssen wir aber.

Da haben wir heute auch vom chinesischen Botschafter bei der Europäischen Union eine große Warnung bekommen. Was hat er nämlich gesagt? – Er hat gesagt: Die EU riskiert mit ihrer Politik – nämlich selbst autonomer zu werden – weitere Störungen der weltweiten Lieferketten! – Das, meine Damen und Herren, ist eine Drohung. Er sagt, sie, die Chinesen, wollen einen höheren Grad an Eigenversorgung – Xi Jinping sagt sogar Autonomie –, aber uns will man das absprechen? Das geht ja so weit, dass das Handels­bilanzdefizit der EU gegenüber China immer größer wird, das heißt, die Abhängigkeit ohnehin größer wird.

Das alles spricht dafür, dass wir uns, natürlich gemeinsam in der EU, zusammenneh­men. Wenn ich das schon höre: Wir zahlen da etwas ein! – Wir bekommen ja mehr he­raus, und wenn wir es nicht gemeinsam in der EU machen, dann gibt es das gar nicht.


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Also viel Spaß dem österreichischen Bundeskanzler, wenn er in China irgendein Abkom­men verhandeln will! Österreich ist von den Einwohnern her eine mittelgroße chinesische Stadt, und entsprechend ernst werden wir genommen. Wir haben natürlich nur gemein­sam eine Chance.

Da möchte ich Sie aber wirklich bitten: Sagen Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen in der ÖVP, sie sollen mit der Wissenschaftsfeindlichkeit aufhören, und zweitens: Wir brauchen mehr Geld für Forschung! Es muss gezielter sein. Die Gespräche der letzten Tage haben mich wieder sehr viel gelehrt. Dieser Dialog mit der Wissenschaft muss noch verstärkt werden, dann glauben vielleicht manche Kolleginnen und Kollegen hier auch, dass Imp­fen wichtig ist, dass Medikamente wichtig sind und dass nur die Wissenschaft garantiert, dass wir weiter einen menschlichen Fortschritt haben, und der Hausverstand – neben­bei – schadet auch nicht. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

22.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Pöttinger. – Bitte sehr.


22.28.50

Abgeordneter Laurenz Pöttinger (ÖVP): Knapp 2,2 Milliarden Euro für Wissenschaft und Forschung – ein sehr gelungenes Budget für unseren Standort und für unsere Zu­kunft! Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kol­legen! Ich glaube sehr wohl, dass sich dieses Budget sehen lassen kann. Unabhängige Experten loben es. Die Opposition ist, wie immer, unzufrieden, aber das liegt offen­sichtlich in der Natur der Sache. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Dieses Budget umfasst sehr wichtige Punkte: in der Forschung zum Beispiel die Mikro­elektronik – Stichwort Chips –, Wasserstoff-, Impfstoff-, Medikamentenforschung, und ein großer Teil fließt auch in die Investitionsprämie. Ich erinnere daran: Diese Investi­tionsprämie hat uns geholfen, aus dieser großen Arbeitslosigkeit herauszukommen, wir haben einen guten Wirtschaftsaufschwung geschafft. Schaut man jetzt auf die Arbeitslo­senzahlen, dann sieht man, dass sie besser als vor der Krise sind. Die Internationali­sierungsoffensive, Talente, Fachkräfte und Digitalisierung für Gesellschaft, Wirtschaft und Verwaltung – all dies ist in diesem sehr guten Budget inkludiert.

Wir alle leben jetzt natürlich in herausfordernden Zeiten. Es ist nicht einfach, es stimmt, es ist auch für die Wirtschaft schwierig, aber ich glaube, Aufschwung, Stabilität und Nachhaltigkeit sind mit diesem Budget sehr wohl auf einem sehr, sehr guten Kurs.

Eines möchte ich jetzt unbedingt noch sagen: Herr Abgeordneter Hauser ich sehe Sie gerade nicht, aber falls Sie nicht im Saal sind, dann hoffe ich, dass Ihre Kollegen Ihnen das sagen –, ich glaube, Sie sollten sich Ihre Rede noch einmal anhören und ansehen, ich halte Ihre Aussagen für extrem gefährlich. Ich muss ganz ehrlich sagen: Wenn man keinen Zusammenhang zwischen Impfquote und Infektion sieht, dann sollte man in eine Nachdenkpause gehen. Ich habe noch alles so gut im Ohr, Sie haben immer gesagt, es gibt keine Übersterblichkeit, es ist alles harmlos.

Es ist unglaublich, was wir in den vielen Monaten, die wir bis jetzt durchlebt haben, da alles von Ihrer Fraktion gehört haben. Es ist sehr gefährlich, wenn Sie auch jetzt nicht umkehren und jetzt nicht zu den Leuten sagen: Bitte geht impfen! Nur damit schaffen wir es, dass wir diese Knechtschaft durch die Pandemie endlich beenden können. Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Brandstätter.)

22.31


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Oberrau­ner. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.



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22.32.00

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Kolle­ginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer zu Hause! Bevor ich zum vorgelegten Budget komme, möchte ich über einige Ziele, die dieses Budget adressiert, sprechen.

Das erklärte Ziel der Bundesregierung ist, Österreich im Bereich Forschung und Tech­nologie bis 2030 in das internationale Spitzenfeld zu bringen und weiters die interna­tionale Sichtbarkeit der Forschung und des Forschungs- und Innovationsstandortes Ös­terreich zu erhöhen. Diesen Zielen ist in den letzten Wochen leider ein Bärendienst er­wiesen worden. Der Bundeskanzler redet im Zusammenhang mit Forschung und Wis­senschaft über Kristallkugeln, und der Landeshauptmann von Salzburg macht sich öf­fentlich über Wissenschafterinnen und Wissenschafter lustig. Es wäre besser gewesen, den Empfehlungen der Wissenschafter und Wissenschafterinnen zu entsprechen und datenbasierte Maßnahmen zu setzen. Das war weder eine Empfehlung für Österreich noch ein Ruhmesblatt für den Standort, das ist eigentlich nicht entschuldbar. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun zum Budget an sich: Das Budget 2022 weist einen vergleichsweise hohen Anstieg in die richtige Richtung aus. Wir befinden uns in einer gewaltigen technologischen Trans­formation, die durch Digitalisierung und neue innovative Technologien im Bereich Um­weltschutz und Klimaschutz natürlich beschleunigt und befeuert wird. Als Industrienation ist es für uns wichtig, dass wir die Wirtschaft mit guten Rahmenbedingungen unterstüt­zen und sicherstellen, dass wir in Bereichen der neuen Technologien wettbewerbsfähige Unternehmen haben, die Jobs und auch Steuereinnahmen also unser Budget, das wir ja hier verteilen  generieren.

Die im Budget vorgesehenen Investitionen in die Bereiche Mikroelektronik, Lifescience, Medikamentenforschung, Wasserstoff sind nachhaltig und innovativ und daher gut, richtig und wichtig. Allerdings geht der Anstieg im Budget vor allem auf die zeitlich be­grenzten Projekte zurück. Zwischen 2024 und 2025 werden laut Bundesfinanzrahmen­gesetz Mittel wieder drastisch gekürzt. Die geringe verbleibende Steigerung im Vergleich zu 2020, knapp 10 Millionen Euro, wird großteils von der Inflation aufgefressen. Ohne die Mittel aus dem EU-Aufbaufonds und dem Aufbau- und Resilienzplan würde 2025 sogar weniger Geld zur Verfügung stehen als 2019.

Warum die Regierung trotz dieser Herausforderung und den selbstgesteckten Zielen, nämlich endlich zu den Innovationleaders aufzuschließen, so ein Budget plant, er­schließt sich mir nicht. Auch die im Budget genannten Ziele für 2022 sind wenig ambi­tioniert. Ich habe da wirklich ein Schmankerl gefunden: Beim Anteil von Frauen in lei­tenden Positionen bei von der FFG geförderten Projekten soll mit einer Steigerung von 25,7 Prozent 2021 auf 26 Prozent man höre und staune: 0,3 Prozent! das Ziel bereits erreicht sein. Also ich glaube, das Ziel braucht man sich nicht zu setzen, denn wenn man das nicht erreicht, dann ist man in diesem Bereich irgendwie nicht richtig.

Die Bedeutung von Wissenschaft und Forschung für den Industriestandort Österreich: Angesichts des rasanten internationalen Fortschritts, des technologischen Fortschritts, muss es uns gelingen, die Betriebe in Österreich wettbewerbsfähig zu machen. Dazu gehört ein klares Bekenntnis zu einem umfassenden Budget, auch zu Risikokapital für Start-ups und zu einem umfassenden Budget für die angewandte Forschung, die den Betrieben am meisten hilft. Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.35


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kauf­mann. – Bitte.


22.36.01

Abgeordnete Martina Kaufmann, MMSc BA (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus, aber vor allem


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auch liebe Zuseherinnen und Zuseher! Als Unternehmerin weiß ich, dass es im Moment gerade wieder viele Unternehmerinnen und Unternehmer gibt, die schlaflose Nächte ha­ben, die sich den Kopf darüber zerbrechen, wie es in den nächsten Wochen und Mo­naten weitergeht.

Klar kann ich Ihnen heute sagen, wie das die Frau Ministerin auch schon angesprochen hat und uns, werte Kolleginnen und Kollegen, im Übrigen auch im Ausschuss gesagt hat: Es wird für besonders betroffene Bereiche – das ist nun einmal der Eventbereich, das ist der Freizeitbereich – auch Unterstützungen geben. Herr Kollege Matznetter von der SPÖ, ich verstehe, dass Sie sich hierherstellen und sagen: Um Gottes Willen, nichts passiert und nichts ist angekündigt, was es an Unterstützungen gibt! – Die Frau Minis­terin hat Ihnen schon im Ausschuss erklärt, dass es wichtig ist, zielgenau zu treffen (Zwi­schenruf des Abg. Matznetter), und dass es Unterstützungsmaßnahmen für die Unter­nehmen gibt, die sie auch wirklich brauchen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich weiß, das ist für einen Sozialdemokraten total schwierig zu verstehen, aber ein ge­sundes Unternehmen möchte gar nicht von der öffentlichen Hand abhängig sein. (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Erasim und Matznetter.) Aus diesem Grund wollen viele Unternehmerinnen und Unternehmer lieber ihrer Tätigkeit nachgehen, auf eigenen Bei­nen stehen, und wir brauchen nur jene Unterstützungen zu geben, die es auch wirklich braucht. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Vergangenheit hat bewiesen, die letzten Monate dieser Pandemie haben bewiesen, dass es dort Unterstützungsmaßnah­men gibt, wo sie gebraucht werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ! Der wirkliche Auslöser für die Situation, in der wir sind (Zwischenruf der Abg. Erasim), sind die Stimmungsmacherinnen und Stimmungsmacher in der FPÖ. Die sind dafür verantwortlich, dass sich viele Menschen in Österreich einfach nicht impfen lassen. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Die sind dafür verantwortlich, dass wir heute die Situation haben, dass wir eine 2G-Regelung haben und damit viele Menschen zu ihrem eigenen Schutz aus dem Freizeitbereich aus­schließen müssen.

Wir müssen alle miteinander dafür sorgen, dass wir dieser Stimmungsmache der FPÖ entgegenwirken, damit sich möglichst viele Menschen in unserem Land impfen lassen, damit wir ohne diese Pandemie wieder gut leben können. Solange diese Pandemie da ist (Zwischenrufe bei der SPÖ), solange es diese Infektionszahlen gibt, wird es nicht möglich sein, einer normalen Freizeitaktivität nachzugehen. (Beifall bei der ÖVP.) Das muss aber unser gemeinsames Ziel sein. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend möchte ich als Lehrlingssprecherin noch kurz auf die Themen eingehen, die heute auch schon angesprochen worden sind. Wir haben Gott sei Dank, auch dank der Unterstützungsmaßnahmen, die Lehrplätze aufrechterhalten können. Wir haben heute die Situation, dass wir österreichweit mehr offene Lehrstellen als Lehrstellensu­chende haben. Wir haben die Rahmenbedingungen dafür geschaffen. Jetzt ist es auch wichtig, dass wir nicht verunsichern, dass wir die Lehre nicht schlechtreden und dass wir viele junge Menschen davon überzeugen, auch auf diesen Ausbildungsweg zu setzen, denn das sind die Fachkräfte, die wir morgen brauchen werden.

Danke, Frau Ministerin, für Ihren Einsatz in diesem Bereich! Wir als Regierungsparteien werden das vom Parlament aus tatkräftig unterstützen. (Beifall bei der ÖVP.)

22.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Becher. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


22.39.58

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Wirtschaftspolitik von ÖVP und Grünen werden oft


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erhebliche Steuermittel eingesetzt – leider oft mit geringem Nutzen, manchmal auch zum Schaden.

Ich möchte dazu gerne auch ein konkretes Beispiel nennen: Im Wirtschaftsbudget ist ein millionenschwerer Entfall von der Umsatzsteuer aus dem Bereich gemeinnütziger Wohn­bau veranschlagt. Die Regierung plant nämlich, die Umsatzsteuer auf sogenannte Miet­kaufwohnungen zu senken. Ich weiß nicht, ob das aus Unwissenheit oder auch aus Bos­haftigkeit geschieht, denn die österreichischen Mieter, aber auch die betroffenen Woh­nungskäufer haben nichts davon. Aus günstigen, preisregulierten Wohnungen machen Sie teure Wohnungen, wenn die Wohnungen gemeinnütziger Bauträger privatisiert wer­den. Nach einiger Zeit werden sie oft teuer vermietet oder stehen leer. Das macht insge­samt das Wohnen in Österreich teuer.

Wem kommt diese Preisreduktion also zugute? – Die Genossenschaften können selbst den Preis festsetzen, sind nicht daran gebunden. Das heißt, innerhalb des Marktwertes setzen sie das selbst fest, das erhöht natürlich den Spielraum der Bauträger, und die Steuerzahler finanzieren sozusagen ein Körberlgeld für die Bauträger.

Noch etwas fällt aus wohnungspolitischer Sicht auf: Im Budget ist nicht die Schaffung einer Wohnbauinvestitionsbank vorgesehen. Das ist doch ein sehr großer Schwach­punkt, weil Bauträger es bei niedrigen Zinsen und hoher Inflation sehr schwer haben, lange laufende Finanzierungen zu bekommen. Das dürfte der ÖVP und den Grünen auch entgangen sein.

Ich fasse zusammen: Insgesamt fällt das Budget aus wohnungspolitischer Sicht durch. Die Österreicherinnen und Österreicher werden auch in Zukunft Monat für Monat mehr für die Wohnung bezahlen müssen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

22.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Egger. – Bitte.


22.42.45

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir eingangs – bevor ich zum eigentli­chen Thema komme – drei Bemerkungen!

Erste Bemerkung – eine Beobachtung des ganzen Tages –: Mir kommt vor, die grund­sätzliche Rednerunterlage der SPÖ ist immer die gleiche (Abg. Greiner: Haha!): Man schimpft auf die Unternehmer, man versucht, Klassenkampf voranzutreiben, und man versucht, die Regierungspolitik madig zu machen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zweite Geschichte: Herr Kollege Lercher, Sie haben gesagt, die Bundesregierung ma­che nichts für Klein- und Mittelbetriebe. – Ich verstehe, dass Sie das nicht merken, denn wenn man nur im Klassenkampf unterwegs ist und versucht, gegen die Unternehmer zu hetzen (Zwischenrufe bei der SPÖ), kann man nicht bei den Betrieben sein, um zu erfah­ren, dass 75 Prozent der Hilfeleistung kleineren und mittleren Betrieben zugutegekom­men sind – herzlichen Dank. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)

Da sich auch Herr Kollege Brandstätter als Vertreter der Wirtschaft bei den NEOS über den Fortschritt und die Entwicklung in den Betrieben Gedanken macht, kann ich ihn be­ruhigen: Verlassen Sie sich auf die österreichische Wirtschaft! Die Unternehmerin­nen und Unternehmer investieren sehr viel in Forschung und Entwicklung und brau­chen da von Ihnen keine klugen Ratschläge. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Brandstätter.)

Damit komme ich jetzt zum eigentlichen Thema: Ich war im Sommer mit Präsident Mah­rer sehr viel in den Betrieben der österreichischen Wirtschaft unterwegs (Zwischenruf bei der SPÖ), und wir haben ein Thema immer wieder zu hören bekommen: Es fehlen die Arbeitskräfte. (Ruf bei der SPÖ: Ist das eine Erstrede?)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 297

Daher bin ich sehr froh, dass wir als Wirtschaftsbund die Idee hatten, einen Fachkräfte- oder Arbeitskräftemonitor auf die Beine zu stellen, mit dem es gelungen ist, einmal zu eruieren, wie viele offene Stellen es in Österreich tatsächlich gibt. Beim AMS sind circa 110 000 gemeldet. Wir alle wissen, dass das nicht annähernd der tatsächlichen Zahl entspricht. Daher haben wir versucht, mit einem IT-System Jobplattformen abzusaugen und zu schauen, wie viele offene Stellen es tatsächlich gibt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie werden es nicht glauben, wir sind bei 250 000 offenen Stellen gelandet. Das sind annähernd gleich viele, wie es Arbeitsuchende in diesem Land gibt.

Wir müssen alles daran setzen, diese Lücke zu schließen. Daher bin ich auch sehr froh, dass sich die Frau Bundesministerin dafür entschieden hat, im Bereich der Austrian Business Agency einen großen Schwerpunkt in den Ausbau von Work in Austria zu setzen. (Zwischenruf der Abg. Erasim.) Dort werden 1,5 Millionen Euro investiert, um entsprechendes Arbeitskräftepotenzial zur Verfügung zu stellen. (Neuerlicher Zwischen­ruf der Abg. Erasim.) – Regen Sie sich nicht auf, stimmen Sie dem Budget zu! (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)

22.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur letzten Rednerin – grand finale –: Frau Abgeordnete Ecker. – Bitte sehr.


22.46.28

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Herr Präsident! Während wir hier im Hohen Haus das Budget 2022 diskutieren, steigen die Coronafallzahlen unaufhörlich. Ein Sinnbild dafür ist die Situation, die wir in Salzburg haben: Das Salzburger Uniklinikum hat eine Überlastungsanzeige an den Landeshauptmann übermittelt, da die medizinische Versor­gung bald nicht mehr garantiert werden kann.

Dies zeigt, wie dramatisch die Situation ist, Frau Ministerin, es zeigt aber auch das Ver­sagen des Systems Kurz, dem auch Sie angehören. Laut Epidemiegesetz liegt die klare Verantwortung bei der Bundesregierung. Auch wenn es jetzt einen Lockdown für Un­geimpfte gibt, den ich für völlig falsch erachte, steigen die Fallzahlen in Österreich weiter an. (Beifall bei der SPÖ.)

Viele stellen sich die Frage, wann der nächste Lockdown für uns alle kommt. Die Schä­den für die Wirtschaft sind durch den Teillockdown bereits jetzt enorm: Aufgrund der 2,5G-Regel oder der 2G-Regel hat die Wirtschaft große Umsatzeinbußen zu verbuchen. Die Rufe nach neuen Wirtschaftshilfen für Unternehmen werden immer lauter. Auch ich bin Unternehmerin, und ich kann Ihnen nur sagen, dass diese Rufe zu Recht lauter werden.

Frau Ministerin, diesbezüglich müsste im Budget 2022 dringend Vorsorge getroffen wer­den. Es braucht einen Schutzschirm für unsere Unternehmerinnen und Unternehmer, die durch Corona einen Großteil ihrer Einnahmen verloren haben oder auch noch ver­lieren werden.

Ein wichtiges Instrument, das sich bewährt hat, ist der Härtefallfonds. Dieser muss un­bedingt bis ins Jahr 2022 hinein verlängert werden. Ich frage Sie hier an dieser Stelle, Frau Ministerin: Wieso liegt da noch nichts auf dem Tisch? Sie haben jetzt eine Frist bis Donnerstag, Frau Ministerin, denn ich bringe folgenden Entschließungsantrag ein, der am Donnerstag zur Abstimmung kommt:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ver­längerung des Covid-19 Härtefallfonds“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 298

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sicherzustellen, dass die Beantragung des Här­tefallfonds für Betrachtungszeiträume ab September 2021 weiterhin ermöglicht wird. Darüber hinaus müssen neue und zielgerichtete Hilfsmaßnahmen geschaffen werden, um Unternehmen, die immer noch unter den Folgen der Corona-Pandemie leiden, auch über 2021 hinaus zu unterstützen.“

*****

Wir brauchen jetzt eine Politik, die handelt und nicht sehenden Auges unser Land an die Wand fährt. Wir brauchen eine Politik des Miteinanders, und wir brauchen eine Politik, die die Gesellschaft nicht spaltet. (Beifall bei der SPÖ.)

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen noch eine gute Nacht. (Beifall bei der SPÖ.)

22.49

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter,

Genossinnen und Genossen

betreffend Verlängerung des Covid-19 Härtefallfonds

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 4) Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.), zur Untergliederung 40 Wirtschaft

Die Covid-19-Pandemie hat Österreichs Wirtschaftsbetriebe hart getroffen. Seit 2019 gab es mehrere Lockdowns und Maßnahmen, die den Betrieb vieler Unternehmen ver­unmöglicht oder stark eingeschränkt haben.

Die Beherbergung und die Gastronomie haben etwa noch einen weiten Weg aus der Krise vor sich. Hier lag die Wertschöpfung im 2. Quartal 2021 laut Statistik Austria im Vergleich zum Vorkrisenniveau bei 47,7%. Auch für Branchen wie die SchaustellerInnen, MarktfahrerInnen und FremdenführerInnen ist die Krise noch lange nicht vorüber.

Es sind die Ein-Personen-UnternehmerInnen (EPU) und InhaberInnen von kleineren und mittleren Betrieben (KMU), die besonders unter den Folgen der Pandemie leiden. Sie sind auf Unterstützung angewiesen, um ein Fortbestehen ihres Betriebes und ihrer Exis­tenz zu gewährleisten.

Der Härtefallfonds kann laut derzeit geltenden Richtlinien für die Betrachtungszeiträume Juli, August, September 2021 bis zum 30. Oktober 2021 beantragt werden. Um das wirt­schaftliche Comeback für Ein-Personen-UnternehmerInnen (EPU) und InhaberInnen von kleineren und mittleren Betrieben (KMU) nicht zu erschweren oder sogar unmöglich zu machen, muss der Härtefallfonds unbedingt verlängert werden.

Die aktuellen Verschärfungen rund um die 2G-Regel, die hohen Infektionszahlen sowie Diskussionen über regionale Lockdowns verschärfen die Situation der Betriebe wieder.

FremdenführerInnen, Gastronomiebetriebe aber auch die Branche der körpernahen Dienstleistungen sind wieder verstärkt von den Verschärfungen betroffen.

Eine Verlängerung des Härtefallfonds ist daher dringendst geboten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 299

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sicherzustellen, dass die Beantragung des Här­tefallfonds für Betrachtungszeiträume ab September 2021 weiterhin ermöglicht wird. Da­rüber hinaus müssen neue und zielgerichtete Hilfsmaßnahmen geschaffen werden, um Unternehmen, die immer noch unter den Folgen der Corona-Pandemie leiden, auch über 2021 hinaus zu unterstützen.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Es ist keine Wortmeldung mehr bei uns eingelangt.

Ich unterbreche nun die Sitzung bis Mittwoch, den 17. November 2021, 9 Uhr. Die Ver­handlungen werden mit den Untergliederungen 21: Soziales, 22: Pensionsversicherung, und 21: Konsumentenschutz, fortgesetzt.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit, die Sitzung ist unterbrochen.

22.50.04*****

(Die Sitzung wird am Dienstag, dem 16. November 2021, um 22.50 Uhr unterbrochen und am Mittwoch, dem 17. November 2021, um 9.05 Uhr wieder aufgenommen.)

*****


 


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 300

09.05.38Fortsetzung der Sitzung: 9.05 Uhr


09.05.39

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die unterbrochene 129. Sitzung des Nationalrates wieder aufnehmen.

Für den heutigen Sitzungstag als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Kira Grün­berg, Dipl.-Ing. Georg Strasser, Elisabeth Feichtinger, BEd BEd, Dr. Christoph Matznet­ter, Herbert Kickl, Wolfgang Zanger, Michel Reimon, MBA und Douglas Hoyos-Trautt­mansdorff.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundes­kanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schram­böck wird durch Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner und Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Michael Linhart durch Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstin­ger vertreten.

Ferner wird Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher, der sich in einem ande­ren Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhält, durch Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration MMag. Dr. Susanne Raab vertreten.

*****

Ich darf bekannt geben, dass die Sitzung wie üblich von ORF 2 bis 13 Uhr, von ORF III bis 19.15 Uhr und anschließend in der TVthek kommentiert übertragen wird.

Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag wurde eine Tages­blockzeit von 9 „Wiener Stunden“ beschlossen, sodass sich folgende Redezeiten erge­ben: ÖVP 176, SPÖ 122, FPÖ 99, Grüne 90 sowie NEOS 72 Minuten. Die Redezeit von Abgeordneten ohne Klubzugehörigkeit beträgt insgesamt 36 Minuten und pro Debatte 5 Minuten.

*****

Ich darf noch darauf hinweisen, dass das Parlament heute Abend im Gedenken an die weltweit verfolgten Christen rot angestrahlt wird. Die christlichen Glaubensangehörigen sind traurigerweise mittlerweile die größte Gruppe von verfolgten Glaubensangehörigen. Im Nahen Osten, in Afrika und in Asien werden Christen sehr verfolgt. Es gibt diesbe­züglich auch eine Ausstellung in der Augustinerkirche. Morgen wird dann das Parlament für Orange the World orange angestrahlt.

*****

Die Gliederung der Beratungen ist bekannt.

Wir setzen die Budgetberatungen fort.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 301

09.07.37UG 21: Soziales

UG 22: Pensionsversicherung

UG 21: Konsumentenschutz

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir beginnen mit UG 21: Soziales, UG 22: Pen­sionsversicherung, sowie UG 21: Konsumentenschutz.

Ich darf den Herrn Bundesminister recht herzlich begrüßen.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stöger, der unseren Reigen beginnt. – Herr Abgeord­neter, Sie haben das Wort.


09.07.56

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Einen schönen guten Morgen! Herr Prä­sident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor allem liebe Zuseherinnen und Zuseher! Das Wichtigste des heutigen Tages ganz in der Früh: Die Pensionen sind sicher! – Das ist die entscheidende Frage. Warum ist das so entschei­dend? – Weil wir erkennen, dass es gerade in der Krise, so wie wir sie derzeit erleben, wichtig ist, dass man den Menschen Sicherheit gibt. Wir haben gerade in der Krise erlebt, dass es der Sozialstaat ist, der den Menschen die Sicherheit gibt, dass sie leben können, so wie sie leben wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage das immer wieder: Die Freiheit von Menschen, auf die wir so stolz sind, die die europäische Idee ausmacht, ist nur erreichbar, wenn man kollektive Sicherheiten schafft. Wenn wir heute über die Budgetkapitel betreffend soziale Sicherheit, das Sozialministe­rium und die Pensionen reden, dann ist die erste wichtige Ansage: Es hat sich in der Geschichte gezeigt, dass sich die österreichischen Pensionistinnen und Pensionisten darauf verlassen können, dass die Pensionen sicher sind.

Ich sage auch noch etwas deutlich: Es ist und es muss unser Pensionssystem so ab­gesichert werden, dass Menschen, die 45 Jahre lang gearbeitet haben, abschlagsfrei in Pension gehen können. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Belakowitsch und Wurm.)

Herr Bundesminister, die Grünen haben da einen Fehler gemacht. Sie sind dafür verant­wortlich, dass diese Regelung wieder zurückgenommen wurde. 45 Jahre sind genug – das muss ein Grundsatz sein, der für alle Berufsgruppen gilt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden in dieser Woche auch die Pen­sionserhöhungen beschließen. Es ist auch wichtig, dass es eine Inflationsanpassung der Pensionen gibt, dass die Pensionen der Menschen ihren Wert behalten. Das ist eine wichtige Sache. Wir als Sozialdemokratie hätten eine deutliche Erhöhung vor allem auch der Mindestpensionen haben wollen. Wir werden sehen, wie sich da die Regierung ver­halten wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es werden Redner nach mir kommen, die das Pensionssystem bejammern werden. Die werden sagen, das geht nicht, das können wir uns alles nicht leisten. Wenn man sich die Zahlen im Budget genauer ansieht, dann merkt man, dass sich die Arbeiter und Angestellten in Österreich die Pensionen zum größten Teil selber zahlen. In Österreich wurde 1955 vereinbart, dass ein Drittel der Pensionen der Staat mitfinanzieren muss. (Abg. Loacker: Die Legende ist nicht wahr!) Bei den Arbeitern und Angestellten ist das schon lange nicht mehr der Fall. Das ist nur der Fall bei den Selbstständigen und bei den Bauern. Die sollen auch ihre Pension ha­ben, aber es kann nicht sein - - (Abg. Loacker schüttelt den Kopf.)  Herr Kollege Loa­cker regt sich schon auf. Dann passt es, wenn er sich aufregt, dann liege ich richtig. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wurm: Bis jetzt ist er noch ganz ruhig!)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 302

Wenn Sie sich die Geschichte anschauen – ich habe das wieder mitgenommen, speziell für den Herrn Loacker (die Kopie eines Zeitungsausschnitts in die Höhe haltend) –: 1955 hat man schon bejammert, dass sich das nicht ausgehen kann. 1955, da war ich noch gar nicht auf der Welt, haben die Leute es schon bejammert. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Österreich wurden seit 1956 jedes Monat pünktlich die Pensionen ausbezahlt, und die Österreicherinnen und Österreicher haben sich da­rauf verlassen können. Schauen wir, dass das auch in der Zukunft so ist! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

9.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Ribo. – Bitte sehr, bei Ihnen steht das Wort. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)


09.12.32

Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebe KollegInnen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich fange einmal so an: Den Menschen in der Pflege, aber nicht nur in der Pflege, sondern im gesamten Gesundheits­bereich, haben wir sehr viel zu verdanken. Es kann nicht in Worte gefasst werden, was sie alles in dieser schwierigen Zeit geleistet haben. Ein Danke gilt das natürlich nicht ab, bei Weitem nicht ab – sie brauchen Verbesserungen.

Daher zurück zur Pflege. Um die Probleme in der Pflege wissen wir nicht erst seit ges­tern. Das ist etwas, was eine Regierung nach der anderen vor sich herschiebt – seit Jahrzehnten! (Abg. Belakowitsch: Sie auch!) Man schwindelt sich irgendwie mit kleinen Reförmchen durch, man hofft, dass es für die eine Legislaturperiode reichen wird, und insgeheim hofft man, dass man in der nächsten Regierung für das Thema nicht zustän­dig sein wird.

Jahrzehntelang wurde nichts gemacht, und jetzt soll es der grüne Gesundheitsminister, neben der größten Pandemie ever, irgendwie noch schaffen, die größte Pflegereform ever auf den Tisch zu bringen. (Beifall und Zwischenruf bei den Grünen.) – Genau: die größte Pflegereform, die es zweifelsfrei braucht.

Wie das System Pflege in Österreich aufgebaut ist, wissen viele nicht – meine Damen und Herren, glauben Sie mir, es ist sehr, sehr komplex –, aber Verantwortliche sollten und müssten das wissen. Da denke ich an unsere neun Bundesländer. Viele Agenden in der Pflege liegen in der Hand der Bundesländer. Die Bundesländer schieben sehr gerne ihre Verantwortung dem Bund zu. Der Bund wiederum kann ohne die Bundes­länder beziehungsweise ohne Zusammenarbeit mit den Bundesländern nicht viel ma­chen. Und so geht es immer weiter und weiter – während uns die Pflegekräfte verloren gehen, während der Pflegenotstand immer größer und größer wird. Ohne eine gute Zu­sammenarbeit, und zwar eine ernst gemeinte Zusammenarbeit, mit den Ländern, mit den Gemeinden wird es mit den Verbesserungen im Bereich der Pflege nichts.

Das größte Problem ist nach wie vor der Pflegekräftemangel, denn ohne Personal kann da nichts weitergehen. Wir können die besten Ideen haben, aber wenn wir kein Personal dafür haben, wird das nix. (Abg. Wurm: Dann macht keine Impfpflicht!) Als Knackpunkt ist daher eine Ausbildungsoffensive mit je 50 Millionen Euro für die nächsten drei Jahre im Budget festgeschrieben. (Beifall bei den Grünen.) Wir wollen damit die Ausbildung in der Pflege attraktiver und leistbarer machen.

Ebenfalls im Budget gesichert ist die Finanzierung von 150 Communitynurses. Das ist mir persönlich ein ganz besonderes Anliegen, denn Communitynurses setzen als prä­ventive Gesundheitskonzepte im Idealfall bereits vor der Pflegebedürftigkeit an und ent­lasten somit natürlich die pflegenden Angehörigen, aber auch die ambulanten Einrich­tungen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 303

Ich weiß nicht, wie oft ich das hier gesagt habe, aber ich werde es einfach immer und immer wieder wiederholen: Die Menschen in der Pflege haben bewiesen, dass sie lie­fern. Die Menschen in der Pflege haben bewiesen, dass wir uns auf sie verlassen kön­nen. Das galt vor der Pandemie und das gilt auch während der Pandemie. Wirklich jede und jeder von uns hat gesehen, was diese Menschen unter welchen Bedingungen oder, besser gesagt, trotz dieser herrschenden Bedingungen für uns alle leisten. Jetzt müssen wir liefern, und zwar wir alle! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte.


09.16.22

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Damen und Herren vor den Fernsehgeräten! Ja, ich möchte gleich dort anschlie­ßen, wo meine Vorrednerin aufgehört hat: bei der Wertschätzung dem Pflegepersonal gegenüber.

Meine Damen und Herren der Bundesregierung, liebe Abgeordnete der Regierungspar­teien! Wo ist sie denn, die Wertschätzung? Wo ist denn der 500-Euro-Bonus für die Pfle­gekräfte? Die sitzen immer noch zu Hause und warten. (Abg. Michael Hammer: Die sitzen nicht zu Hause, die arbeiten was!) Und viele werden ihn gar nicht bekommen, meine Damen und Herren der Regierungsparteien, weil jene Pfleger - - (Abg. Ribo: Das stimmt nicht!) – Was schreien Sie schon wieder rein: Das stimmt nicht!? Kennen Sie einen Pfleger, der diesen Bonus schon bekommen hat? – Er ist noch nicht ausbezahlt worden, meine Damen und Herren! Das ist genau diese schäbige Art dieser Bundes­regierung: versprochen, angekündigt, nicht ausbezahlt! Das, meine Damen und Herren, lehnen wir ab. (Beifall bei der FPÖ.)

Setzen Sie sich dafür ein, dass die Pfleger endlich einmal den Bonus kriegen! Das, sage ich auch ganz ehrlich dazu, ist in Wahrheit ohnehin eine Frotzelei, es gehört nämlich endlich auch bei den Gehältern etwas gemacht. Wo sind Sie denn? – Die großen Sonn­tagsreden nützen den Pflegern da draußen überhaupt nichts. Womit kommen Sie, meine Damen und Herren, anstatt mit höheren Gehältern? – Mit einer Impfpflicht, damit sich alle Pfleger, die heute noch nicht geimpft sind, impfen lassen müssen. Da gibt es eine steirische Landesrätin, die einmal hier herinnen als Familienministerin saß, eine gewisse Frau Bogner-Strauß, die Pflegekräfte, die sich nicht impfen lassen, als „Todesengel“ be­zeichnet. So etwas, so eine Politik ist abzulehnen, meine Damen und Herren! Das ist nicht der Respekt, den die Pfleger wirklich verdienen.

Herr Bundesminister! Es hat schon der Erstredner Alois Stöger gesagt, die Pensionen sind sicher. Das ist gut. Ich muss nur leider hinzufügen, sie werden heuer kaum erhöht, und das ist schäbig von dieser Bundesregierung. Wir haben eine enorme Teuerungsrate, und die Pensionen - - (Abg. Ribo: Das stimmt nicht!) Sie schreien immer nur dazwi­schen: Das stimmt nicht! Sie standen hier heraußen und Sie haben kein Wort zu den Pensionen gesagt. Für Sie sind ja Pensionen mit 1 300 Euro schon große Pensionen. Leben Sie doch einmal mit 1 300 Euro im Monat, wenn Sie meinen, dass das so eine große Pension ist! Diese Erhöhung der Pensionen ist eine Schande für die Republik angesichts dieser Teuerungsrate, meine Damen und Herren.

Herr Bundesminister, Sie sind Sozialminister, und ich habe nichts von Ihnen gehört, dass Sie den sozial Schwachen irgendwie helfen wollen, dass Sie sich für sie einsetzen wol­len. Sie haben in Ihrem Budget überhaupt nichts dahin gehend vorbereitet. Wir haben Energiekosten, die durch die Decke gehen, und da ist Ihr komischer Ökobonus, diese Ökostromreform, die im Mai nächsten Jahres die Energie noch einmal teurer machen wird, noch nicht einberechnet, meine Damen und Herren.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 304

Darauf muss man doch reagieren, dass den Leuten immer weniger zum Leben bleibt, dass das Realeinkommen, das die Bürger draußen haben, absinkt, ganz massiv absinkt. Das ist leider auch bei den Pensionen der Fall, und da hätten Sie es tatsächlich in der Hand gehabt, Herr Bundesminister, dafür zu sorgen, dass die Pensionen um mindestens 3,5 Prozent erhöht werden, um die jetzige Teuerungsrate wenigstens etwas abfedern zu können. Stattdessen stellen Sie sich hierher und sagen, die kleinen Pensionen werden ja eh mehr erhöht. Das sind aber nur die allerkleinsten Pensionen, die mehr erhöht wor­den sind, aber mit 1 300 Euro hat man keine große Pension, und da sind 1,8 Prozent Erhöhung ein tatsächlicher, ein realer Verlust, meine Damen und Herren!

Aber es sind ja nicht nur die Pensionisten, es ist die gesamte Bevölkerung, die diese Krise zu spüren bekommt. Der Finanzminister hat uns gestern ein Budget hier präsentiert und hat dann so getan, als wäre das alles eine Normalität. Es ist ein Budget, das in einer optimistischen Art und Weise berechnet worden ist – kein einziger Lockdown, obwohl wir wissen, wir sind ja schon wieder mitten drinnen. Jetzt ist dann ein Lockdown für alle, dann gibt es einen Softlockdown. Wir kennen das Spiel aus den letzten Jahren: Lock­down auf, Lockdown zu, Lockdown soft, Lockdown hart. Das hat ja Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation, auf die Situation der Betriebe, der Arbeitnehmer und damit auf die Familien, auf die Bürger draußen, die in den letzten Jahren einen Reallohnverlust hinnehmen mussten und müssen. Viele sitzen zu Hause und haben Angst vor einem kalten Winter, weil sie nicht wissen, ob sie sich angesichts dieser steigenden Preise das Heizen tatsächlich werden leisten können.

Da nützt es nichts, wenn Sie (in Richtung Bundesminister Mückstein) den Kopf in Ihre Zettel stecken – das bringt den Leuten nichts. Sie machen überhaupt nichts. Sie haben im Sozialbereich nichts budgetiert, der hat Sie offensichtlich überhaupt nicht interessiert. Man könnte da möglicherweise von Bundesseite her sagen, es gibt einen Heizkostenzu­schuss für Familien, die es sich nicht leisten können, für Pensionisten, die sich das nicht mehr leisten können. Sie haben überhaupt keine Ideen und keinen Ansatz.

Wir sind einen anderen Weg gegangen, und den sind wir immer schon gegangen, weil wir glauben, dass es eine Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger draußen braucht. Es braucht eine Unterstützung der Arbeitgeber, die jetzt wieder Verluste haben, weil ein Drittel der Österreicher gar nicht mehr einkaufen gehen darf. Diese verlagern wieder alles in das Internet – Weihnachtseinkäufe zum zweiten Mal im Internet. Na was glauben Sie, was der Handel dazu sagen wird? Auf der anderen Seite stehen die Arbeitnehmer, die es natürlich auch zu spüren bekommen, wenn die Unternehmen weniger Einkommen haben.

In diesem Sinne bringe ich heute noch einmal einen Antrag ein, den wir schon mehrmals eingebracht haben: Das ist der sogenannte 1 000-Euro-Österreichgutschein, meine Damen und Herren, ein Gutschein im Wert von 1 000 Euro, den die Österreicherinnen und Österreicher bekommen sollen, einlösbar bei allen Unternehmen, die in Österreich auch tatsächlich Steuern bezahlen. Damit kommt das sofort zurück in den österreichi­schen Steuertopf.

Ich stelle daher folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „1.000 Eu­ro Österreich-Gutschein“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, jedem österreichischen Staatsbürger Gutschei­ne im Wert von insgesamt 1.000.- Euro auszustellen, die bis 31. März 2022 nur bei hei­mischen und in Österreich steuerpflichtigen Betrieben eingelöst werden können.“

*****


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 305

Damit ist sichergestellt, dass dieses Geld tatsächlich wieder in den österreichischen Steuertopf zurückfließt. Ich bitte Sie, hier mitzustimmen. Es ist eine Entlastung für unsere Bürger. (Beifall bei der FPÖ.)

9.22

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Erwin Angerer, Peter Wurm

und weiterer Abgeordneter

betreffend „1.000 Euro Österreich-Gutschein“

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 4) Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) (UG 21 Soziales und Konsumentenschutz) in der 129. Sitzung des National­rats am 17. November 2021

Die Maßnahmen der Bundesregierung im Zuge der Coronakrise führen zu einer histo­rischen Wirtschaftskrise. Mehr als 1,8 Millionen Menschen haben seit März 2020 ihre Arbeit verloren oder haben durch die Kurzarbeit deutliche weniger Einkommen. Zigtau­sende Wirtschaftstreibende haben ebenfalls ihre Einkommensgrundlage verloren. Und mit all diesen Menschen auch ihre Familien! Die österreichische Wirtschaft ist am Boden, zigtausende Betriebe wurden zwangsgeschlossen. Durch den aktuell in Kraft getrete­nen vierten Lockdown werden die Arbeitslosenzahlen jedoch wohl bis Ende 2021/An­fang 2022 die arbeitsmarkpolitische „Schallmauer" von 500.000 Arbeitslosen wieder er­reichen und eine massive Reduktion der heimischen Kaufkraft erfolgen.

Ob viele Betriebe, Gastronomiebetriebe, Touristiker, Handwerker, aber auch Dienstleis­ter die bisher und nunmehr wieder gesetzten Corona-Maßnahmen der Regierung wirt­schaftlich überleben, darf angezweifelt werden. Dass sich die Auftragslage kurz- und mittelfristig wieder stabilisiert, scheint mehr als unwahrscheinlich. Hand in Hand mit einer drohenden Pleitewelle bei kleinen und mittelständischen Unternehmen nach 21 Monaten Pandemie und Lockdowns geht ein neuerlich drohender Konsumschock. Die österreichi­schen Familien und die heimischen Wirtschaftstreibenden haben nichts von Verspre­chungen. Von Hoffnung allein können sie nicht leben, sie brauchen jetzt konkrete Hilfe und Sicherheit. Wenn wir eine drohende massive Pleitewelle abfedern wollen und die Kaufkraft stärken wollen, braucht es schnelle Maßnahmen, die möglichst viele Menschen erreichen und besonders schnell die Kaufkraft österreichischer Familien stärken.

Durch eine sich massiv beschleunigende Inflationsentwicklung bei Grundnahrungsmit­teln, Energie- und Wohnungskosten sowie sonstigen Konsumgütern des täglichen Be­darfs sind zusätzlich hunderttausende Bürger armutsgefährdet und sogar wesentliche Teile des Mittelstandes ökonomisch massiv bedroht. Dem könnte man mit der Ausgabe dieses Österreichgutscheins entgegentreten.

Jeder Österreicher und jede Österreicherin - etwa 7,4 Millionen Menschen - soll völlig un­abhängig vom Alter einen sogenannten Österreich-Gutschein in der Höhe von 1.000.- Eu­ro erhalten. Für eine vierköpfige Familie sind das 4.000.- Euro. Von dieser unbürokra­tischen Soforthilfe für österreichische Familien und heimische Betriebe in Höhe von rund 7,4 Mrd. Euro, die Arbeitsplätze sichert, die Wirtschaft ankurbelt und somit natürlich in­direkt auch dem Sozialsystem zugutekommt, fließt ein beträchtlicher Teil direkt in Form von Steuereinnahmen zurück in den Bundeshaushalt.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachstehenden


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 306

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, jedem österreichischen Staatsbürger Gutschei­ne im Wert von insgesamt 1.000.- Euro auszustellen, die bis 31. März 2022 nur bei hei­mischen und in Österreich steuerpflichtigen Betrieben eingelöst werden können."

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hammer. – Bitte sehr.


9.23.00

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir diskutieren heute Morgen das Kapitel Soziales, Pensionen und Konsumentenschutz, und gleich eingangs stelle ich fest – weil das bei den Vorrednern ja noch nicht so zum Ausdruck gekommen ist –: Ich glaube, wir können mit dem Sozialbudget für 2022 wirklich zufrieden sein. Es bildet einige Schwerpunktsetzungen ab, es gibt eine reale Steigerung im Sozialbudget. Weil der Bereich der Pensionen schon angesprochen wurde: Wir haben auch dort eine durchaus gute Budgetsituation, weil – und das ist, glaube ich, der we­sentliche Punkt – die wirtschaftliche Entwicklung deutlich positiver ist, als ursprünglich angenommen wurde, sowohl für das Jahr 2021 als auch dann für das Jahr 2022, und die Beitragsleistungen wieder entsprechend angezogen haben. Daher kommt dieser Be­reich gut über die Runden.

Einen Satz dazu noch zu Kollegen Stöger – ich werde den Schwerpunkt meiner Rede eher auf die Pflege legen –: Ja, es ist richtig und es ist unser oberstes Ziel – das muss es auch sein –, dass unsere Pensionen, das Pensionssystem abgesichert sind und dass wir auch entsprechende Pensionserhöhungen, wie sie jetzt auch geplant sind, durchfüh­ren. Was aber nicht der Fall ist, da unterscheiden wir uns in der Diskussion: Unser Zu­gang ist natürlich immer, dass es, wenn es das Ziel ist, die Pensionen abzusichern, immer wieder auch ein Drehen an Stellschrauben braucht, weil wir einfach eine demo­grafische Entwicklung haben, die das durch eine höhere Lebenserwartung – zum Glück – und viele andere Faktoren notwendig macht. Ich glaube, dort muss man immer drehen und schrauben. Das tun wir auch (Zwischenruf des Abg. Loacker), und das ist ein nachhaltiger Zugang. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Bereich des klassischen Sozialbudgets und zum Thema Pflege: Dort werden schon einige Schwerpunktsetzungen vorgenommen, auch budgetäre Vorkehrungen werden getroffen. Wir haben eine Aufstockung im Bereich des Pflegegeldes, wir haben auch eine höhere Dotierung des Pflegefonds. Es gibt zusätzliche 50 Millionen Euro für die Pflegeausbildung, die dann auch mit den Ländern geteilt werden, und auch das im Re­gierungsprogramm abgebildete Projekt Communitynurses wird entsprechend dotiert und auch umgesetzt.

Unser Regierungsprogramm umfasst auch einige ganz große Schwerpunktsetzungen im Pflegebereich. – Herr Minister, wir sind leider noch immer und sehr stark mit der Pande­miebewältigung beschäftigt, aber das Kapitel und das Thema Pflege ist eines, das uns fordert und bei dem wir auch zu Lösungen kommen müssen, weil der Bereich dies ein­fach verlangt.

Es geht um eine Neuordnung und Bündelung der Finanzierungsströme, um die Neuent­wicklung und Neugestaltung des Pflegegeldes, vor allem auch um die Unterstützung


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pflegender Angehöriger und auch um eine Personal- und Ausbildungsoffensive. Wir müssen da alle Möglichkeiten ausschöpfen, weil wir – ich bin selbst im Vorstand eines Sozialhilfeverbandes – jetzt schon leere Betten in den Pflegeheimen haben, weil schlicht und einfach das Personal fehlt. Da geht es natürlich um Ausbildung, um Personalgewin­nung, aber natürlich auch um das Schaffen richtiger Rahmenbedingungen, damit der Beruf attraktiver wird. Da sind die Entlohnung und vieles andere ein Thema, aber es braucht da einen breiteren Mix.

Ich möchte aber auch die Gelegenheit nutzen, mich bei allen, die Pflege leisten, wirklich zu bedanken – sei es in unseren stationären Einrichtungen oder auch in der Pflege zu Hause, die ein ganz wesentlicher Teil unseres Pflegesystems ist.

Ich glaube, wir haben die Vorarbeiten dafür geleistet, Herr Bundesminister, dass wir zu einer großen Pflegereform kommen. Jetzt sollten wir wirklich zur Umsetzung gelangen.

Weil wahrscheinlich NachrednerInnen sagen werden, dass die Pflege in diesem Budget noch nicht dotiert ist: Es steht in den Strategiezielen und in den Erläuterungen klar drin­nen, dass, sobald es zu einer Festlegung der Pflegekonzeption Neu kommt, dies dann auch budgetär bedeckt wird. Diese klare Aussage ist gegeben.

In diesem Sinne: Packen wir dieses große Thema an! Ich bin überzeugt davon, dass wir auch dort zu Lösungen kommen werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abge­ordneten Ribo und Rössler.)

9.27


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte.


09.27.19

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Zur Ankündigung der Pflegereform durch Kollegen Hammer: Wenn 500 Euro Pflegebonus versprochen sind, die bis heute noch nicht ausbezahlt sind, dann können Sie sich ausrechnen, wann Sie die Pflegereform bekommen, die er Ihnen verspricht! Das werden wir leider nicht mehr erleben.

Zum Pensionssystem: Kollege Stöger hat damit eröffnet, dass die Pensionen sicher sind. Der frühere Finanzminister Hannes Androsch hat gesagt: Die Pensionen sind schon si­cher, aber das Budget nicht. – Darum geht es ja. Wir müssen all das, was versprochen ist, irgendwann zahlen. Tatsächlich: Wenn man einige Weitsicht hatte, konnte man schon 1955 sehen, dass sich das alles (eine Tafel mit einem Medienbericht in die Höhe haltend) nicht auf Dauer ausgehen wird. Jetzt beschleunigt sich das in einem unglaub­lichen Tempo.

Die Zuschüsse zu den Sozialversicherungspensionen, also zu ASVG, BSVG und GSVG, steigen vom Zeitpunkt des Regierungsantritts 2019 bis 2026 um 5,2 Milliarden Euro, von mehr als 9 Milliarden auf über 16 Milliarden, also um gut die Hälfte – in fünf, sechs Jahren um die Hälfte. Das ist eine Dynamik, der man nicht tatenlos zusehen kann. Also man kann schon, das tun Sie ja auch! Es ist jedoch unverantwortlich, weil das das Geld wegfrisst, das wir in anderen Bereichen des Budgets dringend brauchten. Wenn um 4,5 Millionen Euro für Gewaltschutz gestritten wird, wenn es darum geht, ob wir für die Entwicklungszusammenarbeit noch 1 Million Euro mehr mobilisieren können, wenn es um ökologische Maßnahmen geht, wenn es um Wirtschaftsförderung geht, wenn es um Innovation und Forschung geht, fehlt das Geld, aber bei den Pensionen spielt es über­haupt keine Rolle, dass sich der Zuschuss in fünf, sechs Jahren um die Hälfte erhöht.

Würden die Österreicher einen Monat später in Pension gehen – nur einen Monat! –, würde das einen Unterschied von 191 Millionen Euro machen. Alle, die hier herinnen für ein Budgetkapitel verantwortlich sind, sollen einmal überlegen, was bei ihnen 191 Millio­nen Euro ausmachen würden. Das sind gewaltige Summen. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf bei der SPÖ.)


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In den Regierungsprogrammen steht seit vielen Jahren immer drinnen: Wir wollen das faktische Pensionsantrittsalter erhöhen. – Das steht immer drinnen, es passiert nur nicht. Die letzte Erhöhung, die passiert ist, hat Rudi Hundstorfer durch einen sadistischen Trick erzielt: indem er das Rehabilitationsgeld eingeführt hat und diese Leute jetzt halt nicht mehr als Pensionisten zählen, aber ansonst gehen die Österreicher gleich früh in Pen­sion wie 1974, nur werden sie acht Jahre älter und sie fangen fünf Jahre später an zu arbeiten – also fünf Jahre weniger Beitragsleistung und hinten hinaus acht Jahre länger Bezug. Dass sich das nicht ausgehen kann, sieht ein Blinder mit dem Krückstock.

Erfreulicherweise sind die Österreicher bei guter Gesundheit, Österreich hat ein gutes und leistungsstarkes Gesundheitssystem, und es beweisen auch Sozialdemokraten, dass man im mittleren Alter noch weiterarbeiten kann. ÖGB-Präsident Katzian hat seinen 65. Geburtstag gefeiert, zu dem ich ihm auch gratuliert habe, er arbeitet weiter als ÖGB-Präsident und er wird nächstes Jahr noch einmal kandidieren. Man kann natürlich eine gute Leistung erbringen – nicht in allen Jobs, aber es gibt viele Berufe, in denen man auch Mitte 60 noch eine gute Leistung erbringen kann. Sie tun immer so, als ob alle Dachdecker wären. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Brandstätter weist in Richtung Präsi­dent Sobotka. – Abg. Wurm – erheitert in Richtung Präsident Sobotka –: Auch der ..., Herr Präsident! – Heiterkeit und Zwischenrufe bei den NEOS. – Heiterkeit des Präsiden­ten Sobotka.)

Und dann hat Kollege Stöger auch noch eine Unwahrheit verbreitet. Man kann Unwahr­heiten in der Hoffnung, dass sie irgendwann hängenbleiben, sehr oft wiederholen, zum Beispiel jene, dass ausgemacht gewesen wäre – ich frage mich, zwischen wem –, dass ein Drittel zu den Pensionen zugeschossen wird. Das steht nirgends, es ist aber wurscht, das kann man oft behaupten, und irgendwann bleibt es vielleicht hängen. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Oder man kann behaupten, dass die Pensionen der Arbeiter und Ange­stellten sich quasi selbst decken – und wenn man ein paar Dinge ausblendet, dann stimmt das, aber jetzt möchte ich Ihnen diese Dinge einmal einblenden.

Die Versicherung der Arbeiter und Angestellten in der Pensionsversicherung profitiert von sogenannten Wanderversicherten, die zuerst einmal Arbeiter und Angestellte sind, sich irgendwann in ihrer Karriere selbstständig machen und dann in die Selbstständigen­versicherung kommen – die Beiträge haben sie aber vorher bei den Arbeitern und Ange­stellten eingezahlt. Das macht jedes Jahr ungefähr 2 Milliarden Euro aus, von denen die Arbeitnehmerversicherung profitiert, während diese dann auf der Seite der Selbststän­digen fehlen. Dann wird aus der Arbeitslosenversicherung jedes Jahr ein Betrag von ungefähr 1,5 Milliarden Euro an die Pensionsversicherung der Arbeiter und Angestellten überwiesen, weil das sonst nicht gedeckt wäre.

Und dann haben wir noch das Thema mit den Beamten. Die Jungen werden jetzt nicht mehr Beamte, die sind Vertragsbedienstete; die Alten sind im Beamtenstatus. Das heißt, ich habe in der Beamtenversicherung die Alten und wenige Junge. Die jungen öffentlich Bediensteten sind in der Pensionsversicherungsanstalt versichert und zahlen dort Bei­träge, aber denen stehen noch ganz wenige Leistungsbezieher gegenüber – noch ein­mal 1,5 Milliarden Euro.

Also wenn wir schon rechnen, dann ehrlich! Ich weiß, mit Mathematik hat man es auf der sozialdemokratischen Seite nicht so, und auf der ÖVP-Seite ist man dann halt auch eher christlich-sozialistisch. Das Geld spielt keine Rolex! Man schreibt zwar immer: Wir machen eine Pensionsreform!, aber die kommt nie. Seit Wolfgang Schüssel habt ihr das Thema keinen Millimeter vorangebracht, und das ist euer Versagen und euer Vergehen an der Jugend. (Beifall bei den NEOS.)

9.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Koza. – Bitte sehr.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 309

09.33.08

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist immer sehr schön für mich, nach Herrn Kollegen Loacker reden zu dürfen. Meine sehr geehrten ZuseherInnen, ich bringe Ihnen eine beruhigende Nachricht: Unser Pensionssystem steht nicht vor dem Kollaps, unser Pensionssystem ist kurz-, mittel- und langfristig weiterhin finanzierbar. (Ruf bei den NEOS: ... finanzierbar!)

Wenn man einen Blick in das Sozialkapitel im Budget wirft, dann sieht man auch ziemlich klar, dass relativ wenig Grund für Panikmache besteht, weil sich die Pensionen nicht besonders aufregend und überraschend entwickeln. Sowohl der Ageing Report der EU als auch die Langfristprojektion des Finanzministeriums sprechen nicht von explodieren­den, überbordenden Kosten. Natürlich steigen die Ausgaben für Pensionen bis 2040, no na! Wir haben in Österreich einerseits einen demografischen Effekt – glücklicherweise werden die Menschen älter, und geburtenstärkere Jahrgänge kommen ins Pensionsal­ter – und wir haben auch immer mehr öffentlich Bedienstete, die vom Beamtenpensions­system ins allgemeine Pensionssystem überführt werden – das führt selbstverständlich dazu, dass die Pensionsausgaben steigen. Wenn man sich aber die Projektionen an­schaut – sie alle sind immer mit Unsicherheit behaftet; man weiß ja, dass die Zukunft immer unsicher ist –, kann man sagen, die meisten gehen davon aus, dass sich ab dem Jahr 2040 die Ausgaben entweder stabilisieren oder ab dann sogar leicht rückläufig sind.

Ich möchte schon vor einem ganz massiv warnen, nämlich dass Sie die Diskussion rund um die Pensionen auf einen reinen Kostenfaktor reduzieren, rein darauf reduzieren, was sie unsere Gesellschaft kosten. – Nein, das geht nicht! Pensionen, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind Einkommen, Einkommen von älteren Menschen. Pensionen, das steht auch in der Budgetanalyse des Budgetdienstes drinnen, haben eine wesentli­che Funktion als gesicherte Einkommen gerade in Krisen (Beifall bei den Grünen), da sie nämlich als sogenannte automatische Stabilisatoren wirken, die Nachfrage stabilisie­ren, gegen Armut absichern und konjunkturelle Abschwünge abfedern. Das heißt, Pen­sionen haben längst nicht nur eine reine Kostenfunktion, nein, sie bringen auch Steuern und Abgaben, stabilisieren Nachfrage, stabilisieren Beschäftigung, und das gilt es schon einmal ganz deutlich und klar zu sagen und hervorzuheben.

Ich möchte noch ein paar Punkte zum Budget beziehungsweise zu dem, was im Pen­sionssystem im nächsten Jahr einmal vorgesehen ist, kurz erwähnen. Das eine ist, dass, wenn wir am Freitag die Beschlüsse tätigen, ab 1. Jänner der Frühstarterbonus nicht nur für die ASVG-Versicherten und die Selbstständigen, sondern auch für öffentlich Bediens­tete, für EisenbahnerInnen, für PostlerInnen eingeführt wird, wodurch alle diejenigen, die bereits in jungen Jahren zu arbeiten begonnen und Pensionsversicherungsbeiträge ge­zahlt haben, also vor 20 zu arbeiten begonnen haben, mit dem Pensionsantritt eine höhere Pension bekommen, weil sie eben auch viel früher zu arbeiten begonnen haben. Das bedeutet bis zu 840 Euro zusätzlich an Pension (Beifall bei den Grünen), für circa 60 Prozent der neu einsteigenden PensionistInnen und ungefähr halbe-halbe zwischen Männern und Frauen.

Darüber hinaus haben wir für das Jahr 2022 die Ausgleichszulage, das wichtigste Instru­ment im Kampf gegen Altersarmut, wieder um 3 Prozent erhöht – im Jahr davor waren es 3,5 Prozent. Das heißt, das ist ein wichtiger kontinuierlicher Anstieg, weil uns der Kampf gegen Altersarmut ebenso ein Ziel sein muss wie der Kampf um sichere Pen­sionen.

Zuletzt noch eine Einschränkung zu meiner Aussage, dass die Pensionen finanziert sind: Ja, die öffentliche Hand und der Staat haben schon Aufgaben zu erledigen, und eine der wesentlichsten Aufgaben ist es, Beschäftigung zu sichern, Beschäftigung zu schaffen und Arbeitslosigkeit zu bekämpfen – und zwar Arbeitslosigkeit und nicht die Arbeitslosen


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(Beifall der Abg. Prammer) –, denn nur dann, wenn wir einen hohen Beschäftigungs­stand haben, nur dann, wenn wir ausreichend Menschen in guter Beschäftigung haben, können wir tatsächlich unser Sozialsystem, unsere Pensionssysteme ausreichend finan­zieren. Das ist unser Job.

Wie wichtig der Sozialstaat für uns alle ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, erleben wir Tag für Tag in der Coronakrise, und diesen Sozialstaat müssen wir auch für künftige Generationen erhalten. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.38


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte.


09.38.10

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! – Er wird gleich wieder kommen. – Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen und alle, die uns zusehen! Drei Tage lang reden wir jetzt über Milliarden und Abermilliarden Euro, die eigentlich das abbilden sollten, wie sich eine Gesellschaft entwickeln soll, wie sie sich Jahr für Jahr weiterentwickeln soll. Ein Thema, das sehr oft – vielleicht absichtlich – aus­gespart wird, über das wir aber reden müssen, ist das Thema Armutsgefährdung und Armut von Kindern, von alleinerziehenden Frauen mit ihren Kindern, von Frauen im Alter, von zugewanderten Familien, von Mehrkindfamilien.

Ex-Kanzler Kurz, der sich jetzt mit seinem Telefon beschäftigt (Zwischenrufe bei der ÖVP), war einer, der dieses Thema immer wieder ausgespart hat, sehr geehrte Kollegin­nen und Kollegen, und eher negativ über dieses Thema geredet hat (Beifall bei der SPÖ – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), nämlich indem er gesagt hat, dass Menschen nicht aufstehen wollen, weil sie nicht arbeiten wollen. Das ist eigentlich sehr menschen­verachtend, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Das Thema Armut und Armutsgefährdung ist mitten in dieser Gesellschaft gelandet, und wir müssen darüber reden. Ich weiß, dass Bundesminister Mückstein sich bemüht (Zwi­schenruf des Abg. Loacker) – er bemüht sich auch mehr als die Türkisen –, die Pande­miebekämpfung in den Griff zu bekommen, er bemüht sich auch, dass die Gesellschaft, dass die Menschen gut geschützt sind. Das interessiert die ÖVP schon weniger, weil es da um andere Interessen wie den Tourismus geht. (Zwischenruf der Abg. Totter.) Dass Sie damit aber auch die Bevölkerung gefährden, das haben Sie nicht – oder absichtlich nicht – auf dem Radar.

Es sind 350 000 Kinder, Herr Ex-Kanzler, die armutsgefährdet sind – 350 000 Kinder, die mehr Stress haben als andere, die kränker sind als andere und die weniger Zu­kunftschancen haben. Ich erinnere nur daran: Heute im „Morgenjournal“ war ein Beitrag über 32 Studien, die weltweit darüber durchgeführt wurden, wie Kindern, die bildungsbe­nachteiligt sind, ihre Zukunftschancen genommen werden. Weltweit, global wurde unter­sucht und aufgezeigt, dass diese Pandemie Kinder benachteiligt.

Stellen wir uns armutsgefährdete Kinder vor: Menschen, die nicht genug zum Leben haben, Kinder, die zu kleine Schuhe tragen, die keine Winterkleidung oder zu wenig Winterkleidung haben, Menschen, die in ihren Wohnungen nicht genug heizen können, sodass Kinder ein wohliges und wärmendes Gefühl verspüren. Diese Kinder haben viel weniger Chancen als jene Kinder und Enkelkinder, die vielleicht Abgeordnete in diesem Hohen Haus in ihrer Familie haben. Ich glaube, auch darüber und genau darüber müs­sen wir sprechen.

Wenn wir über 24 Millionen Euro für Delogierungsprävention – das hat der Herr Minister in den Vorgesprächen dreimal erwähnt – reden, dann ist das gut, aber es bildet nicht


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alles ab, was wir gegen Armutsgefährdung tun. Schließlich und endlich haben Sie sich schwarz auf weiß ins Regierungsprogramm geschrieben: Wir wollen in dieser Legisla­turperiode die Armut halbieren. – Davon ist keine Rede. Daher müssen wir in diesem Haus über dieses Thema öfter und noch intensiver reden. (Beifall bei der SPÖ.)

9.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Scheucher-Pichler. – Bitte.


9.41.32

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Vor allem aber auch: Liebe Zu­hörerinnen und Zuhörer zu Hause! Frau Kollegin Heinisch-Hosek, als wir gemeinsam Frauensprecherinnen waren – das war in den Jahren 2002 bis, ich weiß nicht, 2006 –, hat es nicht einmal annähernd jenes Frauenbudget gegeben, das es jetzt gibt (Abg. Hei­nisch-Hosek: Wir reden von der Armutsbekämpfung!), da hat es nicht einmal annähernd so viele Maßnahmen in Richtung Armutsbekämpfung gegeben – und das hängt ja zu­sammen, Sie haben ja auch das Wort Frauen ständig in den Mund genommen und erwähnt. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich weiß nicht, wieso Sie so frustriert sind. Ich verstehe es nicht. Gerade Sebastian Kurz war derjenige – und er hat das auch gestern gesagt, dass ihm das ganz besonders wichtig ist –, dem es sehr darum ging, die Menschen mit niedrigen Einkommen zu ent­lasten. Die beste Botschaft in diesem Zusammenhang ist, dass eben die Wirtschaft an­springt. Die beste Botschaft ist, dass wir mehr Menschen in Beschäftigung haben als vor der Pandemie, denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir den Familien­bonus erhöhen – eine ganz klare Ansage von uns –, wenn wir durch die Steuerreform niedrige Einkommen entlasten und auch Frauen damit entlasten und unterstützen, dann ist das die beste Kaufkraft, und das ist sozial, meine sehr geehrten Damen und Herren: Menschen in Arbeit und in Beschäftigung zu bringen, das ist sozial – und nicht irgendein Bonus.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch ein paar Aspekte ansprechen, die immer zu kurz kommen, weil so viele engagierte Menschen dahinterstehen. Ich glaube, es wurde schon der Gewaltschutz erwähnt – ganz wichtig! –, zu nennen sind aber auch die Extre­mismusprävention, wofür 3 Millionen Euro budgetiert sind und wo es sehr wertvolle, auch therapeutische Projekte gibt – ich bin selbst bei einem mit dabei –, die Hilfe für Verbre­chensopfer: 3 Millionen Euro, die Delogierungsprävention und Wohnungssicherung: 8 Millionen Euro – das betrifft auch viele Frauen, Frau Kollegin –, der Ausbau der Hos­piz- und Palliativarbeit. Die Sicherung des Pflegegeldes, das ja Gott sei Dank auch valo­risiert ist, wurde schon erwähnt.

Meine Damen und Herren, ich sage aber auch ganz offen, weil Herr Kollege Loacker ja immer wieder die Pensionen in den Mittelpunkt seiner Ausführungen stellt: Gott sei Dank sind die Pensionen gesichert – ja, sie sind gesichert! –, aber dass es uns in Österreich so gut geht, ist einerseits das Ergebnis einer guten Finanzpolitik, andererseits aber auch das Verdienst jener Menschen, unserer Eltern und Großeltern, die in der Nachkriegszeit nicht lange herumdiskutiert haben, nicht gefragt haben: warum und wo und wie?, son­dern die Ärmel hochgekrempelt haben, dieses Land aufgebaut haben und uns zu Wohl­stand gebracht haben, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Daher ist es für uns ganz selbstverständlich – das hat auch Sebastian Kurz immer wieder betont, und das ist unser Ansatz –, dass wir auf die Seniorinnen und Senioren schauen. Das Anheben der Ausgleichszulage, das ja einige immer wieder kritisieren, ist für mich Armutsbekämpfung, meine Damen und Herren! Es ist mehr als gerechtfertigt und uns ein großes Anliegen, dass gerade die niedrigen Pensionen erhöht werden, angehoben


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werden. Wir stehen dazu! Das ist unser Ansatz, dass wir gerade jene Menschen, die ein Leben lang gearbeitet haben, unterstützen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es wurde schon einiges zur Pflege gesagt. Was den Ausbildungsfonds betrifft, würde auch ich mir wünschen, dass da schon mehr passiert wäre, aber, Herr Bundesminister, wir alle wissen: Der Bund allein kann es nicht schaffen, wir brauchen da eine gemeinsa­me Kraftanstrengung auch der Länder und der Gemeinden. Ich glaube, ein wichtiger erster Schritt ist vor allem auch, dass Bundesminister Kocher da praxisbezogene Maß­nahmen setzt, um dem Fachkräftemangel zu begegnen.

Mir ist aber auch eine Weiterentwicklung der Pflegekultur wichtig. Es geht nicht immer nur ums Geld, es geht auch um mehr Prävention. Da ist gerade die Einführung der Com­munitynurses, die mit 18,3 Millionen Euro budgetiert sind, ein wichtiger erster Schritt in Richtung Beratung und Vorsorge, und zwar vor dem Eintreten der Pflegebedürftigkeit. Da müssen wir bereits ansetzen, das ist sozial! Prävention heißt, Pflegebedürftigkeit gar nicht entstehen zu lassen beziehungsweise sie zu verzögern, die Mobilität zu fördern. Der Wunsch der Menschen ist es, möglichst lange zu Hause in ihrer vertrauten Umge­bung, in ihrem sozialen Gefüge zu leben. Das hat die Politik umzusetzen, das ist der Wunsch der Menschen.

Meine Damen und Herren, wir müssen hier neue Ansätze finden: neue Wohnformen, mehr ausgebaute Serviceleistungen – vom Menüservice bis zum Notruf –, wir müssen die Pflege zu Hause aufwerten. Wir brauchen mehr Unterstützung für pflegende Ange­hörige, sie machen noch immer 80 Prozent der Arbeit im Pflegebereich. Die Unterstüt­zung der pflegenden Angehörigen ist uns auch ein ganz großes Anliegen, und wir brauchen auch eine bessere Finanzierung und meiner Ansicht nach, Herr Bundesminis­ter, auch ein verpflichtendes Qualitätssiegel für die 24-Stunden-Betreuung.

Abschließend: große Wertschätzung und Respekt dem Pflegepersonal, meine Damen und Herren, und zwar allen im Gesundheitsbereich, die derzeit unter schwierigsten Bedingungen Menschen betreuen und auch Leben retten! Die Lage ist ernst, und ich glaube trotzdem an die Menschen in unserem Land. Nehmen wir Rücksicht aufeinander, halten wir zusammen, arbeiten wir zusammen und nicht gegeneinander!

Zum Schluss: Die Impfung ist das Wichtigste und die einzige Möglichkeit, um diese Pandemie zu überwinden. Das ist Fakt. Daher bitte, meine sehr geehrten Damen und Herren: Lassen Sie sich impfen, schützen Sie sich und auch andere! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

9.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Wurm. – Bitte.


9.47.07

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Schönen guten Mor­gen allen Zusehern und dem Hohen Haus! Ich möchte mich heute dem Konsumenten­schutzbudget widmen. Minister Mückstein ist ja auch für Konsumentenschutz zuständig, zumindest formal. De facto, glaube ich, wissen wir alle, dass da wenig passiert, auch im Bereich Soziales wenig bis gar nichts. Natürlich gibt es jetzt seit zwei Jahren Corona und deshalb ist er als Gesundheitsminister ausgelastet (Abg. Belakowitsch: Da bringt er aber auch nichts zusammen!), aber das ist natürlich kein Vorteil für den Konsumenten­schutz.

Damit Sie ungefähr eine Ahnung oder eine Vorstellung haben: Wir sprechen da von ei­nem Jahresbudget in Österreich von 6,5 Millionen – Millionen! – Euro. 6,5 Millionen Euro beträgt also das österreichische Jahresbudget für den Konsumentenschutz. Ich würde einmal sagen – ich glaube, das kann sich jeder ausmalen –, das ist nichts, und deshalb ist auch das Ergebnis im Konsumentenschutz in Wahrheit nichts. Von diesen 6,5 Millio­nen Euro sind 5 Millionen Euro quasi ein Pauschalbeitrag für den VKI. Auch da ist leider


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Gottes trotz Drängens unsererseits – und auch der Sozialdemokratie, muss ich sagen – keine dauerhafte Lösung für den VKI erzielt worden. Wir harren immer noch einer Lö­sung, aber jetzt steht einmal ein Betrag von 5 Millionen Euro im Raum oder ist budgetiert.

Das heißt summa summarum, der Konsumentenschutz wird finanziell ausgehungert, auch im Budget 2022.

Noch ein kleiner Hinweis, damit Sie eine Vorstellung haben: Wir hatten im letzten Aus­schuss für Konsumentenschutz 25 Anträge – und 23 wurden vertagt, schubladisiert. Das heißt, von der Regierung kommt da überhaupt nichts.

Ein anderes Thema möchte ich zumindest zur Sprache bringen: Die Verbandsklagen­richtlinie, die von der Europäischen Union erlassen worden ist, ist ja bei uns gerade in Umsetzung, oder ihre Umsetzung wird gerade vorbereitet. Dabei geht es um das, was mit dem üblichen Begriff Sammelklage bezeichnet wird – VW Abgas-, Dieselskandal, wenn Sie sich daran erinnern. Die Intention wäre, dass man große Firmen quasi auch als kleiner Konsument in die Pflicht nehmen kann und sich einer Sammelklage anschlie­ßen kann, ohne sein ganzes Privatvermögen zu riskieren – eine sehr sinnvolle Geschich­te. Sie können sich vorstellen, dass sowohl auf europäischer Ebene als natürlich auch auf österreichischer Ebene die großen Konzerne das nicht unbedingt goutieren. Ich bin schon gespannt, ob wir wirklich zu einem echten Vorteil für Konsumenten kommen, aber zumindest werden wir es nicht aufgeben, dafür zu kämpfen.

In diesem Rahmen möchte ich schon kurz etwas einbringen, was wir vielleicht in diesem Sinne überlegen sollten, nämlich eine Sammelklage gegen die Pharmafirmen betreffend die Impfstoffe. Das wäre auf europäischer Ebene oder auch in Österreich ein Modell, das man zumindest andenken sollte, denn das, glaube ich, ist klar geworden: Die Impf­stoffe haben nicht gehalten, was sie versprochen haben, weder was die Gesamtwirk­samkeit betrifft – die aktuellen Impfdurchbrüche kennen wir, mehr als die Hälfte der neu­en Fälle sind doppelt Geimpfte – noch was die Dauer des Schutzes, die von den Phar­mafirmen versprochen wurde, betrifft, denn die wird nicht annähernd erreicht. Das heißt, das ist eigentlich eine Mogelpackung im klassischen Sinn.

Das erinnert mich ein bisschen an die Geschichte mit dem VW-Abgasskandal. Da sollte man schon überlegen, ob man nicht Möglichkeiten hat, diese Pharmafirmen, die – das ist kein Geheimnis – mit den Impfstoffen ja auch Milliardengewinne gemacht haben, in die Pflicht zu nehmen, so wie jedes andere Unternehmen. Es geht darum, dass das Produkt das, was man verspricht, de facto dann auch halten muss, und in diesem Fall ist zwischen Anspruch und Realität ein meilenweiter Unterschied. Da spreche ich noch gar nicht von der zweiten Seite der Medaille, nämlich von den Impfschäden. Das ist ja noch einmal ein eigenes Kapitel. Ich würde einmal anfangen, die Wirkung, die verspro­chen wurde, einzuklagen – das hat ja alles viel Geld gekostet –, weil die in der Realität, in der Praxis nicht eingetreten ist.

Daher bin ich froh, wenn im Konsumentenschutz diese Verbandsklagenrichtlinie kommt, und ich bin schon gespannt, wann die ersten Sammelklagen, die die Pharmafirmen und den Impfstoff betreffen, eintrudeln. – Danke vielmals. (Beifall bei der FPÖ.)

9.51


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Fischer. – Bitte sehr.


9.52.03

Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Mi­nister! Sehr geehrte Damen und Herren! Konsumentenschutz geht uns alle an. Das Bud­get ist bescheiden, stimmt – 6,5 Millionen Euro –, aber es wird damit sehr viel gemacht. An dieser Stelle möchte ich gleich einmal ein Dankeschön an die Verbraucherschutzein­richtungen aussprechen: den Verein für Konsumenteninformation, die Arbeiterkammer,


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die sich für die ArbeitnehmerInnen einsetzt, den Verein Schlichtung für Verbraucherge­schäfte, den Internetombudsmann und – nicht zu vergessen – das Sozialministerium, das dabei hilft, dass Fälle im Sinne der Rechtsdurchsetzung entschieden werden. Es ist wichtig, dass wir im Verbraucherschutz auch Musterverfahren durchführen, damit es eine Rechtsfortbildung gibt.

Wir, die wir hier sitzen, sind alle Verbraucherinnen und Verbraucher. Manche von uns sind auch Unternehmer oder Unternehmerinnen. Uns allen muss es wichtig sein, dass jene, die sich ordentlich verhalten, geschützt sind – und dafür braucht es effektiven Kon­sumentenschutz. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auch die Unternehmer und Unternehmerinnen haben etwas davon, wenn die schwarzen Schafe vor den Vorhang geholt werden und die, die sich ordnungsgemäß verhalten, be­lohnt werden. Deswegen braucht es Schwerpunkte, bei denen wir zeigen, dass guter Konsumentenschutz stattfindet. Ich möchte ein Beispiel geben: Letztes Jahr gab es die Reisehotline vom VKI, für Personen, die fliegen wollten und dann nicht fliegen konnten. Dank zweier Sammelklagen haben 17 000 Personen für Flüge, die nicht stattgefunden haben, ihr Geld zurückbekommen. Dafür ein großes Dankeschön an den VKI und seine MitarbeiterInnen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir dürfen eines nicht vergessen: Wenn wir diese Verfahren führen, dann führt das auch zur Marktbereinigung. Es ist ja nicht einfach, guten Konsumentenschutz zu machen. Die Welt wird immer komplexer. Schauen wir uns die Internetabzocke an: Man geht ins Inter­net, möchte irgendein Abo abschließen, denkt sich, das ist eine gute Sache, und be­kommt nie eine Leistung. Ganz wichtig ist da die Information und die Aufklärung. Man muss auch sagen: Die Verbraucherschutzeinrichtungen klagen nicht sofort, sondern zuerst wird informiert, beraten, gibt es einen Faktencheck. So ist das auch bei den Le­bensmitteln: Eine ganz wichtige Geschichte ist zum Beispiel, dass sich der VKI Lebens­mittel, Produkte anschaut und dazu eine Analyse im „Konsument“ veröffentlicht; dort können die Konsumenten und Konsumentinnen dann sehen, welche Produkte sie kau­fen sollen.

Noch einmal: Wir sind alle Konsumenten. Wir essen und wollen wissen, was in den Le­bensmitteln drinnen ist. Wir kaufen uns Schuhe, wir kaufen uns Kleidung, wir wollen wis­sen, wo das herkommt. Wir wollen reisen, und wir wollen nachhaltig reisen. In all diesen Bereichen helfen uns die Verbraucherschutzorganisationen, das gut zu erledigen.

Jetzt noch ein paar Punkte zum Detailbudget: Der VKI bekommt 5 Millionen Euro. Mit diesen 5 Millionen Euro werden pro Jahr 67 000 Beratungen durchgeführt, 70 Prozent davon außergerichtlich.

Wenn es zu gerichtlichen Entscheidungen kommt, dann sind die zu 90 Prozent ein Erfolg. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich finde, alle, die sich für Konsumentenschutz einsetzen, verdienen einen Applaus. Es verdient auch einen Applaus, dass wir uns den europäischen Verbraucherschutz an­schauen. Im Sinne der Evaluierung wird es da einen Blick über den Tellerrand geben, denn es ist wichtig, dass wir nicht nur Österreich, sondern auch Europa denken. Die europäische Verbandsklagenrichtlinie wurde schon angesprochen. Durch sie wird es die Möglichkeit geben, dass wir auf europäischer Ebene besser zusammenarbeiten.

Ich möchte nur ein Beispiel geben: Es hat vor Jahren den PIP-Skandal mit den Brust­implantaten gegeben, und es war sehr mühsam für den Verein für Konsumenteninfor­mation, in Frankreich den Schadenersatz durchzusetzen, aber 70 Frauen konnte da­durch geholfen werden. Wenn wir effektiven Verbraucherschutz haben, dann können wir noch viel mehr Personen helfen. Das heißt, es braucht gut funktionierende Verbands­klagen, gut funktionierenden europäischen Rechtsschutz, in unser aller Interesse, im


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Sinne der Verbraucher und Verbraucherinnen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

9.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fiedler. – Bitte sehr.


9.57.20

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Men­schen! Die Untergliederung 21, der Bereich Soziales, behandelt neben vielen anderen Themenbereichen auch das Thema Menschen mit Behinderungen. Umso erstaunlicher ist es, dass für den NAP Behinderung 2022 bis 2030, der ja noch in Bearbeitung ist, kein Sonderbudget veranschlagt ist. Wenn man bedenkt, dass es bereits einen NAP 2012 bis 2020 gab, könnte man annehmen, dass man aus Erfahrung bereits weiß, dass es dafür viel Geld braucht.

Auf der Suche nach Informationen zum NAP kam mir ein Brief des ehemaligen Gesund­heitsministers unter, in dem von der Einbeziehung behinderter Menschen die Rede ist. Solange man auch im Budget über „Menschen mit besonderen Bedürfnissen“ und „Maß­nahmen für Behinderte“ spricht, hat man ohnehin noch nicht viel verstanden. Besondere Bedürfnisse haben wir alle. Menschen mit Behinderungen brauchen eine barrierefreie, inklusive Gesellschaft, die sie in die Mitte der Gesellschaft holt und Inklusion lebt. Ich möchte heute nochmals darauf hinweisen, dass diese Formulierungen keinesfalls aus meiner Feder stammen, sondern sich im Budget wiederfinden und dringend überarbeitet werden müssen. Im nächsten Budget erwarte ich mir ein durchwegs angemessenes Wording.

Um aber nochmals auf den NAP Behinderung zu sprechen zu kommen: Herr Minister, Sie haben mir in der Beantwortung der schriftlichen Anfrage erklärt, dass kein Sonder­budget im Sozialministerium vorgesehen ist, weil jedes Ressort die eigenen Maßnahmen im Rahmen des Ressortbudgets zu finanzieren habe und daher davon auszugehen sei, dass die Ressorts für die im NAP vorgesehenen Maßnahmen entsprechende budgetäre Vorkehrungen getroffen haben werden.

Die acht Kapitel, die sich im neuen NAP wiederfinden werden, sind Behindertenpolitik, Diskriminierungsschutz, Barrierefreiheit, Bildung, Beschäftigung, selbstbestimmtes Le­ben, Gesundheit und Rehabilitation, Bewusstseinsbildung und Information. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann liegt die Zuständigkeit für Behindertenpolitik und das selbstbestimmte Leben ganz klar im Sozialministerium. Ich würde also auch Bewusst­seinsbildung und Information in Ihrem Ministerium ansiedeln. Ich frage Sie daher: Wo findet sich dieses Budget? (Beifall bei den NEOS.)

In einer weiteren Anfragebeantwortung schreiben Sie, dass die hohen Einigungsraten bei Schlichtungsverfahren nach dem Behindertengleichstellungsgesetz, die Barrieren betreffen, die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen im Alltag und im Beruf unter­stützen. Die Einigungsquote der Gesamtzahl der Schlichtungen im Zeitraum 2006 bis 2021, die Barrieren betroffen haben, betrug rund 60 Prozent.

Sind Sie sich der Tatsache bewusst, dass diese Einigungen oft finanzieller Natur sind, die beanstandeten Barrieren aber nicht beseitigt werden?

Ich bin nach wie vor der Meinung, dass eine inklusive Gesellschaft der Grundstein für ein gelingendes Leben ist und unsere Kinder enorm davon profitieren, wenn sie von klein auf mit der Diversität in unserer Gesellschaft konfrontiert sind. So machen wir sie zu umsichtigen und weltoffenen Menschen, die Inklusion leben. Dafür braucht es den Mut,


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das Bildungssystem umzustellen und in die Zukunft unserer Gesellschaft zu investieren. Diese Investitionen braucht es aber in allen Ressorts.

Ich sehe es als große Lücke, dass gerade im Sozialministerium kein Sonderbudget für Menschen mit Behinderung vorgesehen ist, gerade auch, was das Thema Lohn statt Taschengeld betrifft. Da haben wir ebenso dringenden Handlungsbedarf, weil in den Werkstätten Menschen arbeiten, die eine sozialversicherungsrechtliche Absicherung verdient haben. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es zeigt einmal mehr, dass Inklusion noch nicht in der Regierung angekommen ist. Ich sage es noch einmal klar und deutlich: Inklusion hat nichts mit karitativ zu tun, Inklusion ist ein Menschenrecht. – Danke. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Grebien. – Bitte.


10.01.32

Abgeordnete Heike Grebien (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte KollegInnen! Werte ZuseherInnen hier auf der Galerie und auch zu Hause! Ob mit oder ohne Behinderung: Zu arbeiten bedeutet mehr, als eine Beschäf­tigung zu haben. Wir haben gerade vorhin von der Kollegin von der ÖVP gehört, das ist auch eine soziale Maßnahme. Ein Job sorgt für eine Tagesstruktur. Er gibt einem die Möglichkeit, seinen Beitrag zu leisten, fördert den eigenen Selbstwert. Job bedeutet in unserer Gesellschaft also, an der Gesellschaft teilzuhaben. Eine passende Anstellung zu finden ist dennoch oft eine Herausforderung, denn am Arbeitsmarkt sind Menschen mit Behinderung mit Vorbehalten konfrontiert.

Barrieren in den Köpfen und Unsicherheiten in Bezug auf Anstellung von Menschen mit Behinderungen zeigen sich bei Fragen beziehungsweise Aussagen von UnternehmerIn­nen: Habe ich überhaupt die passende Ausstattung am Arbeitsplatz? Muss ich mit mehr Pausen rechnen, wenn ich Menschen mit Behinderungen einstelle? Kann ich Menschen mit Behinderungen eigentlich kündigen? Welche Förderangebote gibt es? Und wen kann ich kontaktieren, der mir dabei hilft, wenn ich überfordert bin? – Diese Barrieren in den Köpfen, aber auch der Mangel an Information über Anstellung und Rechte führen dazu, dass nur etwa 22 Prozent der Unternehmen mit mehr als 25 Beschäftigten die gesetzlich vorgeschriebene Pflicht erfüllen. Das heißt im Umkehrschluss: 78 Prozent der Unterneh­mer zahlen anstatt dessen eine Ausgleichstaxe.

Weil wir wissen, dass es Menschen mit Behinderungen im Vergleich zu Menschen ohne Behinderungen am Arbeitsmarkt schwer haben beziehungsweise weniger häufig wieder ihre Arbeit aufnehmen konnten als Menschen ohne Behinderungen, hat Sozialminister Mückstein das natürlich fürs Budget 2022 berücksichtigt.

Ich möchte nur auch sagen: Langfristig gibt es auch eine Strategie, die ebenfalls Bun­desminister Mückstein festgesetzt hat, nämlich dass angestrebt wird, dass rund zwei Drittel der begünstigten Behinderten bis 2030 am Arbeitsmarkt Beschäftigung finden.

Jetzt aber zum Budget 2022: Hierbei werden unter anderem der Betriebsservice und das Keyaccountmanagement ausgebaut. Warum? Was ist das Keyaccountmanagement? Was ist das Betriebsservice? Worum geht es da? – Zentrale Zielsetzung dieses Key­accountmanagements und des Betriebsservices ist der langfristige und nachhaltige Auf­bau von Partnerschaften sowie die Pflege der bereits bestehenden Kontakte. Das heißt, ja, es ist Networking, Lobbying. Sie haben 2020 in allen neun Bundesländern eigentlich einen One-Stop-Shop, eine Anlaufstelle für Unternehmen zu allen Fragen, aber auch problematischen Situationen im Arbeitsleben.

Das Angebot ist so gut angenommen worden, dass ich Ihnen ehrlich sagen muss, das hat mich selbst überrascht. Wir sind in einer Pandemie, wir haben auch eine Arbeits­marktkrise gehabt, vieles wurde aufgeholt, und es zeigt sich bei den Unternehmen, dass


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sie Menschen mit Behinderungen anstellen wollen und das Angebot annehmen. Das heißt, das wird ausgebaut, und das ist ein ganz, ganz toller Schritt.

Natürlich ist das noch nicht alles. Das Sozialministerium, wie Sie schon richtig gesagt haben, hat extrem viele Bereiche, Menschen mit Behinderungen sind eine riesige, hete­rogene Gruppe. Es sind zum Beispiel auch Frauen mit Behinderungen bei der Inklusions­förderung plus, also bei Individualförderungen, berücksichtigt und das diesbezügliche Budget wird erhöht. Auch Jugendliche mit Behinderungen sind ein Riesenthema – Ju­gendliche insgesamt in Österreich, aber da gerade noch einmal Jugendliche mit Behin­derungen. Da wird vor allem ein bedarfsgerechter Ausbau von Jugendcoaching vorge­nommen und es werden die Angebote des Programms Ausbildungsfit erhöht.

Ich könnte jetzt noch ganz viele kleine Posten aufzählen, die erhöht werden und die im Budget 2022 berücksichtigt wurden, um Menschen mit Behinderung in ihrer gesamten Lebensspanne einen guten Einstieg in den Arbeitsmarkt und auch Unterstützungen zu geben.

Etwas Wichtiges möchte ich noch zum Keyaccountmanagement sagen, weil man sich das sonst vielleicht zu abstrakt vorstellt: Die sind wiederum total stark mit dem AMS, mit den Neba-Maßnahmen vernetzt. Das wird immer stärker ausgebaut – wie gesagt, 2020 pilotiert –, und ich freue mich über diesen Erfolg und danke daher dem Herrn Minister – und Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.05


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Mück­stein. – Bitte sehr.


10.06.00

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Dr. Wolfgang Mückstein: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Ich möchte Ihnen heute kurz einige Punkte aus dem Budget meines Ressorts für 2022 vorstellen. Ich freue mich, dass im kommenden Jahr in vielen Bereichen Verbesserungen möglich sind. In den kommenden Minuten werde ich Ihnen exemplarisch einige wichtige Projekte erläutern.

Vorab möchte ich mich noch einmal für die konstruktiven Gespräche im Ausschuss von letzter Woche bedanken.

Lassen Sie mich mit der Pflege beginnen: Da wird es maßgebliche Schritte geben. Nächstes Jahr wird es zusätzlich 50 Millionen Euro geben, um den Pflegeberuf attrakti­ver zu machen. So sollen etwa Praktika während der Ausbildung bezahlt werden.

Des Weiteren startet das zukunftsweisende Projekt Communitynursing. Damit werden nächstes Jahr erstmals in Österreich 150 Communitynurses aktiv. Das ist mir ein beson­deres Anliegen, ein neuer Bereich, um Angehörige, aber auch Menschen zu Hause zu unterstützen, zu koordinieren. Das wird von der EU unterstützt. Zusätzlich treiben wir aber auch den Ausbau der Hospiz- und Palliativpflege mit den Ländern und der Sozial­versicherung massiv voran.

Aber auch im Sozialbereich treffen wir wichtige Maßnahmen. Wir investieren in die Be­kämpfung der sozialen Folgen der Pandemie. Zuerst das Thema Delogierungspräven­tion und Wohnungssicherung: Das wird zukünftig in ganz Österreich umgesetzt, und so wird erreicht, dass Tausende von einer Delogierung bedrohte MieterInnen eine neue Wohnperspektive erhalten. Damit ergänzt der Bund regional sehr unterschiedlich ausge­baute Strukturen zur Verhinderung von Obdachlosigkeit. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Zudem setzen wir Maßnahmen für die psychosoziale Gesundheit von Kindern und Ju­gendlichen. Die Bundesregierung investiert bis Ende 2022 zusätzlich 13 Millionen Euro in ein niederschwelliges Beratungs- und Behandlungsprogramm zur Abfederung der kri­senbedingten Auswirkungen von Covid-19. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

Mein Ressort unterstützt weiters die berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderun­gen. So werden etwa die Arbeitsassistenz aufgrund der sehr guten Nachfrage sowie Beratungsprojekte und Individualförderungen ausgebaut. 2022 ist ja insgesamt eine Steigerung von rund 10 Prozent auf 315 Millionen Euro vorgesehen. (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ein weiterer Schwerpunkt meines Ressorts liegt in der Prävention männerspezifischer Gewalt. So bauen wir etwa Männerberatungen aus und unterstützen die gewaltpräven­tiven Buben- und Burschenworkshops.

Des Weiteren möchte ich auch noch etwas zu den Pensionen sagen. Auch im kommen­den Jahr werden die niedrigen Pensionen über dem Inflationswert erhöht. Es gibt da eine Erhöhung um 3 Prozent. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Damit setzt die Bundesregierung auch im kommenden Jahr den Kurs der Stärkung und Entlastung kleinerer Einkommen fort.

Wichtige Aufgaben erwarten uns aber auch im Bereich der KonsumentInnenpolitik. Für das Jahr 2022 ist die langfristige zielgerichtete Finanzierung des Vereins für Konsumen­teninformation mit 5 Millionen Euro von besonderer Bedeutung.

Darüber hinaus legen wir ein besonderes Augenmerk auf die Digitalisierung, was sich vor allem in der Finanzierung des Österreichischen Instituts für angewandte Telekommu­nikation ausdrückt.

Zentral im Budget ist auch die VerbraucherInnenbildung, hier im Besonderen die Finanz­bildung. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

10.10


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kucher. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter. (Ruf bei der ÖVP: ... wieder ein Blödsinn!)


10.10.57

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kolle­gen! Ich weiß nicht, ob Sie sich noch erinnern, aber ich habe mich, weil wir jetzt über die Pflege diskutieren, gerade ein bisschen zurückerinnert: Die Zeit vor Weihnachten oder rund um den Jahreswechsel war immer eine Zeit, in der Sebastian Kurz stets ein biss­chen in sich gekehrt war, ein bisschen nachdenklich geworden ist, ob seine Politik in der Form die richtige ist, ob er nicht zu viel für seine Großspender und die Konzerne macht und ob er nicht ein bisschen zu viel auf die breite Masse der Bevölkerung vergisst. Er ist vor Weihnachten immer gern bei Licht ins Dunkel aufgetreten und hat vor der Kamera das Spendentelefon abgehoben.

Er hat einmal beschlossen, gemeinsam mit Beate Hartinger-Klein vor einer wunderbaren Kulisse mit rot-weiß-roten Fahnen kurz vor Weihnachten eine Pressekonferenz abzuhal­ten, bei der er gesagt hat, im Bereich der Pflege müsse etwas weitergehen. Damit das Ganze gut klingt, weil es nicht glaubwürdig gewesen wäre, wenn man das Ganze Ar­beitsgruppe genannt hätte, hat man gesagt, das sei der Masterplan Pflege. Das war Weihnachten 2018, als Sebastian Kurz das Jahr 2019 zum Jahr der Pflege ausgerufen und gesagt hat, 2019 werde er das alles lösen.

Im Jahr 2020, im letzten Frühjahr, hat er seinen Neujahrsvorsatz verkündet. Er hat sich wieder groß in einem Pflegeheim inszeniert – er hat alle mitgenommen, ausgenommen


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Frau Hartinger-Klein, aber Herr Anschober und Herr Kogler sind mit dabei gewesen –, und damit auch die Bilder passen, wurden die älteren Menschen im Sesselkreis platziert, um so für Herrn Kurz eine wunderbare Kulisse abzugeben, vor der er wieder demons­trieren konnte, wie gut er mit Menschen reden kann. Es gibt Videos im Internet, aber dass es besser ist, wenn er die persönlichen Gespräche sein lässt, wissen wir alle nur zu gut. Das Schlimme ist, er hat damals gewusst, über Arbeitsgruppen zu reden, zu behaupten, zu versprechen, eine Pflegereform zu machen, das kommt nicht gut an, das wird ihm niemand glauben, also hat er nicht vom Masterplan Pflege, sondern gemeinsam mit Rudi Anschober von einer Taskforce gesprochen. Was ist dann 2020 passiert? – Gar nichts. Es hat viele, viele Versprechungen, Ankündigungen für den Bereich Pflege gege­ben – und passiert ist leider gar nichts!

Jetzt haben wir Minister Mückstein, der wieder ankündigt, aber für sein Budget für das kommende Jahr leider wieder nichts erreicht hat. Er hat ein bisschen etwas im Bereich der Communitynurses gemacht, was wichtig ist, aber weitergebracht hat er gar nichts. Versprochen hat er viel, er hat sich aber bei der ÖVP wieder nicht durchsetzen können. Die große Sorge, die ich jetzt habe: dass es im Frühjahr 2022 den nächsten Sesselkreis in einem Pflegeheim geben wird – Mückstein, Kogler, Hartinger-Klein wahrscheinlich nicht, Kurz wahrscheinlich auch nicht, keine Ahnung, wer mit dabei sein wird – und dass man das Jahr 2022 zum Jahr der Pflege ausrufen wird.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wer jetzt in dieser Situation nicht hilft, der hat auch gar nicht vor zu helfen! (Beifall bei der SPÖ.) Wer jetzt nicht hilft, der hat gar nicht vor zu helfen. Hunderttausende Menschen in Österreich sind betroffen, und die Angehörigen, die Men­schen, die Pflege brauchen, haben es sich verdient, noch dazu mitten in dieser Gesund­heitskrise, dass die Politik den Worten auch endlich Taten folgen lässt!

Wir erleben heute, dass in diesem Bereich gar nichts weitergeht. Ich kann Ihnen Zu­schriften geben, ich habe sie Ihnen vorgelesen, Herr Gesundheitsminister. Es gibt Leute in Pflegeheimen, die am Ende sind, die nicht mehr können, und das Einzige, das heute gemacht wird, sind Versprechen, Versprechen, Versprechen – und es passiert gar nichts! Wenn mitten in dieser Gesundheitskrise, nach all den großen Versprechungen, nach all dem Applaus für die Pflegekräfte und den Versprechen, sie zu unterstützen, heute nichts weitergeht, dann weiß ich nicht mehr, was das Wort dieser grün-schwarzen Bundesre­gierung noch wert sein soll. Deswegen: Strengt euch an, unterstützt heute unseren Vor­schlag für eine Pflegeoffensive in Österreich! Die Worte hören wir alle miteinander seit Jahren, tut endlich etwas! Wir haben es gemeinsam in der Hand, endlich aktiv zu wer­den. (Beifall bei der SPÖ.)

10.14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ragger. – Bitte.


10.14.58

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­te Damen und Herren des Hauses! Geschätzter Herr Minister! Ich möchte jetzt nahtlos an das Thema Pflege, das schon Kollege Kucher angesprochen hat, anschließen, weil es mir ein wirkliches Bedürfnis ist (Bundesminister Mückstein ist im Begriff, den Saal zu verlassen) – und es wäre auch für Sie wichtig, jetzt nicht hinauszugehen, sondern hierzu­bleiben, Herr Minister, um etwas darüber zu lernen, wie man Pflege entwickeln kann.

Wir haben in Kärnten in einem Zeitraum von mehreren Jahren vorgezeigt, wie man die Pflege verändern und sie auch weiterentwickeln kann. Wir sind auf ein Pflegesystem gestoßen – Kollege Kucher sagt zwar, ihr alle seid schuld, die ÖVP, die Grünen, ihr alle habt nichts zustande gebracht, Frau Hartinger-Klein hat auch nichts dazu beigetragen (Zwischenruf des Abg. Kucher) –, das seit 40 Jahren in den meisten Bundesländern von


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der SPÖ verfolgt wird. Es ist meist so, dass die SPÖ das Gesundheitssystem führt und es über Jahre hinweg – aufgrund Ihrer Entwicklung – gelähmt hat, und wir haben heute die Aufgabe, das in einem Kraftakt gemeinsam umzusetzen, und zwar in drei Punkten, und ich kann Ihnen zu jedem einzelnen ein Beispiel nennen.

Das Erste ist die Finanzierung. Wir haben heute in Österreich zwar einen Föderalismus mit neun Bundesländern und einem Bund, aber wir schaffen es nicht, eine einheitliche Finanzierungsagentur für ein Pflegeheim aufzustellen. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Tirol hat 74 verschiedene Pflegeströme, damit zum Schluss das Geld bei einem Pflegebett ankommt. Kärnten hat 54 Pflegeströme. Das heißt, ich frage Sie: Wie lange muss man Geld im Kreis herumschicken, damit Angehörige endlich versorgt werden können? – Das ist der erste Punkt.

Wir haben nichts unternommen, um der Pflege vorgelagerte Institutionen zu schaffen. Wir haben heute zwar mobile Dienste und wir haben auch Pflegebetten und Pflegehei­me, aber was haben Sie unternommen, um diesen extramuralen Bereich zu stärken? – Nichts! Im Gegenteil, man hat die finanzielle Unterstützung abgeschafft und man hat den Leuten gesagt, sie müssen in Pflegeheime gehen, anstatt sie vor Ort und zu Hause zu versorgen.

Schauen Sie sich Holland an! Holland hat vor 15 Jahren begonnen, die Nachbarschafts­hilfe, das Buurtzorg-Modell, zu kreieren, und heute werden 50 Prozent aller Angehörigen von professionellen Pflegekräften zu Hause versorgt. 24 Stunden sieben Tage in der Woche zwei professionelle diplomierte Pflegekräfte, die sich ausschließlich um den An­gehörigen kümmern – das ist keine neue Erfindung in Österreich. Man muss nicht immer das Rad neu erfinden, sondern man muss ausschließlich schauen, was Sozialsysteme auch in anderen Ländern Gutes zuwege bringen. Das heißt, auch diese Ansätze sind in dem neuen Pflegemodell zu berücksichtigen.

Der dritte Punkt, und das ist das Wesentlichste, ist: Hören Sie auf, sich gegen die Pfle­gelehre zu sträuben! Sie wissen heute, dass Sie in der Ausbildung nicht nachkommen werden. Sie können ausbilden, so viel Sie wollen, aber es werden uns am Ende des Tages, 2030, zwischen 75 000 und 100 000 Pflegekräfte fehlen. Wo wollen Sie die her­nehmen? Wo sollen die versorgt werden? Wer kann sie noch versorgen?

Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Letzte Woche kam die Pflegedienstleitung eines steiri­schen Unternehmens zu mir. Er ist angeklagt worden, weil er gegenüber seinen diplo­mierten Pflegeschwestern die Aufsicht verletzt hat. Es gibt in sieben Pflegehäusern eine Auslastung von 65 Prozent – nicht bei den Personen, die dort gepflegt werden, sondern 65 Prozent Auslastung bei den diplomierten Schwestern und Pflegern, die dort arbeiten. Das heißt, Sie haben es nicht mit einem Pflegenotstand, Sie haben es mit einem Pfle­gebankrott zu tun, weil die Leute nicht mehr in Pflegeheimen arbeiten wollen, weil sie Angst davor haben; nicht nur wegen Corona, sondern auch, weil sie es leid sind, ständig unter dem Druck, bei dem enormen Zeitaufwand und der schlechten Bezahlung in Pfle­geheimen zu arbeiten.

Es ist jetzt an der Zeit und an der Stunde, endlich dieses Modell zur Umsetzung zu bringen. Hören wir auf zu reden, das ist echt läppisch und echt verantwortungslos gegen­über den zu Pflegenden und den PflegerInnen, dass wir da nicht agieren! (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Fischer.)

Setzen Sie daher ein Pflegemodell um! Wir bringen einen Entschließungsantrag ein, nämlich betreffend das Kärntner Pflegemodell, dem Sie vielleicht zustimmen können:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Pflege­modell Kärnten als Vorbild für Österreich“


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Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, die folgende gesetzliche Regelungen umfasst:

- Die Einführung eines Pflegeschecks

- Eine soziale Absicherung für pflegende Angehörige

- Eine steuerliche Entlastung von Pflegeberufen

- Die Etablierung neuer Ausbildungsmodelle (Pflege-Lehre nach Schweizer Vorbild)“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

10.20

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

betreffend Pflegemodell Kärnten als Vorbild für Österreich

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 4) Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) (UG 21 Soziales und Konsumentenschutz) in der 129. Sitzung des National­rats am 17. November 2021

Der Landesparteitag der FPÖ Kärnten hat am 25. September 2021 einen Beschluss zum „Kärntner Pflegemodell“ beschlossen:

Kärntner Pflegemodell

Um die auf uns zukommenden Herausforderungen im Bereich der Pflege lösen zu kön­nen, braucht es einen klaren Systemwechsel. Die Devise muss lauten: Daheim statt sta­tionär!

Die Ausgaben des Landes für rund 7.000 Kärntner, die stationär gepflegt werden, stei­gen stetig an und sind wesentlich höher als die Kosten für etwa 25.000 Pflegegeld-Be­zieher, die zuhause versorgt werden. Neben den Kosten, steigt auch die Zahl der pflege­bedürftigen Personen und damit der Bedarf an Pflegekräften. Experten gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2030 in Österreich mehr als 75.000 Pflegekräfte zusätzlich benö­tigt werden.

Diese Entwicklung wird mit dem herkömmlichen Pflegemodell weder personell noch finanziell zu bewältigen sein. Um einerseits also die Kosten erheblich zu senken und andererseits die benötigten Pflegekräfte aufbringen zu können, muss die „Ressource Familie“ stärker genutzt werden. Pflegebedürftige Menschen (mindestens von Pflege­stufe 1 bis 3) sollten zuhause gepflegt werden, solange es möglich ist.

Die Pflege zu Hause muss einerseits zur Entlastung des stationären Bereichs und zum Verbleib in den eigenen vier Wänden forciert werden, um andererseits gleichzeitig Kos­ten und Ressourcen zu schonen. Es muss für die Kärntner Bevölkerung wieder eine verlässliche Versorgungs- und Finanzierungssicherheit im Bereich der Pflege geben.


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Dazu braucht es eine angemessene finanzielle Unterstützung sowie sozialrechtliche Ab­sicherung für diejenigen im Umkreis der Familie, die diese Aufgabe übernehmen.

Mit einem monatlichen „Pflegescheck“ für die pflegenden Angehörigen, soll die Pflege zuhause für jeden leistbar gemacht werden. Er kann dabei helfen, die Pflege an sich bzw. den Pflegebedarf zu finanzieren, während er den pflegenden Angehörigen gleich­zeitig die Möglichkeit gibt, sich selbst zu versichern.

Die Pflege muss also derart gestaltet sein, dass sie auf den demographischen Wandel – vor allem auch in den ländlichen Regionen – reagiert, echte Wahlmöglichkeiten bietet und zudem günstig und hochwertig den Pflegenden und ihren Angehörigen zur Verfü­gung steht. Es muss auf die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der zu pflegenden Per­son wertgelegt werden. Pflege- und Assistenzbedürftige sind in jeder Lage durch Re­spekt, Achtung und liebevollen Umgang in ihrer Selbstbestimmung und Würde zu unter­stützen.

Folgende Punkte soll das Kärntner Pflegemodell beinhalten:

-     Pflegescheck

-     Soziale Absicherung für pflegende Angehörige

-     Steuerliche Entlastung von Pflegeberufen

-     Neue Ausbildungsmodelle (Pflege-Lehre nach Schweizer Vorbild)

Die FPÖ fordert die Umsetzung des Kärntner Pflegemodells mit den in der Begründung angeführten Eckpunkten und der Schwerpunktsetzung auf die Pflege zuhause und der Entlastung des stationären Bereichs. Dieses „Kärntner Pflegemodell“ soll bundesweit umgesetzt werden und ein weiteres Modul im Rahmen der österreichischen Pflegere­form darstellen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, die folgende gesetzliche Regelungen umfasst:

-     Die Einführung eines Pflegeschecks

-     Eine soziale Absicherung für pflegende Angehörige

-     Eine steuerliche Entlastung von Pflegeberufen

-     Die Etablierung neuer Ausbildungsmodelle (Pflege-Lehre nach Schweizer Vorbild)“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Werner. – Bitte sehr.


10.20.28

Abgeordnete MMag. Katharina Werner, Bakk. (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich darf heute das erste Mal zu Ihnen sprechen und erlaube mir, mich Ihnen kurz vorzustellen: Wie viele von Ihnen wissen, darf ich Felix Eypeltauer nachfolgen. Ich kom­me aus Oberösterreich, dort wuchs ich in einer kleinen Gemeinde auf. Leider ist Herr


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Wöginger nicht da, ich muss ihn nämlich enttäuschen: Nicht alle Kinder gehen nach Wien und kommen dann als Grüne zurück, manche werden pink. (Beifall bei den NEOS. – Ruf bei der ÖVP: Macht’s nicht besser!)

Das von Ralf Dahrendorf und in den Bildungswissenschaften ab den 1960ern zitierte katholische Arbeitermädchen vom Land – Sie sehen es vor Ihnen. Weder meine Mutter noch mein Vater haben studiert, sie arbeiteten beide und zogen vier Kinder groß. (Zwi­schenruf des Abg. Michael Hammer.) Meine Eltern vermittelten ihren Kindern jedoch, dass Bildung der Schlüssel für ein gelingendes Leben ist. So schafften sie es der Statistik zum Trotz, alle ihre Kinder zu AkademikerInnen auszubilden. Diese Bildungsaffinität und auch das Bewusstsein, dass wir hier in Österreich viel besser sein könnten, ließen mich 2017 bei NEOS andocken. Seit 2018 durfte ich zudem als Quereinsteigerin an einer Schule mit besonderen Herausforderungen unterrichten.

Was hat das alles mit Konsumentenschutz, meinem Thema, über das ich dann sprechen werde, zu tun? – Zum einen durfte ich das Fach Ernährung und Haushalt unterrichten, ein Fach, das wirklich viel Platz für verwandte Themen bietet. Mein zweites Unterrichts­fach ist Deutsch. Konsumentenschutz beginnt meiner Meinung nach dort. Er beginnt damit, sich der Tatsache zu stellen, dass jeder fünfte Jugendliche, der neun Jahre in Österreich in die Schule gegangen ist, nicht sinnerfassend lesen kann – und das in ei­nem der reichsten Länder der Welt. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

Im Hinblick auf das Budget ist der Konsumentenschutz also ein Thema, das wir nicht unter den Tisch fallen lassen dürfen. Die Kollegin hat es vorhin schon gesagt: 5 Millionen Euro für den VKI. Der VKI leistet sehr, sehr wertvolle Arbeit. Die Finanzierung ist im vorliegenden Gesetz zwar kurzfristig für ein weiteres Jahr gesichert, wichtig wäre aller­dings, die langfristige Finanzierung des VKI sicherzustellen und auch die Strukturreform endlich anzugehen, wie Sie, liebe ÖVP und liebe Grüne, es in Ihrem Regierungspro­gramm versprochen haben.

Die langfristige Absicherung des VKI ist ein Vorhaben, hinter dem, glaube ich, alle im Parlament vertretenen Parteien stehen. Verehrte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich darauf, diesen Reformprozess mit Ihnen anzustoßen, zu beglei­ten und voranzutreiben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordne­ten von ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen.)

10.23


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das war die erste Rede, herzliche Gratulation dazu.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Nussbaum. – Bitte sehr.


10.23.51

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Vorigen Mittwoch hat es eine große De­monstration in ganz Österreich gegeben, bei der Gesundheits- und Pflegepersonal unter dem Motto: Es ist bereits fünf nach zwölf!, auf die Missstände bei den Arbeitsbedingun­gen im Gesundheits- und Pflegebereich aufmerksam gemacht hat. Die Belastung im Gesundheits- und Pflegebereich ist extrem hoch und viele Pflegekräfte stehen vor dem Zusammenbruch.

Wir befinden uns jetzt knapp zwei Jahre in der größten Gesundheitskrise, und ich denke, es müsste bis jetzt jedem klar geworden sein, was Personen in den Spitälern, aber vor allem auch in der Pflege und in den Pflegeheimen leisten. Wir werden immer älter, das wissen wir. Pflegereformen – das hat mein Kollege Kucher schon genauer ausformu­liert – wurden immer wieder groß angekündigt – Taskforce und so weiter –, aber es pas­siert nichts. Herr Bundesminister, durch Nichtstun kann man durch diese Situation nicht mehr durchtauchen. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 324

Man könnte fast sagen, es ist schon Gefahr in Verzug, es muss jetzt gehandelt werden. Umso perplexer macht es mich, dass man im Budget absolut nichts dazu findet, wie die Pflegereform budgetär umgesetzt werden soll. Warum gibt es da keine finanziellen Mit­tel? Was muss denn noch alles passieren, damit da endlich der Startschuss fällt und gehandelt wird? (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wissen, dass wir in Zukunft viel, viel mehr Pflegekräfte brauchen, und da geht es nicht nur darum, neue auszubilden; wir wissen, dass in der Zwischenzeit extrem viele – und das ist ein gewaltiger Prozentsatz – der Pflege und der Pflegeausbildung den Rü­cken gekehrt haben, weil sie sagen: Ich halte das nicht aus, ich kann nicht dauernd für Kollegen und Kolleginnen einspringen, Mehr- und Überstunden machen! 12-Stunden-Tage sind in der Zwischenzeit sowieso die Regel. Also da muss sehr schnell etwas pas­sieren, damit wir diese Personen wieder zurück in die Pflege bringen.

Wir als SPÖ sagen – ich habe das schon mehrmals gesagt und ich werde nicht müde, das zu fordern –, wir brauchen ein einheitliches Pflegesystem in ganz Österreich. Kolle­gin Scheucher-Pichler hat es angesprochen: Wir bräuchten – das wäre wichtig – einen Pflegefonds, in dem alle Mittel, sowohl der Länder als auch des Bundes, zusammenflie­ßen. Wir müssen die Pflegeberufe attraktiver machen. Es geht natürlich auch um eine Ausbildungsoffensive, dass Auszubildende so wie auch Polizeischüler und -schülerinnen entlohnt werden. Wir brauchen mehr Personal und wir brauchen attraktivere Arbeitszeit­modelle: 4-Tage-Woche, 35-Stunden-Woche, mehr Urlaub, sprich sechste Urlaubswo­che für alle – das alles sind Möglichkeiten, um die Belastung zu reduzieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Pflegeoffensive jetzt!“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sofort eine Pflegeoffensive zu starten und dem Nationalrat unverzüglich Regierungsvorlagen zu übermitteln, mit der

- ein Pflegegarantiefonds für kostenfreie Pflegeleistungen geschaffen

- eine zusätzliche Pflegemilliarde aus Budgetmittel zur Verfügung gestellt

- eine Ausbildungsoffensive sofort gestartet und

- die Verbesserung der Arbeitssituation für Pflegeberufe rasch umgesetzt wird.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.27

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kucher, Muchitsch,

Genossinnen und Genossen

betreffend Pflegeoffensive jetzt!


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 325

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Budgetausschusses über die Regie­rungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) – UG 21 Soziales

Die größte Gesundheitskrise seit über 100 Jahren hat unser Land überrollt, Pflegeberufe sind gefragt und gebraucht wie noch nie, die Pflegebedürftigkeit der Bevölkerung nimmt vor allem durch die Demographie enorm zu.

Die Sicherstellung einer menschenwürdigen und hochwertigen Pflege nach dem Stand der Pflegewissenschaft und Medizin sowie die Unterstützung von pflegebedürftigen Menschen und deren Angehörigen müssen in Österreich höchste Priorität haben. Nach der Bevölkerungsprognose wird der Anteil der über 80-Jährigen bis zum Jahr 2030 von derzeit 5% auf 6,8% angestiegen sein. Bedingt durch diese Verschiebung der Alters­struktur in der Bevölkerung sagen sämtliche Studien und Prognosen für die nächsten Jahre einen steigenden Bedarf an Pflegepersonen voraus.

Wann wird die dringend erforderliche Pflegereform endlich angegangen?

Diese Regierung schafft es einfach nicht, Lösungen für dieses drängende Problem auf den Weg zu bringen. Auch das Budget 2022 bringt keine finanziellen Ansätze dafür.

Die drängendsten und wichtigsten Punkte – einheitliches Pflegesystem, garantierte Fi­nanzierung der Pflegeleistungen und Ausbildungsoffensive – wurden bisher nicht ange­gangen:

Es braucht anstelle von neun unterschiedlichen Systemen bundesweite Festlegungen: welche Leistungen, welche Angebote sollen in welcher Qualität und Quantität zu wel­chen Kosten verfügbar sein. Damit kann man Transparenz und Vergleichbarkeit für alle sicherstellen.

Pflege qualitativ ausbauen und die Qualität sicherstellen kann nur durch eine gesamt­heitliche Steuerung der Pflege geschehen, die Rücksicht auf regionale Gegebenheiten nimmt und Mindestkriterien festlegt sowie unabhängig kontrolliert.

Die Finanzierung aus einem Topf ist ein wichtiger Baustein dazu. Derzeit besteht der Pflegefonds als Provisorium und dient als Ausgleichfonds für die Sozialhilfeträger. Die­ser Fonds muss umgestaltet und dauerhaft finanziert werden.

Durch Schaffung eines Pflegegarantiefonds sollen die Mitteln der Länder und des Bun­des zusammengeführt und um rund eine Milliarde (Pflegemilliarde) erhöht werden, damit die benötigten Pflegeleistungen den Pflegebedürftigen kostenlos zur Verfügung gestellt werden können.

Im Pflegebereich rechnet man bis 2030 mit einem Bedarf von zusätzlichen 100.000 Pfle­ge- und Betreuungskräften. Bis zum Jahr 2050 ist in Österreich mit einem Anstieg pflege­bedürftiger Menschen von derzeit 450.000 auf 750.000 Menschen zu rechnen.

Das derzeit beschäftigte Pflegepersonal ist bereits physisch und psychisch extrem belas­tet. Mehrere hundert Stellen können gar nicht besetzt werden. Der Mitarbeitermangel trifft auch Pflegeeinrichtungen im ganzen Land. Immer mehr Pflegehäuser und Einrich­tungen haben mit Personalnot zu kämpfen, sodass es zwar die Betten, nicht aber die dafür nötigen Pflegekräfte gibt. Mit den im Budget vorgesehenen Mitteln, wird das nicht zu bewältigen sein.

Dieser Zustand ist unhaltbar!

Es braucht daher sofort eine Ausbildungsoffensive, mit der z.B. Personen, die eine Pfle­geausbildung machen, eine Entlohnung (ähnlich den Polizeischülern) angeboten wird, mit der auch die Fachhochschulbeiträge erlassen, das Fachkräftestipendium für die ter­tiäre Ausbildung des gehobenen Dienstes geöffnet und weitere Anreize geboten werden (z.B. ein fixer Arbeitsplatz nach der Ausbildung).


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 326

Um einen Beruf mit Zukunftschancen zu ergreifen, ist es auch wichtig, dass die Arbeits­bedingungen ansprechend sind. Gerade die letzten Monate der Gesundheitskrise haben uns gezeigt, dass Pflegeberufe oft unter dramatischen Bedingungen ihre Arbeit erbrin­gen müssen. Es braucht daher einen Personalbedarfsschlüssel und mehr finanzielle Mittel, um ausreichend Personal beschäftigen zu können.

Es bedarf aber auch attraktiver Arbeitsplätze durch bessere Arbeitsbedingungen: faire Bezahlung und langfristig lebbare Arbeitszeitmodelle: z.B. Bonus für schlechte Arbeits­zeit-Lage oder 6. Urlaubswoche ab dem 40. Lebensjahr Damit kann auch die Drop-Out-Rate erheblich reduziert werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sofort eine Pflegeoffensive zu starten und dem Nationalrat unverzüglich Regierungsvorlagen zu übermitteln, mit der

•     ein Pflegegarantiefonds für kostenfreie Pflegeleistungen geschaffen

•     eine zusätzliche Pflegemilliarde aus Budgetmittel zur Verfügung gestellt

•     eine Ausbildungsoffensive sofort gestartet und

•     die Verbesserung der Arbeitssituation für Pflegeberufe rasch umgesetzt wird.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ries. – Bitte sehr.


10.28.11

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bun­desminister! Werte Damen und Herren im Hohen Haus! Liebe Kollegen! Wenn wir in Österreich von erfolgreichem Konsumentenschutz sprechen, dann kommen wir um den Namen einer Institution nicht herum: Der VKI, der Verein für Konsumenteninformation, ist die Adresse in Österreich für erfolgreichen Konsumentenschutz.

Ich habe mir den Tätigkeitsbericht 2020 durchgelesen, er ist wieder beeindruckend: 77 Mus­terprozesse, 171 Verbandsverfahren, 36 Sammelklagen und dabei eine Erfolgsquote von 90 Prozent, was aller Ehren wert ist. Weiters ist noch 950 Mal außergerichtliche Rechtshilfe verzeichnet und dabei immerhin auch noch eine Erfolgsquote von 70 Pro­zent. Die Coronareisehotline, die extra eingerichtet wurde, hat über 50 000 Beratungen durchgeführt – das muss man sich einmal vorstellen – und für 17 000 Flugkunden Reise­kosten zurückerstritten. Dazu kommen noch Tests, Analysen und diverse Recherchen.

Es ist also kein Wunder, dass der VKI den Löwenanteil seines Budgets aus den Erlösen aus eigenen Druckwerken und aus Abos bestreiten kann, denn diese Publikationen des VKI sind jeden Cent wert. Den Rest des VKI-Budgets, das wissen wir alle, bringt die Arbeiterkammer und das zuständige Ministerium – Ihr Ministerium, Herr Dr. Mückstein – auf, und da ist unsere Kritik gleichlautend wie jedes Jahr: Der VKI hat eine fixe Finanzie­rung verdient, es braucht ein VKI-Gesetz. Minister Anschober hat es versprochen, wir wollten es selber in der Regierung auch schon machen, es ging sich nur leider nicht mehr aus – jetzt sind eben Sie am Zug, Herr Dr. Mückstein.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 327

Abschließend möchte ich noch einmal kurz auf die Arbeit im Konsumentenschutzaus­schuss zurückkommen. In der letzten Ausschusssitzung haben Sie, Herr Dr. Mückstein, Ihre Verwunderung darüber geäußert, dass Sie sich mit Anträgen aus dem Jahr 2019 herumschlagen müssen. Und warum müssen Sie das? – Das müssen Sie deshalb, weil Ihre Fraktion zusammen mit der ÖVP eine wahre Vertagungsfront bildet. Und da frage ich mich schon: Ist das Regieren? – Das ist nicht einmal Reagieren, von Agieren sind wir noch weit weg. In dieser Sache ist es eigentlich ein Negieren von Konsumentenin­teressen. Da lassen Sie nicht die Opposition auflaufen, da lassen Sie die Konsumenten auflaufen. Dessen sollten Sie sich bewusst sein, werte Damen und Herren.

Bei der letzten Ausschusssitzung wurden 24 Anträge eingebracht beziehungsweise standen auf der Tagesordnung. Alle kamen ausschließlich von der Opposition und nahe­zu alle Anträge wurden wieder einmal vertagt. Ein Antrag meines Kollegen Peter Wurm betreffend den Betrieb von Dorfläden zur Sicherung der Nahversorgung ist nicht zufällig ähnlich einer Petition, die von einem ÖVP-Abgeordneten eingebracht wurde. Und was hat die ÖVP mit einem Anliegen, das angeblich auch ihr Anliegen ist, gemacht? – Sie hat es vertagt. Das ist ja die Spitze der Skurrilität. (Zwischenruf des Abg. Höfinger.) Jetzt vertagen Sie sich schon selber. Haben Sie darüber schon einmal nachgedacht? (Ruf bei der FPÖ: Ist ja unglaublich! – Zwischenruf des Abg. Sieber.)

Kurz gesagt: Diese Vertagungsfestspiele, die Sie hier abhalten, sind einfach absurd. Werter Herr Dr. Mückstein, solange diese Vertagungsorgien noch anhalten, so lange werden Sie sich auch mit alten Anträgen herumschlagen müssen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Drobits. – Abg. Höfinger: War jetzt auch eine Stimmungskanone, gell?)

10.31


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Keck. – Bitte.


10.32.09

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wir haben heute schon viel über die Pensionen gehört. Kollege Loacker: Du weißt, ich schätze dich, Gerald, aber was du heute gesagt hast, versteht wirklich keiner mehr. Kollege Stöger hat es schon gesagt: „45 Jahre sind genug“. – 45 Jahre sind genug für diese Menschen, die im Straßenbau bei der ärgsten Hitze Teerarbeiten machen, die am Bau sind, Maurer sind, 25-, 30-, 50-Kilo-Säcke schleppen, die an einem Hochofen arbeiten, in einer Schmie­de arbeiten, in einer Gießerei arbeiten. (Abg. Loacker – nickend –: Die kriegen eh mit 58 das Überbrückungsgeld!) Ja, meine Damen und Herren, da sind 45 Jahre wirklich genug, um abschlagsfrei in Pension gehen zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich denke, lieber Gerald, und ich muss dir das so sagen: Das kann nur einer sagen, der weiß, wie diese Jobs sind, und der in diesem Job schon gearbeitet hat. Ich weiß, wie schwer das für diese Menschen ist, und mit jedem Jahr, das sie älter werden, wird es immer schwieriger, in diesem Job zu bleiben. Glaube es mir, die sind froh, wenn sie 60 Jahre alt sind, dass ihnen gesagt werden kann: Freund, du kannst in Pension ge­hen! – Und was passiert dann in unserem Staat? – Er kriegt massivste Abschläge, Ab­schläge dafür, dass er 45 Jahre Beiträge bezahlt hat, 45 Jahre für die Republik, für die Wirtschaft und für alles gearbeitet hat. Da wird er in diesem Land bestraft. Das finden wir nicht gerecht und das gehört abgeschafft. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Lieber Gerald, wenn du sagst, die Wanderversicherungsbeiträge bringen 2 Milliarden Euro im Jahr, dann muss ich sagen: Komm auch du mit richtigen Zahlen! 2018 gab es den letzten Wanderversicherungsbericht. Da ist ganz klar drinnen, das war 1 Milliarde Euro. Das heißt, du hast auf 2 Milliarden Euro verdoppelt, und in den letzten drei Jahren kann das keine zusätzliche Milliarde ausgemacht haben. Wir haben es ja schon bei der Debatte zum Kapitel im Budget diskutiert. Wenn du sagst, es gibt 190 Millionen Euro mehr für einen Monat länger arbeiten: Das stimmt schon, aber wenn alle aus der Arbeit


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 328

in die Pension gehen. Wir haben aber viele, die gehen aus der Arbeit nicht in die Pension (Zwischenruf des Abg. Loacker), die sind vorher krank, die sind vorher arbeitslos, also die kriegen das alles nicht. Ich würde dich bitten, arbeite auch du mit Zahlen, die wirklich stimmen!

Wir haben aber noch ein anderes Problem, meine Damen und Herren. Das Wifo erwartet für den Jänner 2022 eine Inflation von 4,5 Prozent. Der wöchentliche Einkauf wird um 6,8 Prozent teurer als im Vorjahr. Das Benzin wird um 36 Prozent teurer, an manchen Tankstellen sogar bis zu 100 Prozent teurer. Die monatlichen Mieten steigen sowieso um rund 3 Prozent. Wer noch heizen und das Licht aufdrehen will, hat um 16 Prozent mehr Kosten als im Vorjahr. Das heißt, es kommt eine unheimliche Teuerungswelle auf die Österreicherinnen und Österreicher zu, und ich sehe keine Maßnahmen hier im Bud­get für 2022, ich finde nichts, um das abzufedern.

Einkommensschwache Haushalte müssen daher sofort gestärkt werden. Dafür braucht es einerseits eine bessere Pensionsanpassung als die, die vorgesehen ist, und ande­rerseits auch Teuerungszuschüsse, vor allem für BezieherInnen von kleinen und mittle­ren Pensionen und Einkommen, damit niemand im Winter frieren muss, denn es kann nicht sein, Herr Minister, dass sich eine Person in Österreich entscheiden muss: Muss ich frieren oder habe ich etwas zu essen? Also das darf es nicht sein. Da haben Sie als Regierung dagegenzuarbeiten.

Es ist nur eine Frage der Gerechtigkeit, wenn wir hier die Kaufkraft stärken und die Wirt­schaft stärken und diesen Menschen Zuschüsse geben. Daher bringe ich folgenden Ent­schließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Teuerungs­ausgleich und Bundes-Heizkostenzuschuss“

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Budgetausschusses über die Regie­rungsvorlage (1034 der Beilagen): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG) samt Anlagen – UG 21 Soziales

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pfle­ge und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regie­rungsvorlage für einen Teuerungsausgleich für Pensionsbezieher*innen in der Höhe von 100 Euro und einen Bundes-Heizkostenzuschuss in der Höhe von 300 Euro für einkom­mensschwache Haushalte zur Beschlussfassung zu übermitteln.“

*****

Meine Damen und Herren! Es ist notwendig, diesem Entschließungsantrag beizutreten. Ich habe es vorhin schon gesagt: Es kann nicht sein, dass sich eine Person in Österreich entscheiden muss: Muss ich frieren oder habe ich etwas zu essen? (Beifall bei der SPÖ.)

10.36

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Muchitsch,

Genossinnen und Genossen

betreffend Teuerungsausgleich und Bundes-Heizkostenzuschuss


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 329

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Budgetausschusses über die Regie­rungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen 1157 d.B.) – UG 21 Soziales

Das Wifo erwartet für Jänner 2022 eine Inflation von 4,5 Prozent. Viele Pensionistinnen und Pensionisten, aber auch andere Personen in einkommensschwachen Haushalten wissen nicht mehr, wie sie die stark gestiegenen Preise für Lebensmittel, Heizen und Wohnen zahlen sollen.

Der wöchentliche Einkauf ist um 6,8% teurer als im Vorjahr, das Benzin um 36% teurer, die monatliche Miete steigt sowieso um rund 3% und wenn man dann auch noch heizen und das Licht aufdrehen will, wird das um 16% mehr kosten, als im Vorjahr. Die starken Preisanstiege machen immer mehr Österreicher*innen schwer zu schaffen. Für immer mehr Haushalte sind die explodierenden Preise eine existenzielle Bedrohung. Österreich hat im Kampf gegen die Teuerung noch keine Maßnahmen gesetzt – im Gegensatz zu vielen europäischen Ländern. Auch im Budget für 2022 findet sich dazu nichts.

Einkommensschwache Haushalte müssen daher sofort gestärkt werden. Dafür braucht es einerseits eine bessere Pensionsanpassung und andererseits Teuerungszuschüsse vor allem für Bezieher*innen kleiner und mittlerer Pensionen und Einkommen, damit nie­mand im Winter frieren muss. Das ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch zur Stärkung der Kaufkraft und der Wirtschaft unbedingt notwendig.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pfle­ge und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regie­rungsvorlage für einen Teuerungsausgleich für Pensionsbezieher*innen in der Höhe von 100 Euro und einen Bundes-Heizkostenzuschuss in der Höhe von 300 Euro für einkom­mensschwache Haushalte zur Beschlussfassung zu übermitteln.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Gödl. – Bitte.


10.36.27

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren zu Hause! Als Obmann eines Sozialhil­feverbandes ist es immer so um den November herum meine Aufgabe, das Sozialbudget für den Bezirk, in meinem Fall für den Bezirk Graz-Umgebung, zu entwerfen, um die sozialen Ausgaben, die in einem Bezirk anfallen, auch finanzieren zu können.

Graz-Umgebung ist zwar nur einer von 94 Bezirken, aber ich sage Ihnen – ich bin jetzt seit einigen Jahren Sozialhilfeverbandsobmann –: Wir haben Jahr für Jahr stark steigen­de Ausgaben. Im kommenden Jahr wird unser Budget etwa 128 Millionen Euro betra­gen – allein in Graz-Umgebung 128 Millionen Euro Ausgaben für den Bereich Pflege, für den Bereich Behindertenhilfe, für den Bereich Jugendwohlfahrt, für den Bereich Mindest­sicherung, für den Bereich Sozialhilfe Neu und auch, kürzlich eingeführt, für die Schulso­zialarbeit.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 330

Allein diese Tatsachen, diese Zahlen beweisen, dass Österreich ein extrem ausgepräg­ter und breit aufgestellter Sozialstaat ist. Wir gehören auf jeden Fall zu jenen Staaten auf der gesamten Welt, die die höchste Sozialquote haben. Und das zeigt auch ein Blick ins Budget, wenn wir uns anschauen, dass wir im nächsten Jahr etwa 32 Prozent des Bruttonationalproduktes – 32 Prozent des Bruttonationalproduktes! – für soziale Ausga­ben zur Verfügung stellen. Also jeder dritte Euro, der in Österreich verdient wird, der von Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern einbezahlt wird, wird für soziale Aufgaben aufge­wendet. Und unsere Aufgabe hier als Gesetzgeber ist es, einerseits natürlich dieses System der sozialen Sicherheit treffsicher zu halten und es dort treffsicherer zu machen, wo es das vielleicht nicht ist.

Ganz wichtig ist aber auch: Wir müssen diesen Sozialstaat auch finanzierbar halten. Und zur Finanzierung ist, glaube ich – einer meiner Vorvorredner, Herr Koza von den Grünen, hat es aus meiner Sicht richtig angesprochen –, eine der wichtigsten Maßnahmen eine offensive Arbeitsmarktpolitik, damit möglichst viele ein Einkommen erwirtschaften kön­nen, von dem sie und die Familie leben können, und natürlich auch davon Steuern zah­len, damit wir diesen Sozialstaat, also jeden dritten Euro, auch in Zukunft finanzieren können.

Wir werden zwar erst morgen das Thema Arbeitsmarkt im Detail diskutieren, aber schon jetzt sei gesagt: Das, was wir uns in diesem Jahr und auch im nächsten Jahr vorgenom­men haben, nämlich die Coronajoboffensive und die Aktion Sprungbrett, um Langzeitar­beitslose wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, sind sehr wichtige sozialpolitische Maßnahmen, um unser System überhaupt am Laufen zu halten.

Ich glaube schon, dass, wenn man sich ein paar sozialpolitische Meilensteine im Budget anschaut, wir uns durchaus sehr zufrieden geben können, etwa damit, dass – das The­ma Pensionen wurde ja mehrmals angesprochen – wir jetzt als sozialpolitische Maß­nahme die niedrigen Pensionen, Pensionen bis 1 000 Euro, ab dem 1.1.2022 weit über der Inflationsrate, nämlich mit 3 Prozent, erhöhen. Das ist eine wichtige sozialpolitische Maßnahme. Gleichzeitig erhöht sich auch der Ausgleichszulagenrichtsatz, und auch das wirkt sich natürlich positiv auf alle Sozialhilfe- und Mindestsicherungsbezieher aus.

Auch was die Energiekosten betrifft sind wir, denke ich, auf einem guten Weg, um eine Lösung zu finden und die steigenden Energiekosten gerade bei unteren Einkommen auch abfedern zu können. Dass wir im Rahmen der Steuerreform beschlossen haben, dass arbeitende Menschen weniger an öffentlichen Abgaben entrichten sollen, auch ganz konkret einkommensschwache Haushalte, dass eben ab Juli 2022 die Krankenver­sicherungsbeiträge um 1,7 Prozent gesenkt werden, ist auch eine wichtige sozialpoliti­sche Maßnahme, um einkommensschwache Haushalte zu stärken.

Der Sozialstaat steht immer vor Herausforderungen, wird immer vor großen Herausfor­derungen stehen. Es stimmt, dass eine der ganz großen Herausforderungen die Pflege ist. Darauf bitte ich durchaus, einen exakten Blick zu werfen. Es genügt nicht, Herr Ku­cher aus Klagenfurt, wenn Sie hier mit doppelt geballter Faust stehen und, ja, laute Worte von sich geben. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Ribo.) Wir müssen von der Theorie in die Praxis kommen, und die Praxis in der Pflege, die passiert nicht nur hier auf der Regierungsbank, die Praxis in der Pflege passiert vor Ort.

Was mache ich zum Beispiel als Sozialhilfeverbandsobmann in Graz-Umgebung? – Wir werden im nächsten Jahr in einigen weiteren Gemeinden neue Tageszentren eröffnen, denn wir brauchen die Tageszentren für Senioren, um die Pflege zu Hause zu stärken. Das sind konkrete Maßnahmen, die müssen wir setzen. Es wird nicht den Urknall in der Pflegereform geben, der alles löst, sondern wir müssen Schritt für Schritt an vielen Rädchen drehen, in den Gemeinden, vor allem auch in den Ländern, denn die haben große Kompetenzen in der Pflege, und auch im Bund. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Grünen.)


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Eines sei auch gesagt, man vergisst es nämlich so leicht: Das Pflegegeld, das wir in Österreich haben, das ist weltweit einzigartig, auch einzigartig betreffend die Höhe. In der höchsten Stufe, der Pflegestufe 7, bekommt man über 1 700 Euro. Vergleichen Sie alleine mit Deutschland, dort bedeutet die Pflegestufe 5, das ist dort die höchste Pflege­geldstufe, etwas über 1 000 Euro an Zuwendung an die betroffenen Menschen! Wir sind in vielen Bereichen sehr gut aufgestellt. Das bedeutet aber nicht, dass wir uns in vielen Bereichen nicht auch offensiv weiterentwickeln müssen – und die Pflege ist so ein Punkt. Meine Damen und Herren, aber: Weniger Reden, mehr tun in den Gemeinden, in den Ländern und natürlich auch hier bei uns im Parlament! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

10.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Drobits. – Bitte.


10.42.32

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich darf als Konsumentenschutzsprecher meiner Fraktion zum Konsumentenschutzbudget spre­chen. Nun, die 6,5 Millionen Euro sind unverändert wie letztes Jahr. Eigentlich blicke ich mit Neid in andere europäische Staaten wie Schweden und Deutschland, wo die Wert­schätzung für den Verbraucherschutz wesentlich höher ist.

Herr Bundesminister, die Wertschätzung für den Konsumentenschutz generell vermisse ich auch bei der dauerhaften Finanzierung des VKI. Ich weiß, Sie bemühen sich, Sie versprechen, aber Sie können es nicht halten. Ich denke, momentan sind wir in einer Situation, wo seit zwei Jahren evaluiert wird. Sie sagen, die KPMG prüft momentan noch­mals, aber ich denke mir: Zwei Jahre lang keine Planungssicherheit, eine Unsicherheit für die Mitarbeiter des VKI, eine Unsicherheit für das Unternehmen VKI und eine Unsi­cherheit für die Konsumenten sind zwei Jahre zu viel.

Ich denke, dass Sie vielleicht deshalb nicht reagieren und agieren, weil im Wirkungsziel 4 des vorliegenden Budgets drinnen steht, dass der Zielwert von 70 auf 60 Prozent ge­senkt wird. Jetzt muss man sich das genau anhören: Die Begründung lautet, dass es während der Covid-Pandemie nicht zumutbar ist, dass konsumentenpolitische Rechts­durchsetzung gegenüber der Wirtschaft in dieser Form stattfinden soll.

Ich glaube, es liegt nicht nur an der Evaluierung, die sich verzögert, es liegt daran, dass die ÖVP eine Mauer macht und Sie gegen diese Mauer nicht vorgehen können. Das ist der eine Punkt, den zu erwähnen mir wichtig ist.

Wir als SPÖ werden weiterhin diese dauerhafte Finanzierung des VKI durchsetzen wol­len. Das ist eine Forderung, die auch in der nächsten Zeit von uns kommen wird, da werden wir nicht müde.

Herr Bundesminister, die Alarmglocken schrillen aber! Ich nenne Ihnen Zahlen. Ein Sechstel der österreichischen Haushalte hat ein Minus am Bankkonto, drei Millionen Menschen haben einen Kredit. Die Teuerungen haben wir heute schon angesprochen. 28 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher haben keine Ersparnisse bezie­hungsweise nur 500 Euro an Ersparnissen. Wissen Sie, was da zu tun ist? – Diesen Menschen ist Luft zum Atmen zu geben, und deshalb fordern wir weiterhin diesen Schuldnerschutzschirm, den ich auch schon mehrfach im Konsumentenschutzaus­schuss und auch in der Öffentlichkeit präsentiert habe.

Es kann ja nicht sein, dass Österreicherinnen und Österreicher bei Kontoüberziehungen bis zu 18,5 Prozent Überziehungszinsen haben. Diese Zinsen sind ein Wucher. Die Ban­ken wurden 2008 gerettet und heute haben die Konsumentinnen und Konsumenten kei­ne Chance, in gleicher Weise in so einer Situation, wie es die Pandemie als finanzieller Brandbeschleuniger ist, gerettet zu werden. (Beifall bei der SPÖ.)


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Wir brauchen unbedingt einen Sonderzinssatz von 5 Prozent bei Kontoüberziehungen und wir brauchen unbedingt endlich eine Regelung, die es Inkassobüros verbietet, ähn­liche Wucherpreise zu fordern, wenn es um Verzugszinsen, Betreibungskosten und auch Gebühren geht, denn momentan dürfen diese die Höchstwerte ausschöpfen. Das be­deutet, bei einer Forderung von 35 Euro können diese die vollen Höchstsätze verlangen.

Herr Bundesminister, Sie haben gesagt, es liegt eine Novellierung zur Inkassogebüh­renverordnung vor. Ich bitte Sie, die raschest umzusetzen, das ist im Interesse der ös­terreichischen Konsumenten und Konsumentinnen.

Ich möchte abschließend auch mitteilen: Alle Anträge betreffend den Schuldnerschutz­schirm wurden vertagt. Mir wurde gesagt, das sei eine Wertschätzung. Herr Bundesmi­nister, Sie haben zumindest eines erreicht, nämlich dass drei von meinen Anträgen in­haltlich ins Budget übernommen worden sind. Ich habe gehört, der Schuldneratlas kommt und wird mit 130 000 Euro dotiert. Ich habe gehört, die Basisfinanzbildung wird übernommen und mit 120 000 Euro dotiert, und ich habe vernommen, dass Sie auch eine Ombudsstelle einrichten wollen.

Ich fühle mich damit zumindest, auch mit meiner Fraktion, bestätigt, dass unsere Arbeit gut ist. Ich bedanke mich für die Umsetzung im Budget und ich hoffe, dass die Regie­rungsfraktionen im Konsumentenausschuss diese unsere Ideen, die von Ihnen umge­setzt werden, dann auch entsprechend bejahen und ihnen zustimmen werden. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

10.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ange­rer. – Bitte.


10.47.09

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Ja, die Genossin­nen und Genossen der Sozialdemokratie haben einen Antrag eingebracht. Dazu kann ich nur sagen: Es steht zwar SPÖ drauf, er ist aber von Jörg Haider und den Freiheitli­chen abgekupfert. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Teuerungsausgleich und Heizkostenzu­schuss – ich bin erstaunt. Ich bin erstaunt, was die Sozialdemokraten hier einbringen, das ist nämlich genau der Antrag, der von euch letzte Woche im Kärntner Landtag ab­gelehnt wurde.

Es gab einen Antrag der freiheitlichen Partei im Kärntner Landtag, und euer Landes­hauptmann Peter Kaiser hat ihn abgelehnt. Wir haben genau das Gleiche eingebracht: Heizkostenzuschuss erhöhen und zusätzlich einen Stromkostenzuschuss einführen.

Hier im Parlament, im Nationalrat bringt ihr, Kollege Muchitsch mit seinen Kolleginnen und Kollegen, den Antrag ein. Das ist scheinheiliger Populismus (Beifall bei der FPÖ): hier in Wien etwas zu fordern, was ihr in den Ländern, wo ihr Verantwortung tragt, ablehnt. Redet mit eurem Landeshauptmann in Kärnten, dann soll er es in Kärnten auch beschließen! (Beifall und Bravoruf bei der FPÖ.)

10.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit sind die Beratungen zu diesen Themenbereichen beendet.

10.48.27UG 24: Gesundheit


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zur UG 24: Gesundheit.

Dazu ist wiederum – wortgewaltig – Abgeordneter Kucher an der Reihe. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter. (Abg. Angerer: Jetzt bin ich aber neugierig! – Abg. Ragger: Jetzt machen wir aber keine Diskussion draus!)



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10.48.49

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident, danke für die freundliche Einbe­gleitung! – Nein, jetzt machen wir keine Diskussion draus. Ich bin so und so noch wirklich fassungslos über den Redebeitrag des Kollegen Gödl. Am Ende der Pflegedebatte kommt er hier raus und kritisiert mich, dass wir sagen, die Politik muss den Worten end­lich Taten folgen lassen. Er kritisiert und sagt, die Pflegepolitik wird ja nicht hier gemacht, sondern ohnehin vor Ort in den Pflegeheimen. – Das ist dieselbe zynische Herangehens­weise wie die von Landeshauptmann Stelzer in Oberösterreich (Zwischenruf der Abg. Baumgartner), der sagt: Was brauchen wir Maßnahmen? Es gibt eh genug Leute in den Intensivstationen, die dort Tag und Nacht arbeiten, die sollen weiterarbeiten, wir müssen nichts tun! (Abg. Singer: Nein, hat er nicht gesagt!)

Dasselbe hat Kollege Gödl gesagt: Wir brauchen keine Pflegereform, wir brauchen nichts zu tun, denn die Leute vor Ort hackeln eh! (Abg. Gödl: Nein, habe ich nicht ge­sagt!) Das ist der Punkt und das weißt du ganz genau! (Weiterer Ruf bei der ÖVP: Hat er nicht gesagt!) Die Leute vor Ort sind fertig, sind ausgebrannt und können nicht mehr, und dieses Blabla, das wir uns alle miteinander hier herinnen gegenseitig vortragen, wird nichts besser machen, wenn wir nicht auch miteinander das Geld in die Hand nehmen.

Ich habe früher aufgezählt: Es kann nicht sein, dass – ich weiß nicht – Sebastian Kurz jedes Jahr wie der Weihnachtsmann immer wieder Pflegereformen versprochen hat, und dann ist im Packerle außer Versprechungen nichts drin. (Zwischenruf des Abg. Gödl.) Deswegen bitte ich dich wirklich: Lösen wir jetzt miteinander die Pflegemisere und neh­men wir dafür endlich das Geld in die Hand! (Beifall bei der SPÖ.)

Was mir wirklich nahegeht – das wirst du in der Steiermark ja bitte auch mitkriegen; Gott sei Dank gibt es da Kollegen wie Mario Lindner, der wirklich ein Herz für den Rettungs­dienst hat –: Wie kann man in Österreich mitten in der Gesundheitskrise hergehen und sagen, man zahlt den Menschen im Gesundheitsbereich einen Coronabonus aus – eh wieder viel zu spät, eh ein Wahnsinn, dass das sechs Monate lang nicht funktioniert hat –, und dann vergisst man auf Menschen, die Tag und Nacht für uns da gewesen sind?! Ausgerechnet jene Leute bei den Johannitern, beim Roten Kreuz, beim Arbeiter-Sama­riter-Bund, die als Rettungssanitäter und Rettungssanitäterinnen in einer Zeit ohne Schutzmasken, ohne Teststrategie für uns da waren, die für uns da gewesen sind, haben Mückstein und Kurz herausgestrichen und ihnen den Coronabonus weggenommen.

Da haben wir gesagt: Bitte, ihr könnt doch nicht auf den Rettungsdienst vergessen, und auf den ausgelagerten Bereich in der Pflege! (Beifall bei der SPÖ.) Was ist mit den bio­medizinischen AnalytikerInnen in den Laborinstituten, die im Rahmen der Testungen alles gegeben haben, mit jenen Leuten, bei denen wir uns bedankt haben und wo wir heute kritisieren, dass sozusagen nicht schnell genug getestet wird, weil die Regierung auch das verschlafen hat? Diese vergisst die Regierung auch jetzt wieder beim Corona­bonus!

Und das ist eben der Punkt, Kollege Gödl: Es wird auf der einen Seite etwas verspro­chen, und dann vergisst man sogar die Leute, die man vor ein paar Wochen noch be­klatscht hat. Das ist in der Gesundheitspolitik leider kein Zugang.

Abschließend – ich hoffe, dass auch diese Klarstellung noch erfolgt – zum Gesundheits­budget, mitten in der Gesundheitskrise: Ich darf wirklich – Stichwort Zweiklassenmedi­zin – um gleich gute Versorgung bitten, egal, ob man in der Stadt oder am Land lebt, ob man Fliesenleger in Bregenz ist, ob man irgendwo Landeslehrer ist, egal, wo man arbei­tet, ob man in Klagenfurt seinem Beruf nachgeht, in Graz oder wo auch immer. Gleich gute Leistungen für alle Menschen, das wäre doch ein gemeinsames Ziel, das wir mitein­ander erkämpfen müssten! Sebastian Kurz hat es versprochen, heute behauptet die ÖVP: Nein, das wollten wir nie haben, gleich gute Leistungen für alle, das brauchen wir nicht! – Das ist doch mitten in der Gesundheitskrise ein tragischer Zustand!


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Der letzte Punkt, der leider auch nicht aufgeklärt worden ist – ist das ein Zufall? –: Auf der einen Seite haben wir 1 Milliarde für die Konzerne, da sitzt das Geld locker. Im Ge­sundheitsbereich aber und für die Pflege haben wir leider kein Geld. Kollegin Schwarz als Generalsekretärin ist noch immer die Antwort auf folgende Frage schuldig geblieben: Mit welcher Begründung habt ihr 50 000 Euro von Privatkliniken bekommen? Warum hat die ÖVP das Geld bekommen? (Abg. Gabriela Schwarz schüttelt den Kopf.) Warum haben die euren Wahlkampf bezahlt? Hat das vielleicht einen Zusammenhang damit, dass ihr im Bereich der Gesundheitsversorgung gegen die Zweiklassenmedizin eben nichts tut und nicht dafür kämpft, dass alle Menschen in Österreich wirklich gleich gute Leistungen bekommen? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gabriela Schwarz schüttelt neuer­lich den Kopf.)

10.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schallmei­ner. – Bitte.


10.53.07

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minis­ter! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Kommen wir wieder zum eigentlichen Thema, nämlich zum Ge­sundheitsbudget beziehungsweise zur UG 24 im Budget!

Wir sprechen hier in Summe von 3,3 Milliarden Euro. Das sind die nackten Zahlen. Das sind 200 Millionen Euro mehr als im letzten Jahr, also für 2021, und das, obwohl wir insbesondere hinsichtlich der Coronabekämpfung im Budget davon ausgehen, dass wir für 2022 weniger Geld brauchen werden. Das heißt, wir geben 200 Millionen Euro mehr aus – 200 Millionen Euro für die Absicherung des Gesundheitswesens. Als Löwenanteil dieser Mehrausgaben sind 600 Millionen Euro zur Absicherung der Sozialversicherun­gen geplant, als Ausgleich für die Senkung der Krankenversicherungsbeiträge, die ja eine Entlastungsmaßnahme für niedrigere Einkommen ist. Das heißt, wir nehmen Steu­ergeld her, um eben auch niedrigere Einkommen zu entlasten – das ist eine soziale Maßnahme –, und sichern dabei auch gleichzeitig die Sozialversicherungen nachhaltig ab. (Beifall bei den Grünen.)

Was Kollege Kucher in seinen Ausführungen wahrscheinlich vergessen hat, ist, dass auch wieder 178 Millionen Euro mehr für Transferleistungen und Zweckzuschüsse für die Krankenanstalten enthalten sind. Das heißt, auch da wird mehr Geld zur Sicherung unseres Gesundheitswesens ausgegeben.

Mindestens genauso wichtig wie diese großen Zahlen, die man sich vielleicht manchmal ja gar nicht so richtig vorstellen kann, die für uns alle miteinander vielleicht gar nicht so wirklich greifbar sind, sind die Projekte, die aus dieser ganzen UG 24 beziehungsweise überhaupt aus dem Haus des Ministers heraus finanziert werden.

Drei Beispiele: einmal – es ist heute schon vom Minister selbst angesprochen worden – die Mehrausgaben für die Ausbildung von Pflegekräften hier in Österreich. Damit schaf­fen wir es nicht nur, dass sich zusätzliche Pflegekräfte finden, die eine Ausbildung ma­chen wollen, sondern wir schaffen damit auch die Möglichkeit, dass sich Menschen eine Aufqualifizierung holen, sodass sie im Pflegeberuf besser qualifiziert sind.

Zweites Beispiel: die zusätzlichen Mittel für Communitynursing; da geht es darum, nie­derschwellige Gesundheitsangebote in die Gemeinden zu bringen. Dazu muss man aber leider sagen: Da sind auch die Gemeinden durchaus gefordert, die Kommunen sind gefordert, entsprechend ihre Anträge zu stellen, sich auf dieses Pilotprojekt einzulassen. Das ist ein wichtiges Projekt. Es bringt den Menschen vor Ort in den Gemeinden etwas – wir hören ja immer, dass angeblich so wenig für die Gemeinden gemacht wird. Da wäre


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es ein konkreter Ansatz, dass auch die Gemeinden von sich aus aktiv werden, dass sie den Menschen vor Ort eine niederschwellige Gesundheitsversorgung angedeihen las­sen.

Ein Wort vielleicht noch zu den Communitynurses: Nein, das sind keine zusätzlichen Heimhilfen für die Gemeinden, wie manche glauben, sondern das ist wirklich medizini­sches und pflegerisches Personal der höchsten Qualitätsstufe. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Drittes Beispiel – es ist heute noch nicht gefallen – sind die Zusatzmittel für die Primär­versorgung. Es geht darum, dass wir Primärversorgungseinheiten – wiederum in den Gemeinden – ausbauen wollen. Da geht es in Summe um 100 Millionen Euro. Es geht darum, PVEs eben dort, wo sie möglich sind, zu ermöglichen, es geht aber auch darum, dass wir dieses Geld auch dahin gehend verwenden können. Dafür braucht es auch einen Bürokratieabbau. Da werden wir nochmals mit den Stakeholdern in diesem Land sprechen müssen, damit allen klar ist: Wenn wir wollen, dass die Menschen eine best­mögliche, eine möglichst niederschwellige Gesundheitsversorgung vor Ort in den Kom­munen, in den Gemeinden bekommen, braucht es auch weniger Bürokratie beim Aufbau dieser Kompetenzen. Das Geld haben wir. Jetzt müssen wir schauen, dass wir es eben in die Gemeinden bringen. Auch da sind die Gemeinden aus meiner Sicht gefordert.

In Summe zeigt das gesamte Budget, wenn man es genau analysiert, auch auf, wie weitverzweigt und wie vielschichtig unser Gesundheitswesen in Österreich ist. Ich möch­te daher mit einem Appell schließen, und zwar dem Appell, dass wir es nach der Krise endlich angehen, diese Verzweigungen aufzulösen, dieses Vielschichtige, dieses Klein­klein, das wir im österreichischen Gesundheitswesen haben, endlich aufzulösen, in grö­ßeren Strukturen, die auch einfacher zu handeln sind, zu denken und zu agieren.

Dann sind wir nämlich auch auf weitere Krisen im Gesundheitswesen besser vorbereitet und schaffen es endlich, dass wir in ganz Österreich die gleichen Leistungen für alle Menschen haben, egal, ob am Bodensee oder am Neusiedler See, egal, ob oben an der tschechischen Grenze oder unten im Süden, im Gailtal. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kaniak. – Bitte.


10.57.43

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist schon beachtlich: Unsere Bundesregierung plant für das Jahr 2022 ein Budgetdefizit von 22,5 Milliarden Euro. Das Gesundheitsbudget ist zwar mit über 3 Milliarden Euro groß wie selten zuvor, allerdings schafft es die Bundesregierung erneut nicht, entsprechende Schwerpunkte zu setzen, weder für die Krisenbewältigung noch für die strukturelle Veränderung, die im Gesund­heitsbereich so dringend notwendig wäre. Da ähnelt der Gesundheitsbereich dem Pfle­gebereich, bei dem ein leeres Versprechen dem anderen folgt.

Lassen Sie mich zu den Zahlen im Detail kommen! Die größte Budgetposition im Ge­sundheitshaushalt ist der Covid-19-Krisenbewältigungsfonds beziehungsweise Mittel daraus. Diese Mittel sinken von knapp 2 Milliarden Euro um ein Drittel auf knapp 1,3 Mil­liarden Euro; während fast alle Leistungen, die da vorgesehen sind, von Testungen über Schutzausrüstung bis zu Kosten für Epidemieärzte und Ähnliches Pi mal Daumen hal­biert werden, gibt es nur eine Position, für die signifikant mehr Geld ausgegeben wird, nämlich über 120 Millionen Euro mehr, und das ist die Beschaffung von Covid-19-Impf­stoffen.

Jetzt kann man zu Impfungen stehen, wie man möchte, wir wissen aber vom Herrn Bun­desminister, dass wir aktuell knapp fünf Millionen Impfdosen in Österreich lagernd haben


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und dass für das nächste Jahr die Verschenkung von Covid-Impfstoffen in der Größen­ordnung von 100 Millionen Euro geplant ist.

Wie das zusammenpasst, muss mir jemand erklären. Vielleicht liegt es daran, dass diese Impfstoffe nur eine begrenzte Haltbarkeit haben und die Impfstoffe, die wir jetzt lagernd haben, nächstes Jahr gar nicht mehr verwendet werden können. Wir werden das im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage noch herausbekommen.

Grundsätzlich stellt sich mir da aber schon die Frage, warum Österreich auf dem Welt­markt Impfstoffe aufkauft, die es offensichtlich selber gar nicht benötigt, gleichzeitig aber die internationale Solidarität schädigt, so wie WHO-Chef Tedros gesagt hat: Reiche In­dustriestaaten mit über 40 Prozent Durchimpfungsraten sollten die Covid-Impfstoffkäufe einstellen, damit auch die armen Länder dieser Welt einmal zu Impfstoffkontingenten kommen. Wir in Österreich machen das anders. Wir kaufen die Impfstoffe teuer auf und verschenken sie hinterher. Ich erkenne die Sinnhaftigkeit dieses Vorgehens leider nicht. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Bezeichnend ist auch, dass im Rahmen der gesamten Ausgaben, die im Covid-19-Kri­senbewältigungsfonds vorgesehen sind, kein einziger Euro für eine personelle Aufsto­ckung oder Kapazitätserhöhung in den Krankenanstalten vorgesehen ist. Warum ist das so problematisch? Ein zweiter wesentlicher Budgetposten im Gesundheitsbudget ist die Krankenanstaltenfinanzierung, der Finanzierungsbeitrag an die Länder. Kollege Schall­meiner hat es schon angesprochen: Ja, im Vergleich zum Vorjahr gibt es da eine signifi­kante Steigerung. Das beruht nämlich darauf, dass dieser Budgetansatz ausschließlich auf den Konjunkturprognosen beruht, weil es da um einen Prozentsatz der Mehrwert­steuereinnahmen geht. Da ist eine Steigerung auf wieder ungefähr 800 Millionen Euro vorgesehen. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, trifft aber erstens nur zu, wenn eine entsprechend positive Konjunkturentwicklung im nächsten Jahr tatsächlich stattfindet, was in der Höhe, wie sie die Bundesregierung plant, mehr als fragwürdig ist.

Und zweitens ist das ja nur eine Rückkehr auf das Normalniveau, wie wir es in Vorkri­senzeiten hatten. Die über 300 Millionen Euro, die den Ländern an zweckgebundenen Mitteln aus den letzten beiden Jahren – 2020 und 2021 – fehlen, ersetzt die Bundesre­gierung noch immer nicht. Deshalb ist in weiterer Folge die Konsequenz, dass wir einen Personalmangel in den Spitälern haben, dass da offensichtlich nicht ausreichend finan­zielle Mittel vorhanden sind, um zusätzliches Personal einzustellen, um Überstunden zu bezahlen, um Menschen dort länger in Beschäftigung zu halten und Reservekapazitäten zu bilden, die wir genau in diesem Moment in den Spitälern brauchen würden.

Ich möchte einen Artikel zitieren, den ich heute gelesen habe. Da wurde eine Kranken­schwester, die auf einer Intensivstation arbeitet, zitiert – Sie bringen ja auch immer Bei­spiele von einzelnen überlasteten Stationen, und ich weiß, dass es die gibt und möchte das auch zitieren. Diese Intensivpflegerin sagt, jeder bei ihr in der Abteilung hat schon weit mehr als 140 Überstunden stehen und sie muss ständig Vertretungen machen und einspringen.

Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man den Ländern das Geld nicht gibt, damit sie zusätzliches Personal beschäftigen und Überstunden ausbezahlen kön­nen, dann kommt genau so etwas raus. Das ist eine Politik auf dem Rücken der Be­schäftigten im Gesundheitswesen und kein proaktives Management. Da wäre es drin­gend notwendig, dass zusätzliche Mittel gezahlt werden. Das haben wir bereits letztes Jahr im Rahmen der Budgetdebatte gefordert, aber es ist von Ihnen ignoriert worden. Damals ist noch Ihr Amtsvorgänger Anschober dagesessen. Heuer wird es wieder maß­los ignoriert: Es gibt keine zusätzlichen Mittel für die Krankenanstaltenfinanzierung und für das Personal in diesem Bereich.


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Das Ganze wird ja noch multipliziert dadurch, dass nicht nur der Krankenanstaltenfi­nanzierungsbeitrag in den letzten drei Jahren ein Defizit von 300 Millionen Euro auf­gewiesen hat, sondern der gesamte Bundesbeitragsanteil für die Länder in den letzten beiden Jahren um 8 Milliarden Euro niedriger war, als das kalkulatorisch notwendig ge­wesen wäre. Das heißt, die Länder sitzen auf einem Riesendefizit. Der Bund gibt zwar Milliarden für alles Mögliche aus, aber nicht für die Länder und die Krankenanstalten­finanzierung. Das ist ein Riesenfehler, gerade in einer Situation, wie wir sie jetzt haben.

Auf einen weiteren Punkt möchte ich noch eingehen, das sind die 600 Millionen Euro, die für 2022 budgetiert sind, die Kollege Schallmeiner auch angeführt hat, die ja ein we­sentlicher Grund dafür sind, dass das Gesundheitsbudget überhaupt noch auf der Höhe ist, auf der es ist. Diese 600 Millionen Euro stehen dem Gesundheitssystem übrigens in keiner Weise zusätzlich zur Verfügung, sondern sind ein Kostenersatz für Einnahmen­ausfälle, die über die ökoasoziale Steuerreform erfolgen werden. Das sind für nächstes Jahr 600 Millionen Euro, ab übernächstem Jahr sind es knapp 1,3 Milliarden Euro Ein­nahmenentfall pro Jahr für die Sozialversicherungen.

Jetzt kann man sagen, ja, gut, es gibt ja die Lohnnebenkostensenkung für geringe Ein­kommen. Ja, das ist ein durchaus hehres Ziel, aber diese Gelder fehlen den Sozialversi­cherungen ja mittel- und langfristig, denn eine budgetäre, gesetzliche Bedeckung dieser Abgänge findet nur bis 2025 statt, und wie es danach weitergeht, weiß niemand. Im schlimmsten Fall kommt es dann zu entsprechend starken Leistungseinschränkungen im Bereich der Sozialversicherung. Das kann doch niemand von uns wollen!

Nicht nur in den Spitälern, sondern wie gesagt auch im Sozialversicherungsbereich und niedergelassenen Bereich, der über diese finanziert wird, ergeben sich somit große De­fizite; da findet im Rahmen dieses Budgetvorschlags in keiner Weise eine aktive Dotie­rung statt. Wir sind der Meinung, dass sowohl für den Spitalsbereich als auch für den niedergelassenen Bereich viel mehr getan hätte werden müssen und auch jetzt noch getan werden muss.

Damit auch die Versorgung im niedergelassenen Bereich in Zukunft besser und flächen­deckend im Sinne der Qualitätsstrategie für das österreichische Gesundheitswesen funktioniert, bringe ich noch folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicher­stellung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz hat dafür Sorge zu tragen, dass die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) und die Ärztekam­mer den Gesundheitsplan Österreich umgehend umsetzen und alle offenen kassenärztli­chen Stellen in Österreich schnellstmöglich besetzen. Zudem hat er entsprechend den Empfehlungen des Rechnungshofes alle dafür notwendigen Maßnahmen zu treffen und Rahmenbedingungen zu schaffen.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

11.05

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 338

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Peter Wurm, Rosa Ecker, Mag. Gerald Hauser

und weiterer Abgeordneter

betreffend Sicherstellung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 4) Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) (UG 24 Gesundheit) in der 129. Sitzung des Nationalrats am 17. November 2021

Die Gesundheitsversorgung stellt eine der größten gesellschaftlichen und ökonomischen Herausforderungen dar. Besonders im ländlichen Raum ist in den letzten Jahren die Problematik der Bereitstellung eines bedarfsgerechten Angebots an medizinischer Ver­sorgung und dahingehend eines Fach- und Allgemeinärztemangels stetig gestiegen. Das hat jüngst auch ein Rechnungshofbericht zu Tage gebracht.

Besonders vom Ärztemangel betroffen sind Kassenplanstellen. „Demnach sind mit Stand Ende des zweiten Quartals 2019 österreichweit 59 Kassenplanstellen für Fach­ärzte sowie 94 Kassenplanstellen im Bereich Allgemeinmedizin unbesetzt. Diese Ent­wicklung wird sich in der Zukunft weiter intensivieren. Im Besonderen wird davon der ländliche Raum betroffen sein. Dieser Umstand ist einerseits der Altersstruktur von nie­dergelassenen Ärzten und andererseits den faktischen Rahmenbedingungen und Zu­kunftsperspektiven von angehenden niedergelassenen Ärzten geschuldet.“1

Studien belegen, dass ein Großteil der Studierenden der Humanmedizin in Österreich später nicht als niedergelassener Arzt in der Allgemeinmedizin tätig sein möchte. Gründe dafür sind „ein nicht facharztäquivalentes Gehalt, die zu geringe Zeit für Patienten, zu strenge Vorgaben seitens der Krankenversicherungsträger und die mangelnde Abre­chenbarkeit von Leistungen“.1

Das zentrale Planungsinstrument für die integrative Versorgungsplanung auf Bundes­ebene ist in Österreich der Österreichische Strukturplan Gesundheit (ÖSG). Er ist eben­so Bestandteil der Zielsteuerung-Gesundheit. „Mit dem ÖSG wird sichergestellt, dass Gesundheitsversorgung in Österreich ausgewogen verteilt und gut erreichbar ist und in vergleichbarer Qualität auf hohem Niveau angeboten wird.“2

„Der ÖSG stellt zudem die Grundlage für die Regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSG) dar, die vom jeweiligen Land und den zuständigen Sozialversicherungsträgern verein­bart werden und die Versorgung im Detail regeln.“3

Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) und die Ärztekammer sind für die Erfül­lung des Strukturplans Gesundheit verantwortlich und haben dafür zu sorgen, dass die vorgesehenen Planstellen so attraktiv wie möglich gestaltet werden, damit diese auch besetzt werden können. Nur so kann eine ausreichende ärztliche Versorgung im länd­lichen Raum sichergestellt werden. Derzeit kommen GKK und Ärztekammer ihrem ge­setzlich vorgeschriebenen Auftrag jedoch nicht nach. Dementsprechend sind von Bun­desebene umgehend Maßnahmen zu ergreifen, um alle offenen kassenärztlichen Stel­len in Österreich zu besetzen, dem Ärztemangel im ländlichen Raum entgegen zu wirken und eine mögliche medizinische Unterversorgung der Bevölkerung in jedem Fall zu ver­hindern.

Auch die Anfang September 2021 veröffentlichte Ersuchensprüfung des Rechnungs­hofes zur ärztlichen Versorgung bestätigt die vorliegenden Mängel: In Österreich sind rund 4,6 Prozent der Planstellen unbesetzt. Die Maßnahmen zu unbesetzten Planstellen sind laut Rechnungshof uneinheitlich. Es werden Stellen zum Teil bewusst nicht besetzt


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und freigehalten. Es fehlt ein sektorenübergreifendes, bundesweites Monitoring der Öff­nungszeiten und das Ziel der Errichtung von 75 Primärversorgungseinheiten bis En­de 2021 wird voraussichtlich nicht erreicht werden. Der Rechnungshof empfiehlt daher eine Strategie zur Besetzung von Planstellen, dazu gezielte Maßnahmen und diese nach regionalen Bedürfnissen anzuwenden.4

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachste­henden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz hat dafür Sorge zu tragen, dass die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) und die Ärztekam­mer den Gesundheitsplan Österreich umgehend umsetzen und alle offenen kassenärztli­chen Stellen in Österreich schnellstmöglich besetzen. Zudem hat er entsprechend den Empfehlungen des Rechnungshofes alle dafür notwendigen Maßnahmen zu treffen und Rahmenbedingungen zu schaffen.“

1.   Vgl. Bundeswettbewerbsbehörde: Branchenuntersuchung Gesundheit Teil II: Ge­sundheitsversorgung im ländlichen Raum (https://www.bwb.gv.at/fileadmin/user_up­load/PDFs/bf_Branchenuntersuchung_Gesundheit_DE.pdf)

2.   https://goeg.at/OESG

3.   https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Gesundheitssystem/Gesund­heitssystem-und-Qualitaetssicherung/Planung-und-spezielle-Versorgungsbereiche/
Der-Österreichische-Strukturplan-Gesundheit-–-ÖSG-2017.html

4.   https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/news/Planstellen_unbesetzt.html

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ord­nungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Gabriela Schwarz. – Bitte.


11.05.32

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Lieber Philip Kucher – er hört mir zwar jetzt nicht zu, aber vielleicht interessiert es Sie! Ich habe das schon im Ausschuss festgestellt: Wenn zitieren, dann bitte richtig!

Es gab seinerzeit eine schriftliche Stellungnahme von Sebastian Kurz und dem Kollegen Strache, in der explizit drinnen steht, dass innerhalb der Sozialversicherungen gleiche Beiträge und gleiche Leistungen gelten. „Leistungsharmonisierung innerhalb der ÖGK“, so ist es schriftlich festgehalten. (Zwischenruf des Abg. Kucher.) – Ein falsches Zitat wird auch nicht richtig, wenn du es wiederholst. Ich empfehle nachzulesen und bitte, bei der Wahrheit zu bleiben.

Mein zweiter Punkt zum Thema Wahrheit: Ich weiß nicht, wie es im Kärntner Landesver­band des Österreichischen Roten Kreuzes ist, aber unsere Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter, ehrenamtlich wie hauptberuflich, waren von Anfang an gut geschützt. – So viel noch dazu. (Beifall bei der ÖVP.)


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Jetzt komme ich zum eigentlichen Thema, zum Thema Budget. Zwei wichtige Teilbe­reiche möchte ich herausnehmen. Ein Bereich, der mir ein besonderes Herzensanliegen ist, ist die psychische Gesundheit. Ich habe es schon mehrmals erwähnt: Es gibt we­sentlich mehr kassenfinanzierte Therapieplätze vonseiten der ÖGK, es gibt zusätzlich 13 Millionen Euro für Kinder und Jugendliche, die besonders unter der Pandemie gelitten haben. Ich möchte mich an dieser Stelle bei den Berufsverbänden der Psychotherapeu­tInnen und PsychologInnen bedanken, die dieses Konzept gemeinsam erarbeitet haben und auch umsetzen werden.

Überhaupt ist es uns gelungen, gemeinsam mit allen, die in diesem Gebiet arbeiten, ob Psychiatrie, Psychologie oder Psychotherapie, einen Plan aufzusetzen, den wir auch umsetzen werden. Worum geht es? – Es geht um niederschwellige Angebote, es geht darum, dass Menschen endlich aus dem Tabu der psychischen Krankheit oder der psy­chischen Leiden herauskommen und zielgerichtet die Behandlung bekommen, die sie tatsächlich brauchen, ohne lange herumzuirren, egal, welche Art der Behandlung sie benötigen.

Geplant sind auch wesentlich mehr vollfinanzierte Kassenplätze im Bereich der Psycho­therapie. Was braucht es dazu? – Ein taugliches Psychotherapiegesetz und für Psycho­logInnen die Möglichkeit, auch draußen zu praktizieren. Auch das ist in Umsetzung.

Das zweite Thema, das natürlich auch extrem wichtig ist, ist die ärztliche Versorgung im ländlichen Bereich, die Attraktivierung der Landarztstellen, auch der kassenfinanzierten Landarztstellen, durch Maßnahmen wie den Facharzt für Allgemeinmedizin – ein Zei­chen der Wertschätzung –, aber auch neue und flexiblere Modelle, wesentlich mehr Möglichkeiten, um Primärversorgungseinheiten oder Gruppenpraxen zu errichten. Auch da wird es einen flächendeckenden Plan geben, denn auch da müssen wir zielgerichtet arbeiten, und dort, wo es notwendig ist, die richtige Institution und die richtige Möglichkeit schaffen.

Ein Thema, das wir gerade in Zeiten der Pandemie auch nicht außer Acht lassen sollten, ist die Prävention. Bitte gehen Sie zu den Vorsorgeuntersuchungen! Die Ärztinnen und Ärzte sind für Sie da. Bitte lassen Sie diese Möglichkeit nicht außer Acht! Ich appelliere noch einmal dringend: Nehmen Sie die Möglichkeit des dritten Stichs wahr, wenn Sie dran sind! Und wenn Sie noch nicht geimpft sind, lassen Sie sich bitte impfen! – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.08


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fiona Fiedler. – Bitte.


11.08.49

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Frau Präsidentin! Werter Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Das Gesundheits­budget ist erneut ein reiner Durchlaufposten an Geldern ohne Steuerungshebel.

Für 2022 sind die coronabedingten Ausgaben auf 3,2 Milliarden Euro angewachsen, weil das Pandemiemanagement der Bundesregierung so miserabel ist. So verschlingt das Budget ein weiteres Jahr 1,3 Milliarden Euro für die Krisenbewältigung, die in Österreich wahrscheinlich deutlich länger dauern wird als in anderen westeuropäischen Ländern.

804 Millionen Euro sind für die Krankenanstalten vorgesehen, obwohl Sie da nur Geld überweisen, ohne zu prüfen, ob die Krankenanstalten die entsprechende Behandlungs­qualität liefern; und aus den Qualitätsberichten wissen wir, dass die Qualitätsunterschie­de zwischen den Krankenhäusern enorm sind. 860 Millionen Euro sind für die Sozialver­sicherung vorgesehen – ein dauerhafter Durchlaufposten, Tendenz stark steigend. Unter anderem ist das ja der Ersatz für die KV-Beiträge oder Beitragssubventionen für die


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 341

Bauernkrankenkassen – tja, Bauernkrankenkassen: Die ÖVP gibt vor, die Grünen tan­zen nach.

Auch bei diesem Budgettitel hat das Gesundheitsministerium keinen Steuerungshebel vorgesehen, wie gesagt: Durchlaufposten.

Lediglich 70 Millionen Euro fallen für die Gesundheit Österreich GmbH und die Ages an, womit eine Budgetsteigerung von nur 0,3 Prozent vorgesehen ist. Interessanter Budget­ansatz, immerhin sind GÖG und Ages für die Expertise und Analysen in der Pandemie zuständig – aber Analysen und Expertisen braucht das Ministerium wohl nicht, es zählt das gesprochene Wort der Landesfürsten.

Bei der Primärversorgung sind zwar zusätzliche Budgetmittel geplant, aber wofür, weiß niemand. In der Budgetanfragebeantwortung haben Sie mir erklärt, dass die zusätzli­chen Mittel jedenfalls nicht für einen Abrechnungskatalog der Primärversorgungspflege mit den Kassen vorgesehen ist – sehr traurig.

Skandalös finde ich, dass das Ministerium bei den Budgetanfragen unsere Fragen zu den Pflegeheimverstorbenen nicht zugelassen hat, weil angeblich nicht budgetrelevant. Nicht budgetrelevant? – Entschuldigen Sie bitte, aber gleichlautende Anfragen wurden 2020 sehr wohl zugelassen. Wir haben damit das Problem zum Thema gemacht, dass die meisten Pflegeheimbewohner 2020 erst in der zweiten Welle verstorben sind, weil die Regierung auch im Sommer 2020 geschlafen und keine Maßnahmen für die Pfle­geheime getroffen hatte. Wir haben mit diesen Anfragen wahrscheinlich noch mehr Tote in Pflegeheimen und einen härteren Lockdown verhindert – und Sie bezeichnen die An­fragen als nicht budgetrelevant, okay.

Jetzt noch kurz zum Impfen in der Apotheke: Auch dafür sind keine zusätzlichen Bud­getmittel vorgesehen, aber da blockieren Sie, Ihr Amtsvorgänger Anschober, die Grünen und die ÖVP ja schon länger. Gleichzeitig wundern Sie sich, warum die Impfquote in Österreich so niedrig ist.

Kurz zu Ihnen, lieber Kollege Kaniak: Wo sind Sie vom richtigen Weg abgekommen? Die FPÖ unterstützte uns bisher mehrfach bei der Forderung nach Impfungen in Apothe­ken – gestern seid ihr dann plötzlich dagegen gewesen. Es geht aber dabei ja um keine Impfpflicht, sondern lediglich darum, dass sich die Menschen nahe ihres Wohnorts in der Apotheke impfen lassen können.

Dass die Ärztekammer da blockiert, ist mir klar, aber dass Sie als Apotheker nun auf diesen Antiapothekerkurs der Regierung aufspringen, finde ich interessant. Haben Sie schon Feedback von Ihren Apothekerkollegen bekommen? Überraschung: Sie bekom­men heute wieder die Möglichkeit, dem Antrag zuzustimmen. (Abg. Kaniak: ... so formu­liert, dass wir nicht mitstimmen können!)

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Impfen in der Apotheke“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird auf­gefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regierungsvorlage vorzulegen, die das Impfen in Apotheken durch ein entsprechend geschultes Apothekenpersonal ermög­licht.“

*****


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Zusammenfassend: Beim Gesundheitsbudget gibt es nichts Neues, keine Ziele, keinen Plan, keine Steuerungshebel. Das Gesundheitsbudget ist ein reiner Durchlaufposten, der dafür nächstes Jahr höher ausfällt, weil die Kosten der Krisenbewältigung weiter steigen – im Gegensatz zu Staaten mit erfolgreicherem Pandemiemanagement. – Dan­ke. (Beifall bei den NEOS.)

11.13

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Fiona Fiedler Kolleginnen und Kollegen

betreffend Impfen in der Apotheke

eingebracht im Zuge der Debatte in der 129. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Budgetausschusses über TOP 4: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes­voranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 - BFG 2022) (1157 d.B.) samt Anlagen – UG 24

Größeres Impfangebot erhöht die Durchimpfungsraten

Je größer das Angebot beim Impfen, desto höher sind die erzielten Durchimpfungsraten. Einige sehr progressive Länder lassen deshalb während der COVID-Pandemie sogar in Bars (Israel) oder Supermärkten (USA) impfen. Für Österreich wäre jedoch zumindest das Ermöglichen für das Impfen in den Apotheken schon ein sehr großer Schritt, was in vielen europäischen Ländern auch schon seit Jahren praktiziert wird. In der Schweiz gibt es deshalb die sogenannten "Impfapotheken" mit entsprechend geschultem Personal (1). Ab Mai soll in den Schweizer Apotheken sogar mit den COVID-Impfstoffen geimpft werden dürfen (2), um die größeren COVID-Impfstoff-Liefermengen rascher impfen zu können. Vor allem für die folgenden COVID-Impfstoffwellen 2022 ist ein breites nieder­schwelliges Angebot wichtig, um die Impfbereitschaft und die Durchimpfungsraten hoch zu halten.

Impfschulungen für Apothekerpersonal laufen bereits

Dass mehrere Stationen im Impfprozess dem Ziel einer höheren Durchimpfungsrate entgegenstehen, haben nun auch die Gesundheitslandesräte erkannt und ein Impfen in der Apotheke vorgeschlagen (3). Entsprechend dem Vorschlag der Gesundheitslandes­räte müssen nun schleunigst die gesetzlichen Grundlagen für ein Impfen in der Apotheke geschaffen werden. Allein die Zeitersparnis, die gerade berufstätige Eltern für sich und ihre Kinder dadurch haben werden, spricht für ein rasches Vorgehen. Die entsprechen­den gesetzlichen Schritte für das Impfen in der Apotheke wären auch eine Anerkennung der Leistungen der Apothekerschaft, die bereits mit den Impfschulungen begonnen hat (4).

Budget: Impfkosten gegenüber Testkosten und Pandemiekosten verhältnismäßig minimal

Aus dem Budget und der Debatte im Budgetausschuss geht hervor, dass die COVID-bedingten Testkosten (1,6 Mrd. Euro) die Impfkosten (0,4 Mrd. Euro) dieses Jahr um ein Vielfaches übersteigen, wobei die Testungen keinen Schutz gegen das Virus darstellen. Darüber hinaus wird die Pandemie das Budget mit bis zu 70 Mrd. Euro (2020-2022) belasten (Wirtschaftshilfen, Arbeitslosigkeit, etc.) (5). So ist es also auch aus budgetärer Sicht absolut sinnvoll, das Impfangebot auf die Apotheken auszuweiten, um eine höhere COVID-Durchimpfungsrate zu erreichen und um damit Pandemie- und Testkosten zu sparen.

Quellen:

(1)  https://impfapotheke.ch/


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 343

(2)  https://www.zh.ch/de/gesundheit/coronavirus/coronavirus-impfung/impforte.html

(3)  https://www.diepresse.com/5822982/impfen-bald-auch-in-apotheken-moglich

(4)  https://www.profil.at/oesterreich/rechtlicher-druck-aerztevertreter-stoppten-impf-schulung-fuer-apotheker/401361644

(5)  https://www.wu.ac.at/other/zukunftsperspektiven-nach-der-coronakrise-1/corona-qa-details/detail/was-hat-corona-bis-jetzt-den-oesterreichischen-staat-gekostet

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird auf­gefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regierungsvorlage vorzulegen, die das Impfen in Apotheken durch ein entsprechend geschultes Apothekenpersonal ermög­licht."

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bedrana Ribo. – Bitte.


11.13.11

Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! In der Budget­sitzung werden immer wieder diverse Themen angesprochen, ich möchte heute ein Thema in den Fokus rücken, das nicht groß im Budget zu finden, trotzdem aber sehr wichtig ist. Ich möchte heute über ein Thema sprechen, das mir wichtig ist, aber uns allen sehr wichtig sein sollte, es geht um die Young Carers.

Was sind Young Carers? – Young Carers, 70 Prozent davon weiblich, sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, die Familienangehörige wie Eltern, Geschwister oder Großeltern pflegen beziehungsweise betreuen. In Österreich gibt es 43 000 Young Ca­rers, das heißt, 43 000 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen fünf und 18 Jahren.

Jedes Jahr im November wird auf die Situation der Kinder und Jugendlichen aufmerksam gemacht, der November ist ja der Monat der Kinderrechte. Das Thema findet da und dort sogar Platz in einem Zeitungsartikel – den Rest des Jahres wird dann nicht mehr viel darüber gesprochen, diese Kinder sind aber weiterhin da.

Keines dieser Kinder hat auf der Stirn stehen: Ich bin ein pflegendes Kind, ich pflege meine Mama oder meinen kranken Bruder neben der Schule. Oft wissen das nicht ein­mal die engsten Familienmitglieder, oft wissen das nicht einmal die besten Freunde, man erzählt das nicht herum. Es ist mit viel Scham verbunden, mit viel Angst: Darf man da­rüber sprechen? Mit wem darf ich darüber sprechen, mit der Lehrerin, mit dem Lehrer? Darf ich ihm vertrauen? Darf ich wirklich zugeben, dass es mir zu viel ist? Darf ich zu­geben, dass es uns zu viel ist, dass wir oder ich Hilfe brauchen? Kommt dann das Ju­gendamt, werde ich meiner Mama weggenommen? – Das sind große Ängste für ein Kind, glaubt mir, ich spreche aus Erfahrung.

Diese Kinder und Jugendlichen sind oft mit der Situation überfordert, vom System allein­gelassen, auf sich allein gestellt, unsichtbar. Genau das muss sich aber ändern und das soll sich ändern.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 344

Nun gibt es zwei Projekte des Gesundheitsministeriums, die genau diese wichtige The­matik ansprechen und helfen sollen, die Young Carers aus der Unsichtbarkeit zu holen. Erstens das Projekt #visible, das medial schon vorgestellt wurde: Durch eine nieder­schwellige Onlineberatung werden Kinder und Jugendliche mit psychisch erkrankten Eltern unterstützt, in Österreich sind das immerhin über 275 000 Kinder, die betroffen sind.

Als Zweites soll bald auch die App für Young Carers kommen. Die App soll individuell Hilfestellungen für pflegende Kinder und Jugendliche, aber auch für Familienangehörige anbieten. Es wird darin praktische Links, Kontakte, Informationsmaterial, ein sogenann­tes ABC für Young Carers und vieles mehr geben.

Man sieht an diesen zwei Projekten, dass es nicht immer Millionen braucht, um in be­stimmen Bereichen Akzente zu setzen, aber es braucht Geduld und es braucht Mut. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie der Abg. Strache.)

Ich danke heute allen, die bei der Realisierung dieser Projekte mitgewirkt haben. Ich danke auch allen, die bei diesem Thema drangeblieben sind, die weiterhin für dieses Thema kämpfen.

Zum Schluss habe ich noch eine Bitte an Sie alle: Schauen Sie nicht weg, schauen Sie genau hin, vielleicht gibt es auch in Ihrem Umfeld ein pflegendes Kind, einen Young Carer! Machen Sie auf diese zwei Projekte aufmerksam, helfen Sie! – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

11.17


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Wolfgang Mückstein zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


11.17.39

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Dr. Wolfgang Mückstein: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich darf Ihnen nun noch einige Punkte aus dem Gesundheitsbud­get vorstellen. Wir haben ein breites Maßnahmenbündel zur Attraktivierung der Primär­versorgung und der Allgemeinmedizin geschnürt: Durch flexible Arbeitszeitmodelle und multiprofessionelle Teamarbeit wird etwa die Allgemeinmedizin in ländlichen Regionen attraktiver gemacht. Allein im nächsten Jahr werden wir 25 Millionen Euro aus dem euro­päischen Resilienzfonds für die Primärversorgung verwenden. Ziel ist es, bis 2026 die Zahl der Primärversorungseinheiten in Österreich zu verdoppeln. Teil dieser Attraktivie­rung wird auch die Einführung des Facharztes für Allgemeinmedizin sein.

Ab 2022 wird es das Kompetenzzentrum Klima und Gesundheit der Gesundheit Öster­reich GmbH geben, das wird aufgebaut. Dieses Kompetenzzentrum soll eine nationale Strategie zu Klima und Gesundheit entwickeln und sektorenübergreifende Koopera­tionen unterstützen.

Im Bereich Tiergesundheit und Tierschutz machen wir ebenfalls große Schritte nach vorne: Wir investieren in die Weiterentwicklung des Österreichischen Tiergesundheits­dienstes und schaffen dadurch eine moderne Organisation. Damit verbessern wir die Tiergesundheit, und das wird auch der Gesundheit der Menschen helfen, Stichwort Anti­biotikaresistenzen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Weiters möchte ich das neue Amt für VerbraucherInnengesundheit erwähnen: Wir ver­fügen damit ab 2022 über eine neue Institution, um die Lebensmittelbehörden in Öster­reich zu unterstützen. Die Kontrolle entlang der Lebensmittelkette – vom Feld bis auf den Teller – und die Sicherheit der Lebensmittel in Österreich werden damit nachhaltig gestärkt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 345

Beim Tierschutz erhöhen wir außerdem die bestehenden Förderungen für Tierschutzbil­dung und stärken den Kampf gegen den illegalen Welpenhandel. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

11.19


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Verena Nuss­baum. – Bitte.


11.20.13

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrtes Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! ÖVP-Regierungsmitglieder behaupten seit dem Sommer 2020, vor allem in den Frühjahrs- und Sommermonaten, die Coronapandemie sei schon vorbei. Offensichtlich verschließt die Bundesregierung die Augen vor den Tat­sachen und Fakten und handelt – wie wir leider Gottes heute wieder sehen, 14 000 Neu­infektionen wurden gemeldet – einfach zu spät. Wir schlittern von einer Infektionswelle in die nächste und man hat so das Gefühl, die Bundesregierung arbeitet immer von ei­nem Moment auf den anderen und denkt dabei gar nicht an die Zukunft.

Ungefähr so kommt uns auch das Gesundheitsbudget vor. Wir wissen jetzt, dass in den nächsten zehn Jahren aufgrund von Pensionierungen dringend neue Ärztinnen und Ärz­te gebraucht werden, um unser Gesundheitssystem, das wir bisher kennen, so gut auf­rechterhalten zu können. Die Bevölkerung hat ein hohes Vertrauen in unser Gesund­heitssystem und vor allem auch in die Sozialversicherung, denn das Sachleistungsprin­zip, dass ich zum Arzt gehe und die Leistungen bekomme, ist ein zentrales Thema in Österreich bei der Gesundheitsversorgung.

Jetzt ist es natürlich schon interessant, dass sich die ÖVP bezüglich Leistungsharmo­nisierungen da rausmanövrieren will, dass sie sagt: Nein, nein, die Zweiklassenmedizin wollten wir eh nicht abschaffen, die wollen wir jetzt noch einzementieren!, so wie Abge­ordnete Schwarz, die gemeint hat, nur die ÖGK-Versicherten sollen eine einheitliche Leistung kriegen, aber die Beamten und die Selbstständigen können schon bessere Leistungen bekommen. (Beifall bei der SPÖ.) Da sieht man wieder die Wertigkeit, denn im Endeffekt geht es eben um die Finanzen: Welcher Versicherte ist mehr oder weniger wert?

Auch von der Patientenmilliarde, die ja immer sehr stark propagiert worden ist und wo behauptet wurde, was man alles durch die Sozialversicherungsreform einsparen wer­de – wir haben immer gesagt, das ist eine Zerschlagung der Sozialversicherung –, hört man gar nichts mehr. (Zwischenruf des Abg. Hauser.) Diese Milliarde war leider ein Mär­chen, das haben wir von Anfang an gesagt und das bestätigt sich auch jetzt noch immer, sie ist inexistent.

Wir könnten aber mehr Geld im Gesundheitssystem gut gebrauchen, denn was passiert denn mit dem niedergelassenen Bereich? Immer mehr Ärztinnen und Ärzte gehen in Pension, das ist ihr gutes Recht, das Problem ist aber, dass wir jetzt nicht nur eine Zwei­klassengesellschaft bei den Leistungen haben, sondern auch das Stadt-Land-Gefälle schon ein großes Problem ist, dass es Regionen gibt, wo es weder fachärztliche Versor­gung noch kassenvertragliche allgemeinmedizinische Versorgung gibt. Da ist Handlung auch extrem notwendig und da kann man nicht sagen, wir machen Projekte und schau­en, wann es dann möglich ist.

Auch im Spitalsbereich ist es inzwischen fünf nach zwölf – um wieder auf diese Aktion von voriger Woche aufmerksam zu machen –, da nach einer Umfrage jeder zweite Arzt daran denkt, dem Spital den Rücken zu kehren. Wahlärzte sind ja nach wie vor sehr attraktive Posten, denn da kann man verlangen, was man will, und kann sich auch sein Leben sehr gut einteilen.

Daher bringe ich jetzt folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 346

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „medizinische Versorgungsoffensive“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sofort ein Maßnahmenpaket umzusetzen, das eine ausreichende medizinische Versorgung der österreichischen Bevölkerung durch insbesondere folgende Inhalte sicherstellt:

- Verdoppelung der Medizinstudienplätze in Österreich, die daran geknüpft werden, nach Abschluss der Ausbildung im öffentlichen Gesundheitsbereich und/oder im Sachleis­tungsbereich (Kassenvertragsstelle) für eine bestimmte Zeit tätig zu sein

- Ausstattung der Universitäten mit den dafür erforderlichen Budgets

- Kassenverträge für alle ÄrztInnen, die einen Vertrag wollen

- Aufwertung der HausärztInnen

- weniger Belastung von SpitalsärztInnen z.B. durch Delegierung von Tätigkeiten an das Gesundheitspersonal und

- Schaffung besserer Arbeitsbedingungen.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.24

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kucher, Genossinnen und Genossen betreffend medizinische Versor­gungsoffensive

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Budgetausschusses über die Regie­rungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) – UG 24 Gesundheit

In den nächsten zehn Jahren ist aufgrund der Altersstruktur mit einem Rückgang der besetzten Arztstellen um ca. 5,5 Prozent von aktuell rund 47.000 auf 44.400 im Jahr 2030 zu rechnen, so eine Studie der Simulationsforscher Nikolas Popper und Claire Rippinger im Auftrag der Bundeskurie niedergelassener Ärzte. Laut dieser Studie wirkt sich dieser Rückgang vor allem auf die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte aus. Die Zahl der niedergelassenen Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner falle bei den Kas­senärztinnen und Kassenärzten von 4.100 auf 3.450 und bei den Wahl- und Privat­ärztinnen und -ärzten von 4.500 auf 3.800. Danach bleiben die Zahlen konstant auf die­sem niedrigen Niveau. Im Facharztbereich seien die Fächer Augenheilkunde, Frauen­heilkunde, Innere Medizin und Urologie jeweils im Kassenbereich am stärksten be­troffen.

Auch eine Umfrage der Wr. Ärztekammer unter SpitalsärztInnen zeigt dramatische Er­gebnisse. 52 Prozent der SpitalsärztInnen haben demnach bereits überlegt, den Job zu wechseln bzw. zu kündigen, knapp ein Fünftel denkt darüber sogar oft oder sehr oft nach.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 347

Wir brauchen pro Jahr mindestens 1.450 ÄrztInnen (um Status quo zu erhalten), wir haben aber nur 840. Es gäbe genug, man muss sie nur lassen: Über 16.000 junge Men­schen wollen pro Jahr ÄrztInnen werden, nur 1.680 bekommen einen Platz.

Gleichzeitig steuert Österreich ungebremst auf einen Ärztemangel zu und unser Ge­sundheitspersonal in den Spitälern ist aufgrund des bereits vorhandenen Personalman­gels einer hohen Arbeitsbelastung ausgesetzt. Diese Arbeitsbelastung hat sich während der Corona-Krise massiv verschärft.

Die SPÖ schlug bereits in der Vergangenheit ein Bündel an Maßnahmen vor, mit dem Verbesserungen im Bereich der Ausbildung und im Bereich der Arbeitsbedingungen für das Gesundheitspersonal – ÄrztInnen und PflegerInnen – rasch umgesetzt werden könnten.

Insbesondere werden wir in Zukunft nicht weniger, sondern mehr Ärzte brauchen. Es sollten daher auch mehr ÄrztInnen ausgebildet werden, indem man die Medizinstudien­plätze deutlich erhöht. Dazu muss die Bundesregierung den Universitäten aber auch die finanziellen Mittel einräumen.

Für alle ÄrztInnen, die im niedergelassenen Bereich tätig sind, oder es künftig sein wollen, soll in Zukunft die Möglichkeit offenstehen, einen Kassenvertrag zu erhalten. Un­abhängig vom bisherigen Stellenplan. Aufgrund der bevorstehenden Pensionierungs­welle ist die Sachleistungsversorgung der Bevölkerung gefährdet. Immer mehr muss auf WahlärztInnen ausgewichen werden, die sich aber nicht alle leisten können. Wir brauchen daher mehr KassenärztInnen, die auf Kosten der Krankenkassen Gesund­heitsleistungen erbringen. Durch die Öffnung des Zuganges zu Kassenverträgen kann hier Vorsorge getroffen werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sofort ein Maßnahmenpaket umzusetzen, das eine ausreichende medizinische Versorgung der österreichischen Bevölkerung durch insbesondere folgende Inhalte sicherstellt:

•     Verdoppelung der Medizinstudienplätze in Österreich, die daran geknüpft werden, nach Abschluss der Ausbildung im öffentlichen Gesundheitsbereich und/oder im Sachleistungsbereich (Kassenvertragsstelle) für eine bestimmte Zeit tätig zu sein

•     Ausstattung der Universitäten mit den dafür erforderlichen Budgets

•     Kassenverträge für alle ÄrztInnen, die einen Vertrag wollen

•     Aufwertung der HausärztInnen

•     weniger Belastung von SpitalsärztInnen z.B. durch Delegierung von Tätigkeiten an das Gesundheitspersonal und

•     Schaffung besserer Arbeitsbedingungen.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Josef Smolle. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 348

11.24.59

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegin­nen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Budget, das wir heute diskutieren, ist ja aus einer Krisensituation heraus entwickelt worden. Es weist aber in die Zukunft und es ist auch in der Lage, klare Akzente zu setzen, insbesondere freut mich der ökosoziale Ansatz, der deutlich spürbar ist.

Ganz konkret zum Gesundheitsbudget: Dieses macht gut 3,2 Milliarden Euro aus. Damit ist natürlich jetzt nur das unmittelbare Gesundheitsbudget des Bundes gemeint, aber noch 2019 waren das lediglich 1,2 Milliarden Euro. Das heißt, man ist hier durchaus wil­lens und auch in der Lage, rasch und dynamisch auf besondere Herausforderungen, wie es diese Pandemie eben ist, zu reagieren.

Aber unabhängig davon gibt es wertvolle Akzente für die kommenden Jahre. Genannt worden ist schon die Förderung der Primärversorgung, einerseits der Primärversor­gungseinheiten generell, aber auch die Aufwertung des Arztes/der Ärztin für Allgemein­medizin, die das Facharztniveau auch in der Ausbildung und in der Anerkennung be­kommen. Das betrifft auch die Einführung der Communitynurses, die gerade in Präven­tionsfragen besonders wichtig sein werden und auch Menschen, bevor sie in die Pflege­bedürftigkeit kommen, Hilfestellung geben und die richtigen Maßnahmen in die Wege leiten.

Es wird im Gesundheitssystem auch in der Digitalisierung etliches gemacht. Bekanntlich hat der E-Impfpass im heurigen Jahr einen Boost erfahren, aber auch Elga wird weiter ausgebaut, und natürlich wird die digitale Kommunikation in den kommenden Jahren im Gesundheitswesen eine wesentliche Rolle spielen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schallmeiner.)

Aus sozialer Sicht ist für mich auch die verstärkte Förderung der frühen Hilfen etwas Besonderes. Hilfestellung für ganz kleine Kinder, aber auch davor schon Müttern in der Schwangerschaft, die vielleicht unter schwierigen Verhältnissen leben, frühzeitig Hilfe anzubieten, ist, glaube ich, etwas sehr, sehr Wertvolles.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mein Highlight bei den Wirkungszielen im Gesundheits­wesen ist das Wirkungsziel Nummer eins, nämlich das Bekenntnis, ein niederschwel­liges, auf hohem Niveau arbeitendes, solidarisch finanziertes Gesundheitswesen für alle Menschen in unserem Land zur Verfügung zu stellen. Das ist ein ganz entscheidendes Ziel. Wir werden das hier weiter festigen und ausbauen, und ich glaube, wir können sa­gen: Kaum ein Land auf der Welt kommt diesem Ziel so nahe oder hat darin so viel erreicht wie Österreich. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.28


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gerald Hauser. – Bitte.


11.28.12

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Frau Präsidentin! Der Minister hat sich zwischenzeitlich verabschiedet! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich setze nahtlos bei meiner Rede fort, die ich gestern zur Wirtschaft gehalten habe und in der ich Ihnen von der Harvard-Studie erzählt habe. Harvard hat festgestellt, dass es eben keinen Zu­sammenhang zwischen der Impfquote und den Infektionen gibt. Dann wäre die Sache ja relativ einfach, dann wäre tatsächlich die Konzeption der ÖVP mit dem „impfen, impfen, impfen“ erfolgreich, was sie natürlich nicht ist.

Ich habe mir erlaubt, einen Vergleich zwischen einigen Ländern hier auch grafisch und inhaltlich (eine Tafel mit vier Balkendiagrammen auf das Rednerpult stellend) darzustel­len. Sie sehen, ich vergleiche die Länder Holland, Österreich, Kenia und Nigeria. In Holland


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 349

sind 73 Prozent der Bevölkerung doppelt geimpft. Wir in Österreich haben 63 Prozent doppelt Geimpfte – ich habe diese Zahlen aus „Our World in Data“ –, in Kenia 3,7 Pro­zent und in Nigeria 1,49 Prozent. Wenn man jetzt der Logik der ÖVP folgen würde, müsste man erwarten, dass in Nigeria und in Kenia die Infektionszahlen explodieren, dass die Todeszahlen durch die Decke gehen (Zwischenrufe der Abgeordneten Baum­gartner und Loacker) und bei uns und in Holland alles toll wäre. – Hört einmal ein biss­chen zu, bevor ihr immer wieder dazwischenschreit!

Das ist natürlich nicht so. Auch dazu habe ich eine Grafik erstellt (eine Tafel mit einem Kurvendiagramm über die täglichen Neuinfektionen mit Covid-19 in den erwähnten Ländern in die Höhe haltend), und Sie sehen darauf die explodierenden Zahlen für Ös­terreich und Holland – da gehen die Kurven ins Extreme –, während die Kurven für Ni­geria und Kenia de facto am Boden verlaufen. (Abg. Baumgartner: Die sind jünger!)

Wie schauen die Zahlen in absoluten Werten aus? – In Österreich gibt es 8,9 Millionen Ein­wohner, 11 746 Todesfälle – ich habe die Zahlen von der Johns Hopkins University über­nommen. Holland hat 17,44 Millionen Einwohner, 19 193 Todesfälle, Nigeria hat 206 Mil­lionen Einwohner, in Summe bis jetzt 2 968 Todesfälle – nur! – und Kenia ähnlich: 54 Mil­lionen Einwohner und 5 319 Todesfällen. Wenn man das prozentuell auf die Bevölkerung umlegt, liegen die Zahlen für Nigeria und Kenia im Promillebereich: 0,0014 Prozent in Nigeria, für Kenia 0,0098 Prozent, während in Österreich und Holland die Zahlen bei 0,13 und 0,11 Prozent liegen.

Das heißt also: Wenn die WHO sagt, das sei eine weltweite Pandemie, dann ist der Virus weltweit gleich, dann sprechen die Zahlen eine klare Sprache. Damit ist die Harvard-Studie inhaltlich voll und ganz untermauert, mit der Konsequenz, dass eine Erhöhung der Impfquote die Zahl der Infektionen natürlich nicht zurückdrängt. (Abg. Loacker: Dass solche Leute in den Nationalrat kommen, ist ein Wahnsinn!)

Ich weiß schon, dass das euer Narrativ zerstört, das weiß ich. (Abg. Loacker: Ich schä­me mich für mein ... Tiroler ...!) Das weiß ich. Ich darf noch hinzufügen, dass auch der WHO-Direktor für Europa, Dr. Hans Kluge, gesagt hat: Mit Impfungen stoppen Sie die Pandemie nicht. – So viel dazu.

Was ignorieren Sie? (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Was ignoriert das österreichische Parlament bis auf die Freiheitliche Partei? (Abg. Stögmüller: Entwurmungsmittel!) Was ignoriert vor allem der Mainstream? (Abg. Leichtfried: Herr Kollege ...!) Herr Gesund­heitsminister, was ignorieren auch Sie nach wie vor, obwohl Sie beginnen, den Ernst der Lage zu begreifen, aber von der ÖVP gestoppt werden, weil die ÖVP ihr Narrativ, dass Impfungen gegen alles helfen, natürlich aufrechterhalten will und damit ungebremst auf die Ungeimpften losgeht? – Sie ignorieren die CDC, den Weekly Report vom 6. August, in dem festgestellt wurde, dass Geimpfte natürlich den Virus aufschnappen und weiter­geben – zum Teil in einer höheren Intensität weitergeben – können. (Ruf bei der ÖVP: Aspirin!) Sie ignorieren die eigene Ages, die permanent von Impfdurchbrüchen berichtet. Zum Beispiel: 2. September, für über 60-Jährige bei 68,62 Prozent – das ist doch alar­mierend!

Sie ignorieren die Impfnebenwirkungen, die an die EMA gemeldet wurden. Das ignorie­ren Sie. Sie ignorieren, dass zwischenzeitlich 17 252 Tote gemeldet wurden. Sie ignorie­ren Nebenwirkungen – inzwischen wurden 1 161 000 leichte, mittlere und schwere Ne­benwirkungen gemeldet. Das schieben Sie alles weg. Sie ignorieren auch die Todesfälle trotz Impfungen. Ich darf da auch zwei Beispiele bringen. Der frühere CDC-Direktor Ro­bert Redfield hat am 19. Oktober bekannt gegeben, dass etwa 40 Prozent der jüngsten Covid-Todesfälle in Maryland doppelt geimpft waren.

Ich sage Ihnen abschließend noch eines, und (eine Tafel auf das Rednerpult stellend, auf der die Aufschrift „Britische Regierungsagentur:“ „11.10.2021 - 07.11.2021“ „Covid-19


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 350

Tote: 4.135“ „Davon geimpft: 3.284 / 79,9%“ zu lesen ist) schauen Sie sich diese Tafel bitte genau an! Die Briten, nämlich die britische Regierungsagentur, die United Kingdom Health Security Agency, sind mittlerweile diejenigen, die am korrektesten und täglich zu den Covid-Todesfällen berichten. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Schaut euch das bit­te an! Schaut euch das an! Sie hat für den Zeitraum 11.10. bis 7.11. berichtet, dass es in England 4 135 Todesfälle gegeben hat – das ist die Regierungsagentur –, davon wa­ren 3 284 doppelt geimpft, also 79,9 Prozent. (Abg. Stögmüller: Impfungen ... ge­samt ...!) Vergessen Sie bitte das Narrativ, klären Sie die Bevölkerung endlich einmal auf und gehen nicht mit Ihrer Hetze permanent gegen Ungeimpfte vor, die diese Zahlen kennen und sich selber schützen wollen! – Ich danke. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

11.34


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Werner Saxinger, Sie sind nun zu Wort gemeldet. Bitte.


11.34.45

Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! (Abg. Brandstätter: Bitte, Herr Doktor, heißt das, dass wir nicht impfen sollen?) Ich wollte mich heute eigentlich nicht zur FPÖ äußern – ich habe das gestern ausführlich getan –, aber, lieber Kollege Hauser, Ihre Reden und Argumente sind wirklich die beste Werbung für die Impfung. Ein Vergleich der Zahlen in Europa mit denen in Nigeria und Kenia sind wirklich eine intellektuelle Zumutung. Das muss man einmal sagen. (Beifall bei ÖVP, Grünen und NEOS.)

Kommen wir aber zum Thema: Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts. (Abg. Hauser: Lass dir sagen ... letzten Tafel!) Dieser banale aber sehr weise Spruch wird uns gerade in Coronazeiten immer wieder bewusst. Der österreichischen Regierung ist die Gesundheit der Bevölkerung sehr viel wert.

Der Entwurf zum Bundesvoranschlag 2022 stellt für die Gesundheit Auszahlungen in Höhe von 3,2 Milliarden Euro dar. Das ist eine Steigerung von 3,9 Prozent. Die Steige­rung ist aber hauptsächlich für die Finanzierung der Maßnahmen zur Krisenbewältigung bedingt. Ich nehme mir einen Teil heraus, mein Lieblingsthema: die Covid-Impfstoffe. Wissen Sie, wie viel wir bisher für die Impfstoffe und wie viel für die Testungen ausgege­ben haben? – Bisher haben wir für die Impfstoffe 460 Millionen Euro ausgegeben, für die Testungen das Dreifache. Das heißt: Konservative Schätzungen im Ministerium ge­hen von bis zu 1,8 Milliarden für Testungen bis zum Jahresende 2021 aus. Umgekehrt wäre es mir lieber, das muss ich Ihnen sagen. Dann hätten wir wahrscheinlich kein Pro­blem mehr. Testen ersetzt das Impfen nicht – besser impfen als testen. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Kassegger: Aber Impfen ersetzt das Testen auch nicht!)

Ein paar weitere Zahlen aus dem Gesundheitsbudget – es sind Zahlen im Detail, aber sehr interessant: In den ersten neun Monaten 2021 haben wir 183 Millionen Euro für die Impfstoffe ausgegeben, für die Logistik – das ist Übernahme, Lagerung, Verteilung – 12 Millionen Euro und für Zubehör 4,7 Millionen Euro. Für 2022 sind 529 Millionen für Impfstoffe budgetiert. Das heißt: Wir sind gut für Erst-, Zweitimpfungen und auch Drittsti­che gerüstet.

Österreich beteiligt sich auch an einem EU-Projekt für Schenkungen, denn die Pandemie ist ja erst vorbei, wenn auch in anderen Ländern ausreichend Menschen geimpft sind. (Abg. Hauser: Nigeria vielleicht?) Wir haben an die Ukraine 250 000 Dosen gespendet, an den Libanon 100 000, an Tunesien 50 000 und an den Iran eine Million. Österreich leistet also im internationalen Kampf gegen die Coronapandemie Großartiges. Es ist aber schon skurril und auch traurig für mich: Diese Staaten möchten impfen, haben


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keinen Impfstoff. Wir haben reichlich Impfstoff und müssen die Menschen motivieren und überzeugen. Unsere Impfmüdigkeit und -skepsis ist ein Problem der reichen Länder, der Wohlstandsländer.

Wir leben schon – aus meiner Sicht – in einer sehr eigenartigen Zeit, in der man mittels Lotterie, Geld, Würstel, Schnitzel Leute ködern muss, damit sie eine lebensrettende, wirksame, sichere, kostenlose Impfung in Anspruch nehmen. Das macht mich oft fas­sungslos und traurig, aber es ist so. – Wurscht, Hauptsache es wird geimpft. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Zorba.)

11.37


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abge­ordnete Henrike Brandstötter zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.37.56

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Kollege Hauser hat behauptet, dass die Zahlen in afrikanischen Ländern, nämlich vor allem Kenia und Nigeria, besonders niedrig sind.

Ich berichtige tatsächlich: In diesen Ländern gibt es hohe Covid-Zahlen. Es gibt aber wenig Evidenz darüber, weil so wenig getestet wird, weil Menschen gerade im ländlichen Raum besonders schnell begraben werden, weil über den gesamten afrikanischen Kon­tinent 60 Prozent der Bevölkerung unter 24 Jahre alt sind und weil es vor allem Kreuz­immunisierungen gibt – Stichwort Marburg und Ähnliches. Deshalb sind die Zahlen nied­rig. (Beifall bei NEOS, ÖVP und Grünen.)

11.38


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Gerald Loacker, Sie sind zu Wort ge­meldet. Bitte.


11.38.41

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ja, diese Pandemiegeschichte ermüdet uns alle schon sehr. Die ge­samte Bevölkerung ist schon etwas abgekämpft, und auch wir im politischen Geschäft, aber das wird uns noch länger begleiten. Umso mehr ist es, glaube ich, auch notwendig, darauf zu schauen, was gut funktioniert, was nicht so gut funktioniert und wo wir das Geld in der Pandemiebekämpfung ausgeben.

Aus einer Budgetanfrage wissen wir jetzt, dass wir im heurigen Jahr in Summe Testkos­ten von 1,6 Milliarden Euro haben – 1,6 Milliarden Euro nur für die Testerei, die uns im internationalen Vergleich in der Pandemiebekämpfung jetzt nicht wahnsinnig viel ge­bracht hat, das muss man fairerweise sagen. Die Kosten fürs Impfen betrugen 0,47 Mil­liarden Euro. Das heißt also: 0,47 fürs Impfen und 1,6 fürs Testen. Wenn wir Impfwelt­meister statt Testweltmeister wären, dann würde die Situation – insbesondere in Oberös­terreich und in Salzburg – jetzt anders ausschauen. Deswegen ist es wichtig, das Impfen zu betonen, so schmerzlich das für einen Osttiroler FPÖ-Abgeordneten auch sein mag. (Beifall bei NEOS, ÖVP und Grünen.)

Es zeichnet sich leider ab, dass wir möglicherweise in einen Rhythmus kommen, bei dem wir alle sechs bis zwölf Monate eine Art Auffrischungsimpfung brauchen könnten. (Abg. Belakowitsch: Ich glaube, alle vier Monate! Oder alle zwei!) Das weiß man noch nicht mit Bestimmtheit, aber es ist möglich. Dann wäre es doch einmal angebracht vorauszuschauen: Was heißt denn das, und was muss die Republik tun, wenn es so weit kommt?

Ich glaube, es ist wichtig, den Leuten einmal zu sagen: Diese 2G-Regel, wie wir sie jetzt haben, wird nicht so schnell wegkommen, damit werden wir noch länger zu tun haben – damit man sich darauf einstellen kann, als Bürger, als Erwerbstätiger, selbstständig oder


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unselbstständig. Das heißt auch: Sollte sich herausstellen, dass es eine regelmäßige Auffrischungsimpfung braucht, dass auch da regelmäßig upgedatet werden muss, so wie man bei der Influenza den Impfstoff immer dem Grippevirus anpassen muss, sollte man sich überlegen: Wie machen wir das? Wir werden nicht auf Dauer Impfzentren, Impfbusse haben, Impfen im Stephansdom, Impfen auf der Insel und ich weiß nicht was durchführen. Dann braucht man eine ganz andere Logistik. Das heißt aber auch, dass man bestehende Infrastruktur besser nutzen muss, und dass man sich über Standes­grenzen hinweg der Frage nähern muss, ob nicht Auffrischungsimpfungen auch in einer Apotheke stattfinden können. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das heißt auch, dass man sich mit den Datensilos im Gesundheitswesen befassen muss. Was können wir mit den vielen Daten machen, die wir haben? Wenn das Bun­desland Vorarlberg die Daten der Erst- und Zweitimpfung aus Datenschutzgründen ge­löscht hat und daher nicht aktiv zur Drittimpfung einladen kann, dann sieht man, dass Datenschutz in Österreich zu gesundheitlichen Problemen führt. Das sollte nicht das Ergebnis sein. Wir brauchen einen Datenschutz, der so funktioniert, dass ich nicht die Daten von Kollegen Schallmeiner habe und er nicht meine. Das ist Datenschutz. Aber wir brauchen keinen Datenschutz, der bedeutet, dass eine Gesundheitsbehörde nicht die Daten einer anderen Gesundheitsbehörde hat.

Das heißt, wir müssen uns auch darauf einstellen, die Menschen regelmäßig zu Imp­fungen einzuladen. Das kann ja einen generellen Benefit bedeuten. Es gibt auch andere Impfungen, die aufgefrischt werden müssen, und auch da wäre es dienlich, wenn die Menschen eine Einladung bekommen, weil ihr Impfschutz abläuft. Diesen Fragen, die­sem Vorausdenken stellt sich das Ministerium meines Erachtens gar nicht. Wir sehen im Budget nichts davon.

Was ich auch noch anmerken möchte, weil wir ja grundsätzlich gerne kooperieren, aber das Gefühl haben, dass bei dem Schulterschluss immer eine Schulter fehlt, mit der man schließen möchte (Heiterkeit des Abg. Wurm): Es wurde medial angekündigt, es wird ein Impfpflichtgesetz geben. Meine Fraktion unterstützt Impfpflicht in Gesundheitsberu­fen. Aber wenn ich dann lesen muss, dass Experten diesen Entwurf schon haben und die Parlamentsklubs diesen Entwurf nicht haben, muss ich sagen: Das ist keine Form der Zusammenarbeit. (Abg. Belakowitsch: Das ist nicht wirklich überraschend!) Das ist einfach ein Weiterwurschteln und Improvisieren, wie wir es vom Gesundheitsministerium seit den letzten 20 Monaten kennen. (Abg. Wurm: Ihr seid naiv, Gerald! – Abg. Belako­witsch: „Oe24“ anrufen!) – Ich habe den Entwurf über Twitter von einer Expertin be­kommen. Aber das kann es ja nicht sein, dass ich mir über „Oe24“ und Twitter Entwürfe organisieren muss, weil das Gesundheitsministerium nicht in der Lage ist, fünf Parla­mentsklubs das zuzustellen, was es anderen Leuten auch zustellt! Das ist einfach keine Zusammenarbeit. (Beifall bei den NEOS.)

11.43


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Martina Diesner-Wais. – Bitte.


11.44.04

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren im Parlament! Ich selbst komme aus dem Waldvier­tel, also aus einer ländlichen Region. Flächendeckend gute medizinische Versorgung auf­rechtzuerhalten wird dort eine immer größere Herausforderung, denn die Hausarztordi­nationen können teilweise nur noch schwer oder nicht mehr nachbesetzt werden. So sehen wir: Die Bedürfnisse und Anforderungen der Ärztinnen und Ärzte der neuen Gene­ration sind einfach andere als die der älteren Generation. Im Vordergrund für die Entschei­dung ist oft relevant, wie der Arbeitsplatz ausgestaltet ist und welche Arbeitsbedingungen


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herrschen. Daher finden wir im Budget verstärkt den Ausbau von Gruppenpraxen und der Primärversorgung. Viele legen auch ihren Kassenvertrag zurück.

Eine schnelle Umsetzung des Facharztes für Allgemeinmedizin ist daher ein ganz wich­tiger Punkt. Als Vertreterin des Waldviertels ist für mich entscheidend, dort auch eine gute medizinische Versorgung zu bekommen, denn es kann nicht sein, dass es an der Postleitzahl liegt, wie gut oder wie schnell die medizinische Versorgung ist.

Das Gesundheitssystem besteht aus den Ärzten und aus dem Pflegepersonal. Vergan­gene Woche gab es unter dem Motto „5 nach 12“ einen Hilferuf der Pflegekräfte. Bei der Aktion ist es darum gegangen, dass es einen massiven Pflegekräftemangel gibt. Daher möchte ich die Anliegen der Pfleger und Pflegerinnen hier ins Parlament bringen. Nach der langen Zeit der Pandemie gibt es einen großen Mangel an Kräften. Es wäre natürlich ganz besonders wichtig, Herr Minister, dass man die Pflegereform und die Pflegeaus­bildung beschleunigt. Hier müssen einfach Lücken geschlossen werden. Die Ausbildung darf nicht erst mit 17 beginnen, sondern schon wesentlich früher. Für Ausbildungskosten und Umschulung muss auch Geld in die Hand genommen werden.

Einen Punkt möchte ich aber noch besonders hervorheben: Die ökosoziale Steuerreform findet sich auch im Gesundheitsbudget. Wir haben für 2022 eine Beitragssenkung der Krankenversicherungsbeiträge für niedrige Einkommen von 600 Millionen Euro. Dazu sage ich ein Beispiel: Ein ASVG-Versicherter mit 1 750 Euro Bruttolohn kann sich 300 Euro pro Jahr ersparen. Die bleiben ihm direkt im Geldbörsel.

Wir finden aber in diesem Budget auch einen Posten für Impfungen, Covid-Impfungen. Daher möchte ich Ihnen allen nochmals ans Herz legen:

Lassen Sie sich impfen!

Das ist gut zum Schutz Ihrer eigenen Gesundheit, aber auch für die Gesellschaft und natürlich zum Schutz unseres Gesundheitssystems. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

11.47


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rudolf Silvan. – Bitte.


11.47.18

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich werde mich heute mit meiner Kritik aufgrund der prekären Situation in unserem Land – 14 000 Neuin­fektionen – zurückhalten.

Ich möchte noch einmal kurz auf die Pflege eingehen. Ja, es stimmt, Sie sind in einer schwierigen Situation mit den ÖVP-Landeshauptleuten. Die Performance der ÖVP-Lan­deshauptleute ist ja überschaubar, wie wir in den letzten Wochen gesehen haben. Je­doch sind Sie schon in der Verantwortung, Herr Bundesminister, denn Sie sollten ein Pflegekonzept vorlegen. Sie sollten vorlegen, wie die Finanzierung ausschaut und mit den Landeshauptleuten in Diskurs treten.

Ich möchte noch einige Dinge zur Senkung der Krankenversicherungsbeiträge erwäh­nen. Es ist ja löblich, wenn man die kleinen Einkommen entlastet, aber das hätte man anders machen können. Etwas ist wirklich sehr interessant und logisch, und wer sich mit Lohnverrechnung auskennt, weiß das natürlich: Wenn man die Sozialversicherungsbei­träge senkt, bleibt mehr Futter für die Lohnsteuer übrig. So ist es, dass Herr Finanzmi­nister Blümel bei der geplanten Senkung der Krankenversicherungsbeiträge ordentlich mitschneidet. (Der Redner stellt eine Tafel mit der Überschrift „Senkung der KV-Beiträ­ge“, die Zahlen zu Einkommen, Entlastung und Lohnsteuer auflistet, auf das Rednerpult.)


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Wir haben uns das von der Bundesarbeitskammer ausrechnen lassen (Abg. Gödl: ... muss es ja ersetzen!): Bei einem Einkommen von 1 500 Euro beträgt die Entlastung jährlich 315 Euro, und davon erhält der Finanzminister 57 Euro. Bei 2 000 Euro brutto hat man eine Entlastung von 336 Euro jährlich, davon erhält der Finanzminister 89 Euro. Bei den Pensionisten natürlich genau das Gleiche: 1 350 Euro – 283 Euro Entlastung, 51 Euro bekommt der Finanzminister, und so weiter und so fort. (Der Redner stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Mehreinnahmen für Bund durch höhere Lohnsteuer: 190 Millionen EUR, Entfall an KV-Beiträgen: 900 Millionen EUR“ auf das Rednerpult.) Auf den ersten Blick schauen die Beträge vielleicht sehr klein aus, aber im Endeffekt kriegt der Finanzminister jährlich 190 Millionen Euro an Lohnsteuer von jenen Personen, die angeblich entlastet werden sollen. Die ÖGK, die Österreichische Gesundheitskasse, wird pro Jahr mit 900 Millionen Euro belastet. So sieht Entlastung nicht aus, liebe Regierung! (Beifall bei der SPÖ.)

Es würde wesentlich einfacher gehen. Statt dieses Konstrukt zu erfinden, wo dann nächstes Jahr der Finanzminister vielleicht sagt: na ja, schauen wir uns einmal an, ob die ÖGK genug Reformen gemacht hat, schauen wir einmal, wie es voriges Jahr war!, der Herr Finanzminister der ÖGK die Zahlen nicht glaubt und die ÖGK am Bandl hält, hätte man durchaus, wie die SPÖ schon vorgeschlagen hat, den Lohnsteuerfreibetrag zum Beispiel von zurzeit 1 050 Euro auf 1 700 Euro hinaufsetzen können.

Im Endeffekt ist es also wieder ein kompliziertes Konstrukt, im Endeffekt ist es so, dass die ÖGK geschwächt werden soll, dass die Sozialversicherung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geschwächt werden soll. Ich sage wie immer: Immer wenn ein ÖVP-Politiker im Bundeskanzleramt sitzt, geht es den ArbeitnehmerInnen schlechter. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

11.50


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Elisabeth Scheucher-Pichler. – Bitte.


11.50.42

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erfreulicherweise haben wir in Österreich genügend guten Impfstoff. Für mich gibt es zur Untergliederung Gesundheit in der derzeitigen Situation eine einzige relevante Ansage: Bitte halten Sie weiter die Hygienemaßnahmen ein! Besprechen Sie sich mit dem Arzt oder der Ärztin Ihres Vertrauens! Und bitte, meine sehr geehrten Da­men und Herren, lassen Sie sich impfen! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.51


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dietmar Keck. – Bitte.


11.51.28

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister, Sie haben jetzt schon so viel Kritik einstecken müssen – von mir bekommen Sie einmal ein Lob. Das geschieht aus dem einfachen Grund, weil wir in der UG 24 eine Erhöhung im Budget haben, und zwar eine Erhöhung betreffend den Tierschutz. Das ist nicht alltäglich.

Wir haben in der Diskussion um das Budget erfahren, dass der Betrag für den Tierschutz um 170 000 Euro – wenn ich die Zahl noch richtig im Kopf habe – erhöht wird. Es ist auch dringend notwendig, dass das gemacht wird, auch wenn es auffallend unvernünf­tige Personen gibt, die glauben, wenn wir eine Erhöhung des Budgets für den Tierschutz haben, streift sich das irgendein Abgeordneter in die Tasche ein. Auch das gibt es. Das ist nicht der Fall, sondern das kommt wirklich dem Tierschutz zugute. Tierschutz macht Schule ist ein Projekt, das wir dringend brauchen, wo das Geld wirklich einfließt.


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Sie haben gesagt, der legale Welpenhandel soll behandelt werden. Ich glaube, Sie ha­ben den illegalen Welpenhandel gemeint – den werden wir angehen und nicht den le­galen, den werden wir lassen. Der illegale Welpenhandel ist anzugehen.

Wir haben am 9. Dezember eine Sitzung des Gesundheitsausschusses. Ganz wichtig betreffend Vollspaltenböden – es wird permanent diskutiert, es wird dauernd demons­triert –: Die Vollspaltenböden müssen abgeschafft werden! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben noch immer Ausnahmen bei der Anbindehaltung, Herr Minister. Da muss man etwas tun. Wir haben noch immer die Ferkelkastration ohne Betäubung, wo es notwen­dig ist, etwas zu tun. Wir haben noch immer die Streunerkatzenthematik, wo wir auch etwas tun müssten. Das heißt, wir haben ein arbeitsreiches Jahr vor uns, in dem Ent­scheidungen getroffen werden müssen.

Ich denke, dabei ist es notwendig, nicht nur das Budget des Gesundheitsministers an­zugreifen, sondern auch vom Budget der Landwirtschaftsministerin wirklich etwas zum Tierschutz und zum Tierwohl rüberzubringen, damit wir die Probleme, die ich aufgezählt habe, in Österreich endlich aus der Welt schaffen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Höfinger.)

11.53


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Alexandra Tanda. – Bitte.


11.53.20

Abgeordnete Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Plenum! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause! Einen schönen Mittag aus dem Parlament! Heute ist be­reits der zweite Tag, an dem wir die Budgetdebatte führen und weitere sehr wichtige Budgetbereiche besprechen werden, jetzt gerade das Gesundheitsbudget – wie wichtig das ist, ist uns in dieser Situation wohl allen sehr bewusst.

Was hören wir aber? – Zahlen über Zahlen, auf Argument folgt Gegenargument. Was jedoch weder Argument noch Realität – weder im Hinblick auf die aktuelle Situation noch auf den Status der Coronabekämpfung – wiedergeben, ist das ständige Einflechten des Wortes Spaltung. Allein Frau Kollegin Belakowitsch von der FPÖ hat es in ihrer gestrigen Rede neun Mal verwendet. Meinungsvielfalt ist ein Zeichen der Demokratie, legitim, und definitiv keine Spaltung! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Dabei rückt die essenzielle Bedeutung des Budgets für unserer Gesellschaft beinahe in den Hintergrund und verliert die Wichtigkeit. Worüber debattieren wir hier? – Wir debat­tieren über einen Staatshaushalt, der es uns als Gesellschaft ermöglicht, in Frieden, in Wohlstand, mit gutem Lebensstandard, mit guter Infrastruktur und in Gesundheit zu le­ben. Das ist doch das Essenzielle! Wir reden über einen Staatshaushalt.

Ich möchte dieser Zahl für das Gesundheitsbudget, diesen 3,2 Milliarden Euro, ein etwas persönlicheres Gesicht geben: Wir geben in der kommenden Periode 123 Millionen Euro mehr als letztes Jahr aus, mit dem Ziel, uns allen – und da sind wirklich alle gemeint, nicht Opposition oder Regierungspartei – eine Gesundheitsvorsorge und eine Gesund­heitsversorgung, qualitätsgesichert, auf höchstem Niveau, unabhängig von Bildung, Sta­tus und Geschlecht, zu ermöglichen.

So möchte ich besonders den speziellen Fokus der genderspezifischen Vorsorgepro­gramme und Gesundheitsversorgungsprogramme begrüßen. Man wird es nicht glauben: Gendermedizin ist keine Ideologie, keine feministische Ideologie. Der Begriff Gender kommt nämlich aus den Sozialwissenschaften. Was ermöglicht die Gendermedizin? – Sie ermöglicht die Berücksichtigung beider Geschlechter. Das heißt, beide Geschlechter


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haben von Gendermedizin einen Vorteil. Und dazu ist das Budget auch da: Es wird Rück­sicht auf spezifische geschlechtsbezogene Unterschiede genommen, aber eben auch mit der soziokulturellen Dimension.

Dazu möchte ich sagen, dass geschlechtsneutrale Medizin Nachteile sowohl für Männer als auch für Frauen bringt. Bei Frauen werden Herzinfarkte später erkannt, bei Männern kommt man ganz selten auf die Idee, dass sie auch Osteoporose haben könnten. So gesehen freut es mich sehr, dass im Gesundheitsbudget diesem Wirkungs- und Gleich­stellungsziel besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird.

Im Gesundheitsbudget ist aber auch eine große Position der Pandemiebekämpfung ge­widmet, und dieser möchte ich abschließend auch noch ein paar Worte widmen. Wir sind im zweiten Jahr der Pandemie, befinden uns nach wie vor in einer gesellschaftlichen und gesundheitlichen Ausnahmesituation. Diese Situation ist alles andere als normal, und ich kann daher nicht verstehen, wie man immer noch der Meinung sein kann, eine Covid-Impfung sei Privatsache. Das können wir uns schlicht und einfach nicht mehr leisten – die Zahlen haben die Kollegen schon genannt. Abgesehen davon, dass wir es uns nicht leisten können, sind es aber menschliche Tragödien, die sowohl in den Familien als auch in den Krankenhäusern stattfinden.

14 416 Neuinfektionen! Wie kann man da von Privatsache sprechen? Impfen ist ein Beitrag zur Eindämmung des Infektionsgeschehens, auch wenn Damen und Herren von der FPÖ wider jegliche Vernunft immer behaupten, das wäre nicht so. Das kostenlose Impfen ist absolut wichtig. Ich verstehe es nicht! Es ist ein Recht, sich impfen lassen zu können, und nicht eine Pflicht. Das ist ja wie beim Wahlrecht. Wir wählen auch alle. Es ist eine moralische Verpflichtung, an der Demokratie, an dem Prozess teilzunehmen. Dazu gehört auch die Möglichkeit, vom Recht, sich kostenlos impfen lassen zu können, Gebrauch zu machen.

Dann können wir das Budget nämlich für andere Themen verwenden, für wichtigere Schwerpunkte, als vielleicht diese Testmarathons zu machen. Dann können wir das Bud­get für die Wiederherstellung und Erhaltung der Gesundheit unserer Bevölkerung ver­wenden.

Abschließend, Herr Kollege Kucher von der SPÖ: Ich weiß nicht, in welchem Bundesland Sie den Rettungsdienst machen, aber in Tirol ist der Rettungsdienst von Anfang an mit Schutzausrüstung unterwegs, nämlich mit Maske und Vollmontur. – Herzlichen Dank al­lerseits. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.58


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mario Lindner. – Bitte.


11.58.53

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Kolleginnen und Kollegen! Über das Versagen der Regierung in den letzten Tagen und Wochen wurde in dieser Debatte schon viel gesagt. Dieses Versagen zeichnet sich nicht nur in der gesamten Pandemiebekämpfung ab, sondern auch in diesem Budget, insbesondere im Bereich der Gesundheit.

Die Menschen, die im Gesundheitsbereich arbeiten, sind in der vergangenen Woche in ganz Österreich auf die Straße gegangen, um klarzumachen: Es ist fünf nach zwölf! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich würde sagen: Es ist 15 nach zwölf! (Beifall bei der SPÖ.)

Genau diese Menschen wollen nämlich eine Politik, die sich endlich ernsthaft für unser Gesundheitssystem interessiert, eine Politik, die im Kampf gegen den Pflegenotstand, gegen den Ärztemangel, gegen die psychische Krise unserer Kinder und Jugendlichen mehr als Überschriften liefert. Und sie wollen eine Politik, die endlich genug Budget für


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 357

diese Herausforderungen zur Verfügung stellt, denn genau das haben sich die Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer im Gesundheitsbereich verdient.

Was aber machen Sie? – Sie fangen an, die Berufsgruppen gegeneinander auszuspie­len. Man sieht das am besten anhand des Coronabonus: Die einen bekommen einen Bonus, die anderen bekommen keinen. Dieses Gegeneinanderausspielen der Berufs­gruppen im Gesundheitsbereich macht mich unglaublich wütend. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Oberarzt bekommt als Dank für seine wichtige Arbeit in der Pandemie – ich sage bewusst: zu Recht – den 500-Euro-Coronabonus, aber die RettungssanitäterInnen, die externen Reinigungskräfte, die Sprechstundenhilfen, die Sicherungskräfte und viele, vie­le mehr gehen leer aus. Sie alle bekommen den Bonus nicht.

Herr Gesundheitsminister, das sind jene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die als erste mit erkrankten Personen in Kontakt gekommen sind, die Infizierte ins Krankenhaus gefahren haben. Es sind Menschen, die auf den Covid-Stationen geputzt haben, es sind ArbeitnehmerInnen, die an den Krankenhauseingängen den Zutritt kontrolliert haben. Diese und ganze viele weitere Menschen machen das jetzt, während der vierten Welle, immer noch. Sie alle lässt die Regierung im Regen stehen – und das ist wirklich eine Schande. (Beifall bei der SPÖ.)

Die wahren Heldinnen und Helden der Krise sind unsere SanitäterInnen, unsere Ret­tungsfahrerInnen, unsere Zivildiener, unsere Ehren- und Hauptamtlichen in den Einsatz­organisationen. All diese Menschen, diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ste­hen in der Pandemie an vorderster Front, nicht Herr Mückstein, nicht Herr Schallenberg, nicht Herr Blümel und schon gar nicht Altkanzler Kurz.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Gesundheitsminister! Können Sie sich vor­stellen, was die Menschen in unseren Einsatzorganisationen seit März 2020 leisten? – Ich schon. Ich bin als ehrenamtlicher Sanitäter selbst Coronaeinsätze gefahren. Als wir noch nicht gewusst haben, was mit dieser Pandemie auf uns zukommt, wie wir uns schützen können und worauf wir achten müssen, waren es meine Kolleginnen und Kol­legen, die ihre eigene Gesundheit riskiert haben, damit ihre Mitmenschen medizinisch versorgt werden. Ihnen gebühren der größtmögliche Respekt, unsere Anerkennung und der Coronabonus. (Beifall bei der SPÖ.)

Das sind die Heldinnen und Helden, auf die unsere Republik stolz ist, und genau diese Heldinnen und Helden haben sich den Coronabonus verdient: die Kolleginnen und Kolle­gen vom Arbeiter-Samariter-Bund, vom Grünen Kreuz, von den Johannitern, vom Roten Kreuz, von den Berufsrettungen und viele, viele mehr. Sie sind im Jahr 2020 mehr als 60 000 Mal mit CoronapatientInnen in ein Krankenhaus gefahren, und da sind die Zahlen der SVS noch gar nicht miteingerechnet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Coronabonus ist beispielhaft, weil er ganz genau zeigt, wie die Gesundheitspolitik dieser Regierung funktioniert: groß ankündigen, lange aufschieben und am Ende jene Menschen zurücklassen, die eine gerechte Politik am meisten brauchen. Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Corona-Bonus für alle Held*innen im Gesundheitswesen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pfle­ge und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Finanzen, werden aufgefordert,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 358

dem Nationalrat sofort eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zu übermitteln, mit der die Bezugsgruppe des Corona-Bonus auf alle Personen im Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich ausgeweitet wird.“

*****

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Über 9 000 Menschen haben genau diese Forderung auf der Webseite des Parlaments schon unterstützt. Nutzen Sie die Gelegenheit und stimmen Sie diesem Antrag zu! Geben wir den Menschen, die unser Gesundheitssystem am Laufen halten, die finanzielle Anerkennung, die sie schon so lange verdienen! Geben wir unseren Heldinnen und Helden endlich den Coronabonus! – Koste es, was es wolle. (Beifall bei der SPÖ.)

12.04

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mario Lindner, Philip Kucher, Genossinnen und Genossen

betreffend Corona-Bonus für alle Held*innen im Gesundheitswesen

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Budgetausschusses über die Regie­rungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) – UG 24 Gesundheit

Nur dem Einsatz zahlreicher Menschen im Gesundheits-, Sozial- und Pflegebereich war es möglich, dass das österreichische Gesundheitssystem in der Krise einsatzfähig ge­blieben ist. Es waren besonders unzählige Held*innen der Krise, die oft mit großem per­sönlichen Risiko und unter Einsatz ihrer eigenen Sicherheit und Gesundheit, unser Land am Laufen gehalten haben. Sanitäter*innen in den Rettungs- und Krankentransportorgani­sationen, Krankenpfleger*innen in öffentlichen und privaten Einrichtungen, aber auch exter­ne Reinigungs- und Sicherheitskräfte in öffentlichen und privaten Krankenanstalten und Pflegeeinrichtungen – sie alle haben dafür gesorgt, dass das österreichische Gesundheits­system auch in dieser Krise funktioniert hat und keine Menschen zurückgelassen wurden!

Leider schließt die türkis-grüne Regierung gerade von diesen Held*innen der Krise viele Menschen vom Bezug des Corona-Bonus aus. Vielen Beschäftigten in den Gesundheits-, Sozial- und Pflegeberufen, Sanitäterinnen und Sanitätern, aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Verwaltung, Technik oder ausgegliederten Wach- oder den Rei­nigungsdiensten wird diese finanzielle Anerkennung für ihren Einsatz in der Krise nicht zuteil.

Allein im Bereich der Rettungsorganisationen wurden im Jahr 2020 mehr als 60.000 Co­rona-Transporte durchgeführt. Mehr als 60.000-mal haben die Mitarbeiter*innen in diesem Bereich dafür gesorgt, dass ihre Mitmenschen versorgt wurden, zu Corona-Tests und später Impfungen kamen oder wichtige Behandlungen wahrnehmen konnten. All jene Sanitäter*innen, die diese Einsätze als Sanitäter*innen abgewickelt haben, haben nicht nur unseren Dank, sondern auch finanzielle Anerkennung durch unsere Republik verdient.

Die Unzufriedenheit bei jenen, die sich unermüdlich für die Gesundheit unserer Bevöl­kerung einsetzen ist enorm hoch. Nicht nur, dass sie physisch und psychisch seit Mo­naten extrem belastet sind, werden die einzelnen Berufsgruppen nun auch noch gegen­einander ausgespielt und in Gruppen eingeteilt: In jene, die nach Ansicht der türkis-grü­nen Bundesregierung den Bonus verdient haben und jene, die ihn sich nicht verdient haben, obwohl sie die gleiche Arbeit verrichten.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 359

Das sind unhaltbare Zustände.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pfle­ge und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Finanzen, werden aufgefordert, dem Nationalrat sofort eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zu übermitteln, mit der die Bezugsgruppe des Corona-Bonus auf alle Personen im Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich ausgeweitet wird.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Angela Baumgartner. – Bitte.


12.04.18

Abgeordnete Angela Baumgartner (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Gesundheitsminis­ter! Frau Ministerin! Gesundheit ist unser höchstes Gut, und dieses wird leider viel zu oft als selbstverständlich angesehen und erst geschätzt, wenn wir es verloren haben. Wir diskutieren heute das Gesundheitsbudget, das ganz im Zeichen der Coronapandemie steht. Wir befinden uns seit vielen Monaten in einer Ausnahmesituation. Dank der Wis­senschaft gibt es die Impfung und diese wirkt; vielleicht schützt sie nicht zu 100 Prozent vor einer Infektion, aber sie schützt zu mehr als 90 Prozent vor einem schweren Verlauf.

Mein Cousin hat nach einer schweren Erkrankung nur mehr einen Lungenflügel, mein Schwager litt an einer Krebserkrankung – sie beide haben Corona gehabt und es mit relativ mildem Verlauf gut überstanden. Die Impfung hat gewirkt, es geht ihnen beiden wieder sehr gut. An diesem Beispiel sieht man: Impfen ist wichtig.

Warum ist Impfen so wichtig? – An oberster Stelle steht natürlich die Entlastung des Gesundheitssystems, denn die Belegschaft in den Krankenhäusern und in den Gesund­heitseinrichtungen leistet seit Monaten wirklich Unmenschliches. Wer sich impfen lassen kann, sollte dies zum Schutz unserer Kinder und zum Schutz der Menschen, die sich aus verschiedenen Gründen nicht impfen lassen können, also auch tun.

Weiters ist es wichtig, die Infektionszahlen in den Griff zu bekommen, um die positive Wirtschaftsentwicklung und damit auch die Arbeitsplätze nicht zu gefährden. Die gute Wirtschaftsentwicklung stärkt nämlich unseren Haushalt und in weiterer Folge unser Gesundheitssystem, weil wir durch die höheren Einnahmen das Angebot im Gesund­heitssystem ausbauen können. Dazu zählt auch die Attraktivierung der verschiedenen medizinischen Berufe sowie der Pflege. Auch hierfür spielt die Impfung eine tragende Rolle, denn niemand wird in diesen Bereich einsteigen wollen, wenn die Belastung derart hoch und es derart herausfordernd ist. Schon vor der Pandemie war es schwierig, ge­nügend Gesundheitspersonal zu bekommen. Mein Sohn hat vor seinem Medizinstudium die Ausbildung zum Diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger gemacht. Es ist eine sehr fordernde Ausbildung und der spätere Beruf ist nicht nur ein Beruf, sondern man braucht dazu auch eine Berufung.

Ich habe daher eine große Bitte und richte diese vor allem an die FPÖ – man hört ja, dass mehr als die Hälfte ihrer Abgeordneten, Gott sei Dank, bereits geimpft sein sollen ‑:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 360

Helfen Sie bitte dabei mit, die Pandemie zu überwinden und dadurch Menschenleben zu retten und die Pflegeberufe zu entlasten! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: ... Blödsinn!)

12.07


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte.


12.07.24

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Werter Herr Minister! Hohes Haus! Kollege Saxinger hat im Laufe der Debatte den Redebeitrag meines Kollegen Gerald Hauser als „intellektuelle Zumutung“ tituliert. (Ruf bei der ÖVP: Ist er auch komplett!) – Man kann das aber nachlesen.

Ich versuche es noch einmal und ich möchte alle hier im Raum darum ersuchen, zusam­menzuarbeiten und auf Augenhöhe zu diskutieren. Ich glaube, dass die Österreicher das Recht haben, konkrete Zahlen, Daten, Fakten zu erfahren, und das ist keine intellektuelle Zumutung. Ich kann es nur noch einmal sagen: Es ist kein Geheimnis, die Quelle ist die UK Health Security Agency. Dort kann man den Bericht nachlesen; er ist auf Englisch, aber das werden Sie sicher verstehen. Auch ich habe mir die Mühe gemacht, ihn durch­zulesen.

Die Analyse aus England ist relativ einfach. Ich sage es noch einmal: Man sollte Zahlen, Daten, Fakten diskutieren. Die Engländer haben den Vorteil, dass sie uns erstens bei der Impfung, wie wir alle wissen, um einige Monate voraus sind und dass sie zweitens ein halbwegs funktionierendes System haben, um Zahlen, Daten, Fakten zu erfassen. Dieses fehlt, wie wir alle wissen, in Österreich zum Teil. Früher haben die NEOS das immer kritisiert. Jetzt wollen die NEOS auf einmal keine Zahlen mehr hören, wenn diese nicht dem entsprechen, was sie glauben.

Kurz zur Erklärung: Die Engländer haben festgestellt – das kann man nachlesen –, dass es nach der Impfung sehr wohl eine moderate Differenzierung zwischen Ungeimpften und Geimpften in Bezug auf deren Hospitalisierung gibt. Es gibt einen moderaten Unter­schied, keinen signifikanten – das ist eine Aussage. (Zwischenruf des Abg. Schallmeiner.)

Was die Engländer in ihrem Bericht auch ganz klar feststellen, ist, dass es bei den An­steckungen keinen Unterschied zwischen Geimpften und Ungeimpften gibt. Dazu muss man sagen – die meisten werden das ja wissen –, dass es in England im Prinzip schon seit mehreren Monaten keine Maßnahmen mehr gibt, die Menschen können sich dort frei bewegen. Und wenn sich in England jemand testen lässt – das ist der Unterschied zur Gesamtmenge, auch mathematisch –, dann macht es keinen Unterschied, ob dieser Mensch geimpft oder ungeimpft ist. Man macht einen Test, weil man sich vielleicht krank fühlt oder sonst etwas. Das sind die Zahlen, Daten, Fakten, Herr Kollege Saxinger, und diese sollten Sie zur Kenntnis nehmen.

Ich gebe Ihnen den Bericht gerne mit oder ich schicke ihn Ihnen per E-Mail, wenn Sie wollen. Das dann als „intellektuelle Zumutung“ zu bezeichnen, finde ich, dient der Sache hier im Hause nicht. Sie können kritisieren, wenn Fakten falsch sind, aber in Bausch und Bogen einfach alles immer als Fakenews oder unrichtig hinzustellen, bringt uns in der ganzen Diskussion nicht weiter.

Ich sage es auch noch einmal, weil es immer wieder kommt: Was war die Position der Freiheitlichen? – Wir haben immer gesagt, wenn jemand für sich entscheidet, er will sich impfen lassen: selbstverständlich gerne! Wir haben nie jemandem verboten, sich impfen zu lassen, das war nie die Aussage. (Zwischenruf des Abg. Schallmeiner.) Wenn Sie mir eine Aussage bringen, dann sage ich: Mea culpa! (Zwischenrufe der Abgeordneten Scherak und Belakowitsch.)

Nun kommt aber das Aber: Wir haben aber auch immer gesagt, es ist eine persönliche Abwägung der Risiken und der Vorteile. Nun kommen wir zu den Vorteilen – und das,


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bitte schön, haben Sie ja selbst schon erkannt. Ich denke heute daran, dass die Lan­desregierung in Tirol nun aufruft: Lassen Sie sich vier Monate nach dem zweiten Stich den dritten Stich geben! Das heißt, das, was wir Freiheitliche oder ich persönlich Ihnen seit Monaten erzählen, ist jetzt durchgesickert. Die Wirkung hält eben leider Gottes nur sehr, sehr kurz an. Das sollten Sie einfach ehrlich sagen. Da würde Ihnen kein Zacken aus der Krone brechen, liebe ÖVP und Grüne. Informieren Sie die Menschen auf Augen­höhe, was Sache ist!

So, das sind die Vorteile, die man hat – und wir sollten auch die Nachteile nicht außer Acht lassen. Natürlich hat diese Impfung Nebenwirkungen (Abg. Salzmann: Aber sie wirkt, und das ist wichtig!) – teilweise schwere, und man kann auch daran sterben. (Ruf bei der ÖVP: Man kann auch an Corona sterben!) Das ist auch alles belegt, und wir sind der Meinung: Ein erwachsener Mensch muss, wenn er alles objektiv betrachtet und mit seinem Arzt spricht, für sich entscheiden, welche Entscheidung er trifft. In welcher Hin­sicht Sie bei uns auch zukünftig mit massivem Widerstand rechnen müssen, das sage ich Ihnen, ist, wenn es in Richtung Kinderimpfung und Kinderzwangsimpfung geht. Las­sen Sie unsere Kinder in Ruhe! Die Kinder sollten in diesem Bereich geschützt werden, weil es für die Kinder keinen Vorteil ergibt. Da haben Sie auch in Zukunft massiven Wi­derstand von uns zu erwarten.

Zum Zweiten werden Sie massiven Widerstand erleben, wenn Sie es wirklich durchset­zen wollen, im Pflegebereich eine Impfpflicht einzuführen. Da werden Sie eine Gruppe kennenlernen, die aus eigener Erfahrung vor Ort in Krankenhäusern und Pflegeheimen sehr gute Gründe hat, sich nicht impfen zu lassen, und die diese Entscheidung auch fachlich argumentieren kann. Wenn die für sich entscheiden: Kosten, Nutzen, Risiko – meine Entscheidung ist nein, dann haben Sie das erstens zu akzeptieren und zweitens das Problem der Unterbesetzung in diesem Bereich nicht noch künstlich zu verstärken.

Darauf weise ich Sie ausdrücklich hin, und ansonsten sind und waren wir als Freiheitliche immer für eine sinnvolle Diskussion zu den Maßnahmen zu haben. Wir fordern eine Coronapolitik mit Herz und Hirn, kein Drüberfahren und keine Bezeichnungen wie: Das sind alles Dumme oder jeder, der das nicht versteht, ist intellektuell minderbemittelt! Wir fordern eine Diskussion auf Augenhöhe, Zahlen, Daten und Fakten und Ehrlichkeit für die Bürger ein. (Beifall bei der FPÖ.)

12.13


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abge­ordneter Saxinger zu Wort gemeldet. – Bitte.


12.13.42

Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): Ich habe zwei tatsächliche Berich­tigungen, die eine an Kollegen Hauser: Ich habe nicht ihn als „intellektuelle Zumutung“ bezeichnet, sondern ich habe den Vergleich der Zahlen aus Kenia und Nigeria mit jenen aus Österreich als intellektuelle Unzumutbarkeit tituliert. (Zwischenruf des Abg. Hauser.)

Die zweite tatsächliche Berichtigung geht an Kollegen Wurm: Laut Ages-Daten sind auf den Intensivstationen 75 Prozent der Patienten ungeimpft und 25 Prozent geimpft.


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen damit beginnen, welche Aus­sage der Herr Abgeordnete getätigt hat (Abg. Wurm: Eben! Welche hab ich getroffen?), um dann sozusagen zu erläutern, warum (Abg. Belakowitsch: Nicht eine neue Rede!) dieser Sachverhalt berichtigt werden muss.


Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (fortsetzend): Kollege Wurm hat in seiner Rede berichtet, dass ein Großteil der Intensivpatienten auf den Intensivstationen in Ös­terreich geimpft sei. (Abg. Wurm: ...! Wo, Herr Kollege? – Abg. Belakowitsch: Das hat


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er nie ...!) Ich berichtige tatsächlich, dass 75 Prozent der Patienten ungeimpft und 25 Pro­zent geimpft (Zwischenruf des Abg. Kassegger) mit vielen Vorerkrankungen sind. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.14


Präsidentin Doris Bures: Mir liegt nun zu diesem Themenbereich keine Wortmeldung mehr vor. Ich bedanke mich bei Herrn Bundesminister Mückstein.

12.15.05UG 14: Militärische Angelegenheiten


Präsidentin Doris Bures: Ich begrüße Frau Bundesministern Klaudia Tanner in unserer Mitte und beende diese Untergliederung, um zur UG 14: Militärische Angelegenheiten zu kommen.

Dazu liegt mir die erste Wortmeldung von Herrn Abgeordneten Robert Laimer vor. – Bitte, Herr Abgeordneter.


12.15.29

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Mein Debattenbeitrag zu den militärischen Angelegenheiten ist leider zu kurz, um auf konkrete Zahlenvergleiche einzugehen. Ich möchte ihn daher mittels eines Diagramms ausgehend vom Bruttoinlandsprodukt und unserer Forderung von 1 Prozent der Wirtschaftsleistung ausführen. Dabei handelt es sich um die realen Verhältnisse der österreichischen Landesverteidigung bis 2030. Es zeigt, wohin die Reise geht (eine Ta­fel, auf der ein Kurvendiagramm mit zwei Kurven zu sehen ist, in die Höhe haltend): Der untere Verlauf ist Österreich – es geht bis 2030 de facto sukzessive bergab. Der obere Verlauf ist der EU-Durschnitt – es geht bergauf.

Frau Ministerin, wenn Sie mit Unterstützung der Medien ein historisches Budget abfei­ern, muss ich in die Ära Bruno Kreisky zurückgehen, als wir 1 Prozent der Wirtschafts­leistung für die Landesverteidigung ausgegeben haben (Abg. Höfinger: ... wäre ich dir sehr dankbar!) und nicht, wie derzeit, 0,62 Prozent. Fakt ist, meine Damen und Herren, auch dieses Budget, und ich glaube, darauf können wir uns alle einigen (Zwischenruf der Abg. Salzmann), wird den Investrückstau nicht überwinden. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Höfinger.)

Der Rückgang der Investitionen von 2021 auf 2022 beträgt mehr als 40 Millionen Euro bei Beschaffungen. Sonderinvestitionen – wie aus dem Vorjahr die 18 Hubschrauber der Marke Leonardo – sind zwar budgetiert, aber noch längst nicht in trockenen Tüchern, zumal das Government-to-Government-Geschäft mit Italien rechtlich noch immer nicht abgeschlossen, sprich finalisiert ist. – So weit, so ernüchternd ist das Budget.

Wirklich verstörend ist aber für mich die peinlich anmutende Showpolitik, die laufend ihre Verlängerung findet. Das geschah zum Beispiel bei einem Blackoutevent am 30. Sep­tember auf der niederösterreichischen Donaubühne in Tulln – inseriert und propagiert wie ein Rolling-Stones-Konzert. Dabei ist im Ernstfall das Blackout unplugged angesagt, Licht- und Toneffekte sind da wohl eher gedämpft.

In meiner Heimatstadt Sankt Pölten beschäftigen wir uns schon seit geraumer Zeit mit diesem allfälligen Katastrophenszenario, wir haben im Kommunalbereich die Notstrom­aggregate erneuert und ausgebaut, das Dieselvolumen des städtischen Wirtschaftsho­fes verdreifacht und laufend Veranstaltungen mit der Bevölkerung absolviert. Das geht ganz ohne Showelemente, meine Damen und Herren!

Dabei müsste diese Regierung doch zumindest mit politischem Blackout Erfahrung haben. Das Blackout in Türkis zeichnet sich insbesondere durch Ihre Strategie in der Pandemie aus, da wurde schon längst der Stecker gezogen.


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Meine Damen und Herren, während das Inferno in Hirschwang an der Rax tobte, stand ein Black Hawk am Nationalfeiertag – unter anderem auch zu Ehren der Frau Minis­terin – am Heldenplatz zur Schau. Durch die Brandkatastrophe kommt es ans Tageslicht: Von neun Black Hawks sind gerade zwei einsatzfähig. Italien, Deutschland und die Slo­wakei unterstützen unsere großartigen Einsatzkräfte unter der Leitung der freiwilligen Feuerwehren tatkräftig und solidarisch. Danke dafür – genauso den deutschen und ungarischen Soldaten, die österreichische Staatsbürger im August aus Kabul ausflogen, zumal das offizielle Österreich da nicht rechtzeitig seiner Fürsorgepflicht nachgekommen ist, obwohl Elitesoldaten des österreichischen Bundesheeres ihr Leben am Flughafen riskieren mussten. Das alles zeigt, dass wir uns dringend und ausreichend resilient auf zukünftige Ereignisse einstellen müssen – schwierig, mit dieser dahintaumelnden Regie­rung! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Abschließend: Die Österreichische Sicherheitsstrategie aus 2013 ist daher auch neu auszurichten, da sich sowohl die Risikobilder in vielen Bereichen verschärft haben als sich auch die geopolitische Lage verändert hat. Es braucht einen umfassenden und brei­ten Diskurs dazu im Parlament.

Pläne im Hinterzimmer, Frau Ministerin, wie gerade beim österreichischen Bundesheer, wo zur Stunde Soldaten zum Einsackeln von Testkits bei einem Handelskonzern ein­gesetzt werden: Da werden wir nicht zusehen! Wir werden nicht zusehen, wie aus der strategischen Reserve der Republik ein Sacklpickerverein wird. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.  Zwischenrufe bei der ÖVP.)

12.20


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Friedrich Ofenauer. – Bitte.


12.20.37

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher! Kollege Laimer, der Begriff „Sacklpickerverein“ ist ja das Letzte. Also das lasse ich gegenüber den Soldatinnen und Soldaten des österreichi­schen Bundesheeres und den Tätigkeiten, die sie ausführen, nicht zu. (Beifall bei der ÖVP. Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist dieses Hohen Hauses unwürdig, das haben sich die Soldatinnen und Soldaten nicht verdient. Sie sind und sie bleiben die strategi­sche Reserve der Republik.

Kollege Laimer, wenn immer wieder gerne Anleihen an der Geschichte und an Bruno Kreisky genommen werden, dann möchte ich – wie Kreisky – zurufen: Lernen S’ Ge­schichte! Denn wer war es denn, der die notwendigen Ertüchtigungen zum Beispiel bei den Hubschraubern nicht hat durchführen lassen? – Es waren Darabos und Klug. Da hilft auch Ihre Showpolitik mit dem Herzeigen von irgendwelchen Tafeln nichts. Dieses Budget zur militärischen Landesverteidigung im Jahr 2022 zeigt eine kontinuierliche Auf­wärtsentwicklung seit 2015. Wir haben für das nächste Jahr 2,713 Milliarden Euro zur Verfügung, um den – ja, das stimmt – durchaus gegebenen Investitionsrückstau aufzu­lösen, aber dieses ist wiederum das höchste Budget. Es zeigt nach oben und das wird auch in den nächsten Jahren so weitergehen. Das ist wichtig. – Herzlichen Glückwunsch dafür, Frau Bundesministerin. (Beifall bei der ÖVP.)

Eines möchte ich auch noch anfügen: Bei jedem Truppenbesuch, egal wo, egal wann, mit der Frau Bundesministerin oder auch bei Prüfbesuchen mit der Parlamentarischen Bundesheerkommission können wir feststellen, dass die Soldatinnen und Soldaten des österreichischen Bundesheeres höchst motiviert an ihren Auftrag herangehen, höchst motiviert ihre Aufträge erfüllen und auch eine unglaubliche Improvisationsfähigkeit an den Tag legen. Für diesen Einsatz, egal ob im In- oder im Ausland, sei den Soldatinnen


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und Soldaten des österreichischen Bundesheeres an dieser Stelle auch einmal herz­lichst gedankt. (Beifall bei der ÖVP.)

Sicherheit ist kein Zustand, Sicherheit muss tagtäglich in den unterschiedlichsten Berei­chen erarbeitet werden. Denken wir nur an Cyberbedrohungen, Blackouts, hybride Be­drohungen! Da geht es darum, Gefahren zu erkennen und vor allem auch Bewusstsein dafür zu schaffen – nicht nur beim österreichischen Bundesheer, die haben das Be­wusstsein, die wissen das, sondern auch in der Bevölkerung. Auch in der Bevölkerung muss dieser Gedanke der Landesverteidigung, der geistigen Landesverteidigung imple­mentiert werden. Die zentrale Aufgabe des österreichischen Bundesheeres, die militäri­sche Landesverteidigung mit den Fähigkeiten, die dafür notwendig sind, die muss wei­terhin aufrechterhalten werden. Das ist so und das bleibt auch so.

Kurz noch zu Investitionen, die im nächsten Jahr anstehen: 100 Millionen Euro werden in den nächsten fünf Jahren in die Autarkie der Kasernen investiert, 145 Millionen Euro stehen für die Sanierung der Kasernen zur Verfügung. 77 Millionen Euro sind im Budget für die Anschaffung von neuen Hubschraubern vorgesehen. Die Zentralstellenreform ist zwar nicht so budgetwirksam, aber wichtig, um Entscheidungswege zu verkürzen, um die Truppe zu stärken und vor allem auch, um das Prinzip der Einheit der Führung in allen Bereichen, die das österreichische Bundesheer betrifft, durchzusetzen und umzu­setzen. Für den Bereich Mobilität  Pandur, Bergepanzer – gibt es 150 Millionen Euro, für den Bereich Miliz 49 Millionen Euro für Fahrzeuge, Schutzwesten und Funksystem.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Budget kann sich sehen lassen. Es ist ein Budget, mit dem die Rückstände beseitigt werden können, das eine kontinuierliche Auf­wärtsentwicklung des Budgetpfades mit sich bringt und das die Gewähr dafür ist, dass das österreichische Bundesheer seine Aufträge im Interesse der Sicherheit der Bewoh­ner der Republik Österreich erfüllen kann. (Beifall bei der ÖVP.)

12.24


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Reinhard Eugen Bösch. – Bitte.


12.24.29

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Ich bringe gleich einen Entschließungsantrag der FPÖ ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „dringend notwendige budgetäre Mittel für einen verfassungskonformen Zustand des Heeres“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass, im Hinblick auf den Investitionsrückstau des Österreichischen Bundesheeres im Bereich der militäri­schen Ausrüstung, Gerät und Kaserneninfrastruktur, eine budgetäre Ausstattung in der Höhe 3,3 Mrd für das Jahr 2022 vorgesehen wird.

In den weiteren Jahren sind die notwendigen budgetären Mittel zur Verfügung zu stellen, um einen verfassungskonformen Zustand des Österreichischen Bundesheeres zu ge­währleisten.

Große Beschaffungsvorhaben, wie zum Beispiel Flugzeuge für die Luftraumüberwa­chung, sind durch weitere Investitionspakete zusätzlich zum Regelbudget abzudecken.“

*****

(Beifall bei der FPÖ. Zwischenruf des Abg. Höfinger.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 365

Ich bringe diesen Entschließungsantrag zu Beginn meiner Ausführungen ein, weil er im Wesentlichen dokumentiert, dass diese 3,3 Milliarden Euro jenes Budget gewesen wäre, auf das – wenn Sie nicht die Regierungszusammenarbeit mit uns im Jahre 2019 beendet hätten und wenn Ihre Partei sich an jene Vereinbarungen gehalten hätte – wir uns in den Regierungsverhandlungen zum Verteidigungsbudget geeinigt haben.

Sie werden jetzt in Ihrer Erklärung sagen, dass mit diesen 2,7 Milliarden Euro ein histo­risches Budget erreicht werden wird. Das ist ein bisschen eine verzerrte Darstellung, Kollege Laimer ist schon darauf eingegangen. Wir hatten Anfang der Achtzigerjahre – 1983 bis 1986, um genau zu sein – unter den freiheitlichen Ministern Frischenschlager und Krünes ein Verteidigungsbudget, das mehr als 1 Prozent des damaligen Bruttoin­landsprodukts ausgemacht hat. Wir konnten damals eine 200 000-Mann-Armee, eine Milizarmee aufstellen, auch ausstatten und mit den notwendigen Infrastrukturen beglei­ten. Das war damals, glaube ich, ein großer Fortschritt für das österreichische Bundes­heer, wir profitieren heute noch von den Dingen, die damals eingerichtet worden sind.

Das Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt ist ein bisschen schwankend, da haben Sie recht, denn das Bruttoinlandsprodukt ist ja keine absolute Größe, sondern verändert sich im Laufe der Jahre. Ich möchte Ihnen das nur gesagt haben.

In diesem 2,7-Milliarden-Budget gibt es einiges Positives zu vermerken. Sie haben dort die ersten Anteile der 70 Millionen Euro für die österreichische Miliz festgeschrieben. Sie legen auch ein Schwergewicht auf die Autarkie von Kasernen, das begrüßen wir sehr. Das ist die Idee der Sicherheitsinseln die wir damals mit Ihnen für die Amtszeit des Ministers Kunasek vereinbart hatten , die sicherstellen, dass nicht nur das österrei­chische Bundesheer autark agieren kann, sondern dass man auch Hilfestellungen für die zivilen Infrastrukturen, die in einer Krise notwendig sind, geben kann.

Ich vermerke auch positiv, dass wir die Hubschrauber jetzt anschaffen werden. Das ist jenes Projekt, das auch Mario Kunasek während seiner Ministertätigkeit begonnen hat. Viel positiver sehe ich allerdings die Adaptierung und die Aufstockung der Black-Hawk-Flotte – das ist schweres militärisches Gerät, das dann eingesetzt werden kann, wenn man es wirklich braucht. Sie haben auch ein Schwergewicht in Bezug auf die Terror- und Katastrophenschutzbereiche gelegt. Das sehen wir auch positiv, das entspricht unseren Intentionen, wir bestärken Sie auch darin, da weiterzuarbeiten.

Negativ ist für mich zu bemerken, dass wir durch die verschiedensten Hilfsdienste, die das österreichische Bundesheer in den letzten Jahren tätigen musste, einen dramati­schen Verlust an militärischen Fähigkeiten zu verzeichnen haben, weil die Soldaten nicht mehr ausreichend ausgebildet werden können und deshalb auch nur mehr bedingt in der Lage sind, im Rahmen einer wirklichen militärischen Krise eingesetzt zu werden.

Sie haben es auch nicht in die Wege geleitet, dass wir wieder verpflichtende Miliz­übungen beginnen. Sie haben diese verpflichtenden Milizübungen aufgrund der Inter­vention der ÖVP, damals unter Minister Platter, leider gegen unseren Willen, gegen den Willen der FPÖ abgeschafft. Wir erleben derzeit, dass die Miliz mit einem dramatischen Personalmangel zu ringen hat. Wenn wir das Milizprinzip, das in der Verfassung vorge­sehen ist, ernst nehmen, dann müssten wir alle Schritte setzen, um der Miliz die Möglich­keit zum nach wie vor notwendigen personellen Aufwuchs zu geben. Wir müssen also in die Wege leiten, dass wir wieder eine Sechs-plus-Lösung für alle Grundwehrdiener ein­führen.

Der Beginn dessen wäre, dass wir diese Sechs-plus-drei-Lösung, die jetzt besteht, dass man sich nach sechs Monaten Grundwehrdienst für drei Monate freiwillig für einen Ein­satz zum Beispiel an der Staatsgrenze melden kann, diese Meldung, die auch mit einem ordentlichen Gehalt versehen ist, mit einer Milizverpflichtung verbinden. Ich würde Sie ersuchen, in diese Richtung tätig zu werden und von Ihren Experten im Ministerium auch prüfen zu lassen, in welcher Weise wir das umsetzen können.


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Wir sehen auch die Luftraumüberwachung in keiner guten Entwicklung, Frau Ministerin. Durch die Nichtnachbesetzung der 105er können wir bisher nur feststellen, dass die ÖVP und Sie als Ministerin die aktive Luftraumüberwachung infrage stellen und dass die Flotte der Eurofighter, die wir derzeit zur Aufgabenbewältigung in diesem Bereich haben, durch verschiedene politische Überlegungen Ihrer Partei gefährdet ist. Ich möchte Sie auffor­dern, die aktive Luftraumüberwachung und die Sicherstellung derselben ernst zu neh­men. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil für einen souveränen Staat, und ich glaube, dass Österreich gut damit gefahren ist, dass wir in diesen Bereichen bisher unsere Inter­essen durchsetzen konnten.

Die Reform der Zentralstelle, die Sie begonnen haben, sehe ich sehr kritisch. Ich sehe darin eine prinzipiell zivile Struktur, die uns eine breite Führungsspanne mit einem hohen Koordinierungsaufwand geben wird. Ich gehe davon aus, dass Sie im kommenden Jahr auch wieder Reformbestrebungen in Bezug auf die jetzt eingenommene Gliederung und die eingenommenen Lösungen haben werden.

Sie erwähnen auch die Verwaltung von Covid-Lagern, die dem österreichischen Bun­desheer nun übertragen worden ist. Wir sehen das sehr kritisch. Ich möchte Sie, Frau Ministerin, ersuchen, dass Sie alle diese zivilen Aufgaben, die dem Bundesheer über einen längeren Zeitraum als grundsätzliche Aufgaben zugewiesen werden, ablehnen. Dafür ist das österreichische Bundesheer nicht da. Die Haltung von Covid-Lagern ist eine Sache des Gesundheitsministeriums. Dieses hat diese Bereiche zu koordinieren und zu verwalten. Erst wenn das Gesundheitsministerium dazu nicht mehr in der Lage ist, kann das österreichische Bundesheer mit seinen Mitteln – die es ja hat – zur Verfü­gung stehen, um die Lage zu meistern.

Der dramatische Investitionsstau ist weiterhin abzubauen. Ich räume aber ein, dass Sie natürlich nicht aufräumen können, was in Jahrzehnten versäumt worden ist – das halte ich Ihnen zugute. Ich möchte Sie aber durchaus ermuntern, in Bezug auf den Finanzmi­nister tätig zu werden. Es ist ja nichts Neues, wenn wir feststellen, dass die Türkisen nicht nur im Abwind sind, sondern eigentlich auf dem Abstellgleis gelandet sind. Bei Ih­nen, Frau Ministerin, nehme ich an, dass Sie eine brave Schwarze aus Niederösterreich sind, und deshalb fordere ich Sie auf, sich so in den Budgetverhandlungen zu verhalten (Zwischenruf des Abg. Wurm), dass der Herr Finanzminister, der ein ausgewiesener Türkiser ist, Sie endlich kennenlernt, damit Sie endlich die Budgetmittel freibringen, die wir notwendig brauchen.

Das Bundesheer, meine Damen und Herren, muss in die Lage versetzt werden, seinen verfassungsmäßigen Auftrag zu erfüllen, und das ist die militärische Landesverteidigung. Wer diese Verteidigung beherrscht, der kann auch helfen, wenn die anderen Strukturen, die zivilen Strukturen, nicht mehr weiterkommen, nämlich mit schwerem Gerät und auch mit ausreichend Personal, und das gilt es für uns alle, vor allem für Sie, Frau Ministerin, sicherzustellen. (Beifall bei der FPÖ.)

12.34

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Bösch, MMag. DDr. Fuchs, MMMag. Dr. Kassegger. Ing. Mag. Rei­fenberger

und weiterer Abgeordneter

betreffend dringend notwendige budgetäre Mittel für einen verfassungskonformen Zu­stand des Heeres


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eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 4, Bericht des Bud­getausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewil­ligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) Untergliederung 14 – Militärische Angelegenhei­ten, in der 129. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 17. November 2021

Der Entwurf zum Bundesvoranschlag 2022 sieht für die UG 14 - Militärische Angelegen­heiten im Finanzierungshaushalt Auszahlungen in der Höhe von 2,7 Milliarden EUR vor. Mit den vorgelegten Budgetzahlen ignoriert die Bundesregierung den katastrophalen Zu­stand und die dramatische Unterfinanzierung des österreichischen Bundesheeres! Das Bundesheer ist weit weg davon, seine von der Bundes-Verfassung vorgegebene Auf­gabe, die militärische Landesverteidigung, auch nur in Ansätzen erfüllen zu können.

Auf Grund der immerwährenden Neutralität ist Österreich verpflichtet alles zu tun, um das eigene Land, die Heimat, zu verteidigen. Dafür bedarf es der militärischen Landes­verteidigung durch das Bundesheer, welches als Einsatzheer zu führen und nach den Grundsätzen eines Milizsystems einzurichten ist.

Das Österreichische Bundesheer ist aufgrund jahrzehntelanger Unterfinanzierung nicht mehr in der Lage seinen verfassungsmäßigen Auftrag vollumfänglich zu erfüllen. Der Generalstab hat in seiner Broschüre „Effektive Landesverteidigung! – Ein Appell“ und später mit dem Bericht „Unser Heer 2030“ ganz klar die problematische finanzielle Ist-Situation dargestellt.

Das Ziel muss natürlich auch eine sukzessive Anhebung des Verteidigungsbudgets auf ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts bis 2030 sein, damit das Bundesheer seinen ver­fassungsmäßigen Auftrag wieder erfüllen kann und die österreichische Landesverteidi­gung über eine langfristige budgetäre Sicherheit verfügt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass, im Hinblick auf den Investitionsrückstau des Österreichischen Bundesheeres im Bereich der militäri­schen Ausrüstung, Gerät und Kaserneninfrastruktur, eine budgetäre Ausstattung in der Höhe 3,3 Mrd für das Jahr 2022 vorgesehen wird.

In den weiteren Jahren sind die notwendigen budgetären Mittel zur Verfügung zu stellen, um einen verfassungskonformen Zustand des Österreichischen Bundesheeres zu ge­währleisten.

Große Beschaffungsvorhaben, wie zum Beispiel Flugzeuge für die Luftraumüberwa­chung, sind durch weitere Investitionspakete zusätzlich zum Regelbudget abzudecken.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeord­neter Robert Laimer zu Wort gemeldet. – Bitte.


12.34.22

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): In der Rede von Abgeordnetem Ofenauer wird auf die Modifizierung der Black Hawks und auf Bundesminister aus der Vergangenheit verwiesen. Damit werden auf suggestive Weise Bundesminister der Sozialdemokratie


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verantwortlich gemacht – dazu auch ein Tweet des Ministeriumssprechers Bauer, der öffentlich Bundesminister außer Dienst Klug scharf angreift.

Richtig ist: Das Sonderinvest - -


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen die sozusagen tatsachenwid­rige Behauptung von Herrn Abgeordneten Ofenauer voranstellen und sie dann berichti­gen. (Zwischenruf bei der ÖVP. – Abg. Sieber: Bitte kein Märchen!)


Abgeordneter Robert Laimer (fortsetzend): Die Behauptung war: Für die Modifizierung der Black Hawks waren sozialdemokratische Verteidigungsminister verantwortlich.

Richtig ist: Sonderinvestitionsprogramm 2016, Zuordnung der Mittel schon 2015 mit Mi­nisterweisung; darin sind unter anderem enthalten: die Modifizierung der Black-Hawk-Transporthubschrauber mit dem Volumen von 80 Millionen Euro. Die Entscheidung für das Upgrade wurde 2015, also vor sechs Jahren, getroffen. Bis heute ist das Upgrade nicht abgeschlossen. Warum? – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

12.35


Präsidentin Doris Bures: Gut, bevor ich nun Herrn Abgeordneten Stögmüller das Wort erteile, gebe ich noch bekannt, dass der zu Beginn Ihrer Rede, Herr Abgeordneter Bösch, verlesene Entschließungsantrag ordnungsgemäß eingebracht wurde und daher auch mit in Verhandlung steht.

Herr Abgeordneter Stögmüller, Sie sind am Wort.


12.36.07

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Mi­nisterin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich will jetzt gar nicht großartig auf das aus­giebige Bedauern von alten Regierungen und der Bundesregierung eingehen: Was wä­re, wenn? Wie viel hätte man erreichen können? Was hätte man nicht alles schaffen können?

Mich freut es zum einen, dass Sie – da muss man auch gratulieren – es geschafft haben, beim Bundesheer wieder einmal ein Plus hinzustellen, das Budget zu erhöhen. Ich glaube, es ist doch einem hartnäckigen Einsatz Ihrerseits, Ihres Kabinetts und Ihres gesamten Hauses sowie auch der guten Arbeit des Bundesheers zuzuschreiben, dass es zu diesem Budgetplus gekommen ist. Also Gratulation von unserer Seite dafür. (Bei­fall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.) – Ja, ich glaube, da kann man schon klat­schen.

Das Bundesheer hat während der Pandemie vieles an Assistenz und auch an Unter­stützungsleistungen geleistet – auch allen Soldatinnen und Soldaten gilt unser herzlicher Dank für ihre Arbeit. Es gab aber nicht nur die Pandemie zu bekämpfen: Das Bundes­heer war zum Beispiel auch im Rahmen von Waldbränden wie gerade auf der Rax im Einsatz – Sie werden sicher auch darauf eingehen. Auch dafür muss man dem Bundes­heer beziehungsweise den SoldatInnen besonders danken. Man sieht da die gute Zu­sammenarbeit zwischen den zivilen Organisationen, den Blaulichtorganisationen – den Rettungskräften – und dem Bundesheer, die solche Situationen sehr gut meistern.

Nun haben wir für 2022 ein höheres Budget. Wir hatten schon letztes Jahr ein erhöhtes Budget. Wichtig ist, dieses Geld sinnvoll einzusetzen. Es freut mich, dass wir es mit der Steigerung des Budgets nun schaffen können, positive Veränderungen hin zu einem modernen Heer zu bewirken. Wir haben damit auch schon begonnen, und zwar schon letztes Jahr.

Ein Schwerpunkt war die Attraktivierung des Grundwehrdienstes. Wir wollen es schaffen, dass der Grundwehrdienst – dieser ist eine Visitenkarte, ein Markenzeichen des Bun­desheers, der erste Kontakt der Menschen damit – sinnvoll gestaltet wird. Das haben


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sich die jungen Burschen, die zu diesem Dienst gezwungen und verpflichtet werden, meiner Meinung und unserer Meinung nach auch verdient, dass sie eine grundsolide Ausbildung bekommen, dass einer sinnvollen Tätigkeit nachgegangen wird.

Neben etwas mehr Geld für die Verpflegung haben wir auch gemeinsam entschieden, weniger Grundwehrdiener – ich hoffe, irgendwann überhaupt keine mehr – zum Assis­tenzeinsatz an die Grenze zu schicken. Das haben wir gemeinsam geschafft, auch mit dem Sechs-plus-drei-Modell. Das ist das Modell, das der Kollege kritisiert hat. Ich finde, es ist ein sehr gutes Modell, ich finde, das geht auch in die richtige Richtung.

Bei diesem Modell können Grundwehrdiener freiwillig nach sechs Monaten, wenn sie sich dafür melden, ihren Dienst gut bezahlt um drei Monate verlängern. Ich finde diese Lösung großartig, denn damit ist uns erstens einmal gelungen, Menschen freiwillig an die Grenze und zu Assistenzleistungen zu schicken, und zweitens, diesen Menschen eine Option zu bieten, einer sinnvollen Tätigkeit nachzugehen, zum Beispiel als Über­gangslösung bis zum Studienbeginn.

Bessere Ausrüstungen: Da sind ebenso wichtige Fortschritte gelungen. Es soll immer unser Credo sein: mehr Geld für die Truppe!, gerade auch, wenn es um die Umstruk­turierung im Ministerium geht. Es wird eine neue Struktur in der Zentralstelle geben – das haben Sie vor –, die wir im Parlament in den Ausschüssen natürlich genauso beobachten werden. Ich hoffe, dass es wirklich zu einer Vereinfachung und Entflechtung der Strukturen in den zentralen Stellen kommen wird. Ich glaube, das braucht es und ist auch dringend notwendig, wenn wir uns diese doch alten und langsam gewachsenen Strukturen in diesem Ministerium anschauen.

Wir brauchen ein modernes, ein schlagkräftiges Bundesheer, gerade auch im Hinblick auf die neuen Bedrohungen wie Cyberangriffe. Ich erinnere an die Cyberangriffe von 2019 auf das Außenministerium, Frau Ministerin, die mutmaßlich von Russland gekom­men sind und zum Glück ohne größeren nachhaltigen Schaden – manches werden wir noch herausfinden, manches wird sich noch herausstellen – für Österreichs Infrastruktur abgewehrt werden konnten.

Das österreichische Bundesheer soll und muss auch als Sicherheitsdienstleister bei massiven Herausforderungen und Extremsituationen wahrgenommen werden und diese Position stetig ausbauen. Es braucht ein resilientes Bundesheer, das bei Krisen aller Art, eben auch bei Pandemien, Blackouts oder Umweltkatastrophen, zum Einsatz kommen kann.

Nächstes Jahr soll das Krisensicherheitsgesetz beschlossen werden – ich darf noch ganz kurz darauf eingehen. Wir werden damit eine Neudefinition von Krisen schaffen, weg davon, nur den sicherheitspolitischen Aspekt zu betrachten, hin zur Berücksichti­gung von sozialen Aspekten, Umweltaspekten, wirtschaftlichen Katastrophen. Wir haben schon die ersten guten Gespräche mit den Sicherheitssprechern hier im Haus geführt, und ich glaube, dass wir da zu einer Einigung kommen werden, zu einer guten Einigung im Sinne der Sicherheit Österreichs. Dem Bundesheer soll mittels Assistenzeinsätzen in Zukunft ermöglicht werden, Vorsorge für einzelne Katastrophenszenarien zu treffen. Ich glaube, das ist wichtig und für ein modernes Krisenmanagement auch notwendig, gerade wenn es um die Versorgung mit systemrelevanten Gütern geht, insbesondere mit me­dizinischen und medizintechnischen Gütern. Ich bin der Überzeugung, dass wir mit die­sem Gesetz einen wesentlichen Beitrag zur Resilienz Österreichs und zu einer Verbes­serung der Schlagfähigkeit und auch des Krisenmanagements schaffen werden.

Auch im Bereich der Ökologisierung des Bundesheers haben wir wesentliche Projekte auf Schiene gebracht und werden wir noch auf Schiene bringen. Das betrifft die Reno­vierung von Kasernen, das haben wir schon besprochen, den Ausbau von autarken Kasernen, was auch eine wesentliche und große Rolle spielt. Es gibt dazu auch Pilotpro­jekte: Wie kann das Bundesheer überhaupt ökologischer werden? Ich glaube, da gibt es


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viele Forschungsinitiativen, auch beim Bundesheer und im Landesverteidigungsministe­rium selber.

Ein Punkt, der mir dabei auch wichtig ist – das wissen Sie, Frau Ministerin; ich spreche es immer wieder auch in den Ausschüssen an –, das ist die Verpflegung. Sie haben mit Cook & Chill etwas geerbt – das nenne ich auch so, wenn wir von ehemaligen Regierun­gen reden: geerbt –, was wir als Grüne nicht unbedingt, ich sage es einmal so, optimal finden. Bei diesem Verfahren wird Essen in einer Großküche von einem Lebensmittel­konzern vorgekocht und dann in den Kasernen nur mehr endveredelt, so heißt das, an die Soldaten ausgegeben. Es ist oft ein sehr schweres Essen, wie wir in der Parlamenta­rischen Bundesheerkommission schon oft genug bei Besuchen selber in Erfahrung brin­gen konnten.

Wir sind der Meinung, unsere Soldaten haben sich wirklich frische, regionale und ge­sunde Verpflegung verdient. Auch dazu wurden bereits die ersten Schritte von Ihnen gesetzt; ich glaube, da sind wir auf dem richtigen Weg, das geht nicht von einem Tag auf den anderen, aber Step by Step werden wir auch dieses Ziel erreichen.

Noch einmal Gratulation zu dem Anstieg im Budget. Dank an Sie, Ihr Team, den Gene­ralsekretär, den gesamten Generalstab, die Zivilbediensteten im Ministerium und natür­lich alle Soldatinnen und Soldaten für ihren Einsatz für unsere Gesellschaft, für unsere Republik. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.43


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Helmut Brandstätter. – Bitte.


12.43.15

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Dem Dank an die Soldatinnen und Soldaten schließe ich mich natürlich gerne an (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grü­nen) – danke schön –, aber beim Budget habe ich schon größere Probleme. Ich möchte einmal auf das zu sprechen kommen, was in dem Budget nicht drinnen steht. Ich wüsste gerne: Was wird wirklich ausgegeben, was wird für Flugzeuge, vielleicht auch für die Wartung ausgegeben? Das erfahren wir nicht. Ich habe im Rahmen des Ausschusses den Vertreter des Budgetdienstes gefragt, warum davon nichts drinnen steht. Darauf hat man mir gesagt, na ja, das sei schwer nachvollziehbar. Was heißt schwer nachvollzieh­bar? – Das heißt, es ist intransparent!

Deswegen habe ich Ihnen heute ein besonderes Buch mitgebracht, ich habe es ausge­druckt (einen Ausdruck der „Defense Budget Overview 2021“ in die Höhe haltend): das Budget der Armee und der militärischen Dienste der Vereinigten Staaten, ich werde Ih­nen das dann geben. Was wirklich faszinierend ist, und ich gestehe, ich habe es auch nicht gewusst: Sie können da jedes Detail der amerikanischen Abwehr und des ameri­kanischen Militärbudgets nachlesen. Da steht genau drinnen: Positionen für Waffen, Ge­haltserhöhungen, Beteiligungen an internationalen Partnerschaften, Militärmedizin, Un­terkünfte. Da steht drinnen, wie viele Panzer gerade einsatzfähig sind, welche nicht, wel­che repariert werden. Das heißt, von der amerikanischen Armee, die eine wesentliche Aufgabe hat – da sind wir uns wahrscheinlich einig – und über sehr viel mehr Geld als unser Bundesheer verfügt, erfährt das Parlament, was mit dem Geld gemacht wird – jetzt kann man sagen, der Parlamentarismus in Amerika ist ein bisschen älter und ist schon ein bisschen weiter als bei uns. Wir müssen uns hier mit irgendwelchen Zahlen, mit irgendwelchen Bezeichnungen, über die wir aber im Detail nichts erfahren, abspeisen lassen. Was ist wirklich mit der Luftraumüberwachung? Was ist mit den Drohnen? Wir lesen, es gibt Abschreibungen und Aufwendungen – das kann es bitte schön nicht sein. (Beifall bei den NEOS.) – Danke.


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Der nächste Punkt: Was ist denn die ganz große Baustelle? – Die Baustelle ist natürlich die Institutionalisierung unserer Außenpolitik, das sind aber auch unsere Außengrenzen. Wo sind denn die Grenzen Österreichs? Die sind ja nicht im Burgenland, sondern das sind eben die Außengrenzen der Europäischen Union, und da müssen wir uns überle­gen, wie wir die schützen können. Vieles, was in Österreich als Gefahr erscheinen kann, können wir möglicherweise nicht in Österreich abwehren, sondern nur gemeinsam im Rahmen der Europäischen Union.

Ich habe mir da etwas angeschaut, ich habe das auch nicht gekannt (einen Ausdruck in die Höhe haltend), aber allen, die sich für europäische Landesverteidigung interessieren, kann ich das nur empfehlen. (Ruf bei der SPÖ: Das kann man nicht lesen!) Das kann man hier nicht lesen, ich weiß schon, man kann es im Detail nicht lesen. Das schaut aus wie ein U-Bahn-Plan, ist auf den ersten Blick verwirrend wie manche U-Bahn-Pläne, aber auf den zweiten Blick schon interessant, weil man da die verschiedenen Bemühungen in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung im Rahmen der Europäischen Union nach­lesen kann.

Da kommt natürlich auch Pesco vor, da kommen auch Aktivitäten vor, bei denen wir dabei sind, und deswegen ist es sinnvoll, sich das anzusehen. Es ist vom EUISS, vom European Institute for Security Studies. Ich würde wirklich jedem empfehlen, sich das anzuschauen. Da kann man schon sehen, dass wir etwas machen könnten, aber dann müssen wir es auch machen. Wir reden immer von europäischer Sicherheitspolitik, aber ich habe nicht den Eindruck, dass wir da auch mitmachen. Österreich allein kann es ja auch nicht. Allein die Vorstellung, dass wir uns mit der notwendigen, modernen militäri­schen Technologie selbst ausstatten könnten, ist natürlich unsinnig, deswegen kann das ja nur eine europäische Verteidigung im Rahmen Europas sein.

Was wir in Zukunft auch brauchen, ist ein strategischer Zugang zum Budget, der uns das Risikobild genau vermittelt, das Risikobild auch unseres Bundesheeres, eingebettet in ein europäisches Sicherheitssystem, und letztlich geht es eben auch um die Kontrolle, die Frage: Können wir das, was geplant ist, auch kontrollieren? Nach all dem, was wir in unserem Budget sehen, und wenn wir uns das (den Ausdruck der „Defense Budget Overview 2021“ wieder in die Höhe haltend) als Vergleich ansehen, dann müssen wir leider sagen, dass wir es nicht kontrollieren können, weil Sie es uns nicht sagen, aber vielleicht klappt es ja im nächsten Jahr. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Brandstätter überreicht Bundesministerin Tanner den Ausdruck der „Defense Budget Overview 2021“.)

12.47


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Klaudia Tanner zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.


12.47.39

Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Und vor allem am heutigen Tag: Sehr geehrte Soldatinnen und Soldaten und Damen und Herren Zivilbedienstete meines Res­sorts! Das österreichische Bundesheer ist neben der Wahrnehmung der Landesverteidi­gung die strategische Reserve der Republik, und nicht nur am heutigen Tage zeigen dies unsere Soldatinnen und Soldaten wie wohl niemals zuvor. – Daher an dieser Stelle ein ganz großes Dankeschön an all diejenigen, die im Einsatz sind (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS), im Einsatz bei zahlreichen Assistenz­einsätzen, bei Unterstützungsleistungen für die Gesundheitsbehörden im Kampf gegen die Coronapandemie.

Ja, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Zeiten und die geopolitische Lage ändern sich, die Aufgaben und die Einsätze werden dadurch immer vielfältiger und sie werden auch immer mehr.


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Es gibt ohne Zweifel Aufholbedarf im österreichischen Bundesheer aufgrund zahlreicher Versäumnisse in den vergangenen Jahrzehnten. Ja, es ist wirklich vieles aufzuholen, und auch der Oberbefehlshaber des österreichischen Bundesheeres, Bundespräsident Alexander Van der Bellen, wird nicht müde, in seinen Ansprachen immer wieder darauf hinzuweisen, wie dringend das Bundesheer eine budgetäre Aufstockung braucht.

Wir befinden uns daher mitten in einem wohl bedeutsamen Veränderungsprozess, und das Budget spielt da eine äußerst wichtige Rolle, denn eines ist ein Faktum: Die Sicher­heitslage in Europa wird sich in den kommenden Jahren wohl nicht verbessern, um nicht zu sagen, sie wird sich verschlechtern. Das heißt, die an uns gestellten Herausforderun­gen werden steigen, das zeigt uns das Risikobild für die nächsten Jahre. Wenn wir die­ses anschauen, dann wissen wir zumindest eines: Wir wissen einigermaßen gut, worauf wir uns vorbereiten müssen, wir wissen, was auf uns zukommt, was auf uns zukommen kann. Das sind Herausforderungen, Szenarien des 21. Jahrhunderts wie Terrorismus, Cyberattacken, Blackouts, Pandemien, Naturkatastrophen mit ihren Folgen und den dann notwendigen Einsätzen des Bundesheeres – das haben wir in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zur Genüge erlebt, und wahrscheinlich werden diese durch den Klimawandel noch weiter zunehmen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben – hatten – ja leider ein aktuelles Beispiel: Das Bundesheer war in den vergangenen Wochen gegen den Waldbrand im Raxgebiet im Dauereinsatz. Zwei Blackhawks, zwei Agusta-Bell 212, eine Alouette III und eine Pilatus PC-6 des Bundesheeres haben gemeinsam mit Hubschraubern des Innenminis­teriums, mit Hubschraubern der Deutschen Bundeswehr und der Slowakei sowie mit zwei Löschflugzeugen aus Italien die Einsatzkräfte im Kampf gegen diesen größten Waldbrand der letzten Jahre unterstützt. Allein unsere Luftstreitkräfte, jene des österrei­chischen Bundesheeres, haben mehr als 4 Millionen Liter Wasser über dem Brandgebiet abgeworfen. – An dieser Stelle ein ganz großes Dankeschön an alle Einsatzkräfte! (Bei­fall bei ÖVP, Grünen und NEOS.)

Ich war nicht nur einmal, sondern mehrfach mit unserer Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und mit ihrem Stellvertreter Stephan Pernkopf vor Ort im Raxgebiet. Wir haben uns ein Bild von der Lage und der Situation der Einsatzkräfte gemacht. Wir konnten sehen, wie die Zusammenarbeit zwischen unserem Bundesheer, den internationalen Kräften und den zivilen Einsatzorganisationen gelaufen ist – wirklich einwandfrei. Unsere Soldatinnen und Soldaten sind gemeinsam mit Feuerwehr, Polizei und den Einsatzkräf­ten in den Fluggeräten aus unseren Nachbarländern mit unglaublich großer Professiona­lität und größtem Engagement dabei gewesen, um die Glutnester und Flammen zu lö­schen.

So viel an Risiken und an Gefahren, die die Pandemie bringt, die uns wieder im Griff hat: Das hätten wir uns wohl vor einigen Jahren noch nicht vorstellen können, und doch ist es passiert. Ein Terroranschlag, wie er mitten in Wien stattgefunden hat, ein Albtraum – auch der ist passiert. Und wer hätte daran gedacht, dass wir uns auf Blackoutszenarien vorbereiten müssen? Alle unsere Sicherheitsexperten sagen uns, dass es innerhalb der nächsten fünf Jahre passieren wird, es ist ein einsatzrealistisches Szenario: Ein europa­weiter Versorgungsausfall der Strominfrastruktur ist möglich. Dann gibt es kein Licht, dann gibt es kein Handy, kein Internet, keinen funktionierenden Bankomaten, keine Hei­zung, keine Tankstellen, keine Straßenbahnen. Für uns, für das österreichische Bundes­heer, heißt es in solch einem Fall, dass wir die Führungsfähigkeit der Republik unter­stützen müssen, dass wir im Katastrophenfall den anderen Einsatzorganisationen auch strategische Reserve sein müssen.

Noch einmal kurz zurück zur Coronapandemie: Was das für die Einsätze des Bundes­heeres bedeutet – bedeutet hat und noch bedeuten wird –, haben wir gesehen. Seit März des Vorjahres waren jeden Tag im Durchschnitt knapp 1 000 Soldatinnen und Soldaten


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und Zivilbedienstete im Rahmen von Assistenzeinsätzen und Unterstützungsleistungen für die Gesundheitsbehörden im Coronaeinsatz. An Spitzentagen waren das insgesamt 8 000 Personen im Inland und im Ausland, an der Grenze. Wir mussten mit unseren medizinischen Kräften sogar kurzfristig die Leitung eines Pflegeheimes übernehmen, da dies zu diesem Zeitpunkt sonst keiner tun konnte. Wir sind jetzt wieder so weit, dass diese Assistenzanforderungen im Raum stehen.

Allein heuer sind insgesamt 7 980 Soldatinnen und Soldaten im Rahmen von sicher­heitspolizeilichen Assistenzeinsätzen tätig, das sind, sehr geehrte Damen und Herren, 319 200 Einsatztage allein im heurigen Jahr.

Wir kommen auch jetzt wieder verstärkt zum Einsatz: Wir sind bei Einreisekontrollen und beim Contacttracing eingesetzt, wir betreiben das Impfzentrum in Nenzing in Vorarlberg. Im Moment sind es rund 600 Soldatinnen und Soldaten, die zur Unterstützung der Ge­sundheitsbehörden gebraucht werden. Dazu kommen noch 1 200 Soldatinnen und Sol­daten, die wegen des steigenden Migrationsdruckes im Assistenzeinsatz an der Grenze stehen. Daneben sind auch noch unsere Auslandseinsätze in 14 Missionen mit derzeit 800 Soldatinnen und Soldaten und dazu auch noch die Normaufgaben zu erfüllen.

Es ist unvorstellbar, was unsere Soldatinnen und Soldaten und die Zivilbediensteten leis­ten. Und all das, sehr geehrte Damen und Herren, muss finanziert werden. Daher freut es mich wirklich, dass wir, so Sie das beschließen, zum dritten Mal das höchste Vertei­digungsbudget der Geschichte erzielen.

Sehr geehrte Damen und Herren, über Jahre hat man dem österreichischen Bundesheer nicht den entsprechenden Stellenwert eingeräumt, man hat ihm budgetär nicht den Stel­lenwert eingeräumt, den es verdient. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Dieser jahre­lange Rückstau hat ein Ende, und in dieser Hinsicht können wir positiv in die Zukunft blicken, denn es ist notwendig, dass wir ein modernes, handlungsfähiges Bundesheer schaffen, das die Herausforderungen und Szenarien des 21. Jahrhunderts bewältigen kann. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Rössler und Stögmüller.)

Das Verteidigungsbudget des Bundesheeres für das kommende Jahr 2022 beträgt nun­mehr 2 713,1 Millionen Euro. Das entspricht im Vergleich zum Vorjahr einer Budgeter­höhung von 40 Millionen Euro. Die Steigerung gegenüber dem Vorjahr ist insbesondere auf die Position Europäische Friedensfazilität zurückzuführen, die als Nachfolge des Athena-Mechanismus für Maßnahmen der Gemeinsamen Sicherheitspolitik in der Euro­päischen Union etabliert wurde. Die Zuständigkeit für die Europäische Friedensfazilität geht mit 1. Jänner 2022 vom Außenministerium auf das Verteidigungsministerium über, um zur effektiven Konfliktprävention, zur Friedensförderung und zur Stärkung der inter­nationalen Sicherheit beizutragen.

Ich kann an dieser Stelle auch sagen: Unser Engagement in den Missionen wird un­glaublich geschätzt. Ich komme gerade vom Verteidigungsministertreffen im Jumbofor­mat mit den Außenministern, und immer wieder wird die besondere Professionalität un­serer Soldatinnen und Soldaten bei den Auslandsmissionen betont und geschätzt – auch an dieser Stelle ein großes Dankeschön an die Kameradinnen und Kameraden! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Abgeordneten Brandstätter und Künsberg Sarre.)

Darüber hinaus werden für das Jahr 2022 Covid-19-Budgetmittel im Ausmaß von 20 Mil­lionen Euro veranschlagt. Diese Mittel stehen ausnahmslos für einschlägige Aufwendun­gen im Rahmen der Pandemiebekämpfung zur Verfügung.

Auch für die nächsten Jahre wird das hohe Niveau von über 2,7 Milliarden Euro gehalten werden können, wenngleich an dieser Stelle die Investitionen um 8,9 Prozent sinken. Das ist auf die atypischen Beschaffungsvorgänge in unserem Ressort zurückzuführen.


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Der Wert von 428,8 Millionen Euro ist dennoch der zweithöchste nach dem Jahr 2021. Das heißt, es ist eine Verdoppelung gegenüber 2019 und liegt auch leicht über dem tatsächlichen Erfolg aus dem Jahr 2020. Das heißt, der Anteil der Investitionen an den Gesamtauszahlungen liegt bei wirklich hohen 15,81 Prozent. Eine Fortsetzung des suk­zessiven und – ich sage es hier noch einmal – unbedingt notwendigen Abbaus des In­vestitionsstaus beim Bundesheer ist damit möglich.

Wir dürfen trotz aller Assistenzanforderungen, Einsätze und Unterstützungsleistungen nicht auf unsere ursprünglichen Aufgaben der Landesverteidigung vergessen. (Abg. Bösch: Danke!) Es ist tatsächlich ein wahrer, guter Spruch: Wer verteidigen kann, der kann auch helfen. (Abg. Kassegger: So ist es!) Wer nur helfen kann, der kann nicht verteidigen. – Daher muss es auch immer unser Anspruch sein, Österreich als neutrales Land im Herzen Europas militärisch adäquat auf stabile Beine zu stellen. (Abg. Kas­segger: ... Hubschrauber!) Das heißt, dass wir auch in diesen Bereich weiter investieren müssen, um die erforderlichen militärischen Kernkompetenzen und Fähigkeiten zu erhal­ten. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Gleichzeitig müssen wir Vorsorge treffen, unser Bundesheer in Teilbereichen, insbeson­dere eben im Kasernenbetrieb, autark und auch krisenfester zu machen. Generell sind wir dabei durch viele neue Beschaffungen – von der Mobilität beginnend über die Aus­rüstung, über Gerätschaften – und auch durch die Herstellung der Autarkie in 100 rele­vanten militärischen Liegenschaften in den Bereichen elektrischer Energieversorgung, Wärmeversorgung, Wasserversorgung, Betriebsmittelversorgung und so weiter das Bundesheer zu einem modernen Heer zu machen. Das gesamte Projekt Autarkie militä­rischer Infrastruktur ist ja bereits Großteils eingeleitet, und für dieses Projekt ergibt sich im Jahr 2022 ein Budgetbedarf von circa 22 Millionen Euro.

Auch bei der Beschaffung der 18 Hubschrauber des Typs Leonardo AW169M mit Ge­samtkosten in Höhe von 300 Millionen Euro sind wir im Zeitplan. Bis Ende nächsten Jahres werden die ersten Helikopter geliefert; die restlichen werden im Jahr 2023 kom­men. Sie werden unsere langgedienten Hubschrauber des Typs Alouette III ablösen, und wie wichtig diese einsatzbereiten Hubschrauber sind, das hat sich ja insbesondere in den letzten Wochen beim Waldbrand in Hirschwang gezeigt.

Ich möchte noch kurz auf die Sonderfinanzierungspakete eingehen, die wir bekommen haben. Für 2022 stehen dem Verteidigungsministerium Sonderinvestitionsmittel von 190 Millionen Euro zur Verfügung, 640 Millionen Euro für die Jahre 2021 bis 2024. Das heißt, wir werden in den kommenden Jahren zusätzlich in die Bereiche Covid-19-Assis­tenzeinsatz, Miliz generell, Cybersicherheit, ABC, Sanität, Terrorabwehr und Katastro­phenschutz investieren. Ich spreche da, sehr geehrte Damen und Herren, von 400 Mil­lionen Euro für den Zeitraum von heuer bis 2024, die eben für Terrorabwehr, ein Kata­strophenschutzpaket, ein Sanitätspaket und ein ABC-Paket ausgegeben werden.

Für den Bereich der Katastropheneinsätze werden wir Pioniergeräte anschaffen. Das beginnt bei den Pioniermaschinen und geht bis zu den Fahrzeugen und den anderen Transportsystemen.

Das 200-Millionen-Euro-Sonderinvestitionsmilizpaket ist auf dem Weg und bringt sehr viele Verbesserungen in den Bereichen Ausrüstung, Führungsunterstützung, Bewaff­nung und vor allem auch Mobilität.

Ich glaube auch, dass uns mit dem Modell Mein Dienst für Österreich ein sehr großer Schritt dahin gehend gelungen ist, für unsere jungen Soldatinnen und Soldaten ein at­traktives berufliches Angebot zu schaffen. Für eine freiwillige Meldung zu Milizübungen während des Grundwehrdienstes wird als Anreiz eine Freiwilligenprämie von circa 400 Euro pro Monat ab dem dritten Ausbildungsmonat gegeben, und zusätzlich gibt es auch eine Kaderausbildungsprämie von rund 200 Euro.


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Warum tun wir dies alles? Warum bieten wir dies alles schon beim Grundwehrdienst an? – Weil dieser ja die Basis für alles ist, das dürfen wir nie vergessen! Unsere Grund­wehrdiener sind es, die die Basis für die Kadersoldaten, aber auch für die Miliz sind.

Darüber hinaus, sehr geehrte Damen und Herren, ist es mir auch ein großes Anliegen, den Soldatenberuf für Frauen attraktiver zu machen, den Frauenanteil im Bundesheer weiter zu erhöhen, die hierzu erforderlichen Ressourcen in meinem Ressort verfügbar zu machen und Frauen in Führungspositionen zu fördern. Eines gleich vorweg: Wir ha­ben einiges erreicht. Wir sind auf dem richtigen Weg, aber es gibt unglaublich viel, das noch zu tun ist. Wir haben knapp 3 000 Frauen im Ressort, das sind 13 Prozent aller Bediensteten. Circa 700 davon sind Soldatinnen, die restlichen Damen sind Zivilbediens­tete. Das heißt, der Anteil der Uniformträgerinnen, der Soldatinnen beträgt 4 Prozent – das kann uns nicht zufriedenstellen. Wir sind vom Ziel noch sehr weit entfernt, und daher habe ich auch letztes Jahr eine aktualisierte Fassung des Frauenförderungsplanes mit sehr konkreten Maßnahmen und auch Kennzahlen angeordnet.

Wir setzen außerdem – ich hoffe, das ist dem einen oder anderen von Ihnen schon auf­gefallen – auf eine verstärkte Personalwerbung. Wir haben im Ressort drei konkrete Pro­gramme laufen: das Soldatinnenmentoring, regelmäßige Absolventinnentreffen, Vernet­zungstreffen und das Crossmentoring mit anderen Ministerien. Es gibt in diesem Bereich sehr viel zu tun. Wir haben auch eine eigene Richtlinie, die ganz konkret die Verpflich­tung aller Bediensteten zur Gleichstellung festschreibt.

Eines ist schon klar, sehr geehrte Damen und Herren: Soldatin zu sein, das ist ein Beruf wie kein anderer – vielfältig, interessant, aber ohne Zweifel auch herausfordernd. Was aber auch wichtig ist und was wir vielleicht das eine oder andere Mal noch mehr betonen sollten: Es gibt das gleiche Gehalt für die gleiche Leistung, es gibt unglaublich viele Be­rufsmöglichkeiten und Karrieremöglichkeiten bei uns, beim österreichischen Bundesheer.

Sehr geehrte Damen und Herren! Eine Investition in das Bundesheer, das ist immer eine Investition in die Sicherheit – in die Sicherheit Österreichs. Und auch Sicherheit kostet Geld, die gibt es nicht zum Nulltarif, und ich freue mich wirklich sehr – ich hoffe, mit Ihnen –, dass die Leistungen des österreichischen Bundesheeres geschätzt werden, dass auch die budgetären Notwendigkeiten erkannt und anerkannt werden und dass wir jeden Tag die Möglichkeit haben, die Österreicherinnen und Österreicher davon zu über­zeugen, dass das Bundesheer unsere Sicherheitsgarantie ist. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.05


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Johann Höfinger zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.05.22

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für mich als langjähriges Mitglied im Landesverteidigungsausschuss ist es sehr erfreulich, dass die Landesverteidigung selbst wieder verstärkt in den Fokus gerückt ist, sowohl bei uns hier herinnen im Parlament in der Wertigkeit als auch draußen bei den Menschen in der Anerkennung. Natürlich betrifft das im Kern die militärische Landesverteidigung mit all ihren Aufgaben und Verpflichtungen und viele Positionen, die sich dann darum herum ranken, wobei Sie, Frau Bundesminister, jetzt auch hervorragend skizziert haben, was die Gesamtaufgaben des österreichischen Bundesheeres sind. Diese Aufgaben haben sich in den letzten Jahren auch enorm weiterentwickelt und vergrößert.

Das Besondere daran ist Folgendes: Sie haben jetzt dargestellt, wie sehr Sie sich bemü­hen, dass all diese Aufgaben erfüllt werden können, und genauso wissen wir, wie viele


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Soldatinnen und Soldaten und auch zivile Bedienstete auf den verschiedensten Ebenen bemüht sind, für all diese Herausforderungen gerüstet und gewappnet zu sein.

Ich habe mir vorhin die Debatte angehört und habe auch viel Lob vonseiten der Vertreter der Oppositionsparteien gehört. – Ich klammere jetzt einmal die weinerliche Rede des Kollegen Laimer aus, der es am wenigsten notwendig hätte, hier auszuteilen, denn ich bin seit langen Jahren im Landesverteidigungsausschuss, und es war die SPÖ, die die Wehrpflicht abschaffen wollte. Innerhalb der SPÖ-ÖVP-Koalition haben wir immer wie­der mit Darabos, mit Klug gerungen, wenn es um Erhöhungen gegangen wäre. Die Mi­nister wollten diese gar nicht! Sie wollten einsparen, sie wollten verkleinern, sie wollten Gerät verkaufen und so weiter. Ich bitte daher, jetzt vonseiten der SPÖ hier nicht als großer Verteidiger der Landesverteidigung aufzustehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Kollege Brandstätter hat in seiner Rede mehr darauf Bezug genommen, wie denn die Sachen aufgeschrieben werden, als zum Budget selbst zu sprechen. Ich sage: Ja, das, wie es aufgeschrieben wird, können wir verändern; wichtig ist, dass wir viel aufschreiben können. Dafür hat die Frau Bundesminister gesorgt und dafür bin ich ihr sehr dankbar.

Sie, Frau Minister, haben einen großen Teil aufzuholen, was in den letzten Jahren von Ministern versäumt wurde, und Sie machen das Hand in Hand mit der Truppe. Sie scheuen auch nicht davor zurück, Entscheidungsebenen, die gleichfalls künstlich ge­schaffen wurden, die aber in der heutigen Zeit nicht mehr notwendig sind, herauszuneh­men, um eben rasch Entscheidungen umsetzen zu können, um die Befehlskette kurz halten zu können.

In diesem Sinne also vielen herzlichen Dank für diesen Einsatz in die Richtung, militäri­sches Gerät zur Landesverteidigung, wie auch immer wir es brauchen, nachzubeschaf­fen, aber auch wenn es darum geht, die Sicherung der kritischen Infrastruktur, die Ab­wehr von Bedrohungen beziehungsweise von Terrorangriffen, von Cyberangriffen und Ähnlichem bis hin zum Katastrophenschutz bewältigen zu können.

Vielen herzlichen Dank für Ihr Engagement nach innen, aber auch nach außen, wenn es darum geht, die Bevölkerung in dieser Frage mitzunehmen! Auch das machen Sie her­vorragend, und wir merken eine Bewegung, die es uns wieder ermöglicht, gemeinsam das Bundesheer nach vorne zu bringen. Dafür danke ich ganz, ganz herzlich. (Beifall bei der ÖVP.)

13.08


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Kollegin Petra Wimmer. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.08.51

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sie haben vor­hin sehr ausführlich geschildert, für welche Aufgaben das Bundesheer zuständig ist, wofür es insbesondere in Krisen, bei Unwettern, bei Notlagen herangezogen wird. Auch bei der Brandkatastrophe war das Bundesheer einfach da und einsatzbereit und leistete ganz wichtige Aufgaben für unsere Gesellschaft.

Grundwehrdiener, Soldatinnen und Soldaten werden also immer herangezogen, wenn Hilfe im großen Stil notwendig ist, und ich möchte auch für meine Fraktion die Gelegen­heit nutzen, von dieser Stelle ein Danke zu sagen: ein Danke an alle, die ihren Grund­wehrdienst abgeleistet haben, die ihn gerade ableisten (Beifall bei der SPÖ, bei Abge­ordneten der ÖVP sowie der Abg. Disoski), ein Danke an alle Soldatinnen und Soldaten, die immer da ihren Dienst leisten, wo wir als Gesellschaft sie gerade brauchen! Ohne sie wäre ganz vieles nicht möglich.

Sehr geehrte Damen und Herren! In einer globalen Gesundheitskrise rückt natürlich das Bundesheer auch als Arbeitgeber für viele Österreicher in den Fokus, aber auch für


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Österreicherinnen – Sie haben es zuerst schon angesprochen, die Frauen beim Bundes­heer sind noch eine sehr kleine Gruppe. Um die Arbeit beim Bundesheer für Frauen attraktiver zu gestalten, sind natürlich viele Faktoren notwendig. Neben der Vereinbarkeit von Familie und Beruf – die natürlich auch für viele Männer ein großes Thema ist, aber für Frauen ist sie noch einmal wichtiger, sie spielt einfach eine große Rolle – sind auch Aufstiegschancen – sie wurden auch angesprochen – sehr wichtig. Man muss den Beruf der Soldatin für Frauen attraktiv gestalten, muss Frauen auch motivieren, zum Bundes­heer zu gehen. Trotz der Bemühungen von Ihnen, Frau Bundesministerin, die wir auch sehen, gibt es noch weiteres Verbesserungspotenzial, wie man feststellen muss, wenn man sich den Frauenanteil beim österreichischen Bundesheer, und natürlich ganz be­sonders in den Führungspositionen, ansieht.

Damit die Grundwehrdiener und alle MitarbeiterInnen der Landesverteidigung ihren Dienst gut erfüllen können, braucht es neben anderen Voraussetzungen dementspre­chende Unterbringung, funktionsfähige Ausstattung und natürlich auch die damit verbun­denen Investitionen. Es ist nur möglich, einen schnellen Einsatz zu gewährleisten, wenn die Gebäude gut ausgestattet sind und wenn das notwendige Equipment auch in einem guten Zustand ist.

Wichtig ist uns in den Regionen natürlich auch, dass die Standorte der militärischen Ein­richtungen erhalten werden. Mir ist naturgemäß der Standort der Hessenkaserne in Wels besonders wichtig. Für die Regionen sind diese Standorte auch als Sicherheitsinseln für Notfälle von Bedeutung – sie nehmen immer mehr an Bedeutung zu –, damit die Bevöl­kerung im Falle eines Blackouts die Sicherheit hat, dass ihre Notversorgung über die Kasernen gewährleistet ist.

Sehr geehrte Frau Ministerin! Die Autarkie der Kasernen ist ein entscheidender Schlüs­sel für das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung. Für eine schnelle Mobilisierung im Notfall brauchen die Kasernen aber keine Lippenbekenntnisse, sondern tatsächliche Investi­tionen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Maria Smodics-Neumann. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.12.17

Abgeordnete Mag. Maria Smodics-Neumann (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Frau Kollegin Wimmer von der SPÖ, ich bin Ihnen un­glaublich dankbar für Ihre Aussagen, die Sie hier jetzt gerade gemacht haben, denn es hat mich ein bissel erschüttert, was Ihr Kollege Laimer gesagt hat – auch wenn er das vielleicht gar nicht ausdrücken wollte, es hat aber so geklungen.

Sehr geehrte Soldatinnen und Soldaten, ich glaube, uns ist allen bewusst, dass es Auf­gaben gibt, bei deren Erfüllung man vorne steht und sichtbar ist, und dass es Aufgaben in der Assistenzleistung gibt, die man nicht sieht, die aber mindestens genauso wichtig sind. Ich glaube, der Großteil von uns macht keinen Unterschied beim Dankesagen für alles, was Sie tun – vor dem Vorhang, aber auch dahinter. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Schallmeiner und Scherak.)

2,71 Milliarden Euro sind für militärische Angelegenheiten budgetiert, und ich möchte hier ein paar aus meiner persönlichen Sicht wichtige Punkte herausgreifen, wie zum Beispiel: 210 Millionen Euro für Instandhaltung und Neubauten oder 173 Millionen Euro an Investitionen in die Ausrüstung, sei es Bekleidung, seien es Luftfahrzeuge, seien es gepanzerte Fahrzeuge und so weiter – alles Dinge, die sicherstellen, dass die Resilienz Österreichs im Ernstfall aufgebaut werden kann. Oft erwähnt wurden heute schon – und auch mir ist das besonders wichtig – die 100 Kasernen, die bis 2025 autark werden sol­len, wobei zwölf davon zu Sicherheitsinseln werden sollen, ein zusätzlicher Milizverband


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zum Schutz der kritischen Infrastruktur und natürlich die Fortführung des Antiterror- und Krisenschutzpakets.

Das alles hilft aber nichts – und die Frau Bundesminister hat es auch erwähnt –, wenn wir zu wenige Soldatinnen und Soldaten haben. Deswegen bedanke ich mich auch für die Kraftanstrengung, die erneute und immer wieder unternommene Kraftanstrengung, um die Attraktivität des Bundesheers sozusagen anzuheben, auch mit dem Ziel, dass wir dann mehr Frauen in Führungspositionen haben werden.

Ein wichtiger Teil sind auch die Mittel für das Heeresgeschichtliche Museum – denn dort gibt es die Möglichkeit, nicht nur die Geschichte des österreichischen Bundesheers dar­zustellen, sondern auch das Bundesheer von heute für die Bevölkerung darzustellen –, neben jenen für die Parlamentarische Bundesheerkommission und auch die Militärseel­sorge, die ganz wichtig für die tägliche Arbeit der Bundesheersoldaten und -soldatinnen sind.

Danke für Ihren Einsatz, Frau Bundesminister, und für den Ihrer Soldatinnen und Solda­ten! (Beifall bei der ÖVP.)

13.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Ing. Mag. Volker Reifenber­ger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.15.05

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Frau Bundesminis­ter! Ich kann es wirklich nicht mehr hören: Jedes Jahr kommen Sie hierher in die Budget­debatte mit einer angeblichen Erfolgsnachricht, wonach Sie angeblich ein Rekordbudget für unser Bundesheer herausverhandelt hätten. Dieses angebliche Rekordbudget reicht aber nicht einmal für ein ordentliches Begräbnis unserer Landesverteidigung aus. Wenn Sie das Budget einer minimalen Erhöhung unterziehen, mit der Sie aber nicht einmal die Inflation abdecken, dann mag das vielleicht nominell eine Erhöhung sein, aber wenn man die Kaufkraft entsprechend berücksichtigt, ist es eine weitere Herabsetzung eines ohnehin schon viel zu niedrigen Budgets. – Wenn Sie mir das nicht glauben, dann fragen Sie bitte Herrn Kollegen Taschner, der wird Ihnen das schon erklären.

Wir haben beim Bundesheer einen gewaltigen Investitionsrückstand, Sie wissen das ganz genau. Wir bräuchten in Wahrheit ein Budget, das fast doppelt so hoch ist wie das jetzige, plus Sonderfinanzierungen für dringend notwendige große Beschaffungsvor­gänge. Ihre Vorgänger und der Generalstab haben das bereits vor über zwei Jahren deutlich und plakativ aufgezeigt. Geld gibt es also viel zu wenig, und unser Heer ver­kommt ganz im Sinne der türkisen Verteidigungsdoktrin zu einem leicht bewaffneten technischen Hilfswerk.

Aber Geld ist nicht alles: Die ÖVP tritt auch unsere Bundesverfassung mit Füßen, und das nicht nur bei den Coronamaßnahmen, die der VfGH – spät, aber doch – reihenweise aufhebt. In unserer Bundesverfassung steht – ich zitiere –: „Dem Bundesheer obliegt die militärische Landesverteidigung. Es ist nach den Grundsätzen eines Milizsystems einzu­richten.“ – Wir haben aber nicht einmal auf dem Papier, von der Realität ganz zu schwei­gen, ein Milizheer nach Schweizer Vorbild, welches der seinerzeitige Verfassungsge­setzgeber vor Augen hatte. Ein Milizheer, das so wie momentan auf reiner Freiwilligkeit beruht, gibt es nicht. Das kann nicht funktionieren, egal welche Anreize Sie setzen. Da­her müssten Sie eigentlich die Erbsünde Ihres Vorvorgängers und Parteikollegen Gün­ther Platter gutmachen und wieder verpflichtende Truppenübungen einführen. Aber dazu fehlt Ihnen der politische Wille und der Mut – und reden Sie sich bitte nicht auf Ihren grünen Koalitionspartner aus, denn wir Freiheitliche haben Ihre negative Einstellung zur Landesverteidigung als früherer Koalitionspartner selbst hautnah miterleben müssen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 379

Daher bringe ich – beinahe schon traditionell – folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wiedereinführung der 8 Monate Grundwehrdienst im Modell 6 + 2 Monate“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat eine Änderung des Wehrge­setzes vorzulegen, welche die Wiedereinführung von 8 Monaten Grundwehrdienst, im bewährten Modell 6 + 2 Monate, beinhaltet.“

*****

Es freut mich, dass auch die Sozialdemokraten letztes Jahr diesem Antrag zugestimmt haben. Offenbar hat auch dort ein gewisses Umdenken eingesetzt, und ich hoffe, dass sie diesem Antrag auch diesmal wieder zustimmen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

13.18

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Mag. Reifenberger, Dr. Bösch, MMag. DDr. Fuchs, MMMag. Dr. Kas­segger

und weiterer Abgeordneter

betreffend Wiedereinführung der 8 Monate Grundwehrdienst im Modell 6 + 2 Monate

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 4, Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz

über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzge­setz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) Untergliederung 14 – Militärische An­gelegenheiten, in der 129. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 17. November 2021

Der Entwurf zum Bundesvoranschlag 2022 sieht für die UG 14 - Militärische Angelegen­heiten im Finanzierungshaushalt Auszahlungen in der Höhe von nur 2,7 Milliarden EUR vor. Das Österreichische Bundesheer ist aufgrund jahrzehntelanger Unterfinanzierung nicht mehr in der Lage seinen verfassungsmäßigen Auftrag voll-umfänglich zu erfüllen. Unter Verteidigungsminister Mario Kunasek hat der General-stab in seiner Broschüre „Effektive Landesverteidigung! – Ein Appell“ und später die Fortschreibung mit dem Be­richt „Unser Heer 2030“ ganz klar die problematische finanzielle Ist-Situation dargestellt. Auf Grund der Neutralität ist Österreich verpflichtet alles zu tun, um das eigene Land, die Heimat, zu verteidigen. Dafür bedarf es der militärischen Landesverteidigung durch das Bundesheer, welches als Einsatzheer zu führen und nach den Grundsätzen eines Milizsystems einzurichten ist, sowie der allgemeinen Wehrpflicht.

Durch die verantwortungslose Verkürzung des Grundwehrdienstes auf 6 Monate als un­taugliches Wahlzuckerl hat der ehemalige ÖVP-Minister PLATTER dem Bundes-heer und damit Österreich nachhaltig geschadet. Nur die Miliz ermöglicht ein Auf-wachsen des Heeres auf die nötige Einsatzstärke. Die chronische Unterdotierung brachte jedoch einen schweren Mangel an Ausrüstung und Ausstattung. Der Wegfall der Übungspflicht und die reduzierten Ausbildungskapazitäten führen zu Personal-knappheit bei der Miliz.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 380

Dies alles wirkte sich negativ auf die Verfügbarkeit und Einsatzbereitschaft der Miliz aus, so die Erkenntnis 2019 der Ressortführung selbst!

Die Milizverbände und -einheiten weisen einen dramatischen Fehlbestand an Personal und Material auf, der umgehend beseitigt werden muss. Für eine mobilzumachende Miliz ist es unabdingbar, wieder verpflichtende Waffenübungen einzuführen. Die Bundesre­gierung ist aufgefordert, diese Schritte im Sinne des Schutzes unseres Staates und sei­ner Bevölkerung unverzüglich zu setzen!

Der wesentlichste Schritt dazu ist durch die Änderung des Wehrgesetzes die Wieder­einführung der 8 Monate Grundwehrdienst, im bewährten Modell 6 + 2 Monate. Nur so bekommt das Bundesheer wieder die notwendigen Kräfte für die Miliz, diese auszubilden und die Möglichkeit gemeinsam zu üben und sich damit auf die verfassungsrechtlich vorgegebene Aufgabe der militärischen Landesverteidigung vorzubereiten. Es würde auch damit endlich der laufend praktizierte Verfassungs-bruch abgestellt werden. Mit diesem Modell 6+2 wäre auch die Verlängerung der Grundwehrdiener nicht notwendig gewesen!

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat eine Änderung des Wehrgeset­zes vorzulegen, welche die Wiedereinführung von 8 Monaten Grundwehrdienst, im be­währten Modell 6 + 2 Monate, beinhaltet.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Ing. Manfred Hofinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.18.28

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, die Investitionen in das Bundesheer, das sind Inves­titionen in die Sicherheit von Österreich, das sind Investitionen zum Schutz unserer Be­völkerung vor Bedrohungen und Katastrophen, ob das jetzt militärische Angelegenheiten betrifft – was die Kernkompetenz des Bundesheers ist – oder auch Umweltkatastrophen, wie wir sie jetzt wieder in Form der Waldbrände gehabt haben, oder auch die Pandemie, die uns noch immer im Zaum hält.

Daher ist es uns wichtig, dass wir – und ich gratuliere der Frau Bundesministerin dazu – in den vergangenen drei Jahren das Budget massiv erhöhen konnten und jetzt bei einem Rekordbudget von 2,7 Milliarden Euro stehen. Es könnte natürlich immer mehr sein, das ist klar, aber diese Steigerungen haben wir Ihnen zu verdanken, Frau Bundesministerin. Sie sind ein ganz wesentlicher und wichtiger Schritt in die Zukunft eines modernen und attraktiven Bundesheers.

Ein wichtiger Schritt ist natürlich die Investition in die Logistik, in die Infrastruktur und natürlich auch in die Organisation. Vor allem durch die Zentralstellenorganisationsreform wird erreicht, dass wir mehr Personal und Geld direkt bei der Truppe haben. Genauso sind aber auch die Investitionen in die Mobilität ein ganz wesentlicher Punkt – Hub­schrauber, Lastwägen und Lkws werden angeschafft –, ebenso auch die Investitionen in


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 381

die Infrastruktur – diese bringen mehr für unsere Soldatinnen und Soldaten und auch die Autarkie – in einem Ausmaß von insgesamt über 105 Millionen Euro. Das ist die Antwort der Regierung auf die veränderten Bedrohungsszenarien, die wir haben: die hybriden Bedrohungen, aber genauso die Coronasituation.

Wir investieren wirklich sehr viel in das Bundesheer. Meiner Meinung nach ist es aber auch ganz, ganz wichtig, dass das Bundesheer attraktiv für die jungen Menschen, egal ob Mädchen oder Burschen, ist. Daher ist es umso bedeutender, dass wir in den Berei­chen der Ausbildung investieren. Die jungen Menschen müssen auch das Gefühl haben, dass sie einen Nutzen daraus ziehen. Daher ist mir dieses Projekt, in dem das Bun­desheer vermehrt mit der Wirtschaft zusammenarbeitet und einen Mehrwert für die Per­sonen schafft, so wichtig. Auch die Verpflegung, die regionale Küche, ist hervorzustrei­chen.

Was mich persönlich auch besonders freut, sind die Investitionen in die Infrastruktur, weil es natürlich die Truppe motiviert, und vor allem, weil auch in die Zehner-Kaserne meines Heimatbezirkes Ried im Innkreis investiert wird. Die Soldaten dort leisten eine sehr, sehr gute Arbeit und werden gut geführt, aber die Investition in die Sanierung ist unumgäng­lich und ein ganz, ganz wesentlicher Punkt. Einerseits ist die Sanierung natürlich ein wichtiger Wirtschafts- und Arbeitsmarktfaktor in unserer Region, andererseits kristalli­siert sich die Zehner-Kaserne immer mehr als ganz bedeutender Punkt für den Grenz­schutz heraus. – Daher danke ich Ihnen, Frau Bundesministerin, und dem Generalstab für die Bemühungen in diesem Bereich, gratuliere insgesamt zum ganzen Budget und hoffe auf eine gute Zusammenarbeit. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.21


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt MMMag. Dr. Axel Kassegger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.21.56

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Ja, wir haben jetzt einiges von Ihnen, von der Österrei­chischen Volkspartei gehört – immer wieder –: Es ist mir schon klar, dass Sie das, was Sie in diesem Budget zu verteidigen haben, schönreden und schön darstellen, alles an­dere wäre ja verwunderlich, das ist aber zu einem großen Teil Show, was Sie hier ma­chen – das muss ich Ihnen in dieser Direktheit sagen –, wie die Politik der Österreichi­schen Volkspartei, was das Bundesheer betrifft, im Gesamten über die letzten Jahre und Jahrzehnte schon hohe Showkomponenten im Sinne einer mangelnden Glaubwürdigkeit hat.

Wenn Sie davon sprechen, dass wir einen Aufholbedarf beim Bundesheer haben, ist das selbstverständlich völlig richtig. Wenn Sie davon sprechen, dass die Versäumnisse in den letzten Jahren – in den letzten Jahrzehnten, haben Sie sogar gesagt – groß waren, dann haben Sie natürlich recht. Da frage ich Sie: Wer waren denn in den letzten Jahren hauptsächlich beziehungsweise zu einem nicht unerheblichen Teil die Minister? – Es waren natürlich auch Minister von der Sozialdemokratie, aber auch von der ÖVP. Da fehlt es also an Glaubwürdigkeit.

Die Diktion, das Bundesheer habe jetzt das größte Budget aller Zeiten, ist zwar sachlich richtig, aber ich möchte mit einem Beispiel ein bisschen die Relationen zurechtrücken. Wie wir wissen, liegt das angestrebte Verteidigungsbudget von Nato-Mitgliedstaaten bei 2 Prozent des BIP, und dieses 2-Prozent-Ziel ist von vielen Mitgliedstaaten bereits er­reicht worden. Diese 2 Prozent – und das sagt die Nato, die ja wohl etwas Ahnung von militärischen Dingen, auch von militärischer Landesverteidigung hat – sind an Mitteln unbedingt notwendig, um überhaupt von Militär sprechen zu können. Kollege Reifenber­ger hat es schon gesagt: Wir reden von einem Militär mit dem verfassungsmäßigen


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Auftrag der militärischen Landesverteidigung. Dazu bedarf es etwa schwerer Waffen und dazu bedarf es natürlich auch Personals, das militärische Fähigkeiten hat. – Ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Nichts von dem ist im österreichischen Bundesheer vorhanden.

Sie glauben doch wohl nicht ernsthaft, dass wir mit einem Panzerbataillon, zwei funk­tionsfähigen Eurofightern und drei Black Hawks dem Auftrag der militärischen Landes­verteidigung gerecht werden können. – Das können Sie nicht ernsthaft glauben! Darum machen Sie eine gute Show und sagen, das Bundesheer macht dieses und jenes: Pa­kete packen, Empfangskomitee am Flughafen, Sicherungsinseln et cetera.

2 Prozent – nehmen wir jetzt einen Haushalt: Ein Haushaltsdurchschnittseinkommen in Österreich beträgt 29 000 Euro im Jahr, das sind 2 100 Euro im Monat. Damit sagen wir, kann man einigermaßen auskommen. Das wäre jetzt das Nato-Budget von 2 Prozent. Das Budget des österreichischen Bundesheeres beträgt 0,6 Prozent des BIP. Das wären im Vergleich 630 Euro Haushaltseinkommen im Monat. Mit 630 Euro kann niemand aus­kommen, kann niemand seine Aufgaben erfüllen, kann niemand, bezogen auf das Bei­spiel Haushalt, ein Leben führen. So kann kein Heer seinen militärischen Aufgaben nach­kommen.

Jetzt sagen Sie natürlich: Wir haben das Budget erhöht! – Um bei diesem Beispiel zu bleiben: Da hätten Sie das Haushaltseinkommen von 630 Euro um 1,4 Prozent auf 638,82 Euro erhöht. Da sind wir jetzt. Das ist das höchste Budget aller Zeiten, das ist richtig – aber 638,82 Euro, das ist nicht einmal die Mindestsicherung. Wovon reden Sie also? – Wir sind unterhalb der Mindestsicherung, und selbstverständlich werden Sie mit einem Budget analog zu 638,82 Euro monatlichem Haushaltseinkommen das seit Jah­ren unterfinanzierte Bundesheer nicht retten können. (Zwischenruf des Abg. Obernos­terer.) Selbstverständlich werden Sie den massiven Investitionsrückstau mit diesen Be­trägen nicht aufholen können. 100 Millionen Euro, das klingt zwar viel, aber das sind Mickymausbeträge im Vergleich zu dem, was erforderlich wäre, um den Investitionsrück­stau aufzuholen. Selbstverständlich werden Sie damit fortfahren, Kasernen und Liegen­schaften zu versilbern.

Die Miliz hat Kollege Reifenberger schon angesprochen: Wir sind verfassungsmäßig da­zu verpflichtet. Ihr Vorvorvorgänger, Minister Platter, hat die Miliz de facto eliminiert, in­dem er das Modell sechs plus zwei abgeschafft, die zwei Monate ausgesetzt hat. Es sagt einem ja der Hausverstand, dass eine Miliz nur dann funktionieren kann, wenn es ver­pflichtende Übungen gibt. Das haben Sie, die ÖVP, vor 15 Jahren abgeschafft und jetzt reden Sie von Attraktivierung. Es wäre ganz einfach: Führen Sie sechs plus zwei wieder ein, so wie es wir Freiheitliche seit Jahren und Jahrzehnten verlangen, und dann können wir von einer Miliz reden, die einigermaßen funktionieren kann. – So wird das nicht funktionieren.

Zur Wertschätzung unserer Soldaten im Grundwehrdienst: Die beziehen 350 Euro, das ist ein Drittel der Mindestsicherung – noch einmal: ein Drittel der Mindestsicherung, von solchen Beträgen reden wir. Das ist für uns zu wenig Wertschätzung. Darum bringen wir einen Entschließungsantrag ein, diesen Betrag zumindest auf die Höhe der Mindestsi­cherung von 949 Euro anzuheben.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten MMag. DDr. Fuchs, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung der monatlichen Bezüge für Grundwehrdiener auf Höhe der Mindestsicherung bzw. So­zialhilfe-Neu“

Der Nationalrat wolle beschließen:


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„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die monatlichen Bezüge für Grundwehrdienst leistende Soldaten auf die Höhe der Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe-Neu anzuheben.“

*****

Das wäre doch eine Mindestwertschätzung für unsere Wehrdienstleistenden. (Beifall bei der FPÖ.)

Noch einmal abschließend: Das ist alles schön und auch gut gemacht, Frau Bundesmi­nisterin. Ihre Präsentation heute war sehr, sehr gut gemacht, 17 Minuten lang, Sie haben mit dem Beispiel auch ein bisschen niederösterreichischen Wahlkampf mit hineinge­bracht. Das ist alles schön und gut, aber darum geht es beim Bundesheer nicht. Die Linie der ÖVP ist klar: Soweit mir erinnerlich ist, waren die letzten Bundesminister der ÖVP, denen das Heer im Sinne einer militärischen Landesverteidigung noch ein Anliegen war, Bundesminister Lichal und Bundesminister Fasslabend. Seitdem – und da müssen Sie so aufrichtig sein und das der Bevölkerung mitteilen – liegt der Österreichischen Volks­partei, insbesondere der türkisen Gruppe innerhalb der Volkspartei, nichts an einem Heer, das in der Lage ist, seine Aufgabe der militärischen Landesverteidigung zu über­nehmen – denn wenn Ihnen etwas daran liegen würde, dann würden Sie dieses Heer nicht mit derart lächerlichen Ressourcen ausstatten, wie Sie es tun. (Beifall bei der FPÖ.)

13.29

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten MMag. DDr. Fuchs, Dr. Bösch, MMMag. Dr. Kassegger, Ing. Mag. Rei­fenberger

und weiterer Abgeordneter

betreffend Erhöhung der monatlichen Bezüge für Grundwehrdiener auf Höhe der Min­destsicherung bzw. Sozialhilfe-Neu

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 4, Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz

über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzge­setz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) Untergliederung 14 – Militärische An­gelegenheiten, in der 129. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 17. November 2021

Der Entwurf zum Bundesvoranschlag 2022 sieht für die UG 14 - Militärische Angelegen­heiten im Finanzierungshaushalt Auszahlungen in der Höhe von nur 2,7 Milliarden EUR vor.

Die monatlichen Bezüge eines Grundwehrdienst leistenden Soldaten belaufen sich zur­zeit auf ca. 350,- Euro.

Asylberechtigte haben ab dem Zeitpunkt, ab dem ihnen der Schutzstatus als Flüchtling zuerkannt wird, Anspruch auf die Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe-Neu. Die Höhe der Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe beträgt 2021 rund 949 Euro für Alleinlebende.

Asylberechtigte bekommen dies in Österreich ohne für den Staat Österreich und seine Bürger etwas zu leisten.

Der Grundwehrdienst muss in Zukunft mit einem Betrag der zumindest der Mindestsi­cherung bzw. Sozialhilfe-Neu entspricht abgegolten werden. Unsere jungen Männer ha­ben eine enorm verantwortungsvolle Aufgabe in dieser krisenhaften Zeit. Die Anhebung


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der Besoldung auf das Niveau der Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe würde eine ge­wisse Wertschätzung gegenüber den Grundwehrdienern für den Dienst an unserer Re­publik ausdrücken.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die monatlichen Bezüge für Grundwehrdienst leistende Soldaten auf die Höhe der Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe-Neu anzuheben.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht somit mit in Verhandlung.

Mir liegen nun keine Wortmeldungen mehr dazu vor. Die Beratungen zu diesem The­menbereich sind somit beendet.


13.29.27UG 11: Inneres

UG 18: Fremdenwesen

Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zur UG 11: Inneres, sowie zur UG 18: Fremdenwesen. Darüber findet eine gemeinsame Debatte statt. Ich begrüße dazu den Herrn Innenminister.

Dazu zu Wort gelangt nun Herr Kollege Ing. Reinhold Einwallner. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.29.46

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Lassen Sie mich der Debatte zu der Untergliederung Inneres einen Dank voranstellen, nämlich an die Polizistinnen und Polizisten, die unter wirklich nicht einfachen Bedingungen jeden Tag für die Sicher­heit in Österreich und für die Sicherheit der Bevölkerung in Österreich im Einsatz sind – ein herzliches Dankeschön dafür. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)

Herr Bundesminister, auch als Oppositionspolitiker muss ich sagen: Es gibt wahrschein­lich Untergliederungen, die stärkere Kritik abverlangen als das Budget in den Bereichen Inneres und Fremdenwesen, weil es da von der finanziellen Ausstattung her grundsätz­lich Zuwächse gegeben hat und die Mittel in den letzten Jahren durchaus gewachsen sind.

Die entscheidende Frage ist allerdings nicht nur die Budgethöhe, sondern auch die Prio­ritätensetzung, die man in einem Budget und in einem Ministerium vornimmt. In den letzten Wochen erleben wir wieder, wo und wie Sie Ihre Prioritäten setzen. Nicht nur, dass Sie eine große Organisationsstrukturreform ankündigen – viele vermuten natürlich, dass diese ähnlich ist wie die letzten Organisationsstrukturreformen, dass es mehr oder weniger wieder nur zu einer Umfärbung im Ministerium kommt und dass der eine oder andere brave türkise Parteigänger jetzt eine Funktion im Ministerium bekommt –, Sie überfrachten die Polizistinnen und Polizisten in regelmäßigen Abständen mit Tätigkeiten, für die sie nicht ausgebildet sind, für die sie eigentlich auch nicht da sind und für die sie, wenn man es genau nimmt, auch keine Zeit haben, weil sie sich um Kriminalitätsbe­kämpfung kümmern sollten und nicht darum – wie jetzt –, die 2G zu kontrollieren. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Ries.)


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Schauen wir uns aber einen anderen Bereich an, nämlich den Bereich der Infrastruktur: Wie sind die Arbeitsbedingungen, die die Exekutivbeamten vorfinden? Da ist auch wie­der die Frage: Welche Schwerpunkte setzt man und wie? Sie sind in den letzten Wochen mit der Idee hinausgegangen, einen Bunker im vierten Untergeschoß des Innenministe­riums zu bauen, der um die 30 Millionen Euro kosten wird. Ich glaube nicht, dass das die erste Priorität ist, wenn es um Infrastruktur in Ihrem Ministerium geht. Ich gebe zu, es braucht einen Lageraum, es braucht wahrscheinlich einen technisch gut ausgestatteten Lageraum, aber es braucht keinen Bunker und es braucht Ihre Bunkerfantasien nicht – schon gar nicht, bevor wir hier überhaupt ein Gesetz beschlossen haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Vielmehr braucht es eine gute Infrastruktur, gute Arbeitsbedingungen für die Polizistin­nen und Polizisten vor Ort. Da gibt es in den Polizeiinspektionen noch genug Arbeit zu tun und auch viel zu investieren, bis es dann wirklich auch so ist, dass die Infrastruktur und die Arbeitsbedingungen gut sind.

Abschließend ein Punkt, der natürlich ganz wichtig ist, die Terrorismusbekämpfung: Ja, es ist richtig und gut, dass wir im Bereich der Ausrüstung für die Polizistinnen und Poli­zisten mehr Mittel vorgesehen haben, wenn es um Terrorismusbekämpfung geht, aber das reicht nicht, denn in der Nachbetrachtung des 2. November haben wir gesehen, wo­ran es fehlt. Es fehlt eigentlich an drei Ks, kann man sagen: Es fehlt an Kooperation, es fehlt an Kommunikation und es fehlt an Koordination, wenn es um Terrorismusbekämp­fung geht.

Da haben wir einen Vorschlag gemacht, der sich im Budget leider auch nicht findet: ein Terrorismusabwehrzentrum. Es wäre höchst an der Zeit, dass es eine Schnittstelle gibt, an der wirklich die Informationen ausgetauscht werden und fließen können, damit wir in Zukunft Anschläge wie jenen, den wir leider am 2. November 2020 erleben mussten, möglichst verhindern können; ganz ausschließen wird man sie nie können, aber wir müssen schauen, dass wir sie möglichst verhindern.

Das Geld, die Summe alleine ist nicht entscheidend, sondern das Entscheidende bei einem Budget ist, wie man die Prioritäten setzt – und da sind wir der Meinung, dass Sie sie falsch gesetzt haben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Karl Mahrer. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.34.18

Abgeordneter Karl Mahrer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! 3,25 Milliarden Euro – neuerlich das höchste Sicherheitsbudget der Zweiten Republik. Das ist ein klares Bekenntnis dieser Bundesregierung. Die Sicherheit der Menschen ist uns ein ganz wesentliches Anliegen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich danke auch Kollegen Einwallner für seine ja grundsätzlich anerkennenden Worte zum Budget. Ich glaube auch, dieses Budget ist nicht nur ein Dankeschön, eine Wert­schätzung, sondern es ist auch eine Unterstützung für die 38 000 Polizistinnen und Poli­zisten, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sicherheitsverwaltung, die tagtäglich für unsere Sicherheit sorgen und denen ich hier natürlich auch – auch als Sicherheitsspre­cher der Volkspartei – ein herzliches Dankeschön sagen möchte. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das vorliegende Budget, meine Damen und Herren, stellt aber auch sicher, dass wir der Polizei bis zum Jahr 2024 4 300 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Verfügung stellen können. Es stellt eine Fortsetzung der Ausbildungsoffensive und der Ausstat­tungsoffensive sicher, und es gibt noch mehrere ganz wesentliche Meilensteine, die wir


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mit diesem Budget umsetzen können: Da ist einmal der erste Teil des Antiterrorpakets, da ist aber auch die Neuaufstellung des von uns gemeinsam beschlossenen Verfas­sungsschutzes. Es gibt auch die Möglichkeit, nun den Ausbau der schnellen Reaktions­kräfte für spontane Einsätze zu unterschiedlichsten Gefährdungslagen in allen Bundes­ländern sicherzustellen, und es gibt wichtige Investitionen im Bereich der Cybersicher­heit und – Sie wissen es, das ist mir ein besonderes Anliegen – auch des Gewaltschut­zes in Österreich.

Neben dem eigentlichen Kernbudget für Sicherheit werden wir auch das Budget für den Bereich Fremdenwesen beschließen – 347 Millionen Euro. Damit finanzieren wir unter anderem den Schutz unserer Grenzen, aber unterstützen auch den europäischen Au­ßengrenzschutz und die Balkanländer bei ihren Maßnahmen. Wir schaffen Vorausset­zungen für rechtsstaatliche, rasche und effiziente Asylverfahren und auch die Möglich­keit von Rückführungen für jene, die keinen Schutzstatus erhalten.

Was mir besonders wichtig ist: Wir investieren auch in die Kooperation mit Drittstaaten und in die Hilfe in den Herkunftsregionen, denn wir werden das Problem nur lösen kön­nen, wenn wir die Fluchtgründe verhindern.

Ich danke Ihnen, Herr Innenminister, ich danke auch dem Finanzminister, ich danke aber auch allen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, denn sie ermöglichen dieses höchste Sicherheitsbudget der Zweiten Republik mit ihren Steuerleistungen.

Ich ersuche Sie, meine sehr geehrten Abgeordneten aller Fraktionen, daher um Zustim­mung zu diesem Sicherheitsbudget, denn es ist die Voraussetzung dafür, dass wir wei­terhin in einem der sichersten Länder dieser Welt leben.

Zum Schluss, meine Damen und Herren, gestatten Sie mir ausnahmsweise auch ein persönliches Wort: Jeder, der mich kennt, weiß, dass mir in der Politik Gemeinsamkeit ein besonderes Anliegen ist – Gemeinsamkeit, die mir zuletzt auch hier im Hohen Haus oft abgegangen ist. Ein Mann, der das Gemeinsame aber immer über das Trennende gestellt hat, war der Sozialdemokrat Otto Pendl. Sein Tod am 10. November hat mich, hat uns alle sehr betroffen gemacht. Er war einer meiner Vorgänger im Innenausschuss.

Ich bitte Sie einfach ganz menschlich: Halten wir inne und leben wir auch ein wenig sein Vermächtnis, nämlich das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen, trotz allem Dis­kurs. Otto Pendl, ich werde dich und dein Bemühen um Gemeinsamkeit nie vergessen! (Allgemeiner Beifall.)

13.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Hannes Amesbauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.38.53

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! In der UG 11: Inneres, gibt es tatsächlich ein deutliches Plus, das eine erfreuliche Steigerung darstellt, und das ist durchaus ein respektables Ergebnis.

Ich möchte mich aber jetzt mit der Untergliederung 18, mit dem Fremdenwesen, das ja auch bei Herrn Nehammer ressortiert, beschäftigen. Da ist für das Jahr 2022 eine Sum­me von unfassbaren 347,4 Millionen Euro veranschlagt. Das ist eine Steigerung von 32,5 Millionen Euro im Vergleich zum Jahr 2021, meine sehr geehrten Damen und Herren. Man muss ja auch bedenken, da geht es um die Kosten im Innenministerium, das sind ja vor allem die Mittel für die Grundversorgung zur Betreuung der Asylwerber und für die erstinstanzlichen Asylverfahren.

Alle anderen Kosten im Asylwesen liegen woanders. Das ist eine Summe, die um ein Viel­faches höher ist. All die Berufungsverfahren, die zweite Instanz, das ist ein Kostenpunkt,


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der der Justiz zufällt. Die Mindestsicherung – sobald der Asylwerber asylberechtigt ist, ist er sofort, ab dem ersten Tag, in der Mindestsicherung, ohne einen einzigen Tag in Österreich gearbeitet zu haben, ohne einen Cent Steuer gezahlt zu haben – liegt bei den Bundesländern. Wir haben Kosten im Gesundheitswesen, im Bildungswesen und so weiter und so fort – die Kosten im Asylwesen sind also enorm, meine Damen und Herren.

Wir haben aber nicht nur ein Kostenproblem, sondern auch ein Sicherheitsproblem. Wir wissen, dass wir mit den zahlreichen Migranten, die illegal ins Land strömen, auch Kri­minelle importieren, darunter Mörder, Vergewaltiger, und nicht zu wenige Islamisten, meine sehr geehrten Damen und Herren. Österreich hat allein 45 000 Afghanen im Land. Das ist gemessen an der Bevölkerung der höchste Anteil in der EU und der weltweit drittgrößte Anteil.

Das Hauptproblem sind natürlich die Zuwanderung, die Massenzuwanderung, und der Grenzschutz, der in diesem Land nach wie vor nicht funktioniert. Und das ist Ihr politi­sches Versagen, Herr Innenminister. Wir haben Polizisten und Bundesheersoldaten an der Grenze, die gute Arbeit leisten, aber sie sind leider ein Empfangskomitee. Sobald die Herrschaften Asylwerber und illegalen Migranten, die ja beim illegalen Grenzübertritt schon eine Straftat begehen, das Zauberwort Asyl aussprechen, sind sie im Asylsystem.

Wir brauchen endlich einen effektiven Grenzschutz, damit unsere Polizisten auch einer sinnvollen Tätigkeit nachgehen können, denn die sind zunehmend frustriert, aber Sie, Herr Innenminister, stellen die Polizeikräfte lieber dafür ab, die eigene Bevölkerung zu überwachen und zu schikanieren. In diesem Zusammenhang bringe ich folgenden An­trag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „illegale Grenzübertritte von Wirtschaftsmigranten abstellen und die Kosten für das Frem­denwesen senken

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, nicht mehr nur Ankündigungspolitik zu betrei­ben und die illegale Zuwanderung nur zu verwalten, sondern endlich durch eine effektive Grenzsicherung die illegalen Grenzübertritte von Wirtschaftsmigranten abzustellen und so die Kosten für das Fremdenwesen in UG 18 zu senken.“

*****

Wie ein richtiger Grenzschutz funktionieren kann, das zeigt uns zur Stunde Polen. Wenn Sie sich die Videos alleine vom heutigen Vormittag ansehen, was in Polen los ist, wo aggressive Migranten zu Tausenden versuchen, die Grenze zu stürmen, sodass das Verteidigungsministerium in Polen schon wörtlich von einem Angriff der Migranten spricht, dann sehen Sie Bilder, die einen fassungslos machen: Migranten, illegale Mi­granten, versuchen in aggressiver Art und Weise, mit Baumstämmen die Grenzschutz­barrieren zu durchbrechen, sie benutzen Steine als Wurfgeschosse. Mindestens ein Polizist, der die Grenze verteidigte, ist mittlerweile schwer verletzt. Diesem polnischen Polizisten wünschen wir von dieser Stelle aus alles Gute und baldige Genesung.

Meine Damen und Herren, ich sage: Danke Polen, danke für die Verteidigung Europas vor diesem Angriff! Diese Herrschaften wollen ja nicht in Polen bleiben, sie wollen ja weiter, vorwiegend nach Deutschland und Österreich, dorthin, wo das Sozialschlaraf­fenland ruft.


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Aber auch Lettland und Litauen sind mit ihren Außengrenzen betroffen. Polen denkt jetzt sogar darüber nach, eine Mauer zu bauen – das wird wahrscheinlich notwendig sein. Die Europäische Union muss da helfen. Sie, Herr Nehammer, haben auch Hilfe ange­kündigt, und ich hoffe, Sie setzen sich auch auf europäischer Ebene dafür ein, dass diese Hilfe, auch finanzielle Hilfe, wirklich ankommt.

Wir brauchen einen Paradigmenwechsel in der EU. Die europäische Asyl- und Migra­tionspolitik ist gescheitert. Wir müssen die Außengrenzen schützen und wir müssen uns endlich von dem grundfalschen Vorgehen verabschieden, dass quasi jeder hereingelas­sen wird und ein Asylverfahren bekommt, der es an die Außengrenze schafft. Warum sollen wir überhaupt bei jemandem, der über mehrere sichere Drittländer, in denen er schon längst in Sicherheit gewesen wäre, zu uns kommt, den Schutzberechtigtenstatus prüfen?

Die Europäische Union darf sich auch nicht von einem Herrn Lukaschenka oder auch einem Herrn Erdoğan erpressen lassen. Wir wissen, der Türkei-EU-Deal ist auch fragil, und auch Herr Erdoğan könnte jederzeit solche Bilder produzieren, wie wir sie jetzt an der Grenze zwischen Polen und Weißrussland sehen, nämlich an seinen Außengrenzen zu Griechenland und Bulgarien, meine Damen und Herren. Und auch die Rolle des Herrn Erdoğan im aktuellen Konflikt in Polen ist sehr, sehr fragwürdig, das wissen wir auch, da ja mehrmals täglich Flugzeuge der halbstaatlichen Fluglinie aus der Türkei in Minsk landen.

Meine Damen und Herren! Das Zuwanderungsproblem, die Kosten und auch die Sicher­heitsprobleme können wir nur dann lösen, wenn wir die illegale Zuwanderung möglichst weitreichend unterbinden. In Österreich sind Sie dafür zuständig, Herr Innenminister, und Österreich, die Regierung, ist auch dafür zuständig, die Europäische Union endlich dazu zu bewegen, die Außengrenzen dichtzumachen. Wir brauchen die Festung Euro­pa, sonst wird Europa untergehen. (Beifall bei der FPÖ.)

13.45

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Amesbauer, Dr. Belakowitsch

und weiterer Abgeordneter

betreffend illegale Grenzübertritte von Wirtschaftsmigranten abstellen und die Kosten für das Fremdenwesen senken

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 4, Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.), Untergliederung 11, 18 – Inneres, in der 129. Sit­zung des Nationalrates, XXVII. GP, am 17. November 2021

Die Auszahlungen der UG 18 sind im BVA-E 2022 mit 347,4 Mio. € veranschlagt. Die Mittel der UG 18 werden primär zur Finanzierung des Asylsystems, also der Führung der erstinstanzlichen Asylverfahren sowie der im Wege der Grundversorgung zu betreuen­den Asylwerberinnen und Asylwerber und sonstigen Anspruchsberechtigten im Sinn der Art. 15a-Grundversorgungsvereinbarung eingesetzt. Dies umfasst auch die Förderungs­gebarung im Asyl- und Migrationsbereich für Projekte im In- und Ausland.

Österreich gehört zurzeit wieder zu den von Migration am meisten betroffenen EU-Staaten. Schaut man sich an, wo Flüchtlinge und Asylwerber leben und legt das auf die Größe der Bevölkerung um, ist das Ergebnis wie folgt: An der EU-Spitze liegen die bei­den kleinen Inselstaaten Zypern und Malta, die aber schwer mit Resteuropa vergleichbar


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sind. Gleich dahinter folgen Schweden (25,7 je 1000 Einwohner), Österreich (18,2) und Deutschland (17,5). Selbst Griechenland, das an einer „heißen“ EU-Außengrenze liegt, kommt nur auf 15,4 Flüchtlinge je 1000 Einwohner. In Frankreich leben – auf die Bevöl­kerungszahl umgelegt – gerade einmal halb so viele Flüchtlinge und Asylwerber wie in Deutschland. Und dies verursacht steigende Budgetkosten.

Die Kronenzeitung online vom 06.10.2021 berichtete:

„Asyl: Mehr Geld für Grundversorgung in Ländern

Wie wird das Budget für das Jahr 2022 aussehen? Dieses Geheimnis lüftet Finanzmi­nister Gernot Blümel (ÖVP) heute in einer Woche bei seiner Budgetrede. Schon jetzt sickern Details durch. Die steigende Zahl an Asylanträgen schlägt sich auch budgetär nieder. So sollen die Bundesländer laut Budgetplänen 22 Millionen Euro mehr für die Grundversorgung von Asylwerbern bekommen.

So wenige Asylwerber wie nötig aufnehmen, so viele wie möglich abschieben - das ist das Motto der ÖVP. Im Budget, der in Zahlen gegossenen Politik, spiegelt sich das nicht ganz wider: Laut einem der „Krone“ vorliegenden Papier zum Budget für Fremdenwesen ist geplant, dass nächstes Jahr 22 Millionen Euro mehr an die Bundesländer für die Grundversorgung von Asylwerbern fließen.

Weniger Geld für Abschiebungen

Außerdem ist budgetiert, dass die EU-Grenzschutzagentur Frontex, die die Rückführung von abgelehnten Asylwerbern abwickelt, Österreich fünf Millionen Euro weniger für Ab­schiebungen refundiert. Sollte Österreich letztlich höhere Kosten für Abschiebungen ha­ben, wird mehr Geld rückerstattet.

Unterm Strich bedeutet das, dass die Ausgaben für Asylwerber gegenüber bisherigen Budgetplänen nach oben korrigiert werden. Offenbar rechnet die türkis-grüne Regierung damit, dass auch im nächsten Jahr die Zahl der Asylanträge steigt und weniger Rückfüh­rungen durchgeführt werden können.“

Diese geplante Budgetaufstockung für die Grundversorgung von Asylwerbern für die Bundesländer ist das Resultat der völlig fehlgeleiteten türkis-grünen Asylpolitik. Ex-ÖVP-Kanzler Kurz und ÖVP-Innenminister Nehammer gießen ihr politisches Versagen nun in Zahlen. Mit diesen Millionen für die Unterbringung von Asylwerbern bekommen die Ös­terreicher nun schwarz auf weiß, was ÖVP und Grüne in der Asyl- und Migrationspolitik wirklich vorhaben: Sie machen Österreich wieder zu einer der ersten Adressen für die illegale Einwanderung.

Diese zusätzlichen Finanzmittel sind die Folge der total gescheiterten Grenzsicherung. Es geht nicht darum illegale Migration besser zu verwalten, sondern zu verhindern.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, nicht mehr nur Ankündigungspolitik zu betrei­ben und die illegale Zuwanderung nur zu verwalten, sondern endlich durch eine effektive Grenzsicherung die illegalen Grenzübertritte von Wirtschaftsmigranten abzustellen und so die Kosten für das Fremdenwesen in UG 18 zu senken.“

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag zu den Untergliederungen 11 und 18 ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Mag. Georg Bürstmayr. – Bitte, Herr Abgeordneter.



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13.45.22

Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Österreich braucht eine gute, gut ausgebil­dete und gut bezahlte Polizei, so lautete einer meiner ersten Sätze meiner ersten Rede hier in diesem Haus, und das ist nach wie vor Kernbestandteil grüner Sicherheitspolitik. Polizistinnen und Polizisten haben eben nicht nur die Aufgabe, unsere Menschenrechte zu schützen, sie sind auch selbst Menschen, die Rechte haben: auf anständige Arbeits­bedingungen, auf Respekt seitens ihres Dienstgebers und nicht zuletzt auf anständige Entlohnung. Und deshalb ist es gut, dass es seit 2019 rund 10 Prozent mehr Mittel für den Personalaufwand in diesem Bereich gibt. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Es braucht dieses Geld auch, um MitarbeiterInnen in ausreichender Zahl einstellen zu können und so zu ermöglichen, dass sich PolizistInnen am Mittwoch darauf verlassen können, dass ihre Pläne fürs Wochenende auch halten, dass es so etwas wie ein plan­bares Familienleben überhaupt gibt, dass sie sich weiterbilden können und dass sie nicht wieder und wieder Extraschichten fahren müssen, weil es hinten und vorne an Personal mangelt. Und, wie gesagt, es braucht dieses Geld für eine anständige Entlohnung für die Leute, die jeden Tag im ganzen Land zur Sicherheit beitragen, die sprichwörtlich dort hinlaufen, von wo alle anderen weglaufen, und die uns und unsere Rechte schützen, egal welche Ansicht oder welche Herkunft wir haben.

Stellvertretend für diese mehr als 30 000 ExekutivbeamtInnen denke ich da an jene, die sich bei 40 Grad im Schatten oder bei nasskaltem Wetter vor den Toren der Hofburg die Beine in den Bauch stehen, um uns, um dieses Parlament, um die Demokratie zu schüt­zen. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie der Abg. Krisper.) Wir können unseren Dank dafür durch einen Applaus ausdrücken, aber es gilt auch hier: Ein Applaus zahlt keine Miete und keine Heizung.

Dass die Polizei allein Sicherheit nicht herstellen kann, ist aber ebenso ein Grundge­danke grüner Sicherheitspolitik wie jener, dass dies ohne Polizei nicht geht. Und das drückt sich eben darin aus, dass Österreich gut 3 Prozent seines Budgets für diesen Bereich aufwendet. Sie werden heute noch Ausführungen im Detail dazu hören, in wel­chen Bereichen dieses Budgets es um Gewaltschutz, in welchen es um Prävention geht.

Ich möchte heute noch von einem Betrag sprechen, der etwa ein Zehntel dieser Summe ausmacht, nämlich von jenen 347 Millionen Euro für den Bereich des sogenannten Fremdenwesens. Was sich dahinter unter anderem verbirgt, sind nicht nur die Gehälter für jene BeamtInnen, die feststellen, ob Menschen, die in Österreich Schutz suchen, diesen Schutz auch brauchen und erhalten sollen, sondern auch die Mittel dafür, dass diese Menschen in dieser Zeit, die so ein Verfahren nun einmal braucht, anständig un­tergebracht, versorgt und betreut werden – einfach weil sie Menschen sind und keine Schachfiguren, die von Diktatoren und Despoten hin- und hergeschoben werden. Ein Mensch ist eben ein Mensch und kein Ding, keine Figur aus Plastik oder Holz. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Wir alle haben in den letzten Tagen ziemlich fassungslos dabei zusehen müssen, wie an der Grenze zwischen Belarus und Polen nicht nur Männer, sondern auch Frauen und Kinder bei Temperaturen um die null Grad auf der einen Seite von Europas letztem Dik­tator als Druckmittel missbraucht werden und ihnen auf der anderen Seite die Mindest­standards des Unionsrechts und der Menschenrechte vorenthalten werden.

Meine Kollegin Ewa Dziedzic hat sich im Gegensatz zu Ihnen, Kollege Amesbauer, vor einigen Tagen persönlich ein Bild von dieser Lage gemacht, und glauben Sie mir, das sind Situationen, die wir an unseren Grenzen und auch sonst in Österreich niemals zu­lassen dürfen. (Beifall der Abg. Neßler.) Dafür steht diese abstrakte Summe von 350 Mil­lionen Euro, von 0,35 Prozent des Bundesbudgets: für das Bekenntnis dieser Bundesre­gierung dazu, dass Menschen eben keine Dinge sind.


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Wissen Sie, das sind so abstrakte Zahlen und Begriffe – UG 11, Inneres: 3,25 Milliarden Euro; UG 18, Fremdenwesen: 347 Millionen Euro –, aber sie stehen für sehr fundamen­tale Dinge: für unser gemeinsames Bekenntnis zu den Grundwerten dieser Republik, zur Demokratie, zum Recht auf Sicherheit und zur Menschenwürde, und das sollte uns schon etwas wert sein. – Danke fürs Zuhören. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

13.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Dr. Stephanie Krisper ist nun die nächste Red­nerin. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.51.06

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kol­leginnen und Kollegen! Liebe Damen und Herren zu Hause! Franz Kafka würde ja im gegenwärtigen Österreich längst völlig erschöpft sein ob der vielen Eindrücke. Zuerst einmal: Der Ibiza-Untersuchungsausschuss wäre schon sehr fordernd gewesen durch Lächerlichmachen und Stören der parlamentarischen Kontrollarbeit (Zwischenruf bei der ÖVP) durch jene Partei, die zunehmend in den Fokus der Kontrolle geraten ist.

Dann: Corona und die vonseiten der Bundesregierung eigentlich nötigen Maßnahmen, die dann aber ausbleiben, weil – abstruse Gründe – Dilettantismus, Egoismus, Wahlkal­kül herrschen, die Bürokratisierung stört, und aufgrund des Föderalismus. Nun wird es selbst bei einer einfachen Herausforderung sehr kafkaesk, nämlich bei der Grundversor­gung von Asylwerberinnen und Asylwerbern in Österreich, denn es zeichnet sich erneut ein Managementversagen ab – wie bei Corona.

Der Budgetdienst befand, bei der Grundversorgung von Asylwerberinnen und Asylwer­bern bestehe ein Budgetrisiko, weil als Grundlage für die Budgetierung im Oktober von – laut BMI – 1 700 Personen in der Bundesbetreuung ausgegangen wurde. Ich habe aber kurz vor dem Budgetausschuss eine Übersicht erhalten, aus der sich ergibt, dass in Wahrheit mit Anfang November schon 4 500 Personen in der Bundesbetreuung unterge­bracht sind. Der Herr Minister bestätigte das im Ausschuss, das BMI nannte aber die Zahl von 1 700 – viel weniger. Warum nennen Sie hier nicht die validen Zahlen für die Budgetierung der Bundesbetreuung?

Was bedeuten diese Zahlen: Einen richtig hohen Anstieg? – In der Bundesbetreuung ja, aber insgesamt nicht, da liegen wir im Moment bei 29 000 Personen; das sind 2 000 weniger als vor zwei Jahren, 1 000 mehr als letztes Jahr zu diesem Zeitpunkt. Das heißt, diese Menschen stecken einfach im Flaschenhals der Bundesbetreuung fest, weil sie nicht rechtzeitig in ausreichendem Maße auf die Länder aufgeteilt werden. Auch wenn man einen Covid-Puffer von 15 bis 20 Prozent einrechnet, weil die Belegung nicht so dicht möglich ist wie sonst, wird nicht verständlich, was passiert, nämlich dass – was wir auch seit Wochen hören, abseits dieser Zahlen – Hallen für die Belegung aufgesperrt werden müssen und, seit Neuestem, dass Menschen in Turnsälen schlafen müssen.

Angesichts dieser Zahlen Hallen aufsperren zu müssen, das zeugt von völligem Ma­nagementversagen. Wo liegt das Versagen? – Anscheinend funktioniert der Verteilungs­schlüssel betreffend Bundesbetreuung beziehungsweise die Aufsplittung auf die Länder aus unterschiedlichen Gründen nicht, aber dem müsste man, Herr Minister, nachgehen. Es gibt anscheinend Probleme dahin gehend, dass die Artikel-15a-B-VG-Vereinbarung, die Quotenvereinbarung mit den Ländern, nicht eingehalten wird. Da müsste man ein­fach die Länder in die Pflicht nehmen. Wenn das Argument kommt, das ich von Länder­seite oft höre, dass die Tagsätze für die Asylwerber zu gering sind, dann muss man diese valorisieren und da endlich etwas tun. Man sollte es vonseiten der Politik auch bleiben lassen, vor Wahlen Quartiere extra nicht aufzusperren. Das sind feige politische Spiel­chen, die man nicht zulassen sollte.


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Apropos Spiel: Es wundert uns ja, dass Sie, Herr Innenminister, aus dem Symptom die­ses Managementversagens – Bilder von Menschen in Hallen – nicht längst Profit schla­gen wollten, um das Schreckgespenst der Migrationskrise zu ventilieren; aber vielleicht fürchtet man ja mittlerweile auch in den türkisen Sphären, dass die Menschen sich dann langsam doch vermehrt fragen, warum plötzlich wieder so furchtbar viele – das würden diese Bilder ja insinuieren – in Traiskirchen und ähnlichen Einrichtungen sind. Ist die Balkanroute doch nicht geschlossen? Man kann Grenzen nicht völlig schließen. Ist der Innenminister überfordert, weil er das nicht kommen sah, genauso wie die Regierung generell die vierte Coronawelle nicht kommen sah? (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Vorzugeben, es seien untragbar viele Menschen, die zu uns kämen, das käme jetzt nicht so gut an, also schweigt man lieber, man verschweigt lieber. Wenn man aber klar aus­spricht, was Sache ist, ist es so: Die Zahlen sind in Wahrheit überschaubar, Herr Mi­nister, eben vergleichbar mit vorletztem Jahr und letztem Jahr. Ihr Ressort kann und will das aber anscheinend nicht gut managen. Es kann sein, dass Sie es nicht können, weil dieselben Personen im Ressort tätig sind wie 2015 – da haben wir auch schon eine Ma­nagementkrise erlebt –, oder dass Sie die Situation für opportun halten, weil die Türkisen ja nichts lieber machen, als die Migrationskarte zu spielen, ihre Lieblingskarte, wenn sie wieder einmal gebraucht wird. In Wahrheit ist es schlicht ein weiteres Managementver­sagen vonseiten der ÖVP, das wir hier erleben. (Beifall bei den NEOS.)

Ich möchte nun noch spontan etwas betreffend Polen und Belarus sagen: Alle reden von Erpressung, und natürlich erpresst uns Lukaschenka, aber er presst uns auch ab, dass wir als Europäische Union unser heuchlerisches Gesicht zeigen, weil wir es angesichts einer – wiederum – überschaubaren Anzahl von ein paar Tausend Menschen nicht schaf­fen, unsere Grundwerte einzuhalten, und beginnen, gegen geltendes EU-Recht, gegen geltendes Verfassungsrecht in den EU-Staaten zu verstoßen.

Non-Refoulement, Push-backs sind abstrakte Begriffe, es geht aber darum, dass Men­schen – und darunter können auch Flüchtlinge sein – auf europäischem Terrain sind und gewaltsam zurückgedrängt werden. Diese Fratze zeigt die EU im Moment, das müssen wir stoppen, wie natürlich auch die Flüge nach Belarus und diese Möglichkeiten Luka­schenkas, Druck aufzubauen – aber jetzt gehört einmal diese überschaubare Zahl von Menschen in Sicherheit gebracht, bevor noch mehr erfrieren. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf bei der FPÖ.)

13.56


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Karl Nehammer zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister. (Abg. Belakowitsch: „Überschaubare Zahl“, was sagen Sie dazu, Herr Minister?)


13.56.50

Bundesminister für Inneres Karl Nehammer, MSc: Herr Präsident! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Zum höchsten Sicherheitsbudget in der Zweiten Republik für das Innenministerium ist schon viel gesagt worden. Es geht um 38 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon 32 000 Polizistinnen und Polizisten, uniformiert und in zivil. Grundlage dieses Budgets ist es, ihnen entsprechende Arbeitsbedingungen zu ermög­lichen, mit dem einzigen Zweck, mehr Sicherheit für die Republik Österreich gewähr­leisten zu können. Ein großes Danke auch von meiner Seite an alle, die daran mitgewirkt haben, vor allem an den Finanzminister, der die Priorität auch budgetär anerkannt hat und in einer gemeinsamen Anstrengung mit der Bundesregierung tatsächlich dieses Re­kordbudget für die Sicherheit in Österreich zur Verfügung stellt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Was wird damit gemacht? – Nun, zum einen das Allerwichtigste: Wir treffen dafür Vorsor­ge, dass ausreichend Polizistinnen und Polizisten im Dienst sind, dass vor allem mehr


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in Dienst gestellt werden, als in Pension gehen. Das ist ein großes Projekt, das ist die Personaloffensive mit zusätzlich 4 300 Planstellen: 2 000 in der Ausbildung, 2 300 tat­sächlich auf den Polizeiinspektionen. Das Erfreuliche ist, das von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern hier investierte Geld zeigt Wirkung: Wir haben es 2020 trotz Coro­naviruskrise geschafft, 1 600 Polizistinnen und Polizisten auszumustern. Das ist deshalb eine so bedeutende Zahl, weil tatsächlich 600 mehr auf den Polizeiinspektionen sind; 1 000, die in die Pension gegangen sind, sind ersetzt worden. Das heißt, dieser Trend wird fortgesetzt, die Personaloffensive zeigt auch tatsächlich Wirkung, und die Men­schen in den Gemeinden wie in den Städten werden das auch spüren.

Auf der anderen Seite haben wir erlebt, dass sich die Bedrohungslage während der Co­ronapandemie dramatisch verändert hat. Wir müssen feststellen, dass Kriminalität un­glaublich schnell anpassungsfähig ist. Wir haben es mit ganz klassischer Internetkrimi­nalität, Cyberkriminalität zu tun; da geht es um Betrugsdelikte, die bis in die kleinste Gemeinde spürbar werden, da werden Menschen um ihr Erspartes betrogen. In diesem neuen Budget wird auch das abgebildet, wenn es dann darum geht, dass diese Men­schen rasch Hilfe bekommen. Wir werden eine große Kriminaldienstreform machen, wir werden bereits bei den Polizeiinspektionen entsprechende Kompetenzen schaffen, da­mit dort, wo die meisten Anzeigen passieren, gleich richtig eingeschritten werden kann. Dann wird das Landeskriminalamt, das Bundeskriminalamt eingeschaltet, dann wird auch das internationale Netzwerk der Polizei schlagend, weil Internetdelikte gerade in diesem Bereich immer transnational sind und daher diese internationale Zusammenar­beit genauso wichtig ist. Voraussetzung dafür ist aber immer der Anfangspunkt: Wo langt die Anzeige ein, wie wird sie bearbeitet und wie schnell kann man dann gegen die Täter vorgehen?

Darüber hinaus wird auch viel Geld in das Thema Bekämpfung von High Risk Criminal Networks investiert. Was verbirgt sich dahinter? – Wir sehen einfach, dass der gesamte Bereich der organisierten Kriminalität, wenn es um Drogenkriminalität geht, wenn es um Waffenhandel geht, wenn es um Geldwäsche geht, wenn es um Terrorismusfinanzie­rung geht, das Darknet nützt, versucht, die Internetkriminalität komplett zu kapern und für seine Zwecke einzusetzen, und wir auch da Vorsorge treffen und dagegen ankämp­fen müssen.

Als ich 2020 Innenminister geworden bin, gab es gleich eine neue Form des Angriffs, eine neue Form der Bedrohung, die immer sichtbarer wird, nämlich die der Cyberspio­nage. Wir hatten einen Spionageangriff auf das Außenministerium mit dem Ziel, die Kommunikation der Republik Österreich mit der Europäischen Kommission auszuspä­hen. Wir müssen uns also in Zukunft noch viel mehr gegen diese Form der Angriffe, der Spionage rüsten. Das ist ein sehr aufwendiges und umfangreiches Unterfangen, betrifft ganz viele Ebenen und braucht vor allem auch da wieder umfangreiche Ressourcen, Geldmittel, die zur Verfügung stehen, damit die Expertinnen und Experten, die dafür gut ausgebildet sind, dann auch tatsächlich für diese Fragen herangezogen werden können und gegen diese Form der Bedrohung kämpfen können.

Ein Jahr ist es her: Der 2. November 2020 hat uns gezeigt, dass Österreich nicht mehr vor dem Terrorismus gefeit ist. Viele Jahrzehnte waren wir es, und dann hat er brutal zugeschlagen: vier Mordopfer, unzählige Verletzte, Hintergrund ein islamistischer An­schlag, der auch die Bedrohung und die Durchschlagswirkung islamistischer Aktivitäten in Österreich mit dem Hintergrund des politischen Islam und all seiner Netzwerke zeigt.

Es braucht in der Terrorismusbekämpfung auch für diesen Bereich Ressourcen – ganz pragmatisch. Es gibt deshalb das Antiterrorpaket im Ausmaß von 120 Millionen Euro, das sich in diesem Budget auch schon wiederfindet. 60 Millionen Euro gibt es davon schon 2022, die mit dem Ziel eingesetzt werden, die Antiterroreinheit Cobra mit gepanzerten Fahr­zeugen besser auszustatten, ihre im wahrsten Sinne des Wortes Durchschlagswirkung


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im Kampf gegen den Terror zu erhöhen. Es wird weiter in die Schutzausrüstung und in die Bewaffnung der Polizei investiert.

Darüber hinaus sind wir in dieser Regierung gemeinsam eines der größten sicherheits­politischen Projekte angegangen. Viele haben gar nicht mehr geglaubt, dass es tat­sächlich passieren wird. Wir haben den Verfassungsschutz komplett neu aufgestellt. Wir haben jetzt die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst, haben einen nach­richtendienstlichen und einen staatspolizeilichen Teil. Die Informationen werden im La­geinformationszentrum zusammengetragen, und daraus werden dann die notwendigen Handlungsstränge abgeleitet, um Terror und alles, was mit Terrorfinanzierung zu tun hat, auch effizient zu bekämpfen.

Warum sage ich, „alles, was mit Terrorfinanzierung zu tun hat“? – Wir sehen, wir brau­chen zwei Stränge, in die wir besonders investieren, was wir auch tun: einerseits in den neuen Verfassungsschutz, aber andererseits auch in das Bundeskriminalamt. Wir se­hen, die organisierte Kriminalität ist oft das Fundament und die Basis für die Ausrüstung des Terrors, und der Terror bedient sich wiederum der organisierten Kriminalität zum Beispiel in Form des Drogenhandels, um Geldmittel zu lukrieren, um ihr tödliches Ge­schäft dann auch tatsächlich zu vollenden.

Darüber hinaus haben wir auf die Erkenntnisse vom 2. November polizeilich reagiert, auch das braucht Investitionen. Wir haben die schnellen Reaktionskräfte aufgestellt. Das ist ein Zweisäulenmodell: Auf der einen Seite wird es in allen Bundesländern in Zukunft Bereitschaftseinheiten geben, die auch schon jetzt, in der Zeit der Coronapandemie, zum Einsatz kommen. Bereitschaftseinheiten sind Verstärkungsmöglichkeiten für Einsatz­kräfte. Das ist ein Polizistinnen- und Polizistenpool, gut ausgebildet, der Einsatzkräfte vor Ort rasch verstärken kann, wenn eine Situation plötzlich eskaliert, aber auch heran­gezogen werden kann, wenn es darum geht, Schwerpunktaktionen zu machen. Genau das passiert gerade jetzt, in diesen Tagen.

Die zweite Säule betrifft die schnellen Interventionsgruppen nach dem Modell der Wega in Wien. Wir haben beim Terroranschlag gesehen, es braucht gut ausgebildete, gut be­waffnete Polizistinnen und Polizisten, die rasch zum Einsatz kommen können. Nur des­halb ist es uns gelungen, den Täter innerhalb von 9 Minuten zu neutralisieren – ein inter­nationaler Spitzenwert im Kampf gegen den Terror, verbunden auch mit viel Beachtung und Anerkennung für die Polizistinnen und Polizisten der Spezialeinsatzkräfte. Ich glau­be, all das, was da geleistet wird, verdient noch immer einen großen Applaus. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir sehen, dass der Bereich Terrorismus ein sehr umfassender ist, und daher müssen auch da die Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, einerseits um die islamistische Szene besonders unter Beobachtung zu halten, aber auch die rechtsextremistische. Wir haben ein hohes Ausmaß an Gewaltbereitschaft festgestellt. Wodurch? – Indem wir un­glaubliche Waffenfunde gemacht haben, von vollautomatischen Waffen, von Tonnen an Munition, Sprengmittel, die da mittlerweile gehortet werden und die uns zu größter Vor­sicht mahnen, gerade wenn man an das Beispiel der Bundesrepublik Deutschland denkt.

Immer wieder, wenn ich auf diesen Punkt hinweise, kommt die Kritik und es wird gefragt: Na, was ist denn mit den Linksextremisten? – Die beobachten wir genauso, nur unter­scheiden sie sich derzeit von den Rechtsextremisten. Linksextremismus wird in Öster­reich dadurch besonders sichtbar – und das ist wiederum eine Mühsal für die Polizistin­nen und Polizisten, gerade auch im Demonstrationsschutz und Großen Sicherheits- und Ordnungsdienst –, dass sie in der Öffentlichkeit gegen Polizistinnen und Polizisten be­sonders aggressiv und durch Gewaltbereitschaft hervortreten, aber nicht wie die Rechts­extremisten derzeit ein hohes Maß an Bewaffnung aufweisen. Damit ist der Rechtsextre­mismus durch Sprengmittel, vollautomatische Waffen eine real existierende Bedrohung


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unserer Demokratie und der Freiheit und Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger. Daher wird im besonderen Maße sowohl gegen den Islamismus als auch gegen die rechts­extreme Szene ermittelt.

Wir haben die Herausforderungen schon angesprochen. Wir leben in der Welt der Di­gitalisierung. Auch das ist besonders kostenintensiv. Alle Programme, die für den Verfas­sungsschutz, für das Bundeskriminalamt notwendig sind, um auf Augenhöhe und in der besten aller Welten sogar eine Nasenspitze voraus gegen die organisierte Kriminalität und den Terror kämpfen zu können, brauchen große Mittelanstrengungen. Die notwen­digen Mittel werden durch dieses Budget, diese 3,2 Milliarden Euro, tatsächlich sicher­gestellt.

Generell ist ein Trend feststellbar, und das werden Sie auch im Hohen Haus sehen. Wir verändern uns hinsichtlich der Budgetierung der Polizei. Früher war es klassisch, dass die Polizei sehr personalintensiv war und sich dieses personalintensive Thema daher auch im Budget immer wieder dargestellt hat. Gleichzeitig stellen wir fest, es braucht immer stärker eine höhere Technisierung der Polizei, der Polizistinnen und Polizisten, gerade auch der Sondereinheiten. Das führt dazu, dass auch der sogenannte Sachauf­wand im Budget für Inneres immer größer wird, weil es einfach notwendig ist.

Jetzt kommen wir zum anderen großen Budgetbereich, deutlich kleiner, aber dennoch wichtig, zum Bereich des Fremdenwesens. Hier wurde allerlei gesagt, aber ich glaube, da muss man auch alles ein Stück weit wieder ins rechte Licht rücken. Warum sage ich das? – Wir haben vorhin Frau Abgeordnete Krisper gehört. Frau Abgeordnete Krisper – wie soll ich sagen? – drückt sehr gerne in ihrer Selbstbeschreibung Menschennähe und Respekt und Wertschätzung aus, lässt sie dann aber seltsamerweise den Menschen, die im Bereich des Fremdenwesens besonders viel leisten, gar nicht zuteilwerden. Sie spricht von Missmanagement, Fehleinschätzungen, Behördenversagen kommt vielleicht auch noch dazu. – Frau Abgeordnete Krisper, ich möchte Sie daran erinnern, dass Sie selbst tatsächlich noch keinen wesentlichen Beitrag dazu geleistet haben, dass Öster­reich seinen internationalen Verpflichtungen gerecht wird, dass Menschen Schutz be­kommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Deshalb ist es für mich besonders verwerflich, wenn Beamtinnen und Beamte, Mitarbei­terinnen und Mitarbeiter, die gerade in diesem Bereich eingesetzt sind und arbeiten, im­mer gescholten werden, dass immer mit dem großen moralischen Finger auf sie gezeigt wird, ohne tatsächlich etwas für den Schutz und die Unterbringung der Menschen zu leisten. Ihre Kritik weise ich auf das Schärfste zurück. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Entwicklung betreffend Weißrussland ist tatsächlich besorgniserregend, Kollege Amesbauer hat dazu auch viel gesagt. Im Unterschied zu Ihnen – Sie sind in der Oppo­sition – obliegt es uns, zu handeln. Ich bin im engen Austausch mit dem polnischen Innenminister, mit den Verbündeten, den Innenministern Litauens und der anderen balti­schen Staaten, der Europäischen Union, die genau diese Bedrohungslage erkannt ha­ben. Ja, es war auch Österreich, das die Kommission dazu gebracht hat, umzudenken. Mittlerweile denkt die Kommission ernsthaft darüber nach, Polen tatsächlich zu helfen (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), den Grenzschutz tatsächlich zu ermöglichen und nicht nur über das Thema Aufnahmezentren zu diskutieren.

Jetzt kommen wir zu einem Aspekt, der mir ebenso wichtig ist. Wir haben gehört, dass es gerade sehr viel Leid an der Grenze zwischen Weißrussland und Polen gibt. Das stimmt, und das ist eigentlich unerträglich. Es ist aufs Schärfste zurückzuweisen, dass es heute noch immer möglich ist, dass Potentaten glauben, mit Menschenleben Politik machen zu können. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Meine sehr geehrten Damen und Herren, machen wir einen Fehler nicht: Schieben wir nicht dieses Problem, das aus­schließlich von Lukaschenka herbeigeführt worden ist, jetzt in die Hände der Europäi­schen Union, denn das ist die Vollendung des Werks Lukaschenkas. Unsere Aufgabe


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muss es sein, Weißrussland und die Russische Föderation so in die Pflicht zu nehmen, dass sie sich um diese Menschen kümmern, die sie mit falschen Versprechungen an die Grenze geführt haben. Es muss ein ähnliches Vorgehen sein, wie wir es in der Europäi­schen Union gemeinsam gegenüber der Türkei erreicht haben. Erinnern Sie sich?

Präsident Erdoğan hat gewaltbereite Migranten und andere Migrantinnen und Migranten mit falschen Versprechungen an die Grenzen zwischen Griechenland und der Türkei geführt, es gab Gewaltexzesse; und Erdoğan hatte es genauso wieder in der Hand, die Lage an der Grenze zu stabilisieren und das Verhältnis zwischen Griechenland und der Türkei zu normalisieren.

Diesen Prozess müssen wir von Lukaschenka durch Geschlossenheit und durch Sank­tionsmaßnahmen einfordern, die wir entschieden von der Europäischen Kommission fordern, um Weißrussland klarzumachen, dass wir uns nicht mit diesen Methoden er­pressen lassen. (Beifall bei der ÖVP.)

Über das Budget des Fremdenwesens ist auch inhaltlich schon viel gesagt worden, und ja, es ist unsere Verpflichtung – unsere internationale Verpflichtung und nationale Ver­pflichtung –, Menschen, die bei uns Schutz suchen, bestmöglich unterzubringen und zu betreuen. Nach den Möglichkeiten der Republik und der Bundesländer passiert das, Frau Abgeordnete Krisper. Es ist leicht, darüber zu urteilen und zu sagen: Nehmen Sie sie doch!, und: Die erfüllen ihre Verpflichtungen nicht!, wenn man Hunderte, die am Tag kommen, plötzlich versorgen und sicher unterbringen muss.

Das ist eine große Herausforderung, die Herausforderung wird auch nicht kleiner, und deswegen findet sich in dem Budget des Fremdenwesens eben nicht nur das Thema Betreuung, sondern vor allem Maßnahmen, dass die Menschen erst gar nicht zu uns kommen.

Wir müssen vor der europäischen Außengrenze damit beginnen, Menschen, die keine Bleibeberechtigung haben, rechtzeitig zurückzubringen. (Zwischenruf der Abg. Yılmaz.) Deswegen haben wir umfassende Rückführungsprogramme entworfen, eine Plattform gegen illegale Migration ins Leben gerufen und sind jetzt gerade dabei, mit Bosnien-Herzegowina erste echte Fortschritte zu erreichen, dass Menschen, die keine Bleibebe­rechtigung in der Europäischen Union erhalten werden, in Herkunftsländer zurückge­bracht werden.

Wir müssen diese Frage schon vor der EU-Außengrenze zu klären beginnen, denn da hat Kollege Amesbauer völlig recht: Es verpflichten uns derzeit die Europäische Union, die internationalen Gesetze dazu, Menschen aufzunehmen, von denen wir wissen, dass sie gar keine Bleibeberechtigung haben werden, nämlich dann, wenn es ihnen gelingt, die Grenze zu überschreiten, sie: Asyl!, sagen und damit ein Asylverfahren beginnt. (Zwi­schenruf der Abg. Belakowitsch.)

Diese Erkenntnis hat nicht nur Österreich, das in der Europäischen Union massiv be­lastet ist, sondern die haben mittlerweile immer mehr östliche wie westliche Verbündete innerhalb der Europäischen Union. Wir wurden in der Darstellung so gern ins Schmud­deleck gestellt, wir seien nur die Freunde der Visegrádstaaten, die sich klar gegen Mi­gration aussprechen – was so auch nicht stimmt, denn Polen leistet große Hilfe gegen­über ukrainischen Flüchtlingen in einer unglaublichen Zahl.

Abseits dieser Geschichte, die hier nicht weiter auszuführen ist, haben wir mittlerweile Verbündete in ganz Europa, in der ganzen Europäischen Union und auch außerhalb der Europäischen Union, mittlerweile beginnend mit Großbritannien. Auch Dänemark, Bel­gien, die Niederlande, die Bundesrepublik Deutschland und Frankreich, das demnächst den Ratsvorsitz übernehmen wird, nehmen dieses Thema sehr ernst und beginnen, nachhaltig darüber nachzudenken, wie wir die Europäische Union auf der einen Seite resilient machen, also widerstandsfähig machen gegen Erpressungsversuche von


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Potentaten wie Lukaschenka, und gleichzeitig auch darüber nachzudenken, wie wir Kri­senregionen so stabilisieren können, dass Fluchtbewegungen erst gar nicht einsetzen.

Wir müssen dort beginnen, wo die Flucht überhaupt beginnt, um dann zu verhindern, dass sie tatsächlich in der Europäischen Union aufschlägt. Das ist ein umfassendes Pro­jekt. Es ist gerade in der Afghanistankrise sichtbar geworden, dass zum ersten Mal rasch entschieden worden ist, dass in der Region investiert wird, dass Hunderte Millionen Euro innerhalb von Minuten zugesagt worden sind, damit Menschen sich erst gar nicht auf den Weg machen.

Damit wir uns schon über die Dimension im Klaren sind, worüber wir hier sprechen: Wir brauchen gar keine Migrationsbewegung aus Afghanistan nach Österreich, um eine Mi­grationskrise in Österreich oder der Europäischen Union zu erreichen. Denken wir daran, dass sich 2,4 Millionen Afghanen im Iran aufhalten, 1,2 Millionen Afghanen in Pakistan – und nur ein Bruchteil dieser Menschen, wenn sie sich auf den Weg machen, ist in der Lage dazu, die Sozialsysteme der Europäischen Union zu destabilisieren. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Ich bin hier in guter Gesellschaft des dänischen Migrationsmi­nisters, ehemaliger Kommunist, mittlerweile Sozialist, der gesagt hat: Es ist die Pflicht eines Politikers, der einen Wohlfahrtsstaat vertritt, auch dafür zu sorgen, dass der Wohl­fahrtsstaat erhalten bleibt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, genau das ist auch unsere Motivation für unser Heimatland, für die Republik Österreich, für die Menschen, die in Österreich leben: dass wir diesen Wohlfahrtsstaat auch tatsächlich absichern können, erhalten können, um die Zukunft und Sicherheit hier in einer friedlichen Zusammenlebenswirklichkeit der Menschen auch garantieren zu kön­nen.

Sie sehen also: Das Budget ist umfassend aufgeteilt, gegliedert, von der Inneren Sicher­heit mit 3,2 Milliarden bis zu den Hunderten Millionen für das Thema Fremdenwesen – mit dem Gesamtziel, das freie, demokratische Österreich nachhaltig und sicher im wahrsten Sinne des Wortes abzusichern. (Beifall bei der ÖVP.)

14.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Ing. Manfred Hofinger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.15.14

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, die Sicherheit und der Schutz unserer Bevölkerung, der Bürger in Österreich ist ein hohes Gut. Wir leben im Vergleich zu vielen anderen Ländern auf der ganzen Welt in einem sehr sicheren Land, und das verdanken wir zu einem ganz großen Teil Tausenden Polizistinnen und Polizisten. Sie sind die Helden des Alltags, die sich für den Schutz unserer Bürger einsetzen – herzlichen Dank dafür. (Bei­fall bei der ÖVP.)

Die Sicherheit gibt es aber nicht zum Nulltarif, und daher werden wir auch das Budget um 78 Millionen Euro erhöhen – insgesamt ein Rekordbudget von 3,25 Milliarden Euro, das höchste Budget, das wir jemals für die Sicherheit in Österreich bereitgestellt ha­ben. – Herzlichen Dank.

Es ist richtig und wahr, der Terrorangriff letztes Jahr, die Coronapandemie, die Cyberan­griffe auf Ministerien, aber genauso auf viele Firmen, die Angriffe auf Frauen und so weiter stellen uns vor große Herausforderungen, und diesem veränderten Bedrohungs­szenario müssen wir uns anpassen. Daher investieren wir massiv in die Sicherheit und auch in den Terrorschutz, das ist für uns ganz wesentlich und ganz wichtig.

Wir haben das BVT umgekrempelt, neu aufgestellt in die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst, und die Mittel für den Gewaltschutz für Frauen werden wir auch


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erhöhen. Wir werden zusätzlich 60 Millionen Euro in ein Antiterrorpaket investieren. Von den 3,25 Milliarden Euro werden 75 Prozent für Personalkosten aufgewendet. Dazu ste­hen wir auch und wir werden das auch in den nächsten Jahren ausbauen. Wir haben für uns das Ziel gesetzt, bis 2024 4 300 Polizistinnen und Polizisten neu einzustellen, um die Sicherheit in Österreich nochmals zu erhöhen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir erhöhen aber natürlich auch das Budget für die Ausrüstung, für Sonderfahrzeuge der Cobra, aber genauso für Schutzwesten, Schlagschutz, Sturmgewehre und, was mich besonders freut, auch für Immobilien. Das ist, glaube ich, für die Motivation der Poli­zistinnen und Polizisten ganz wesentlich. Wir gründen beziehungsweise eröffnen zwölf neue Dienststellen und sanieren viele Dienststellen. Ich glaube, das ist ein ganz wesent­liches, sichtbares Zeichen seitens der Regierung für die Wichtigkeit der Dienststellen und die Sicherheit der Polizistinnen und Polizisten.

Insgesamt ist das ein sehr gutes Budget. Herr Bundesminister, herzlichen Dank an Sie und natürlich an alle Polizistinnen und Polizisten, die sich tagtäglich für den Schutz un­serer Bürger einsetzen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Schallmeiner.)

14.18


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sabine Schatz. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.18.30

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehr­te Damen und Herren! Ja, wie wir aus Ihrer Anfragebeantwortung wissen, Herr Bundes­minister, ist die Zahl der rechtsextremen Straftaten in Österreich im ersten Halbjahr 2021 wieder gestiegen. Sie befindet sich ohnehin seit Jahren auf einem erschreckend hohen Niveau.

Gleichzeitig – und auch darauf haben Sie schon verwiesen – haben wir in den letzten zwei Jahren in der einschlägig rechtsextremen Szene mehrfach enorme Waffenfunde erlebt, sind große Waffendepots ausgehoben worden, erst vergangene Woche in Nie­derösterreich wieder ein großes Waffenlager samt NS-Devotionalien. Ich glaube, diese Fakten zeigen einfach auch schon, mit welcher Gefahr für die innere Sicherheit wir es hier zu tun haben, und deswegen sagen wir auch seit Jahren, dass es konkrete und aktive Gegenmaßnahmen braucht, um aktiv gegen Rechtsextremismus vorzugehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Abschaffung des Rechtsextremismusberichts unter Schwarz-Blau im Jahr 2002 war ein massiver Rückschlag, und wir haben immer wieder darauf verwiesen, dass der Kampf gegen Rechtsextremismus fundierte und qualitativ hochwertige Daten braucht, um darauf aufbauend Maßnahmen zu entwickeln, um gegen Rechtsextremismus auch entsprechend vorgehen zu können.

Ich freue mich, dass es dazu die Ankündigung gibt, dass dieser Rechtsextremismus­bericht im Oktober 2022 für die Jahre 2020/2021 wieder erscheinen soll. Das ist eine wirklich wichtige Maßnahme, und ich freue mich, dass das gelungen ist, dass sich unser Druck diesbezüglich ausgezahlt hat und dieser Rechtsextremismusbericht nächstes Jahr wieder erscheinen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir brauchen aber insgesamt einen konkreten Maßnahmenplan, wie wir konsequent und stringent gegen Rechtsextremismus vorgehen können, und wir haben im Juni hier mit den Stimmen fast aller Parteien beschlossen, dass es einen Nationalen Aktionsplan ge­gen Rechtsextremismus geben soll. Da sind Sie, Herr Minister, jetzt am Zug, diesen Nationalen Aktionsplan unter Einbeziehung von Experten und Expertinnen transparent zu erstellen und letztlich auch umzusetzen.


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Gerade die massiv ansteigende Zahl der antisemitischen Vorfälle – die IKG und das Fo­rum gegen Antisemitismus haben ja auf den extremen Anstieg im ersten Halbjahr 2021 aufmerksam gemacht –, die Verharmlosung der NS-Verbrechen und der Schoah, die antisemitischen Vorfälle in den Reihen der Coronaleugner und Coronaleugnerinnen, die wir in den letzten eineinhalb Jahr erlebt haben und die ich hier wirklich mit aller Vehe­menz als geschichtsvergessen zurückweisen möchte (Beifall bei SPÖ und Grünen), gerade diese Abscheulichkeiten, die wir hier erleben, zeigen einmal mehr, wie wichtig es ist, die Maßnahmen dieses Aktionsplans gegen Rechtsextremismus und die Maßnah­men der Strategie gegen Antisemitismus aufeinander abzustimmen und Antisemitismus und Rechtsextremismus gemeinsam und konsequent zu bekämpfen.

Sehr geehrte Damen und Herren, diese so dringend notwendigen Maßnahmen brauchen natürlich auch die notwendigen finanziellen Mittel, und, Herr Innenminister, wir werden Ihre Ankündigungen in diesem Bereich genau mitverfolgen, weil das natürlich auch heißt, dass die angekündigten Mittel entsprechend eingesetzt, die angekündigten Maßnahmen auch umgesetzt werden müssen, damit wir Rechtsextremismus endlich bekämpfen kön­nen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Disoski.)

14.22


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag.a Faika El-Nagashi. – Bitte schön, Frau Magistra.


14.22.22

Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Mi­nister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte über ein Thema sprechen, das mir seit vielen Jahren politisch ein sehr großes Anliegen ist, und zwar die Extremismusprä­vention.

Das ist ein Bereich, der budgetär nicht ausschließlich bei Ihnen liegt. Es ist ein gesamt­gesellschaftlicher Bereich, ein Querschnittbereich, aber eine sehr relevante Stelle ist bei Ihnen angesiedelt: das Bundesweite Netzwerk Extremismusprävention und Deradikali­sierung.

Dieses Netzwerk macht eine ausgezeichnete Arbeit, ist mit allen relevanten Einrich­tungen in diesem Bereich vernetzt und im Austausch unter anderem mit dem Wiener Netzwerk für Extremismusprävention und Deradikalisierung. Das Wiener Netzwerk heißt mittlerweile Netzwerk Demokratiekultur und Prävention, und da steckt auch schon der Kern dessen drinnen, worum es in diesem Bereich eigentlich geht, nämlich darum, die Grundelemente unserer demokratischen Gesellschaft zu wahren und auch zu vermitteln. Das heißt, Extremismusprävention bedeutet, diese gesellschaftlichen Anstrengungen zu unternehmen, zu verhindern, dass Menschen marginalisiert werden, dass Abwertungs­ideologien Fuß fassen können, bedeutet, dass Menschen da Kompetenz, natürlich auf verschiedenen Ebenen Resilienz entwickeln – individuell, aber auch als Gesellschaft –, dass wir den Zusammenhalt fördern und dass wir Zugehörigkeit vermitteln.

Dafür haben wir – und das freut mich sehr – 8 Millionen Euro vereinbart, und das sind Mittel, die jährlich in verschiedenen Ressorts ins Budget geschrieben werden, um auf dieser Ebene Extremismuspräventionsprogramme umzusetzen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte kurz auf ein paar davon eingehen und sie nennen. Heute am Vormittag wurde im Zuge der Debatte in der Sozialpolitik schon der große Bedarf an therapeutischer Unterstützung und an therapeutischen Möglichkeiten und Interventionen angesprochen. Da werden wir mit dem Programm Reset, das vom Netzwerk Nipe umgesetzt wird, psy­chotherapeutische Interventionen mit Mitteln in Höhe von 1 Million Euro fördern, um da­mit extremst traumatisierten Menschen Unterstützung zu bieten.

Im Bereich der Extremismusprävention gibt es noch viele Programme, die dazu beitragen, das Miteinander zu fördern, einerseits im sozialen Bereich, in dem über Freiwilligenarbeit


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viele ehrenamtliche Initiativen bereits aktiv sind, es können aber auch Programme konkret im Bereich der Patenschaften und des Mentorings wie zum Beispiel Connecting People gefördert werden.

Im Onlinebereich gibt es Programme wie Web Angels, von der Antidiskriminierungsstelle Zara durchgeführt, die sich insbesondere mit dem Bereich des Onlinehasses und der Hasspostings beschäftigen werden, aber auch den Bereich der Vermittlung der Medien­kompetenz sowie den Ausbau gendersensibler Pädagogik.

Es ist am Vormittag von einer Kollegin angesprochen worden, dass, wenn etwas Gender heißt, das nicht bedeutet, dass eine feministische Ideologie dahintersteht. Ich würde da aber gern Folgendes ergänzen: Auch wenn es so ist, ist es gut und richtig. Das sind durchaus feministische Zugänge, die da auch umgesetzt werden, um mit einer gender­sensiblen Pädagogik auch Männer zu erreichen, Burschen zu erreichen, aber auch Mäd­chen und junge Frauen zu erreichen und zu stärken. (Beifall bei den Grünen.)

Es geht aber auch um Programme im Sportbereich. Sport ist ein Bereich, in dem über Vereinsarbeit, über Fanarbeit sehr viel getan werden kann. Ich möchte noch einmal sa­gen: Es geht um alle Extremismen, also auch, wie schon von Kollegin Schatz angespro­chen, um den Rechtsextremismus, um islamistischen Dschihadismus, um Verschwö­rungstheorien, um Rassismus. Es geht darum, diesen Extremismen den Nährboden zu entziehen. Es wird eine Anlaufstelle für Extremismusprävention im Sport geben, und es wird weitere Initiativen geben, die es Frauen und Männern ermöglichen werden, gut ge­meinsam zusammenzukommen. Auch das beinhaltet, Räume zu schaffen, die den Be­dürfnissen entsprechen und in denen Radikalisierung keinen Platz haben wird.

Das sind Initiativen, jetzt nur kurz angerissen, die jährlich stattfinden werden, und ich freue mich sehr darauf, später, wenn sie dann in die Umsetzung gekommen sind, mehr über diese Programme erzählen zu können. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen so­wie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

14.27


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Christian Ries. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.27.13

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Werte Damen und Herren des Hohen Hauses! „Ohne Sicherheit [...] ist keine Freiheit“, lautet ein Merkspruch von Wilhelm von Humboldt, und Sicherheit kostet Geld, viel Geld, der Schutz der Freiheit muss uns das aber ganz einfach wert sein. Und eines vorweg: Das vorliegende BMI-Budget von 3,25 Milliarden Euro ist vom Umfang her ein gutes.

Der unter Herbert Kickl eingeschlagene Weg der Stärkung der inneren Sicherheit ist al­ternativlos, und es ist gut, dass weiter in Personal und dessen Schutzausrüstung inves­tiert wird. Die von uns damals angeschafften leichten Schutzwesten werden weiter ange­kauft und von den Beamten im Außendienst jetzt mittlerweile routinemäßig getragen. Das heißt, unsere Beamten sind jetzt vor Stichwaffen und kleinen Kalibern viel besser geschützt, als sie es damals waren. Über zehn Jahre lang haben wir das in der Perso­nalvertretung beantragt und stießen immer auf taube Ohren. Warum das so war, ist mir immer noch ein Rätsel – das war damals schon internationaler Standard.

Auch die körpernah getragenen Kameras sehen wir positiv, denn sie sind ein Selbst­schutz für die Beamten gegen behauptete Übergriffe.

Auch die Mehrausgaben im Gewaltschutz sind nicht nur gerechtfertigt, sondern eine Not­wendigkeit zur Abgeltung der Gewaltpräventionsberatung für Gefährder. Auch das ha­ben wir damals noch gemeinsam beschlossen.


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Werte Damen und Herren, so ein Budget stellt immer auch eine Prognose dar, und Pro­gnosen sind ja bekanntlich deshalb so schwierig, weil sie vor allem die Zukunft betreffen. Für ebendiese Zukunft halten wir einige Aspekte für besonders wichtig. Wir meinen, dass es notwendig ist, mehr Ressourcen in einen aktiven Grenzschutz zu stecken. Wenn Sie meinen, das ist eine Übertreibung, dann kommen Sie ins Burgenland und schauen Sie sich an, was momentan an unseren Außengrenzen passiert. Dort finden derzeit teilweise grenzüberschreitende Wandertage statt, vorwiegend von jungen Männern aus Nahost oder vom Hindukusch, und wenn wir das nicht wollen – wovon ich ausgehe –, dann müs­sen wir das aktiv verhindern.

Werte Damen und Herren, das, was wir jetzt an der Grenze haben, nimmt sich eher wie betreutes Reisen aus: von der Grenze direkt in die Bundesbetreuung. Aktiver Grenz­schutz sieht anders aus. (Beifall bei der FPÖ.)

Mittlerweile sagt sogar das Bundeskriminalamt, dass wir heuer noch die Zahlen von 2014 übertreffen werden. Das ist kein gutes Omen, meine Damen und Herren. Das heißt, es könnte sich etwas ankündigen. Wenn das kommt, ist die Bekämpfung von Co­rona ein kurzfristig zu lösendes Problem. Das muss auch gesagt werden.

Wo noch etwas geschehen muss, ist die Entlohnung bei der Polizei. Um Ihnen vor Augen zu führen, was ich damit meine, bringe ich ein Beispiel, das sich aus einer Budgetanfrage ergibt: Bis 9. November dieses Jahres wurden für die Exekutive für 4,497 Millionen ge­leistete Überstunden 122,298 Millionen Euro aufgewendet. Daraus ergibt sich ein Durch­schnitt von 27 Euro brutto pro geleistete Überstunde. Netto befinden wir uns dann etwa – je nach Gehaltsstufe – bei 15 Euro bis 18 Euro pro Stunde. Um diese 15 Euro bis 18 Euro pro Stunde haben letztes Jahr beim Anschlag in Wien Hunderte Beamte ihr Leben riskiert. Denken wir einmal darüber nach, werte Kollegen!

Freilich ist nicht jeder Tag eines Beamten so, aber jeder Tag im Dienstleben eines Poli­zeibeamten kann sich so entwickeln. Das weiß man vorher nicht. Gemessen an diesem latenten Risiko ist das Gehalt und auch die Zusammensetzung des Gehalts nicht an­gemessen, werte Damen und Herren.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

die Abgeordneten Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen betreffend „finanzielle Bes­serstellung der Exekutive“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzu­legen, der die finanzielle Besserstellung der Exekutive vorsieht, indem eine Anhebung des Grundbezuges durch Einrechnung aller pensionsbegründeten Zulagen und Neben­gebühren in das Grundgehalt durchgeführt wird.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.32

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ries, Mag. Amesbauer

und weiterer Abgeordneter


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betreffend finanzielle Besserstellung der Exekutive

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 4, Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.), Untergliederung 11 – Inneres, in der 129. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 17. November 2021

Die Auszahlungen im Budget 2022 der UG 11 sind im BVA-E 2022 mit 3.245,9 Mio. € veranschlagt. Die Mittel der UG 11 werden primär für die Aufrechterhaltung der Inneren Sicherheit verwendet. Die Exekutive leistet einen wichtigen und unverzichtbaren Beitrag zum Erhalt der Sicherheit für die Bevölkerung. Auch eine hohe Arbeits- und Stundenbe­lastung ist aufgrund personalpolitischer Fehler in der Vergangenheit leider schmerzliche Realität und belastet die Gesundheit und das soziale Umfeld der Beamten. Das Gehalt eines Exekutivbeamten ist im Wesentlichen durch ein Grund-gehalt und zahlreiche Zulagen definiert. Laut Standard vom 29.7.2019 erhalten Polizeischüler ein Gehalt von 23.660 Euro. Im zweiten Ausbildungsjahr können schon Gehälter von 28.000 Euro in­klusive Zulagen erreicht werden. Das Einstiegs-gehalt eines Inspektors liegt bei rund 29.400 Euro. Zusätzlich werden Zulagen für Gefahr, Sonn- und Feiertagsarbeit sowie Nachtdienste bezahlt. Nach 6 Jahren Dienst-zeit ist der Aufstieg zum Revierinspektor möglich, wodurch sich das Gehalt auf mindestens 32.200 Euro erhöht. Im Schnitt liegt das Gehalt eines Streifen-polizisten mit mehrjähriger Erfahrung bei rund 40.000 Euro brutto pro Jahr, mit Zulagen kann es bis 65.000 Euro steigen. Nach insgesamt 21 Dienst­jahren können Polizisten zum Gruppeninspektor mit einem Mindestgehalt von 43.400 Euro plus Zulagen befördert werden. Die Zulagen und Nebengebühren fallen aber zum Bei­spiel im Zuge von Krankheiten weg und dadurch wird das Gehalt gekürzt.

Die Exekutive arbeitet täglich unter Einsatz ihrer Gesundheit für uns. Dies soll durch die Anhebung des Grundbezuges durch Einrechnung aller pensionsbegründenden Zulagen und Nebengebühren in das Grundgehalt gewürdigt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzule­gen, der die finanzielle Besserstellung der Exekutive vorsieht, indem eine Anhebung des Grundbezuges durch Einrechnung aller pensionsbegründenden Zulagen und Nebenge­bühren in das Grundgehalt durchgeführt wird.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Dr. Christian Stocker. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.32.15

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren vor den Bildschirmen! Wir alle wissen, dass Sicherheit ein Grundbe­dürfnis der Menschen ist und in der Prioritätenskala unserer Bevölkerung ganz oben rangiert. Es ist daher gut und richtig, Herr Kollege Ries, wenn Sie sich dafür bedanken, dass Ausrüstung für unsere Exekutive angeschafft wurde. Ich bitte Sie aber, diesen Dank


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an die richtige Adresse zu richten. Es war nämlich unter Innenminister Sobotka, als Waf­fen, Helme und Ausrüstung angeschafft wurden. In diesem Sinne gilt der Dank Innenmi­nister Sobotka. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ries: ... Schutzwesten nicht!)

Es befremdet mich allerdings, wenngleich es mich nicht überrascht, wie Frau Kollegin Krisper mit diesem Thema umgeht. Das muss man sich schon noch einmal vor Augen führen: Sie sagen hier, es wundert Sie, dass Sie im Zusammenhang mit Flüchtlingen und dem Innenminister keine Bilder sehen; und dann bauen Sie auf diesen Bildern Ihre Kritik auf – auf Bildern, die es gar nicht gibt, die Sie erfinden, auf einer Fiktion. Das zeigt uns zweierlei: Zum einen nehmen Sie Ihre Methoden aus dem Untersuchungsaus­schuss, der nicht zu Unrecht – und Sie haben es gerade wieder bewiesen – als Unter­stellungsausschuss bezeichnet wurde, weiter mit und können sich offensichtlich ein Le­ben ohne diese Methoden und ohne Untersuchungsausschuss politisch gar nicht mehr vorstellen. (Abg. Brandstätter: Bei so vielen Skandalen ...! – Abg. Stögmüller: ... noch viel ...!)

Zum anderen zeigt es aber auch noch eines: Sie brauchen eine Fiktion für Ihre Kritik, denn die Realität gibt nichts dafür her. In der Realität sehen wir, dass diese Bundesregie­rung, dass dieser Bundesminister Jahr für Jahr mehr in die Sicherheit unserer Bevölke­rung investiert, und das in einer Zeit, die alles andere als leicht ist.

Herr Bundesminister, ich bedanke mich ausdrücklich nicht nur dafür, dass immer mehr Mittel in die Sicherheit investiert werden, und dafür, dass Sie diese vorgesehen haben, sondern ich bedanke mich auch dafür, dass Sie in diesen schweren Zeiten der Pandemie eine BVT-Reform zusammengebracht haben, an der viele vorher gescheitert sind, vor allem Ihr Vorgänger als Innenminister. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Ja­kob Schwarz und Zorba.)

Ich bedanke mich auch dafür, dass Sie eine Polizeireform in Angriff genommen haben, die eine der größten in dieser Zweiten Republik sein wird und die Lehren aus dem Ter­roranschlag zieht. Das alles ist keine Kleinigkeit.

Letztlich, abschließend, gilt mein Dank allen Polizistinnen und Polizisten, die in dieser herausfordernden Zeit ihre Aufgabe zu unser aller Wohle erfüllen und die gerade jetzt auch mit der Kontrolle all jener Vorschriften, die wir hier beschließen, die wir hier er­möglichen, beschäftigt sind, damit wir auch diese Pandemie mit Unterstützung der Exe­kutive überwinden können. Herzlichen Dank an Sie, Herr Minister, und an alle Bediens­teten im Exekutivdienst! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Jakob Schwarz und Zorba.)

14.35


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Dr. Johannes Margreiter. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.35.37

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuse­her vor den Bildschirmen! Zu dieser Untergliederung hat vorhin Kollegin Krisper meines Erachtens sehr fundiert, mit sachlichen Argumenten untermauert eine Kritik angebracht, die es wert ist, inhaltlich auf sie einzugehen.

Was haben Sie gemacht, Herr Bundesminister? – Sie gehen her, stehen von der Regie­rungsbank auf und weisen die Kritik zurück. Wissen Sie, was das heißt: Ich weise zu­rück!? Wenn ein Gericht etwas zurückweist, heißt das: Ich beschäftige mich inhaltlich nicht damit, entweder weil ich nicht will oder weil ich nicht kann.

Herr Bundesminister, ich finde es extrem schwach, dass Sie nicht in der Lage sind, in­haltlich auf die Argumente der Kollegin Krisper einzugehen, sondern einfach sagen: Ich


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weise das zurück (Beifall bei den NEOS); noch dazu untermauert mit einer Unterstellung. Es ist einfach unrichtig, wenn Sie hergehen und sagen, Kollegin Krisper hätte keine Bei­träge geleistet. Sie mögen medial nicht so großartig inszeniert worden sein wie Ihr Flug nach Athen (Abg. Taschner: Frau Krisper ist medial hervorragend!), aber Frau Krisper hat sicherlich vor Ort mehr getan als Sie mit Ihrer Medienshow. (Ruf bei der ÖVP: Das ist keine Show!) Das finde ich einfach eines Innenministers unwürdig. Ich sage es, wie es ist. (Ruf bei der ÖVP: Das sind die anderen! – Abg. Hörl: Die Krisper ist eine verlo­gene ...!)

Was ich auch feststellen muss: Natürlich, das Budget ist erhöht worden, aber die Zahlen alleine machen ja nichts aus. Wir haben von den großen sicherheitspolitischen Heraus­forderungen gehört, Sie selber und auch Kollegen von der türkisen Fraktion haben sie thematisiert: der Terroranschlag vom 2.11., Cyberangriffe und die Herausforderungen der Coronapandemie. Eines habe ich aber nicht gehört, obwohl auch das ein nicht uner­hebliches Ereignis in diesem Jahr war. Ich meine den 6. Oktober 2021, als sich ein Sach­verhalt gezeigt hat, der offenbart hat, wie sehr unser politisches System von Korruption unterwandert ist.

Korruptionsprävention und -bekämpfung ist auch ein Bestandteil des Innenbudgets. Wir haben das Bundesamt zur Korruptionsprävention – es wäre schön, wenn es die gäbe – und Korruptionsbekämpfung. Ich konstatiere, dass die Mittel ein bisschen angehoben worden sind, aber andererseits fällt auf, dass Sie das offenbar als kein Anliegen sehen, obwohl das die österreichische Öffentlichkeit in den vergangenen Wochen massiv be­schäftigt hat.

Es wäre sehr wünschenswert, dass diese Institution ebenso wie eben Terrorismus- oder Extremismusbekämpfung in der Aufmerksamkeit des Behördenleiters stehen würde; aber vermutlich kommt Ihnen das nicht so gelegen, weil es medial nicht so leicht ver­kaufbar ist, wie wenn man von externen Feinden, Extremisten, Migranten et cetera spricht.

Eine weitere Frage: Wir haben ja eine Anfrage zum Thema Beschwerdestelle für Poli­zeigewalt gestellt und mit Ihnen im Budgetausschuss darüber diskutiert. Da besteht stän­dig Handlungsbedarf. Es wird seit Jahren darüber gesprochen. Sie haben erklärt, der Prozess würde gerade laufen. Was kann man sich da erwarten, Herr Bundesminister? Das ist doch eine sehr wichtige Sache, die das Verdienst der Exekutive überhaupt nicht schmälert.

Ich möchte namens meiner Fraktion der Exekutive für ihren Einsatz sehr gerne danken, gerade in diesen schwierigen Zeiten; aber wie wir wissen, gibt es in allen Systemen auch Systembrüche und Systemfehler, und da sollten die Betroffenen eine Möglichkeit haben, sich sehr unbürokratisch und direkt zu beschweren. Daher ist es überfällig, dass diese Beschwerdestelle eingerichtet wird.

Es gibt also wirklich nicht nur Sonnenschein, sondern auch einige Dinge, die verbessert werden könnten und für die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung sehr, sehr wichtig wären: Ich möchte Sie gerne einladen, Ihre Aufmerksamkeit auch auf diese zu richten. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

14.40


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Mag.a Johanna Jachs. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.40.38

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister Nehammer! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Lassen Sie uns nach diesen Ausführungen des Kollegen Margreiter alle gemeinsam kurz an die


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menschlichen Bedürfnisse denken, die Maslow in einer Pyramide sehr plakativ zusam­mengefasst hat! Wissen Sie, was in dieser Pyramide ganz unten – dort wo sie am brei­testen ist – steht, gleich über den Grundbedürfnissen wie Schlafen und Essen? – Richtig: das Bedürfnis nach Sicherheit! Es ist daher so wichtig, dass wir uns um dieses Sicher­heitsbedürfnis kümmern, und das tun wir mit diesem Budget. Es ist nämlich ein Rekord­budget, und jeder Euro, den wir in die Sicherheit investieren, ist ein sehr gut investierter Euro für die Freiheit unserer Demokratie. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, gestern fand in unserem Land aber auch zum 26. Mal in diesem Jahr ein Mord an einer Frau statt – zum 26. Mal! Ich meine, das ist wirklich ein ganz klarer, trauriger Auftrag an uns, insbesondere weil nächste Woche die 16 Tage gegen Gewalt an Frauen und Mädchen beginnen. Ich glaube, dass dieses Sym­bol der 16 Tage sehr, sehr wichtig ist, aber dass es noch wichtiger ist, dass wir an allen 365 Tagen des Jahres etwas gegen die häusliche Gewalt tun! Auch das tun wir mit die­sem Budget, denn wir stärken den Gewaltschutz massiv, und auch die opferschutz­orientierte Täterarbeit. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich noch einmal kurz auf die menschlichen Bedürfnisse zurückkommen: Es ist nämlich so, dass in einer Gesellschaft die Menschen ihre anderen Bedürfnisse – bis hin zur Selbstverwirklichung – erst stillen können, wenn ihre Grundbedürfnisse – wie es das Bedürfnis nach Sicherheit in einer Gesellschaft ist – erfüllt sind. Das zu ermöglichen verstehe ich unter Politik, und die Voraussetzungen da­für schaffen wir mit diesem Budget. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.43


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Nurten Yılmaz. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.43.13

Abgeordnete Nurten Yılmaz (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminis­ter! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister Nehammer, Sie haben voll­kommen recht: Wir dürfen uns von Despoten und Diktatoren nicht erpressen lassen und müssen dagegenhalten! Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Der einzige Regierungschef in der westlichen Welt, der mit Herrn Lukaschenka wirklich gute, freundschaftliche Bezie­hungen aufgebaut hat, war Herr Kurz: Es hat gegenseitige Besuche gegeben, er hat ihm Designerski nach Minsk mitgebracht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Taschner: Freund­schaft?!)

Ich denke, da könnte er jetzt tätig werden und sagen: Lieber Freund, so geht es nicht! – Er hätte dabei sicherlich Rückendeckung von den anderen westlichen Regierungen. Er war der einzige Regierungschef im Westen, der - - (Ruf bei der ÖVP: Wer hat in Moskau den Boden geküsst?) – Wer hat in Moskau? (Ruf bei der ÖVP: Wer hat in Moskau den Boden geküsst?) – Sagen Sie, wann sind Sie aufgetaut worden? (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Österreich ist ein vielfältiges Land, es gibt Menschen mit vielen verschiedenen Herkunftsländern, Erst­sprachen und Geburtsorten. Diese Vielfalt unseres Landes muss sich auch in den Orga­nen der Republik widerspiegeln, und eines dieser Organe ist die österreichische Polizei. Als direkter Ansprechpartner in diversen Gefahrensituationen hat sie eine besondere Verantwortung und muss Besonderes leisten. Das tut die Polizei auch – dafür vielen Dank an alle Polizistinnen und Polizisten.

Aufgrund der besonderen Herausforderungen, für das notwendige Vertrauensverhältnis und den direkten Kontakt mit allen in Österreich lebenden Menschen ist es von enormer Relevanz, Diversität innerhalb der Polizei nicht nur zu vermitteln, sondern ebenso selbst zu leben.


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Es braucht daher Menschen aus allen Bevölkerungsgruppen, sozialen Schichten und Erstsprachen in den Reihen der Exekutive, Frauen wie Männer. Ich kenne die Bemü­hungen der Wiener Polizei, die gemeinsam mit der MA 17 seit Jahren die Aktion Wien braucht dich durchführt und damit gezielt versucht, junge Männer und Frauen mit Mi­grationsbiografie zu rekrutieren. Es gibt diese Bemühungen, die sehr wertvoll sind – ich glaube, der Erfolg lässt zu wünschen übrig, aber zumindest gibt es diese Bemühungen. Wünschenswert wäre es natürlich, wenn dieses Projekt auch außerhalb Wiens auspro­biert werden würde.

Kommen wir aber zu einer nächsten Baustelle – und damit meine ich jetzt nicht den Bunker, sondern eines der wenigen sinnvollen Projekte des Koalitionsabkommens, näm­lich eine unabhängige Beschwerdestelle für Polizeigewalt. Es ist jetzt mittlerweile schon zwei Jahre her, wir sprechen immer wieder, bei jeder Aussprache im Innenausschuss darüber, und wie weit sind wir? – Wir sind überhaupt nicht weit.

Ich habe ja den Verdacht, dass Sie so lange warten wollen, bis es Neuwahlen gibt und diese Stelle nicht eingerichtet wird. Geben Sie es einfach zu, dann brauche ich auch nicht mehr nachzufragen! Wichtig wäre es aber, dass Sie zumindest so tun, als würden Sie diese Stelle wirklich wollen – wobei Sie das eh tun, aber Sie setzen sie halt nicht um. (Beifall bei der SPÖ.)

Was Sie aber laufend präsentieren, sind Spezialeinheiten, schöne Fotos für den Boule­vard. Diese Polizisten, die Sie immer wieder präsentieren – Bereitschaftseinheit, Inter­ventionseinheit –, werden eigentlich von den Wachzimmern abgezogen. (Ruf bei der ÖVP: Stimmt ja nicht!) Wo sind die neuen Polizistinnen und Polizisten in Wien? (Abg. Michael Hammer: Na bei diesen Einheiten!) Wo sind etwa die neuen Polizistinnen und Polizisten für Favoriten? Bei gleicher Einwohnerzahl wie Linz schaut es so aus: Linz hat 620 Planstellen, Favoriten 319 – bei gleicher Einwohnerzahl! Anzahl der Polizeiinspek­tionen: Linz zwölf, Favoriten sieben. (Abg. Loacker: In Favoriten fressen sie weniger Pferdeabführmittel!) – Das ist jetzt nicht mein Thema, gell? (Heiterkeit des Abg. Loa­cker.) Wenn du willst, können wir auch über die Arbeiterkammer diskutieren – wenn du magst!

Nichtsdestotrotz: Favoriten ist so groß wie Linz, und wir haben keine Beamten. Sie prä­sentieren immer wieder Spezialeinheiten, die von den Wachstuben abgezogen werden, das sind keine Neuzugänge. Viel PR, viele Showreisen auf den Balkan, viele Ankündi­gungen, viel Flex, viele Pseudoaktionen, Operation Luxor – aber die wirklich konkrete Sicherheitsarbeit wird nicht gemacht, wie wir Wienerinnen und Wiener vor ziemlich ge­nau einem Jahr leider erfahren mussten.

Dieser Anschlag zeigt ein systemisches Versagen im Vorfeld. Danke an die Einsatzkräf­te, die so schnell vor Ort waren und noch Schlimmeres verhindert haben – aber für die Ermittlungsfehler, die Kommunikationsfehler und die falschen Ressourceneinteilungen tragen Sie die politische Verantwortung, Herr Minister! Das darf nie wieder passieren! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Mag.a Corinna Schar­zenberger. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.49.26

Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Innenminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Steuerzahlerinnen und Steuerzahler! Wenn man die Diskussion aufmerksam verfolgt, fällt es einem bei man­chen Redebeiträgen schwer, sachliche und fundierte Argumente zu erkennen – und über den Ton brauchen wir gar nicht erst zu sprechen. Ich bin der Meinung, dass sich die


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Politik weniger mit sich selber beschäftigen sollte und sich mehr um Inhalte kümmern muss. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Zeiten sind nicht einfach und auch die Herausforderungen und die Aufgabenbereiche der Polizei haben sich in den letzten Jahren massiv geändert; Stichworte: Pandemiebe­wältigung, Cybercrime oder Extremismus. Deshalb erhöhen wir das Budget des Innen­ressorts über den nächsten Bundesfinanzrahmen um 236,4 Millionen Euro. Das ist somit das höchste Sicherheitsbudget in der Geschichte des BMI. (Beifall bei der ÖVP.)

Für den Schutz von Frauen vor Gewalt wird auch im Sicherheitsressort um 10 Millionen Euro aufgestockt.

Eine Botschaft ist ganz wichtig: Wenn Sie von Gewalt bedroht sind, ziehen Sie die Polizei zu Ihrer Hilfe bei! Es gibt für jede Frau ein Netzwerk, das nachhaltig helfen kann. Genau deshalb gibt es künftig mehr Präventionsbeamte, die vor Ort in den Dienststellen sind und im Anlassfall angemessen reagieren können.

Außerdem wird das Budget für das Antiterrorpaket um 120 Millionen Euro erhöht. Die Zahlen lügen nicht, sie zeigen, dass das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung ernst ge­nommen wird. Die Ausstattung und die Ausrüstung der Polizei werden damit moderni­siert und den neuen Bedrohungen angepasst. Mit gepanzerten Fahrzeugen für das Ein­satzkommando Cobra, Schutzhelmen, ballistischen Schutzwesten oder Sturmgewehren für die schnellen Reaktionskräfte wird der Polizei das Werkzeug, das sie braucht, in die Hände gelegt, wohl wissend, dass das Geld, das wir da ausgeben – durch das Bundes­finanzgesetz –, nicht unser Geld ist. Das Geld hat der Steuerzahler durch harte Arbeit verdient und an den Staat abgetreten, damit dieser das Grundbedürfnis Sicherheit ge­währleistet.

Erlauben Sie mir ein Wort oder einen Gedanken zur Freiheitlichen Partei, da Sie kriti­sieren, dass die Exekutivbeamten die Coronamaßnahmen kontrollieren müssen: Wir bräuchten diese Maßnahmen nicht, würden Sie nicht so gegen die Impfung mobilisieren.

Die Pandemie ist keine Privatsache! (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) In der Politik geht es darum – Frau Kollegin Belakowitsch, lassen Sie mich ausreden! –, die richtigen Entscheidungen zu treffen, und das sind nicht immer die populärsten Entscheidungen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Freiheit des Einzelnen, von der Sie reden, Frau Kollegin, sich nicht impfen zu lassen, die endet dort, wo sie die Freiheit der Gesamtgesellschaft betrifft, da wir dann wiederum umso länger brauchen – und da schließt sich der Kreis –, um die Pandemie zu bewälti­gen, um zurückzukehren zu wirtschaftlicher, zu gesellschaftlicher und auch zu budgetä­rer Normalität. Ziehen wir also an einem Strang!

Auch die letzten Worte meiner Rede widme ich der Opposition: keine Sorge, die Sicher­heit in Österreich ist durch die ausgezeichnete Arbeit unserer Exekutive gewährleistet. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

14.53


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Dr. Dagmar Belakowitsch. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.53.42

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Herr Bundesminister! Eine spannende Rede, die hier jetzt vor meiner zu hören war: Sie stellen sich hierher und spannen tatsächlich den Bogen zur Impfung. Also euch von der Österreichischen Volkspartei ist wirklich nicht mehr zu helfen. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Nicht einmal, wenn es um die innere Sicherheit geht, könnt ihr davon ablassen, hier Propaganda zu betreiben, und


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das, obwohl Sie sich überhaupt nicht auskennen. Sie sind so etwas von resistent gegen Fakten und Daten, das ist wirklich unfassbar. (Beifall des Abg. Bösch. – Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich weiß nicht, was bei euch da los ist, aber ich weiß, die Nerven liegen blank. Das ist einmal eindeutig erkennbar. Die Kollegin hat ja vorhin zum Beispiel gesagt, man muss in der Politik die richtigen Entscheidungen treffen. Da bin ich bei Ihnen, aber blöderweise hat diese Bundesregierung seit März 2020 eine falsche Entscheidung nach der anderen getroffen. Das Ergebnis sehen wir an der Coronapolitik, an den Coronazahlen. Häme ist gekommen, als wir vor über einem Jahr gesagt haben: Nehmen wir uns doch Schweden zum Vorbild, gehen wir doch den schwedischen Weg! – Die Schweden sind jetzt durch, ihr müsst das jetzt durchlaufen, weil ihr gar keine andere Chance mehr habt, und glaubt, ihr könnt den Schwarzen Peter der Bevölkerung zuschieben.

So, und jetzt spanne ich gleich den Bogen, denn es geht um das Innenbudget, und das andere können wir noch bei vielen Gelegenheiten besprechen, denn abgerechnet wird ohnehin zum Schluss, nämlich dann, wenn die Pandemie vorbei ist und wenn euer Ver­sagen in einem Untersuchungsausschuss ans Tageslicht kommen wird.

Zum Innenbudget, Herr Bundesminister: Na ja, dass der Terroranschlag, den Sie hier beklagt haben, der vier Menschenleben gefordert hat, ein systemisches Versagen war, das wissen Sie, das wissen wir alle, und dass er hätte verhindert werden können, das wissen wir auch alle, Herr Bundesminister. Das macht leider Gottes die Opfer nicht mehr lebendig, aber man hat vor allem am Jahrestag gesehen, die Angehörigen hätten sich ein bisschen mehr an Entschuldigung vor allem von Ihnen erwartet. Ich hoffe, Sie haben das in der Zwischenzeit nachgeholt; ich glaube, das haben sich die Angehörigen dieser Toten, dieser so sinnlosen Opfer wirklich verdient, Herr Bundesminister.

Aber was es tatsächlich gibt, das ist ein Sicherheitsbedürfnis in der Bevölkerung. Ja, das ist gegeben, natürlich, das wissen wir alle. Die Personaloffensive, die ja schon unter Herbert Kickl eingeführt worden ist, begrüßen wir, und dafür ist jedes Geld notwendig. Aber sie könnte noch ein bisschen stärker werden, denn ich glaube, wir werden noch mehr Beamte brauchen. Sie selbst haben gesagt, allein 1 000 von den 1 600 Ausgemus­terten ersetzen Pensionsabgänge, das heißt, der „Realgewinn“ – unter Anführungszei­chen –, wenn man das so bezeichnet, sind 600 Beamte. Das klingt im ersten Moment viel, aber wenn man sich dann anschaut, wie viele tatsächlich fehlen, dann muss man sagen, es braucht noch sehr viel mehr. Da werden Sie selbstverständlich immer unsere Unterstützung haben und da muss man auch Geld in die Hand nehmen, das ist ganz klar.

Zu Lukaschenka haben Sie natürlich gesagt: Ja, er erpresst die EU. – Das wissen wir. Und ja, wir wissen, Sie haben von Anfang an gesagt, Polen gehört unterstützt, das an­erkennen wir ja auch. Aber warum erpresst denn Lukaschenka die EU? Und da haben Sie meines Erachtens schon wieder einen Fehlgedanken gehabt. Sie haben gesagt: Er­doğan hat das auch gemacht, aber mit ihm haben wir ein Abkommen. – Erdoğan er­presst die EU die ganze Zeit, denn der braucht nur zu sagen: Mehr Geld, und wenn es nicht mehr gibt, dann schicke ich euch wieder welche! – Und genau das war der Fehler der Europäischen Union: sich erpressen zu lassen.

Ich hoffe wirklich, dass jetzt dieser Fehler eben nicht gemacht wird, dass man sich nicht erpressen lässt. Und da auch in Richtung linke Reichshälfte: Die paar überschaubaren Menschen, die dort stehen?! – Und wenn es nur 20 wären, können wir sie nicht herein­lassen, denn sonst würde es sofort eine Sogwirkung geben, meine Damen und Herren!

Das muss man endlich einmal auch begreifen, wenn man ein linkes Gedankengut hat, dass man sich eben nicht erpressen lassen kann und nicht sagen kann: Es sind ja nur ein paar Hundert! – Ja, aber es werden aus ein paar Hundert ein paar Tausend, dann


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werden es ein paar Zehntausend, ein paar Hunderttausend. Wir alle kennen die Bilder aus dem Jahr 2015 und wissen, was sich dann abgespielt hat. Und wenn man sich jetzt Videos von der polnischen Grenze anschaut: Also wenn das Flüchtlinge sind, die um ihr Leben laufen möchten, dann stelle ich mir schon die Frage: Warum sind Polizisten schwer verletzt, warum nehmen die Baumstämme in die Hand, gehen auf Polizeibeamte in Polen los?

Also, ganz ehrlich: Mit Gewalt kann man mit Sicherheit kein Problem lösen. Und sich mit Gewalt einen Fluchtweg zu erobern, das ist also wirklich etwas, was ich zutiefst ablehne. Ich glaube daher, wir als Republik Österreich sollten tatsächlich den Polen dafür sehr dankbar sein, denn sie machen letztendlich die Arbeit für die gesamte Union. Denn eines muss uns allen auch klar sein: Die, die dort an der Grenze zwischen Weißrussland und Polen stehen, die wollen nicht nach Polen, die wollen nach Deutschland, die wollen nach Österreich und die wollen nach Schweden. Das heißt, die Polen erledigen in Wahrheit unsere Arbeit, Herr Bundesminister, und dafür müssen wir ihnen auch dankbar sein und dafür verdienen sie auch alle Unterstützung. (Beifall bei der FPÖ.)

Was wir aber trotzdem haben, Herr Bundesminister, sind Rekordzahlen an Asylwerbern. Wir waren voriges Jahr das Land in der EU mit der höchsten Zahl an Asylanträgen. Auch heuer werden wir überrannt, und wenn ich ins Burgenland schaue und sehe, was sich dort abspielt, muss ich sagen: Das ist unerträglich! Und da sage ich Ihnen schon, das ist schon auch Ihr Versagen.

Und jetzt schließe ich den Kreis zu meiner Vorrednerin: Wenn Sie die eigenen Leute kontrollieren, ob sie sich Schuhe kaufen oder nicht, und Sie kontrollieren ja Geimpfte wie Ungeimpfte, denn man sieht es ihnen ja nicht an der Nasenspitze an, dann ist mir schon klar, dass Sie dann keine Beamten mehr haben, die Sie an die Grenzen ins Burgenland schicken können. Genau das ist das Problem: Anstatt dort unten die Grenzen ordentlich zu schützen, bespitzeln Sie die eigenen unbescholtenen Bürger, Herr Bundesminister! Und das ist diese fehlgeleitete fetischistische Coronapolitik. Bei Ihnen dreht sich nur noch alles um grüner Pass, grüner Pass, grüner Pass, und das ist ein großer Fehler.

Nehmen wir das Ganze bitte als das, was es ist: Es gibt einen Lockdown für Personen, die ungeimpft sind. Wenn diese in der Gastronomie aufschlagen, dann werden sie so­wieso heimgeschickt. Ob sie jetzt ins Einkaufszentrum, zum Billa, ins Schuhgeschäft gehen oder nicht – Sie werden es nie schaffen, alle zu finden. Ich sage Ihnen ganz ehr­lich: Das macht die Pandemie auch nicht aus. Das Einzige, was es macht, ist, dass Sie 30 Prozent der Bevölkerung zu sozial Geächteten machen. Da können sich hier alle herstellen und sagen: Ach, niemand darf aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, wir brauchen Deradikalisierungsprogramme – aber 30 Prozent schließen wir aus, die machen wir zu Geächteten. Hören wir endlich auf damit! Hören Sie endlich auf, die Be­völkerung zu spalten, Herr Bundesminister! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundesminister! Ich glaube, dass es dringend notwendig ist, dass wir auch in der Migrationspolitik endlich wieder hinschauen, unsere Grenzen sichern. (Präsident Sobot­ka übernimmt den Vorsitz.)

In diesem Zusammenhang bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Polizei zum Grenzschutz und nicht für den Corona-Überwachungsstaat“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, die Exekutive zum Schutz der öster­reichischen Grenzen gegen die stattfindende illegale Migration von Wirtschaftsflüchtlingen


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heranzuziehen, anstatt die österreichischen Bürger im Stil eines Corona-Überwachungs­staates überbordend zu kontrollieren und zu sanktionieren.“

*****

Ich bitte dringend um Annahme. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

15.01

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Amesbauer, Dr. Belakowitsch

und weiterer Abgeordneter

betreffend Polizei zum Grenzschutz und nicht für den Corona-Überwachungsstaat

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 4, Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.), Untergliederung 11, 18 – Inneres, in der 129. Sit­zung des Nationalrates, XXVII. GP, am 17. November 2021

Die Auszahlungen der UG 18 sind im BVA-E 2022 mit 347,4 Mio. Euro veranschlagt. Die Mittel der UG 18 werden primär zur Finanzierung des Asylsystems, also zur Führung der erstinstanzlichen Asylverfahren sowie der im Wege der Grundversorgung zu betreuen­den Asylwerberinnen und Asylwerber und sonstigen Anspruchsberechtigten im Sinn der Art.-15a-Grundversorgungsvereinbarung eingesetzt. Dies umfasst auch die Förderungs­gebarung im Asyl- und Migrationsbereich für Projekte im In- und Ausland.

Bis September 2021 sind in Österreich im Jahr 2021 laut Bundesministerium für Inneres über 23.000 Asylanträge gestellt worden. Das sind um 134 Prozent mehr als im Vorjahr. Und dies verursacht massiv steigende Budgetkosten. Die ÖVP präsentiert sich gegen­über der Bevölkerung in der Asyl- und Fremdenpolitik gerne im „blauen Gewand“, indem sie FPÖ-Vorschläge verbal übernimmt, aber nicht zur Umsetzung bringt. So kündigte ÖVP-Innenminister Nehammer vergangenes Jahr einen De-facto-Asylstopp an. Tat­sächlich stiegen die Asylantragszahlen erstmals seit der Migrationswelle 2015 wieder deutlich an und für heuer zeichnet sich erneut ein massiver Anstieg ab. Aber statt ver­nünftigen Grenzschutz umzusetzen, empfangen die vom Innenminister an die Grenze geschickten Polizisten die Migranten und teilen sie ihren Unterkünften zu.

Das Bundesheer muss sogar die Polizei mit Assistenzeinsätzen unterstützen, aber für die Bespitzelung und Kontrolle der Bürger ist jederzeit genug Personal vorhanden: Kon­trolliert werden solle der Lockdown für Ungeimpfte durch ein „engmaschiges Netz“, kün­digte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) an. Und Bundeskanzler Schallenberg assis­tierte: „Es wird sehr konsequent kontrolliert werden und es wird sehr konsequent sank­tioniert werden. Angekündigt wurden Überprüfungen der Lockdown-Vorschriften im Zu­ge von Verkehrskontrollen, aber auch vor Kaufhäusern. Dies bekräftigte auch der Innen­minister: Ab Montag werde es pro Bezirk zwei zusätzliche Polizeistreifen ausschließlich für die Kontrolle des Lockdowns geben. Dies berichtete die „Austria Presseagentur“ über die Pressekonferenz am 14. November 2021.

Es geht nicht darum, illegale Migration besser zu verwalten, sondern zu verhindern, da­her sollte unsere Exekutive sinnvoll für die Bürger in unserem Land verwendet werden und nicht im Zuge von schikanösen Kontrollen gegen sie eingesetzt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, die Exekutive zum Schutz der öster­reichischen Grenzen gegen die stattfindende illegale Migration von Wirtschaftsflüchtlin­gen heranzuziehen, anstatt die österreichischen Bürger im Stil eines Corona-Überwa­chungsstaates überbordend zu kontrollieren und zu sanktionieren.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich nehme an, das sind fünf Unterschriften. Ich würde bitten, dass man wieder der Praxis nachgeht, den Namen noch darunter zu schrei­ben. Ich nehme aber einmal an, dass es fünf sind. Der Entschließungsantrag ist ord­nungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gelangt Abgeordneter Minnich. – Bitte sehr.


15.02.03

Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesmi­nister! Werte Abgeordnetenkollegen im Nationalrat! Liebe Zuseher zu Hause! Der Schutz und die Sicherheit unserer Bürger gehören zu den Kernaufgaben unseres Staates. Mit dem Staatsschutzgesetz ist in einem großen Miteinander ein Gesetz entstanden. Ich möchte an dieser Stelle Ausschussvorsitzendem Karl Mahrer und allen Kollegen Danke sagen. (Beifall bei der ÖVP.) Hier ist etwas Gutes entstanden. Danke für das Miteinan­der, das in dieser schwierigen Zeit vielen ein Vorbild sein sollte.

Im Zuge der Debatte hören wir immer wieder, das Budget sei die in Zahlen gegossene Politik. Welche Politik können wir aus dem Budget des Innenministeriums ableiten? – Ja, wir sehen ein klares Bekenntnis zur Wahrung der inneren Sicherheit und zu einer gut ausgerüsteten Polizei. Unsere Polizei macht gemeinsam mit der Sicherheitsverwaltung einen großartigen Job. Unsere Aufgabe in diesem Zusammenhang ist es, die Rahmen­bedingungen für die Bewältigung künftiger Herausforderungen zu schaffen. Diesem An­spruch werden wir mit diesem Budget auf jeden Fall gerecht. Der Fokus liegt hier erstens auf Cybersicherheit, zweitens auf der Neuaufstellung des Staatsschutzes, drittens auf dem Katastrophenmanagement sowie viertens auf der Personal- und Ausstattungs­offensive, die hier eine klare Richtung vorgeben.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, Gratulation zu diesem Budget! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Zorba.)

Wir haben ein Antiterrorpaket mit insgesamt über 120 Millionen Euro. Mit diesem Paket wird die Ausstattung und Ausrüstung der Polizei massiv modernisiert und den neuen Bedrohungslagen angepasst. Was heißt das genau? – Es bedeutet mehr als 2 000 Aus­rüstungen – Körperschlagschutz –, mehr als 430 ballistische Schutzwesten, rund 2 250 neue Sturmgewehre für die schnellen Reaktionskräfte, 1 320 Body-worn Cameras und rund 670 Schutzhelme, ein neues Bombentransportfahrzeug für den Entschärfungsdienst so­wie drei Sonderfahrzeuge vom Typ Survivor. Zusätzlich gibt es 5 Millionen Euro für die Steigerung der Ressourcen zur Stärkung der Resilienz und jener zur Abwehr von Cyber­angriffen.

Ein Bereich, der mir besonders wichtig ist – am 25. November startet wieder Orange the World –: 2,5 Millionen Euro jährlich gibt es für den verstärkten Schutz von Frauen, zum Schutz vor Gewalt insbesondere innerhalb der Familie.

Unser Sicherheitsbereich ist seit 2015 permanent mit besonderen Herausforderungen konfrontiert. Es ist bemerkenswert, wie großartig unsere Polizistinnen und Polizisten so­wie die Sicherheitsverwaltung diese Belastung meistern. – Liebe Polizisten! Danke an


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euch alle für euren so wichtigen Beitrag. Wir können uns auf euch verlassen und werden euch unterstützen, wo wir können. Vielen Dank! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeord­neten Jakob Schwarz und Zorba.)

Liebe Frau Kollegin Yılmaz! Bitte schauen Sie sich die Homepage der Österreichisch-Weißrussischen Gesellschaft an. Dort wurde vor Kurzem geschrieben: In freundschaftli­cher Atmosphäre hat man sich mit einer weißrussischen Abordnung im SPÖ-Klub vor dem Kreisky-Gemälde unterhalten. (Ruf bei der ÖVP: Hört, hört!) – Bitte fragen Sie Ihren Kollegen Robert Laimer. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

15.06


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Beratungen zu diesem Themenbereich sind somit beendet.

Ich bedanke mich beim Herrn Innenminister.

15.06.48UG 42: Landwirtschaft, Regionen und Tourismus.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich begrüße die Frau Ministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus und wir kommen zur Untergliederung 42: Landwirtschaft, Re­gionen und Tourismus.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Cornelia Ecker. – Bitte, Frau Abgeordnete.


15.07.02

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Herr Vorsitzender! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! In den vergangenen 50 Jahren hat circa die Hälfte unserer Bäuerinnen und Bauern ihren Beruf sprichwörtlich an den Nagel gehängt und sie haben ihre Höfe aufgegeben. Die dazugehörigen Gründe wurden an andere Landwirte verpach­tet, die Tiere und die landwirtschaftlichen Maschinen meist verkauft.

Dass einige Bäuerinnen und Bauern die Gunst der Stunde genutzt und sich mit der Pacht von Grundstücken und dem Ankauf von Tieren und günstigen landwirtschaftlichen Ma­schinen beträchtliche Betriebe aufgebaut haben, zeigt folgende Statistik eindrucksvoll: Im Jahr 1951 hat ein durchschnittlicher österreichischer Hof noch circa 9 Hektar umfasst, im Jahr 2019 lag die Größe schon bei 20 Hektar und heute sind es sicher noch etwas mehr.

Welchen Schluss kann man daraus ziehen? – Die Kleinen verschwinden und die Großen werden immer größer. Das ist keine zufällige Entwicklung, sondern das ist das Ergebnis jahrzehntelang gleichbleibender ÖVP-Agrarpolitik.

Ein Budget ist der in Zahlen gegossene politische Wille. Das heute vorgelegte Zahlen­werk zeigt ganz klar, dass die ÖVP beziehungsweise Sie als Landwirtschaftsministerin, Frau Köstinger, an dieser verfehlten Agrarpolitik leider nichts ändern möchten.

Bevor ich aber mit meiner Kritik ins Detail gehe, möchte ich wie jedes Jahr den Aufbau der UG 42 ansprechen. Bei der Analyse des Entwurfes hat man das Gefühl, dass die Frau Landwirtschaftsministerin die Erstellung des Budgets mit dem Backen eines Ku­chens verwechselte: Man nehme ein wenig Landwirtschaft da, eine Prise Tourismus dort, eine Portion Telekommunikation und ein Löffelchen Zivildienst. Danach wird alles in eine Rührschüssel gegeben, vermengt und anschließend gebacken. Herausgekom­men ist dann ein Kuchen, der zwar lecker aussieht, aber man weiß nicht genau, was enthalten ist oder in welcher Menge es verarbeitet wurde. Nicht nur das Schnitzel braucht in Österreich eine Herkunftskennzeichnung, sondern mit Sicherheit brauchen diese auch die Zahlen in der UG 42, meine sehr geehrten Damen und Herren!


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Der Budgetentwurf ist unübersichtlich, nicht transparent und die Herkunft von so man­chen Zahlen ist für uns Abgeordnete einfach nicht nachvollziehbar. Ich darf mich aber an dieser Stelle und auch im Namen meiner Fraktion beim Budgetdienst des Hohen Hauses für seine Arbeit bedanken. Das Team rund um Herrn MMag. Dr. Berger hat es heuer wieder geschafft, dieses durchaus unübersichtliche Budget zu analysieren und damit für uns Abgeordnete eine solide Diskussionsgrundlage zu schaffen. Herzlichen Dank dafür! (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Ministerin, auch wenn ich davon ausgehe, dass das Ihr letztes Landwirtschaftsbud­get ist, möchte ich Sie noch einmal auffordern, endlich Klarheit und Transparenz in Ihr Budget zu bringen. Mit über 3 Milliarden Euro im Budgettopf der Landwirtschaftsministe­rin ist dieses Budget mehr als nur üppig – das begrüße ich als Landwirtschaftssprecherin meiner Fraktion natürlich sehr –, aber die Verteilung dieser Gelder passt hinten und vor­ne nicht. Es gibt kein Geld für eine Pestizidreduktion auf den heimischen Feldern. Die Agrarlobby, Frau Ministerin, wird es Ihnen danken, die Menschen in diesem Land mit Sicherheit nicht.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf meine Forderung eines Totalverbots von Glyphosat hinweisen. Gleichzeitig möchte ich an dieser Stelle auch erwähnen, dass ich es wirklich schade und bezeichnend finde, dass es jährlich einer parlamentarischen An­frage bedarf, um zu erfahren, wie viele Tonnen Glyphosat in Verkehr gebracht werden. Frau Ministerin, wieso verstecken Sie diese Zahlen?

Heute, meine sehr geehrten Damen, sehen wir auch schwarz auf weiß, dass es nicht der Wille der ÖVP ist, für mehr Tierwohl zu sorgen, denn es gibt kein zusätzliches Geld, um endlich das Verbot von Vollspaltenböden durchzusetzen, kein Förderprogramm, so­dass Bäuerinnen und Bauern die Ställe umbauen und für mehr Tierwohl sorgen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Schieben Sie die Schuld nicht auf die Landwirtinnen und Landwirte, denn die hätten das gerne gemacht, wenn es entsprechende Anreize und Förderprogramme dazu geben würde. Auch dem Ausbau der sozialen Dienste am Land und der Förderung von Frauen im ländlichen Raum erteilt dieses Budget eine ganz klare Absage. Das ist nicht nur kurzsichtig, sondern auf Dauer wird der ländliche Raum ausgehungert und die Urbani­sierung vorangetrieben. Auch klimapolitisch ist das ein fatales Zeichen.

Das vorgelegte Budget ist mutlos und wird den Bedürfnissen der heimischen Bäuerinnen und Bauern in keinem Fall gerecht. Jedes Jahr Direktzahlungen zu erhöhen, ist mit Si­cherheit der falsche Ansatz. Man soll sich schon einmal überlegen: Wieso kommen die Bäuerinnen und Bauern mit ihrem Betrieb nicht durch, wieso können sie davon nicht mehr leben? Unsere Bäuerinnen und Bauern leisten jeden Tag harte Arbeit, sie sind dafür verantwortlich, dass Österreich so einen hohen Selbstversorgungsgrad bei Grund­nahrungsmitteln aufweist. Als Dank werden sie von der ÖVP zu Subventionsempfänge­rInnen degradiert. Der primäre Sektor braucht nicht nur mehr Geld, sondern auch mutige Gesetzesinitiativen wie eine echte Herkunftskennzeichnung und ein starkes Lieferket­tengesetz. Dafür setzen wir uns ein, und das werden wir strikt fordern. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Schmiedlechner.)

15.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schmu­ckenschlager. – Bitte sehr.


15.12.59

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Agrar- und Landwirt­schaftsbudget soll in unserem Land eines sichern, und das ist die Versorgung. Wir sehen


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momentan Agrarmärkte, die enorm in Bewegung sind, wir haben bei vielen Rohstoffen Preissteigerungen, und das schlägt sich natürlich auch auf die landwirtschaftlichen Roh­stoffe nieder. Lieferketten sind da und dort verkürzt, aber wir schaffen es in Europa und speziell in Österreich, die Versorgungslage aufrechtzuerhalten, und das mit hochwerti­gen Lebensmitteln. Das ist das Verdienst der österreichischen Bäuerinnen und Bauern und das Verdienst einer erfolgreichen Agrarpolitik. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir brauchen dafür aber mehrere Mechanismen: Da ist auf der einen Seite die Klimaan­passung, die größte Herausforderung für die Landwirtschaft in den nächsten Jahrzehn­ten. Da haben wir mit den Instrumenten der Ernteversicherung und der Hagelversiche­rung, mit Initiativen betreffend Bewässerung und mit der Einrichtung des Waldfonds – mit über 350 Millionen Euro für die Gesunderhaltung des heimischen Waldes, aber vor allem für die Zukunftsgestaltung des österreichischen Waldes – vieles geschafft. Wir fin­den in diesem Budget auch die gesamten Mittel für die ländliche Entwicklung vor, mit denen wir bis hin zur Biodiversität sehr viel schaffen. Wir müssen aber auch aufpassen, sorgsam damit umzugehen, denn in Europa haben wir nichts davon, wenn wir Blüh­streifen am Feld, aber dafür Kondensstreifen am Himmel haben, weil wir nicht mehr pro­duzieren, sondern importieren. Das heißt, wir müssen die Produktion aufrechterhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Dafür brauchen wir auch umfangreiche Rahmenbedingungen, auch die sind hier abge­bildet. Wir sehen in der gesellschaftlichen Diskussion die Herausforderung betreffend Standards, vor allem in der Tierhaltung haben wir umfangreiche Diskussionen. Wir müs­sen aber auch den Bestand sichern, als wirtschaftliche Basis, um in Zukunft etwas zu verändern. Das heißt: Herausforderungen annehmen, aber nicht sofort alles umgestal­ten, denn dann können unsere Betriebe nicht mit. Wir müssen Anpassungen stattfinden lassen können.

Wir haben die Gemeinsame Agrarpolitik von österreichischer Seite voll ausfinanziert; das ist ein wichtiges Standbein für das bäuerliche Einkommen. In der Steuerkulisse der ökosozialen Steuerreform bekommen die Betriebe auch eine entsprechende Stellung, dass auch diese Kulisse die Ertragsverhältnisse der Landwirtschaft abbildet. Wir helfen bei Betriebsmitteln mit, um international standhalten zu können, und wir haben sogar die Energieautarkie für die Bauernhöfe im Programm implementiert.

Heute erst wurde eine Regelung für Stammsaisoniers gefunden. Ich halte das für ganz wichtig, denn wir sehen, dass sich da und dort Ernährungsgewohnheiten ändern. Wir haben mehr Gemüse- und Obstproduktion, diese braucht aber viele helfende Hände, und die sind nicht immer in unserem Land zu finden – gut, dass wir diese Möglichkeit nun haben.

Auf den Märkten brauchen wir Stabilität, und diese Stabilität haben wir auch durch die Herkunftskennzeichnung. Unser stärkster Partner ist der Konsument, und der muss diese erkennen können. Mit dem AMA-Gütesiegel haben wir eine hervorragende Einrich­tung. Die Kennzeichnungen gehören weiterentwickelt. In der öffentlichen Beschaffung hat es diese Regierung zustande gebracht, dass auf heimische, regionale und gesunde Lebensmittel besonders geachtet wird. Das ist schon sehr, sehr viel.

Heute, Frau Bundesministerin, wurde im Ministerrat die Umsetzung der europäischen UTP-Richtlinie auf den Weg gebracht, für mehr Fairness im Handel, für mehr Kraft für die Kleinen in der Lieferkette, mit der Schaffung von Beschwerdemöglichkeiten. Das soll uns auch in der Wertschöpfungskette stärken. Ich glaube, das ist wichtig, und damit kön­nen wir den Betrieben Sicherheit geben: Zukunftssicherheit und vor allem Planungssi­cherheit für die nächsten Jahre. Somit ist es ein wichtiges und richtiges Budget.

Ein Wort nur, weil vorher die Größenordnung von 20 Hektar für einen Betrieb angespro­chen worden ist: Vergleichen Sie bitte die Betriebsgrößen von Österreichs Betrieben mit


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jenen internationaler Betriebe – da brauchen Sie nicht so weit zu schauen, da reicht ein Blick in die Slowakei –, dann sehen Sie, wie kleinstrukturiert Österreich ist. Das ist ein Verdienst der Agrarpolitik, denn nur durch Spezialisierung und Diversifizierung ist es möglich, dass in Österreich auch ein 20-Hektar-Betrieb noch leistungsfähig im Erwerb stehen kann. Das ist das Verdienst der Agrarpolitik des Bauernbundes, der österreichi­schen Volkspartei und dieser Bundesregierung. (Beifall bei der ÖVP.)

15.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schmiedlech­ner. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter, das Wort steht bei Ihnen.


15.17.35

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Sehr ge­ehrte Zuseher! Wir debattieren das Budget für die Landwirtschaft; oder sollte man sagen: das Budget für die Institutionen, für die Bürokratie, für die verarbeitende Industrie, für die Inserate der Ministerin, damit sie gut dasteht und ihre Untätigkeit kaschieren kann, ein Budget für den Breitbandausbau? (Zwischenruf des Abg. Sieber.) Tatsächlich kommt nur ein Bruchteil dieses Budgets wirklich bei den Bäuerinnen und Bauern an.

Maßgeblich für die bäuerlichen Familienbetriebe ist die GAP, die Gemeinsame Agrar­politik, und ja, wir stehen in Verhandlungen für die neue GAP, die Ministerin steht in Verhandlungen für die neue GAP, wir sind bei der Erstellung der neuen GAP. Leider haben Sie es wieder verabsäumt, tatsächlich einen Richtungswechsel für die Bauern einzuleiten, und es ist zu befürchten, dass es weitergeht wie bisher – oder dass es noch viel schlechter wird.

Der Green Deal wird den Strukturwandel in Österreich weiter beschleunigen, die Folgen­abschätzungen zum Green Deal sind katastrophal: viel Green, wenig Deal. Global ge­sehen bringt er nichts für die Umwelt, das heißt, die heimische Landwirtschaft wird für nichts und wieder nichts geopfert. Die Folgenabschätzung zum Green Deal für die Landwirtschaft besagt: Die Produktion wird in allen wichtigen landwirtschaftlichen Zwei­gen einbrechen, die Einkommen werden deutlich sinken, die Ausfuhren gehen zurück und die Importe werden steigen. Das haben Sie gut verhandelt, Frau Minister, oder auch nicht – wir werden sehen. Damit verlagert sich unsere Produktion ins Ausland, und wir alle, Sie alle, wissen, woher die Produkte dann kommen werden – aus den Mercosur-Staaten, produziert unter niedrigen sozialen Umweltstandards, transportiert durch die halbe Welt. Alles, was wir in Europa an Emissionen einsparen, wird dort in die Luft ge­hen. Die Produktion wird dort steigen, und bei uns wird der Arbeitsplatz Bauernhof zer­stört. Zusammengefasst ist es eine Katastrophe für die österreichische Landwirtschaft. Es geschieht nichts für die Umwelt, der Strukturwandel wird angeheizt, kleine Bauern­höfe werden verschwinden. Es geht in Richtung industrielle Landwirtschaft. Meines Er­achtens gibt es nur Verlierer.

Frau Minister, Sie ruinieren nicht nur die heimische Bauernschaft, auch der Konsument zahlt damit drauf. Von einer Selbstversorgung, welche in Krisenfällen entscheidend ist, entfernen wir uns schneller, als Sie glauben. Frau Bundesminister! Wollen Sie die Bauern wirklich ruinieren? (Bundesministerin Köstinger liest in ihren Unterlagen.) – Sie hat Wichtigeres zu tun! (Ruf bei der ÖVP: Das ist verständlich bei deiner Rede!) Wie sonst können wir Ihr Nichthandeln interpretieren? Wie wollen Sie die derzeit prekäre Lage der Landwirte verbessern? Ich frage Sie: Wo im Budget stehen die Lösungen, wo stehen die Antworten auf diese Fragen?

Und bitte, nennen Sie jetzt nicht den Agrardiesel oder die Steuerrückvergütung für die Bauern bei der CO2-Bepreisung! Es ist wirklich lächerlich, was dort berechnet worden ist. Diejenigen, die das berechnet haben, gehören wirklich mit dem nassen Fetzen da­vongejagt. (Zwischenruf des Abg. Lindinger.) Es ist ein Schlag ins Gesicht für die Grün­landbauern, aber auch ein Hohn für die Ackerbauern. Die Landwirtschaft braucht nicht


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neue Auflagen, nicht neue Richtlinien, wir brauchen die Sicherung des Arbeitsplatzes Bauernhof, die Sicherung der heimischen Produktion. (Beifall bei der FPÖ.)

Es muss unseren Landwirten, Bauern und Bäuerinnen ermöglicht werden, unsere Bevöl­kerung mit gesunden heimischen Lebensmitteln zu beliefern. Unser Ansatz ist dabei klar: Die Einführung eines Sockelförderbetrags pro Arbeitskraft, eine langfristige Unterstüt­zung für den Arbeitsplatz Bauernhof.

Deswegen bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sockel­förderbetrag für Arbeitsplätze am Bauernhof“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus wird aufgefordert, im Zuge der GAP-Verhandlungen für eine Förderung von Arbeitsplätzen am Bauernhof durch die Schaffung eines Sockelförderbetrages pro Arbeitskraft einzutreten.“

*****

Ich bitte um Unterstützung unseres Antrages. Natürlich erwarte ich mir von der ÖVP eine Ablehnung und ein Nichthandeln. Das sind wir aber schon gewohnt. Ich glaube, es ist höchst an der Zeit, dass wir diese ÖVP aus dem Amt jagen. (Beifall bei FPÖ.)

15.22

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Peter Schmiedlechner

und weiterer Abgeordneter

betreffend Sockelförderbetrag für Arbeitsplätze am Bauernhof

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 4: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) (UG 42 Landwirtschaft, Regionen und Tourismus) in der 129. Sitzung des Nationalrats am 17. November 2021

Derzeit wird die neue Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) verhandelt. Das Ergebnis dieser Verhandlungen wird entscheidend dafür sein, wie es mit unserer Landwirtschaft in Österreich in Zukunft weitergeht. Es geht insbesondere darum, ob es den Bauern in zehn Jahren noch möglich sein wird, die Bevölkerung mit gesunden Lebensmitteln zu versorgen und ob flächendeckend Landwirtschaft im Einklang mit hohen Umwelt- und Tierschutzstandards betrieben werden kann.

Die Anforderungen an die Land- und Forstwirtschaft verändern sich gleichermaßen wie die Gesellschaft selbst und steigen nicht zuletzt durch die Klimaveränderung. Die höhe­ren Standards im Hinblick auf Umweltschutz, Tierwohl und Nachhaltigkeit verursachen aber auch höhere Kosten in der heimische Lebensmittelproduktion. Dennoch sinken die Einkommen der Bäuerinnen und Bauern (2019: durchschnittlich 27.966 Euro je Betrieb, 2018: durchschnittlich 28.035 Euro/Betrieb). Dies führt zu prekären wirtschaftlichen Situationen auf unseren heimischen Bauernhöfen.


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Die langfristige Sicherung von Arbeitsplätzen am Bauernhof muss insbesondere in der Priorität „Soziale Inklusion und wirtschaftliche Entwicklung“ der GAP bedacht werden. In der aktuellen Wirtschaftskrise mit hohen Arbeitslosenzahlen müssen die Arbeitsplätze am Bauernhof Priorität haben. Eine Förderung von Arbeitsplätzen am Bauernhof durch die Schaffung eines Sockelbetrages pro Arbeitskraft wäre eine Möglichkeit bestehende Arbeitsplätze krisensicher zu machen.

Wenn wir es schaffen die heimischen Bauernhöfe zu erhalten, sichern wir auch gleich­zeitig die Wertschöpfung in den Regionen und erzeugen einen positiven Impuls für wei­tere Arbeitsplätze im ländlichen Raum.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus wird aufgefordert, im Zuge der GAP-Verhandlungen für eine Förderung von Arbeitsplätzen am Bauernhof durch die Schaffung eines Sockelförderbetrages pro Arbeitskraft einzutreten.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ausreichend unterstützt und ord­nungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Voglauer. – Bitte sehr.


15.22.59

Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Spoštovana Visoka Hiša! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Das Budget für das nächste Jahr im landwirtschaftlichen Bereich ist gesichert und wird auch im großen Rahmen weitergeschrieben.

Wenn man sich fragt, was die großen Fragen der Landwirtschaft sind, kommt man schnell darauf, dass natürlich der Strukturwandel, den wir heute schon angesprochen haben, ein Hauptthema ist. Noch immer sperren in Österreich jeden Tag zehn bis zwölf Betriebe zu. Wir haben für eine soziale Sicherheit im ländlichen Raum zu sorgen. Wir haben gesicherte Einkommen für unsere Bäuerinnen und Bauern zu schaffen, und letzt­endlich geht es immer wieder und fast täglich um faire Preise.

Zu den fairen Preisen: Es ist uns im heutigen Ministerrat gelungen, dass wir endlich ein Gesetz gegen unlautere Handelspraktiken auf den Weg bringen. Dieser große Diskurs um faire Preise wird uns aber trotzdem weiterhin begleiten und er wird sich verschärfen, weil sich die Klimakrise verschärfen wird. Allein dadurch, dass wir in der Landwirtschaft nicht nur die ökonomischen Fragen zu lösen haben, sondern zunehmend mit der Klima­frage beschäftigt sind, werden wir an unserem Tun einiges ändern müssen.

Es braucht auch unter Bäuerinnen und Bauern endlich eine offene Diskussion darüber, dass wir nicht nur die ersten und unmittelbar Betroffenen von der Klimakrise sind, son­dern dass wir auch jeden Tag bei uns am Hof einen Beitrag leisten werden müssen. Dafür wird die Politik mit einem Rahmenprogramm sorgen müssen, das uns einen Ziel­pfad vorgeben wird, wie wir unsere Treibhausgase und die Emissionen in der Landwirt­schaft reduzieren. Ohne Reduktion wird es nicht gehen. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn wir heute von der produzierenden Landwirtschaft gesprochen haben, müssen wir gleichzeitig von der krisenresilienten Landwirtschaft sprechen. Dabei rede ich wieder


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nicht nur von der Ökonomie, sondern gerade von der Klimakrise. Wir wissen, die Tier­haltung ist dabei ein großes Thema. Was wird auf die Tierhaltung in den nächsten zehn Jahren unmittelbar Einfluss haben? – Es sind unsere Ernährungsgewohnheiten. Wir wis­sen, wenn wir auf dreimal Fleischessen in der Woche zurückschrauben, tun wir dem Klima einfach etwas Gutes. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Das ist nicht nur ein Geplänkel der Umweltschutzorganisationen, das ist einfach Fakt.

Die Landwirtschaft wird das erleben und kann sich heute darauf vorbereiten. Wenn wir als Grüne diese Regierungsarbeit mitgestalten, dann wird das unsere Handschrift sein, dass klimarelevante Zielpfade auch gesetzlich ihren Niederschlag finden werden. (Beifall bei den Grünen.)

Es wird nicht gehen, dass wir unsere Artenvielfalt erhalten, die wir als Bäuerinnen und Bauern am dringendsten brauchen, wenn wir an unserer Praxis nichts ändern. Ich halte überhaupt nichts davon, die Leistung von Betrieben – sei es mit biologischer oder mit konventioneller Bewirtschaftung – schmalzureden. Wir können aber schon so ehrlich sein, zu sagen, dass die biologische Bewirtschaftung und die maximale Reduktion von Pflanzengiften sehr wohl etwas zur Artenvielfalt beitragen. Ich denke auch, dass wir es vielleicht schaffen werden – noch nicht 2022, aber vielleicht 2023 –, dafür ein eigenes Budget auf die Reihe zu bringen.

Zur Planungssicherheit nur so viel: Wer sich nur auf die Ökonomie besinnt und den Kli­maschutz nicht mitdenkt, wird die Landwirtschaft an die Wand fahren. Ich will das nicht. Deshalb werde ich mich für die kleinen Betriebe einsetzen, die ihren Beitrag zum Klima­schutz leisten, und diese sollen zukünftig auch ordentlich belohnt werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.26


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Seidl. – Bitte sehr.


15.27.04

Abgeordnete Mag. Julia Seidl (NEOS): Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In dem vorliegenden Budget sehen wir eindeutig die Nachwehen der ersten fast zwei Coronajahre. Wir sehen auch, dass noch einige Dinge übrig geblieben sind. Wir sehen aber leider auch, dass einige Dinge in die­sem Budget nicht vorhanden sind.

Durch die wiederholten Lockdowns hat der Tourismus natürlich wahnsinnig gelitten, vor allen Dingen, weil es ja für den Tourismus schon sehr früh begonnen hat, weil quasi im März 2020 die erste Saison schon vorbei war, bevor sie überhaupt begonnen hat.

Leider müssen wir feststellen, dass im Pandemiemanagement und bei den Wirtschafts­hilfen die Lernkurve der Bundesregierung wenig steil war. Das bedeutet, dass wir jetzt vor denselben Herausforderungen stehen, vor denen wir schon zwei Saisonen zuvor gestanden sind.

Es zieht sich wie ein roter Faden durch. Wenn geholfen wird, ist es meistens zu spät, oder es kommen nur Versprechungen. Die Touristikerinnen und Touristiker, die Hoteliers können sich nicht darauf verlassen, dass sie morgen oder übermorgen aufgefangen wer­den, wenn es wieder zu Regelungen kommt, die dazu führen, dass sie keine Gäste mehr haben können.

Wir sehen nicht, dass ein Weiter-wie-bisher notwendig ist, insbesondere bei den Wirt­schaftshilfen. Man hätte sich den Sommer über auch Zeit nehmen können, sich zu über­legen, ob alle Wirtschaftshilfen – besonders auch im Tourismus –, die wir gestaltet ha­ben, zielgerichtet gewesen sind. Ich habe jetzt gerade auf der Tourismuswebsite nach­geschaut: Ich glaube, es gibt zehn verschiedene Pakete, um die man ansuchen kann.


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Und das ist für KMU, wobei dann die Steuerberaterinnen und Steuerberater schon nicht mehr wissen, welches Paket sie jetzt als erstes beantragen sollen, und schon gar nicht wissen, welche Richtlinien gelten, wenn schlussendlich am Ende des Jahres abgerech­net wird.

Wir sehen leider im Budget zu wenig hinsichtlich angekündigter Reformen beziehungs­weise sehen wir zu wenig Umsetzung dieser Reformen, insbesondere was die Zukunfts­pläne für den Tourismus betrifft. Es gibt einige Vorhaben, die schon sehr, sehr lange ventiliert werden, die vom Saisonnierthema bis zur Eigenkapitalfinanzierung reichen.

Bevor wir ein großes Reformpaket umgesetzt haben, sind wir schon wieder beim nächs­ten Reformpaket, wie wir auch im Budget lesen können.

Der Wintertourismus findet heuer statt, hieß es. Das war am 8.11. (Beifall des Abg. Hörl.) Ich bin mir nicht sicher, ob sich das noch so ausgeht, wie es sich ausgehen soll, denn Gäste aus Deutschland, besonders jene mit Kindern, sind mit ihren Familien bereits ab­gereist, nachdem es Reisewarnungen gegeben hat. Wir haben schon vor langer Zeit darauf hingewiesen, dass es sinnvoll wäre, zu versuchen, diese Reisewarnungen ab­zuwenden und mit unseren Zielmärkten zu verhandeln, damit die Gäste im Land bleiben können.

Noch kurz zum Thema Saisonniers, eine diesbezüglich beschlossene Regelung wurde heute schon angesprochen: Wir glauben, dass diese Regelung große Schwächen hat, insbesondere wegen des Beschlusses zu den drei aufeinanderfolgenden Jahren, wovon zwei Jahre für die Saisonniers Coronajahre waren. Wir glauben nicht, dass sich das ausgehen wird, und hätten gerne gesehen, dass man bei dem Thema Saisonniers etwas flexibler ist.

Wir würden uns wünschen, dass wir nicht immer einen Reformprozess nach dem nächsten anstoßen und ihn dann in die Schublade schieben, sondern dass wir stattdes­sen anfangen, die notwendigen Reformen tatsächlich umzusetzen. Lassen Sie uns inso­fern hoffen, dass noch Gäste für den Wintertourismus übrig bleiben und dass die Saison für unsere Hoteliers und vor allem für die Hoteliersfamilien halbwegs gut endet! (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Hörl.)

15.31


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesminister. Bei ihr steht das Wort. – Bitte.


15.31.18

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Ein Budget­voranschlag – das ist bereits angesprochen worden – ist in Zahlen gegossene Politik. Das trifft vor allem auf mein Ressort zu, das Bundesministerium für Landwirtschaft, Re­gionen und Tourismus, in dem sehr viele Politikbereiche, die für unser Land, für die Menschen in Österreichs Regionen sehr große Bedeutung haben, miteinander vereint sind. Die Frau Abgeordnete von der SPÖ hat das, meiner Einschätzung nach etwas despektierlich, mit Kuchenbacken verglichen, aber das passt ja eigentlich auch wieder zu der Zuständigkeit für die Gastronomie.

Ich glaube, dass wir einen ganz, ganz großen Auftrag dahin gehend haben, die Chan­cengleichheit zwischen den Menschen in der Stadt und am Land herzustellen. Wir müs­sen alles dafür tun, dass die Lebensräume lebendig bleiben, dass wir auch regional Wirtschaft ermöglichen und vor allem die jungen Menschen im ländlichen Raum dazu motivieren können, in ihrer Heimat, in ihren Heimatregionen zu bleiben. Dort müssen wir vor allem die Chancen der Digitalisierung nutzen und damit Österreich flächendeckend eine Zukunft geben. (Beifall bei der ÖVP.)


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Wir setzen natürlich einen ganz großen Schwerpunkt im Bereich der Landwirtschaft. Ge­rade sehe ich Herrn Abgeordneten Loacker, der ja keine Gelegenheit auslässt, mir immer wieder Geräte aus der Landwirtschaft zuzuschreiben. Herr Abgeordneter Loa­cker, ich kann Ihnen sagen: Es gibt wenig, was ich mit so viel Stolz ausübe wie meine Funktion als Landwirtschaftsministerin. In der Landwirtschaft sind Menschen tätig, die 365 Tage im Jahr das tun, was für uns alle am wichtigsten ist. (Abg. Loacker: Dann einfach nix zur Gesundheit sagen!) Sie kümmern sich um die Lebensmittelproduktion, die Pflege und den Landschaftserhalt unserer Regionen und der Kulturlandschaft in Ös­terreich, die für den Tourismus, für Klimaschutz, für Artenvielfalt, für die ganze Forstwirt­schaft so wichtig ist. Das erfüllt mich wirklich mit Stolz und ich sage allen Bäuerinnen und Bauern da draußen ein ganz, ganz großes Dankeschön. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Loacker.)

Was die Landwirtschaft betrifft, so liegt der Fokus ganz klar auf der produzierenden Landwirtschaft. Wir leben in einer Gesellschaft, für die es komplett selbstverständlich ist, dass die Lebensmittelregale tagtäglich frisch befüllt sind. Das ist aber keine Selbstver­ständlichkeit, was die Coronapandemie mit dem ersten Lockdown, den geschlossenen Grenzen verdeutlicht hat. Als es auf einmal Versorgungsengpässe gegeben hat, haben wir gewusst, dass wir uns auf unsere Bäuerinnen und Bauern verlassen können, und das wird für uns auch in Zukunft ein ganz klarer Schwerpunkt sein.

Es gibt viele Herausforderungen, die vonseiten der Gesellschaft an die Landwirtschaft herangetragen werden, und diesen werden wir uns stellen. Gerade das Thema Klima­schutz betrifft niemanden stärker als die Bäuerinnen und Bauern in diesem Land, des­wegen setzen wir in unserem Öpul-Programm einen ganz klaren Schwerpunkt darauf und werden auch für diesen Bereich das Budget erhöhen.

Eine große Anforderung gibt es natürlich auch im Bereich des Tierwohls. Auch da setzen wir mit dem größten Tierwohlpaket, das es in Österreich jemals gegeben hat – 120 Mil­lionen Euro Investitionsförderung für tierwohlfreundliche Ställe –, bereits im heurigen Jahr einen starken Akzent. Es braucht jetzt nur noch Konsumentinnen und Konsumen­ten, die auch bereit sind, zum entsprechenden Fleisch zu greifen und die entsprechen­den Produkte im Regal nachzufragen, dann wird das ein echtes Erfolgsmodell made in Austria. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein weiterer zentraler Schwerpunkt ist natürlich die Forstwirtschaft in Österreich, die seit Jahren mit großen Herausforderungen konfrontiert ist. Zum einen ist die Lage am Holz­markt eine sehr große Herausforderung, zum anderen sind es aber auch die Auswir­kungen des Klimawandels, wie sehr späte Schneeeinbrüche, starke Wetterereignisse und dergleichen, die uns massiv bedrohen. Auch das massive Auftreten des Borken­käfers setzt die Forstwirtschaft unter Druck.

Im letzten Jahr haben wir mit dem aufgelegten Waldfonds 350 Millionen Euro zur Ver­fügung gestellt, die maßgeblich in die Aufforstung gehen sollen. Diesen Weg gehen wir auch mit diesem Budget konsequent weiter, um unsere natürliche Klimaanlage, aber auch die regionalen Wirtschaftskreisläufe, die durch den Werkstoff Holz entstehen, zu­kunftsfähig zu machen. Wir planen eine große Holzbauoffensive, im Zuge derer wir Holz auch in öffentlichen Gebäuden viel stärker als Baustoff einbringen wollen, und wir setzen da für die Zukunft ganz zentral auf das Thema Forschung.

In meiner Zuständigkeit ist auch die Wasserwirtschaft ein ganz zentraler und großer Schwerpunkt. Es geht um die Trinkwasserversorgung, die in Österreich eine außeror­dentliche Qualität hat und auch in Zukunft haben wird. Auch der Bereich der Abwas­serreinigung ist für die Daseinsversorgung zentral und funktioniert vor allem in der Zu­sammenarbeit mit unseren Städten und Gemeinden. Nicht zuletzt sind es auch die Seen mit Trinkwasserqualität, die in Österreich für den Tourismus eine ganz besonders wich­tige Rolle spielen und Qualität haben.


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Damit bin ich auch schon beim Thema Tourismus und damit bei jener Branche, die von der Coronapandemie am allerhärtesten getroffen wurde. Wir setzen im nächsten Budget maßgebliche Akzente, zum Beispiel in der gewerblichen Tourismusförderung, mit vielen Programmen, die wir umzusetzen versuchen. Zum Thema Wirtschaftshilfen, das ange­sprochen worden ist, darf ich die Damen und Herren Abgeordneten zum Nationalrat bitten, anzuerkennen, dass vieles im Bereich der Wirtschaftshilfen, die wir zur Verfügung stellen, aus dem Finanzministerium, aus dem Coronahilfsfonds finanziert wird und sich nicht im Budget des Tourismusministeriums findet – das nur der Ordnung halber.

In unsere Zuständigkeit fällt auch das Thema Bergbau. Da werden wir einen ganz gro­ßen Schwerpunkt in Richtung Digitalisierung setzen. Die Versorgung mit Rohstoffen wird immer wichtiger. Schauen wir uns nur an, was es alles an Rohstoffen brauchen wird, um das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz wirklich umzusetzen! Für Windkraftanlagen, die aus Stahl bestehen, für Fotovoltaikanlagen und vieles andere mehr brauchen wir Rohstoffe und diese wollen wir natürlich zu einem sehr hohen Ausmaß in Österreich selbst her­stellen.

Der Breitbandausbau ist ein weiteres ganz, ganz zentrales Thema. Das gilt natürlich für Stadt und Land gleichermaßen, was wir vonseiten der öffentlichen Hand ganz klar prio­risieren ist aber der flächendeckende Ausbau und diesbezüglich sehen wir vor allem unterversorgte Regionen und Gemeinden als große Priorität an. Das Budget deckt auch das ab und eine wirklich gute Nachricht ist dabei die langfristige Perspektive: Bis zum Jahr 2026 stehen uns 1,4 Milliarden Euro für den Breitbandausbau in Österreich zur Verfügung. (Beifall bei der ÖVP.)

Um das Ganze abzurunden: Auch der Schutz vor Naturgefahren ist ein großer, wichtiger Schwerpunkt. Wie die letzten Jahre gezeigt haben, ist der Wildbach- und Lawinenver­bauung große Priorität einzuräumen. Das deckt sich auch mit unseren Budgetzahlen und wir werden das in Zukunft gemeinsam mit den Bundesländern intensiv vorantreiben.

Zu guter Letzt: Der Budgetvoranschlag des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Re­gionen und Tourismus für 2022 sieht Ausgaben von rund 3,37 Milliarden Euro vor. Das ist im Vergleich zum Vorjahr eine maßgebliche Steigerung. Es ist ein ganz wichtiges Signal für den ländlichen Raum, es ist ein ganz wichtiges Signal für den Tourismus, für die Gastronomie und für den Breitbandausbau. Wir werden damit die wesentlichen Ziele erreichen können. – Sehr geehrte Damen und Herren, vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Neßler.)

15.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Berlakovich. – Bitte.


15.40.01

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Die Europäische Kommission hat den Green Deal verabschie­det. Der Green Deal ist ein Programm der Europäischen Kommission, das dem Klima­schutz und der Umweltzerstörung Rechnung tragen soll und das die Gesellschaft und die Wirtschaft in Richtung einer nachhaltigen, klimafreundlichen Wirtschaftsweise um­wandeln soll. – So weit, so ehrenvoll, aber ich glaube, es ist notwendig, dass man sich kritisch mit diesem Green Deal auseinandersetzt. Das ist heute schon angesprochen worden.

Wenn beispielsweise für die Landwirtschaft Ziele vorgegeben werden, dass Pflanzen­schutz und Düngung im großen Ausmaß reduziert werden sollen, so ist das grundsätz­lich positiv. Das kostet die Bauern viel Geld. Je weniger man einsetzt, umso besser ist es – nun, spät, aber doch, hat die Europäische Kommission eine Folgenabschätzung gemacht und bekannt gegeben: Wenn ihr Green Deal umgesetzt wird, werden in Europa


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die Lebensmittelpreise steigen, die Bauern werden an Einkommen verlieren und wir wer­den in Europa nicht mehr so viele Lebensmittel erzeugen können, sondern diese aus anderen Regionen der Welt importieren müssen.

Ich finde, das muss man kritisch hinterfragen. Zuletzt wurde diese Folgenabschätzung präsentiert, und ich glaube, das widerstrebt der Gesellschaft – denn gerade Corona hat mit sich gebracht, dass die Menschen in Österreich und auch in Europa mehr regionale Lebensmittel wollen, und dass wir darüber diskutieren, mehr Lebensmittel, mehr Medi­kamente, mehr Selbstversorgung in Europa zu haben. Das ist der richtige Weg.

Ich glaube, dass eine der großen Herausforderungen in Zukunft ist, wie wir in Europa die Ernährung für die Menschen sichern – Ernährung mit österreichischen und europäi­schen Lebensmitteln, die natürlich nachhaltig und klimafreundlich erzeugt werden und in Einklang mit der Natur stehen. Weniger Pflanzenschutz und weniger Düngung heißt nicht automatisch mehr Biodiversität. Es gibt eine Reihe von wissenschaftlichen Studien, die das kritisch beleuchten, und ich bin sehr dafür, dass wir dieses Spannungsfeld ge­meinsam mit der Wissenschaft besprechen: Wie können wir die heimische Ernährung sichern und gleichzeitig die Biodiversität schützen sowie als Land und als Kontinent unabhängig werden? Insofern stehe ich dem Green Deal kritisch gegenüber – noch dazu, wenn derzeit durch den Green Deal die Atomkraft plötzlich als erneuerbare Ener­gie dargestellt wird. Wir brauchen also diese kritische Auseinandersetzung.

Daher komme ich auch zur neben der Gemeinsamen Agrarpolitik zweiten Säule dieser gemeinsamen Politiken: der europäischen Regionalpolitik, deren Ziel in der Vergangen­heit und auch heute ist, dass wir schwächere Regionen wirtschaftlich an das Niveau der stärkeren Regionen heranholen und damit den sozialen, wirtschaftlichen und gesell­schaftlichen Zusammenhalt stärken. Diese erfolgreichen Programme werden weiterge­führt. Da hat Ministerin Köstinger sehr gut verhandelt, weil es solide Finanzmittel für den Europäischen Regionalfonds, den Sozialfonds, den Landwirtschaftsfonds und auch für den Übergangsfonds in Richtung einer klimafreundlichen Wirtschaft gibt.

Ich halte das für sehr zentral, denn Österreich hat davon profitiert. Seit dem EU-Beitritt wurden hierzulande 31 Milliarden Euro investiert und 850 000 Arbeitsplätze geschaffen. Das Burgenland, das damals eine derartig benachteiligte Region war, wurde Ziel-1-Ge­biet, es wurden insgesamt 5,2 Milliarden Euro an Investitionen getätigt und 35 000 Ar­beitsplätze geschaffen. Das Burgenland, das einen Aufholprozess hatte, ist um 13 Pro­zent stärker gewachsen als andere Bundesländer. Das heißt, die Regionalpolitik hat einen Sinn und eine Wirkung gehabt.

Wenn wir heuer 100 Jahre Burgenland feiern, dann können wir festhalten, dass das Bur­genland strukturell benachteiligt war und den Aufholprozess geschafft hat. Darauf kön­nen wir stolz sein, weil das eine gemeinsame Anstrengung war. Die Bundesregierung und das Parlament sind aktiv geworden. Meiner Meinung nach ist das Gemeindepaket mit 2,5 Milliarden Euro auch ein wichtiger Teil einer Regionalpolitik, die unterstützen soll. Der Breitbandausbau wurde erwähnt, er hilft den Regionen.

Letztendlich meine ich auch, dass die ökosoziale Steuerreform ein Impuls für eine re­gionale Entwicklung ist, weil sie gerade auch periphere Regionen besonders unterstüt­zen soll. In diesem Sinn werden wir diesem Budget zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Erasim. – Bitte sehr.


15.44.26

Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Frau Ministerin! Wenn man heute hier mit stolz geschwellter Brust als


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Tourismusministerin irgendetwas verkündet, kann man sich wirklich teilweise selber schon nicht mehr spüren (Abg. Prinz: Na, na, na!) – das ist ein wirklicher Skandal! (Bei­fall bei der SPÖ.)

Schön, dass Sie zumindest heute anwesend sind, denn gestern bei der Dringlichen An­frage zum Coronachaos haben Sie sich ja, wie so oft, davor gedrückt (Zwischenruf bei der ÖVP), hier Verantwortung zu übernehmen (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) – auch für die aktuellen Reisewarnungen, die einen Wintertourismus so gut wie verun­möglichen. Ergebnislos, skandalös und realitätsfern – das sind die Worte, die mir unzäh­lige Unternehmerinnen und Unternehmer aus der Gastro- und Tourismusbranche über Sie und die aktuelle Coronasituation mit großer Verzweiflung sagen. (Abg. Baumgart­ner: ... unterwegs?)

Da Sie uns während der Budgetdebatte keine Auskunft über konkrete, bitter notwendige Maßnahmen und Coronahilfen geben konnten, haben wir uns gedacht: Na, vielleicht erfahren wir über die OTS irgendetwas Neues. Mit Entsetzen habe ich festgestellt: Das Einzige, was Ihnen am heutigen Tag einfällt, während der ganze Wintertourismus zu Grabe getragen wird, ist: „Neue Stammsaisonier-Regelung schafft Planungssicherheit für Tourismus“. – Für welchen Tourismus denn, Frau Ministerin? (Zwischenruf der Abg. Salzmann.) Sie können sich ja selbst schon gar nicht mehr ernst nehmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wenn man sich in einer Wirtschaftsregion befindet, in der 500 Millionen Menschen leben, in der es Länder gibt, in denen die Jugendarbeitslosigkeit über 25 Prozent beträgt, kann das die Lösung von allem sein? – Ja verstehen Sie nicht, dass es in dieser Branche ein Bezahlungs- und Ausbildungsproblem gibt und das nur ein bisschen Schminke auf großen Problemen ist? Tausende stehen vor den Scherben ihrer Existenz. (Abg. Bela­kowitsch: ... Anspielung?)

Wenn man nach der Verlängerung des Härtefallfonds fragt, geben Sie drei Antworten. Antwort eins – und ich bedanke mich ganz herzlich bei Ihnen, dass Sie das soeben wie­derholt haben –: Ich bin nicht zuständig. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Köstinger.) Nun erkläre ich Ihnen etwas: Es gibt so etwas, das heißt Handy. Da kann man nicht nur Whatsapps schreiben, sondern da kann man auch andere Minister anrufen und sich akkordieren. (Ruf bei der ÖVP: Bist du narrisch!) Dann gibt es Laptops – wenn man sie nicht im Wagerl spazieren führt, kann man E-Mails schreiben und sich akkordie­ren. – Alles anscheinend nicht gemacht! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die zweite Antwort ist: Die EU muss das noch genehmigen. Bis Ende des Jahres ist die Verlängerung des Härtefallfonds ohne zusätzliche Genehmigung absolut möglich.

Die dritte Antwort ist: unvorhersehbar. Jeder renommierte Wissenschaftler dieses Lan­des hat exakter als jede Dreitageswetterprognose vorhergesagt, dass wir Ende Novem­ber mit bis zu 15 000 Infizierten rechnen müssen. Sie haben nichts gemacht. Bitte wer­den Sie munter und fahren Sie nicht weiter dieses Land mitsamt seinen fleißigen Unter­nehmerinnen und Unternehmern an die Wand! (Beifall bei der SPÖ.)

Ihre eigenen Unterstützer wenden sich kopfschüttelnd von Ihnen ab. Die ÖHV zeigt sich fassungslos. (Abg. Michael Hammer: Ja, über Ihre Rede sind wir fassungslos!) Es man­gelt an allem. Nun können Sie mir nicht sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die Österreichische Hoteliervereinigung eine Nebenorganisation der SPÖ ist! So weit wollen wir doch wirklich nicht kommen. (Beifall bei der SPÖ.)

All Ihre Versprechen sind keinen Cent wert. (Abg. Michael Hammer: .... Wurmmittel!) Selbst wenn nun wieder Milliardenhilfspakete geschnürt werden, denen wir werden zu­stimmen müssen, weil ja die Leute nichts dafür können, ist jeder Cent, der ausgeschüttet werden müssen wird, ein Beweis für Ihr unfassbares Versagen, Frau Ministerin. Pla­nungssicherheit ist ein Wort, das Sie anscheinend nicht kennen. Sie zerstören mit Ihrem


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Missmanagement ganze Existenzen. Wenn Sie Charakter haben, machen Sie den Weg für jemanden frei (Zwischenruf bei der ÖVP), der es kann! Sie haben Österreich schon genug angetan. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stammler. (Abg. Michael Hammer: Jetzt wissen wir, warum Sie nicht aufgestellt sind! – Ruf bei der ÖVP – in Richtung SPÖ –: Schämts euch, da drüben! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)


15.48.56

Abgeordneter Clemens Stammler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministe­rin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wie man es in der Debatte bisher schon hat vernehmen können, ist das alles bestimmende Thema die Gemeinsame Agrarpolitik in Europa beziehungsweise die nationale Ausgestaltung dieser ab 2023. Über 1 607 Mil­lionen Euro aus dem nationalen Haushalt fließen jährlich in die Förderkulisse der GAP. Das hört sich nach viel an, zumal es von der Europäischen Union auch noch verdoppelt wird. Dennoch haben sich die Auszahlungsbeträge eigentlich seit der Einführung bezie­hungsweise seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union kaum verändert. Nicht nur diese Auszahlungsbeträge, sondern auch die Lebensmittelpreise haben sich in die­ser Zeit kaum verändert.

Es gibt wohl keine andere Branche, in der die kalte Progression so hart zugeschlagen hat wie in der Landwirtschaft. Die kalte Progression auf der einen Seite, die Hitzetage auf der anderen Seite – die abgelaufene Saison hat einen traurigen Rekord aufgestellt: Dürre, Hagel und Überflutungen haben Schäden in unfassbarer Höhe angerichtet.

Die wahre Bedrohung für uns Bäuerinnen und Bauern, Kollege Schmiedlechner, ist mit Sicherheit nicht eine Farm-to-Fork-Strategie oder höhere Umweltauflagen oder mehr Tierschutz, im Gegenteil, die reale Bedrohung für unsere Werkstatt unter freiem Himmel ist und bleibt, sofern wir nichts dagegen machen, der Klimawandel. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Erhalt unseres Naturkapitals – wie Boden, Luft und Wasser – muss oberste Priorität in allen Bereichen der Landwirtschaft haben. Wir brauchen uns schlichtweg keine Ge­danken mehr über unsere bäuerlichen Strukturen zu machen, wenn die Dreifelderwirt­schaft der Zukunft heißt: verdorrt, verschlammt, zubetoniert.

Statt ein System zu verteidigen, das bisher nur den Strukturwandel vorangetrieben hat und uns seit Jahrzehnten über 3 000 Arbeitsplätze jährlich im ländlichen Raum weg­nimmt, brauchen wir einen Masterplan Landwirtschaft, einen mit der Gesellschaft ak­kordierten Fahrplan, der nicht nur unser Naturkapital Boden, sondern auch unser Natur­kapital Bäuerin und Bauer in eine Zukunft führt.

Ich sehe die Dörfer, in denen der größte Bauer die Flächen seiner ehemaligen fünf Kol­leginnen und Kollegen pachtet und bewirtschaftet, ja jetzt schon. Die Folge ist nicht nur eine Abwanderung der Menschen aus den ländlichen Regionen, die Folge sind fünf Streuobstgärten weniger, da ein Hof sie ganz einfach nicht mehr allein bewirtschaften kann. Fünf Streuobstgärten weniger bedeutet: Tausende Insekten und Bestäuber weni­ger, damit unzählige Singvögel weniger und so weiter und so fort. Es kann in einem Umweltprogramm drinnen stehen, was will, wenn niemand mehr draußen ist, dieses um­zusetzen, haben wir nichts davon. (Beifall bei den Grünen.)

Deshalb ersuche ich Sie, Frau Minister, im Sinne von uns allen: Sorgen Sie für eine Umschichtung der Fördermittel hin zu den noch vorhandenen kleinstrukturierten Betrie­ben. So wie für die Wirtschaft die KMUs das Rückgrat darstellen, so sind es die kleinräu­migen Strukturen in der Landbewirtschaftung. Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.52



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hauser. – Bitte.


15.52.54

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Ich habe mich gestern (Abg. Stögmüller: Wo sind denn die ...?) – vermisst du schon etwas? – beim Kapitel Wirtschaft ausreichend zum Thema Tourismus geäußert, weil ich heute zum Thema Landwirtschaft reden will. Ich bedauere aber die desaströse Entwicklung für den österreichischen Tourismus nach dem von der Regierung verordneten Dauerlockdown des letzten Jahres sehr. (Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller.)

Seit 2. November des letzten Jahres erfährt der österreichische Tourismus leider Gottes wieder ein Desaster, weil die Regierung seit Monaten die falsche Politik betreibt. Ich erinnere nur an die Aussprache mit den Tourismussprechern der anderen Parteien. Ich habe vor einem Monat eindringlich darauf hingewiesen, dass diese Coronapolitik der Regierung scheitern wird. Ich habe seit September darauf hingewiesen, dass die Coro­napolitik der Regierung falsch ist. Gegen ungeimpfte Personen zu hetzen und zu schimp­fen, ist zu wenig. (Beifall bei der FPÖ.) Sie müssen endlich akzeptieren, dass nicht die Ungeimpften das Problem sind (Zwischenruf des Abg. Obernosterer), sondern dass Ihre Politik das Problem ist und die Sache nicht regelt! Das ist wirklich ein Desaster!

Ich rede aber heute zum Thema Landwirtschaft, weil ich und weil wir wieder einmal einen Beitrag zur Rettung der Almwirtschaft im positiven Sinne leisten möchten. Es nützt das Budget in der Landwirtschaft überhaupt nichts, wenn die Wölfe die Landwirtschaft, die Almwirtschaft gefährden und entleeren. Das hilft ja nichts, wenn die Bauern nicht mehr auftreiben, wenn damit der Tourismus zu Schaden kommt und die Gesellschaft zu Scha­den kommt. Das ist ein wirkliches Desaster. Ich gebe heute der ÖVP noch einmal die Chance, ich bringe auch einen Antrag ein, einen Antrag von uns tatsächlich zu unter­stützen. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Wie schaut denn die Situation der Almwirtschaft und der Landwirtschaft aus? Eine An­fragebeantwortung von Frau Minister Gewessler, ganz aktuell, vom 18.10., sagt – auf die Frage: „Wie viele Wolfrisse gab es 2020, 2019 und 2018?“ (Zwischenruf des Abg. Hörl) –: Die Zahlen explodierten bis August: bei den Schafen von 125 auf 294, bei den Ziegen von acht auf 27, bei den Rindern von einem auf acht, also die Situation ist ein Desaster. Die Zahlen sind ja noch wesentlich höher, natürlich mit der Konsequenz, dass die Bauern die Almen nicht mehr bestellen und frühzeitig abtreiben. Wir müssen dadurch einen immensen Kulturverlust einstecken, der zuerst primär die Bauern trifft, aber natür­lich auch den Tourismus, und da müssen wir eingreifen.

Weiter in dieser Anfragebeantwortung: Wie viele Wölfe gibt es derzeit? – Die Frau Minis­ter sagt, es gibt ungefähr 40 Wölfe. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Es gibt ein Rudel in Allentsteig und es gibt herumziehende einzelne Wölfe, die tatsächlich das Problem sind. Ich frage: Na ja, was kann man denn tun, kann man möglicherweise den Schutzstatus reduzieren? Was sagt die grüne Ministerin Gewessler? – „Seitens meines Ressorts be­steht keine Absicht, vom unionsrechtlich zwingend vorgegebenen Schutzstatus [...] ab­zugehen.“

Auf meine Frage, was wir dann tun sollen, sagt die Ministerin, man könne diese Wölfe möglicherweise einzelfallbezogen entnehmen. Was bedeutet das? In Tirol gibt es ein Gremium, eine Kommission aus vier Experten. Bis die eine Entscheidung treffen, verge­hen Wochen, bis dann diese Entscheidung durch die Regierung umgesetzt wird, ver­gehen wieder Tage. Da darf dann ein Wolf entnommen werden und dann kommt die Beschwerde des WWF, der gegen diese Entnahme beruft und das Landesverwaltungs­gericht gibt dieser Beschwerde recht, es gibt also keinen Abschuss eines Problemwolfs.

Diese Politik wird scheitern! Deswegen haben wir in der Vergangenheit einen Antrag eingebracht, der von der ÖVP und von den Grünen immer wieder abgelehnt wurde, das


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müssen die Leute draußen wissen. Es ist darum gegangen ich lese vor –: „Die Bundes­regierung wird aufgefordert, notwendige Maßnahmen zu treffen, um ein aktives Wolfs­management in Österreich sowie die Entnahme von Problemwölfen (durch Änderung des Schutzstatus [...]“ von vier auf fünf „zu ermöglichen, um ein Bestehen der heimischen Almwirtschaft und Kulturlandschaft zu gewährleisten und die Sicherheit der Bevölkerung in wolfsnahen Siedlungsgebieten zu garantieren.“

Das wurde in den Ausschüssen vertagt, im Plenum abgelehnt, das hat also auch die ÖVP abgelehnt. Heute und hier bringen wir einen weiteren Entschließungsantrag ein, basierend auf dem Vorschlag des Vereins Weidezone Tirol. Ich bedanke mich beim Ob­mann Stefan Brugger und seinen Mitstreitern, die wirklich hervorragende überparteiliche Arbeit leisten.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Weidezo­ne Österreich – für den Erhalt der heimischen Kulturlandschaft und Almen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die dringend notwendigen Schritte für ein akti­ves Wolfsmanagement nach dem Vorbild von Schweden und Finnland in Österreich zu setzen.“

*****

Worum geht es da? In diesem Antrag geht es darum: Wir wollen dasselbe Recht, das es in Finnland und in Schweden gibt, wo die Rentierzucht als Kultur der traditionellen Bevölkerung der Samen  geschützt ist. Die Wölfe werden dort entnommen, damit die Rentierzucht aufrechterhalten werden kann. (Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer.)

Wir sagen, wir haben im Alpenraum seit 6 000 Jahren dieselbe Tradition. Auch wir müs­sen unsere Almen schützen. Wenn das in Finnland und Schweden möglich ist, muss das in Österreich auch möglich sein. Ich bitte um Unterstützung dieser Initiative durch das Parlament. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.58

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Peter Schmiedlechner, Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

betreffend Weidezone Österreich – für den Erhalt der heimischen Kulturlandschaft und Almen

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 4: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) (UG 42 Landwirtschaft, Regionen und Tourismus) in der 129. Sitzung des Nationalrats am 17. November 2021

„Weidezone Tirol“ – eine überparteiliche Plattform für den Erhalt der heimischen Kultur­landschaft und Almen – präsentiert auf ihrer Website1 zwei gangbare Wege hin zu einem


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aktiven Wolfsmanagement in Österreich, wie es auch die FPÖ mit mehreren Anträgen2 im Nationalrat bereits gefordert hat:

1.   Der schwedische Weg

In Schweden gibt es schon seit 1971 Rennäringslagen, das schwedische Gesetz zur Rentierwirtschaft. Die Rentierzucht wird gerade deshalb geschützt, weil sie ein wesentli­cher Teil der Kultur der Samen ist.

Zum Schutz der Rentierwirtschaft wurden einzelne Wölfe, die aus Finnland nach Nord­schweden einwandern wollten, aufgrund der Regelungen in § 25 des Rennäringslag ge­zielt entnommen. Dies führte dazu, dass die Europäische Kommission gegen Schweden wegen Verstoßes gegen die FFH-Richtlinie ein Vertragsverletzungsverfahren einleitete. Die schwedische Regierung verwies auf die besondere Situation der Samen einerseits und die bestehende Wolfs-Population in Mittelschweden andererseits. Heute ist es so, dass Wölfe, die aus Finnland kommend nach Schweden einwandern wollen, im Rahmen einer sogenannten „Schutzjagd“ entnommen werden und die EU-Kommission dagegen nichts weiter unternimmt. Daraus ergibt sich eine Möglichkeit für eine analoge Lösung in Österreich.

In Österreich gibt es – wie in Schweden – eine noch relativ geringe Zahl von Wölfen, die in Rudeln im Norden und Osten des Landes leben. Diese Rudel leben unter anderem in Truppenübungsplätzen. Nun sind diese einzelnen Rudel wohl noch keine sicher überle­bensfähige Population, aber ihr Anwachsen zu einer solchen erscheint realistisch. Dane­ben gibt es einzelne umherstreifende Wölfe im Alpenraum, die keinem Rudel angehören und auch keine Möglichkeit haben, sich einem Rudel anzuschließen, weil es solche ge­rade im österreichischen Alpenraum nicht gibt. Diese Einzelgänger sind es, welche die großen Probleme in der traditionellen Landwirtschaft verursachen. Und dies dürfte der Grund sein, weshalb die Europäische Kommission die Entnahme solcher Tiere in den Rentierhaltungsgebieten Nordeuropas duldet – in Finnland aufgrund der ausdrücklichen Ausnahme im Anhang der FFH-Richtlinie, und in Schweden aufgrund einer stillschwei­genden Übereinkunft mit der schwedischen Regierung.

Österreich könnte entsprechend dem schwedischen Modell eine interne Regelung zur Einrichtung von Schutzzonen für den Wolf einerseits und Zonen für die Weidehaltung auf den Almen andererseits treffen.

2.   Der finnische Weg

Mit Wirkung zum 01.01.1995 ist Österreich, Schweden und Finnland in die EU einge­treten. Die FFH Richtlinie wurde 1992 erlassen und war beim Beitritt von Österreich bin­dend. In Finnland gibt es schon seit 1990 ein Gesetz, mit dem die Rentierhaltungsge­biete geregelt sind. Die Rentierhaltung ist nämlich für die Kultur der Samen, der Urein­wohner Nordeuropas, von besonderer Bedeutung. Durch dieses Gesetz sollte dieses Kulturgut gesichert werden. Die Gebiete mit Wolfspopulation überschneiden sich in Finn­land teilweise mit dem Rentierhaltungsgebiet. Innerhalb des Rentierhaltungsgebietes besteht kein strenger Schutz des Wolfes nach Anhang IV zur FFH-Richtlinie; außerhalb dagegen schon.

Eine vergleichbare traditionelle Kultur stellt die Weidehaltung von Schafen und Ziegen in den Hochlagen der Ostalpen dar. Auch sie besteht schon mindestens 6000 Jahre und ist in der besonderen Form der Transhumanz sogar als immaterielles Kulturerbe in das Nationale Verzeichnis der Österreichischen UNESCO-Kommission aufgenommen wor­den. Anders als die Rentierhaltung in Finnland wird die Weidehaltung von Schafen und Ziegen in den Ostalpen sogar nach wie vor im Wesentlichen durch die angestammte Bevölkerung betrieben. Bei Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes spricht deshalb viel dafür, den Weidegebieten der Ostalpen einen ähnlichen Ausnahmestatus wie den finnischen Rentierhaltungsgebieten zu gewähren.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 428

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die dringend notwendigen Schritte für ein akti­ves Wolfsmanagement nach dem Vorbild von Schweden und Finnland in Österreich zu setzen.“

1         www.weidezone.tirol

2         Änderung der FFH-Richtlinien zur Sicherung der heimischen Almwirtschaft (www.par­lament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_00825/index.shtml), Bevölkerungsschutz in wolfs­nahen Siedlungs-gebieten durch Anpassung der FFH-Richtlinie (www.parlament.gv.at/
PAKT/VHG/XXVII/A/A_01768/index.shtml) und Steigerung der Wolfrisse um +53%: Es wird Zeit zu handeln! (www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_01915/in­dex.shtml)

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung, da er auch ordnungsgemäß eingebracht worden ist.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Obernosterer. – Bitte sehr.


15.58.45

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Liebe Frau Kollegin von der SPÖ! Wenn ich etwas im Leben weiß, das getraue ich mich laut zu sagen, dann ist es, wie der Tourismus funktioniert und wie man ein Budget macht. Ihr Redebeitrag - - (Zwischenruf der Abg. Erasim.) – Nein, die tut nicht weh, das muss Ihnen wehtun und denen wehtun, die Ihnen zugehört haben, das sage ich auch ganz klar dazu (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Erasim), denn Sie ha­ben null Ahnung davon. Entschuldigung, dass ich das einfach sage. (Beifall bei der ÖVP.)

Fragen Sie einmal die Touristiker, welche Programme die Frau Bundesministerin mit dem Finanzminister und dieser Regierung aufgestellt hat. Geht hinaus in die Tourismus­betriebe und fragt sie einmal, ob sie zufrieden oder nicht zufrieden waren. Diese Re­gierung und unsere Frau Bundesminister Köstinger haben die Tourismuswirtschaft wirk­lich durch die Krise getragen.

Ich sage euch noch etwas dazu, was Verantwortung ist, weil das immer wieder gesagt wird. (Abg. Erasim: Zu Grabe getragen!) – Das stimmt nicht! Die Situation ist momentan sehr ernst (Zwischenrufe bei der SPÖ), ich kenne das auch selbst. Hören Sie mir zu! Die Situation ist zu ernst, um da ein Showprogramm abzuziehen.

5 Milliarden Euro sind in der Ermächtigung im Budget drinnen, das wisst ihr genau. Alle Hilfsprogramme des letzten Jahres brauchen wir nicht neu aufzusetzen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch. Also eines erwarte ich mir auch von einer Dame: Wenn eine Dame spricht, lasse ich sie ausreden. (Abg. Belakowitsch: Sie sind ja keine Dame, Herr Kollege!) Und von Ihnen: Wenn ein Herr spricht, lassen Sie auch den Herrn aussprechen im Sinne der Gleichberechtigung. Das sage ich auch ganz klar dazu. (Beifall und Bra­vorufe bei der ÖVP.)

Die Programme für die Tourismuswirtschaft stehen. Und sollte wirklich etwas kommen, was wir heute noch nicht abschätzen können, sodass der Tourismus wieder in solch eine


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Krise hineinkommt, dann muss man diese Programme nur aus der Schublade heraus­holen. Budgetär ist das in der Ermächtigung drinnen. Diese Regierung ist nicht planlos.

Herr Kollege Hauser, Ihnen sage ich eines: Sie sind Tourismussprecher der Freiheitli­chen Partei und Vorsitzender unseres Tourismusausschusses. Ich lese Ihnen jetzt etwas vor, denn mir glauben Sie es ohnehin nicht: „Massiv zur katastrophalen Situation trage die FPÖ mit ihrer billigen Agitation bei [...]. ,Die Partei hat nichts Besseres zu tun, als die Impfmoral aus politischem Kalkül zu untergraben und der Regierung dabei zuzusehen, wie sie ihre Energie in die Reparatur dieser Sabotage steckt. [...]ʻ Selbst massiv am zweiten Totalschaden der Wintersaison in Folge mitzuwirken und den anderen die Schuld dafür zuschieben sei verantwortungslos.“ (Abg. Belakowitsch: Ist das die ÖVP-Parteizeitung? – Ruf bei der FPÖ: Wer hat das geschrieben? – Abg. Belakowitsch: Die ÖVP-Parteizeitung! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Das ist nicht von mir, das ist aus einer Aussendung der Österreichischen Hoteliervereinigung. Nehmt das einmal zur Kenntnis! Helft dem Tourismus und schadet ihm nicht! Das ist politische Verantwor­tung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter, Entschul­digung, Frau Abgeordnete Doppelbauer. Ich war jetzt überrascht, dass Herr Abgeordne­ter Obernosterer so schnell fertig war. – Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.


16.02.11

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen, werte Zuseher! Ich möchte mich jetzt nicht an der Diskussion betei­ligen, was beim Tourismus gerade gut läuft oder nicht gut läuft. Ich glaube, die Fakten liegen auf dem Tisch und die Unternehmerinnen und Unternehmer hätten sich mehr Klarheit und vor allem auch sehr viel mehr Vorbereitung gewünscht. – Es wäre ver­meidbar gewesen.

Was auch vermeidbar gewesen wäre, ist, hier wieder ein Budget für die Landwirtschaft vorzulegen, auf die ich jetzt kurz eingehen möchte, das eben wieder deutlich uninspiriert ist und ein bisschen dahingewurstelt.

Ich weiß, viele von Ihnen beschäftigen sich nicht tagtäglich mit Landwirtschaft, kommen aus einem anderen Bereich. Ich habe auch unterschiedliche Zirkel, in denen ich mich bewege, nicht nur das bäuerliche Umfeld. Wenn man in anderen Zirkeln redet und diskutiert und man auf die Landwirtschaft zu sprechen kommt, dann heißt es halt immer: Na ja, es sind 2 Prozent, whatever, ja, das ist jetzt nicht so dramatisch. Dem möchte ich mich wirklich ganz, ganz bewusst entgegenstellen. Es ist nicht wurscht. Es sind eben nicht nur diese 2 Prozent, sondern es ist wirklich ein volkswirtschaftlicher Schlüsselsek­tor, und das müssen wir ernst nehmen.

Es braucht da wirklich ein ganz großes Denken und eine ganz große Vision für die Zu­kunft. Es geht nicht nur um die Unternehmerinnen und Unternehmer, die in der Land­wirtschaft tätig sind, sondern es geht um unsere Nahrungsmittelproduktion, und es geht noch um viel mehr. Es geht um den Klimawandel mit all seinen Auswirkungen, die auf uns zukommen werden, und natürlich geht es auch um die Landschaft, und damit sind wir dann auch wieder beim Tourismus.

Deswegen sage ich, wir müssen dieses Thema wirklich sehr, sehr ernst nehmen. Und deswegen tut es mir leid, und damit komme ich schon zum Budget, dass auch in diesem Budget keine Zukunft drinnen ist. Es steht zwar überall Zukunft drauf, aber sie ist einfach nicht drinnen. Eine der ganz, ganz großen und wichtigen Fragen, die beantwortet gehö­ren, ist: Was ist Ihre Vision, Frau Bundesministerin, wo soll die Landwirtschaft in 20 Jah­ren stehen, und vor allem, wie soll sie sich dorthin entwickeln?


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Genau um diese Antwort drücken Sie sich halt einfach schon seit Jahren herum. Dazu gibt es nichts, wenn man sich das Budget anschaut. Da gibt es eben dieses Weiter­wursteln, das man auch im Budget so gut sehen kann. Ganz klar: Wenn man nicht weiß, wohin man will, dann macht man halt das ein bisschen weiter, was man schon immer gemacht hat, und es wird halt nicht besser.

Die Fragen, die man stellen müsste, stellen sich die Bauern jeden Tag. Die fragen sich nämlich: Wovon sollen wir denn leben? Das ist die zentrale Frage in diesem Bereich. Was machen wir in fünf Jahren, was machen wir in zehn Jahren, was machen wir in 15 Jahren? Es gibt einen globalen Markt, auf dem sich der österreichische Landwirt mit seinen Produkten tummelt. Das ist schön und gut für die Konsumenten, teilweise auch für den Handel, aber es ist für den Bauern, der einfach Produktionskosten hat, die sehr, sehr viel höher liegen als in anderen Ländern, ohne Fördersystem einfach nicht stemm­bar. Das ist einfach eine Tatsache. Man muss sich einfach auch einmal hinstellen und in aller Ehrlichkeit sagen: Die österreichische Landwirtschaft ist nicht wettbewerbsfähig und sie wird es auch in Zukunft nicht sein.

Deswegen sage ich: Es braucht eine Vision, es braucht große Antworten. Wohin wollen wir mit der Landwirtschaft? Der Markt wird es nicht regeln. Wir haben dafür viele Vor­schläge auf den Tisch gelegt. Das wird durchaus wohlwollend auf den Sankt-Nimmer­leins-Tag vertagt; angenommen wird hier jedenfalls nicht viel davon.

Es braucht in Wahrheit einfach Lösungen für drei große Bereiche, die man sich drin­gendst anschauen muss. Ich werde Sie da nicht in Ruhe lassen. Es braucht noch viel mehr, aber damit würde ich persönlich einmal anfangen. Das beginnt mit dem Förder­system. Mit dem muss man weg von der Menge und hin zur Qualität gehen. Alles andere macht in Österreich einfach null Sinn.

Wir müssen auch damit anfangen, den Leistungskatalog umzubauen. Es geht um die Frage: Welche Leistungen erbringt denn die Landwirtschaft? Dazu braucht es dann ei­nen ganz klaren Katalog mit den Kosten dahinter. Dann ist der Bauer nämlich nicht mehr der Bittsteller, sondern der, der kommt und sagt: Das ist meine Leistung, die ich für die Gesellschaft erbracht habe, und das ist die Abgeltung dafür. So sollte das aus meiner Sicht ausschauen. Wir müssen dafür klarerweise die Rahmenbedingungen schaffen; und es braucht einfach Entbürokratisierung.

Als dritter Punkt wäre mir der Versuch ganz wichtig, neue Einkommensquellen für die Landwirtschaft zu schaffen. Und es klopft so laut an, dass man es eigentlich gar nicht überhören kann, aber Sie tun es leider trotzdem: Die Energieerzeugung wäre ein Rie­senbereich, eine Riesenchance für die Bauern, aber auch da wird blockiert, vor allem auch vom Bauernbund, wie ich höre.

Lassen Sie mich mit Folgendem schließen: Josef Riegler hat 1986 die ökosoziale Markt­wirtschaft gebaut, geprägt, präsentiert und ins Land hineingetragen. 1987 ist er Land­wirtschaftsminister geworden. Daran sieht man: Damals waren in der ÖVP Visionen of­fenbar noch erlaubt, ja sogar erwünscht. (Abg. Sieber: Auch heute!) Er wurde sogar Bundesparteiobmann und Vizekanzler. Das ist heute offenbar nicht mehr erwünscht und auch nicht mehr erlaubt; zumindest wird es nicht gemacht. Ich finde das sehr schade. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

16.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Neßler. – Bitte sehr.


16.07.39

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Ministerin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Wir schreiben nun das Jahr


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zwei, in dem das Budget von zwei wesentlichen, großen Krisen beherrscht wird, der Pandemie und der Klimakrise. In Glasgow ist gerade die UN-Klimakonferenz zu Ende gegangen, und wir wissen, dass das Ergebnis sehr mager, wenn nicht enttäuschend ausgefallen ist. Dennoch oder gerade deshalb müssen wir unsere Anstrengungen fort­setzen beziehungsweise unsere Anstrengungen eigentlich sogar intensivieren, damit wir die Pariser Klimaziele erreichen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich betone das hier nicht zum ersten Mal: Gerade der Tourismus ist massiv von der Klimakrise betroffen. Wir wissen, welche Bedeutung der Tourismus wirtschaftlich für uns hat. Er ist massiv von der Klimakrise betroffen und wird es in den kommenden Jahren noch viel, viel mehr werden. Wer das jetzt ignoriert, wird zu den Verlierern zählen.

Deshalb ist jede Investition in Klimaschutzmaßnahmen auch eine Investition in den Wei­terbestand des Tourismus. Um ein paar Beispiele zu nennen: Gerade Tourismusbetriebe haben durch die ökosoziale Steuerreform mit den Direktmaßnahmen sauberes Heizen und thermische Sanierung profitiert. Das kommt natürlich unseren touristischen Betriebe zugute, den Hotels et cetera. Der Umstieg auf nachhaltige Mobilität ist eine große Chan­ce für unseren Tourismus, speziell für den Inlandstourismus.

Eine Maßnahme, die in diesem Zusammenhang noch kaum besprochen wurde, ist das Klimaticket. Es führt dazu, dass man am Wochenende viel mehr dazu animiert wird, ir­gendwohin zu fahren, und das kommt gerade dem heimischen Tourismus zugute.

Ich bin überzeugt, dass Betriebe, die eine gute Anreise und eine gute Abreise schaffen – Stichwort die ersten und letzten Kilometer –, wenn sie es schaffen, dass sie sich auf das potenzielle Klientel einlassen und spezielle Klimaticketpackages erarbeiten, noch mehr davon profitieren werden. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Zusammen mit dem wirklich ambitionierten Ausbauprogramm für die Öffis wird das eine Schiene in eine nachhaltige Zukunft für unseren Tourismus sein. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn wir einen nachhaltigen, zukunftsfitten, aber auch sozialen Tourismus wollen, dann müssen wir die Bundesförderung anpassen, oder – ich formuliere anders –: Wir haben im Tourismus viele Herausforderungen und im Wesentlichen, im Endeffekt haben wir zwei Möglichkeiten. Entweder wir stampfen jetzt bei krisenhaften Ereignissen immer wie­der irgendwelche Notfalllösungen aus dem Boden oder wir könnten jetzt schon voraus­schauend sein und eine positive Zukunft gestalten, denn die Veränderung kommt so oder so (Zwischenruf bei der FPÖ), die Frage wird nur sein, was wir daraus machen.

Wenn ich von einem nachhaltigen Tourismus spreche, dann geht es nicht darum, dass alle Ökos werden müssen – keine Angst, Herr Kollege Hörl (Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen) –, es geht darum, dass wir unsere eigene Geschäftsgrundlage nicht zer­stören und dass wir mit grünen Ideen für die Zukunft schwarze Zahlen schreiben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zu Kollegen Hauser – er ist gerade nicht da (Zwischenruf des Abg. Schallmeiner) –: Ich habe versucht, Ihnen heute zuzuhören, und auch gestern, als Sie zum Tourismus – ah, da ist Kollege Hauser! – gesprochen haben. Ich habe wirklich versucht, zuzuhören. Ich stelle mir aber schon die Frage: Wohin geht die Tourismuspolitik bei der FPÖ aktuell? – Einerseits soll die Wintersaison stattfinden, andererseits wollen Sie keine Coronamaß­nahmen.

Da frage ich mich schon: In welcher Welt soll sich das ausgehen?, und vor allem: Was wollen Sie den Touristen und Touristinnen denn bieten? – Im Endeffekt wäre das nur ein: I will survive im Durchseuchungsgebiet mit all-inclusive, mit den Triagen vor den Landeskrankenhäusern, vielleicht noch als Give-away ein Entwurmungsmittel und eine Tourismuskampagne, die Sie dann Highway to Hell nennen können, aber mehr geht sich da nicht aus. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Hörl.)


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Jetzt aber wirklich zum Wintertourismus: Ich glaube, niemand hat aktuell oder generell Interesse daran – davon gehe ich jetzt einmal aus –, dass diese Saison zum zweiten Mal gekübelt wird. Wer aber will, dass eine Winterliebe – so heißt die aktuelle Tourismus­kampagne – kein Winterflop wird, muss dafür Sorge tragen, dass wir die Infektionszahlen herunterbekommen, und zwar deutlich, und da müssen wir auch auf die Experten und Expertinnen hören. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Mir geht es aber, und das sage ich sehr deutlich zum Schluss, ohnehin zuallererst um die Gesundheit der Menschen. Das war einmal unsere gemeinsame Prämisse. Dort müssen wir wieder hinkommen, und zwar alle gemeinsam und möglichst rasch. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Ruf bei den Grünen: Eine sehr gute Rede!)

16.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Köchl. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


16.13.38

Abgeordneter Klaus Köchl (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minis­ter! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Schmuckenschlager hat als einer der ers­ten von der ÖVP zur Landwirtschaft gesprochen und gesagt, dass ein Bauer mit 20 Hektar in Österreich sehr gut leben kann. Wenn jetzt danach noch zehn Kollegen von der ÖVP herauskommen, um über die Landwirtschaft zu reden (Abg. Prinz: Das hat er so nicht gesagt!), entspricht das in etwa der Zahl (Zwischenruf des Abg. Berlakovich) der landwirtschaftlichen Betriebe im Vollerwerb in Österreich, die zusperren müssen. Ich nehme also zur Kenntnis, die ÖVP bringt pro Betrieb, der zusperrt, einen Abgeordneten zum Reden heraus. Das ist keine Landwirtschaftspolitik, meine Herrschaften. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist keine Landwirtschaftspolitik: Liebe Frau Minister, wenn du im Wahlkampf in Kärn­ten auftrittst, bist du die Kämpferin für die kleinen bäuerlichen Familienbetriebe. (Abg. Hörl: Ist sie auch! – Abg. Salzmann: Ist sie auch!) Ich glaube dir auch, dass du dafür kämpfst und dass du das auch machst, aber wenn du in Österreich die Agrarpolitik machst und wenn du dann die Politik in der EU machst, dann ist das ganz unterschiedlich und anders.

In Österreich ist da schon mehr Agrarindustrie und in der EU wird genau das Gegenteil von dem abgestimmt (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Köstinger), was für unsere Betriebe irrsinnig wichtig wäre (Ruf bei der ÖVP: So ein Blödsinn, das stimmt überhaupt nicht!), nämlich dass man hergeht und sagt, die 20 Hektar verdoppelt man für die kleinen Bauern – zum Beispiel bei diesen GAP-Verordnungen –, das macht man so, und erst dann gibt man die Förderung. (Bundesministerin Köstinger: Das machen wir ja!)

In der Agrarindustrie werden keine Kontrollen gemacht. Da ist wohl ein Gesetz – das ist hergerichtet worden –, aber es wird ja nicht kontrolliert. (Ruf bei der ÖVP: Das ist ein Unsinn!) – Das wird nicht kontrolliert. Ich bin der Meinung (Abg. Berlakovich: Das stimmt ja nicht! Das stimmt ja nicht, was Sie behaupten!), es sollen nur diejenigen eine Agrarförderung kriegen, die auch einer Kontrolle unterzogen worden sind. Dann wird es da natürlich die Wahrheit geben und wird das ganz einfach passen. (Beifall bei Abge­ordneten der SPÖ. – Abg. Pfurtscheller: Da klatscht nicht einmal die SPÖ!)

Wir sollten auch hergehen und das wirklich genau anschauen. Man kann ja nicht einfach Leute nach Österreich bringen und sagen: Gut, die müssen nicht dieselben sozialen Standards wie wir haben oder nicht dieselben Arbeitslöhne erreichen können. – Das, glaube ich, passt nicht: So wird die Landwirtschaft nie funktionieren.


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Ich nehme wirklich zur Kenntnis, dass für jeden Bauer, der in Österreich im Vollerwerb zusperrt, heute ein ÖVP-Mandatar herauskommt und spricht. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Schmiedlechner.)

16.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Himmel­bauer. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


16.16.09

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesmi­nisterin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Das Kapitel Landwirtschaft, Regionen und Tourismus beinhaltet für mich als Telekommunikations­sprecherin einen ganz wesentlichen Budgetposten und, wie ich glaube, gerade auch einen wichtigen Posten für den ländlichen Raum. Das betrifft nämlich die Breitbandför­derung.

Ich glaube, es ist müßig, über die Wichtigkeit und die Dringlichkeit des Breitbandausbaus zu sprechen. Inzwischen – spätestens seit Corona, Homeschooling, Homeoffice – ist es bekannt und anerkannt. Deswegen ist auch die Unterstützung für den Breitbandausbau ein sehr wichtiges Anliegen dieser Bundesregierung, gerade in ländlichen, unterversorg­ten Gebieten, in denen der Markt nicht oder unzureichend ausbaut. Wir wollen Chan­cengleichheit zwischen Stadt und Land herstellen. Das ist uns ein ganz wichtiges An­liegen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das bisherige Ausbauprogramm zeigt, die Nachfrage nach Unterstützung ist sehr groß. Seit 2015 wurden 1 500 Projekte mit 500 Förderteilnehmern, die rund 2,5 Milliarden Eu­ro investiert haben, gefördert. Das sind private Unternehmen, das sind Landesverbände, Landesinfrastruktur, Gesellschaften und Gemeinden, die direkt vor Ort ausbauen. Davon haben 1,1 Millionen Bürger profitiert. Damit und auch mit dem 5G-Ausbau können wir bald 42 Prozent der Haushalte mit gigabitfähigen Anschlüssen versorgen. Klar ist, für unsere Zielsetzung, bis 2030 flächendeckend Mobil- und Festgigabitanschlüsse zu ge­währleisten, braucht es noch einiges.

Dieses Budget liefert auch die Grundlage dafür, dass weitere Ausbauschritte gesetzt werden können. Bis 2025 werden zusätzliche 624 Millionen Euro investiert. Das heißt, insgesamt sind damit über 1,2 Milliarden Euro veranschlagt, die in den Breitbandausbau fließen.

Noch kurz zur Sicherheitsforschung – auch ein wesentlicher Teil des Budgets in diesem Kapitel –: In diese investieren wir auch 7,5 Millionen Euro. Wir haben es beim vorherge­henden Kapitel schon gehört, das Thema Internetkriminalität wird immer stärker und nimmt einen besonderen Stellenwert ein. Auch in Bezug darauf investieren wir.

Wir wollen in die allgemeine Sicherheit investieren, aber auch in das Sicherheitsbe­wusstsein der Bürgerinnen und Bürger. Wir wollen Wissen verbreitern und die Entwick­lung und Anwendung von Sicherheitstechnologien vorantreiben. Jeder Cent, der sowohl in die Sicherheitstechnologie, in die Sicherheitsforschung als auch in die Breitbandver­sorgung fließt, ist damit gut investiertes Geld. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kainz. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


16.19.03

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Herr Vorsitzender! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Zuseher! Als Waldviertler sind mir die Themen Landwirtschaft, Re­gionen und Tourismus besonders wichtig.


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Das Waldviertel wird leider immer wieder stiefmütterlich behandelt, wobei gerade für dieses die Unterstützung höchst notwendig wäre. Der Budgetentwurf sieht für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus auszahlungsmäßig 3,37 Milliarden Euro vor. Im Ver­gleich zum Vorjahr bedeutet das einen Anstieg um 3,2 Prozent. Von einer ordentlichen Budgeterhöhung kann absolut nicht gesprochen werden.

Die letzten beiden Coronajahre waren für den Tourismus eine absolut große Heraus­forderung. Durch den jetzigen Beschluss der Bundesregierung, wonach nur noch Ge­impfte und Genesene in den Hotels nächtigen dürfen, fällt die von vielen so erhoffte Wintersaison wieder sehr eingeschränkt und herausfordernd aus. Die dadurch entste­henden Verluste sind für diese Betriebe sehr schmerzhaft und nicht wieder einbringbar. Gerade deshalb wäre es von enormer Wichtigkeit gewesen, dem Bereich Tourismus für 2022 ein höheres Budget zur Verfügung zu stellen. Finanzminister Blümel hat laut Be­richt der APA vom 8. November 2021 den Rufen nach neuen Coronahilfen für die Be­triebe aufgrund der 2G-Regel vorerst eine Absage erteilt. Das ist an Zynismus kaum zu überbieten, wenn Finanzminister Blümel als Begründung dafür auf das sehr gute Wirt­schaftswachstum verweist.

Jetzt zur Landwirtschaft: Die Auszahlungen für den Waldfonds sind gegenüber dem Vor­jahr um 55,1 Millionen Euro niedriger budgetiert. Das ist für mich absolut nicht nach­vollziehbar. Der Waldfonds hat unter anderen folgende Aufgaben: Abgeltung von Bor­kenkäferschäden, Reduktion des Borkenkäferbefalls, Entwicklung klimafitter und arten­reicher Wälder und Stärkung der Verwendung des Rohstoffes Holz. Meiner Meinung nach sollte der ursprünglich mit 350 Millionen Euro dotierte Waldfonds aufgestockt wer­den, denn es kommen nur rund 60 Millionen Euro direkt bei den durch Borkenkäfer ge­schädigten Bauern an. Die restlichen 290 Millionen Euro werden hauptsächlich für Maß­nahmen, welche der Sägeindustrie dienen, sowie für Forschungszwecke verwendet.

Wir brauchen dringend Maßnahmen, die sicherstellen, dass weniger Holz aus dem Aus­land importiert wird, denn eines ist klar: Holz haben wir in unserem eigenen Land mehr als genug, nur die Bauern finden leider sehr oft keine Abnehmer. Das hat auch für die Konsumenten weitreichende Folgen. So kommt das in den österreichischen Baumärkten angebotene Brennholz des Öfteren nicht aus dem eigenen Land, sondern vermehrt vom Balkan und aus Osteuropa, wobei zu sagen ist, dass dieses Holz bei Weitem nicht die Qualität von unserem eigenen heimischen Brennholz aufweist. Es wird unter anderem nicht ausreichend getrocknet, und durch die langen Transportwege hat es auch keinen so guten ökologischen Fußabdruck. Dabei hätten wir mehr als genug Holz im eigenen Land, und unsere Bauern bräuchten in diesen schwierigen Zeiten jede Unterstützung. Den Gürtel jetzt bei unseren Land- und Forstwirten enger zu schnallen, ist für mich der absolut falsche Weg. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.22


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Brandwei­ner. – Bitte.


16.23.03

Abgeordneter Lukas Brandweiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuse­her auf der Besuchergalerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Mit diesem Budget wollen wir Aufschwung, Stabilität und Nachhaltigkeit für Österreich ermöglichen. Als Zi­vildienstsprecher meiner Partei bin ich natürlich sehr froh darüber, dass wir für den Zivildienst wieder ausreichende finanzielle Mittel im Budget abgebildet haben. Im Ver­gleich zum Vorjahr ist es sogar eine Steigerung von 3,4 Prozent.

Der Zivildienst in Österreich ist unverzichtbar. Das bestätigt auch die neue Studie der Wirtschaftsuniversität Wien. Das Ergebnis zeigt klar und deutlich, dass der Zivildienst


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eine positive ökonomische und soziale Auswirkung von rund 1 Milliarde Euro auf unser wunderschönes Land hat. 1 Milliarde Euro – ein unvorstellbarer Betrag, der uns bestä­tigt, wie wichtig der Zivildienst ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Beim Zivildienst geht es aber natürlich nicht nur ums Geld. Die jungen Männer nehmen eine hohe soziale Kompetenz und viele positive Erfahrungen mit. Unsere Bundesminis­terin bezeichnet ihn daher zu Recht auch als Menschen- und Herzensbildung. Das be­stätigen auch die Zahlen in der Studie. Konkret gaben 90 Prozent der Befragten an, dass sie sich wieder für den Zivildienst entscheiden würden, und knapp 73 Prozent erkannten eine hohe Sinnhaftigkeit für die Gesellschaft.

Das sagen mir auch immer wieder die jungen Männer bei meinen Besuchen in den Dienststellen. Ich erinnere mich da gerne an einen Besuch im Pflege- und Betreuungs­zentrum Mautern, wo junge Männer anschließend sogar ihr Praktikum in der Einrichtung machen. Es war sogar einer dabei, der dort als hauptamtlicher Mitarbeiter angefangen hat. Ich erinnere mich auch gerne an einen jungen Mann, der uns erzählt hat, dass er in seiner Freizeit einen Getränkehalter für eine Bewohnerin geschweißt hat, damit sie auch ohne fremde Hilfe trinken kann, was für uns etwas Selbstverständliches ist. Das zeigt für mich auch, wie engagiert die jungen Männer sind.

Der Zivildienst ist aber auch Türöffner für das Ehrenamt, denn mehr als 30 Prozent der jungen Männer bleiben den Einrichtungen als freiwillige Helfer erhalten. Das ist für mich ein weiterer Beweis für die Wichtigkeit des Wehrersatzdienstes.

Abschließend möchte ich mich natürlich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Einrichtungen bedanken, vor allem auch bei jenen, die in der Zivildienstserviceagen­tur einen tollen Job machen, denn sie sind verantwortlich für die Abwicklung.

Ich bedanke mich natürlich auch bei unserer zuständigen Ministerin, bei Elisabeth Kös­tinger, für die gute Zusammenarbeit, aber vor allem auch dafür, dass die benötigten Mit­tel im Budget wieder abgebildet sind. Der größte Dank gilt natürlich den jungen Männern, die mit ihrem Einsatz im Zivildienst einen wesentlichen und unverzichtbaren Beitrag für unser wunderschönes Land leisten. – Vielen Dank dafür. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.26


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Reiter. – Bitte.


16.26.23

Abgeordnete Carina Reiter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Minis­terin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Im Budget der Untergliederung 42: Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, können wir ein Plus verzeichnen. Das ist gut und sehr notwendig für unsere ländlichen Regionen und für unsere Land- und Forstwirtschaft. Wir von der Volkspartei wollen, dass unsere ländlichen Regionen lebenswert bleiben und dass sie sich auch in Zukunft weiterentwi­ckeln können.

Das Gleiche gilt für die Landwirtschaft. Es braucht Stabilität und einen nachhaltigen Aufschwung in der Wertschöpfung. Wertschätzung ist schön und wichtig, allein davon kann man sich aber nichts abbeißen. Unsere Landwirtschaft hat es nicht immer leicht, wir haben es schon gehört: Extreme Wetterereignisse, wie wir sie heuer erlebt haben; in einigen Sektoren ist eine gewisse Anspannung aufgrund der Preissituation vorhanden; die Einkommenssituation ist oft auch nicht berauschend. Deswegen ist unser Ansatz, unsere Landwirtschaft bestmöglich zu stützen und auch zu unterstützen.

Wenn man sieht, dass wir in Österreich die jüngste Landwirtschaft in der EU haben – wir haben ungefähr doppelt so viele junge Hofbetriebsführer wie im EU-Schnitt –, dann muss


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man sagen, das kommt auch nicht von ungefähr. Dazu braucht es die richtigen Rahmen­bedingungen, und es braucht eine Planungs- und Rechtssicherheit für eine nachhaltige Entwicklung unserer bäuerlichen Familienbetriebe.

Ein ganz wichtiger Baustein dabei ist die Gemeinsame Agrarpolitik. Da geht es für uns auch sehr stark um die Sicherheit und die Zukunft unserer heimischen Höfe und vor allem der jungen Landwirtschaft in Österreich. Wichtige Maßnahmen dabei sind zum Beispiel das Top-up in der ersten Säule und die Niederlassungsprämie in der zweiten Säule, die ganz wichtige Impulse für unsere heimische Landwirtschaft gibt. (Beifall bei der ÖVP.)

Sicherheit braucht es für die Landwirtschaft und die ländlichen Regionen, auch wenn es um den Schutz vor Naturgefahren geht. Gerade im Bereich der Wildbach- und Lawinen­verbauung ist es ganz wichtig, dass in den nächsten Jahren Maßnahmen vorgezogen werden; speziell in Salzburg waren wir heuer sehr stark davon betroffen. Durch zusätz­liche Mittel vom Bund in der Höhe von 20 Millionen Euro werden da ganz wichtige Maßnahmen gesetzt. Das betrifft zum Beispiel den Schmittenbach in Zell am See, die Tamsweger Wildbäche, Schutzwaldmaßnahmen in Fusch oder auch den Oberpinzgau. Für uns ganz essenziell ist der Schutz von Menschenleben, Siedlungen, Infrastruktur, aber auch unserer landwirtschaftlichen Flächen, die ganz wichtig für die Ernährungssi­cherheit und die landwirtschaftliche Produktion sind. Bei uns steht der lebenswerte länd­liche Raum ganz klar im Vordergrund.

Wir haben ein Budget, das Sicherheit bietet, aber auch in die Zukunft weist. Die Zukunft hängt davon ab, was wir heute machen, und darum machen wir vom Bauernbund und der Volkspartei und in der Bundesregierung tatsächlich etwas für unsere Landwirtschaft und für den ländlichen Raum. (Beifall bei der ÖVP.)

16.29


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hörl. – Bitte.


16.29.40

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ja, wir verhandeln heute auch das Tourismusbudget. Ich darf mich für die Steigerung der Auszahlungen im Tourismus bedanken – ÖHT, ÖW und alle notwendigen Dinge sind gestärkt. Nach dem Motto Stärkung und nachhaltige Entwicklung der Regionen des Tou­rismusstandortes Österreich haben Sie gut gehandelt.

Ziehen wir beim Tourismus Bilanz: 14 Milliarden Euro an Einnahmen – in etwa das, was das Bundesland, die Millionenstadt Wien als Haushalt hat –, 8 Milliarden Euro Devisen­bilanzüberschuss in einem normalen Jahr, Mehrwertsteuer: 1,7 Milliarden Euro, regio­nale Wertschöpfung zu 89 Prozent – es gibt also eine breite Wirkung des Tourismus –, 243 000 Mitarbeiter werden in guten Jahren beschäftigt. Da, denke ich, ist Ihr Einsatz, Frau Bundesminister, sehr bedankt, und ich sehe, dass Sie mit großem Herzen und mit großem Engagement dabei sind.

Den heimischen Tourismus hat in diesem Jahr aber natürlich auch die größte Challenge überhaupt erreicht: Wir sind weit hinter das Jahr 2013 zurückgeworfen worden – 20 Pro­zent weniger – und haben in Österreich über 50 000 Mitarbeiter verloren, betreffend die wir heute noch kämpfen. Allein der Wertschöpfungsverlust der letzten Wintersaison wa­ren 10 Milliarden Euro, in Tirol 5 Milliarden Euro, das entspricht dem Landeshaushalt des Bundeslandes Tirol, um hier eine Relation zu bringen.

Jetzt haben wir uns bemüht, mit einer Winterverordnung und allen Möglichkeiten für Si­cherheit zu sorgen, aber leider Gottes entwickelt sich die Situation wieder katastrophal – einige schreien schon nach dem nächsten Lockdown. Ich denke, das ist der absolut falsche Weg; ich glaube, wir sind den richtigen Weg gegangen.


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Ich denke, die Hoffnung auf die kommende Wintersaison, sie lebt. Wir haben mit 2G die Reisefreiheit in Europa wiederhergestellt, der Binnenmarkt ist offen für Reisen. Dass wir bezüglich Deutschland natürlich eine herbe Enttäuschung mit den Schülern erleben und eine Einführung einer Quarantäne haben, das ist wahr. Frau Erasim, wenn Sie der Frau Minister diesbezüglich Vorwürfe machen, antworte ich: Wir haben keine Macht im deut­schen Hoheitsgebiet, das Geschrei hätten Sie sich sparen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Folgendes geht gerade an meine Kollegen von den Grünen: Wir haben auch noch an­dere Probleme offen – Schüler, nationale Schüler. Wenn Wiener Schüler zu mir nach Gerlos kommen, kann ich sie nicht befördern.

Zu den Saisonniers: Wir tun seit sechs Wochen mit den Saisonniers herum. Jetzt höre ich, für die Stammsaisonniers gibt es eine Lösung. Okay, das ist für die Stadthotellerie gut. Das beginnt am 1. Januar; es gab eine Einigung. Bei den Stammsaisonniers soll es für den Dezember jetzt auch klappen; es ist noch nicht durch, aber es sollte eigentlich auch funktionieren. Jetzt stellt sich die Frage des Saisonnierkontingents nächstes Jahr.

Zu den Reisebüros: Die Pauschalreiserichtlinie zwingt uns zu Haftungen; auch darüber diskutieren wir seit Wochen. Ich danke den Kollegen Obernosterer und Schwarz, dass sie morgen eine Lösung dafür einbringen.

Neue Probleme sind aufgetaucht: In England werden Impfungen erst ab einem Alter von 16 Jahren durchgeführt. Das heißt, Kinder zwischen 12 und 16 Jahren erfüllen 3G nicht, und betreffend die Niederlande gibt es das Problem, dass es durch eine Äußerung des Gesundheitsministers in den niederländischen Medien einen Riesenwirbel gab, weil Ös­terreich ab 3. Januar diesen Schutz nicht mehr gewährt. Holländische Reisebüros begin­nen, Verträge zu stornieren, und am Markt ist ein Riesentheater. – So.

Jetzt gibt es einen Vorschlag, den das Tourismusministerium an das Gesundheitsmi­nisterium geliefert hat. Dort ist alles geregelt: dass bei Schülern auch in Ferienzeiten der Ninjapass funktioniert, bei Kindern und Jugendlichen aus Deutschland und den Nieder­landen, auch das Thema betreffend Johnson & Johnson. Ich hoffe, dass dieser Vor­schlag jetzt schnell und zügig über die Runden gebracht wird.

Ich gebe dir, Frau Kollegin Neßler, schon recht: Wir gestalten die Zukunft hoffentlich positiv. Lösen wir die aktuellen Dinge, und zwar morgen und schnell! – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weratschnig. – Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

16.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hechenber­ger. – Bitte.


16.34.01

Abgeordneter Ing. Josef Hechenberger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuse­herinnen und Zuseher hier und auch zu Hause! Eingangs einmal ein herzliches Danke für das Budget, liebe Frau Bundesminister. Die österreichischen Bauernfamilien wissen, sie können sich auf dich verlassen. Herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren! Die Landwirtschaft, die Bauernfamilien leisten für die Bevölkerung sehr viel. Ich darf mit dem Thema gepflegte, intakte Kulturlandschaft, eine ausreichende Biodiversität beginnen, und dafür gibt es über die Gemeinsame Agrar­politik entsprechende Mittel, und da ist, denke ich – da wir jetzt in den finalen Diskus­sionen und Verhandlungen sind –, wirklich auch einmal unserem geschätzten Bundes­parteiobmann Sebastian Kurz Danke zu sagen, der sich in Brüssel sehr erfolgreich dafür eingesetzt hat, nicht das Minus zu akzeptieren, sondern dieses in ein Plus umgewandelt hat. Deshalb können wir dank Sebastian Kurz zukünftig – über die nächsten sieben Jah­re – wirklich ein größeres Budgetvolumen verteilen. (Beifall bei der ÖVP.)


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Wir wollen auf alle Fälle den Weg einer nachhaltigen Landwirtschaft, einer biologischen Landwirtschaft, einer nachhaltigen Lebensmittelproduktion weitergehen, das Umwelt­programm ausbauen, und ich denke, wir sind auf einem guten Weg. Wir werden da auch die entsprechenden Grundlagen liefern.

Was mir in diesem Zusammenhang jedoch fehlt, ist Folgendes: Wir reden immer von Wertschätzung, es fehlt aber oft die Wertschöpfung. Was passiert derzeit? – Derzeit sind die Produktionskosten der Lebensmittel massiv gestiegen, sie steigen weiter, wir schaf­fen es bis dato aber nicht, das letztendlich auch auf die Produktpreise der Bauern um­zulegen. Da ist mein klarer Appell an den Handel, nicht nur die höheren Produktpreise an den Konsumenten weiterzugeben, sondern es muss auch der Produzent etwas be­kommen! Es braucht auch einen fairen Anteil an der Wertschöpfungskette, was das The­ma Produktion nachhaltiger Lebensmittel betrifft. Ganz klarer Appell: Der Bauer braucht Wertschöpfung und nicht nur Wertschätzung! (Beifall bei der ÖVP.)

Ein letztes Thema, das mich persönlich sehr nachdenklich stimmt, ist die Entwicklung heuer im Sommer in Tirol. Es gab über 400 Risse durch Großraubtiere, und ich sage euch eines: Wir sind am Beginn des Problems. Die Vermehrungsrate von Wolf und Bär ist dramatisch, und einerseits brauchen wir da Unterstützung und wir müssen die Länder massiv unterstützen, denn letztendlich sind die Länder in der Gesetzgebung dran, das umzusetzen.

Dabei müssen wir sie massiv unterstützen, andererseits müssen wir aber in diesem Saal auch aktiv darüber diskutieren, in Brüssel gemeinsam für ein aktives Wolfsmanagement einzutreten. Wir wollen nämlich die zukünftige Almwirtschaft sichern. Die Koexistenz ist aufgrund der ganzen Lage nicht möglich, und somit ist für mich ganz klar: Wir wollen die Almwirtschaft! Die Almwirtschaft ist Grundlage für den Tourismus, ist Grundlage für den Freizeitsport, ist auch Garant für die Reduktion von Naturgefahren, und aus diesem Grund haben wir da sehr viel Arbeit vor uns. (Beifall bei der ÖVP.)

Eines ist meiner Meinung nach schon bezeichnend, wenn die Kollegen der Opposition hergehen und sagen, wie wichtig die Bauernfamilien sind. Eines ist klar: Wenn man dann in der Debatte die Dinge genauer analysiert, sie genauer anschaut, dann ist es immer so, dass sofort der Vorwurf kommt: Die Bauern bekommen da zu viel, dort zu viel! – Die Opposition spricht also von Problemen, die Regierung versucht, Probleme im Sinne der Bauernfamilien zu lösen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

16.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Großbauer. – Bitte.


16.37.50

Abgeordnete Maria Großbauer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir besprechen heute das Tourismusbudget, und natürlich möchte ich da auch wieder betonen, wie sehr Tourismus und Kultur auch in Österreich zusammenhängen und zusammenspielen. Vor Corona haben immerhin 70 Prozent der Wientouristen gesagt, dass sie wegen der Kultur nach Wien kommen, und in allen Bundesländern haben wir Festspiele und Festivals, die natürlich auch ein großer Tourismusmagnet sind.

Deshalb vorweg einmal ein ganz großes Danke an Sie, Frau Bundesministerin, dass Sie auch bisher diesen Bereich so gut mit Coronahilfen unterstützen. Da möchte ich vor allem den Veranstalterschutzschirm erwähnen, der ja nach wie vor aktiv ist und für den auch in den nächsten zwei Jahren 95 Millionen Euro vorgesehen sind. Vielen Dank da­für! (Beifall bei der ÖVP.)

Betreffend das aktuelle Budget 2022 möchte ich besonders die Budgetsteigerung für die Österreich-Werbung herausgreifen, die ich für besonders wichtig erachte – ein Plus von


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4 Millionen Euro für 2022 auf somit 28 Millionen Euro –, es ist nämlich das erste Mal seit dem Jahr 2002, dass dieses Budget erhöht wird, und die nächsten vier Jahre werden es 22 Millionen Euro sein.

Warum ist das gerade jetzt so wichtig? – Wir wollen natürlich gerade jetzt, in dieser Si­tuation, auch mit den Zielmärkten, deren Einwohner wir dann auch wieder verstärkt her­holen möchten, in intensivem Kontaktaustausch, in Kommunikation bleiben. Natürlich ist auch die qualitative Weiterentwicklung des Tourismusstandortes Österreich ein wichti­ges, großes Anliegen der Österreich-Werbung.

Das spielt natürlich – hoffentlich! – auch in den nächsten Jahren dem Kunst-, Kultur- und Kreativbereich wieder positiv zu und wird diesen positiv beeinflussen, eben auch in Kom­bination mit dem stark gesteigerten Kulturbudget. Wie ich gestern schon berichtet habe, gibt es in diesem Bereich ein Plus von 61 Millionen Euro.

Ich glaube also, diese Bereiche können und werden auch in den nächsten Jahren gut zusammenspielen, und das wird auch sehr, sehr wichtig sein. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

16.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kühberger. – Bitte.


16.40.05

Abgeordneter Andreas Kühberger (ÖVP): 3,4 Milliarden Euro, ein Plus von 104 Millio­nen Euro! – Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kol­leginnen und Kollegen! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Es war mir jetzt ein Anliegen, diese Zahlen vorauszuschicken. Nicht dass ich Angst habe, dass ich sie ver­gesse, nein, sondern weil sie sehr beeindruckend sind: 3,4 Milliarden Euro – und damit um 104 Millionen Euro mehr – für die Landwirtschaft, für unsere Regionen und für den Tourismus!

Als Bauer möchte ich heute zwei Bereiche herausheben, die mir besonders wichtig sind. Das eine ist die Erhöhung des landwirtschaftlichen Budgets für unsere land- und forst­wirtschaftlichen Schulen, die draußen in unseren Regionen ganz, ganz wichtige Stätten sind, die für die Zukunft des ländlichen Raums werken und mit dieser neuen Budgeter­höhung vor allem wichtige Schwerpunkte wie forschendes Lernen oder die Digitalisie­rung umsetzen.

Der zweite Punkt, ein aus meiner Sicht ebenfalls wichtiger, sind natürlich die Ausgleichs­zahlungen, die Agrarmaßnahmen. Wir dürfen nämlich nicht vergessen, wenn wir hoch­wertige Lebensmittel zu niedrigen Preisen in unseren Regalen vorfinden, dass diese Ausgleichszahlungen das erst möglich machen. Unsere Bäuerinnen und Bauern – und das dürfen wir auch nicht vergessen –, die eine großartige Arbeit in ganz Österreich ma­chen, müssen von ihrer Arbeit auch leben können. Momentan ist es für sie leider nicht möglich, vom Verkauf ihrer Produkte leben zu können, und darum brauchen wir die Aus­gleichszahlungen, meine Damen und Herren. Unsere Bauern – wir haben es von den Vorrednern schon gehört – leisten darüber hinaus auch mehr: Sie sorgen für eine intakte Natur, für eine Artenvielfalt. Das heißt, diese Mittel für die Landwirtschaft – davon bin ich fest überzeugt – kommen uns allen sehr zugute.

Ich bin aber nicht nur Bauer, ich bin auch Bürgermeister, und in diesem Zusammenhang möchte ich noch kurz Folgendes ansprechen, denn wir haben nächstes Jahr ein großes Hochwasserschutzprojekt: Auch da wurden die Mittel im Budget erhöht. Auch die Sied­lungswasserwirtschaft spreche ich noch kurz an – auch da habe ich zum Beispiel ein Projekt –: Kanalbau, Erweiterung, Sanierung. Da ist es wichtig, dass wir nächstes Jahr 290 Millionen Euro für unsere Gemeinden im Budget vorgesehen haben.


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Zusammenfassend: Ich bin sehr stolz auf dieses Budget, weil es eine solide Basis für unsere bäuerlichen Familienbetriebe zu Hause, aber auch für die Landgemeinden ist. Vor allem sieht man an diesem Budget, dass unserer Bundesregierung der ländliche Raum und unsere Gemeinden und vor allem auch die Landwirtschaft ein großes Anlie­gen sind. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.43


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lindinger. – Bitte.


16.43.04

Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wie Kollege Kühberger gerade angesprochen hat, ist das Budget für die UG 42 wirklich herausragend. Mit einem Plus von über 100 Millionen Euro zeigt es, wie wichtig das Ressort Landwirtschaft, Regionen und Tourismus ist.

Die Bäuerinnen und Bauern arbeiten unter höchsten Standards, produzieren Lebensmit­tel höchster Qualität und decken somit dreimal am Tag den Tisch aller Österreicherinnen und Österreicher. Die Produkte, die diese Wertschätzung erfahren, brauchen auch die notwendige Wertschöpfung. Das ist leider Gottes in vielen Sparten der Landwirtschaft aktuell aufgrund von verschiedensten Umständen nicht der Fall. Unsere Bäuerinnen und Bauern sind aber Unternehmer wie alle anderen und müssen entsprechend wirtschaften, das heißt, sie müssen von ihren Produkten auch leben können. Deshalb ist es so not­wendig, dass wir die seit Monaten diskutierte Herkunftskennzeichnung endlich umset­zen. Minister Mückstein möge doch bitte die zweite und dritte Verordnung noch heuer umsetzen. Damit schaffen wir vielleicht die notwendige Wertschöpfung für die Lebens­mittel aus Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aktuell diskutieren wir die Gemeinsame Agrar­politik. Da muss – es wurde schon von mehreren Vorrednern angesprochen – der Natio­nale Strategieplan bis Jahresende vorgelegt werden. Dank dem großartigen Einsatz von Sebastian Kurz (Heiterkeit und lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ), unserer Bundesmi­nisterin Elli Köstinger - - – Ja, Sebastian Kurz hat auch das Budget der Gemeinsamen Agrarpolitik auf EU-Ebene maßgeblich verhandelt, und es wurde auch für die nächste Periode erhöht. Dank dem Einsatz unserer Ministerin und des Österreichischen Bauern­bundes ist es auch geschafft worden, dass wir mit der Gemeinsamen Agrarpolitik Maß­nahmen setzen, die die Bäuerinnen und Bauern auch praxisnah umsetzen können. Mir geht es vor allem darum, dass dies praxisnah passiert.

Unsere Bäuerinnen und Bauern sind keine Klimasünder, wie es in den Medien oft dar­gestellt wird, sondern sie sind viel eher die Klimaschützer. Die CO2-Bindung funktioniert in der Land- und Forstwirtschaft dementsprechend, und unsere Bäuerinnen und Bauern arbeiten mit und in der Natur und nicht gegen die Natur. (Beifall bei der ÖVP.)

Noch ein Thema, das die jungen Bäuerinnen und Bauern betrifft – meine Kollegin Carina Reiter hat es schon angesprochen –: Wir haben in Österreich ganz viele Jungbäuerinnen und Jungbauern, die Betriebsleiter sind, und wir haben es gemeinsam mit dem Ministe­rium geschafft, da in vielen Bereichen Anreize zu schaffen. Ich nenne nur das Top-up in der ersten Säule, das in der neuen Periode sichergestellt werden konnte, oder die Nie­derlassungsprämie Neu, die viele Anreize schafft.

Diese Anreize sind notwendig, damit auch in Zukunft die Betriebe übernommen werden, damit die Jungbäuerinnen und Jungbauern Visionen haben, damit investiert wird und somit auch die Lebensmittelproduktion sichergestellt wird. Wir stehen nämlich für eine ausreichende Versorgungssicherheit in Österreich. Wir sorgen, soweit es uns möglich


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ist, dafür, dass die Rahmenbedingungen dementsprechend stabil sind. Wir kämpfen da­für, dass nicht nur die Wertschätzung für die Produkte, die in Österreich produziert wer­den, dargestellt wird, sondern dass auch eine dementsprechende Wertschöpfung da­raus möglich ist. Dafür setzen wir uns ein. (Beifall bei der ÖVP.)

16.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stark. – Bitte.


16.46.31

Abgeordneter Christoph Stark (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Da­men und Herren! Hohes Haus! Wir diskutieren dieser Tage das Budget. Heute und jetzt liegt der Fokus auf den Regionen, auf der Landwirtschaft und auf anderen Dingen. Ich darf mich zu den Regionen äußern und zwei Facetten, zwei Bereiche ansprechen, die für die Regionen von großer Bedeutung sind. Das eine ist das europäische Programm Leader, das Zweite ist der Breitbandausbau, dem sich schon Kollegin Himmelbauer ge­widmet hat.

Kommen wir einmal zum Bereich Leader: In 77 Leaderregionen quer durch Österreich sind Menschen beschäftigt, die sich diesem Thema, dem Thema der Entwicklung des ländlichen Raums, verschrieben haben. In 77 Regionen Österreichs arbeiten Menschen, zum Großteil ehrenamtlich, die entlang einer gemeinsamen Strategie den ländlichen Raum weiterentwickeln wollen und es auch tun, damit dieser Raum ein lebenswerter Raum bleibt, damit dieser Raum für die Menschen da ist und einfach attraktiv bleibt.

Frau Ministerin, ich weiß, Sie sind ein Fan des Projektes Leader. Darum werbe ich dafür insofern, weil das Budget 2022 eine 15-prozentige Steigerung gegenüber dem Bud­get 2020 vorsieht, die auch schon 2021 abgebildet war. Ich bin sehr froh, dass Leader auch im Budget 2022 die entsprechende Dotation findet. In den weiteren Jahren, für die nächste Leaderperiode, wird das Budget neu verhandelt, und da steht ja eine Änderung um bis zu 20 Prozent im Raum. Das wäre eine echte Stärkung, eine echte Steigerung für das Programm Leader, für die Leaderaktionsgruppen, für die Bürgerpartizipation in diesen ländlichen Räumen. Frau Ministerin, ich gratuliere dazu, dass es gelungen ist, auch in diesem Bereich eine Steigerung zustande zu bringen, um das Projekt abzusi­chern. (Beifall bei der ÖVP.)

Der zweite Bereich, wie bereits angesprochen, das Programm Breitband: Wir alle wis­sen, wie notwendig die Digitalisierung auch im ländlichen Raum ist. Wir alle wissen, wie notwendig es ist, Breitband in die Regionen zu bringen. Da kann man nur alles unter­streichen, was in diesem Sektor passiert. Ich freue mich, dass der Breitbandausbau im Budget 2022 einen angemessenen Platz bekommt, damit wir nicht nur für zukünftige Krisensituationen gerüstet sind, sondern damit wir die Bedeutung des ländlichen Raums als wirklich attraktiven Lebensraum weiter steigern. Mit dem Breitbandausbau ist ein maß­geblicher Beitrag dazu geleistet worden.

In diesem Sinne werbe ich dafür: Stimmen Sie dem Budget 2022 zu! Wir tun es auf jeden Fall, und ich freue mich auf die Umsetzung des Budgets. (Beifall bei der ÖVP.)

16.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Prinz. – Bitte.


16.49.36

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Bundesminister! Es ist schon mehrmals angesprochen worden, dass es sehr vielfältige Aufgabenbereiche sind, die Sie in Ihrem Ministerium zu bearbeiten haben, verwalten, aber vor allem gestalten – und das ist das Entscheidende.

Nur ein Satz zum Zivildienst in Ergänzung zu dem, was Kollege Brandweiner gesagt hat: In der Landwirtschaft ist der Zivildienst eigentlich die Voraussetzung dafür, dass nach


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einem schweren Unfall oder Todesfall der Betrieb weitergeführt werden kann, vielleicht für die nächste Generation. – Danke, dass das auch möglich ist.

Die Schutzwasserwirtschaft aus Sicht der Gemeinden ist schon angesprochen worden. Ich will auch noch einen Satz zum Thema Wildbach- und Lawinenverbauung sagen: Als Gemeindevertreter weiß man die wertvolle Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schätzen. Ohne deren Unterstützung wären viele Projekte nicht umsetzbar.

Der Breitbandausbau ist sozusagen eine Lebensader für die Zukunft im ländlichen Raum. In der Vergangenheit haben wir von den Güterwegen als Lebensader geredet, da geht es um Infrastruktur, Verkehrsinfrastruktur. Breitband ist für Lebensqualität und Technologie ganz entscheidend.

Zu den Direktzahlungen für die Landwirtschaft: Geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier in diesem Hause! Wir sollten uns alle dessen bewusst sein, dass es in der westlichen Welt kein Land gibt, das nicht letztlich die Landwirtschaft, die Gestaltung der Landwirt­schaft mit Direktzahlungen unterstützt. Es gibt verschiedenste Modelle. Die Direktzah­lungen sind nichts anderes als eine Stützung des Konsumentenpreises. Würden die Bäuerinnen und Bauern in der westlichen Welt gerechte Preise kriegen, müssten die Lebensmittel wesentlich teurer sein. Bei den Direktzahlungen gibt es viele Facetten. Die GAP – Gemeinsame Agrarpolitik – ist heute schon ein paarmal erwähnt worden. Denken wir aber auch an die Abgeltung natürlicher Bewirtschaftungserschwernisse, an die Aus­gleichszulage für Berggebiete und benachteiligte Gebiete oder zum Beispiel auch an die Umweltleistungen. Faktum ist: Die bäuerlichen Familien bringen gewaltige Leistungen für die Gesellschaft und die Direktzahlungen sind sozusagen eine gewisse Abgeltung in dieser Hinsicht.

Zur Kulturlandschaft: Die Gestaltung der Kulturlandschaft durch die bäuerlichen Familien ist eigentlich auch die günstigste Form. Was das für den Tourismus heißt, darüber könn­ten wir lange philosophieren. Wenn Familien ihren Urlaub auf Bauernhöfen verbringen, also Urlaub am Bauernhof machen, dann haben vielleicht auch die Kinder den Vorteil, dass sie Landwirtschaft kennenlernen, lernen, wie Lebensmittel produziert werden, und da ein Bezug entsteht.

Ein Satz zur Forstwirtschaft: Ich will jetzt nicht auf das Forstpaket eingehen – das ist wertvoll im Hinblick auf Initiativen für die nächsten Jahre –, aber Bewirtschaftung ist der beste Klimaschutz – das gilt beim Wald genauso wie bei der Wiese und beim Acker –, man sollte nicht einfach etwas aus der Produktion oder aus der Nutzung nehmen.

Ein Satz sei noch zum Thema große Beutegreifer erlaubt. Persönlich bin ich froh, dass man Studien anstellt und dass man da in Österreich etwas unternimmt: Auf welcher Ba­sis kann man vielleicht wirtschaftlich etwas für den Herdenschutz machen, wo sind aber auch die Grenzen? – Wenn wir wollen, dass der Wiener auch in Zukunft in die westlichen Bundesländer auf Urlaub fahren und auf eine Alm gehen kann oder dass der Linzer ins Mühlviertel fährt, dann müssen wir mit dem Thema sorgsam umgehen. Es muss uns bewusst sein: Die bäuerlichen Familien – auch, wenn sie vielleicht nur 30, 50 oder auch nur 20 Schafe haben – haben ein Recht darauf, dass sie für ihre Arbeit auch ein bisschen Geld kriegen.

Letztendlich ist einfach die Bitte an alle Konsumentinnen und Konsumenten: Der beste Einsatz für eine bäuerliche Landwirtschaft in Österreich ist, wenn man zu regionalen und saisonalen Lebensmitteln greift. Mit unserem täglichen Einkauf entscheiden wir sozusa­gen, wo die Reise hingeht. Die Landwirtschaft braucht die Unterstützung, aber nicht nur hier in diesem Haus, sondern überall in Österreich, und darum ersuche ich. Das Budget ist eine gute Grundlage für die Zukunft. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.53


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Weber. – Bitte.



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16.53.22

Abgeordneter Ing. Johann Weber (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Landwirtschaft braucht Zukunft. Landwirtschaft hat auch Zukunft, davon bin ich überzeugt – und warum? Wir haben wirklich viele, viele junge Menschen in Ös­terreich, die an der Land- und Forstwirtschaft in ihren ganz speziellen und unterschied­lichsten Ausprägungen ein hohes Interesse haben.

Das zeigt einfach die erfreuliche Entwicklung der Schülerzahlen in den landwirtschaftli­chen Fachschulen bei uns in Österreich, und das ist wahrscheinlich derzeit auch das einzige Schulsystem, das steigende Schülerzahlen vorweisen kann. Alleine bei uns in Kärnten – wir haben eine landwirtschaftliche und hauswirtschaftliche Ausbildung, auch eine Gartenbauausbildung an in Summe sieben Standorten – gab es von 2020 auf 2021 eine Steigerung von 1 225 Schülern auf 1 313 Schülerinnen und Schüler. Das ist ein sattes Plus von 88 Schülerinnen und Schülern.

Warum ist das so? – Ein Grund wird sicher sein, dass die Jugend selbst an eine Zukunft in der Landwirtschaft und auch an eine Zukunft für die Landwirtschaft glaubt. Darin müs­sen wir sie stärken, da sind wir alle gefordert, sie auch zu unterstützen. Zum anderen bin ich überzeugt, dass der Lehrkörper sehr zeitaktuell, modern, innovativ, offen für Neu­es, fachkundig, aber auch sehr motiviert arbeitet. Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich bei allen Kolleginnen und Kollegen in den landwirtschaftlichen Fachschulen von Vorarlberg bis ins Burgenland auf das Herzlichste für ihre Arbeit für unsere bäuerliche Jugend bedanken. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

Weiters möchte ich noch erwähnen: Unsere Schülerinnen und Schüler bleiben in der Region, auch wenn sie nicht sofort in den elterlichen Betrieb einsteigen können, weil die Eltern noch sehr stark in die Hofarbeiten involviert sind, sondern in eine Lehre gehen, wo sie auch sehr beliebt und auch sehr stark nachgefragt sind. Die Wirtschaft braucht unsere Absolventen. Die Lehre erfolgt dann aber auch unmittelbar in ihrer Heimat, vor ihren Höfen, und somit sind die Jugendlichen eigentlich immer in den ländlichen Räumen zugegen und bringen sich auch gestalterisch in diesen ländlichen Raum ein – den ländlichen Raum, auf den wir alle so stolz sind, den wir alle so schätzen und lieben. Was braucht es dazu, dass es auch weiterhin so sein wird? – Es braucht eine entsprechende Regierung, und die haben wir. Es ist bekannt, dass diese nicht nur die Dinge erkennt, sondern sie auch unterstützt.

Mit unserer Frau Bundesminister Elisabeth Köstinger haben wir eine Ministerin, die das einerseits erkennt und auch entsprechend unterstützt. Wir haben es heute gehört: Das Agrarbudget kann sich sehen lassen, die Breitbandinitiative, die ökosoziale Steuerre­form – für all das kann man nur Danke sagen und gratulieren. – Dafür ein großes, auf­richtiges Dankeschön, Frau Minister. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend: Unterstützen wir weiterhin unsere bäuerliche und ländliche Jugend! Sie ist unsere Zukunft, sie ist unsere zukünftige Versorgungssicherheit. – Vielen Dank. (Bei­fall bei der ÖVP.)

16.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Letzter dazu zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Eßl.


16.57.14

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine geschätzten Damen und Herren! Wir reden heute von einem Budget für das ge­samte Ressort von 3,37 Milliarden Euro und 1,8 Milliarden Euro davon sind für die Land­wirtschaft reserviert. Meine große Anerkennung, Frau Bundesministerin, liebe Elisabeth


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Köstinger, gilt Ihnen und auch dem Bundeskanzler außer Dienst, wenn ich das so sagen darf, Sebastian Kurz, der das federführend in Brüssel verhandelt hat. Es ist wiederum gelungen, mit 316 Millionen Euro Bundesmittel 1 480 000 000 Euro EU-Mittel auszulö­sen, sodass in Summe 1,8 Milliarden zu den Bauern kommen können. Das darf ich Kolle­gen Schmiedlechner ganz klar und deutlich sagen: 100 Prozent dieser 1,8 Milliarden Eu­ro kommen direkt zu den Bauern, und nicht nur ein Bruchteil, wie du gesagt hast. (Zwi­schenruf des Abg. Schmiedlechner.)

Wir sind ja nicht die SPÖ. Die SPÖ will nämlich 50 Prozent dieser Mittel aus der ländli­chen Entwicklung für landwirtschaftsferne Bereiche verwenden. (Zwischenruf der Abg. Herr. – Weiterer Ruf bei der SPÖ: Stimmt nicht!) Die SPÖ hat es überhaupt nicht so sehr mit der Landwirtschaft: Da kommt Kollege Köchl heraus und behauptet steif und fest, größere Betriebe würden nicht kontrolliert, nur kleinere Betriebe. – Das ist absolut falsch, da wäre eigentlich eine tatsächliche Berichtigung notwendig gewesen, aber so möchte ich das hiermit berichtigen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine geschätzten Damen und Herren, es geht aber nicht nur um Zahlen, es geht um Versorgungssicherheit, es geht um die Gestaltung des Lebensraumes, es geht um die Menschen in unserem Land. Das vorgelegte Budget, nach den Grundsätzen der ökoso­zialen Marktwirtschaft ausgerichtet – Joschi Riegler hat das eigentlich ursprünglich ge­startet –, ermöglicht, dass man die wirklich essenziellen Bedürfnisse der Land- und Forst­wirtschaft in Österreich damit auch bedienen kann. Es ist möglich, dass die Umweltleis­tungen, die Klimaleistungen, die Versorgungsleistungen von unseren Bäuerinnen und Bauern entsprechend erbracht werden. Auch die 120 Millionen Euro im Tierwohlpaket, das möchte ich als Tierschutzsprecher entsprechend erwähnen, sind sehr, sehr positiv. (Präsidentin Bures übernimmt der Vorsitz.)

Dank also an die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, dass sie das Geld zur Verfügung stellen, und Dank an die Bäuerinnen und Bauern, die dadurch, dass sie tagtäglich ihre Arbeit machen, rund um die Uhr für den Erhalt der hohen Lebensqualität in unserem Land sorgen.

Abschließend möchte ich noch ein Thema erwähnen, nämlich die Forstwirtschaft. Es gibt einen EU-Vorschlag, wonach man verstärkt Flächen außer Nutzung stellen sollte. – Wir wissen, der bewirtschaftete Wald trägt mehr zum Klimaschutz bei, Holzverwendung speichert CO2 über Jahrzehnte.

Der Waldfonds, der schon angesprochen worden ist, ist wieder mit 102,5 Millionen Euro dotiert und nicht, wie gesagt worden ist, gekürzt worden. Insgesamt stehen diese 350 Mil­lionen Euro zur Verfügung. Daher bitte: gegen die EU-Pläne und für einen gesunden, bewirtschafteten Wald! – Herzlichen Dank, Frau Bundesministerin, das ist wichtig für die Menschen in unserem Land. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.00


Präsidentin Doris Bures: Mir liegt nun zum Themenbereich Landwirtschaft, Regionen und Tourismus keine Wortmeldung mehr vor. Damit ist dieser auch beendet.


17.01.04UG 30: Bildung

UG 31: Wissenschaft und Forschung

Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zur UG 30: Bildung, sowie zur UG 31: Wissen­schaft und Forschung, worüber die Debatten unter einem stattfinden.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Petra Vorderwinkler. – Bitte.


17.01.32

Abgeordnete Petra Vorderwinkler (SPÖ): Frau Präsidentin! Der Herr Minister ist noch nicht anwesend. Sehr geehrtes Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! In der


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letzten Unterrichtsausschusssitzung im Oktober wurden sämtliche unserer Anträge nicht angenommen, und zwar mit der Begründung, wir würden uns noch wundern, was dazu im Budget alles drinnen sei, was schon alles auf dem Weg sei, welche Würfe da nicht gelungen seien. – Ich staune wirklich! Sie legen ein Budget vor, als hätte es Corona nie gegeben: zu wenig, unambitioniert und teilweise auch realitätsfern. (Beifall bei der SPÖ.) Es berücksichtigt weder die Empfehlungen von Expertinnen und Experten noch die Be­dürfnisse der Kinder, Familien oder der Tausenden Pädagoginnen und Pädagogen.

Was fehlt denn? – Es gibt keine zusätzliche Unterstützung für Versäumtes. Warum wur­den die Förderstunden nicht bis 2025 fix verankert? Es gibt kein Geld für akut notwendi­ge Hilfe bei psychischer Belastung bei Kindern. Es gibt kein Geld für Supervision für Lehrerinnen und Lehrer. Von den Schulen mit besonderen Herausforderungen wurden nur 100 ausgesucht. Was ist mit den restlichen 500 Schulen? Die strudeln sich während­dessen ab? Ein Chancenindex wäre da gerechter und zielgerichtet. (Beifall bei der SPÖ.)

Wo sind die ausreichenden administrativen und organisatorischen Ressourcen für die Schulen, damit sich die Pädagoginnen und Pädagogen endlich wieder um ihre eigentli­che Aufgabe kümmern können, nämlich um das Pädagogische? Und wo ist das Geld für die Ganztagsschulen und für die ganztägigen Elementarbildungseinrichtungen? Wo bleibt das Geld? Wo sind die 1,2 Milliarden Euro, die für Machterwerb und Manipulation verwendet wurden? Viele, viele Kinder und Familien hätten jetzt bessere schulische Be­treuung und vor allem ein besseres Familieneinkommen, denn Frauen hätten die Mög­lichkeit gehabt, ganztags arbeiten zu gehen. Dann wären wahrscheinlich auch nicht mehr über 360 000 Kinder armutsgefährdet. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Kris­per.) Dazu habe ich einen neuerlichen Antrag eingebracht, denn dieses Geld steht ihnen zu.

Wo ist die Umsetzung des gültigen Beschlusses der täglichen Bewegungseinheit? Es gibt keine Abbildung im Budget. Wann kommt das? Wo bleibt der Schulveranstaltungs­ausfall-Härtefonds für das Schuljahr 2021/2022? Die Schulen wurden nun plötzlich mit Stufe 3 überrascht – die Eltern bleiben auf den Kosten sitzen. Auch dazu bringe ich einen Antrag ein.

Und weil ich schon bei Stufe 3 bin, ein Blick zurück zu dem erst kürzlich Vorgefallenen: Herr Minister, wie kann es sein, dass am Sonntagabend mediale Ankündigungen und erst am Dienstag zu Mittag gesetzliche Vorgaben an die Schulen kommen? Zwei Tage Verwirrung bei den SchulleiterInnen, bei den Schulen: Die Schulen waren offiziell noch in Stufe 2 statt in Stufe 3, wo sie eigentlich sein sollten, und eine Ankündigung per Mail ist eine Info, aber keine gesetzliche Vorgabe. Die Schulen wurden wieder einmal allein­gelassen. Nach zwei Jahren Pandemie ist das eine ziemlich traurige und verantwor­tungslose Vorstellung, meine Damen und Herren. Das Vertrauen in die Führung des Bildungsministeriums ist wirklich an einem Tiefpunkt angelangt. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Kolleginnen und Kollegen in den Schulen und in den Elementarbildungseinrich­tungen haben allein durch ihre Leistung den Betrieb am Laufen gehalten, und ich erwarte mir, dass diese extrem belastende Situation bei den Gehaltsverhandlungen, die gerade stattfinden, in erheblichem Maße berücksichtigt wird. Die Kolleginnen und Kollegen ha­ben es sich verdient.

Bevor die Schulen künftig ständig neue Pläne, Ideen und Vorgaben zu Schulqualitätspro­jekten bekommen, anstatt in ihrer pädagogischen Arbeit unterstützt zu werden, schlage ich vor: Das Bildungsministerium unterziehe sich bitte einer umfangreichen kritischen Selbstreflexion im Qualitätsmanagement.

Das Fazit zum Bildungssystem: In Österreich bekommt ein Kind 100 Euro für 2022. Im Vergleich dazu geben die Niederlande 700 Euro aus, um Versäumtes aufzuholen. Man muss auch sagen, dass die nordischen Länder uns im Bildungsbereich schon weit vo­raus sind (Abg. Höfinger: Aber nicht alle!), und sie investieren trotzdem, um Versäumtes


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aufzuholen. Das ist der Wert der Bildung in Österreich. Wenn Sie schon mir nicht glauben, dass es ein Aufholpaket braucht, das ich lange gefordert habe, dann schauen Sie sich bitte international um!

Sie tragen im Gegenzug die Verantwortung für sämtliche langfristigen Schäden. Alles, was Sie jetzt an Hilfe und Unterstützung verwehren, wird die Kinder ein Leben lang be­gleiten und das Budget in Österreich in den nächsten Jahren belasten. Humankapitalver­lust bedeutet Einkommensverlust, und das auf allen Seiten. Bildung muss Priorität ha­ben, und mehr muss man dazu nicht sagen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

17.06


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Rudolf Taschner. – Bitte.


17.06.26

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ho­hes Haus! Frau Kollegin Vorderwinkler, den letzten Satz kann ich unterstreichen: Bildung muss Priorität haben. Was Sie zuvor gesagt haben, kann man vielleicht aus einem an­deren Blickwinkel sehen. Sie haben die Situation sehr schwarz gezeichnet – so schwarz ist sie tatsächlich nicht. Es gibt gewisse Punkte, über die wir nachdenken müssen, zu­gestanden, aber auf der anderen Seite müssen wir doch sagen, dass es viel Helles gibt.

Das Budget selbst, insbesondere im Bildungsbereich, ist über die 10-Milliarden-Euro-Grenze hinausgewachsen. Im Forschungsbereich haben wir auch einen Zuwachs, wir haben circa 5,6 Milliarden Euro, glaube ich, im Budget als Geld zur Verfügung. Jetzt werden Sie natürlich sagen – ich habe es auch schon von Frau Kollegin Doppelbauer gehört –, von diesen 10 Milliarden Euro im Bildungsbudget ist ein Großteil, über 8 Milliar­den, 8,5 Milliarden Euro, für das Personal – als ob das schlecht wäre, meine sehr verehr­ten Damen und Herren! Gerade das Gegenteil ist der Fall: Das Personal ist das Aller­wichtigste. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich darf jetzt auf die Rede von Kollegen Brandstätter, die er gestern gehalten hat, Bezug nehmen. Er hat davon gesprochen, dass wir in Österreich eine fürchterliche Wissen­schaftsfeindlichkeit haben. Das hat auch das Eurobarometer festgestellt. Das ist tatsäch­lich ein Riesenproblem. Wissenschaftsfeindlichkeit bedeutet, dass man der Wissen­schaft wirklich völlig abschätzig gegenübersteht. Das ist nicht Wissenschaftsskepsis. Wissenschaftsskepsis ist etwas Interessantes, denn es ist nämlich nicht immer so, dass das, was als Stimme der Wissenschaft hereinkommt, wirklich Wissenschaft ist.

Da gibt es viele Scharlatane, die sich den Mantel der Wissenschaft umhängen und damit herumlaufen und in Wirklichkeit nur Gaukler sind. Die gibt es, und die große Schwie­rigkeit besteht darin, diese von den anderen unterscheiden zu können, und das ist tat­sächlich auch Aufgabe von Schule. Ich glaube, es ist eine der entscheidendsten Auf­gaben von Schule, dass man tatsächlich die öffentliche Wissenschaft – das ist ein Be­griff, den mein großes Vorbild Heinz Haber geprägt hat, öffentliche Wissenschaft, Wis­senschaft in die Öffentlichkeit zu bringen – wertschätzt, indem man auch die wertschätzt, die sie tatsächlich authentisch und richtig vertreten. Und diese zu erkennen, das ist Auf­gabe von Schule, indem man den Kindern nahebringt, was es bedeutet, wirklich zu denken.

Wir wollen nicht nur Rechnen, Schreiben, Lesen lehren, wir wollen insbesondere auch Denken lehren. Das wird oft vergessen. Das macht das Personal in den Schulen, und es wird es noch besser machen, hoffe ich sehr, insbesondere jetzt, da wir über die neuen Lehrpläne nachdenken. Die neuen Lehrpläne sollen da wirklich Schwerpunkte setzen, und wir werden darauf achten, dass sie Schwerpunkte setzen.


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Der zweite Punkt, und jetzt komme ich auf den Wissenschaftsbereich zu sprechen, ist die Ausbildung der künftigen Lehrer, männlich oder weiblich. Diese Ausbildung muss wirklich neu aufgesetzt werden. Da müssen wir neue und kluge Wege finden, damit die drei Säulen – einerseits der Wissenschaftlichkeit, andererseits des richtigen pädagogi­schen theoretischen Handelns und drittens des praktischen pädagogischen Handelns – tatsächlich gut implementiert werden. Da ist wirklich viel zu machen. Da ist nicht nur Geld notwendig, sondern da ist auch viel Gedankenarbeit notwendig.

Also ob das Budget um 10 oder nur um 1 Prozent erhöht wird, ist gar nicht so entschei­dend, sondern entscheidend ist, dass dieses Geld richtig und sinnvoll eingesetzt wird – und unser Bundesminister steht dafür, dass das gut gelingen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

17.10


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hermann Brückl. – Bitte.


17.10.11

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Im internationalen Vergleich hat Österreich ein durchaus beachtliches Bildungsbudget – wir geben über 10 Milliarden Euro für Bildung aus –, gleichzeitig aber liegen wir im internationalen Vergleich, bei inter­nationalen Studien zurück. Jetzt kann man Ursachenforschung betreiben oder aber auch im Hinblick auf die derzeitige Situation die Prioritäten anders setzen.

Wir geben im nächsten Jahr wieder 240 Millionen Euro für Schultests, für Kindertests aus, aber wir geben viel zu wenig für Förderung, für Unterstützung, für Förderstunden aus; viel zu wenig, um die Bildungsverluste, die im Zuge der Krise und aufgrund der Regierungsmaßnahmen entstanden sind, wiedergutzumachen.

In diesem Zusammenhang darf ich einen Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „zusätzli­ches Budget für Fördermaßnahmen zur Aufholung von durch die Schulschließungen ver­ursachten Lernrückständen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung werden aufgefordert, für die Aufholung von Lernrückständen ein ausrei­chendes Budget für zusätzliche Fördermaßnahmen 2022 zur Verfügung zu stellen“

*****

Das ist aber nicht das einzige Problem, Hohes Haus. In den vergangenen Tagen ist das mittlerweile sprichwörtliche Schulchaos in völlig neue Galaxien aufgebrochen. Niemand kennt sich mehr aus, Kollegin Vorderwinkler von der SPÖ hat das auch angesprochen. Ich darf ein Beispiel geben, Herr Bundesminister: Ihr Kommunikationsteam hat sich da völlig verselbstständigt, hat vergangene Woche eine Weisung – zumindest ist es in den Schulen und bei den Direktoren als Weisung angekommen – hinausgeschickt, obwohl es keine Verordnung gegeben hat. Da wurde dann verbreitet, dass man in Zukunft in den Schulen wieder eine FFP2-Maske tragen muss, und zwar von der 1. Klasse Volks­schule bis in die Maturaklassen. (Abg. Salzmann: Das stimmt ja gar nicht!) Sie haben das in der Verordnung dann zurückgenommen, dort ist keine Rede mehr davon, das ist richtig, aber es war einmal so vorgesehen.


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Das sorgt natürlich für Verwirrung, und gleichzeitig sorgt für Verwirrung, dass es Schulen gibt, in denen die FFP2-Masken-Pflicht in den Oberstufen gilt, in den Unterstufen nicht, aber im Turnunterricht, zum Beispiel, ist schon Maskenpflicht. Es steht zwar in der Ver­ordnung, das gelte nur für Innenräume, aber im Winter werden die Kinder natürlich in den Turnsälen sein und nicht im Freien. Also FFP2-Masken beim Turnunterricht halte ich für einen absoluten Wahnsinn.

Eine andere Anweisung war – und das ist eigentlich ein sehr schwerwiegender Punkt, Herr Bundesminister –, dass alle Kinder, die ungeimpft sind, in das Distancelearning ge­schickt werden, wenn in einer Klasse ein Kind positiv getestet wird. Das bedeutet aber im Endeffekt, die Volksschüler, die Unterstufenschüler sind im Grunde genommen wie­der gänzlich zu Hause, und damit schließen Sie de facto auch wieder unsere Schulen, zumindest im Unterstufenbereich. Unterricht mit Schülern, die in der Klasse sitzen, und Schülern, die zu Hause sitzen, funktioniert nicht, das geht ganz einfach nicht.

Herr Bundesminister, auch Sie sind Teil dieser Bundesregierung, die mit ihren Maß­nahmen einen ganz, ganz großen Keil in unsere Gesellschaft treibt; sie trennt Familien, sie trennt Eltern und Kinder, sie trennt Bruder und Schwester. Politikberater Thomas Hofer hat es vor zwei Tagen auf den Punkt gebracht, er hat gesagt: „Die Politik – Partei­zentralen, Ministerien und Bundeskanzleramt – unterschätzt die Kluft in der Gesell­schaft.“

Herr Bundesminister, bitte beenden Sie zumindest in Ihrem Bereich diese Spaltung der Gesellschaft, diese Teilung der Menschen in Gut und Böse in unserem Land! (Beifall bei der FPÖ.)

17.14

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hermann Brückl, MA

und weiterer Abgeordneter

betreffend zusätzliches Budget für Fördermaßnahmen zur Aufholung von durch die Schulschließungen verursachten Lernrückständen

eingebracht in der 129. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 17. November 2021 im Zuge der Debatte zu TOP 4, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungs­vorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) – UG30

Die österreichische Bundesregierung hat trotz eindringlicher Kritik quer durch die Bevöl­kerung die Schulen während der Corona-Pandemie mehrmals geschlossen und gehört somit bei den Schulschließungstage zu den Spitzenreitern der OECD-Länder.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 449

Inzwischen hat auch Bildungsminister Faßmann erkannt, dass Schulschließungen der absolut falsche Weg sind, und diese massive Schäden angerichtet haben. Es wäre nun dringend notwendig, die dadurch verursachten Lernrückstände durch gezielte Förder­maßnahmen für alle Schüler aufzuholen. Ein diesbezügliches 200 Millionen-Paket, dass seitens der Bundesregierung mehrmals versprochen wurde, ist bis dato nur zu einem Teil im Klassenzimmer angekommen. Statt dieses Pakete auszuweiten, ist im Bud­get 2020 lediglich der 2021 noch nicht abgeholte Teil dieses Förderpaktes für weitere Maßnahmen vorgesehen: 65,6 Millionen Euro, also nicht einmal 60 Euro je Schüler für ein ganzes Jahr!

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung werden aufgefordert, für die Aufholung von Lernrückständen ein ausrei­chendes Budget für zusätzliche Fördermaßnahmen 2022 zur Verfügung zu stellen“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Frau Abgeordnete Sibylle Hamann gelangt nun zu Wort. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 450

17.14.23

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Liebe Frau Präsidentin! Lieber Herr Bun­desminister! Kolleginnen und Kollegen! Das war ein wirklich arges Jahr in den Schulen, geprägt von Unterbrechungen, von Überforderungen, von Verletzungen durch Corona, aber ich bin fest davon überzeugt, dass die Schulen stärker und resilienter aus dieser Krise herauskommen können (Beifall bei Grünen und ÖVP), und dieses Budget von im­merhin mehr als 10 Milliarden Euro wird ihnen dabei helfen. Ich versuche, das in ein paar Eckpunkten zu umreißen.

Erstens, dieses Budget ist ein Zukunftsbudget. Es holt uns aus dem digitalen Loch, in dem wir in diesem Land seit vielen, vielen Jahren sitzen, raus. Ich rede da jetzt nicht nur von den viel zitierten und schon oft besprochenen Endgeräten – einheitlich, günstig und hochwertig –, die es künftig für alle Schülerinnen und Schüler und auch für die Lehrkräfte geben wird. Ich rede auch vom IT-Support und von den dazugehörigen Planstellen. Ich spreche von einer riesigen Fortbildungsoffensive digitaler Art für Lehrkräfte und auch von dem neuen Pflichtfach digitale Grundbildung, das in diesem Budget mit 150 Plan­posten ab nächstem Jahr eingestellt ist. Damit sind wir endlich fit für das digitale Zeitalter.

Dieses Budget ist zweitens auch ein Budget für Nachhaltigkeit. Corona hat uns gezeigt, wie essenziell wichtig frische Luft sein kann – eine Sache, die man sich normalerweise gar nicht so überlegt –, ein gutes Raumklima, Belüftung, eine gute technische Ausstat­tung und selbstverständlich auch WLAN. Wir haben auch gesehen, wie wichtig Freiflä­chen und eine intelligente Planung bei der Schularchitektur sein können, deswegen sind für Schulneubauten und ‑sanierung in diesem Budget 611 Millionen Euro vorgesehen, mit einem Fokus auf Energieeffizienz, auf Nachhaltigkeit, weil die Jugendlichen, die sich global fürs Klima einsetzen, natürlich auch in der Schule klimafit lernen wollen.

Drittens, und das ist mir ganz besonders wichtig: Das, was wir hier vorliegen haben, ist ein solidarisches Budget. Es hat, wie wir alle wissen, in diesem Jahr große soziale Ver­werfungen gegeben, und ja, viele Kinder hatten es noch viel schwerer als andere; des­wegen sind zusätzliche Ressourcen vorgesehen, die dort, wo sie am meisten bewirken, gezielt eingesetzt werden. Kollegin Vorderwinkler hat gesagt, sie sehe kein Aufholpaket. Ich weise auf die zusätzlichen Förderstunden im Ausmaß von – bereits jetzt – 250 Millio­nen Euro im laufenden Jahr hin; davon haben wir erst ein bisschen mehr als die Hälfte überhaupt verbrauchen können, weil es so viel ist, und zu dem nicht aufgebrauchten Teil kommen jetzt noch weitere 65 Millionen Euro dazu. Das sind flexibel einsetzbare Stun­den an jedem Standort.

Ein besonderer Fokus liegt dabei natürlich auf den benachteiligten Standorten, ein be­sonderer Fokus liegt auch auf der Sprachförderung, speziell – auch neu – nach dem Übergang in den ordentlichen Status, weil Kommunikation und Sprache in dieser Krise natürlich am meisten gelitten haben. Auch drinnen sind die Ausweitung und die Neuauf­stellung des psychosozialen Supportpersonals oder zum Beispiel auch die Erhöhung der Schülerbeihilfe um 20 Prozent, weil wir in diesem Land jedes Kind und seine Talente brauchen und wir es uns nicht leisten können, eines von ihnen zurückzulassen.

Ja, schließlich ist es ein Budget, das auch Neues hervorgebracht hat; die digitale Grund­bildung habe ich bereits erwähnt. Ein zweites Kind von Corona ist die Sommerschule, die gekommen ist, um zu bleiben – und wesentlich ausgeweitet wird –, in Hinkunft als Angebot für alle Kinder und Jugendlichen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Da kann man nicht nur spielerisch lernen – für die Kleineren ‑, sondern sich auch – für die Älteren – gezielt auf einen Schulwechsel, auf Nachprüfungen, auf Wettbe­werbe vorbereiten. Für Studierende wird das eine Chance sein, sich in der Praxis zu erproben und Erfahrungen zu sammeln. Ich glaube, wir werden uns irgendwann gar nicht mehr vorstellen können, dass es diese Einrichtung einmal nicht gegeben hat; ich werde


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Ihnen dazu demnächst noch Details berichten und freue mich schon darauf. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.19


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Martina Künsberg Sarre. – Bitte.


17.19.17

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Ich mag es ja immer gerne, wenn ich nach Kollegen Taschner spreche, weil ich schon gewusst habe, was kommen wird, und jetzt hat es auch Frau Kollegin Hamann gesagt: Erstmals haben wir mehr als 10 Milliarden Euro im Bildungsbudget zur Verfügung. – Ja, das mag stimmen, aber es kommt natürlich darauf an, was drinnen steckt. Wenn man nur sagt, der Betrag sei super und es sei egal, was dazukomme, macht man es sich ein bisschen einfach. (Zwischenruf des Abg. Taschner.)

Das Budget kann man so bezeichnen: Verwalten statt Gestalten. Das bleibt weiterhin gleich. Positiv – damit möchte ich beginnen – ist sicherlich die Anpassung der Schüler­beihilfen. Das war längst notwendig. Positiv ist auch, dass es mehr Mittel für die Schul­psychologie gibt. Darauf wird auch noch mein Kollege Yannick Shetty eingehen.

Was Sie aber natürlich überhaupt nicht erwähnt haben, ist, dass ein sehr, sehr großer Teil der Erhöhungen, nämlich 238 Millionen Euro, für Tests, Masken und Desinfektions­mittel verwendet wird, und ich glaube, wir sind uns einig, dass das jetzt zwar notwendig und wichtig ist, dass das aber natürlich keine einzige bildungspolitische Maßnahme ist, die den Kindern etwas bringt. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf der Abg. Salz­mann.) – Ich weiß nicht, was Sie als bildungspolitisch betrachten. Natürlich musste das da sein, aber es müsste zusätzlich noch etwas kommen beziehungsweise sollte sich endlich auch der Gesundheitsminister zuständig fühlen und nicht vor den Toren der Schule haltmachen. Das sind eigentlich gesundheitspolitische und keine bildungspoliti­schen Maßnahmen.

Für den Chancenindex gibt es nach wie vor nur 15 Millionen Euro. Das ist das Prestige­projekt der Grünen. Zur Elementarbildung gab es jetzt gar keine Wortspende, weil die Elementarbildungsausgaben nämlich auch gleich bleiben. Diese beiden Bereiche zusammen – das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen – erhalten we­niger, als Sie für Masken, Desinfektionsmittel und Tests aufwenden. Da sieht man also schon auch die Wertigkeit, nämlich dass die Ausgaben im Bereich Kindergarten gleich bleiben. Frau Kollegin Hamann, Sie haben das ganze letzte Jahr gesagt, es werde zu­sätzliche Mittel geben – davon ist nichts zu sehen.

Ganz kurz noch zum Wissenschaftsbudget: Da gibt es zwar eine Erhöhung, das ist posi­tiv. Nach langem, zähen Ringen gibt es auch eine Nachfolge für die Nationalstiftungs­mittel, das ist gut. Unklar ist aber nach wie vor, was mit der TU Oberösterreich ist. Dafür, sagten Sie, wird es Geld im Budget geben. Wo es das gibt, haben wir leider nicht ge­funden.

Eine weitere wichtige Maßnahme, die bei der letzten Leistungsvereinbarungsperiode begonnen wurde, nämlich die Studienplatzfinanzierung, ist offensichtlich auch ins Sto­cken geraten und kommt nicht weiter. Sie werden jetzt vielleicht sagen, das ist Corona geschuldet, aber man kann sich natürlich nicht immer darauf ausreden.

Kollege Taschner hat schon die Wissenschaftsskepsis, die Wissenschaftsfeindlichkeit angesprochen. Ja, das ist ein Riesenthema, und da sind Sie auch gefragt, nämlich als Regierung. Ich darf nur sagen: Der Rechnungshof hat kritisiert, dass drei zuständige Ministerien zwischen 2013 und 2017 über 60 Millionen Euro für Wissenschaftskommu­nikation ausgegeben haben, aber überhaupt keine gemeinsame Strategie vorhanden war. Es macht einfach jeder irgendetwas, unabgestimmt. Dann dürfen Sie sich natürlich


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nicht darüber wundern, dass die Wissenschaftsskepsis der ÖsterreicherInnen oder der Bürger, die hier leben, relativ groß ist und wir in dieser Hinsicht im Vergleich zu anderen Ländern wirklich hinterherhinken.

Vielleicht noch ganz kurz: Länder, deren Bevölkerung wenig wissenschaftsskeptisch ist, haben auch gute Impfquoten. Also vielleicht gäbe es da einen gewissen Zusammen­hang, Herr Taschner. (Beifall bei den NEOS.)

17.23


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Maria Theresia Niss. – Bitte.


17.23.39

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr ver­ehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann keine Rede über die Forschung beginnen, ohne den Riesenerfolg der Forschung der letzten zwei Jahre zu erwähnen, und das ist natürlich die Impfung. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

Da wurde in den letzten zwei Jahren das Wissen von ganz, ganz vielen gebildeten Men­schen weltweit und natürlich auch viel an finanziellen Mitteln investiert, um den einzigen und auch langfristig wirklich möglichen Weg aus der Pandemie zu finden, nämlich jenen durch die Impfung. Deswegen wende ich mich mit einer inständigen Bitte an Sie alle: Lassen Sie sich impfen, zum ersten, zum zweiten oder zum dritten Mal! Ich habe heute in der Früh meinen dritten Stich bekommen. Ich kann Ihnen versichern: Es geht rasch, es tut nicht weh und es hilft – Ihnen, Ihren Angehörigen und dem Land. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Auch wenn uns Corona fordert, so ist das natürlich nicht die einzige Herausforderung. Wir haben den Bereich der Ökologisierung, des Klimawandels, wir haben die demografi­schen Herausforderungen, wir haben die Digitalisierung. Klar ist, dass für die Lösung all dieser Probleme natürlich die Forschung ganz, ganz relevant ist. Genau mit der For­schung werden wir es natürlich schaffen, aus diesen Herausforderungen Chancen zu machen, in Österreich und in Europa.

Österreich war immer ein Forschungsland, und Österreich ist ein Forschungsland. Wir haben exzellente Universitäten, wir haben exzellente Forschungseinrichtungen, und wir haben exzellente Unternehmen. Ja, wir können besser werden, das möchte ich gar nicht verneinen. Beispielsweise im Bereich des Wissenstransfers, in unserer exzellenten Grundlagenforschung, glaube ich, können wir noch besser werden, wenn es darum geht, marktfähige Produkte und Lösungen zu finden. Trotzdem bin ich es ein bisschen leid, mir hier immer wieder von Experten oder selbsternannten Experten von der Opposition anhören zu müssen, dass wir da nicht gut sind.

Unsere Forscher spielen sowohl in der Quantentechnologie als auch beispielsweise in der Krebsforschung eine führende Rolle. Denken wir an Prof. Zeilinger, aber auch an Prof. Lechner in Innsbruck im Bereich der Quantentechnologie! Denken wir an das IMP, an Boehringer Ingelheim im Bereich der Krebsforschung! Ich möchte gar nicht über den Bereich Green Energy beziehungsweise Green Technology sprechen, denn da würde ich jeden beleidigen, den ich nicht erwähne. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Lukas Hammer.)

Wesentlich ist, dass wir da die entsprechenden Mittel investieren. Ich freue mich, dass wir mit diesem Budget öffentliche Mittel im Wert von insgesamt 3,7 Milliarden Euro inves­tieren können. Das ist ein Plus von 9 Prozent, und ich gratuliere Ihnen, Herr Minister, in Ihrem Bereich haben Sie ein Plus von 360 Millionen Euro. Ich möchte mich bei Ihnen vor allem auch ganz, ganz herzlich für Ihren Einsatz für die Nationalstiftung bedanken. Ich glaube, wir haben ein sehr, sehr gutes Folgemodell für die nächsten Jahre gefunden,


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und das ist für die Forschung in Österreich und für den Standort Österreich wesentlich. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Lukas Hammer.)

Am Ende möchte ich noch einen Bereich erwähnen, der mir ganz besonders wesentlich ist, und das ist der Bereich der weiblichen Forschung, der Bereich Frauen in der For­schung. Da können und da müssen wir noch besser werden. Momentan sind in Öster­reich ungefähr ein Drittel der Forscher Frauen, bei den ProfessorInnen ist der Frauen­anteil noch geringer. Ich glaube, darin läge ein ganz, ganz großer Schritt zum Erfolg, damit wir als Forschungsland in der Zukunft noch stärker werden.

Zusammenfassend möchte ich sagen: Ich bin stolz auf unsere Wissenschaft, ich bin stolz auf unsere Forschungseinrichtungen, ich bin stolz auf unsere Unternehmen, ich bin aber vor allem ganz stolz auf unsere Frauen! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen.)

17.27


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Andrea Kuntzl. – Bitte.


17.27.36

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dem Impfappell meiner Vorrednerin kann ich mich aus ganzem Herzen und aus vollster Überzeugung anschließen. Der Beitrag der Wissenschaft zur Bekämpfung der Pandemie ist gar nicht hoch genug einzuschätzen. Insofern ist es auch völlig unver­ständlich, dass in der aktuellen Debatte seitens einiger Regierungsmitglieder Wissen­schafter jetzt zu Sündenböcken für die aktuelle furchtbare Lage gemacht werden sollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das möchte ich von dieser Stelle aus heftig zurückweisen und – ganz im Gegenteil – an diejenigen, von denen wir jetzt so dringend wichtige Entscheidungen erwarten, appellie­ren, einzugreifen, diese Welle zu stoppen, diese Welle zu brechen und wirklich auf die Expertise der Wissenschafter zu hören und darauf zurückzugreifen. Es ist hoch an der Zeit! (Beifall bei der SPÖ.)

Was das Wissenschaftsbudget betrifft, so möchte ich exemplarisch zwei Punkte heraus­greifen, bei denen wir uns wesentlich beherztere Maßnahmen und auch die Zurverfü­gungstellung der entsprechenden notwendigen Budgetmittel erwarten würden. Das eine ist der Ausbau der Fachhochschulen, und das andere ist die Studienförderung.

Die Fachhochschulen sind zu einer ganz, ganz wichtigen Säule im tertiären Bereich ge­worden, werden aber budgetär stiefmütterlich behandelt. Es wäre erstens an sich wich­tig, dort mehr Studienplätze anzubieten; und darüber hinaus auch noch in dem Zusam­menhang, dass vor einigen Jahren, als im Rahmen der Studienplatzfinanzierung flä­chendeckend massive Studienplatzbeschränkungen eingeführt wurden, versprochen wurde – nämlich von Ihnen, Herr Bundesminister –, dass das mit einem entsprechend massiven, starken, engagierten Ausbau der Studienplätze an Fachhochschulen flankiert werden würde. Das ist aber in den letzten Jahren nicht entsprechend passiert und wird auf Basis dieses Budgets auch nicht möglich sein. Da würden wir für unsere Studie­renden wesentlich mehr Budgetmittel und einen stärkeren Ausbau erwarten und ein­fordern.

Der zweite Punkt ist die Studienförderung: Da sind Mittel zur Valorisierung vorgesehen, allerdings in einem sehr geringen Ausmaß. Wir sind jetzt mit einer massiven Teuerungs­welle konfrontiert, das gilt auch für die Studierenden, die ja über geringe Mittel verfügen, die auch von der Pandemie besonders betroffen und in den Arbeitsmöglichkeiten sehr beeinträchtigt sind.

Die Inflation steigt sehr stark an, da wäre es notwendig, die Studierenden stärker zu unterstützen: Einerseits braucht es eine Inflationsabgeltung, die es seit 2017 nicht mehr


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gegeben hat – damals haben wir das umgesetzt –, andererseits wäre es auch wichtig, den Bezieherkreis der Studienförderung zu erweitern, damit mehr Studierende Unter­stützung bekommen können. Das wäre dringend notwendig, denn die Studierenden sind von der Pandemie sehr stark getroffen worden und hätten sich das verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

17.31


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Eva Blimlinger. – Bitte.


17.31.05

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Ganz verstehe ich meine Vorrednerin nicht, und ich frage mich, ob sie sich das Budget wirklich angeschaut hat, insbesondere was die Fachhochschulen betrifft. Da gibt es nämlich eine Erhöhung, da gibt es einen Ausbau der Studienplätze, die es auch in den letzten Jahren gegeben hat.

Es sind 375 Millionen Euro für die Fachhochschulen vorgesehen, also da gibt es einen Ausbau. Ich sehe nicht, dass wir da säumig wären – ganz im Gegenteil, dieser Sektor wurde ja schon voriges Jahr gestärkt und wird auch mit diesem Budget neuerlich ge­stärkt, ebenso die Universitäten. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir haben das Leistungsvereinbarungsbudget schon erwähnt, für die Jahre 2022 bis 2024 stehen 12,3 Milliarden Euro zur Verfügung, und ich glaube, es sind nur mehr drei oder vier Universitäten ausständig, die noch verhandeln. Die meisten haben ihre Leis­tungsvereinbarungen schon abgeschlossen, und klar ist: Als Rektor beziehungsweise Rektorin ist man nicht immer zufrieden, ich war natürlich auch nie zufrieden, das ist auch ganz richtig so – aber ehrlicherweise muss man sagen, dass die Abschlüsse mit Steige­rungen zwischen 7 und 10 Prozent sehr gut sind. Sie decken vieles ab und ermöglichen vor allen Dingen auch immer wieder Neues.

Es wird ja oft insinuiert, es würde nur fortgeschrieben und eine Inflationsabgeltung be­schlossen werden: Nein, mitnichten, es gibt viele neue Projekte an den Universitäten! Da brauchen wir nur Rückschau auf die laufende Leistungsvereinbarungsperiode halten, in der wirklich viel an neuen Studienrichtungen, aber auch an Wissenschafts- und For­schungsprojekten umgesetzt wurde.

Der Posten für Studienbeihilfe wird um 20 Millionen Euro erhöht: Ja, da kann man sich auch mehr wünschen, aber ich glaube, die Valorisierung wird damit abgedeckt, und es gab ja schon mit der letzten Novelle ein bisschen eine Erweiterung des BezieherIn­nenkreises.

Zum Bereich Forschung – FWF, Akademie der Wissenschaften et cetera –: Mir liegt be­sonders die mittlerweile sehr gute Dotierung des FWF am Herzen, um die Grundlagen­forschung ausreichend zu fördern. Es handelt sich beim Budget für die Jahre 2021 bis 2023 um eine Steigerung von 27 Prozent, für die Programme des FWF stehen 806 Mil­lionen Euro zur Verfügung, ich glaube, das ist ein sehr guter Weg. Mit dem neuen Prä­sidenten wird es auch gut sein, die diversen Programme im FWF etwas zu konsolidieren, denke ich, vor allen Dingen im Bereich der Exzellenzprogramme. Ein besonderes Anlie­gen sind mir dabei aber auch die Programme zur Erschließung und Entwicklung der Künste, mit denen die künstlerische Forschung gefördert wird. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich möchte an dieser Stelle auch noch etwas zu Corona sagen: Ich möchte dem Rektor der Universität Klagenfurt, Oliver Vitouch, für sein engagiertes Vorgehen danken, eben­so für seine 2G-Regelung und seine Äußerung, dass Leute, die wissenschaftliche Ergeb­nisse und Forschung ablehnen, sich überlegen sollten, was sie auf einer Universität


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machen. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Brückl: Antidemokratisch!) Genau das ist der Punkt, den wir engagierter angehen sollten, um bestimmte Dinge zu ermöglichen. Mein Dank gilt an dieser Stelle ihm für seine mutige Haltung – er wird dafür mit Morddrohungen eingedeckt, nur so viel dazu.

Im Übrigen bin ich selbstverständlich nach wie vor der Meinung, dass die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt werden soll. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

17.35


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Martin Graf. – Bitte.


17.35.40

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Ich muss entschieden dem widersprechen, was Frau Kolle­gin Blimlinger da gesagt hat. Das ist nämlich genau das, was nicht passieren darf: Was hat man für einen Zugang zum Thema Bildung beziehungsweise Ausbildung, wenn man ein Grundrecht, nämlich das Recht auf Bildung, einfach so negiert – noch dazu als Rek­tor oder als Wissenschaftssprecherin einer Regierungspartei? (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist wirklich unglaublich, und aus diesem Grund bringe ich hier auch einen Antrag ein. Herr Bundesminister, die Kommunikation in diesem Bereich ist nicht wirklich gut, weil jede Institution – ausgegliedert, das ist vielleicht das Problem – eine andere Darle­gung und Sichtweise hat, bis hin zum Ausschließen von Studenten vom Bildungsan­gebot.

Das geht doch etwas zu weit, und da muss man als Wissenschaftsminister eingreifen. Das betrifft nicht nur die Universität Klagenfurt, auch an anderen Institutionen ist das so, und aus diesem Grund bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend „kein Aus­schluss von Ungeimpften von Lehrveranstaltungen an Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung werden aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass Ungeimpfte auf Grund ihres Impfstatus nicht von Lehrveranstaltungen an Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen ausgeschlossen werden.“

*****

Das ist eine dringende Bitte, Herr Bundesminister, da haben Sie zu handeln!

Zu Kollegen Taschner möchte ich nur sagen: Viel Kritik habe ich von Ihnen gehört, Sie behaupten ja, alles müsse neu aufgesetzt werden – na dann hoffe ich, dass die ÖVP bald in die Regierung kommt, dann können Sie das auch endlich umsetzen! Sie stellen es ja so dar, als sei die ÖVP in der Opposition, Sie kritisieren schlussendlich mehr als wir. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.)

Es gibt mehr Geld, ja, das ist richtig und in einigen Punkten durchaus anzuerkennen – bei den Fachhochschulen etwa sind wir aber überhaupt nicht zufrieden. Es zeigt sich viel zu wenig Engagement, zu wenig Schwerpunktsetzung, zu wenig Zukunft in der institu­tionellen - -



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Präsidentin Doris Bures: Sie müssen nun Ihren Schlusssatz formulieren, Herr Abge­ordneter!


Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (fortsetzend): Mein Schlusssatz: Sehr traurig ist, dass der FWF – der jedes Jahr bei der Bilanzpressekonferenz sagt, er könnte mehr gute Projekte ausstatten, doch das Geld fehle – nächstes Jahr tatsächlich nominal, aber auch prozentuell weniger bekommt. (Bundesminister Faßmann schüttelt den Kopf.) Da muss man sich, glaube ich, genau ansehen, warum das so ist, denn es darf kein gutes Projekt auf der Strecke bleiben. (Beifall bei der FPÖ.)

17.38

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Dr. Martin Graf

und weiterer Abgeordneter

betreffend kein Ausschluss von Ungeimpften von Lehrveranstaltungen an Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen

eingebracht in der 129. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 17. November 2021 im Zuge der Debatte zu TOP 4, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvor­lage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) – UG31

Der Bundesvoranschlag 2022 (BVA-E 2022) sieht für die UG 31-Wissenschaft und For­schung im Finanzierungshaushalt Auszahlungen iHv insgesamt 5,62 Mrd. EUR vor. Mit diesen Milliarden an Steuergeldern soll gewährleistet werden, dass Studierwillige auch studieren können.

Aufgrund überbordender Corona-Restriktionen ist dies allerdings nicht mehr für alle möglich. So schließt zum Beispiel die Universität Klagenfurt Ungeimpfte von Präsenz­lehrveranstaltungen aus. Der Rektor der Universität Klagenfurt, Oliver Vitouch, richtete darüber hinaus den Ungeimpften auch noch aus, dass für die Ungeimpften eine Uni­versität nicht das Richtige sei: „Jene, die all das kategorisch von sich weisen, müssen beizeiten beginnen, darüber nachzudenken, ob eine Universität das Richtige für sie ist.“

Studenten der FH IMC-Krems können als Ungeimpfte nicht an FH-Lehrveranstaltungen, die an der Abteilung für Anatomie der MedUni Wien unterrichtet werden, teilnehmen.

Die FH Burgenland informierte ihre Studenten, dass die 2G-Regel an der FH als mittel­fristiges Ziel vorgesehen ist. Es soll nun eine Übergangsfrist (bis wann steht nirgendwo) mit 2,5G geben. Eine Studentin schreibt uns dazu: „Alle Ungeimpften meiner Klasse SIND gesunde Menschen. Wir haben ein Recht darauf unsere Aus-bildung, an der wir bereits 2 Jahre hart gearbeitet haben, fertigzustellen.“

Bildungsminister Faßmann trat im Budgetausschuss am 11. November 2021 dafür ein, dass das „Recht auf Bildung“ auch für Covid-Ungeimpfte gelten muss. Maßnahmen von seiner Seite, dass das auch so gewährleistet ist, blieben jedoch aus.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung werden aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass Ungeimpfte auf Grund


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ihres Impfstatus nicht von Lehrveranstaltungen an Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen ausgeschlossen werden.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Josef Smolle. – Bitte.


17.38.45

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Österreich gehört europaweit zu den Ländern mit der höchsten Forschungs- und Ent­wicklungsquote, und da sage ich mit leichtem Augenzwinkern dazu: Für mich als Steirer ist das besonders schön, denn die Steiermark hat mit 5,14 Prozent eine der höchsten F&E-Quoten aller 283 europäischen Regionen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Abg. Lercher.)

Gleichzeitig heißt es immer wieder, wir hätten einen guten Input, aber wie schaut es mit dem Output aus? – Da tut sich ebenfalls einiges, und dass es im Times Higher Education Ranking mittlerweile zwei österreichische Universitäten – eine in Wien, eine in Graz – unter die Top 200 geschafft haben, ist ein erfreuliches Signal, dass es in die richtige Richtung geht.

Kommen wir zum Forschungsbudget! Tatsächlich wird auf der Inputseite viel gemacht, das Forschungsbudget steigt von 5,3 auf 5,6 Milliarden Euro, rund 4,1 Milliarden Euro davon für die Universitäten, und auch dort wird, wie schon mit der Universitätenfinanzie­rung Neu begonnen, leistungsorientiert und differenziert in Lehre, Forschung, Infrastruk­tur verhandelt. Wichtig ist auch, dass man sich nun an der F&E-Strategie der Bundes­regierung 2030 und am FDI-Pakt für die nächsten Jahre orientiert und dass das jetzt nicht nur mit diesen dreijährigen LV-Vereinbarungen für die Universitäten gilt, sondern auch für die zehn außeruniversitären Forschungsförder- und Forschungseinrichtungen in Österreich.

Wir können durchaus erwarten, dass mit dieser klaren strategischen Ausrichtung eben auch der Output weiter steigt. Dafür gibt es wirklich gute Zeichen, wenn man es im in­ternationalen Vergleich betrachtet. Eines davon ist natürlich das IST Austria, eine sehr junge Einrichtung, die es in wenigen Jahren geschafft hat, ein deutliches Signal auf der internationalen wissenschaftlichen Landkarte zu setzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben mit dem Budget guten Input in die Forschung. Ich kann Ihnen versichern, die österreichischen Forscherinnen und Forscher wissen das zu nutzen, und ich mache mir um den Output keine Sorgen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Hamann.)

17.41


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Yannick Shetty. – Bitte.


17.41.26

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit dem Positiven beginnen, und da möchte ich mich ausdrücklich bei Ihnen dafür bedanken, Herr Bundes­minister, dass es mehr Geld für die Schulpsychologie gibt, und zwar mit 8 Millionen Euro wirklich deutlich mehr Geld, mit dem auch deutlich mehr Schulpsychologinnen und Schulpsychologen finanziert werden können. Das ist wirklich gut, und ich möchte mich dafür bei Ihnen bedanken.


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Wir begrüßen diese Maßnahme, aber es braucht natürlich mehr als diese 8 Millionen Euro. Denn wer von der Schulpsychologie nicht abgefangen werden kann, der landet bereits jetzt in den vollkommen überbelegten Psychiatriestationen, und dort ist die Triage, von der ja derzeit sehr viel gesprochen wird, längst Realität. Für diesen Bereich gibt es keinen weiteren Cent, nicht hier im Bildungsbudget – zugegeben, das wäre hier auch nicht richtig aufgehoben –, aber eben auch nicht im Gesundheitsbudget.

Diese Bundesregierung tut einfach so, als ob es keine Krise auf der stationären Kinder- und Jugendpsychiatrie gäbe. Auf der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Wien ist kein einziges Bett mehr frei. Die Kinder- und Jugendpsychiatrie in Hall in Tirol hat eine längere Warteliste, als es überhaupt Plätze zu vergeben gibt. Kinder mit psychischen Problemen werden nach Hause geschickt, bis diese Probleme nach Monaten so akut sind, dass die Kinder stationär aufgenommen werden müssen.

Das alles sind keine Folgen einer Coronaerkrankung, das sind direkte Folgen einer fehl­geleiteten Coronapolitik dieser Bundesregierung. Der Ex-Kanzler hat ja noch vor dem Sommer medienwirksam die Pandemie für beendet erklärt, eine coole Zeit kommt auf uns zu, hat er gesagt, und heute stehen wir schlimmer da als je zuvor. Dann kommen Abgeordnete wie Herr Taschner hier heraus, wohlgemerkt Wissenschaftssprecher der ÖVP, und er sagt allen Ernstes, er sei immer noch stolz, Teil dieses Systems Kurz zu sein. (Abg. Hörl: Hallo, hallo!) Herr Taschner und andere Kollegen (Zwischenruf des Abg. Taschner), vielleicht besuchen Sie einmal eine Kinder- und Jugendpsychiatrie, schauen Sie sich die direkten Folgen dieser türkisen Show-und Ankündigungspolitik an, und erzählen Sie dann den Kindern und Jugendlichen, die monatelang auf einen Betreu­ungsplatz gewartet haben, dass sie super durch die Krise gekommen sind!

Liebe Kollegen aus dem türkisen Sektor – und ich meine jetzt explizit die Türkisen und nicht die Schwarzen –, wenn Sie so weitermachen, dann muss vermutlich Integrations­ministerin Raab in ihrem Bericht über Parallelgesellschaften ein eigenes türkises Kapitel erstellen.

Herr Minister Faßmann, zu Ihrer Zuständigkeit: Ich wiederhole das noch einmal, ich weiß auch, dass Ihnen Kinder und Schüler und Schülerinnen wirklich ein Anliegen sind – ich möchte diese zusätzlichen Mittel für Schulpsychologie positiv hervorstreichen –, aber in Hinblick auf die psychische Gesundheit der Kinder und Jugendlichen ist die entschei­dende Frage, wie Sie nun in den weiteren Wochen agieren werden.

Nach einem Totalversagen im Pandemiemanagement – und das bestreiten, glaube ich, hier jetzt wirklich nur mehr wenige, Kollege Schallmeiner hat ja auch am runden Tisch gesagt, dass das alles andere als gut gelaufen ist – ist jetzt die Frage, wie wir damit umgehen. Ich sage das jetzt wirklich gerade heraus: Wir sind an einem Punkt, an dem es wohl weitere Maßnahmen brauchen wird, ob 2G, 2G plus, Boosterimpfungen, Aus­gangsbeschränkungen, Lockdown, aber darum geht es mir jetzt gar nicht, sondern ich sage es anders: Es macht mich wütend, dass wir über weitere Maßnahmen reden müs­sen, aber sie werden wohl notwendig sein, wenn man ein Massensterben auf den Inten­sivstationen verhindern will.

Ich sage Ihnen aber eines, um auf den Punkt der psychischen Gesundheit zurückzukom­men, Herr Bundesminister: Wagen Sie es nicht, sich wieder an den jungen Menschen in diesem Land abzuputzen! Wagen Sie es nicht, wieder Kinder und Jugendliche wegzu­sperren, sie einzusperren, ihnen zu nehmen, was eine glückliche Jugend ausmacht! (Beifall bei den NEOS. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wagen Sie es nicht, ihnen wieder den Sport und die Freizeit zu streichen, ihnen den Kontakt zu ihren Freundinnen und Freunden zu nehmen! Wagen Sie es nicht, wieder die Schulen zu schließen! (Zwischen­rufe bei der ÖVP.) Kontaktreduzierungen sind der Faktor für psychische Probleme der jungen Menschen, und wir dürfen und können uns keine weitere Depressions- und Ess­störungswelle leisten. Wagen Sie es nicht, schon wieder die Kleinsten für die Fehler der


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Großen zahlen zu lassen! Ich verspreche Ihnen, wir werden das nicht zulassen. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Taschner: How dare you?!)

17.45


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Martina Kaufmann. – Bitte.


17.46.01

Abgeordnete Martina Kaufmann, MMSc BA (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Vor allem aber liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Wir erleben hier eine spannende De­batte zum Thema Bildung. Mein Vorredner stellt sich hierher, schwingt große Töne, wie furchtbar, wie dramatisch das nicht ist, wie total furchtbar es eine ganze Generation an Kindern und Jugendlichen im Moment gerade hat.

Ja, es stimmt, es gibt einige Kinder und Jugendliche, die durchaus Unterstützung brau­chen, aber diese Bundesregierung hat 13 Millionen Euro zusätzlich für die Zukunft zur Verfügung gestellt, damit wir genau dort eingreifen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Also das, was Sie da behaupten, Herr Kollege Shetty von den NEOS, ist eine Frechheit. Das ist eine Frechheit gegenüber dem Minister, das ist eine Frechheit gegenüber den Kindern und Jugendlichen, die gemeinsam mit den Päda­goginnen und Pädagogen hervorragend mit den Herausforderungen in der Schule zu­rande gekommen sind. Dem gebührt großer Respekt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Das Gleiche gilt für Kollegin Vorderwinkler von der SPÖ. Sie stellt sich hierher und spricht von einer verantwortungslosen Politik, einer Verantwortungslosigkeit dieser Bundesre­gierung. Wir haben zusätzliche Mittel für Nachhilfestunden in die Hand genommen – die Frau Kollegin von den Grünen hat es vorhin ausgeführt –, nämlich 250 Millionen Euro, die jetzt investiert werden, bereits im laufenden Schuljahr und auch davor mit der Som­merschule, damit wir das, wenn die eine oder der andere vielleicht nicht mitgekommen ist, auch aufholen können.

Schauen wir uns aber dieses Bildungssystem und unser Schulsystem in Österreich ins­gesamt an: Wir sind hervorragend durch die Pandemie gekommen, wir haben uns mit hervorragenden Pädagoginnen und Pädagogen auch sofort auf diese neue Situation eingestellt. (Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.) Sagen Sie nicht einer neuen Genera­tion, dass ihre Zukunft verloren ist! Was ist das für eine Perspektive für heutige Jugend­liche? Ich habe letztens eine Onlinediskussion mit einer Schulklasse geführt, die mir sagte: Wir lesen in den Medien die ganze Zeit und uns wird auch gesagt, wir haben nichts gelernt, wir können nichts, wir werden nie einen Job kriegen und so weiter. – Hören Sie auf, das zu tun! (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.) Hören Sie auf! Sie sagen das in all den Debatten. (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Kollegin Künsberg Sarre von den NEOS, auch wenn es Ihnen in jedem Ausschuss und in jeder Debatte hier gesagt wird: Der Bund ist für die Elementarpädagogik nicht zuständig. Er ist es einfach nicht. (Beifall bei der ÖVP.) Wir haben hervorragende Ein­richtungen für unsere Null- bis Sechsjährigen, wir haben hervorragende Gesetzgebun­gen dafür. Wir haben super Bildungseinrichtungen, und wir haben in den letzten Jahren in allen Bundesländern viel Wert darauf gelegt. Gerade in der Steiermark, woher Sie kommen, haben wir eines der besten Kinderbildungs- und Kinderbetreuungsgesetze. (Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.) Sie können nicht sagen, der Bund ist zuständig, und fragen, wo im Budget das Geld dafür ist. Nein, so funktioniert das nicht, wir haben in Österreich den Föderalismus.

Fakt ist, liebe Zuseherinnen und Zuseher: Wir haben ein Budget, mit dem wir nächstes Jahr bereits die 10-Milliarden-Euro-Grenze im Schulbereich überschreiten werden. Und


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ja, das wird für gute Bildungsarbeit genutzt, nämlich für hervorragende Pädagoginnen und Pädagogen in den Schulen direkt, und die verwalten nicht, sondern die gestalten, die machen wirklich gute Unterrichtsarbeit. Fakt ist auch: Wir haben viele Projekte und viele Maßnahmen, Stichwort auch Digitalisierung. Allein in Graz sind das 9 700 Endge­räte, die für Einrichtungen zusätzlich zur Verfügung gestellt werden. Das heißt, wir sind auch fit für die Zukunft. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.49


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva Maria Holzleit­ner. – Bitte.


17.49.57

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! An die Kollegin von der ÖVP: Der Bund ist deswegen nicht für Elementarpädagogik zuständig, weil ein Ex-Kanzler – der Kollege, Herr Klubobmann Kurz, sitzt im Raum – ein Bundesland aufhetzen wollte und den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung nicht möglich gemacht hat. (Abg. Sieber: Sie wissen, dass das nicht stimmt! Das gibt es ja nicht! Lernen Sie Geschichte!) Er ist in Wahrheit der ärgste politische Haxlsteller. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Salzmann: Das ist doch eine alte Geschichte! Das stimmt ja gar nicht! Du weißt, dass das nicht stimmt! – Abg. Gabriela Schwarz: Das stimmt nicht!) Deswegen gibt es das nicht auf Bundesebene. Das stimmt, Frau Kollegin Salzmann, das stimmt. (Abg. Salzmann: Nein, es stimmt nicht!) Das gibt es schwarz auf weiß in Chat­nachrichten, aber Sie werden es uns nachher sicher erklären.

Zur psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen kann ich gleich nahtlos an das anschließen, was Kollege Shetty gesagt hat: Es sind zwei Jahre, Herr Minister, wir haben wirklich höchstdramatische Zahlen. Die Kinder- und Jugendpsychiatrien sind voll, die Triage ist Realität. Die psychologische Unterstützung von Kindern und Jugendlichen ist wesentlich, muss eine unserer Topprioritäten sein. (Zwischenruf des Abg. Eßl.) Das sagt die Bundesjugendvertretung mit ihrem Motto: Die Krise im Kopf, unter dem sie eine Zehnpunktecharta aufgestellt hat. Viele Punkte darin betreffen auch den Bildungsbe­reich. Es geht einerseits um den Ausbau von Schulpsychologie, aber auch um die ver­stärkte Prävention beim Thema Mobbing oder auch um Aufklärung zu psychoaktiven Suchtmitteln an Schulen.

Die BundesschülerInnenvertretung beispielsweise fordert auch, dass jede Schülerin, jeder Schüler mindestens ein Gespräch mit einer Schulpsychologin, einem Schulpsycho­logen pro Jahr in Anspruch nehmen kann – das ist eine superwichtige Forderung.

Der Bundesverband für Psychotherapie hat ebenso ein Konzept vorgelegt – Fit4School –, damit kontinuierliche niederschwellige Begleitung an den Schulen angeboten werden kann. Das funktioniert in Tirol teilweise schon recht gut. Jetzt braucht es in Wahrheit nur die finanziellen Mittel, um das wirklich auch österreichweit auszurollen. 15 000 Euro wür­de das pro Schule kosten. Dabei geht es um eine Begleitung im Rahmen von 4 Stunden pro Woche. Das ist also wirklich ebenso ein guter Vorschlag.

Viele Vorschläge liegen somit am Tisch, Herr Minister. Wir appellieren wirklich an Sie, hier ein sattes Plus für die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen aus­zuschütten. Wir erkennen an, dass Sie eine Erhöhung vorgenommen haben, aber es braucht einfach noch mehr. Der gute Wille wäre da, jetzt braucht es wirklich mehr Mil­lionen für die mentale Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen in diesem Land. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte noch einen kurzen Exkurs zum Bereich Wissenschaft machen – Kollegin Niss hat es auch schon angesprochen –, weil das Thema wirklich wichtig ist: Frauenför­derung in der österreichischen Hochschullandschaft. Der Hochschulbereich ist noch zu wenig durchlässig, wir sehen uns nach wie vor mit einer gläsernen Decke konfrontiert.


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Es gibt zu wenig Professorinnen, zu wenig Frauen auf Tenuretrackstellen. Das zeigen auch die Wirkungsziele, die Ihr Ministerium aufgestellt hat. Ich fordere Sie wirklich auf, Herr Minister: Sie haben eine zentrale Koordinierungsfunktion – natürlich, Kollegin Blim­linger, unter Berücksichtigung der Uniautonomie, das ist völlig klar –, Sie als Bundesmi­nister müssen da wirklich einfach mehr Ambitionen im Einsatz für die Frauen in Öster­reich zeigen, damit diese auch im Hochschulbereich dieselben Berufschancen wie ihre männlichen Kollegen haben. Herr Minister, setzen Sie ein Zeichen, durchbrechen wir gemeinsam die gläserne Decke! (Beifall bei der SPÖ.)

17.53


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nico Marchetti. – Bitte.


17.53.24

Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Ich finde, wir sollten ein bisschen darauf achten, welche Worte wir wählen, denn ich glaube nicht, dass man kämpferischer wirkt, wenn man besonders unfreundlich ist, oder dass man eher recht hat, wenn man lauter ist. Wenn man sich hierherstellt und meint, die Bundesregierung habe irgendeine Art der Freude daran, Kinder einzusperren, wegzusperren, dann möchte ich echt sagen: So zu tun, als wären wir irgendwelche Sadisten, die Freude daran hätten, jungen Menschen Schaden zuzufügen, ist wirklich geschmacklos. Lieber Kollege Shetty, Würde ist mehr als ein Konjunktiv. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben ja jetzt viel über Zahlen diskutiert, viele Zahlen gehört, aber ich finde, eindi­mensional auf Beträge zu starren ist ein bisschen zu wenig. Es geht ja nicht nur darum, was wir oben hineinschütten, sondern es geht auch darum, was unten für ein Output herauskommt. Ich möchte zwei konkrete Projekte nennen, von denen ich glaube, dass wir dabei nicht nur genug Geld zur Verfügung stellen, sondern es auch richtig einsetzen.

Das eine davon ist der Achtpunkteplan für digitalen Unterricht. 56 Millionen Euro geben wir dafür jetzt in diesem Budget aus, und wir haben den Schulen nicht nur gesagt: Hier habt ihr Geld, und da habt ihr die Geräte!, sondern wir haben die Schulen aufgefordert, Konzepte einzureichen, und sie gefragt: Was macht ihr eigentlich im Unterricht mit die­sen Geräten? – Nur wenn man das gemacht hat, hat man das Geld und die Geräte auch bekommen, was ich für sehr sinnvoll halte. Begleitet haben wir diese Maßnahme auch noch mit dem Pflichtfach digitale Grundbildung, weil diese natürlich die Grundvorausset­zung dafür ist, ein Gerät auch richtig zu bedienen. Dafür haben wir 150 Planstellen be­reitgestellt. Ich glaube, es ist ein rundes Paket mit genug Ressourcen und einer guten Idee dahinter. Das möchte ich positiv hervorheben.

Ein zweites Projekt ist aus dem Regierungsprogramm, das Projekt 100 Schulen. Da geht es darum, dass wir Brennpunktschulen wirklich gezielt unterstützen. Wir wollen nicht mit der Gießkanne Geld ins System hineinschütten, sondern es geht darum, dass wir auf Basis von Indikatoren wirklich zielgerichtet Schulen, die es besonders schwer haben, die besondere soziale Probleme haben, mehr Mittel zur Verfügung stellen. Das finde ich auch ein gutes Konzept.

Wie gesagt, es geht nicht nur darum, mehr Geld in ein System hineinzuwerfen, sondern es geht auch darum, das System zu verbessern. Ich glaube, diese 10 Milliarden Euro für das Bildungsbudget sind nicht nur ein Batzen Geld, sondern es ist auch wirklich ein gutes System, bei dem sich die Euros, die wir da hineinleeren, auch auszahlen. Insofern finde ich es eine gute Sache, und ich glaube, dass wir auch zufrieden damit sein können, wie die Verhandlungen verlaufen sind. (Beifall bei der ÖVP.)


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17.56


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gertraud Salzmann. – Bitte.


17.56.21

Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Aber auch geschätzte Zuseher daheim, die Sie dieser durchaus hitzigen Bildungsdebatte hoffentlich mit Inter­esse folgen! Ich könnte jetzt viel replizieren. Kollege Shetty, ich glaube, Nico Marchetti, mein Vorredner, hat es auch gesagt: Ich distanziere mich wirklich von dieser Wortwahl, die hier am Rednerpult getroffen worden ist. Wir sperren keine Kinder weg. Wenn du sagst: „Wagen Sie es nicht“!, dann empfinde ich das als Drohung, und das finde ich hier völlig unangemessen. (Beifall bei der ÖVP.)

Kollegin Holzleitner – ich sehe dich jetzt nicht –, zu den 1,6 Milliarden Euro: Auch wenn ihr das mantraartig immer wieder, immer wieder wiederholt, wird es nicht richtiger, denn diese Erzählung stimmt nicht. (Abg. Holzleitner: ... etwas anderes!) Ich kann es dir sehr gern erklären, vielleicht nimmst du es von mir an.

Meine Damen und Herren, es ist immer wieder von 1,6 Milliarden Euro die Rede gewe­sen, aber es ist ganz viel Geld in den Ausbau der Tagesbetreuung geflossen. Zum einen haben es die Gemeinden zum Teil nicht abgeholt, zum anderen – das möchte ich hier als Vertreterin der Volkspartei ganz klarmachen – stehen wir für die Wahlfreiheit, wir verfolgen nicht das Modell, das die SPÖ hat. Ihr könnt ein anderes haben, das ist mir egal. Wir stehen für die Wahlfreiheit, wir wollen die Tagesbetreuung, aber nicht ver­pflichtend, das ist klar. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger: Was heißt denn Wahlfreiheit, wenn es nichts gibt? Das ist doch eine Augenauswischerei! Was habe ich denn für eine Wahl, wenn der Kindergarten in schwarzen Gemeinden um zwölf zu­macht? – Zwischenrufe der Abgeordneten Holzleitner und Brandstötter.)

Herr Kollege Brückl, Sie haben von den Förderstunden gesprochen. Es gibt derzeit so viele Förderstunden, dass sie in den Schulen gar nicht verbraucht werden können. Warum? (Abg. Martin Graf: Das liegt eventuell am System!)  Bitte bedenken Sie auch einen Umstand: Es gibt viele Lehrerinnen und Lehrer, die ihren Dienst in den Klassen, in den Schulen in den letzten eineinhalb Jahren mit einem hohen Idealismus bis an die Grenze ihrer Belastungsfähigkeit verrichtet haben. Ich denke, es ist klar, dass die ir­gendwann auch nicht mehr können, dass die auch nicht mehr und noch mehr zusätzliche Förderstunden geben können. (Abg. Martin Graf: Das wird jetzt viel besser, denn jetzt dürfen sie ständig Maske tragen!)

Ich möchte zum Abschluss betonen – und vielleicht lassen mich die Kolleginnen und Kollegen hier herinnen auch ausreden –, Herr Minister: Ein Budget mit erstmalig mehr als 10 Milliarden Euro für eine gute Bildung, bei dem jeder Euro, meine Damen und Her­ren, unseren Kindern und damit unserer Zukunft zugutekommt, ist ein gutes Bildungs­budget. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich freue mich sehr, dass wir in der Digitalisierung mit mehr als 250 Millionen Euro, meine Damen und Herren, jetzt einen extremen Schub ermöglichen können. Nein, es sind nicht nur die Tablets und nicht nur die Computer, die wir den Schülern in die Hand drücken, es ist ein Gesamtpaket. Wir haben diese Tablets zu einem großen Teil schon in den Schulen ausgegeben. Die Kinder freuen sich darüber. Wir haben die Lehrerinnen und Lehrer seit Jahren in der Ausbildung, in der Fortbildung – auch das werden wir weiter fördern, das ist ein wichtiger Punkt dieses Gesamtpaketes.

Wir werden diese digitale Grundbildung noch viel stärker ausbauen. Wir werden, und da gibt es ganz viel zu tun, auch in den nächsten Jahren ganz wichtige und klare bildungs­politische Akzente setzen, die unsere christliche und volksparteiliche Handschrift tragen, da können Sie sich sicher sein. Wir werden die Lehramtsausbildung evaluieren und weiterentwickeln; wir werden auch ganz stark in die Förderung der einzelnen Schularten in unserem guten, differenzierten Bildungssystem hineingehen; und wir werden auch ei­nen starken Fokus auf die Elementarpädagogik legen.


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Zum Abschluss möchte ich ganz bewusst von dieser Stelle aus allen Pädagoginnen und Pädagogen, sei es in den Kinderbetreuungseinrichtungen oder in den Schulen, meinen ganz herzlichen Dank aussprechen. Sie haben die Kinder mit einem hohen Maß an Engagement bestens durch diese ganz schwierige, enorm fordernde Zeit begleitet, sie bestens betreut und auch vielfach gestützt. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

18.01


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Helmut Brandstätter. – Bitte.


18.01.10

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Kurz verlässt wieder einmal fluchtartig den Saal, obwohl ich ihm so gerne etwas gesagt hätte. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es geht näm­lich um einen ganz wichtigen Satz, den man, wenn man an einer Universität studiert, auf jeden Fall mitbekommt, und wenn man nicht an der Universität studiert, nicht mitbe­kommt. Deswegen hätte ich ihm das gerne gesagt, aber Sie können es ihm ja dann ausrichten: „Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei.“ (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Sie schreien schon wieder, und wenn Sie schreien, hören Sie nicht. Kollege Loacker hat das heute schon erklärt. Deswegen sage ich es noch einmal, und der Herr Bundesminister kann es Ihnen dann auch noch erklären: „Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei.“ (Beifall bei den NEOS.)

Das steht im Staatsgrundgesetz, Artikel 17, ist also in Verfassungsrang. Das gilt für uns alle – außer für eine kleine Gruppe rund um Herrn Kurz. Für die gilt dieser Satz nicht, denn das ist ja nicht der Pöbel. Also die Gesetze gelten für den Pöbel. Herr Schmid hat das ja in seinen Chats geschrieben, und deswegen war er der Meinung, die Wissen­schaft ist überhaupt nicht frei, und hat sich Herrn Badelt als einen anerkannten Wissen­schaftler geholt und gesagt, also das mit der Finanzierung von seinem Institut, das ist jetzt bitte schön vorbei, denn der veröffentlicht da Sachen, die ihnen überhaupt nicht gefallen.

Herr Badelt hat das dann in einem „Profil“-Interview erzählt. Er hat gesagt, Schmid hat ihn zum Essen eingeladen. Das war noch das Freundlichste. Dann hat er ihm „sehr rüde eröffnet“, dass das Finanzministerium die Wifo-Grundsubvention um ein Viertel kürzen muss, und dann hat er gesagt, er ist unzufrieden, und es geht ja alles nicht so weiter. Dann hat er gesagt, es gibt Studien, die zwar bezahlt, aber nicht veröffentlicht werden. – Das, meine Damen und Herren, ist schon skandalös: dass mit Steuergeld Studien finan­ziert werden, und wenn sie einem Beamten – nicht einem Beamten, sondern Herrn Schmid, der irgendwie zum System Kurz gehört – nicht passen, dann werden sie nicht veröffentlicht. Deswegen haben wir heute einen Entschließungsantrag vorbereitet. (Abg. Martin Graf: Warum hat er damals nichts gesagt?) – Wer? (Abg. Martin Graf: Herr Pro­fessor Badelt!) – Das müssen Sie Professor Badelt fragen, aber wenn jemand eine Dro­hung ausspricht - - (Weiterer Zwischenruf des Abg. Martin Graf.) Wenn jemand eine Drohung ausspricht (Zwischenruf des Abg. Eßl), ist ja der Böse derjenige, der die Dro­hung ausspricht, und nicht derjenige, der bedroht wird. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Kollege Margreiter hat das bei der Diskussion um die Justizdebatte schon richtig gesagt. Er hat nämlich gesagt: Das System ist korrupt unterwandert. (Zwischenrufe der Abge­ordneten Martin Graf und Eßl.) – Da müssen wir aufpassen, das müssen wir beenden, und deswegen haben wir einen Entschließungsantrag vorbereitet.

Bevor ich diesen aber einbringe, möchte ich Ihnen noch etwas sagen. Schauen Sie heute auf profil.at, da werden Sie nämlich sehen, was in diesem System weiter an kor­rupten Handlungen passiert ist! Erstens wurde offensichtlich die Hausdurchsuchung bei Fleischmann, Frischmann und so weiter verraten, und zweitens sind dann die Handys


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auf einmal weg gewesen; aber die Buben lernen ja nicht einmal etwas. Herr Fleischmann hat noch immer geglaubt, wenn er sein Handy löscht, zurücksetzt, dann ist alles weg. Gott sei Dank ist das nicht so. Sie haben zwar versucht, das System zu unterwandern, aber die WKStA arbeitet, wird also auch das auswerten, und das ist auch ganz wesent­lich. (Abg. Hörl: ... Handy auch schon gelöscht?)

Jetzt schenke ich Herrn Kurz gerne das Buch „Die Kunst des richtigen Maßes“. (Der Redner hält das genannte Buch in die Höhe.) Ja, das ist das Buch „Die Kunst des rich­tigen Maßes“ von Prof. Johannes Huber. Kollege Kollross lächelt. (Abg. Eßl: Lesen Sie es einmal selber!) Ich gestehe, weil ich ja gerne die Wahrheit sage: Ich habe es leider noch nicht gelesen, werde es aber jetzt lesen. Ich lese Ihnen nur ganz kurz etwas vor (Zwischenruf des Abg. Gerstl): Dieses Buch gibt Hinweise darauf, wie wir das richtige Maß finden, aber auch darauf, wie wir es halten können, zum Beispiel indem wir alte Gewohnheiten ablegen und neue annehmen, was nicht einfach ist, wofür es aber hilf­reiche Techniken gibt. – Zitatende.

Deswegen wäre es gescheit, wenn das gewisse Leute lesen und die alten Gewohn­heiten, nämlich ein System korrupt zu unterwandern, beenden. Bei Professor Huber ge­fällt mir auch, dass er ja nicht nur Mediziner, sondern auch Theologe ist, und ich finde, das ist eine gute Mischung, deswegen werde ich mit Freude dieses Buch lesen.

Vorher werde ich aber noch diesen Entschließungsantrag einbringen. Herr Bundesmi­nister Faßmann, sehen Sie darin einen Vertrauensbeweis unsererseits! Sie werden es gleich hören. Ich hoffe nur, dass Sie dann nicht auch behindert werden, man weiß ja nie. Ich bringe also folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Künfti­ge Finanzierung von IHS und Wifo durch das BMBWF“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen und der Bundes­minister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert, einen Vorschlag zu erarbeiten, wie die langfristige Finanzierung des Instituts für Höhere Studien (IHS) und des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo) künftig von der Zuständig­keit des Bundesministers für Finanzen in die Zuständigkeit des Bundesministers für Bil­dung, Wissenschaft und Forschung übertragen werden kann. Ziel muss es in jedem Fall sein, Versuche politischer Einflussnahme auf beide Institute zu unterbinden.“

*****

Ziel muss es auch sein – und ich glaube, Sie stehen als Wissenschaftler wirklich dafür, Herr Bundesminister –, gewissen Leuten zu erklären: „Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei.“ Lasst die Menschen in Ruhe arbeiten! Hört mit der Wissenschaftsfeindlichkeit auf! Wir leben von diesen Forschungsergebnissen. Sie sind gut für uns, eben zum Bei­spiel auch, indem eine Impfung gefunden wurde. Also lasst euch impfen! – Danke. (Bei­fall bei den NEOS sowie des Abg. Kollross.)

18.06

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Künftige Finanzierung von IHS und Wifo durch das BMBWF


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eingebracht im Zuge der Debatte in der 129. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Budgetausschusses über TOP 4: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes­voranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 - BFG 2022) (1157 d.B.) samt Anlagen — UG 31

Der ehemalige Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo), Christoph Badelt, bestätigte gegenüber "Profil", dass der damalige Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, während des Wahlkampfs im Jahr 2017 Druck auf das Forschungsinstitut ausübte. Bei einem Mittagessen habe ihm Thomas Schmid "sehr rüde eröffnet, dass das Finanzministerium die Wifo-Grundsubvention um eine Million, also um ein Viertel, kürzen wolle", sagte Badelt im Interview. Grund dafür sei "eine all­gemeine Unzufriedenheit mit dem Wifo" im BMF. Um den Rücktritt Badelts und einen medialen Aufschrei während des Wahlkampfs zu vermeiden, wurden diese Pläne Badelt zufolge schlussendlich nicht weiterverfolgt.1

Dem Mittagessen mit Christoph Badelt gingen Gespräche zwischen Thomas Schmid und Sebastian Kurz im Juni 2017 voraus, in denen Schmid berichtete, "dass er mit den hei­mischen Wirtschaftsforschern telefoniert habe und wer davon ’auf Linie’ zu bringen sei."1,2 Zu diesen Wirtschaftsforschern, die auf Linie zu bringen seien, zählte auch der damalige Direktor des Instituts für Höhere Studien (IHS) und derzeitige Arbeitsminister, Martin Kocher. Über ihn schrieb Schmid laut Berichten des "Standard": "Kocher bringe ich noch auf Linie. IHS von BMF finanziert".2 Eine versuchte politische Einflussnahme Schmids auf das IHS bestätigte am 19. Oktober 2021 auch der langjährige ÖVP-Spit­zenpolitiker und Präsident des IHS-Kuratoriums, Franz Fischler. Ende 2015/Anfang 2016 habe Schmid eine offene Ausschreibung der Stelle des Leiters des IHS verhindern wol­len, damit "am Ende des Verfahrens ’seine Person’ zum Zuge komme."3

Aus den Forschungsförderungsberichten des BMBWF geht hervor, dass das BMF mit Wifo und IHS mehrjährige Rahmenförderungsverträge abschließt. So wurde beispiels­weise für die Jahre 2017-laufend ein Vertrag zur "Bereitstellung von kurz- und mittel­fristigen Prognosen; Datenbanken; Beratungen zu ad hoc Anfragen; weitere Tätigkeiten mit öffentlichem Gut Charakter; Studien" mit einem Gesamtförderbetrag von 8.386.000 € abgeschlossen. In den Jahren 2013-17 bestand ein Fördervertrag zwischen BMF und Wifo über 9.817.500 €. Ebenso wurde mit dem IHS ein Fördervertrag für die Jahre 2014-2020 mit einem Gesamtförderbetrag von 11.629.795,50 € geschlossen. Für 2021 besteht mit dem IHS ein Fördervertrag über 1.805.220 €.

Die Unabhängigkeit von Wissenschaft und Forschung ist ein wesentlicher Grundpfeiler unserer Demokratie. Forscher_innen müssen ihre Arbeit in jedem Fall ohne politische Einflussnahme planen, durchführen, auswerten und veröffentlichen können, auch und vor allem, wenn es sich um Auftragsforschung handelt. Einen Beitrag zur Unabhängig­keit der Forschung von der Politik leistet das im Jahr 2020 beschlossene Forschungs­finanzierungsgesetz (FoFinaG), in dem zentrale Forschungs- und Forschungsförde­rungseinrichtungen aufgelistet und mehrjährige Leistungs- bzw. Finanzierungsvereinba­rungen inklusive deren Mindestinhalte und Monitoring sowie Evaluierung eingeführt wur­den. Die Schwerpunkte dieser Leistungs- bzw. Finanzierungsvereinbarungen werden im FTI-Pakt, vorgelegt vom Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, festgelegt. Die genannten Bundesminister_innen müssen dafür das Einvernehmen mit dem Bundes­kanzler und dem Bundesminister für Finanzen herstellen.

In der Sitzung des Wissenschaftsausschusses am 19. Oktober 2021 zeigte sich Bun­desminister Faßmann gesprächsbereit, die politisch unabhängige Finanzierung von Wifo und IHS zu garantieren, etwa durch eine Aufnahme der beiden Institute in das FoFinaG. Die beiden Einrichtungen seien vorerst nicht ins Fördersystem des FoFinaG einbezogen


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worden, da sie mit Auftragsforschung befasst seien. Dies könnte längerfristig aber ge­ändert werden.4

1     https://www.profil.at/wirtschaft/kurz-chats-ex-wifo-chef-badelt-ueber-polit-interven­tionen/401771571

2     https://www.derstandard.at/storv/2000130504665/wifo-chef-badelt-bestaetiqt-oevp-schwitzkasten-waehrend-wahlkampf

3     https://wwvv.diepresse.com/6049308/fischler-thomas-schmid-wollte-ihs-direktor-mitbestimmen

4     https://www.parlament.qv.at/PAKT/PR/JAHR 2021/PK1152/index.shtml

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen und der Bundes­minister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert, einen Vorschlag zu erarbeiten, wie die langfristige Finanzierung des Instituts für Höhere Studien (IHS) und des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo) künftig von der Zuständig­keit des Bundesministers für Finanzen in die Zuständigkeit des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung übertragen werden kann. Ziel muss in jedem Fall sein, Versuche politischer Einflussnahme auf beide Institute zu unterbinden."

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nun hat sich Herr Bundesminister Heinz Faßmann zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.06.45

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir reden von der gleichen Materie, sprich von den gleichen UGs, aber offensichtlich aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln. Sie werden daher verstehen, dass ich beide Budgets, UG 30 und 31, lobe, und ich verstehe vollkommen, dass die Opposition sie kritisiert. Das ist legitim und eben Teil unserer par­lamentarischen Diskussion. Warum ich zufrieden bin, Frau Vorderwinkler: OECD – Edu­cation at a Glance sagt mir, wir geben etwa 13 000 US-Dollar pro Schüler und Schülerin pro Jahr aus. Wir sind damit nach Luxemburg, Norwegen und Island an vierter Stelle. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin ganz der Meinung von Frau Abgeordneter Salzmann: Das ist gut investiertes Geld, in Bildung investiertes Geld ist immer auch in die Zukunft investiertes Geld, und daher bin ich mit der UG 30 – und auch 31, wie ich später noch erläutern werde – sehr zufrieden. Bei Schulbesuchen, und ich mache viele Schulbesuche, ist es sehr erbaulich, sehr schön zu sehen, wie unsere Schulen in der Regel hergerichtet sind. Wir investieren jährlich 625 Millionen Euro in Schulneubau und Schulsanierung. Es sind oft prächtige Schulen, die errichtet werden, ökologisch nachhaltig errichtet werden. Das ist etwas, was mir sehr imponiert, und ich sehe auch, dass Schüler und Schülerinnen gerne in solche Schulen gehen, weil es eine angenehme Atmosphäre zum Lernen ist.

Wir investieren auch viel in die Elementarpädagogik, ich muss das noch einmal betonen: Es sind in der derzeitigen 15a-Vereinbarung rund 143 Millionen Euro jährlich. Dazu


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kommt noch einmal ein 52-prozentiger Anteil der Kofinanzierung der Länder, und – ich habe es im Ausschuss schon gesagt – natürlich stehen die Mittel der kommenden Jahre noch nicht drinnen, denn es wäre eine ganz naive Verhandlungsführung, wenn ich dem Verhandlungspartner vorher schon sage, wie viel zu erzielen ist. Nein, zuerst muss man über die Leistungen, über die Strukturen, über die Angebote sprechen, und dann kann man auch über die Finanzierung sprechen.

Herr Shetty, Sie haben mir eindrucksvoll gedroht, ich darf nichts wagen. Irgendwie habe ich mir gedacht: Wissen Sie nicht, wofür ich stehe? Verfolgen Sie keine Medien? Verfol­gen Sie auch keine öffentlichen Äußerungen von mir? Gerade ich bin der, der sagt, diese Triageentscheidung in der Psychiatrie ist ein Teil eines umfassenden Gesundheitsbegrif­fes, und wenn wir von Triage in den ICUs sprechen, dann muss man natürlich auch diese Triage berücksichtigen.

Wissen Sie, ich sage bei jeder Gelegenheit – manchmal kommt man sich ja schon un­glaublich redundant vor, wenn man eigentlich immer das Gleiche sagt, aber das gehört, glaube ich, zum Schicksal eines Politikers dazu –, dass die Zeit- und Sinnstruktur, die Schule den Schülern und Schülerinnen gibt und geben kann, in der Früh aufzustehen – manchmal mühsam, weil man lieber noch länger schlafen möchte ‑, in die Schule zu gehen, dort etwas zu lernen, wichtig ist. Das schafft Sinnstruktur im Leben, und daher ist natürlich auch für mich Präsenzschule die beste Prophylaxe, um jemanden vor de­pressiven Attitüden zu bewahren. Das sage ich jedes Mal, aber Sie sagen mir jetzt ein­drucksvoll, ich darf nichts wagen: Ganz habe ich es nicht verstanden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich muss auch noch etwas zu den Förderstunden sagen: Wir haben ja gesagt, 250 Mil­lionen Euro liegen für Förderstunden auf dem Tisch. Es haben auch meine Vorredne­rInnen schon angedeutet, dass es gar nicht ausgeschöpft wird. Nur eine Vergleichszahl: Deutschland gibt 2 Milliarden Euro für Förderstunden aus, wir geben immerhin 250 Mil­lionen Euro aus – das ist mehr das Zehnfache.

Man muss auch sehen – und darüber bin ich sehr froh –, dass wir zwei neue Unter­richtsfächer haben. Ethik ist die eine Sache, und das andere ist das Pflichtfach digitale Grundbildung. Das ist nicht nur ein Wahlfach, nicht nur eine unverbindliche Übung, das ist ein Pflichtfach geworden. Ich bitte Sie, nur ab und zu auch das zu sehen, was in diesem Budget wirklich positiv ist.

Die Universitäten sind gut bedacht worden, Frau Abgeordnete Kuntzl. Der Rektor der Universität Wien Heinz Engl sagt bei vielen Gelegenheiten, in der letzten LV-Periode konnte die Universität Wien eine Expansionsphase finanzieren und sich leisten, die der der Gründerzeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts entspricht.

Insgesamt konnten in der letzten LV-Periode 360 neue Professoren und Professorinnen berufen werden. Eine große österreichische Universität wie die Universität Wien hat 400 Professorenstellen. Wenn Sie so wollen, ist in den letzten drei Jahren also eine große österreichische Universität neu hinzugekommen. Diese Expansionsphase hört nicht auf, auch in der nächsten LV-Periode werden weitere 60 neue Professuren ge­schaffen werden.

Die Universitäten, glaube ich, werden insgesamt auf eine sechsjährige gute Wachstums­periode zurückblicken können, und das finde ich ausgezeichnet.

Herr Abgeordneter Graf, Sie haben den FWF erwähnt und gesagt, er hatte noch nie so wenig Geld wie jetzt. (Abg. Martin Graf: Nein! Weniger als früher!) Haben Sie es nicht gesagt? – Er könnte mehr haben. Ich muss Ihnen sagen, der FWF hat 27 Prozent Er­höhung im Vergleich zu den vergangenen drei Jahren. Der FWF hat noch nie so viel Budget gehabt, wie er jetzt bekommen wird. Der FWF hat auch die Möglichkeit, über den Exzellenzcluster ganz neue Strukturen in Österreich zu errichten, die es vorher nicht gegeben hat.


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Wir sind, glaube ich, im Bereich der Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft, die mehr Geld be­kommen wird, ebenso erfolgreich. Die Akademie der Wissenschaften bekommt mehr Geld, das IST Austria bekommt mehr Geld. Insgesamt ist der Forschungssektor wirklich, wirklich ein erfolgreicher Sektor gewesen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Der Fonds Zukunft Österreich ist errichtet worden, das sind immerhin grob 140 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr. Das ist alles vorzeigenswürdig.

Meine Damen und Herren, Bildung, Wissenschaft und Forschung gehören in diesem Budget insgesamt zu den Wachstumsbereichen. Ich danke letztlich dem Hohen Haus dafür – denn Sie stimmen dem Budget zu –, dass dies möglich geworden ist. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.14


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Romana Deckenba­cher. – Bitte.


18.14.25

Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Brenn­punktschulen – dieser Begriff ist immer wieder im schulischen Kontext zu hören, und ich persönlich verwende ihn sehr, sehr ungern, denn man hat immer eine Assoziation damit: Gewalt, gespaltene Gesellschaft, religiöser Fanatismus, ein Ort, wo man vielleicht nicht so gerne hingeht. Und täglich gehen Zigtausende Menschen als Schülerinnen, als Schü­ler, als Lehrerinnen, als Lehrer, als Schulleiterinnen und Schulleiter dorthin und leisten aufgrund dieser Situation oder genau deswegen großartige Arbeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es drängt sich schon die Frage auf, was genau diese Schulen brauchen, um diesen Herausforderungen gerecht zu werden. Die Bundesregierung hat im Regierungsüberein­kommen verankert, Schulen mit besonderen Bedürfnissen bestmöglich zu unterstützen.

So wurde in Zusammenarbeit mit der Universität Wien ein Pilotprojekt, 100 Schulen – 1 000 Chancen, ins Leben gerufen, und dafür sind 15 Millionen Euro veranschlagt. Ge­startet wurde es im heurigen Schuljahr. Geben wir diesem Projekt doch bitte auch eine Chance!

100 Schulen in ganz Österreich wurden unter Berücksichtigung unterschiedlichster Kri­terien ausgewählt. Frau Kollegin Vorderwinkler, ich gebe Ihnen ja recht: Es kann immer mehr sein, das ist keine Frage. Es handelt sich zum Beispiel um Volks- und Mittelschulen mit einem hohen Anteil an Kindern, die eine andere Umgangssprache als Deutsch ha­ben. Ich erinnere daran: In Wien trifft das auf über 50 Prozent unserer Schülerinnen und Schüler zu.

Wir wissen auch, dass der Bildungshintergrund und sozioökonomische Faktoren des El­ternhauses für einen erfolgreichen Schulabschluss eine große Rolle spielen. Auch diese Kriterien wurden im Forschungsprojekt berücksichtigt, denn jedes Kind hat natürlich das Recht auf Bildung, unabhängig von der Religion, der Hautfarbe, dem Geschlecht oder davon, ob es behindert ist, ob es arme oder reiche Eltern hat.

Unsere Schulen sollen natürlich auch den entsprechenden Support erhalten. Mit den besten Ressourcen, einem Mehr an Unterstützungspersonal, an Schulpsychologinnen und Schulpsychologen, an Sprachförderstunden, bieten sich ja 1 000 Chancen für unse­re Kinder und Jugendlichen.

Die Erkenntnisse aus diesem Projekt sind Basis für eine effektive, bedarfs- und lö­sungsorientierte Politik. Wichtig ist gleichzeitig – und das, glaube ich, ist wirklich extrem wichtig –, dass laufend eine Evaluierung erfolgen muss, damit die Nutzung und die


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Wirksamkeit der gesetzten Maßnahmen auch wirklich überprüft werden können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Unsere Kolleginnen und Kollegen arbeiten an allen Schulen immer wieder einfach groß­artig, und jene, die aufgrund ihrer besonderen Herausforderungen Unterstützung brau­chen, sollen sie auch bekommen, denn Bildung ist die beste Investition in unsere Zu­kunft. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.18


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klaus Köchl. – Bitte.


18.18.11

Abgeordneter Klaus Köchl (SPÖ): Geschätzte Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! „Koste es, was es wolle“, hat es bei der Pandemie geheißen. Das hat der zurückgetre­tene Bundeskanzler Kurz gesagt. „Koste es, was es wolle“, das haben wir bei den Lehr­lingen aber leider nicht, Herr Minister.

Ich weiß, dass die Lehre mit Matura im Budget ist. Ich habe die Untergliederung 30 mit, die hat 160 Seiten. Es ist genau so ein Blattl (ein Blatt Papier in die Höhe haltend), das die Lehrlinge betrifft. Mehr ist da nicht, und ich glaube, damit können Berufsschülerinnen und Berufsschüler in Zukunft nicht auskommen.

Was ist im Förderpaket? – Für Lehrlinge ist nichts dabei, dabei sind Lehrlinge Schüler wie andere Schüler auch. Wenn ich daran denke, wie bei der Matura herumdiskutiert worden ist, was alles passieren muss, damit die Maturanten die Matura machen können! Die Lehrlinge sind im Stich gelassen worden. Es ist in dieser Richtung nichts passiert, und deshalb bitte und fordere ich ein Umdenken, was die Lehrlinge betrifft. Es gibt über 100 000 Lehrlinge bei uns in Österreich, und diese haben auch ein Recht auf Allge­meinbildung. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben ein Recht, im Ministerium gleich wie die anderen Schüler behandelt zu wer­den. Je breiter sie aufgestellt sind, desto leichter werden sie sich in Zukunft tun. Ein Lehrling will leistungsstark sein, ein Lehrling möchte ganz einfach vorankommen. Er beginnt mit 15 Jahren zu arbeiten und arbeitet bis 65 Jahre.

Manche haben nicht die Zeit, Lehrlinge drei Jahre lang anständig auszubilden, ihnen Allgemeinwissen zu vermitteln. Ich glaube aber, dass das wichtig ist. Man darf nicht auf die Lehrlinge vergessen, und vor allem dürfen sie in den Betrieben nicht einfach nur billige Hilfsarbeitskräfte sein. Ich glaube, die Ausbildner sind dafür verantwortlich, dass ihre Lehrlinge anständig ausbildet werden. Wenn ich den Chef eines Hotelfachbetriebs sagen höre: Ich kann mein Hotel zusperren, weil keine Lehrlinge da sind!, dann ist daran doch etwas falsch, und das gehört diskutiert.

Als Chef hat man Lehrlinge anständig auszubilden, sie vorzubereiten, damit sie dann bis zum 65. Lebensjahr anständige Arbeitskräfte sind. Ich denke, dass man die Lehrlinge da besser unterstützen muss. Das sind junge Menschen mit 15 Jahren, sie brauchen einen kritischen Umgang mit dem Internet, Sprachen, Kommunikation, digitales Wissen. Das sind Dinge, die man ihnen einfach beibringen muss.

Zum Abschluss meiner Rede frage ich Sie, Herr Minister: Haben Sie in Ihrem Kabinett schon einen Lehrling aufgenommen, um diesem vielleicht ein bisschen die Praxis beizu­bringen? (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

18.21


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Johann Weber. – Bitte.


18.21.15

Abgeordneter Ing. Johann Weber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren zu


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Hause vor den Bildschirmen! Bildung ist die Grundvoraussetzung und letztendlich der Schlüssel zu einem erfüllten Leben.

Mit dem Budget 2022 haben wir, wie bereits gehört, Meilensteine gesetzt. Es sind Mei­lensteine im Bereich der Schule mit einem Budget von über 10 Milliarden Euro, das ist ein Plus von 400 Millionen Euro. Einen zweiten Meilenstein sehe ich im Bereich der Wis­senschaft, Forschung und Universitäten mit 5,6 Milliarden Euro, das ist ein Plus von 360 Millionen Euro. In Summe haben wir für den Bildungsbereich 15,8 Milliarden Euro veranschlagt, das ergibt ein Plus von 760 Millionen Euro. Das kann man sich ruhig auf der Zunge zergehen lassen. Es ist ganz gewaltig, was der Herr Minister da ausverhan­delt hat, und dafür gebührt ihm ein großes Dankeschön. (Beifall bei der ÖVP.)

Nachfolgend möchte ich, weil mir das persönlich sehr wichtig ist, zwei Bereiche anspre­chen: Der eine, Herr Köchl, ist die Lehre mit Matura, für die 12,4 Millionen Euro vorge­sehen sind. Ich bin ein Fan der Lehre mit Matura. Warum? – Weil das Modell bei uns im Bezirk Wolfsberg wirklich sehr gut funktioniert, dort machen circa 10 Prozent der Lehr­linge die Lehre mit Matura, und das schon seit Jahren. Ich kann das bestätigen, weil sehr viele Absolventen der Schule, an der ich unterrichten darf, genau diesen Weg ein­schlagen. Aus ihnen werden letztendlich die reifen, leistungswilligen, hoch gefragten Fachkräfte mit sehr guter Allgemeinbildung, also genau jene, die wir in der Wirtschaft brauchen und hinkünftig noch mehr brauchen werden. Deswegen: Gratulation und dan­ke, dass darauf ein Augenmerk gelegt wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Zweite, das ich ansprechen möchte, ist das Fachhochschulwesen. Danke für die 360 Millionen Euro im Budget! In Wolfsberg waren wir vor circa 20 Jahren sehr darum bemüht, einen Fachhochschulstandort im Bezirk zu bekommen. Damals war das nicht möglich. In der Zwischenzeit ist es aber einer Firma – nämlich der Firma PMS in Sankt Stefan bei Wolfsberg, die circa 400 Personen beschäftigt und auf Elektro- und Automa­tionstechnik spezialisiert ist – gelungen, vor Ort eine Außenstelle der Fachhochschule Villach für Interessierte, die eine Fachhochschulausbildung in der Region machen möch­ten, einzurichten. Nächstes Jahr wird es die ersten Absolventen dieser Ausbildungs­schiene geben. Das finde ich sehr gut, und das ist genau das, was wir brauchen. Es hilft gegen die Abwanderung aus den Regionen in die Ballungszentren, weil die Leute vor Ort, auf kurzem Weg die entsprechende Ausbildung machen können, die sie dort in den Arbeitsstätten brauchen. Auch dafür sage ich ein großes Dankeschön.

Bildung und Ausbildung in der Region helfen somit den Regionen in allen Bereichen und bei all ihren Aufgaben. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

18.24


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Agnes Totter. – Bitte.


18.24.33

Abgeordnete MMag. Dr. Agnes Totter, BEd (ÖVP): Es gibt nur eines, was auf Dauer teurer ist als Bildung, nämlich keine Bildung, sagte John F. Kennedy. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Noch nie wurde in Österreich so viel für Bildung ausge­geben, wie für das Jahr 2022 veranschlagt ist. Im kommenden Jahr steigt das Bildungs­budget um über 400 Millionen Euro. Das beachtliche Plus schlägt sich natürlich in ver­schiedenen Schwerpunktsetzungen nieder: Das sind Förderstunden und Unterstüt­zungsmaßnahmen, die Aufstockung des psychosozialen Unterstützungspersonals, der Ausbau der Tagesbetreuung, Investitionen im Schulbau und vieles mehr.

Besonders hervorheben möchte ich aber die Digitalisierungsoffensive des Bundes. Auf die Umsetzung des Achtpunkteplanes für den digitalen Unterricht entfallen im Jahr 2022 rund 56 Millionen Euro. 46 Millionen davon sind für die Bereitstellung der Endgeräte für Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte gedacht, und das auch an unseren Mittelschulen,


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die besonders in den ländlichen Regionen eine wesentliche Säule des Bildungsbereichs darstellen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Hamann.)

Es werden aber nicht nur Endgeräte angekauft und ausgeliefert – wobei das allein schon eine echte logistische Meisterleistung ist –, sondern Minister Heinz Faßmann stellt darü­ber hinaus auch genügend Gelder für die sinnvolle Umsetzung des Projektes zur Verfü­gung. Es gibt sowohl zusätzliche Stunden für den First-Level-Support an den Schulen als auch Planstellen für IT-Administratoren, die den Schulen unterstützend zur Verfü­gung stehen. Besonders begrüße ich die Etablierung des Pflichtfaches digitale Grundbil­dung, auch dafür sind finanzielle Mittel vorgesehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! SPÖ-Ministerinnen wie Kollegin Heinisch-Hosek, die leider nicht mehr da ist, haben stets von Digitalisierung geredet, es aber nicht geschafft, dieses Projekt umzusetzen. Jetzt kommt endlich die Umsetzung. Ein großes Kompliment und mein herzlicher Dank gehen daher an Bundesminister Faßmann und sein Team. Danke an alle Kolleginnen und Kollegen, die dieses Projekt an den Schulen mit viel Engage­ment umsetzen! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Lercher.)

Meine Damen und Herren! Schule hat unter anderem die Aufgabe, Wissen zu vermitteln. Wir Pädagoginnen und Pädagogen freuen uns, wenn wir merken, dass Kinder ihr Wissen erweitern konnten und reifer geworden sind. Umso mehr freut es mich, wenn Lernen auch auf politischer Ebene gelingt. Es hat sich nämlich gezeigt, dass Lernen auch in FPÖ-Kreisen gelingen kann.

Ich möchte dazu etwas zitieren: Ich musste auf der Intensivstation um mein Leben rin­gen. Normale Dinge wie gehen oder greifen müssen wieder gelernt werden. Ich dachte auch immer, dass es mich mit 28 nicht treffen kann, und bin eher leichtfertig damit umgegangen. Falsch gedacht. Ich gelte jetzt als genesen, werde aber auf jeden Fall in sechs Monaten zur Impfung gehen. – Zitatende. All das stammt aus einem Facebook-Posting eines FPÖ-Mandatars aus meinem Heimatbezirk in der Südoststeiermark, der schwer an Corona erkrankt war. Auch er hat etwas dazugelernt, leider zu einem sehr hohen Preis. Das hätte nicht so sein müssen.

Ich appelliere daher dringend an alle, die den unsachlichen Darlegungen der FPÖ Glau­ben schenken: Lernen auch Sie dazu, wachen Sie auf und lassen Sie sich impfen! Es ist nie zu spät, und es hilft Ihnen und uns allen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Hamann.)

18.28


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Katharina Kucharo­wits. – Bitte.


18.28.50

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesmi­nister! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! „Koste es, was es wolle“ ist ein Sager, der ungemein strapaziert worden ist und trotzdem noch immer nicht bei Kindern, SchülerInnen, Lehrlingen und Studierenden angekommen ist, auch budgetär nicht. Die Zielgruppen dieses Sagers sind SpenderInnen, Topverdiene­rInnen und Konzerne, was sich auch im Budget niederschlägt. Das ist wirklich traurig. (Beifall bei der SPÖ.)

Schauen wir uns das Budget für Bildung und Wissenschaft im Hinblick auf Kinder, Schü­lerInnen und Studierende an: Ja, es gibt die genannten Erhöhungen. Im Bildungsbereich wird nahezu alles für Personalkosten und Testungen ausgegeben und von diesen aufge­fressen. Das ist okay, aber es braucht mehr. Im Wissenschaftsbereich braucht es mehr für die Leistungsvereinbarungen. Nach 20 Monaten Coronakrise bekommen Kinder, Schü­lerInnen und Studierende noch immer nichts, was sie unmittelbar unterstützt oder ent­lastet.


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Fangen wir bei den Kleinsten an: Seit Monaten fordern ExpertInnen und PädagogInnen 1 Milliarde Euro für Kinderkrippen und Kindergärten. Diese Milliarde ist im Budget ganz einfach nicht zu finden, auch dann nicht, wenn wir tagelang suchen würden, geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Ganz im Gegenteil – der Herr Minister hat es ja auch zuge­geben –: Für das kommende Jahr sind heiße 142,7 Millionen Euro für Kinderkrippen und Kindergärten budgetiert, die wir aber aus der 15a-Vereinbarung eh schon kennen.

Ich frage Sie wirklich: Wie genau soll diesem riesigen Mangel an Kinderbildungsplätzen begegnet werden? Wie? Noch dazu müssen diese für Mütter, für Eltern bezahlbar sein. Wie reagieren Sie auf den Protest der PädagogInnen und BetreuerInnen, die ja auch auf den Straßen unterwegs waren, Herr Bundesminister, wie auf den Fachkräftemangel und wie auf die andauernde Unterbezahlung? (Beifall bei der SPÖ.) – Finanziell gar nicht, wir finden im Budget gar nichts! Das ist traurig, denn die Kinder sind wirklich die größten VerliererInnen dieser Krise, und sie können nicht länger warten. Deshalb braucht es so­fort einen ersten wichtigen Schritt: Her mit dem Rechtsanspruch auf einen ganztägigen kostenlosen Kinderbildungsplatz (Beifall bei der SPÖ), der von Ex-Kanzler Kurz ver­hindert wurde! – 1,2 Milliarden Euro wurden aus Eitelkeit ganz einfach verhindert. Das ist eine Verhöhnung der Kinder, der Eltern und vor allem der Frauen.

Kommen wir zur akuten Coronasituation! Die letzten Tage und Wochen waren hinsicht­lich der Regierungskommunikation ehrlich gesagt eine absolute Katastrophe (Zwischen­ruf der Abg. Salzmann), auch im Bildungsbereich, leider: ein Hin und Her, von heute auf morgen PCR-Testungen anstelle von Antigentestungen! Braucht es in der Volksschule doch FFP2-Masken oder reicht der Mund-Nasen-Schutz? – Es ist ein Problem, so zu argumentieren und so zu kommunizieren, weil das Unsicherheiten und Ängste schürt; es sorgt vor allem auch dafür, dass man einfach nicht mehr mitmacht – und das geht so nicht, Herr Bundesminister. Was tun Sie ehrlich, um dieses Chaos künftig zu verhindern? Es herrscht nämlich wirklich Chaos – und die Adresse ist leider die Regierungsadresse.

Nun zu den Unis und Fachhochschulen: Ja, es gibt mehr Gelder für Unis, aber für Fach­hochschulen sind heiße 6,4 Millionen Euro vorgesehen – und das sind Peanuts im Bud­get. Gleichzeitig stellen wir uns die Frage – Kollegin Kuntzl ist darauf eingegangen ‑: Wann erhöhen Sie endlich die Studienbeihilfe? Studierende sind am Limit, sie leiden ungemein an der Teuerung, und Studijobs sind weggefallen. Was ist mit den Studieren­denwohnheimen? Sie investieren leider nichts darin – das ist ein Konflikt, den wir beide schon länger austragen. Studierende leiden leider auch psychisch. Welche Maßnahmen, Herr Bundesminister, treffen Sie, um Studierende wirklich, wirklich zu schützen? Es ist nämlich Ihre Aufgabe, für beste Rahmenbedingungen für Studierende zu sorgen. Wir hören und lesen leider seit 20 Monaten nichts. (Beifall bei der SPÖ.) Von Coronamaß­nahmen im Sinne der Studierenden gibt es übrigens auch nichts im Budget zu finden.

Abschließend – meine Zeit ist zu Ende (Ruf bei der ÖVP: Ja!) – bitten wir Sie: Nehmen Sie Ihre Aufgabe umfassend wahr und seien Sie bitte endlich ein Minister für Kinder, SchülerInnen und Studierende, erheben Sie Ihre Stimme! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Scherak.)

18.33


Präsidentin Doris Bures: Zu diesem Themenbereich ist nun niemand mehr zu Wort gemeldet. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Damit schließe ich auch diese Debatte.

Wie vereinbart werde ich diese Sitzung nun bis morgen, 9 Uhr, unterbrechen. Wir begin­nen morgen mit den Kapiteln Frauen und Gleichstellung, Familie und Jugend. – Ich wün­sche Ihnen allen einen schönen Abend.

Die Sitzung ist unterbrochen.

18.33.35*****


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(Die Sitzung wird am Mittwoch, dem 17. November 2021, um 18.33 Uhr unterbrochen und am Donnerstag, dem 18. November 2021, um 9.05 Uhr wieder aufgenommen.)

*****


 


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09.05.20Fortsetzung der Sitzung: 9.05 Uhr


09.05.21

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abge­ordneten, ich darf die 129. Sitzung, die gestern unterbrochen wurde, wieder aufnehmen und Sie am dritten Tag wieder herzlich in alter Frische begrüßen. Ich darf auch die Damen und Herren Journalisten begrüßen, so sie schon da sind, und die Damen und Herren zu Hause vor den Fernsehbildschirmen! Herzlich willkommen am dritten Tag der Budgetsitzung!

Heute als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Kira Grünberg, Dipl.-Ing. Georg Strasser, Elisabeth Feichtinger, BEd BEd, Dr. Christoph Matznetter, Rudolf Silvan, Her­bert Kickl, Walter Rauch, Ing. Mag. Volker Reifenberger, Wolfgang Zanger, Michel Rei­mon, MBA und Douglas Hoyos-Trauttmansdorff.

09.06.03Ansprache des Präsidenten anlässlich aktueller Gedenk- und Aktionstage


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wie schon in den letzten Jahren unterstützt das österreichische Parlament auch heuer die UN-Initiative Orange the World. Aus diesem Anlass wird morgen, Freitag, zu Sitzungsbeginn ein Gruppenfoto mit allen Abgeordneten im Sitzungssaal in Aussicht genommen; dazu darf ich Sie einladen.

Gewalt gegen Frauen ist auch in Österreich ein Thema. Jede fünfte Frau wird Opfer psychischer, sexueller oder physischer Gewalt. Die Gewalt nimmt auch in diesen Zeiten in besonderer Art zu, sie hat viele Gesichter; sie beginnt in der mentalen Situation, bis sie wirklich zu Worten übergeht und dann schlussendlich in die physische Form, den körperlichen Angriff. Im heurigen Jahr gab es 25 Frauenmorde, der letzte Fall war in der Vorwoche in Villach zu betrauern, und unsere ganze Anteilnahme gehört vor allem den Angehörigen dieser Frauen.

Orange the World ist, wie ich schon erwähnt habe, eine UN-Kampagne. Wir werden uns daran beteiligen und mittun und vom 25.11. bis zum 10.12. die Parlamentsfassade mit orangem Licht beleuchten. Weltweit tun Hunderte Organisationen mit. Uns ist das ein ganz besonderes Anliegen. Am 10.12. ist der Tag der Menschenrechte, da endet diese Initiative.

Auch gestern wurde ja die Fassade beleuchtet. Ich darf in Ergänzung noch anmerken, dass betreffend die Frage der Inklusion von Menschen mit Behinderungen am 3.12. Purple-Light-up-Day ist. Auch daran beteiligt sich das Parlament, und wir machen auch eine Veranstaltung dazu im Haus. Am 1.12., am Welt-Aids-Tag, werden wir wieder die rote Schleife an der Fassade anbringen.

Meine Damen und Herren! Ich weiß, das alles ist Ende November, Anfang Dezember zusammengedrängt, das liegt natürlich auch daran, dass da vor allem die Möglichkeit der Beleuchtung am Abend besser gegeben ist. Wir werden diese Beleuchtungen auch dem Publikum mit Tafeln erklären, damit nicht jemand meint, wir haben quasi nur jedes Mal ein anderes Farbspiel an der Parlamentsfassade, sondern erfährt, dass das auch einen inhaltlichen Grund hat. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

09.08.40Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundes­kanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Frau Ministerin Dr. Margarete Schramböck wird durch Ministerin Mag. Klaudia Tanner, Minister Dr. Michael Linhart durch Ministerin Elisabeth Köstinger vertreten.


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Ferner wird die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, die sich in einem an­deren Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, wie folgt bekannt gegeben:

Ministerin Mag. Karoline Edtstadler wird von Minister Karl Nehammer, MSc vertreten.

*****

Wie üblich wird die Sitzung bis 13 Uhr von ORF 2 übertragen, von ORF III bis 19.15 Uhr, danach in der TVthek kommentiert.

Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir haben in der Präsidiale ausgemacht, dass die Tagesblockzeit 8 „Wiener Stunden“ beträgt. Es ergeben sich daher folgende Rede­zeiten: 156 Minuten für die ÖVP, 108 für die SPÖ, 88 für die FPÖ, 80 für die Grünen und 64 Minuten für die NEOS.

Die Redezeit von den Abgeordneten, die keinem Klub angehören, beträgt je 32 Minuten, pro Debatte sind 5 Minuten in Aussicht genommen.

Die Gliederung der heutigen Beratungen ist Ihnen allen bekannt.

Wir setzen die Budgetberatungen nun fort.


09.10.01UG 10: Frauen und Gleichstellung

UG 25: Familie und Jugend

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir beginnen mit der UG 10: Frauen und Gleich­stellung, sowie mit der UG 25: Familie und Jugend. Ich darf die Frau Bundesministerin herzlich begrüßen.

Hierüber finden die Debatten unter einem statt.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Holzleitner. – Bitte, Frau Abgeordnete, bei Ihnen steht das Wort.


09.10.17

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Frau Ministerin! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir erkennen grundsätzlich an, dass das Budget für Frauen und Gleichbehandlung erhöht worden ist, aber sehen – das haben wir auch im Budgetausschuss kundgetan – immense Lücken in der inhaltlichen Aufstellung, die ich auch kurz erläutern möchte.

Frauen waren die Krisenheldinnen – gestern, heute, und sie sind es auch morgen. Sie tragen den Löwinnenanteil an dieser Krise, egal ob im Job oder zu Hause, die ganze Coronakrise hindurch. (Beifall bei der SPÖ.) Die Auswirkungen auf die Frauen in der Pandemie sind von der Bundesregierung leider kaum bis gar nicht abgefedert worden. Sie wurden schlichtweg ignoriert. Das stellen nicht nur wir als SPÖ fest, sondern auch unser wirklich hochgeschätzter und hochkarätiger Budgetdienst, der das in seiner Ana­lyse an mehreren Stellen kritisiert. Die Ziele des Ministeriums wurden im Hinblick auf die Pandemie de facto nicht angepasst. In den Erläuterungen wurde nichts hinzugefügt, und der Budgetdienst attestiert: „ungenügend berücksichtigt“, da kein Fokus auf Gleichstel­lung gelegt wurde. Ich glaube, das ist ehrlicherweise wirklich eine sehr entlarvende Ana­lyse. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein Thema ist der Genderpaygap, also die Tatsache, dass Frauen trotz hoher Qualifizie­rung und hohen Könnens noch immer weniger Gehalt bekommen als ihre männlichen Kollegen. Er klafft durch Corona noch dramatischer auseinander. Im Frauenbudget sind


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keine Maßnahmen vorgesehen, um diesen Genderpaygap, also diese Ungleichbehand­lung, auch tatsächlich auszumerzen. Wir waren und sind BündnispartnerInnen beim Thema Gehaltstransparenz. Das ist auch an die Grünen gerichtet: Wir waren und sind BündnispartnerInnen. – Machen wir da doch wirklich etwas gemeinsam, denn die Zahlen sind alarmierend: Frauen verdienen in ihrem Leben 500 000 Euro – eine halbe Million Euro! – weniger als Männer! (Beifall bei der SPÖ.) Dieser Einkommensunterschied darf wirklich nicht einzementiert werden. Handeln Sie endlich, liebe Bundesregierung und vor allem auch liebe Frau Ministerin!

Was wir im Budget auch nicht sehen, ist ein Rechtsanspruch auf einen Kinderbildungs­platz. Wir werden nicht müde zu betonen, dass dieser Rechtsanspruch schon 2016 Rea­lität hätte sein können und sich 2022 noch immer nicht im Budget wiederfindet, gestohlen von Sebastian Kurz und von der türkisen Regierungsspitze noch immer blockiert. Das ist wirklich ein Wahnsinn. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steinacker: ... ein Wahnsinn! – Weiterer Zwischenruf bei der ÖVP.) Für die Frauen, für die Familien und insbesondere für die Kinder in diesem Land bräuchte es einen Rechtsanspruch auf einen Kinderbil­dungsplatz.

Noch zu etwas Technischerem: Genderbudgeting, ein Vorgehen, bei dem man die Gleichstellung der Geschlechter auch tatsächlich in Zielen festlegt, und ein Thema, das mir wirklich sehr am Herzen liegt. Österreich hat dabei schon seit einigen Jahren tat­sächlich eine VorreiterInnenrolle eingenommen, indem Genderbudgeting bei uns im Ver­fassungsrang steht. Der Budgetdienst hat aber auch schon 2019 in einer sehr umfas­senden Analyse festgestellt, dass wir diese VorreiterInnenrolle nicht verlieren dürfen. Wir müssen das Genderbudgeting mit einem Genderstatement, einer Analyse weiterentwi­ckeln, wobei die Gleichstellungslücken in den strategischen Zielsetzungen und Einzel­maßnahmen auch systematisch zusammengefasst werden, mit einer Rundumschau al­so, die auch monetär bewertet und wirklich mit Zahlen hinterlegt wird.

Das wäre eine extrem wichtige Weiterentwicklung. Leider haben wir auch auf die Frage, ob sich beim Genderbudgeting irgendetwas bezüglich Reformen tut, im Budgetaus­schuss eine Absage bekommen. Dabei wäre das wirklich sehr wesentlich, um die Gleich­stellung der Geschlechter im Gesamtbudget in einer Umschau einfach darzulegen und damit wirklich das Beste für die Frauen und für die Gleichstellung herausholen zu kön­nen. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch ein Exkurs zum Gewaltschutz: Vorhin, um 8 Uhr, haben der Österreichische Frau­enring und die Allianz gewaltfrei leben am Josefsplatz eine Kundgebung abgehalten. Sie fordern 228 Millionen Euro zur Umsetzung der Istanbulkonvention, zu der wir uns alle bekannt haben. Diese Forderung nach 228 Millionen Euro wird nicht erfüllt, ein Zehntel davon wird erfüllt. Die Frauen- und Mädchenberatungsstellen wurden gänzlich ausgelas­sen. Auch in den schriftlichen Budgetanfragen konnte uns nicht einmal dargelegt wer­den, ob es eine Kampagne für die Frauenhelpline gibt, weil das Detailbudget für 2022 im Frauenministerium noch nicht ausgearbeitet worden ist. Wichtige Kampagnen sind einfach in Schwebe, und das kann nicht sein. Gewaltprävention muss verstärkt wer­den! – Herr Präsident, wir haben sogar schon 26 Frauenmorde in diesem Land zu ver­zeichnen, knapp 50 versuchte Morde an Frauen – Morde einfach deshalb, weil Frauen Frauen sind. Diese Femizide müssen der Vergangenheit angehören! Dafür braucht es eine satte Budgeterhöhung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Einen ganz kurzen Ausblick auf die UG 25 müssen Sie mir noch gestatten! Am 20. No­vember, am Samstag, feiern wir wieder den Tag der Kinderrechte. Diese Kinderrechte sind in der Pandemie massiv in Mitleidenschaft gezogen worden. Kinder- und Jugendor­ganisationen haben aber alle Maßnahmen mitgetragen, waren solidarisch, haben sich in Nachbarschaftsinitiativen engagiert und vieles mehr. Wieder findet sich im Budget keine Indexanpassung der Bundesjugendförderung, obwohl das Budget in diesem Bereich seit


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20 Jahren stagniert. Kinder- und Jugendorganisationen werden seit 20 Jahren einfach aufs Abstellgleis gestellt. Auch das können wir im Sinne der Kinderrechte nicht akzeptie­ren, in deren Namen wir uns alle am 20. November wieder herausstellen werden, um sie zu feiern. Eine Budgeterhöhung wäre das Mindeste. (Beifall bei der SPÖ sowie der Ab­geordneten Krisper und Meinl-Reisinger.)

9.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Pfurt­scheller. – Bitte.


09.16.25

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, das Budget für Frauen und Gleichstellung wurde seit dem Jahr 2020 um sagenhafte 81 Prozent erhöht. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Liebe Frau Kollegin Holzleitner, ich unterstelle Ihnen jetzt, dass Sie genau aus diesem Grund mit keinem Wort auf das vorliegende Budget eingegangen sind, sondern über ganz andere Dinge gesprochen haben, die mit dieser UG 10 gar nichts zu tun haben. (Abg. Heinisch-Hosek: Doch! – Abg. Greiner: Hallo?! Das sind aktuelle ...! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich könnte jetzt auf jedes einzelne der Themen replizieren, die Sie da eben in die Diskussion geworfen haben. Ich suche mir aber nur eines aus, weil es mich wirklich am allermeisten ärgert, was Sie uns schon seit Wochen unterstel­len. (Ruf bei der SPÖ: ... Zahlen genannt!) Da geht es um den Rechtsanspruch für den Kinderbetreuungsplatz. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie unterstellen, dass 2016 verhindert worden ist, dass es einen Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz gibt. (Abg. Bayr: Das war der Kurz! – Abg. Einwallner: Das sind nun einmal Fakten! – Weiterer Ruf bei der SPÖ: Kurz hat das verhindert!) Das stimmt mitnichten, und ich erkläre es Ihnen jetzt. Ich bitte auch, dass Sie zuhören und diese Unwahrheit nicht mehr wiederholen. (Abg. Heinisch-Hosek: Das war der Kurz! Das war der Kurz! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Es ging nicht um den Rechtsanspruch für einen Kinderbetreuungsplatz, sondern es ging tatsächlich darum, erstens die Nachmittagsbetreuung in den Schulen auszubauen. Zwei­tens wurden seit dieser Zeit von unserer Regierung 1,6 Milliarden Euro für die Kinder­betreuung in Österreich ausgegeben (Zwischenruf der Abg. Kucharowits), und es wird weiteres Geld ausgegeben werden. (Abg. Bayr: Ohne Rechtsanspruch!) Die Frau Mi­nisterin wird auch nächstes Jahr wieder mit den Bundesländern verhandeln. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie müssen sich keine Sorgen machen: Die Kinderbetreuung in Österreich wird so aus­gebaut werden, dass sie wirklich auch für alle nützlich ist. (Abg. Bayr: Ohne Rechtsan­spruch! – Weiterer Ruf bei der SPÖ: ... gestohlen! – Abg. Heinisch-Hosek: ... Kinderbe­treuung reden! – Abg. Herr: ... keinen Rechtsanspruch!)

Jetzt doch noch zum Budget für Frauen, weil wir dafür eine Erhöhung um 81 Prozent geschafft haben. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Der Großteil dieses Budgets wird in den Gewaltschutz fließen. Das möchte ich Ihnen entgegenhalten, denn Sie behaupten ja immer, dass – unter Anführungszeichen – „nur“ dieses Geld verwendet wird. Auch das stimmt mitnichten. Es sind sehr viele Ministerien in den Gewaltschutz miteingebunden. Das wissen Sie ganz genau. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Der Frau Minis­terin ist es zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen gelungen, dass es insgesamt noch viel mehr Geld für den Gewaltschutz gibt, zum Beispiel im Innenministerium, im Justizministerium oder im Sozialministerium. Auch das Familienministerium und das In­tegrationsministerium leisten einen größeren Beitrag zum Gewaltschutz.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 478

Abschließend möchte ich noch festhalten, dass in den Ministerien auch sehr viel für den Gewaltschutz getan wird, das nicht im aktuellen Gewaltschutzpaket enthalten ist. Zum Beispiel werden im Innenministerium schon seit Jahren Polizistinnen und Polizisten spe­ziell ausgebildet. Ziel ist es – Sie brauchen gar nicht zu lachen, Frau Kollegin Heinisch-Hosek, Sie wissen es genau (Abg. Heinisch-Hosek: Ich lach’ nicht über Sie! – Zwi­schenruf des Abg. Kollross) –, dass in allen Polizeistationen mindestens eine geschulte Person zugegen ist, wenn eine Frau mit Gewalterfahrung zur Polizei kommt. Es gibt in Wien neuerdings Supportteams bei der Polizei, die die Frauen von der ersten Minute an begleiten, die die Fälle begleiten und versuchen, die Polizisten so zu unterstützen, dass das Bestmögliche für die betroffenen Frauen getan wird.

Ich möchte noch anfügen, weil die SPÖ das immer geflissentlich weglässt: Gewaltschutz ist nicht nur Bundessache, Gewaltschutz ist auch Länder- und Gemeindesache. In den Ländern wird sehr viel für den Gewaltschutz getan. Derzeit werden die Frauenhäuser ausgebaut, in Tirol zum Beispiel wird es in meinem Heimatwahlkreis, im Oberland, ein neues Frauenhaus geben. In Vorarlberg wurde am Landeskrankenhaus eine wirklich extrem tolle forensische Ambulanz eröffnet, in der die Frauen forensisch so untersucht werden, dass nachher, bei der Beweisführung, die richtigen Daten vorliegen.

Hören Sie also bitte endlich, endlich auf, zu behaupten, dass nichts getan wird! Unsere Frauenministerin vernetzt sich mit allen, die im Gewaltschutz tätig sind, und hat in den letzten zwei Jahren wirklich unglaublich viel erreicht. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

9.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mühlberg­huber. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)


09.21.33

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundes­minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Österreicherinnen und Österreicher zu Hause vor den Bildschirmen! Ja, wir diskutieren heute den dritten Tag das Budget, heute diskutieren wir den Bereich Frauen und Familie.

Es werden im Bereich Familie 7,7 Milliarden Euro für familien-, kinder- und jugendunter­stützende Leistungen ausgegeben, der größte Teil davon sind die Familienbeihilfe und das Kinderbetreuungsgeld; aber auch Sachleistungen wie Familienberatungsstellen, Schülerfreifahrten und Schulbücher werden aus dem Flaf finanziert.

Die Familienbeihilfe wurde in den letzten 27 Jahren, seit 1994, um genau 12,30 Euro – das sind 12 Prozent – erhöht. Die Inflationsrate betrug im selben Zeitraum 57,4 Prozent. Ja, 57,4 Prozent in diesem Zeitraum – das ist ein enormer Wertverlust!

Kommen wir zum Kinderbetreuungsgeld: Es wurde 2002 eingeführt, und in dieser Form wurde es überhaupt noch nie erhöht. Stattdessen kam es mit der Reform von 2017 teil­weise sogar zu Kürzungen. Wir erleben eine ständige Teuerung und derzeit eine enorme Preiserhöhung, dadurch sind die Kosten des täglichen Lebens für viele Familien immer schwieriger zu stemmen.

Wir stellen uns das so vor wie bei anderen Transferleistungen, zum Beispiel der Sozial­hilfe oder dem Pflegegeld: Dieses wurde 2020 an die jährliche Inflationsrate angepasst, es erfolgt eine automatische Anpassung. So würden wir uns das eben auch für die Fa­milienleistungen – für die Familienbeihilfe, für das Kinderbetreuungsgeld – vorstellen.

In diesem Zusammenhang bringe ich einen Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Jährliche Anpassung aller Familienleistungen an die Inflationsrate“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 479

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die vorsieht, dass Familienleistungen, die in den letzten Jahren nicht erhöht wurden, in einem Ausmaß erhöht werden, welche den Wertverlust, der durch diese unterlassenen Anpassungen entstanden sind, ausgleicht und zudem in Zukunft bei allen Familienleis­tungen eine jährliche Indexanpassung sicherstellt.“

*****

Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt noch einen weiteren Handlungsbedarf, und zwar beim Kindesunterhaltsrecht, bei den Unterhaltsvorschüssen. Dafür sind für 2022 138 Millionen Euro vorgesehen, das sind um 5 Millionen Euro weniger als 2021. Man rechnet damit, dass 90 Millionen Euro durch Rückzahlung wieder an den Staat zurück­fließen, und dann bleiben 48 Millionen übrig. Das heißt – und das ist auch Fakt ‑, der Staat bleibt auf einem Schaden von 48 Millionen Euro sitzen.

Ich frage mich, Frau Bundesminister, wie lange es noch dauert, dass zu diesem Thema, zu diesem wichtigen Thema eine Reform zustande kommt. Sie reden sich in den Aus­schüssen – auch vorige Woche bei den Verhandlungen – immer auf die Justiz, auf die Justizministerin, aus. Zum Teil muss ich Ihnen da sogar recht geben, denn die Justizmi­nisterin ist eine Grüne, die bewegt sich kaum.

Auch Sie, Frau Bundesminister, sollten sich da aber wirklich einbringen! Da gibt es eine Arbeitsgruppe, die jetzt schon seit vier Jahren tagt. Wir kennen weder einen Zwischen­stand, noch wissen wir, wie weit diese Arbeitsgruppe jetzt schon verhandelt hat oder was in diese Richtung kommen soll. Ich bitte Sie wirklich: Bringen Sie sich da ein, schauen Sie, dass Sie in diese Arbeitsgruppe eingebunden werden! Helfen Sie mit! Hören Sie endlich einmal auf, zu reden, handeln Sie und helfen Sie bei der Umsetzung mit! – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

9.26

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Edith Mühlberghuber

und weiterer Abgeordneter

betreffend Jährliche Anpassung aller Familienleistungen an die Inflationsrate

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 4: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) – UG 25

in der 129. Sitzung des Nationalrates am 18. November 2021

Der Katholische Familienverband fordert die Anpassung aller Familienleistungen an den Verbraucherpreisindex. „Während Pensionen, Löhne und Parteienförderungen fast auto­matisch wertangepasst werden, gilt das für Familienleistungen wie das Kinderbetreu­ungsgeld oder die Familienbeihilfe nicht“, so Alfred Trendl.

Die Familienbeihilfe beispielsweise ist 2014 um 4%, 2016 um 1,9% und 2018 um 1,9% angehoben worden. Durch ständige Teuerungen und Wertverluste ist es an der Zeit, eine automatische Inflationsraten-Anpassung vorzunehmen. (Quelle: 267/A(E))


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 480

Im Unterschied zu den Pensionen wird die Familienbeihilfe nicht regelmäßig erhöht, um die Inflation abzugelten. Mit dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 wurde das Sys­tem der Familienbeihilfe auf neue Beine gestellt.

§ 8 FLAG regelt die Höhe der zustehenden Beträge für die Familienbeihilfe. Ursprünglich gab es einen einheitlichen, altersunabhängigen Betrag für alle Kinder. Erhöhungen wur­den nach der Anzahl der Kinder gewährleistet. Im Laufe der Zeit wurden schrittweise nach dem Alter gestaffelte Beträge eingeführt.

Wie die inflationsbereinigte Kurve zeigt, wurden in der Vergangenheit immer wieder Inflationsanpassungen durchgeführt (1968-1974 und 1986-1992). Ab 1980 wurde für Kinder ab 10 Jahren ein höherer Betrag ausbezahlt, eine weitere Altersgrenze wurde im Jahr 1992 eingezogen, nämlich die Altersgrenze ab 19 Jahren, welche auf Kosten der übrigen Altersbeträge erhöht wurde. Zuletzt wurde die Altersgruppe der Unter-Drei-Jäh­rigen im Jahr 2002 eingeführt, welche mit dieser Änderung unverändert blieb, wobei die restlichen Altersbeträge angehoben wurden.

Während vor allem zwischen 1968 und 1974 und später 1978 und 1992 immer wieder Inflationsanpassungen durchgeführt wurden (ähnlich einer automatischen Anpassung), erfolgten seit 1992 nur ungenügende Valorisierungen, sodass die einzelnen Beträge heute auf dem Niveau der späten 70er Jahre zu liegen kommen (Ausnahme die Alters­gruppe ab 19 Jahren – Niveau von 1985). In Anbetracht der demografischen Entwicklung eine höchst fahrlässige politische Untätigkeit.

Nicht zuletzt durch die Covid-19-Krise sind viele Familie in finanziellen Schwierigkeiten. Einmalzahlungen durch die Regierung waren und sind oft nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Ein Großteil der Familienleistungen werden derzeit nicht jährlich inflationsange­passt, wodurch die Kaufkraft vieler Familien von Jahr zu Jahr sinkt.

Um die Finanzkraft der Familien zu stärken, ist eine jährliche Anpassung der Familien­leistungen an den Verbraucherpreisindex wie vom Katholischen Familienverband gefor­dert, dringend erforderlich.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die vorsieht, dass Familienleistungen, die in den letzten Jahren nicht erhöht wurden, in einem Ausmaß erhöht werden, welche den Wertverlust, der durch diese unterlassenen Anpassungen entstanden sind, ausgleicht und zudem in Zukunft bei allen Familienleis­tungen eine jährliche Indexanpassung sicherstellt.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht, ist ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Disoski. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


9.26.17

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesmi­nisterin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Während wir hier unsere Plenardebatte begonnen haben – Kollegin Holzleitner hat schon darauf


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 481

hingewiesen –, haben draußen auf dem Platz Frauenorganisationen, Gewaltschutzorga­nisationen darauf aufmerksam gemacht, dass der Gewaltschutz seit Jahren chronisch unterfinanziert war, dass beim Gewaltschutz seit Jahren budgetär nichts gemacht wor­den ist. Das war tatsächlich so. Wenn man sich die Zahlen vergegenwärtigt: Zehn Jahre lang sind die Forderungen von Gewaltschutzorganisationen, von Frauenorganisationen nicht erhört worden, sind verpufft, es gab nicht mehr Geld, es gab Stagnation, zuletzt, unter der türkis-blauen Bundesregierung, sogar Kürzungen. Jetzt jedoch, mit der türkis-grünen Bundesregierung, haben wir das Budget für den Gewaltschutz zum dritten Mal in Folge ressortübergreifend erhöht – zum dritten Mal in Folge! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Kollegin Pfurtscheller hat schon darauf hingewiesen: Das Frauenbudget, das Budget im Frauenministerium – so heißt es ja korrekt – ist von Zehn-Komma-ein-bissl-was Millio­nen Euro auf 18,4 Millionen Euro erhöht worden. Das ist eine Steigerung von 81 Prozent, und das kann sich wirklich sehen lassen.

Das kann sich vor allem auch deshalb sehen lassen, weil das nicht alles ist. Wir haben das Budget für den Gewaltschutz, die Gewaltprävention ressortübergreifend überall erhöht. Im Justizministerium gibt es fast 6 Millionen Euro zusätzlich für den Gewalt­schutz, im Innenministerium 17 Millionen Euro für den Gewaltschutz, es gibt im Gesund­heitsministerium, im Sozialministerium wichtige Initiativen, die der Gesundheits- und So­zialminister jetzt unterstützt, weil in manchen Fällen Städte, Länder, Bundesländer auslassen und das nicht machen wollen. Das heißt, es ist ganz wichtig, da zu differen­zieren und auch klarzumachen: Gewaltschutz ist einerseits ressortübergreifend, ande­rerseits, wie Kollegin Pfurtscheller gesagt hat, nicht alleinige Aufgabe des Bundes. Da sind die Länder, die Städte, die Gemeinden in der Pflicht, und ich möchte an all jene, die sich für mehr Geld einsetzen, appellieren, sie auffordern und einladen: Reden Sie auch dort mit Ihren Kolleginnen und Kollegen, wo Sie Regierungsverantwortung auf anderen Ebenen haben – da gibt es schon noch einiges zu tun.

Kollegin Holzleitner, ich habe dir sehr gut zugehört. Du hast auf mehrere Lücken hinge­wiesen, die du benannt hast, seien es Kinderbetreuungsangebote, sei es die Bezahlung in Berufen mit hohem Frauenanteil und einiges mehr, und tatsächlich: Du hast in der Analyse der Lücken völlig recht.

Wo wir, glaube ich, eine ganz andere Meinung haben, ist, wenn wir eine Antwort auf die Frage suchen, wann denn diese Lücken zustande gekommen sind. Weil du den Gender­paygap angesprochen hast: 20 Prozent verdienen Frauen in Österreich weniger als Männer, brutto, am Stundenlohn gemessen. Das ist nicht in den letzten zwei Jahren entstanden, das gab es schon vorher genauso. Was habt ihr dagegen getan? Was? (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Du hast auf die Armutsgefährdung von Alleinerziehenden hingewiesen. Die letzte Kin­derkostenstudie, auf deren Basis Förderungen wie beispielsweise die Unterhaltszahlun­gen oder auch die Familienbeihilfe bemessen werden, die letzte Kinderkostenstudie stammt aus dem Jahr 1964! Wieso habt ihr keine neue in Auftrag gegeben? – Das habt ihr nicht gemacht, wir machen es. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Kinderbetreuungsplätze: Wir wissen, dass wir da in Österreich noch Luft nach oben haben. Wir Grüne bekennen uns zu einem Rechtsanspruch auf Kinderbetreuungsplätze (Zwischenruf bei der SPÖ), wir werden das gemeinsam mit dem Koalitionspartner um­setzen. Wir haben schon erste Schritte gemacht, beispielsweise dort, wo von euch ver­absäumt worden ist, eine Lücke zu schließen: wenn es um die Ausbildung von Elemen­tarpädagoginnen und Elementarpädagogen geht. Sie sind nämlich die Voraussetzung dafür, dass wir die Zahl der Kinderbetreuungsplätze ausbauen können, und das machen wir!


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Weil du, Kollegin Holzleitner, gesagt hast, die Auswirkungen der Pandemie auf Frauen sind von der Regierung ignoriert worden: Genau das Gegenteil ist der Fall. Wieso haben wir denn eine Arbeitsstiftung in Höhe von 700 Millionen Euro ins Leben gerufen, die einen dezidierten frauenpolitischen Schwerpunkt hat – mit Qualifizierungsmaßnahmen, mit Weiterbildungsmaßnahmen im Bereich der Pflege, der Technik und der Green Jobs ‑, um Frauen den Umstieg zu ermöglichen? Wieso haben wir dafür Sorge getragen, dass 50 Prozent der AMS-Mittel wieder für Frauen verwendet werden? Wieso haben wir unterschiedliche Stufen der Steuerreform vorgezogen, wie zum Beispiel den Sozialver­sicherungsbonus? Wieso haben wir die Auszahlung des Kindermehrbetrags initiiert? – Genau um diese Auswirkungen auf Frauen zu minimieren.

Zum Schluss – meine Redezeit ist vorbei – zwei oder drei Dinge: Wenn wir uns jetzt anschauen, was in den vergangenen zwei Jahren frauen- und gleichstellungspolitisch passiert ist, sehen wir, dass das einiges ist. Es ist aber noch viel zu tun, es sind noch viele Lücken da. Ich habe mir ein Zitat von Johanna Dohnal herausgesucht, das ich am Schluss mit euch teilen möchte, weil ich finde, dass es sehr gut zu der Situation, in der wir uns befinden, passt. Wir haben von vielen Seiten eine rhetorische Gleichstellung, die mit dem, was in der Realität der Fall ist, noch nicht ganz zusammenpasst. Johanna Doh­nal hat einst gesagt – ich darf sie zitieren –: „Die Jubelmeldungen über das Ende des Patriarchats durch den Vormarsch der Frauen in vielen gesellschaftlichen Bereichen sind als das zu verstehen, was sie sind: Propaganda der Patriarchen und Postfeminis­tinnen.“

Das trifft nach wie vor zu. Wir haben wirklich noch viel zu tun. Solange wir hier sitzen und stehen und uns über Genderpaygaps, über Genderpensiongaps unterhalten, solan­ge wir die Situation haben, dass Pressekonferenzen und Round Tables stattfinden, in denen Männer uns erklären, welche Krisenmaßnahmen getroffen werden, müssen wir alle parteiübergreifend zusammenarbeiten, und das werden wir auch tun. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Kucharowits.)

9.31


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Brandstötter. – Bitte.


9.31.51

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Guten Morgen, Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger zu Hause! Ich finde es ein bisschen bezeichnend, wenn sich der grüne Regierungspart­ner am Podium selbst einen Auftrag erteilt und der Befund ist, dass Männer die Krise kommunizieren und auch verantworten und dass es noch viel zu tun gibt. Ich hoffe, dass diesem Auftrag auch Taten folgen. Man kennt ja die eine oder andere Person in der Regierung. (Beifall bei Abgeordneten der NEOS sowie bei der SPÖ.)

Wir beginnen den dritten und letzten Tag dieses Budgetplenums mit einem wichtigen Thema, nämlich Frauen- und Gleichstellungspolitik. Wie meine Vorrednerinnen schon betont haben, ist die Erhöhung des Frauenbudgets um rund 3,8 Millionen Euro sehr wichtig. 3,8 Millionen Euro für den Gewaltschutz sind wirklich notwendig. Ressortüber­greifend werden insgesamt 24,6 Millionen Euro für den Gewaltschutz budgetiert. Das Aufspüren dieser Mittel war aber nicht besonders einfach – vielen Dank an dieser Stelle dem Budgetdienst, der uns sehr dabei unterstützt hat, diese Mittel überhaupt zu finden. Wenn man sich allerdings ansieht, was Opferschutzeinrichtungen für diesen Bereich be­reits seit Jahren fordern, nämlich 228 Millionen Euro mehr und rund 3 000 Stellen mehr im Bereich Opferschutz, dann relativieren sich diese 24,6 Millionen Euro schon sehr schnell, und damit auch das Eigenlob der Regierungsfraktionen.

Ich möchte abgesehen vom Gewaltschutzpaket auf viele andere Themen in der Frauen- und Gleichstellungspolitik zu sprechen kommen, weil Frauenpolitik mehr als nur Gewaltschutz


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 483

ist. Frauenpolitik ist Arbeitsmarktpolitik, ist Gesundheitspolitik, ist Sozialpolitik, ist Bil­dungspolitik. Da wird es schon problematisch: Über die Erhöhung für den Gewaltschutz hinaus gibt es im Frauenbudget nicht mehr Mittel für frauenpolitische Angelegenheiten.

Leider geht aus der Diskussion im Ausschuss auch ganz klar hervor, dass Sie als Frau­enministerin Ihre Koordinierungsfunktion in diesem doch sehr wichtigen Politikfeld nur sehr unzureichend wahrnehmen. Es ist zutiefst irritierend, wofür Sie sich nicht zuständig fühlen: nicht für die bereits geflossenen Mittel im Gewaltschutzbereich, nicht für opferba­sierte Täterarbeit, nicht für Kampagnenarbeit zum Brustkrebsmonat – Stichwort Frauen­gesundheit –, nicht für Jobprojekte für die Altersgruppe 50 plus, nicht für das Unterhalts­paket. Selbst auf die Frage des eigenen Koalitionspartners, wie Sie als Frauenministerin die Wirkungsziele auf ihre Gendergerechtigkeit hin untersuchen wollen, sehen Sie die Verantwortung beim Vizekanzler und bei den Expertinnen und Experten der Arbeitsgrup­pe Gendermainstreaming und Genderbudgeting. – Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, aber ich wünsche mir schon, dass die Frauenministerin in manchen Bereichen eine gewisse Expertise hat und auch in der Lage ist, ressortübergreifend Auskünfte zu essen­ziellen Fragen der Frauen- und Gleichstellungspolitik zu erteilen. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf der Abg. Salzmann. – Abg. Sieber: Hat sie ja!) – Ich weiß nicht, in welchem Ausschuss Sie waren, Herr Kollege, aber in dem Ausschuss, in dem ich war, war das nicht der Fall. (Zwischenruf des Abg. Sieber.)

Es ist auch vielsagend, dass sich die Grünen mit den Fragen nach dem Umsetzungs­stand des Genderbudgetings ebenfalls nicht an Sie wenden, sondern direkt an den Bud­getdienst. Das Genderbudgeting ist im österreichischen Budget nach wie vor unzurei­chend umgesetzt. Der Budgetdienst schlägt deshalb ein sogenanntes Genderbudget­statement vor, das aufzeigen würde, wie die Budgetmittel tatsächlich genderspezifisch wirken. Vielleicht denken Sie noch einmal über diesen Vorschlag nach. Ich finde, das ist ein sehr guter Vorschlag, auch angesichts der Tatsache, dass der Genderpaygap in Ös­terreich immer noch um 5 Prozent höher als im OECD-Durchschnitt ist. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Sieber.)

Meine Damen und Herren! Zusammenfassend kann man sagen: Würde die Regierung nur einen Bruchteil ihres Budgets für Werbung, für Propaganda einsparen und stattdes­sen für Frauen- und Gleichstellungspolitik ausgeben, dann würde Österreich ganz an­ders dastehen. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf der Abg. Salzmann.)

9.35


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Plakolm. – Bitte sehr.


09.36.03

Abgeordnete Claudia Plakolm (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminis­terin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jugendpolitik ist ja bekanntlich eine Querschnitts­materie, und deswegen möchte ich ein bisschen allgemeiner auf das vorliegende Bud­get, das wir in diesen drei Tagen diskutieren, eingehen.

Vergangenes Jahr haben wir aufgrund der Coronapandemie und der damit verbundenen Ausgaben leider ein Rekorddefizit von 22,5 Milliarden Euro verzeichnen müssen, und die Schuldenquote steigt auf fast 90 Prozent – genau auf 89,6 Prozent – an. Das sind jetzt zwar nur Zahlen und man wird sich vielleicht denken: Ja eh, das ist halt so, das können wir nicht ändern!, aber das muss uns ganz deutlich zum Nachdenken bringen, vor allem die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler von morgen. Ich möchte allerdings auch klar festhalten: Jeder Euro, der in den vergangenen Monaten investiert wurde, um einen Arbeitsplatz zu sichern, um die Wirtschaft anzukurbeln, um Sozialleistungen und Hilfspakete sicherzustellen, jeder einzelne Euro, damit wir schneller aus dieser Krise kommen, ist absolut richtig investiert und in diesen Monaten absolut richtig eingesetzt. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 484

Es gibt aber natürlich auch bei dieser Medaille zwei Seiten. Langfristig müssen wir na­türlich wieder zu dem Ziel, das wir uns seit 2017, seit die ÖVP mit Sebastian Kurz an der Spitze Verantwortung für Ober- -, für Österreich übernimmt, gesetzt haben, zurückkom­men, nämlich zu unserem Ziel, Schulden abzubauen (Abg. Sieber: ... Oberöster­reich ...!) – ja, in Oberösterreich machen wir das bekanntlich auch – und Chancen zu ermöglichen. So wie man auch zu Hause nicht mehr ausgeben kann, als einem zur Ver­fügung steht, so müssen auch wir verantwortungsvoll mit Steuergeld umgehen. Dieser Polster, den wir uns in den letzten Jahren, in denen die Wirtschaft gut florierte, als noch keine Rede von Corona war, geschaffen haben, hat uns einen wesentlichen Handlungs­spielraum ermöglicht, weshalb auch ein Großteil der Branchen mittlerweile aus der wirt­schaftlichen Krise zurück ist und sich erholt hat und eine hohe Beschäftigung, insbe­sondere auch unter Jugendlichen, herrscht. Dieses starke Wachstum, das uns jetzt schneller aus dieser Krise gebracht hat, müssen wir nutzen, um für die nächsten Gene­rationen die Schuldenquote wieder nachhaltig zu senken. Das ist gleichzeitig die beste Vorsorge für die nächsten Krisen. Man weiß ja bekanntlich nie, was kommen kann.

Schuldenabbau heißt für uns aber auch, nicht pauschal überall den Sparstift anzusetzen, sondern echte Schwerpunkte zu setzen, echte Zukunftsthemen anzugehen und auch effizienter zu werden. Einen schlanken Staat, vor allem mit treffsicherem Sozialsystem ohne Gießkannenprinzip, sind wir den nächsten Generationen schuldig. Ein nachhalti­ges Budget mit einer ökosozialen Steuerreform zeigt sich nicht nur darin, wie wir mit den natürlichen Ressourcen, mit unserer Umwelt umgehen, sondern auch darin, wie wir mit den finanziellen Ressourcen umgehen – denn auch diese sind begrenzt – und welche Möglichkeiten, welchen Spielraum wir den nächsten Generationen hinterlassen. Das ist ökosozial und das ist vor allem generationengerecht. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Rössler.)

In den letzten Wochen hat uns die Parlamentsdirektion mit vielen Daten und Informa­tionen zum Budget versorgt, eine davon war in haptischer Form der sogenannte Budget­ziegel. Wir als Abgeordnete haben diese Unterlage mit allen Zahlen und Fakten für das anstehende Jahr bekommen. Dieser Budgetziegel wiegt satte 12,7 Kilogramm – 12 Kilo­gramm in Zahlen gegossene Politik. Wir müssen alles unternehmen, damit der wirt­schaftliche Aufschwung weitergeht und wir nicht die vollen 12 Kilogramm in den Schul­denrucksack für die nächsten Generationen packen, sondern die Last auf den Schultern unserer Kinder in den nächsten Jahren geringer wird. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski, Grebien und Rössler.)

9.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Wimmer. – Bitte sehr, bei Ihnen steht das Wort.


9.40.01

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Und vor allem auch geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Wir diskutieren unter diesem Tagesordnungspunkt auch das Familienbudget. Ich möchte auf die Situation der Familien in Österreich eingehen.

20 Monate Pandemie – 20 Monate Pandemie, das bedeutet für viele Familien große Probleme, die Reserven sind aufgebraucht. Wenn man die einmalige Hilfe aus dem Fa­milienhärteausgleich bekommen hat, so ist diese längst ausgegeben. Auch der viel ge­lobte Familienbonus ist nicht für alle Familien ein echter Bonus. Gerade die Familien mit den kleinen Einkommen, die AlleinerzieherInnen und armutsgefährdete Familien profitie­ren relativ wenig oder gar nicht vom Familienbonus. 180 000 Kinder sind weiterhin davon ausgeschlossen, Frauen und AlleinerzieherInnen sind massiv benachteiligt, nur rund 30 Prozent der BezieherInnen sind Frauen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 485

Leistung muss sich lohnen. Die LeistungsträgerInnen würden mit dem Familienbonus belohnt, so heißt es in der Argumentation. Dabei wird aber vergessen, dass nicht jede Leistung entsprechend bezahlt wird: Kinderbetreuung, Haushalt und Pflege zum Bei­spiel. Viele dieser Leistungen werden von den Frauen ganz selbstverständlich und ohne Bezahlung erbracht. Nicht berücksichtigt wird auch, dass Alleinerzieherinnen oft den zweiten Elternteil ersetzen und in schlechter bezahlten Jobs arbeiten. Das sind aber in den Augen der Regierung keine Leistungen, die belohnt werden müssen.

Für eine wirkungsvolle Armutsbekämpfung müssten auch Sachleistungen, besonders ein rascher Ausbau der Kinder- und Pflegebetreuung, dringend vorangetrieben werden. (Beifall bei der SPÖ.) Das würde allen Familien und ihren Kindern mehr bringen als das derzeitige Modell des Familienbonus.

Während im Regierungsprogramm eine substanzielle Aufstockung der Mittel für Ele­mentarpädagogik vorgesehen ist, findet sich diese im Budget nicht wieder. Zumindest das Barcelona-Ziel von 33 Prozent sollte als Richtschnur dienen, ist aber mit 31 Prozent weiterhin unambitioniert. Dabei könnten wir schon viel weiter sein, wenn die Investitionen in die Kinderbetreuung von rund 1,2 Milliarden Euro nicht aus Machtinteresse verhindert worden wären.

Sehr geehrte Frau Familienministerin! 20 Monate Pandemie haben ihre Spuren hinter­lassen. Die Infektionszahlen schnellen in die Höhe. Ein Ende der Gesundheitskrise ist nicht abzusehen, und das nicht zuletzt aufgrund des mangelhaften Krisenmanagements der Bundesregierung. Es ist Ihre Aufgabe, die Situation aller Familien zu verbessern, und besonders armutsgefährdete Familien brauchen jetzt rasch finanzielle Unterstüt­zung.

Daher stellen wir aufgrund der besonderen Herausforderungen und der angespannten finanziellen Lage vieler Familien durch die Coronapandemie einen Antrag auf Verlänge­rung des Familienhärteausgleichs.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Fortführung des Corona-Familienhärteausgleichs“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt, wird aufgefordert, den Corona-Familienhärteaus­gleichsfonds für 2022 erneut zu dotieren und eine Antragstellung für Zuwendungen aus dem Corona-Familienhärteausgleich ab 1. Dezember 2021 zu ermöglichen.“

*****

Ich ersuche um Zustimmung, um auch den ärmsten Familien in Österreich die Unterstüt­zung zu geben, die sie brauchen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

9.43

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Wimmer,

Genossinnen und Genossen

betreffend Fortführung des Corona-Familienhärteausgleichs


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 486

Eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Budgetausschusses über die Regie­rungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) zur Untergliederung 25

Der Corona-Familienhärteausgleich wurde eingerichtet, um die finanzielle Situation von Familien, die aufgrund der Corona-Krise besonders unter Armut leiden, zu verbessern. Von 15. April 2020 bis 30. Juni 2021 konnte ein Antrag auf eine Zuwendung aus dem Co­rona-Familienhärtefonds gestellt werden. Mehr als 100.000 Familien wurden lt. Home­page des Familienministeriums unterstützt. Die Antragstellung für eine Zuwendung aus dem Corona-Familienhärtefonds ist seit 1. Juli 2021 nicht mehr möglich.

Aufgrund der aktuellen, sich zunehmend verschärfenden Corona-Situation in Österreich, den Auswirkungen der Maßnahmen von Bund und Ländern rund um die 2-G-Regel so­wie die massive Teuerung, geraten viele Familien erneut in gravierende Notlagen.

Politische Verantwortung übernehmen heißt, auch Familien, die aufgrund der verhee­renden Corona-Situation in Not geraten sind, so rasch wie möglich durch Hilfsleistungen zu unterstützen. Eine Fortsetzung des Corona Familienhärteausgleichsfonds ist daher dringendst geboten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt, wird aufgefordert, den Corona-Familienhärteaus­gleichsfonds für 2022 erneut zu dotieren und eine Antragstellung für Zuwendungen aus dem Corona-Familienhärteausgleich ab 1. Dezember 2021 zu ermöglichen.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unter­stützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Grebien. – Bitte sehr.


09.44.14

Abgeordnete Heike Grebien (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte KollegInnen! Werte ZuseherInnen hier auf der Galerie und auch zu Hause! Im letzten Jahr habe ich bereits zur UG 10, zum Thema Frauen mit Behin­derungen gesprochen und hervorgehoben, wie wichtig es ist, Frauen mit Behinderungen mitzudenken, wenn es um Gewaltschutzmaßnahmen geht, denn nach wie vor ist es so, dass Frauen mit Behinderungen, da vor allem Frauen mit Lernschwierigkeiten, massiv von sexualisierter Gewalt betroffen sind.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal anmerken, dass auch Männer mit Behinde­rungen vielfach häufiger von Gewalt betroffen sind als Männer ohne Behinderungen. Wie in der Gesamtgesellschaft sind es Männer, die körperliche Gewalt über Männer aus­üben.

Im letzten Jahr hat es einen Fördercall vom Frauenministerium unter Mitfinanzierung des Sozialministeriums gegeben. Der Verein Ninlil, von dem ich Ihnen auch schon letztes Jahr erzählen durfte, werte KollegInnen, hat ein großartiges und wichtiges Projekt ein­gereicht; es heißt: Ressourcen für gewaltbetroffene Frauen mit Behinderungen. Das Ziel


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dieses Projekts umfasst vier Teile: eine Broschüre in Leichter Sprache zu erstellen, die gewaltbetroffenen Frauen hilft; die Broschüre als Website in Leichter Sprache umzu­setzen, auch für gehörlose Frauen in der österreichischen Gebärdensprache übersetzt, weil wir wissen, dass dadurch niederschwellige Zugänge möglich sind; auch Workshops zu gestalten, wie man dieses Buch, die Internetseite verwendet; und aufzuzeigen, wie man auch mit Angehörigen und Bezugspersonen von Menschen mit Behinderungen umgeht.

Heuer im Juni war es dann so weit. Die Broschüre (ein Exemplar mit dem Titel „Kraft-Rucksack – Für Frauen* mit Gewalt-Erfahrung“ in die Höhe haltend) und auch die Website sind fertig. Ich darf Ihnen die Broschüre, dieses Buch zeigen. Es heißt „Kraft-Rucksack“. Die Internetseite ist www.kraft-rucksack.at. Das ist wie schon gesagt einer­seits ein Buch, aber auch eine Internetseite. Man kann sich das gratis von der Homepage downloaden oder sich auch schicken lassen. Bitte verteilen Sie das! Schauen Sie einmal auf die Homepage! Geben Sie es an Ihre Netzwerke weiter! Das ist ein besonders wich­tiges Instrument.

Dieses Buch hat vier Teile. Der erste ist „Wissen zum Thema Trauma“. Der zweite: „Wie geht es mir gerade?“, das sind Übungen zum Spüren und Erkennen. Teil drei sind „Übun­gen für den Notfall“. Und in Teil vier geht es um „Übungen für gute Zeiten“, so heißt dieses Kapitel. Da geht es darum, wie man neue Kräfte finden und diese in seinen Kraft-Rucksack einpacken kann.

Ich zitiere nun in Leichter Sprache, was im Buch, aber auch auf der Internetseite steht: „Dieses Buch“ – diese Internetseite – „ist für Frauen*, die Gewalt erlebt haben. Das kann ein paar Monate her sein. Oder auch viele Jahre. Schlimme Erlebnisse können auch nach langer Zeit Folgen haben. Plötzlich fühlen sie sich schlecht. Obwohl gerade gar nichts passiert ist. Diese Internet-Seite“ – dieses Buch – „soll Frauen* helfen, dass es ihnen in solchen Momenten wieder besser gehen kann. Dafür haben wir“ – Ninlil – „auf der Internet-Seite“ und im Buch „viele Übungen aufgeschrieben.

Frauen* können [...] ihren Kraft-Rucksack für den Notfall zusammen stellen. Dieser Kraft-Rucksack kann sie in schwierigen Momenten begleiten. [...] Alle Informationen und alle Übungen gibt es auch in Gebärden-Sprache.“

„Die Internet-Seite ist kein Ersatz für Beratung oder Therapie.“

Zum Beispiel können Sie sich Hilfe bei der Frauen-Helpline holen. Das ist eine Notfall­nummer für Frauen. „Dort können Sie Tag und Nacht anrufen. Die Mitarbeiterinnen* ken­nen sich in ganz Österreich aus. Sie können Ihnen sagen, wo Sie die richtige Hilfe be­kommen können.“

„Die Frauen-Helpline kann auch über das Relay-Service erreicht werden“, damit auch gehörlose Frauen das Angebot in Anspruch nehmen können. „Es gibt eine Internet-Seite mit Informationen für gehörlose Frauen zum Schutz vor Gewalt.“ Sie heißt www.schrei­gegengewalt.at.

„Sie können zu einer Frauen-Beratungs-Stelle gehen. Überall dort arbeiten Menschen, die sich mit dem Thema Gewalt gut auskennen. Gemeinsam wird überlegt, wie es Frau­en* besser gehen kann. [...] Frauen* mit Gewalt-Erfahrung haben oft noch lange danach Probleme mit den Folgen. Aber alle haben Kraft in sich. Kraft, die sie gebraucht haben, die Gewalt zu überstehen. Wir hoffen, dieses Buch hilft, die Kraft zu spüren. Und neue und andere Kräfte zu finden. Alle Frauen* haben das Recht auf ein gutes Leben ohne Gewalt!“ – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)


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9.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rosa Ecker. – Bitte sehr.


9.49.12

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geschätztes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und zu Hause! Das Frauen­budget steigt auf 18,4 Millionen Euro. Das ist ein richtiger und wichtiger Schritt. Sie, Frau Minister, sagen, das Budget reiche aus, die Frauenorganisationen seien damit zufrieden, die Gewaltschutzplätze seien ausfinanziert. Gleichzeitig zum Budget laden aber diese Woche der Österreichische Frauenring und die Allianz gewaltfrei leben zu einer Protest­aktion vor das Parlament, weil das Geld nicht reicht. Also was jetzt? Genug Geld? Zu wenig Geld?

Sehr geehrte Damen und Herren, es liegt auch nicht immer nur am Geld. Es liegt viel­leicht auch daran, dass wir mehr zielgerichtete Maßnahmen brauchen. Wir brauchen mehr Projekte, mehr Maßnahmen in der Prävention. Wir müssen die Gesellschaft zu diesem alarmierenden Thema Gewalt in der Familie in Österreich wachrütteln und die Menschen dafür gewinnen, hinzusehen und nicht wegzuschauen sowie auch das Ge­waltpotenzial von – ja leider, es ist so – meist Männern, die auch sehr oft ausländische Wurzeln haben, zu erkennen.

Frau Minister, was ist eigentlich aus dieser dreistelligen Notruftelefonnummer gewor­den? Es braucht die Möglichkeit eines schnellen, eines unkomplizierten Hilfeschreies, bei dem sofort Antwort und Unterstützung kommt, bei dem die Polizei kommt, bevor der Mord passiert, und nicht, wenn es zu spät ist. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich habe schon einmal davon gesprochen: Es gibt in Spanien, Belgien und Frankreich eine SOS-App, die in dieser Hinsicht wirklich Unterstützung anbietet. Darum bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „SOS APP“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration, wird aufgefordert, umgehend eine SOS APP anzubieten, die es von Gewalt betroffenen Frauen ermöglicht, im Gefahrenfall rasch mit der Polizei Kontakt auf­zunehmen.“

*****

Sehr geehrte Damen und Herren, Gewaltschutz ist wichtig, ganz klar, aber Frauenpolitik darf nicht nur Gewaltschutz sein. Frau Minister, Sie betonen immer, Frauenpolitik ist Querschnittmaterie – dann ersuchen wir Sie wirklich sehr dringend, sich in dieser Quer­schnittmaterie mit Ihren Ministern zusammenzusetzen und die Themen umzusetzen, die für die Frauen in Österreich offen sind: die Absicherung und die Unterstützung in der häuslichen Pflege, der Coronabonus im Pflege- und Gesundheitsbereich, überhaupt die Rahmenbedingungen in der Pflege, Projekte zur Schließung des Einkommensunter­schiedes, die Absicherung von armutsgefährdeten Frauen in der Pension.

Viele Frauen bekommen keine eigenständige Pension. Sie haben Kinder großgezogen, sie haben ihre Eltern gepflegt, sie haben nie Kinderbetreuung auf Kosten der Allgemein­heit in Anspruch genommen. Wo bleibt mehr Anerkennung für die Carearbeit, wo bleiben Ihre Maßnahmen zur Aufwertung der typischen Frauenberufe und wo bleibt die jährliche Evaluierung der Familienleistungen? Diese Familienleistungen müssen sich Familien mühsam auf zig einzelnen Seiten der Homepages von Ministerien zusammensuchen. Das geht einfacher, das geht schneller – nutzen wir den digitalen Fortschritt! Dazu darf ich auch einen Antrag einbringen:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „App für Fa­milienleistungen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration, wird aufgefordert, eine App zu schaffen, die Familien mit wenigen Klicks bezogen auf ihre persönliche Situation einen umfassenden Überblick über sämtliche Familienleistungen, auf die die jeweilige Familie Anspruch hat, gibt.“

*****

Frau Minister Raab, Österreich braucht eine Frauenministerin, eine Frauenpolitikerin, die für die Sorgen, für die Interessen und für die Lebensrealitäten der österreichischen Frauen eintritt (Abg. Sieber: Das haben wir!) und sich dafür noch mehr einsetzt, denn Frauenpolitik ist trotz der alarmierenden Entwicklungen im Bereich Gewalt gegen Frauen mehr als nur Gewaltschutz. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

9.53

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA

und weiterer Abgeordneter

betreffend SOS APP

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 4: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor-anschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) – UG 10

in der 129. Sitzung des Nationalrates am 18. November 2021 – UG 10

EU-weit ist jede dritte Frau von Gewalt betroffen, jede Zehnte von sexueller Gewalt, jede 20. Frau wurde bereits das Opfer einer Vergewaltigung. Jeden Tag werden mehrere Frauen ermordet, die Zahlen steigen. In Österreich haben sich die Zahlen allein von 2014 bis 2018 verdoppelt. Und die Dunkelziffer liegt noch höher.

Gewalt an Frauen ist vielfältig - sexuelle Gewalt, physische Gewalt, psychische Gewalt, Zwangssterilisation, Zwangsverheiratung, weibliche Genitalverstümmelung, Ehrenmor­de. Gewalt an Frauen ist durch nichts zu rechtfertigen.

Covid-19 und die dadurch bedingten Lockdowns haben zu einem weiteren, erschrecken­den Anstieg von Gewalt gegen Frauen geführt: Mehr als 83 Polizeieinsätze in den ersten 31 Lockdown-Tagen in Spanien, 30 Prozent mehr Meldungen von Gewalttaten in den ersten elf Lockdown-Tagen in Frankreich.

Die Zahlen für 2020 für Österreich sind ebenso erschreckend:

•     31 Frauen wurden laut polizeilicher Kriminalstatistik – häufig von ihren (Ex-)Partnern oder Familienmitgliedern – ermordet.

•     11.652 Betretungs- und Annäherungsverbote wurden verhängt.

•     26 Frauenhäuser insgesamt 2.994 Personen, 1.507 Frauen und 1.487 Kinder, be­treut.


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•     10.571 Anrufe gingen bei der Frauenhelpline ein; bei 329 Anrufen musste wegen akuter Gewalt bzw. Gefährdung bei der Polizei oder bei Behörden mit Zustimmung der Anruferinnen interveniert werden.

Und das Jahr 2021 hat bislang zu keinem Rückgang der Gewalt gegen Frauen gezeigt, am 21. Oktober 2021 verzeichnete Österreich den 22. Frauenmord im heurigen Jahr in Österreich.

Rasch wirksame Maßnahmen gegen die steigende Gewalt an Frauen lassen in Öster­reich trotz anderweitiger Bekenntnisse der Bundesregierung leider auf sich warten. Ver­gleichbare Maßnahmen wie Spanien sie bereits gesetzt hat, wie beispielsweise die Nut­zung geschlossener Ferienunterkünfte als temporäre Frauenhäuser, sucht man in Ös­terreich vergeblich.

Nicht umgesetzt wurde bislang eine SOS-App, die es betroffenen Frauen auf unkompli­zierte Weise ermöglichen würde, direkt mit der Polizei verbunden werden und somit rasch und unverzüglich Kontakt aufzunehmen. Derartige Apps gibt es beispielsweise bereits in Spanien, Belgien und Frankreich.

Bislang hat die Bundesregierung Maßnahmen lediglich in Aussicht genommen. Gewalt gegen Frauen passiert jetzt. Maßnahmen müssen daher sofort gesetzt und umgesetzt werden. Es braucht umgehend Versorgungsstandards für die Opfer, Anspruch auf zeit­nahe Therapie und volle Härte gegen Wiederholungstäter.

Damit rasch mit der Umsetzung von Maßnahmen gegen die Gewalt gegen Frauen be­gonnen wird, stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration, wird aufgefordert, umgehend eine SOS APP anzubieten, die es von Gewalt betroffenen Frauen ermöglicht, im Gefahrenfall rasch mit der Polizei Kontakt auf­zunehmen.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rosa Ecker

und weiterer Abgeordneter

betreffend App für Familienleistungen

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 4: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) – UG 25

in der 129. Sitzung des Nationalrates am 18. November 2021

Viele Familien beantragen oft nur einen Bruchteil der Familienleistungen, die ihnen ei­gentlich zustehen würden. Besonders in der Zeit vor oder nach einer Geburt sind viele Anträge einzureichen. Familien sind, derzeit verschärft durch die COVID-19 Pandemie, mit vielen Herausforderungen konfrontiert und wissen nicht immer Bescheid, welche fa­milienpolitische Leistungen ihnen zu welchem Zeitpunkt und in welcher Höhe tatsächlich


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zustehen. Zudem müssen Eltern teilweise monatelang auf die Auszahlung diverser Leis­tungen (Familienbeihilfe, Familienhärteausgleichsfonds, Pflegegeld, Schülerbeihilfe, Ka­renzanträge etc.) warten beziehungsweise erhalten sie extrem verspätete Rückmeldun­gen zu ihren Anträgen.

Im schwarz-grünen Regierungsprogramm heißt es auf Seite 196 unter dem Kapitel „Fa­milien“ mit den Stichwörtern „digital“ und „Verfahrenserleichterung“: „FABIAN als digitale Weiterentwicklung zur Auszahlung der Familienbeihilfe und Verfahrenserleichterung bei erhöhter Familienbeihilfe für Menschen mit Behinderung.“

In Deutschland wurde das „Infotool Familienleistungen“ geschaffen. Bürger geben dabei ihre Familiensituation ein und bekommen automatisch Informationen zu den auf ihre persönliche Situation bezogenen, familienpolitischen Leistungen. Das Infotool bietet mit wenigen Klicks einen umfassenden Überblick über die Leistungen, auf die die jeweilige Familie voraussichtlich Anspruch hat.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration, wird aufgefordert, eine App zu schaffen, die Familien mit wenigen Klicks bezogen auf ihre persönliche Situation einen umfassenden Überblick über sämtliche Fa­milienleistungen, auf die die jeweilige Familie Anspruch hat, gibt.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Beide Entschließungsanträge sind ordnungsge­mäß eingebracht, ausreichend unterstützt und stehen somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Sieber. Bei ihm steht das Wort. – Bitte, Herr Abge­ordneter.


09.53.58

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Kollegin Ecker hat soeben gesagt, wir brauchen eine Ministerin, die sich für Familien und Frauen einsetzt. – Ich bin froh, sagen zu können, mit unserer Frau Mi­nisterin Raab haben wir eine solche Ministerin. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen.)

Frau Minister, als Familiensprecher möchte ich gleich zu Beginn wirklich gratulieren. Wenn man weiß, dass Österreich mit über 7 Milliarden Euro – 7,687 Milliarden Euro – im internationalen Vergleich ein extrem hohes Familienbudget hat, dann kann man Ihnen einfach nur gratulieren, dass wieder eine Erhöhung erreicht werden konnte.

Meine Damen und Herren! Mit diesen 52 Millionen Euro an Erhöhungen im Familien­budget ist einfach vieles möglich. Es ist möglich, dass die Finanzierung der Familien­leistungen, wie zum Beispiel des Wochengeldes, der Kinderbetreuung und der Familien­beihilfe, sichergestellt ist und dass auch für die steigenden Auszahlungen, wie zum Bei­spiel bei Wochengeld, Schülerfreifahrten und Leistungen an Sozialversicherungsträger, eben auch entsprechend Vorsorge getragen wurde.

Wichtig ist aber auch, zu erwähnen – ich glaube, das sollten wir als familienpolitisch Verantwortliche nicht übersehen –, dass auch der Budgetdienst klar prognostiziert hat, dass bei der positiven wirtschaftlichen Entwicklung der Flaf – das wichtige Instrument


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der Finanzierung der Familienleistungen in unserem Land – ab 2022 wieder Überschüs­se schreiben wird, und das sollte uns allen ein großes Anliegen sein. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Neßler.)

Wichtig ist auch – es ist auch ein lang gehegter und geäußerter Wunsch –, dass für Familienberatungsstellen und Kinderschutzzentren ab 2022 mehr Geld zur Verfügung steht, nämlich zusätzliche 3 Millionen Euro, und ich glaube, auch das ist ein richtiges, wichtiges Signal.

Auch wenn der Familienbonus keine unmittelbare Familienleistung, sondern eine Steu­erleistung ist, möchte ich doch darauf hinweisen. Mit der Erhöhung des Familienbonus von 1 500 Euro auf 2 000 Euro pro Kind und Jahr werden Familien in diesem Land er­heblich und nachhaltig unterstützt. Es sind 75 Millionen Euro im Voranschlag 2022 und 1,55 Milliarden Euro von 2022 bis 2025, die für Familien zur Verfügung stehen, und das, meine Damen und Herren, ist meiner Meinung ein wunderbarer, großartiger Schritt. (Bei­fall bei der ÖVP sowie der Abg. Rössler.)

Im Sozialbereich haben wir für Familien, die wenig Einkommen haben, den Kindermehr­betrag von 250 Euro auf 450 Euro angehoben – auch das eine wichtige familienpoliti­sche Leistung, die man nicht genug betonen kann. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Man muss dazusagen, dass dieser Kindermehrbetrag sogar als Negativsteuer ausbezahlt wird, also für diejenigen, die keine Steuern zahlen, wird es auch als Negativsteuer aus­bezahlt. Was wenig erwähnt wird, aber hier auch einmal gesagt werden soll, ist, dass auch für Kinder über 18 Jahre, die in Ausbildung sind, der Familienbonus ebenfalls auf 650 Euro pro Jahr und Kind angehoben wurde.

Da aber auch immer wieder gesagt wird, dass die kalte Progression all diese Maßnah­men auffressen würde und dass das ja linke Tasche, rechte Tasche sei, möchte ich Ihnen einfach sagen: Lesen wir doch einmal gemeinsam, was der Budgetdienst in der Budgetanalyse dazu sagt!

Der Budgetdienst sagt sehr klar – ich möchte Herrn Dr. Berger auch Danke dafür sagen, dass er uns da immer die besten Unterlagen liefert –: „Die Kalte Progression wurde seit der letzten großen Steuerreform 2016 durch die seither beschlossenen und geplanten Maßnahmen [...] mehr als ausgeglichen. Im Jahr 2024 werden die Lohn- und Einkom­mensteuereinnahmen um rd. 5 % niedriger sein [...]. Insbesondere Haushalte mit Kin­dern werden besser gestellt, weil sie vom Familienbonus profitieren.“ – Das ist in der Analyse des Budgetdienstes nachzulesen, und ich möchte es doppelt und dreifach unter­streichen.

Meine Damen und Herren! Diese Regierung aus ÖVP und Grünen bekennt sich klar dazu, dass wir auch in Zukunft den Weg gehen werden, dass die Leistungsträger, dieje­nigen, die in diesem Land fleißig arbeiten, auch entlastet werden und dass Familien von uns unterstützt werden.

Frau Minister, abschließend möchte ich Ihnen nochmals für das erzielte Ergebnis Danke sagen und alles Gute für die Zukunft wünschen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen.)

9.58


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Bernhard. Bei ihm steht das Wort. – Bitte sehr.


9.58.51

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Wenn wir als NEOS auf den Voranschlag des Familienbudgets schauen, dann ist für uns die Maß­gabe, dass es für alle Familien in unserem Land auch gute Lösungen gibt – ob das Fa­milien mit einem traditionellen Verständnis sind, in denen eine Person im Haupterwerb


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steht und eine zweite in Teilzeit oder sich ganz auf die Kinderbetreuung konzentriert, ob das Familien sind, in denen beide Elternteile in der Erwerbstätigkeit stehen, oder ob das Alleinerziehende sind. Wenn wir aber auf dieses Familienbudget schauen, dann sehen wir, dass es sich im Vergleich zum letzten Jahr faktisch nicht verändert hat. Im Detail – das ist, glaube ich, ganz wichtig – ist es so, dass sich diese Regierung zum Ziel gesetzt hat – sowohl die ÖVP als auch die Grünen –, dass sie bei der Väterbeteiligung, aber auch bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf große Maßnahmen setzt.

Man hat sich beispielsweise vorgenommen: den Abbau bürokratischer Hürden beim Kin­derbetreuungsgeld und beim Papamonat, die Reform der Väterkarenz und auch des Pa­pamonats, die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und, ganz wichtig, den Ausbau der flächendeckenden bedarfsgerechten Kinderbetreuung, qualitativ und quantitativ, mit flexibleren Öffnungszeiten, und den Ausbau der Nachmittagsbetreuung. Das sind die Ziele der Bundesregierung.

Es wurden vor nicht allzu langer Zeit Chats veröffentlicht, aus denen hervorgeht, dass in der Vergangenheit eine Hälfte der Bundesregierung, namentlich durch den ehemaligen Kanzler Sebastian Kurz, aktiv verhindert hat, dass es einen Ausbau einer flächendecken­den und qualitätsvollen Kinderbetreuung gibt. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Salzmann: Das stimmt nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Je lauter die ÖVP schreit, desto wahrer ist die Botschaft, die man hier verkündet. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Salzmann.)

Ich will jetzt gar nicht zu lange auf die Chats eingehen, Sie haben ja Ihre Konsequenzen schon gezogen, aber Fakt ist, Sebastian Kurz hat in seinem politischen Bestreben, Macht zu ergreifen, alle Eltern, Jungeltern, Eltern von schon älteren Kindern, unsere Babys, unsere Kindergartenkinder, unsere Volksschulkinder, unsere Kinder in der wei­terführenden Schule verraten. Nichts anderes hat er gemacht. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Salzmann: Es stimmt nicht ...!)

Egal, wie laut Sie jetzt schreien, liebe Frau Kollegin – Sie können sich ja nachher zu Wort melden –, möchte ich jetzt auf das Ziel der Regierung, nämlich diesen flächende­ckenden Ausbau der Kinderbetreuung, zurückkommen. Ich habe die Frau Ministerin ge­fragt – weil nämlich dafür im Budget nichts enthalten ist, es ist nicht ausreichend Geld hinterlegt, damit diese wichtige Maßnahme auch tatsächlich ins Leben kommt –, wo und wie das Geld investiert wird, damit wir zu dieser flächendeckenden Kinderbetreuung kommen.

Was war die Antwort? – Die Antwort war: Die Errichtung und der Betrieb von öffentlichen elementaren Bildungseinrichtungen sowie die Förderung privater Angebote obliegen den Ländern und Gemeinden. – Das heißt, faktisch hat sich die Bundesregierung wieder einmal ein Ziel gesetzt, das sie selbst gar nicht in irgendeiner Form verwirklichen möchte, denn wenn man möchte, dann gibt es auch einen Weg – und da endet jedes Verständnis von uns NEOS.

Ganz wichtig: Es gibt mehrere Elemente, die Familien natürlich sehr beschäftigen. Das eine ist – und darüber reden Sie sehr gerne – die Frage des Einkommens, das sind der Familienbonus, Kinderbetreuungsgeld, verschiedene Möglichkeiten, in der Karenz dazu­zuverdienen. Das ist alles wichtig, aber das andere, das ganz, ganz viele Familien wirk­lich jeden Tag betrifft, ist Zeit. Es ist die Notwendigkeit, dass man weiß, dass sein Kind gut betreut ist, vom ersten Tag an, an dem man es beispielsweise in einen Kindergarten oder in eine Krippe gibt. Das Angebot ist überall in Österreich zu wenig ausgebaut, selbst in Wien reicht das Angebot nicht. Das ist für berufstätige Menschen tatsächlich massiv ein Thema, und Sie haben diesbezüglich in diesem Budget 2022 nichts gemacht.

Ein zweiter Punkt, und der nur in aller Kürze, weil er auch mit der Kinderbetreuung ein Stück weit und generell mit dem Familienbudget zusammenhängt: Der Familienlasten­ausgleichsfonds wird ab nächstem Jahr Gewinne schreiben, nicht wegen der Fähigkeit


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dieser Bundesregierung, sondern wegen der Fähigkeit der Unternehmerinnen und Un­ternehmer, weil die Dienstgeberbeiträge steigen und steigen. Wir sind der Meinung, dass das der richtige Zeitpunkt ist, um darüber zu sprechen, dass die Dienstgeberbeiträge für den Flaf weiter gesenkt werden können.

Ich bitte darum, Frau Ministerin, dass Sie sich insbesondere dafür einsetzen, dass un­sere Kinder in Zukunft eine bessere, qualitätsvollere, flächendeckendere Betreuung be­kommen, dass Sie sich nicht auf die Bundesländer ausreden und dass Sie auch nicht weiter die Unternehmerinnen und Unternehmer in unserem Land schröpfen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

10.03


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Sieber. – Bitte.


10.03.48

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ab­geordneter Bernhard hat in seiner Rede behauptet, dass im Jahr 2016 verhindert worden sei, dass 1,2 Milliarden Euro für den Ausbau von qualitätsvoller Kinderbetreuung hätten bereitgestellt werden sollen. – Das ist unrichtig. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Richtig ist vielmehr, dass mit diesen 1,2 Milliarden Euro ein rotes Prestigeprojekt hätte vorangetrieben werden sollen (Widerspruch bei der SPÖ), das die Gesamtschule im verschränkten Unterricht zum Ziel gehabt hätte, unter Ausschluss aller Bundesländer, und das ist mit der ÖVP nicht zu machen! (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)

10.04


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Auch das ist keine tatsächliche Berichtigung, son­dern eine politische Anmerkung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dziedzic. – Bitte.


10.04.37

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Werte Zusehende! Abseits des parteipolitischen Geplänkels möchte ich etwas Grundsätzliches in dieser wichtigen Debatte feststellen: Gleichstellung ist kein Privileg. Gleichstellung ist eine Frage dessen, wie wir als gesamte Gesellschaft miteinander leben wollen, und zwar ungeachtet von Geschlecht, Orientierung und Iden­tität. Es geht dabei nie um eine Politik für Minderheiten, wie so oft kolportiert wird, son­dern um Gleichstellungspolitik, um Gesellschaftspolitik für alle. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Gerade durch die Pandemie wurde sichtbar, auch in Österreich, wie brüchig diese ge­sellschaftspolitischen Errungenschaften sind. Frauen sind die Ersten, die politische Ent­scheidungen zu spüren bekommen. Sie sind Pflegerinnen, Ärztinnen, Mütter, Chefinnen, sie sind – auch das wurde hier öfter gesagt, und ich kann das nur bekräftigen – die wah­ren Systemerhalterinnen. Frauenpolitik, Gleichstellung, LGBTIQ-Rechte sind deshalb nicht umsonst ein Gradmesser dafür, wie ein Staat verfasst ist, in welcher Verfassung unsere gesamte Demokratie ist.

Wenn sich in Österreich Jugendliche umbringen, weil sie beim Hadern mit ihrer Sexua­lität und Orientierung keine Unterstützung bekommen, wenn eine bestimmte Gruppe ohne Notwendigkeiten vom Blutspenden ausgeschlossen ist, wenn ein gleichgeschlecht­liches Paar keine Wohnung oder kein Hotelzimmer bekommt, wenn jede fünfte Frau in Österreich Opfer von Gewalt wird, dann ist das alles nicht ein Problem der Betroffenen, sondern es ist unsere Verantwortung, die Verantwortung der Politik, Antidiskriminierung, Schutz vor Gewalt, Zugang zu gleichen Rechten zu garantieren.


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Wieso ist das Selbstverständliche keine Selbstverständlichkeit? Wie ist es möglich, dass in Europa, zum Beispiel in Ungarn, Aufklärung an Schulen, Diversität in Filmen, andere Familienformen per Gesetz verboten werden? Wie ist es möglich, dass Frauen in Polen an Schwangerschaften sterben, weil die autoritäre Politik über ihre Körper bestimmen möchte? – Die Antwort ist immer die gleiche: Es ist das Besitzdenken. Es ist die Unter­ordnung von Frauen und Minderheiten unter Gewaltanwendung. Es ist der Zugriff auf ihre Rechte, bis hin zum nächsten Femizid. Es sind das Verdrängen vom Arbeitsmarkt, das Abwälzen jeglicher karitativen Tätigkeit auf sie, das Beschneiden von Bildungschan­cen für Mädchen oder aber auch der Schönheitswahn, der die Frauen schon sehr oft in jungen Jahren auf dem Operationstisch landen lässt.

All das, meine Damen und Herren, passiert nicht zufällig, all das – man kann es nicht oft genug wiederholen – sind Auswüchse einer patriarchalen Denkweise im Europa des 21. Jahrhunderts, auch in Österreich 2021. Dass wir noch heute um gleiche Rechte und Selbstbestimmung, um mehr Ressourcen kämpfen müssen, das ist, ehrlich gesagt, eine Zumutung. Gleichstellung der Geschlechter, ich wiederhole, ist kein Privileg, es ist ein verbrieftes Recht, aber leider immer noch keine gelebte Praxis. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Wieso ist das so? Die Frage ist auch da immer die gleiche: Cui bono? Wer profitiert? Wer profitiert davon, dass nur einige wenige über diese Privilegien verfügen? Wer profi­tiert davon, dass diese patriarchalen Strukturen aufrechterhalten werden? – Es sind im­mer die Gleichen; ich denke, ich muss sie hier nicht extra aufzählen.

Worum es mir geht, ist, festzuhalten, dass wir dieses Privileg diesen einigen wenigen in Österreich nicht überlassen werden, dass uns Gleichstellung etwas wert ist und deshalb jede einzelne Erhöhung, die heute genannt wurde, wichtig ist, um eben der Gleichstel­lung zumindest ein paar Schritte näherzukommen.

In diesem Sinne, Frau Ministerin, danke für Ihre weiteren Bemühungen. Ich hoffe, Sie nehmen das tatsächlich ernst, wenn Sie sagen, dass die Beseitigung des Patriarchats nach wie vor und auch noch im 21. Jahrhundert die größte Herausforderung für die Gleichstellungspolitik ist. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lindner. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


10.09.58

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es ist nicht möglich, über das Budget von Frauen und Gleichstellung zu diskutieren, ohne auf die wohl schlimmste Tatsache einzugehen, vor der unsere Gesellschaft heute steht: 26 Frauenmorde – 26 Frauen, die von Männern er­mordet wurden – allein im Jahr 2021! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das ist eine Krise der Gewalt von Männern, eine Krise, die ganz sicher kein Frauenthema ist, sondern durch toxische Männlichkeit und Sexismus geschaffen wird (Beifall bei der SPÖ), eine Krise, gegen die vor allem jeder Mann aufstehen muss.

Frau Bundesministerin, es braucht auch entschiedenes Handeln der Politik, und dafür kommt gemäß der Istanbulkonvention Ihnen innerhalb der Bundesregierung die koordi­nierende Rolle zu. Auch wenn Sie im Budgetausschuss, in Anfragebeantwortungen und in der Öffentlichkeit immer wieder betonen, wofür Sie alles nicht zuständig sind, ändert sich das nicht. Sowohl wenn es um das Budget geht als auch wenn es um den politi­schen Druck geht, ist und bleibt die Frauenministerin die zentrale Schnittstelle im Kampf gegen Gewalt an Frauen. Diese Verantwortung müssen Sie endlich ernst nehmen,


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Frau Bundesministerin! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Meinl-Reisinger und Künsberg Sarre.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen alle, dass auch das groß angekündigte Ge­waltschutzpaket dieser Regierung nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist, und da rede ich noch nicht einmal von langwierigen Auszahlungsprozessen und hohen Anspruchs­hürden. Vor allem löst dieses Paket nämlich die strukturellen Probleme innerhalb unserer Gesellschaft nicht. In diesem Budget finden sich weder genügend Mittel für die prä­ventive Arbeit mit Buben und jungen Männern noch die längst überfällige Basisfinanzie­rung für die Männerberatungsstellen in ganz Österreich. Ja, opferschutzorientierte Täter­arbeit ist wichtig, aber das strukturelle Problem von männlicher Gewalt werden wir nur dann lösen, wenn wir in flächendeckende moderne Prävention investieren – und genau dafür haben Sie endlich zu sorgen! (Beifall bei der SPÖ.)

Dieser Unwille, an umfassenden und strukturellen Lösungen für mehr Gleichstellung in Österreich zu arbeiten, findet sich nicht nur in der Frauenpolitik. Wenn es um Schwule, Lesben, bisexuelle, transidente, intergeschlechtliche und queere Personen geht, bietet dieses Budget nämlich gleich gar keine Mittel und Ziele. Während LGBTIQ-Personen in den letzten Monaten eine bisher ungekannte Welle an Diskriminierung und Gewalt im öffentlichen Raum erleben, gibt es kein Budget für die Antidiskriminierung dieser Gruppe. Sie, Frau Bundesministerin, betonen zwar, dass Einzelinitiativen, die sich unter anderem mit diesem Thema beschäftigen, aus Ihrem Ressort Teilförderungen erhalten, von flä­chendeckenden Angeboten einer strukturellen Unterstützung dieser Community oder auch nur von inklusiver Kinder- und Jugendarbeit in diesem Bereich brauchen wir aber gar nicht zu reden.

Ihre deutsche Schwesterpartei, die CDU, macht vor, wie es anders geht: Die CDU-ge­führte deutsche Bundesregierung gab im Jahr 2020 allein 7,8 Millionen Euro nur für explizite LGBTIQ-Arbeit aus – für Antidiskriminierungsarbeit, Jugendarbeit und vor allem aktive Öffentlichkeitsarbeit der deutschen Bundesregierung. 7,8 Millionen Euro – und im Vergleich dazu Österreich: 0 Euro!

Lassen Sie es mich auf den Punkt bringen: Gewalt, Diskriminierung und Hass nehmen zu, das zeigen die Erfahrungen von LGBTIQ-Organisationen, aber das zeigt inzwischen sogar der Hate-Crime-Report Ihrer Regierung. Um dieser Entwicklung entgegenzutre­ten, braucht es nicht nur die Exekutive, sondern es braucht aktive und mutige Präven­tionsarbeit der Bundesregierung und insbesondere der Ministerin für Gleichstellung. Solange wir beinahe im Wochentakt erleben, dass Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität angegriffen werden, so lange darf die Politik nicht wegschauen. Ihre Politik des Wegschauens und Nichtzuständigseins, Frau Bundesmi­nisterin, muss endlich ein Ende haben! (Beifall bei der SPÖ.)

10.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Melchior. – Bitte sehr.


10.14.00

Abgeordneter Alexander Melchior (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Für uns in der Volkspartei ist die Familie ein ganz zentrales Element. (Heiterkeit bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter. – Abg. Brandstätter: „Du bist Familie!“ „Kriegst [...] alles, was du willst!“ – Weitere Zwischenrufe bei den NEOS und Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Sie, Herr Kollege Brandstätter, haben mit Sicherheit eine totale Berechtigung, hier jetzt herauszurufen, finden hier immer die richtigen Worte, und wenn Sie es ab und zu schaf­fen würden, Ihren Frust gegen die ÖVP ein bisschen abzulegen, ich schwöre Ihnen, es wäre für Sie auch angenehmer, hier zu sein und das Leben zu genießen. (Beifall bei der ÖVP.)


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Ich sage Ihnen eines: Wir haben in der Familienpolitik in den letzten Jahren ganz, ganz wichtige Maßnahmen auf den Weg gebracht. Ich bin sehr froh, dass wir mit dem Fami­lienbonus etwas auf den Weg gebracht haben, das eine wirkliche Entlastung für die Fa­milien darstellt. Wir sind jetzt diesen Schritt aber auch weitergegangen und werden den Familienbonus noch einmal erhöhen, und zwar auf 2 000 Euro – 2 000 Euro für jedes Kind. Diese Maßnahme kommt so vielen Menschen zugute, nämlich insgesamt 950 000 Familien in Österreich. Damit liegen wir, wenn man alle Familienleistungen in Österreich zusammenzählt, im internationalen Vergleich auf Platz drei in Europa, was die Familienleistungen angeht. Das ist wirklich ein tolles Erfolgsrezept. (Beifall bei der ÖVP.)

Darüber hinaus, und das freut mich ganz besonders, kommt es auch in der Familienbe­ratung zu einer Aufstockung um 23 Prozent auf über 15 Millionen Euro, um so sicherzu­stellen, dass Familien in schwierigen Phasen auch unterstützt und begleitet werden.

Darüber hinaus geht es im Zeitalter der Digitalisierung darum, dass wir auch im Schul­buchbereich neue Maßstäbe setzen. Auch da kommt es zu einer Aufstockung um wei­tere 6 Millionen Euro, und auch dazu möchte ich ganz herzlich gratulieren und viel Erfolg wünschen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Disoski.)

10.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Shetty. – Bitte, Herr Abgeordneter, bei Ihnen steht das Wort.


10.16.32

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Ich möchte mit einer erschütternden Nachricht beginnen, die vielleicht einige von Ihnen auch mitbekommen haben: Vergangene Woche wurde in Wien im 13. Bezirk ein junger Mann, der sich bei seiner Mutter geoutet hatte, verprügelt, kranken­hausreif geprügelt. Es ist zu einem Polizeieinsatz gekommen und auch die Polizistin wurde attackiert, weil die Mutter, die Eltern so außer sich waren über das, was eigentlich so selbstverständlich ist, nämlich dass dieser junge Mann seinen Eltern erzählt hatte, dass er eben schwul ist.

Das ist nur die Spitze des Eisbergs, denn wir wissen, dass wir in Österreich immer noch ein massives Problem mit homophober Gewalt haben. Das zeigt auch die Studie der EU-Grundrechteagentur, die belegt, dass in Österreich 10 Prozent aller LGBTIQ-Personen in den letzten fünf Jahren physische Gewalt und 40 Prozent im letzten Jahr Diskriminie­rung am Arbeitsplatz erfahren haben. Österreich liegt diesbezüglich nicht gut, Österreich liegt im oberen EU-Durchschnitt – aber nicht im positiven Sinne, wenn Sie verstehen, was ich meine.

Kollege Marchetti hat gestern beklagt, dass die Opposition alles immer nur kritisiert und hier jedes einzelne Budget auseinandernimmt. Abgesehen davon, dass es zur Kernauf­gabe der Opposition in einer Demokratie gehört, die Kontrollfunktion wahrzunehmen: Was bleibt uns denn anderes übrig, gerade auch in diesem Bereich? Wenn man ins Budget blickt, dann muss man feststellen, wie viel dieser Regierung LGBTIQ-Personen wert sind, nämlich keinen einzigen Cent. Kein einziges konkretes Projekt, kein einziger Aktionsplan ist diesem Bereich gewidmet.

Darüber hinaus: Wenn man Sie, Frau Bundesministerin, im Ausschuss nach dem Umset­zungsstand des Verbotes von Konversionstherapien fragt – etwas, das einstimmig im Nationalrat beschlossen wurde und wofür Sie im Entschließungstext als zuständige Mi­nisterin genannt werden –, dann sagen Sie, das liege nicht in Ihrer Zuständigkeit. Wenn man Sie nach psychologischer Unterstützung für LGBTIQ-Jugendliche im Outingprozess fragt, dann sagen Sie, das liege nicht in Ihrer Zuständigkeit. Und wenn man Sie auf das


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Faktum anspricht, dass die Suizidalität, also die Neigung zu Selbstmord, in dieser Per­sonengruppe verfünf- bis versechsfacht ist, dann sagen Sie, das liege nicht in Ihrer Zu­ständigkeit.

Ich kann da an Kollegin Brandstötter anschließen und Sie fragen: Was liegt denn ei­gentlich in Ihrer Zuständigkeit? (Beifall bei den NEOS.) Auch im Frauenbereich äußern Sie sich ja zu vielen Projekten, die sozusagen ein bisschen in Richtung Querschnitt­materie gehen, sehr ähnlich.

Ich möchte abschließend und auch in Anlehnung an das, was Kollege Marchetti gesagt hat – die Opposition kritisiere ja nur –, festhalten: Gerade in diesem Bereich kritisieren wir eben nicht nur. In Wien, wo unser Vizebürgermeister auch für diesen Bereich, näm­lich für Gleichstellungsfragen, ressortverantwortlich ist, werden wir etwas ganz Konkre­tes umsetzen, und zwar noch in dieser Legislaturperiode, nämlich das erste queere Ju­gendzentrum in Österreich. Wir werden also einen Safe Space für LGBTIQ-Jugendliche schaffen. Der Prozess startet nächstes Jahr, und das wird noch in dieser Legislaturpe­riode umgesetzt. Auch solche Initiativen würde ich mir von Ihnen bundesweit wünschen, Frau Bundesministerin. (Beifall bei den NEOS.)

10.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das Wort steht nun bei der Frau Bundesminister. – Ich darf Sie bitten.


10.19.56

Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Her­ren Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich darf heute über die Schwer­punkte sowohl im Frauen- und Gleichstellungsbereich als auch im Familienbudget für das kommende Budgetjahr sprechen. Ich freue mich wirklich sehr, dass das Frauen­budget 2022 18,4 Millionen Euro vorsieht – um fast 4 Millionen Euro mehr als im Vorjahr, um 6 Millionen Euro mehr als im Jahr davor und um rund 8 Millionen Euro mehr als im Jahr vor meinem Amtsantritt. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Neßler.)

Wir haben es nun zum dritten Mal hintereinander geschafft, mehr Geld für die Frauen in Österreich zur Verfügung zu stellen. Österreich hatte noch nie ein so hohes Frauenbud­get: 81 Prozent mehr als zu Beginn unserer gemeinsamen Legislaturperiode.

Ein großer Teil dieses Geldes fließt in den Gewaltschutz. Das ist uns deshalb so wichtig, weil wir wollen, dass jede Frau und jedes Mädchen in Österreich vor Gewalt auch innerhalb der eigenen vier Wände geschützt ist; dass wir für jede Frau, für jedes Mäd­chen und für Kinder einen Zufluchtsort in Österreich schaffen und dass jede Frau weiß, wo sie diesen Zufluchtsort in Österreich findet.

Der Opferschutz wird mit der Budgeterhöhung nicht nur finanziell abgesichert – das ha­ben mir die Vertreterinnen und Vertreter der Gewaltschutzzentren so mitgeteilt –, son­dern das Angebot für die Betroffenen wird verstärkt, es wird substanziell ausgeweitet, beispielsweise durch zusätzliche Beratung im Zusammenhang mit sicherheitspolizeili­chen Fallkonferenzen. Das, sehr geehrte Damen und Herren, ist auch mehr als not­wendig, denn häusliche Gewalt kann niemals Privatsache sein. Das geht uns allesamt an, und es ist unsere gesamtgesellschaftliche Aufgabe, dagegen anzukämpfen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Mit dem Gewaltschutzpaket vom Mai 2021 ziehen auch viele weitere Ressorts an die­sem Strang, allen voran natürlich das Innenressort, aber genauso das Justizressort und das Sozialministerium – und weil immer wieder auch davon gesprochen wird: Ja, selbst­verständlich sehen wir im Frauenministerium unsere Aufgabe darin, die Gewaltschutz­maßnahmen innerhalb der Regierung zu koordinieren, aber es kann niemals nur die


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Aufgabe von uns Frauen und auch niemals nur die Aufgabe der Frauenministerin sein, gegen Gewalt in Österreich anzugehen. Das ist unsere gesamtgesellschaftliche Aufga­be, und daher spiegeln sich dieser Ansatz und diese Bemühungen auch in den Budgets der anderen Ressorts wider – und das ist auch gut und richtig so. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Die Basis für ein gewaltfreies Leben ist ein selbstbestimmtes Leben, ein finanziell un­abhängiges Leben für die Frauen. Daher ist es wichtig, dass wir auch mit dem neuen Budget in die Stärkung und die Selbstbestimmung von Frauen investieren. Wir müssen die klassischen Rollenbilder aufbrechen. Wir müssen Mädchen und Frauen auch für die Zukunftsbranchen begeistern, für naturwissenschaftliche, für technische, für mathemati­sche Berufe – überall dort, wo auch das Geld zu Hause ist; überall dort, wo Frauen und Mädchen auch mehr verdienen können –, um einen Beitrag zu leisten, die leidige Ge­haltsschere in Österreich zu schließen. Und wir müssen auch einen Beitrag leisten, dass jedes Mädchen in Österreich das werden kann, was es will. (Beifall bei ÖVP und Grü­nen.)

Wir haben daher bereits in diesem Frühjahr einen Förderaufruf zum Thema Empower­ment von Mädchen und Frauen mit Fokus auf diese technischen Branchen gestartet. Dafür habe ich im letzten Jahr bereits 1,6 Millionen Euro aus dem Frauenbudget zur Verfügung gestellt, und diese Initiativen werden wir auch weiterführen.

Auch die weiteren Projekte aus meinem Ressort – wie beispielsweise die durchgeführte sogenannte Mint-Girls-Challenge oder der bundesweite Girls’ Day – sollen dazu beitra­gen, die Bewusstseinsbildung bei Frauen und Mädchen voranzutreiben: dass nämlich diese Branchen einfach attraktive Branchen sind, dass diese Branchen nicht nur Män­nerbranchen, sondern Zukunftsbranchen sind, in denen wir die klügsten Köpfe brau­chen – und das sind eben auch Mädchen und Frauen in unserem Land.

Die Grundlage für die Selbstbestimmung der Frau ist, dass sie finanziell unabhängig ist. Daher ist es auch ein Schwerpunkt im Frauenbudget, dass wir Frauen am Arbeitsmarkt fördern. Das kann aber natürlich nicht nur die Aufgabe der Frauenministerin sein. Wir haben deshalb im Arbeitsministerium einen Schwerpunkt auf die Förderung von Frauen durch das Arbeitsmarktservice gesetzt: Es kommt zu einer überproportionalen Förde­rung von Frauen im AMS-Budget. Die Förderung steigt auf 4 Prozent, das heißt, für arbeitslose Frauen stehen 4 Prozentpunkte mehr Fördermittel zur Verfügung, als es ih­rem Anteil an Arbeitslosen entspricht. Das ist eine Diskriminierung von Frauen im posi­tiven Sinne, wenn man so will, denn es ist wichtig, dass wir einen Schwerpunkt setzen, damit Frauen durch den Job selbstbestimmt finanzielle Unabhängigkeit erlangen kön­nen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Coronajoboffensive wird einen großen Teil dazu beitragen. Von 2020 bis 2022 ste­hen insgesamt 700 Millionen Euro dafür zur Verfügung. Bislang waren 54 Prozent der Teilnehmenden Frauen. Ich möchte Arbeitsminister Martin Kocher ganz herzlich dafür danken, dass auch ihm die Gleichstellung ein Anliegen ist. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren, Frauen leisten in unserer Gesellschaft wirklich Über­menschliches, auch in der Krise, egal, ob im Wirtschafts- und Arbeitsmarktbereich, im Rahmen sozialen Engagements, in der Pflege von Familienangehörigen, wie wir heute gehört haben, aber natürlich auch insgesamt als Mütter in der Familie. Es ist daher wichtig, dass wir Rahmenbedingungen schaffen, um Frauen, aber natürlich auch Fami­lien generell zu entlasten. Und ja, ich möchte es an dieser Stelle noch einmal ausdrück­lich sagen: Wir werden die Zahl der Kinderbetreuungsplätze auch in den kommenden Jahren erhöhen. Wir werden mehr Plätze für die Betreuung von kleinen Kindern in Kin­dergärten und Kindergruppen schaffen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


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Auch das ist natürlich nicht nur Aufgabe der Bundesregierung, sondern verfassungsge­setzlich sind auch die Länder zuständig. Daher ist es unsere Aufgabe als Bundesregie­rung, die Länder dabei zu unterstützen. Die Verhandlungen mit den Bundesländern be­treffend Kinderbetreuung haben bereits begonnen, und ich freue mich, dass wir ge­meinsam mit dem Regierungspartner ein klares Bekenntnis zum Ausbau der Kinderbe­treuung geschafft haben. Das wird sich natürlich in den kommenden Jahren auch in der Realität abbilden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Eine zweite Aufgabe, die dieses Budget erfüllt, ist, Familien generell zu entlasten. Es gibt unterschiedliche Familienleistungen, die wir im Familienministerium umsetzen, und eine Familienleistung oder eine Entlastungsmaßnahme für die Familien ist der Familien­bonus. Wir haben den Familienbonus nunmehr von 1 500 auf 2 000 Euro pro Kind er­höht. Das ist weit mehr als die Erhöhung, die im Regierungsprogramm vorgesehen ist. Das ist auch gut und wichtig so, denn insbesondere in der Coronakrise brauchen die Familien eine besondere Entlastung, brauchen die Familien besondere Unterstützung.

Weil es auch erwähnt wurde: Auch jene Familien, die vom Familienbonus nicht profitie­ren können, weil ihr Einkommen nicht so hoch ist, werden entlastet. Wir werden nämlich den Kindermehrbetrag von 250 auf 450 Euro erhöhen, sodass besonders Alleinerziehe­rinnen und Alleinverdienerinnen dadurch eine finanzielle Entlastung spüren werden. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Neßler.)

Wir schaffen mit dem höheren Familienbonus sowie mit dem Kindermehrbetrag eine Entlastung von insgesamt 600 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr. 1,75 Millionen Kinder im Land werden davon profitieren.

Ein weiterer Schwerpunkt ist, dass wir nicht nur die Familien im familiären Kontext unter­stützen, sondern natürlich auch die Kinder, insbesondere wenn es um Bildungsmaßnah­men geht. Wir haben daher auch im Budget vorgesehen, die Mittel für die Schulbücher ein weiteres Mal deutlich aufzustocken. Konkret wird das Budget für das kommende Schuljahr um 6 Millionen Euro angehoben, und insgesamt stehen somit 130,6 Millionen Euro zur Verfügung. Wichtig ist dabei: Wir werden die Schulen auch Schritt für Schritt ins digitale Zeitalter überführen, und die Schulbücher leisten da einen Beitrag, denn es kann mehr Geld für digitale Schulbücher, für die sogenannten E-Books, ausgegeben werden. Bildung – und natürlich auch, dass unsere Kinder im digitalen Zeitalter im Bil­dungsbereich zukunftsfit gemacht werden – ist eine ganz zentrale Maßnahme im fami­lienpolitischen Bereich, daher investieren wir da auch sehr stark. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ein Thema, das mir auch besonders wichtig war, weil ich ja selbst am Land aufgewach­sen bin, immer einen sehr langen Schulweg hatte, weil ich auch jetzt am Land wohne und sehe, wie sehr es die Familien belasten kann, wenn der Schulweg der Kinder nicht sicher ist, nicht ausreichend Infrastruktur zur Verfügung steht: Wir haben auch das Bud­get für die Schülerfreifahrt im Gelegenheitsverkehr um weitere 4,4 Millionen Euro ange­hoben, damit den Kindern ein sicherer Weg von zu Hause in die Schule ermöglicht wird. Das ist gerade für die Familien, die Kinder in den Regionen eine ganz wichtige Maß­nahme.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es freut mich, dass wir im Familienbereich europaweit gesehen unter den top drei sind, was die Leistungen an die Familien betrifft, und es freut mich, dass es uns trotz der Tatsache, dass wir im internationalen Vergleich auch bereits in den letzten Jahren gut dagestanden sind, gelungen ist, dass wir weiter in den Fami­lienbereich investieren und noch einmal mehr Geld für die Entlastung und Unterstützung von Familien in unserem Land in die Hand nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir möchten, dass jede Frau in Österreich jenes Lebensmodell wählen kann, das sie möchte – Vereinbarkeit von Familie und Beruf, aber natürlich auch Kinderbetreuung zu


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Hause. Wir möchten, dass jede Familie sich selbst so organisieren kann, wie sie möchte, und unsere Aufgabe ist es, dafür Rahmenbedingungen zu schaffen, damit das gelingt.

Ich freue mich, dass dieses Budget diese Rahmenbedingungen möglich macht. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.31


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Neßler. – Bitte sehr, bei Ihnen steht das Wort.


10.31.41

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Ich möchte mit etwas Erfreulichem beginnen, nämlich dass das Budget für die Förderung der Familienbera­tung um 23 Prozent erhöht wurde. Das ist dringend notwendig – ich glaube, so dringend notwendig war es noch nie, denn die Familien haben in der Pandemie nicht nur unter den ökonomischen Folgen gelitten, sondern natürlich auch unter den psychischen. Das beginnt beispielsweise bei der Überbelastung von Frauen, allen voran jenen, die in Ge­sundheitsberufen gearbeitet haben – wir wissen, dass es im Pflegebereich zu 80 Pro­zent Frauen sind –, und vor allem sind es auch Frauen, die immer wieder zu Hause gefordert sind.

Es wurde jetzt schon viel diskutiert: Es geht um den Ausbau der Kinderbetreuungs­plätze – die Frau Ministerin hat schon erklärt, dass wir deren Ausbau forcieren wollen. Ich möchte nur noch anmerken, dass das aus folgendem Grund so wichtig ist: Wenn wir eine Wahlfreiheit für Frauen haben möchten, dann brauchen wir auch eine Möglichkeit, dass diese Wahlfreiheit in Betracht gezogen werden kann. Natürlich ist es so, dass wir die Barcelonaziele nach 19 Jahren leider immer noch nicht erreicht haben, das ist trau­rige Realität, und ich möchte mich auch bei allen ÖVP-Abgeordneten bedanken, die sich für einen Rechtsanspruch ausgesprochen haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Ich möchte aber auch die Zeit nützen, um noch ein Thema in diesem Zusammenhang anzusprechen, über das die Kollegin von der SPÖ gestern gesagt hat, dass grundsätz­lich zu wenig darüber geredet wird – das ist so –, und das ist die Kinderarmut. Vor Kur­zem hat die Statistik Austria eine Studie veröffentlicht, in der alarmierenderweise gezeigt wird, dass 36 Prozent der Kinder von Alleinerziehenden keine Unterhaltszahlungen oder Ersatzleistungen bekommen. Insgesamt befinden sich 372 0000 Kinder in einer Dauer­krise, weil sie von Armut betroffen sind, und ich glaube, wir sind uns einig, dass das schon 372 000 Kinder zu viel sind.

Die Regierung hat sich dazu committet, die Kinderarmut zu halbieren, und das kann natürlich nicht in einem Ministerium passieren, das muss über alle Ressorts hinweg pas­sieren – mit aller Anstrengung, denn das sind jene Kinder, die nicht auf Schulausflüge mitgehen können, das sind jene Kinder, die in einem Dauerlockdown sind, weil sie keine Freunde und Freundinnen zu sich nach Hause einladen können, und das sind jene Kin­der, die auch keine Geburtstage feiern können. Wir haben hier schon ganz oft darüber diskutiert, was die Pandemie für Kinder, für Jugendliche in Bezug auf die psychosoziale Gesundheit geheißen hat, und ich glaube, wir alle können uns vorstellen, dass gerade Kinder, die von Armut betroffen sind, davon noch mehr betroffen sind.

Finanziell schlechtergestellt zu sein, liebe Kollegen und Kolleginnen, heißt nicht einfach nur, dass man weniger Geld hat, das heißt leider oft auch, sozial ausgegrenzt zu werden, und sozial ausgegrenzt zu werden ist nicht nur ein unschönes Gefühl, das schlägt sich auch auf die Gesundheit unserer Kinder nieder. Darum ist es unser Job, dafür zu sorgen, dass Kinder Kinder sein können – ohne Zukunftsängste, ohne finanziellen Druck und ohne verminderte Chancen. Daran arbeiten wir – Stichwort Kinderkostenstudie, die zu­letzt 1964 in Auftrag gegeben wurde –, wir arbeiten daran, die Lücken beim Unterhalt zu


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schließen – seit 2008 ist das im Regierungsübereinkommen vorgesehen und seitdem ist nichts passiert –, und wir arbeiten mit voller Kraft daran, dass wir unserem ambitionierten Ziel, die Kinderarmut zu halbieren, ein Stück näherkommen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Um noch ganz kurz bei den Kindern in der Pandemie zu bleiben: Ich habe schon einmal gesagt, dass es derzeit so ausschaut: Von Jänner bis August wurden 152 Babys auf­grund von Corona hospitalisiert; vorgestern haben wir in den Medien von einem 15 Mo­nate alten Baby gehört, um dessen Leben im Krankenhaus Vöcklabruck gekämpft wird. Wer die Bilder gesehen hat, der kann sich, wie ich glaube, vorstellen, was das für die Eltern und für das Baby bedeutet. Ich appelliere noch einmal an alle Frauen, die schwan­ger sind, die einen Kinderwunsch haben, sich impfen zu lassen. Dank der Wissenschaft haben wir ein effektives Werkzeug im Kampf gegen diese Pandemie, ein Mittel, das uns so viel Leid ersparen könnte.

Liebe Kollegen und Kolleginnen! Ich sage das jetzt auch bewusst in Richtung der FPÖ: Wir sollten öfter auf die Wissenschaft hören, auf die Wissenschaft vertrauen, als auf den so oft bemühten Hausverstand, hinter dem sich im Endeffekt nur Wissenschaftsskepsis verbirgt. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Schatz. – Bitte sehr.


10.37.29

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Das Frauenbudget wird auch im Jahr 2022 steigen, das ist gut und richtig. Wir haben das schon mehrfach gehört, und Sie sind offenbar mit diesem Budget auch zufrieden, aber: Kann man aber mit einem Frauenbudget von 18,4 Millionen Euro zufrieden sein? – Ich sage: Nein. Als Vorstandsmitglied einer Frauenberatungsstel­le, als Politikerin, der Gewaltschutz wirklich ein großes Anliegen ist, als Frauenpolitikerin, als Feministin kann ich mit einem Frauenbudget von 18,4 Millionen Euro einfach nicht zufrieden sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Ja, die Mittel für den Gewaltschutz sind angehoben worden – wir anerkennen das und wir sehen, dass auch in den anderen Ministerien eine entsprechende Anhebung des Gewaltschutzbudgets vorgenommen worden ist. Das ist angesichts von 26 Femiziden in diesem Jahr, angesichts von 224 Femiziden seit 2014 – 224 Frauen, die durch die Hand ihres Partners, Ex-Partners ermordet worden sind – auch dringend notwendig! Das kön­nen wir nicht einfach so hinnehmen (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Kris­per und Seidl), da dürfen wir uns auch nicht auf dem jetzt Erreichten ausruhen, Frau Ministerin! Wir müssen tagtäglich weiter daran arbeiten.

Was passiert aber abseits des Gewaltschutzes im Frauenressort? – Wir erleben gerade, dass Frauen in dieser Coronakrise besonders betroffen sind. Viele Studien bestätigen, dass Frauen mehrfach belastet sind und der Druck auf Frauen enorm gestiegen ist. Wo finden wir aber tatsächlich die Mittel, die da entgegenwirken? Immer noch arbeiten Frauen im Vergleich zu Männern 68 Tage im Jahr gratis, die Gehaltsschere hat sich immer noch nicht geschlossen. Wo finden wir die Mittel, die da konkret entgegenwirken? (Beifall bei der SPÖ.)

Wo sind die Mittel für die Erhöhung der Basisförderungen für die Frauen- und Mädchen­beratungsstellen, die in dieser Krise so besonders gefordert und so dringend notwendig gewesen wären?

Wo sind die zusätzlichen 3 000 Plätze in den Gewaltschutzeinrichtungen, die auch der Österreichische Frauenring und die Allianz gewaltfrei leben so dringend einfordern?


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Und auch, wenn es der ÖVP nicht gefällt: Wo sind die zusätzlichen Mittel für den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen? (Beifall bei der SPÖ.) Wo ist die Kinderbetreuungs­milliarde, die Sebastian Kurz 2016 verhindert hat, um seine eigene, persönliche Karriere damit anzukurbeln und zu fördern? (Zwischenruf des Abg. Fürlinger.)

Frau Ministerin, wenn Sie, wie Sie gesagt haben, die Vereinbarkeit von Job und Familie ernst nehmen, wenn Sie da tatsächlich aktiv Maßnahmen setzen wollen, dann müssen Sie diesen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung einfordern, dann müssen Sie diese Kinderbetreuungsmilliarde auch im Budget einfordern und dafür sorgen, dass tatsächlich die Vereinbarkeit von Beruf und Familie möglich ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Ja, jeder in den Gewaltschutz investierte Euro und Cent sind richtig, wichtig und notwen­dig. Aber, Frau Ministerin, als Frauenministerin muss der Kampf für ein selbstbestimmtes Leben, muss der Kampf für ökonomische Unabhängigkeit der Frauen, muss der Kampf dafür, dass es endlich echte Gleichstellung gibt, immer Ihr vorrangiges Ziel sein, und das muss sich auch im Budget entsprechend widerspiegeln. Das ist letztendlich auch ein Gewaltschutzmittel und eine Maßnahme, um Gewaltprävention zu betreiben. In diesem Sinne kann ich mit diesem Budget nicht zufrieden sein. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

10.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte sehr.


10.41.30

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminis­terin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Sabine Schatz, wir kommen ja aus dem­selben Bezirk, dem Bezirk Perg. In einem Punkt muss ich dir leider widersprechen, wenn wir von Kinderbetreuungsgeld, von mehr als 1 Milliarde Euro und vom Jahr 2016 spre­chen: Da ist es nicht um einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung gegangen (Abg. Heinisch-Hosek: O ja! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), zum Beispiel für Zwei-, Drei- oder Vierjährige, sondern da ist es um nicht mehr und nicht weniger als um eine verpflichtende Nachmittagsbetreuung gegangen. (Rufe bei der SPÖ: Nein! Nein! – Wei­tere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Das macht auf freiwilliger Basis durchaus Sinn. Wenn wir jedoch von verpflichtender Nachmittagsbetreuung, verschränkter Gesamtschule sprechen (anhaltende Zwischen­rufe bei der SPÖ – Präsident Sobotka gibt neuerlich das Glockenzeichen), dann reden wir nicht mehr vom Fußballtraining oder der Musikstunde in der Musikschule um 14 oder 16 Uhr, sondern dann sind die Kinder nur mehr in der Schule. Und das ist nicht unser Zugang. Das ist vielleicht für Wien richtig, aber nicht für ganz Österreich! (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: ... von der ÖVP bist, dass du hier die Unwahrheit sagen kannst?)

Irgendwann wäre der Zeitpunkt, dass man der Wahrheit die Ehre gibt und sagt, worum es wirklich gegangen ist und worum nicht. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Liebe Frau Bundesministerin, das Budget in der Höhe von fast 7,7 Milliarden Euro, das Sie verwalten, gestalten, ermöglicht es, dass wir unsere Stellung in Richtung monetärer Familienleistung, was die Geldleistungen betrifft, entsprechend halten, dass man viele Projekte weiterentwickeln kann, wo es beispielsweise um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht, also um wichtige Dinge. Ich glaube, dass es bei manchen Dingen dann aber schon auch darauf ankommt und man berücksichtigen muss, in welcher Region man zu Hause ist. Ein verpflichtender Anspruch auf gewisse Dinge ist in einer Stadt oder in einem Ballungsraum sicherlich wesentlich leichter zu gestalten als in ländlichen, peri­pheren Räumen, die dünn besiedelt sind. Man muss, glaube ich, bei diesen Dingen ein­fach auf die Realitäten Bezug nehmen und schauen, wie man Lösungen in Richtung


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Zukunft zustande bringen kann, damit die Familien auch in der Zukunft die Wahlmög­lichkeiten haben, aber mehr Chancen in Richtung Vereinbarkeit von Familie und Beruf gegeben sind. Das ist ein wichtiger Punkt. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Die Familie ist die Keimzelle. Ich glaube, dass die Kinder in der Familie – auch wenn sich das Familienbild vielleicht etwas verändert hat; wir haben viele Patchworkfamilien – viel lernen, nämlich zum Beispiel auch, dass es Rechte und Pflichten gibt, dass es auch um Grenzen geht und dass man aufeinander Rücksicht nimmt.

Ich habe in der Schule unter anderem auch einmal gehört, dass meine Freiheit dort auf­hört, wo ich die Freiheit des anderen eingrenze. Wenn ich an die Phase der vierten Welle der Coronapandemie denke, dann muss ich sagen, es wäre vielleicht an der Zeit, sich auch darauf zu besinnen: Was ist meine persönliche Freiheit und wodurch grenze ich die Freiheit des anderen ein?

Geschätzte Damen und Herren – und da richte ich mich vor allem an jene, die uns jetzt zuschauen –, es geht auch darum, dass man nicht alles glauben soll, was im Internet zu finden ist, sondern dass man sich tatsächlich auf Experten verlässt. Und wenn die über­wiegende Mehrheit der Wissenschafter und Mediziner sagt (Zwischenruf bei der SPÖ), dass Impfen vernünftig ist, dann wird es wahrscheinlich nicht verkehrt sein.

Es passt nicht ganz zusammen, wenn eine Fraktion in diesem Hause hinter vorgehal­tener Hand sagt: Es sind eh mehr als die Hälfte von uns geimpft!, aber draußen sagt: Das ist ja furchtbar! Solch ein Blödsinn, das brauchen wir nicht, uns tut das nichts! – Schauen wir uns einfach die Realität an! Nehmen wir die Dinge sozusagen zur Kenntnis, schauen wir aber auch, dass wir in der Gesellschaft das machen, was in der Familie wichtig ist: aufeinander Rücksicht nehmen, nachdenken, welchen Beitrag man leisten kann (Abg. Kollross: Dem Haslauer sagen!), dann wird es uns vielleicht gemeinsam besser gehen! (Beifall bei der ÖVP.)

10.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek zu Wort gemeldet. – Bitte.


10.44.52

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Abgeordneter Prinz hat soeben behauptet, dass die Vereinbarung aus 2016 eine Verpflichtung zur Nachmittagsbetreuung von Kindern beinhaltet hätte. – Das ist unrich­tig. (Abg. Sieber: Nein, das ist richtig!)

Ich berichtige tatsächlich, dass ein Rechtsanspruch auf Nachmittagsbetreuung in einem 1,2-Milliarden-Euro-Paket vereinbart wurde. Und vereitelt wurde es von: Sebastian Kurz. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS. – Abg. Sieber: Nein ...! – Zwi­schenruf des Abg. Fürlinger.)

10.45


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Auch das war keine tatsächliche Berichtigung, sondern eine politische Bewertung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Maximilian Köllner. – Bitte. (Abg. Kollross: Das war eine tatsächliche Berichtigung! – Rufe bei der SPÖ: Lernen Sie einmal die Geschäftsord­nung! Das ist wahrscheinlich eine sinnlose Veranstaltung! – Abg. Leichtfried: Ich glau­be, der Herr Prinz weiß nicht, was ein Rechtsanspruch ist! Unglaublich! – Weitere Zwi­schenrufe bei der SPÖ. – Der Präsident gibt das Glockenzeichen.)


10.45.42

Abgeordneter Maximilian Köllner, MA (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ganz verstehe ich die von einigen ÖVP-Kollegen hier


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herinnen vorgetragenen Lobeshymnen – vor allem auf euch selbst – nicht, denn weder dann, wenn es um Familien geht, wie wir gerade von Kollegin Gabi Heinisch-Hosek ge­hört haben, noch wenn es um die Jugend geht, ist wirklich etwas geschehen. Ich sage Ihnen auch warum.

Das Jugendbudget – beginnen wir vielleicht mit der Jugend – stagniert auf niedrigem Niveau. Die Jugendförderung wurde seit 2001 nicht valorisiert, nicht an die Inflation an­gepasst. Das bedeutet also nichts anderes als Stillstand seit 20 Jahren – und die Zahlen lügen nicht.

Egal, ob es um die jungen Abgeordneten hier im Hohes Haus oder vielleicht die Be­rufsjugendlichen hier im Hohes Haus geht: Seit ich hier im Hohen Haus bin, wird immer davon gesprochen, die Jugendstrategie umzusetzen, wir reden davon, die Jugendarbeit zu fördern, die Jugendorganisationen zu unterstützen – aber letztendlich reden wir um den heißen Brei, wenn nicht einmal die Hausaufgaben gemacht werden, nämlich dass Sie die Jugendförderung an die Inflation anpassen. (Beifall bei der SPÖ.)

Apropos Jugendliche: 300 000 Kinder und Jugendliche in Österreich sind von Armut be­troffen oder bedroht; das wurde bereits angesprochen. Sie haben selbst in Ihr Regie­rungsprogramm geschrieben, Sie wollen die Armut in den Familien bekämpfen. Nur: Al­lein mir fehlt der Glaube, denn wenn man zum Beispiel im Budget hinsichtlich Armuts­gefährdungsquote nachschaut, dann findet man nichts, das zeigt, dass Sie diese senken wollen. Da hilft auch der Familienbonus nichts, auch wenn Sie ihn hier hervorheben und loben, denn der kommt vielleicht bei der türkisen Familie an, aber nicht bei jenen, die ihn wirklich brauchen würden. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Eßl.)

Im Gegenteil! 70 Prozent der Bezieher sind Männer (Abg. Pfurtscheller: Und die ge­hören nicht zur Familie oder wie?), und er nützt vor allem jenen, die ohnehin gut ver­dienen – und das ist der Witz. (Abg. Pfurtscheller: Gehören Männer nicht zur Familie? – Ruf bei der ÖVP: Die 1 500 Euro verdienen!) Der Bonus kommt nicht bei jenen an, die ihn wirklich brauchen würden, nämlich bei Frauen und Kindern. Das ist der Punkt. (Beifall bei der SPÖ.)

Frauen würden deutlich mehr profitieren, das ist auch schon gesagt worden, wenn etwa in den Ausbau der Kinderbetreuung investiert werden würde.

Im Übrigen, ich möchte das wiederholen: Wir haben nicht vergessen, dass Sebastian Kurz zu seinem eigenen Vorteil – zu seinem eigenen Vorteil! (Abg. Schnabel: Das stimmt noch immer nicht, auch wenn Sie es 20 Mal sagen!) – den österreichischen Fa­milien und Kindern diese Kinderbetreuungsplätze gestohlen hat, Herr Kollege! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schnabel: ... 20 Mal sagen, stimmt es nicht!)

Er hat den Familien die Kinderbetreuungsplätze gestohlen! (Abg. Eßl: Das ist eine Lüge!) Sie haben jetzt die Chance, das wiedergutzumachen: Also her mit der Kinderbetreu­ungsmilliarde, her mit dem Rechtsanspruch auf Nachmittagsbetreuung! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Sieber: Jetzt sagt er es schon wieder!)

10.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Jeitler-Cin­celli. – Bitte.


10.48.42

Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (ÖVP): Einen schönen guten Vormit­tag! Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen und Zuseher! Welches Frauenbild sehen Sie, wenn Sie der heutigen Debatte folgen und der gestrigen Debatte gefolgt sind? – Wir haben die alleinerziehende, die sorgsame Mut­ter in ihrer Überforderung mit den jetzigen Maßnahmen. Wir haben gestresste Unterneh­merinnen. Wir haben Frauen mit Migrationshintergrund. Wir haben eine breite Palette


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von Frauen draußen: Wir haben die Quotenfrau beziehungsweise vermeintliche Quoten­frau im Aufsichtsrat, wir haben das Opfer von Gewalt in einer toxischen Beziehung. All diese Frauen gibt es – und daneben gibt es noch sehr viele mehr.

Wissen Sie, was eigentlich das Interessante ist? – Dass sich unsere Lebensphasen oft so aneinanderreihen, dass wir uns permanent entwickeln können, dass wir die Chance haben, aufzustehen, damit wir die beste Version von uns selbst werden können. Das ist das Leben, das ist Entwicklung, und oft braucht es eine Neuerfindung.

Es ist mir ein Herzensanliegen, dass wir keine Frau in irgendeiner Form beurteilen, son­dern dass wir sie in ihrer Lebenssituation, da, wo sie steht, unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Dafür braucht es von klein an Instrumente. Das Zauberwort ist für mich Empowerment. Normalerweise mag ich deutsche Begrifflichkeiten lieber, aber Selbstermächtigung klingt etwas sperrig. Ich glaube, Empowerment ist das, was wir brauchen. Das sind Pro­gramme von ganz klein auf, wie zum Beispiel: Mein Körper gehört mir. An dieser Stelle sage ich einmal Danke an die Lions Clubs, die seit einem Jahrzehnt ungefähr 250 000 Kinder begleitet haben, dafür, dass es dieses Programm gibt, in denen Kinder lernen, den Körper wahrzunehmen, sich abzugrenzen, und kleine Mädchen lernen, Nein gegen sexuelle Übergriffe zu sagen.

Ich möchte jetzt schon auf Herrn Schnedlitz, der leider gerade nicht im Saal ist, und seine unfassbare Rede, die er da über Facebook streamt, die Tausende Male geteilt wird, ein­gehen. Er verwendet beziehungsweise missbraucht darin mehrmals diesen Claim: Mein Körper gehört mir. Nein, der Körper ist etwas - - Ja, der Körper gehört uns Frauen. Ur­sprünglich kommt dieser Claim übrigens aus der Feminismusbewegung, da geht es um Abortion Rights, um Abtreibungsrechte – das ist noch einmal spannend.

Herr Schnedlitz, ich sage Ihnen eines – vielleicht schauen Sie es sich später an –: Sie haben nicht das Recht, diesen Claim dafür zu missbrauchen, dass Sie den Menschen von einer Impfung abraten, dafür, dass Sie sagen: Wir leben in einer Diktatur. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

15 000 Neuinfektionen sprechen, glaube ich, für sich. Ich glaube, wir haben hier andere Schritte zu setzen.

Es braucht Initiativen, um Mädchen in Mint-Fächer zu bringen. Meine Kollegin zum Bei­spiel wird eine Stiftung extra dafür gründen, damit die Mädchen auch diese Lust an den Mint-Fächern behalten. Unsere Frau Ministerin und Frau Ministerin Schramböck haben vor Kurzem gemeinsam einen Award gegründet. Es braucht Finanzerziehung für Mäd­chen. Es braucht natürlich auch Kinderbetreuungsthemen. Herr Kollege (in Richtung Abg. Köllner), nur weil man etwas 20 Mal sagt, wird es nicht richtiger. Es wird hier sehr, sehr viel getan.

Evi (in Richtung Abg. Holzleitner), zu dem, was du vorhin gesagt hast: Wir wissen ja mittlerweile, dass es um einen Motherhoodpaygap geht. Der echte Genderpaygap sind ja nur ein paar Prozent, die man erklären kann. Wir müssen Frauen dazu bringen, dass sie darüber nachdenken, dass sie früher wieder mehr Stunden machen, damit sie dann nicht in diese Altersarmutsfalle kommen. (Abg. Heinisch-Hosek: Wie?)

Unsere Aufgabe ist es, Frauen in allen Lebensphasen zu unterstützen. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) – Frau Heinisch-Hosek, ich verstehe Sie leider nicht. Ich glaube, der Erfolg jeder Frau sollte eine Inspiration für andere Frauen sein. Ich glaube, wenn wir einander anfeuern, einander begleiten, dann sind wir am allerstärksten. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


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10.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Bern­hard. – Bitte sehr.


10.52.37

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ich möchte auf eine Rede von Herrn Kol­legen Sieber, den ich jetzt gerade nicht sehe, eingehen. Ich habe in meiner vorangegan­gen Rede auf die Chats des ehemaligen Kanzlers Kurz, die wir alle kennen, Bezug ge­nommen – ich sehe den Kollegen (auf Abg. Sieber, der seinen Platz einnimmt, deutend) mittlerweile –, und ich habe gesagt, dass er Verrat an unseren Kindern begangen hat, weil er die Nachmittagsbetreuung, den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr verhindert hat. Es gab dann eine tatsächliche Berichtigung, die sehr skurril war, weil der Kollege von der ÖVP behauptet hat, die ÖVP hätte, namentlich durch Sebastian Kurz, ein sozialdemokratisches „Prestigeprojekt“ verhindert.

Ich habe mir die Chats noch einmal angesehen. Man muss das verstehen. Was ist denn da gesagt worden? Kurz hat eine Nachricht von einem Herrn Schmid gekriegt, in der dieser schreibt: „Wir müssen bei Banken aufpassen. Die wollen das am Montag weiter besprechen und entscheiden“. Kanzler – also Christian Kern – und Vizekanzler – damals Reinhold Mitterlehner – und Mahrer und Co. „Ziel- 1,2 Mrd für Nachmittagsbetreuung mit Rechtsanspruch und Vereinbarungen Bund Gemeinden ohne Länder! Mega Spreng­stoff!“ (Abg. Sieber: Ohne Länder!)

So, und was antwortet der ehemalige Kanzler? – Er sagt: „Gar nicht gut!!! Wie kannst du das aufhalten?“ – Sprich: Wie kannst du den Rechtsanspruch und die Vereinbarung zwi­schen Bund und Gemeinden betreffend die Nachmittagsbetreuung aufhalten? (Die Ab­geordneten Pfurtscheller und Sieber: Ohne Länder!) Der sagt dann: „Ich terrorisiere gerade Mahrer“, bli, bla, blubb, den kennt man ja. Also: Kurz terrorisiert Mahrer. Dann sagt Schmid: „Ich sitze da nicht drinnen“, „Leider“. Dann sagt Kurz darauf: Können wir irgendein Land aufhetzen? (Abg. Sieber: Weil sie alle ...! Ohne Länder, darum geht es ja!)

Die ÖVP regt sich also darüber auf, dass die Länder nicht in den Ausbau der Kinderbe­treuung und den Rechtsanspruch, der seit Jahren nicht funktioniert, eingebunden sind. (Zwischenrufe der Abgeordneten Pfurtscheller und Sieber.) Ich möchte Ihnen nur eines sagen, Herr Kollege Sieber: Sowohl Christian Kern als auch Reinhold Mitterlehner hatten am Tiefpunkt ihrer politischen Karriere wesentlich mehr Format als die Menschen, die diesen Chat geschrieben haben. Das muss man schon einmal sagen. (Beifall bei NEOS und SPÖ. – Abg. Sieber: Darum geht es! Ohne Länder!)

Worum es uns im Budget geht, ist, dass wir die Nachmittagsbetreuung für Kinder überall qualitätsvoll sicherstellen können und dass wir diesen Rechtsanspruch endlich umset­zen – einen Rechtsanspruch, der seit fünf Jahren nur deswegen nicht da ist, weil ihn ein Herr Kurz verhindert hat. Die Wirtschaftskammer, Karlheinz Kopf, hat ihn zuletzt ja wie­der gefordert und gesagt: Wir unterstützen das.

Ich hätte das jetzt nicht noch einmal vorgelesen, aber Fakt ist, dass genau das vor fünf Jahren passiert ist. Dinge, die wir seit fünf Jahren dringend gebraucht hätten, wurden fünf Jahre lang verschoben. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

10.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsbehandlung: Abgeordneter Wögin­ger. – Bitte.

*****


10.55.32

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich melde mich jetzt zur Geschäftsbehandlung zu Wort wegen dem, was da jetzt in dieser Debatte abgeht, auch an tatsächlichen Berichtigungen, die erstens


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keine sind und die zum Zweiten immer wieder einen Sachverhalt völlig falsch darlegen. (Abg. Bernhard – einen Ausdruck der von ihm zitierten Chats in die Höhe haltend –: Nein!)

Ihr (in Richtung SPÖ und NEOS) könnt das so lange predigen, wie ihr wollt, es war nicht so! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es ist einfach die Unwahrheit, die hier immer wieder behauptet wird, weil man einem Menschen etwas Schlechtes tun will. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Köllner.)

Ich war damals schon Abgeordneter, ich kann mich gut an diese Debatte zwischen Kern und Mitterlehner und der restlichen ÖVP erinnern. Wir sind auch für Bundesländer und Gemeinden verantwortlich. Es ist um einen Rechtsanspruch für Kinder ab dem ersten Lebensjahr und eine verpflichtende Ganztagsschule für alle Kinder gegangen. (Die Ab­geordneten Greiner und Heinisch-Hosek: Nein!) Das wird es mit der Volkspartei nicht geben – nicht zu dem Zeitpunkt damals und auch jetzt nicht. (Abg. Leichtfried hebt die Hand.)

Ich bitte Sie, unterlassen Sie diese ständigen Unterstellungen. (Beifall bei der ÖVP.)

10.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das war natürlich kein Beitrag zur Geschäftsbe­handlung.

Ich darf zuerst noch ankündigen, dass wir die Unterbrechung, die wir für eine Stehprä­sidiale für 10.55 Uhr ins Auge gefasst haben, auf 12 Uhr verschieben.

Kollege Leichtfried ist zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte.


10.56.52

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsi­dent! Geschätzte Damen und Herren! Wir haben jetzt erlebt, dass mehrere ÖVP-Abge­ordnete sich hier zu Wort gemeldet und die Unwahrheit im Hinblick auf gewisse Vorgän­ge vorgetragen haben – und das mit großer innerer Überzeugung. Da ist es wohl legitim, wenn hier die Unwahrheit gesagt wird, dass sich andere Abgeordnete zu Wort melden und diese Unwahrheit klarstellen.

Wenn ihr (in Richtung ÖVP) nicht damit leben könnt, dass Kurz diese Nachmittagsbe­treuung, diesen Rechtsanspruch, verhindert hat, dann kann ich euch auch nicht helfen, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Auch das war keine Wortmeldung zur Geschäfts­behandlung.

Ich glaube, wir können es jetzt dabei bewenden lassen. (Abg. Scherak hebt die Hand.) – Bitte, eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung, die auch keine oder die schon eine werden wird.


10.57.42

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Selbst­verständlich werde ich zur Geschäftsbehandlung sprechen und möchte, weil Klubob­mann Wöginger gesagt hat, dass hier in mehreren tatsächlichen Berichtigungen etwas erzählt wurde, was keine tatsächlichen Berichtigungen waren, nur klarstellen, dass sich Kollege Bernhard zu Wort gemeldet und keine tatsächliche Berichtigung gemacht hat – insofern ist das etwas, was im Rahmen der Geschäftsordnung selbstverständlich zuläs­sig ist, nämlich dass Abgeordnete sich zu Wort melden und ihre Meinung kundtun. (Bei­fall bei den NEOS.)

10.58



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter, ich habe mich schon korrigiert, ich habe das vorhin scherzhaft gemeint; selbstverständlich war das eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung.

Will noch jemand etwas zur Geschäftsordnungsdebatte beitragen? – Nein.

*****

Dann gehen wir in der Reihenfolge weiter: Das Wort steht bei Frau Abgeordneter De­ckenbacher. – Bitte sehr.


10.58.32

Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich werde jetzt nicht weiter darauf eingehen, denn auch ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass hier Unwahrheiten gesagt wurden. Ich möchte mich lieber darauf konzentrieren, dass ich darauf hinweise, dass sich in der Amtszeit von Frau Bundesminister Raab das Budget für Frauen und Gleichstellung bereits zum dritten Mal erhöht hat.

Frau Heinisch-Hosek, ich kann das ja ganz gut verstehen, wenn man das als ehemalige Frauenministerin vielleicht eben so zur Kenntnis nehmen muss. Ich kann aber nicht ganz verstehen, dass man immer wieder kritisiert, dass die Bundesregierung vor allem beim Thema Gewaltschutz und Gewaltprävention zu wenig oder nichts tut. Ich möchte diese paar Minuten nutzen, um vor allem unseren Zuseherinnen und Zusehern erneut zu erläu­tern, was bereits alles passiert ist, was sein wird und was an Budget zur Verfügung ge­stellt wurde und wird.

Für das Jahr 2021 waren das 14,6 Millionen Euro. Bereits damals gab es umfangreiche Maßnahmen zur Stärkung des Gewaltschutzes. Ich erinnere an dieser Stelle noch ein­mal daran, dass Frau Bundesminister Raab und weitere Mitglieder der Bundesregierung im Mai 2021 24,6 Millionen Euro für die größte Gewaltschutz- und Gewaltpräventions­offensive der letzten Jahrzehnte bereitgestellt haben. Darunter fallen eben zum Beispiel 5 Millionen Euro für die Organisationen, die Opfern von Gewalt Beratung und Hilfe bie­ten, und 3 Millionen Euro für Kinderschutzzentren. Zudem werden Familienberatungs­stellen österreichweit unterstützt. Um die juristische und psychosoziale Prozessbeglei­tung von Frauen und Kindern zu gewährleisten, werden 3 Millionen Euro bereitgestellt. 1,5 Millionen Euro gibt es für die Familiengerichtsbarkeit, und 0,5 Millionen Euro werden in Täterarbeit und Antigewalttrainings investiert. (Präsidentin Bures übernimmt den Vor­sitz.)

Budgetpolitisch der große Schwerpunkt für 2022 ist mit 18,4 Millionen Euro ebenfalls wieder das Maßnahmenpaket gegen Gewalt an Frauen und für die Stärkung der Ge­waltprävention. In diesem Zusammenhang werden unter anderem Gewaltschutzzentren, opferschutzorientierte Täterarbeit sowie der Ausbau von Familienberatungsstellen ge­fördert und vor allem spezielle Projekte für Frauen mit Migrationshintergrund unterstützt.

Sehr geehrte Damen und Herren, es liegt in unserer Verantwortung, der Gewalt auch weiterhin keinen Platz in unserer Gesellschaft zu geben und allen Betroffenen Unter­stützung angedeihen zu lassen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Finanzielle Mittel sind wichtig. Nicht weniger wichtig ist meiner Meinung nach aber, auf das zu achten, was wir als Teil der Gesellschaft miteinander schaffen können, und darauf zu achten, wie wir miteinander umgehen, im privaten, im beruflichen, aber auch im politi­schen Leben, denn Gewaltschutz geht uns alle an. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.01


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gertraud Salz­mann. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 510

11.01.56

Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin Raab! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Frauensprecherin der SPÖ, Frau Kollegin Holzleitner, ist jetzt, glaube ich, nicht herinnen. Sie hat vieles kritisiert, ich möchte euch aber sagen: Alles schlechtzureden ist für uns auch kein Weg. Wir als ÖVP schauen nämlich gemeinsam mit den Grünen in unserer Regierung dorthin, wo die Probleme bei den Frauen betreffend Gleichstellung liegen, und wir packen diese Probleme auch an, das kann ich euch versichern. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir setzen uns gemeinsam mit der Bundesregierung für die Chancengleichheit von Mäd­chen und Frauen auf allen Ebenen ein, und Sie, Frau Ministerin, sind für uns eine, mit der wir ganz stark gemeinsam für die Frauen und die Frauenanliegen eintreten. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Sie haben es innerhalb weniger Jahre geschafft, das Frauenbudget von 10 Millionen Euro auf 18,4 Millionen Euro zu erhöhen – innerhalb weniger Jahre! –, und ich denke, das zeigt ganz klar das Anliegen, das wir gemeinsam mit der Bundesregierung haben, nämlich in diesem Bereich für die Frauen ganz viel weiterzubringen. Wir wollen gemein­sam mit Ihnen ganz klare und starke Zeichen setzen.

Diese 10-Millionen-Euro-Steigerung auf 18,4 Millionen Euro ist ja nicht alles, wie Sie wis­sen. Frauenthemen und Frauenanliegen sind eine Querschnittsmaterie. Das ist auch in ganz vielen anderen Ressorts enthalten, etwa in der Bildung, im Bereich Inneres, im Sozialbereich, in der Justiz, in der Wissenschaft, und auch beim Militär ist das natürlich abgebildet.

Das vorliegende Budget ist ein klares Zeichen, um Frauen bestmöglich zu unterstützen. Gerade was den Schutz der Frauen vor Gewalt anbelangt, haben Sie, Frau Ministerin, bereits in den letzten Jahren ganz wichtige Zeichen gesetzt, es wurden ganz wichtige Maßnahmen getroffen. Als ÖAAB-Bundesfrauenvorsitzende bin ich sehr froh und dank­bar, dass Frauen, die von Gewalt betroffen sind, in ganz Österreich ein dichtes Netz an Beratungsstellen haben, an die sie sich jederzeit wenden können und wo sie auch ganz rasch Hilfe bekommen.

Wir wollen die Gleichstellung in vielen Bereichen vorantreiben. Wir haben die Gleich­stellung im Gesetz verankert. Das ist für mich als Juristin klar. Wir müssen die Gleich­stellung aber in der Gesellschaft ankommen lassen, wir müssen die Gleichstellung in den Köpfen schaffen. Wenn ich höre, dass Vertreter der Öffentlichkeit bei öffentlichen Anlässen einer Frau die Hand nicht geben, danach aber den Männern, die in Vertretung ihrer Funktionen anwesend sind, die Hand sehr wohl geben, wenn ich aus den Schulen höre, dass Väter Gespräche mit Lehrerinnen verweigern, weil Lehrerinnen eben Frauen sind, dann betone ich: Das geht im Jahr 2021 einfach nicht mehr! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir wissen, dass Mädchen nach wie vor auch in Österreich von der Zwangsverheiratung betroffen sind. Wir schätzen dass an die 5 000 Mädchen von einer Zwangsverheiratung bedroht sind. In Anbetracht dessen müssen wir diesbezüglich ganz klare Maßnahmen und Schritte setzen, und ich bin überzeugt davon, Frau Ministerin, dass wir in gemein­samer Zusammenarbeit auch weiterhin ganz viele Schutzmaßnahmen für unsere Frauen zustande bringen.

Für mich ist auch ganz klar: Bildung und Ausbildung sind der Schlüssel für Chancen­gleichheit und Chancengerechtigkeit. Dieses Gebiet müssen wir noch viel stärker ange­hen. Wir werden dafür sorgen, dass Frauen und Mädchen viel stärker in die Technik und die Mint-Bereiche hineingehen. Wir werden es hoffentlich in gemeinsamer Anstrengung schaffen, die alten Stereotype und Rollenbilder zu überwinden. Wir brauchen mehr Lohn­transparenz in den Firmen. Außerdem müssen wir sicherlich auch bezüglich Altersarmut der Frauen noch viel mehr tun. Ich nenne jetzt nur das Stichwort Teilzeit, da wird es unsere gemeinsame Anstrengung brauchen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


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Im Jahr 2021 angelangt, hat die Benachteiligung von Mädchen und Frauen keinen Platz mehr; das darf nicht toleriert werden. Ich ersuche alle hier herinnen, egal ob Männer oder Frauen, egal ob von unserer Fraktion oder anderen Fraktionen: Helfen wir gemein­sam mit, stehen wir gemeinsam tagtäglich dafür ein: Nein zu einer Ungleichbehandlung von Mädchen und Frauen, ja zu einer klaren Chancengleichheit! – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.07


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Tanda, ich erteile Ihnen nunmehr das Wort, bitte.


11.07.46

Abgeordnete Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause und im Plenum! Das Thema Frau­en und Gleichstellung ist ein Querschnittsthema, das haben wir heute schon mehrmals gehört. Was aber bedeutet es eigentlich ganz genau, wenn etwas ein Querschnittsthema ist? – Das bedeutet, dass die Frage der Gleichstellung der Geschlechter alle Lebensbe­reiche betrifft, und daher ist dieses Gleichstellungsziel auch in allen Budgets beziehungs­weise in vielen Budgets enthalten.

Die Gleichstellungsziellandkarte hat 35 Untergruppen, und in 29 davon wird explizit das Gleichstellungsziel für Frauen erwähnt. Das betrifft das Gesundheitsbudget – ich habe gestern bereits zum Punkt Gendermedizin gesprochen –, das Budget für Familie und Jugend, das Budget für das Ressort Arbeit sowie die Budgets für Wissenschaft und For­schung, für Inneres, für militärische Angelegenheiten, für das Bundeskanzleramt und so weiter. In all diesen Budgets finden sich Maßnahmen, um dem Ziel der Gleichstellung der Geschlechter näherzukommen. Wir haben geschlechtsspezifische Unterschiede. No na net! Es ist aber für mich ganz, ganz wichtig, festzuhalten, dass diese Unterschiede eine Bereicherung für unsere Gesellschaft sein können und nicht dazu verwendet wer­den sollen, um die Frauen zu diskriminieren oder Macht auszuüben und Macht auszu­spielen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Maßnahmen, um Frauen vor Gewalt und Diskriminierung zu schützen, sind essenziell. Genauso wichtig sind aber auch Maßnahmen für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Man muss nämlich sagen: Ökonomische Unabhängigkeit trägt indirekt und wesentlich zum Gewaltschutz bei, denn – ganz einfach – wer finanziell unabhängig ist, der kann diesen Teufelskreis verlassen, der kann gehen. Wenn man jedoch an der Geld­börse des Täters hängt, dann ist man einfach viel mehr auch emotional verhaftet und kommt aus diesem Teufelskreis nicht mehr heraus. Ich begrüße daher auch die Maß­nahmen zur Verringerung beziehungsweise zur Auflösung – dieser Begriff ist mir viel lieber – des Genderpaygaps. Ich freue mich, Frau Bundesministerin, darüber, dass auch Sie in Ihrer Rede dieses Wort verwendet haben, denn es geht nicht nur ums Verringern, es geht wirklich ums Abschaffen dieses Genderpaygaps.

In dem von mir geführten Verein und Unternehmen arbeiten 150 Mitarbeiter, und wir haben keinen Genderpaygap. Bei mir werden Männer und Frauen für gleiche Leistung und gleiche Arbeitszeit gleich bezahlt. Deswegen ist es mir ein ganz großes Anliegen, zu sagen: Es liegt an uns Frauen, dass wir, wenn wir die Glasdecke durchstoßen und in Führungspositionen kommen, Chefinnen werden, das bitte auch umsetzen, dass wir das nicht nur im Gesetz verankern, sondern dass wir auch den gleichen Lohn für gleiche Leistung bezahlen.

Es geht dabei eben nicht nur um ökonomische Verbesserung und Gleichstellung, son­dern um eine umfassende Gleichstellung der Geschlechter. Dazu gehört das Verbessern der Chancen von Frauen am Arbeitsmarkt gleichermaßen wie der erleichterte Zugang von erwerbstätigen Vätern zur Väterkarenz, denn, wie meine Kollegin schon gesagt hat,


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eine Familie hat, bitte schön, auch einen Mann, gell, und nicht nur eine Frau. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Einwallner und Lindner.) Es gibt wirklich viele Väter, das möchte ich hier sagen, und die habe ich auch bei mir im Unternehmen, die in Karenz gehen und von mir dabei unterstützt werden, sodass sie in Karenz gehen können und, wenn sie zurückkommen, den gleichen Arbeitsplatz vorfinden, den sie vor­her verlassen haben. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ebenso gehört der unbehinderte Zugang von behinderten Menschen zum Arbeitsmarkt dazu.

Abschließend möchte ich das eine noch herausnehmen: Im Gleichstellungsziel für den Bereich Wissenschaft und Forschung heißt es so wunderschön: „Ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis in Führungspositionen und Gremien [...]“. – Diese faire Auftei­lung der Führungsaufgaben wünsche ich mir nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch in den Vorstandsetagen großer Unternehmungen. Gleichwertige Qualifikation ist selbst­verständlich vorausgesetzt, aber dann bitte auch unbedingt gleiche Entlohnung. Dafür braucht es auch ein klares Ziel, das wir, denke ich, über alle ideologischen Grenzen hinweg haben: Gleichstellung, nämlich die Gleichstellung aller Menschen in diesem Land.

Da Rom leider auch nicht an einem Tag erbaut wurde, möchte ich abschließend Lothar de Maizière zitieren. Diese Umgestaltung in Richtung einer gerechteren Realität hätte ich lieber im Laufschritt statt im Schritttempo, aber wie Lothar de Maizière sagt: „Politik ist [...] die Kunst des Machbaren und nicht des unbedingt Wünschbaren.“ – Aber es kommt ja Weihnachten, wünschen darf man sich’s ja trotzdem. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.13


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Joachim Schnabel. – Bitte.


11.13.26

Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren vor den Monitoren! Das Budget 2020 und die damit verbundene ökosoziale Steuerreform, das ist ein Budget der Entlastung. Es ist ein Budget für den Wirtschaftsstandort, für den Klimaschutz und im ganz Besonderen auch ein Budget für die Familien in Österreich.

Mit 7,7 Milliarden Euro finanziert Österreich, wie schon von der Frau Ministerin und von den Vorrednerinnen und -rednern genannt, eine Vielzahl an Familienleistungen: Kinder­betreuungsgeld, Familienbeihilfe, Familienhärteausgleich, Schulbücher, digitale Schul­buchaktion, Schüler- und Lehrlingsfreifahrt und noch einiges mehr. In Summe bedeutet dies, dass wir mit unseren finanziellen Familienleistungen in Europa unter den top drei aller Staaten sind. Österreich ist ein Land der Familienfreundlichkeit, Österreich ist aber auch ein Land der familienfreundlichen Gemeinden.

Im Ministerium ist die Familie & Beruf Management GmbH angesiedelt, die in diesem Bereich Gemeinden zertifiziert, und 560 Kommunen haben sich als familienfreundliche Gemeinden deklariert. Über einen Bürger- und Bürgerinnenprozess werden Maßnah­men erarbeitet, die eben unseren jungen und junggebliebenen Eltern und den Kindern vor Ort – lokal zugeschneidert – helfen sollen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bestmöglich umzusetzen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Rössler.)

Ich selbst bin Vorsitzender einer familienfreundlichen Region, der einzigen in der Steier­mark, und kann allen Gemeinden generell empfehlen, diesen Prozess anzugehen, weil wir da in den Gemeinden, vor Ort, gemeinsam mit den Familien wirklich Tolles umsetzen können.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 513

Ein Wort zum Rechtsanspruch, liebe SPÖ: Sie tun so, als ob mit einem Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung alle Herausforderungen, die es in Österreich in diesem Bereich gibt, gelöst wären, aber das ist nicht so. Es stimmt auch nicht, wenn Sie sagen, Sebastian Kurz hat diese 1,2 Milliarden Euro verhindert. (Zwischenruf der Abg. Greiner.) Das wurde mehrfach widerlegt und auch schon besprochen. In Summe wurden eben in den letzten Jahren 1,6 Milliarden Euro für den Ausbau der Kinderbetreuung ausgegeben. Der Bund finanziert zum Beispiel die Errichtung der Kinderkrippen mit. Das ist gut und richtig. Wir bauen die Hüllen, aber die Hüllen allein reichen nicht aus, um vor Ort ein adäquates Kinderbetreuungsangebot zu bieten.

Frau Kollegin Disoski hat es heute schon gesagt: Wir investieren auch in die Ausbildung der Pädagoginnen und Pädagogen, denn auch sie sind wichtig. Sie sind in Wirklichkeit das Nadelöhr, damit wir vor Ort entsprechende Kinderbetreuung anbieten können. Nicht einmal in Wien schaffen Sie es, vollständig, durchgehend Kinderbetreuung anzubieten. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Sie brauchen alljährlich rund 500 Sondergenehmigungen zur Überschreitung der Gruppengröße, damit Sie ein ausreichendes Kinderbetreuungsange­bot aufstellen können.

Ich bin auch Gemeindebundobmann unseres Bezirks und ich muss sagen, es kommen auch SPÖ-Bürgermeister zu mir, die sagen: Bitte setzt diesen Rechtsanspruch nicht um, das stürzt uns in Rechtsverfahren, die uns immense Kosten bereiten, in Schadenersatz­forderungen! Schauen wir nach Deutschland, wo die Gemeinden 20 000 Euro oder 30 000 Euro ausbezahlen müssen. Dieses Geld können die Kommunen wirklich besser in die Familien und in die Kinderbetreuung investieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren, außerhalb dieser 7,7 Milliarden Euro haben wir in Ös­terreich den Familienbonus, den wir mit der Steuerreform auf 2 000 Euro erhöhen. Das ist ein weiterer Schritt zu Steuergerechtigkeit, zu Gerechtigkeit zwischen Eltern und Fa­milien, die Obsorge leisten, und jenen Steuerzahlern, die keine Obsorge leisten, und auch eine Steuergerechtigkeit für jene, die arbeiten gehen. Deswegen ist es uns so wichtig, die Arbeitenden, die Leistungsträgerinnen und Leistungsträger zu entlasten und dafür zu sorgen, dass ihnen allen am Ende des Tages mehr Netto vom Brutto übrig bleibt.

Es ist uns wichtig, und das ist das große Credo, dass sich Arbeit auszahlt, dass Arbeit sich lohnt und die Familien dementsprechend unterstützt werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.17


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abge­ordneter Mario Lindner zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.18.03

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Abgeordnete Tanda hat behauptet, zu einer Familie gehört auch ein Mann. Das ist unrichtig.

Ich berichtige tatsächlich: Eine Familie kann auch aus zwei Frauen bestehen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

11.18


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Corinna Scharzenberger zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.18.25

Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Steuerzahlerinnen und Steuerzahler! Man kann es nicht oft genug wiederholen, und ich glaube, Sie dürfen auch stolz darauf sein, Frau Bundesministerin: Das Frauenbudget ist jetzt zum dritten Mal in Folge, und zwar seit Ihrer Amtszeit, um 81 Prozent erhöht worden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 514

Natürlich kann das Frauenbudget immer höher sein, aber ein gutes Budget ist das eine, es zielgerichtet einzusetzen, ist das andere. Das unterscheidet uns wesentlich von der Sozialdemokratie: dass wir das Geld dort einsetzen, wo es dringend gebraucht wird, dass wir gezielte Schwerpunkte setzen, anstatt das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler mit der Gießkanne zu verteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

Nach einer ausschweifenden Debatte und tatsächlichen Berichtigungen komme ich zum wesentlichsten Schwerpunkt im Frauenbudget 2022: Es ist der Schutz der Frauen vor Gewalt. Um Gewalttaten gegen Frauen vorzubeugen, werden wir gemäß dem nächsten Bundesfinanzrahmen insgesamt 24,6 Millionen Euro in den unterschiedlichsten Ministe­rien ausgeben, speziell auch für Gewaltschutzzentren, den Ausbau von Frauen- und Mädchenberatungsstellen.

Im November findet wieder die Initiative Orange the World statt. Mit dieser Initiative ma­chen wir darauf aufmerksam, dass Gewalt gegen Frauen und Mädchen traurige Realität ist. Jede fünfte Frau wird zumindest einmal im Leben Opfer von psychischer, physischer oder sexueller Gewalt. Es gibt ein breites Angebot an Beratungsstellen, für jede Frau gibt es einen Zufluchtsort und einen Ausweg aus der Gewaltspirale. Auch die Polizei steht Tag und Nacht zur Verfügung.

Der Kampf gegen häusliche Gewalt ist, auch wenn sie oft in den eigenen vier Wänden passiert, eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Umso wichtiger ist, dass Gewaltschutz den budgetpolitischen Schwerpunkt im Frauenbudget 2022 bildet. Was in Österreich aber nicht passieren darf, ist, dass betroffene Frauen aufgrund von Abhängigkeit keine Hilfe suchen. Leider gibt es nämlich immer noch einen großen Lohnunterschied zwi­schen Männern und Frauen  und damit komme ich zum nächsten Schwerpunkt, der Gleichstellung.

Frauen verdienen im Vollzeitjob immer noch um 14,3 Prozent weniger als Männer. Es braucht also gezielte Maßnahmen für die Stärkung von Frauen. Wir brauchen gleichen Lohn für gleiche Arbeit, und wir brauchen ein Umdenken bei der Berufswahl, indem wir aufhören, Stereotypisierungen zu verfolgen. Brechen wir alte Denkmuster auf! Es gibt keine Tabubereiche für Frauen, wir können alles sein, was wir wollen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir alle wissen aber, mit welchen Herausforderungen und Hürden wir im Alltag konfron­tiert sind. Wir sind alle Töchter, Kolleginnen, Freundinnen, Enkelinnen, das eint uns, da­rin sind wir gleich, deshalb ist Frauenpolitik eine Angelegenheit von uns allen. Wir alle können unseren Beitrag leisten, jede Einzelne von uns. Trauen wir uns doch gegenseitig mehr zu, machen wir einander mehr Mut und geben wir vor allem unseren jungen Mäd­chen mehr Selbstvertrauen mit auf den Weg! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.22


Präsidentin Doris Bures: Zu dem nun debattierten Themenbereich liegt mir keine Wortmeldung mehr vor. Damit beende ich die Beratungen darüber.

Ich bedanke mich bei Frau Bundesministerin Susanne Raab.


11.22.29UG 20: Arbeit

Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zur UG 20: Arbeit.

Ich begrüße Herrn Bundesminister Martin Kocher.

Wir gehen gleich in die Debatte ein.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Josef Muchitsch. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 515

11.22.44

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte zum Kapitel Ar­beitsmarkt Stellung beziehen. Im Bereich Langzeitbeschäftigungslosigkeit haben wir nach wie vor großen Handlungsbedarf. Ich zitiere aus dem AMS-Bericht vom Okto­ber 2021 und der Budgetanalyse des Budgetdienstes. Laut diesen Berichten waren knapp 270 000 Personen als arbeitslos gemeldet. 114 600 davon sind Langzeitbe­schäftigungslose, das entspricht einem Anteil von 43 Prozent an allen arbeitslosen Per­sonen. Im Vergleich dazu waren es im Oktober 2019, also vor der Krise, 94 000 Per­sonen. Das heißt, es sind trotz Hochkonjunktur im Oktober noch immer 21 000 Personen mehr von Langzeitbeschäftigungslosigkeit betroffen als vor der Krise. Insbesondere betrifft es Menschen, die gering qualifiziert sind, die gesundheitliche Einschränkungen haben, und vor allem sind es ältere Arbeitskräfte.

Obwohl die Mitarbeiter des AMS, bei denen ich mich von dieser Stelle aus auch recht herzlich bedanken möchte, eine hervorragende Vermittlungsarbeit leisten und obwohl Sie, Herr Bundesminister, 250 Millionen Euro im Budget für 2022 und 50 Millionen Euro für 2023 über das Kapitel aktive Arbeitsmarktpolitik für das Programm Sprungbrett bud­getiert haben, stellt sich die Frage, ob es uns gelingt, unser gemeinsames Ziel – denn es war immer auch unser Ziel, Sie dabei zu unterstützen –, in den nächsten Monaten bis 2023 auf unter 100 000 Langzeitarbeitslose zu kommen – Ihr erklärtes Ziel sind 95 000 –, zu erreichen.

Wir wünschen uns alle, dass es uns gemeinsam gelingt, aber seitens der SPÖ sind wir überzeugt, dass es mehr Anreize für die älteren Menschen, die in Langzeitbeschäfti­gungslosigkeit sind, braucht, um in Jobs im öffentlichen Dienst – beim Bund, bei Län­dern, Gemeinden – und vor allem bei den Hilfsorganisationen zu kommen. Unser Vor­schlag, die Aktion 40 000, Herr Bundesminister, ist Ihnen bekannt. Wenn wir diese früher umgesetzt hätten, wenn wir sie schon gestartet hätten, hätte uns das jetzt vor allem im Kampf gegen die Pandemie, als es wirklich ein Sprungbrett in verschiedene Gesund­heits- und Pflegebereiche gebraucht hätte, sicherlich geholfen, aber auch das wurde von dieser Bundesregierung verschlafen. (Abg. Obernosterer: Na, na, na!)

In der Theorie, Herr Bundesminister, ist das Projekt Sprungbrett schön dargestellt. In der Praxis und in der Realität schaut es leider anders aus. Ich möchte Ihnen dazu ein Mail eines betroffenen 60-Jährigen aus Niederösterreich wiedergeben, dem ich versprochen habe, dass ich das tun werde – ich zitiere –: Sehr geehrter Herr Muchitsch! Ich vertraue auf Sie, dass Sie Herrn Kocher immer wieder ins Gewissen reden, damit die Verant­wortlichen in der ÖVP endlich einen realistischen Blick auf die derzeitige Arbeitsmarkt­situation bekommen. Es nützt nichts, dauernd gebetsmühlenartig zu sagen, dass man die Arbeitslosen wieder schnell in Beschäftigung bringen will, wenn einen die Unterneh­men aufgrund des Alters nicht mehr nehmen. Auch das AMS ist da chancenlos. Mein Betreuer macht sehr gute Arbeit, aber er ist auf verlorenem Posten, wenn die Unterneh­men aufgrund des Alters immer Nein sagen. (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.)

Ich selbst bin 60 und bekomme einfach nichts mehr, trotz sehr guter Ausbildung. Mit meinem Arbeitslosengeld kann man nicht auskommen. Ich muss nach mehr als 35 Ar­beitsjahren jedes Monat auf mein jahrzehntelang Erspartes zurückgreifen, das eigentlich für die Pension gedacht gewesen wäre. Das Arbeitslosengeld gehört dringendst deutlich erhöht, und zwar stufenweise nach der Länge der Versicherungsdauer, und die Not­standshilfe der Höhe des Arbeitslosengeldes angeglichen. Man wird durch die dauern­den Absagen zermürbt, braucht schon ein festes Nervenkostüm, um daran nicht psy­chisch zu erkranken. – Zitatende.

Genau darum geht es, Herr Bundesminister, das ist die Realität. Aus diesem Grund möchte ich folgenden Antrag einbringen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 516

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „finanzielle Hilfe für Menschen, die schon lange arbeitslos sind“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, unverzüglich zu handeln und die Rege­lung, wonach die Notstandshilfe in Höhe des zuvor geleisteten Arbeitslosengeldes zumindest vorerst bis zum 30. Juni 2022 ausbezahlt wird, dem Nationalrat zur Be­schlussfassung zuzuleiten.“

*****

Abschließend: Herr Bundesminister, wenn man helfen will, dann muss man dazu auch Maßnahmen setzen. Ich glaube, der Zeitpunkt ist da, die Pandemie wird uns wieder stär­ker einholen als je zuvor. Diese Menschen haben keine Chance, zu Jobs zu kommen, deshalb ist eine Angleichung der Notstandshilfe auf die Höhe des Arbeitslosengeldes mehr als sozial gerechtfertigt. Ich ersuche Sie, uns bei diesem Antrag mit Ihren Kollegen in Ihrer ÖVP zu unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.28

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Muchitsch,

Genossinnen und Genossen

betreffend finanzielle Hilfe für Menschen, die schon lange arbeitslos sind

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Budgetausschusses über die Regie­rungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) – UG 20 Arbeit

Vordergründig hat sich die Situation am Arbeitsmarkt entspannt, die Arbeitslosenzahlen sind fast auf Vorkrisenniveau gesunken. Schaut man aber genau hin, erkennt man, dass Menschen, die länger als ein Jahr arbeitslos sind, nach wie vor geringere Jobchancen haben.

Heute haben rund 115.000 Personen eine AMS-Geschäftsfalldauer von mehr als 365 Tagen und zusätzlich 45.000 solcher Arbeitsloser befinden sich in Schulungen. Das sind noch immer deutlich mehr, als vor Ausbruch der Pandemie. Die Krise hat das Risiko, dass sich bei vielen Personen die Arbeitslosigkeit verfestigt, erhöht.

Heute machen die Langzeitarbeitslosen unter den Gesamtarbeitslosen einen Anteil von mehr als 48 Prozent aus. Das bedeutet, jeder 2. Arbeitslose ist bereits länger als 12 Mo­nate arbeitslos oder in Schulung. 2019 lag der Anteil noch bei 32,7 Prozent!

Hinzu kommt, dass Langzeitbeschäftigungslose sehr häufig über 50 Jahre alt sind. In vielen Studien wurde bereits nachgewiesen, dass ältere Personen, die einmal arbeitslos werden, ein hohes Risiko haben, von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen zu sein. Gleich­zeitig sinkt auch die Chance, wieder in eine dauerhafte Beschäftigung zu kommen.

Die Armutsgefährdung in dieser Gruppe steigt enorm.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 517

Hinzukommt die extreme Teuerung der letzten Monate. Vom Einkaufen, übers Wohnen und das Heizen bis hin zum Autofahren – kurzum die wesentlichsten Bereiche des täg­lichen Lebens – sind mit exorbitanten Preissteigerungen konfrontiert. Der wöchentliche Einkauf ist um 6,8% teurer als im Vorjahr, das Benzin um 36% teurer, die monatliche Miete steigt sowieso um rund 3% und wenn man dann auch noch heizen und das Licht aufdrehen will, wird das um 16% mehr kosten, als im Vorjahr. Die starken Preisanstiege machen immer mehr Österreicher*innen schwer zu schaffen, aber vor allem auch Men­schen, die seit langer Zeit arbeitslos sind.

Die Regierung verabsäumt es auch, durch wirklich wirksame Beschäftigungsprojekte jetzt steuernd in den Arbeitsmarkt einzugreifen. Es muss den Betroffenen daher rasch zumindest finanziell geholfen werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, unverzüglich zu handeln und die Rege­lung, wonach die Notstandshilfe in Höhe des zuvor geleisteten Arbeitslosengeldes zu­mindest vorerst bis zum 30. Juni 2022 ausbezahlt wird, dem Nationalrat zur Beschluss­fassung zuzuleiten.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ernst Gödl. – Bitte.


11.28.31

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesmi­nister! Meine geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Was du in deinem Rede­beitrag nicht dazugesagt hast, lieber, sehr geschätzter Kollege Muchitsch – du bist auch aus der Steiermark –, ist, dass wir in den letzten Monaten durchwegs und ausschließlich positive Meldungen vom Arbeitsmarkt bekommen haben, erst letzte Woche die aktuelle Statistik.

Es sind aktuell um 22 000 Menschen weniger arbeitslos als vor zwei Jahren, also vor der Coronakrise. Ich habe schon gestern in meinem Redebeitrag zur Sozialpolitik ge­sagt: Die beste Sozialpolitik ist eine offensive Arbeitsmarktpolitik, denn Arbeit ist zum einen natürlich wichtig, um ein Einkommen zu generieren, um leben zu können, um seine Familie erhalten zu können, aber Arbeit ist im Leben auch ein ganz entscheidender Teil zur Sinnerfüllung. (Beifall bei der ÖVP.) Daher müssen wir gemeinsam – da bin ich voll bei Beppo Muchitsch – alle Anstrengungen unternehmen, damit auch jene 271 000 Men­schen, die derzeit arbeitslos sind, eine realistische Chance haben, einen Job zu finden.

Es ist ganz sicher auch der Coronapandemie geschuldet, dass in den letzten Monaten so ein starker Fokus auf Arbeitsmarktpolitik gelegt wurde.

Es ging natürlich in Zeiten von Lockdowns – wir hoffen ja, dass wir die nächste Zeit trotz aller Vorzeichen gut überstehen – darum, dass es ganz wichtig war, Arbeitsplätze abzu­sichern. Das erste Maßnahmentool dafür war nun einmal die Ausweitung der Kurzarbeit, um eben auch Einkommen zu sichern. Wenn man sich die Zahlen vergegenwärtigt – das ist nämlich sehr exemplarisch –: Im Jahr 2019 haben wir in Österreich für Kurzarbeit seitens des Bundesbudgets 2,2 Millionen Euro ausgegeben, im Jahr 2020 – also im


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Vorjahr, in Zeiten der Pandemie – 5 500 Millionen Euro, im heurigen Jahr rechnen wir mit etwa über 3 000 Millionen Euro und im kommenden Jahr haben wir im Budget 200 Millionen Euro vorgesehen, also deutlich weniger. Wir hoffen also, dass diese Phase der Kurzarbeit nicht mehr in dem Ausmaß notwendig sein wird, wie sie es in der Hoch­phase der Pandemie war.

Aber zur aktiven Arbeitsmarktpolitik: Diese hat eben eine ganz besondere Bedeutung, Beppo Muchitsch hat es angesprochen. Ja, es ist eine ganz große Aufgabe, Langzeit­arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Beppo hat auch die aktuelle Zahl erwähnt: Derzeit sind circa 114 000 Menschen langzeitarbeitslos. Was du aber nicht dazugesagt hast, Herr Kollege Muchitsch, ist die Tatsache, dass im April des heurigen Jahres 148 000 Men­schen langzeitarbeitslos waren. Es ist also mit diesen bisherigen Programmen gelungen, die Anzahl innerhalb von sieben Monaten von 148 000 auf 114 000 zu reduzieren. Eine große Anzahl hat also bereits wieder einen Job gefunden. Das war also aktive Arbeits­marktpolitik, die eben seitens der Regierung auch ganz massiv betrieben worden ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Für das kommende Jahr haben wir ja genau dafür die Aktion Sprungbrett, und da wird es uns ganz sicher gelingen, unter die 100 000 zu kommen. Da bin ich mir ganz sicher, das traue ich mich heute hier zu sagen. Mit diesen 250 Millionen Euro, die wir im kom­menden Jahr auch für die Aktion Sprungbrett einsetzen werden, werden wir weitere wichtige Maßnahmen setzen.

Es gab – sicher auch durch die Pandemie bedingt – noch nie in der Zweiten Republik eine derartig große Qualifizierungsoffensive wie im aktuellen Jahr und wie es auch im kommenden Jahr der Fall sein wird. Bis zu 700 Millionen Euro sind für drei Jahre vor­gesehen, um Arbeitslose zu qualifizieren und damit ganz klar auch in verschiedenen Bereichen dem großen Fachkräftemangel entgegenzuwirken. 100 000 Arbeitslose sol­len in diesem Bereich der Coronajoboffensive profitieren.

Damit das alles gut abgewickelt werden kann, brauchen wir natürlich ein funktionieren­des AMS. Auch da gilt allen, die sich dort bemühen, großer Dank. Damit aber auch dort Personal aufgestockt werden kann, wird für den Personal- und Sachaufwand im zu­künftigen Budget eben auch ein zusätzlicher Betrag von 33,5 Millionen Euro zur Verfü­gung gestellt.

Zu guter Letzt, Herr Bundesminister, danke auch für die Initiative, das Arbeitslosengeld und die Arbeitslosenversicherung zu überprüfen und zu überdenken. Du hast einen Re­formprozess gestartet: In zwei Wochen gibt es einen gemeinsamen Arbeitslosenversi­cherungsgipfel, eine Enquete hier im Parlament, um gemeinsam zu diskutieren, woran wir noch Änderungen vornehmen müssen, um dieses Mismatch – einerseits viele offene Stellen, auf der anderen Seite eine erkleckliche Anzahl von Arbeitslosen – eben besser in Einklang zu bringen.

Diese Reformen werden wir gemeinsam vorantreiben. Die budgetären Voraussetzungen dafür werden mit dem Budget 2022 jedenfalls sehr gut geschaffen. – Alles Gute! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.33


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dagmar Belako­witsch. – Bitte.


11.33.55

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmgeräten! Herr Bundesminister! Wir sprechen jetzt über das Budget für den Arbeitsmarkt, für den Bereich Arbeit, etwas, das also wirklich für jeden essenziell ist. Arbeiten ist, wie Kollege Gödl gesagt hat, sinnstiftend – auch! –, aber es


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ist natürlich auch die Existenzgrundlage. Insoweit muss es das gemeinsame Ziel sein – es ist eines der ganz wenigen Ziele, bei dem sich natürlich alle im Haus einig sind –, die Arbeitslosigkeit so gering wie möglich zu halten und so viele Personen wie möglich in tatsächlich auch adäquat bezahlte Jobs zu bringen. Das ist das gemeinsame Ziel. Die Zugänge sind natürlich immer ein bisschen unterschiedlich.

Wenn man sich allerdings dieses Arbeitsmarktbudget anschaut, muss man ehrlicherwei­se sagen, Herr Bundesminister, es ist wie ein normales Budget, es wirkt wie eine Fort­schreibung. Es wird nicht darauf Rücksicht genommen, dass es möglicherweise noch einmal zu einem Lockdown kommen kann. Sie haben das also einerseits weggescho­ben, auf der anderen Seite haben Sie den Passus drinnen, dass Sie per Verordnung das Budget für eventuelle Kurzarbeit erhöhen können.

Jetzt wissen wir natürlich: Das könnte ein Ententeich sein, wir werden aber vielleicht schon in wenigen Stunden wissen, was tatsächlich auf die Österreicherinnen und Öster­reicher zukommt. Das bedeutet aber auch gleichzeitig wieder – sollte es zu einem Lock­down kommen –, dass die von Ihnen ganz großartig angepriesene Vollbeschäftigung, die für fast 300 000 Personen im Land nicht spürbar ist, nicht erreicht wird, dass wir wieder eine sehr stark ansteigende Arbeitslosigkeit haben werden und viele Personen tatsächlich wieder aus dem Arbeitsmarkt rausgeworfen werden.

Das ist etwas, mit dem wir uns eigentlich nicht - - Wie soll ich sagen? Das will natürlich keiner, aber die Regierung hat ja keine anderen Rezepte in ihrer Coronapolitik als per­manente Lockdowns. Alles andere schiebt sie ja weg, das ist also offensichtlich der ein­zige Modus, den sie findet. Das führt halt schon zu großen Problemen, Herr Bundesmi­nister! In Ihrem Budget ist das eigentlich überhaupt nicht abgebildet, dass Sie damit rechnen, dass die Arbeitslosigkeit wieder steigen könnte.

Mein Vorredner hat die Aktion Sprungbrett schon so gelobt. Da muss ich schon auch noch ein bisschen etwas dazu sagen: Ja, es sind jetzt einige Langzeitarbeitslose – es ist aber auch nicht die ganz große Anzahl – zum Glück in Beschäftigung gekommen. (Abg. Gödl: 34 000!) Jedem Einzelnen ist zu gratulieren. Ja, es ist schön, es sind über 30 000, aber es sind immer noch 115 000, die in der Langzeitarbeitslosigkeit sind, und wenn der nächste Lockdown kommt, werden es wieder mehr werden. Das ist einfach so.

Sie haben zwar für das Jahr 2022 250 Millionen Euro für diese Aktion Sprungbrett zur Verfügung gestellt, aber 2023 schaut es dann schon wieder mager aus, da sind es dann nur noch 50 Millionen Euro. (Abg. Gödl: Da kommt noch ...!) Das heißt, offensichtlich sind Sie bei der Planung davon ausgegangen, dass Sie das alles im Jahr 2022 erledigen werden. Darauf sind wir sehr gespannt. Ich glaube, es ist ein bisschen wenig ambitio­niert, was Sie da machen. Sie sollten das schon als ein Programm sehen, das Sie zu­mindest so lange laufen lassen, bis Sie diese Quote tatsächlich runtergedrückt haben, und zwar weit runter, also am besten eigentlich in einen vierstelligen Bereich. Das haben Sie nicht gemacht.

Oder auch die Coronajoboffensive: Da sind für das nächste Jahr 170 Millionen Euro veranschlagt. Das ist in Ordnung, allerdings ist 2023 diesbezüglich schon wieder ein Nullbudget. Das heißt, bei all dem, was Sie hier machen, planen Sie ganz kurzfristig, und dann muss eh alles wieder gut sein. Sie reagieren mit diesem Budget nicht auf die Herausforderungen, vor denen wir tatsächlich stehen. Sie ziehen permanent nur diese ganz optimistischen Wirtschaftsprognosen heran. Wir werden sehen: Das wird so wahr­scheinlich gar nicht halten.

Das ist das, was ich Ihnen schon zum Vorwurf machen muss, Herr Bundesminister! Sie müssen das doch im Hinterkopf haben, dass Sie bedenken, dass diese Pandemie eben nicht vorbei ist, dass es immer wieder Probleme in einzelnen Bereichen, auf dem ge­samten Arbeitsmarkt geben kann, überhaupt wenn Sie sich vor Augen halten, wie Sie


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und diese ganze Bundesregierung da jedes Mal reagieren und eigentlich auch nichts Ordentliches zusammenbringen.

Ein Punkt – der ist mir wirklich ein Anliegen, und das ist etwas Aktuelles –, für den Sie als Arbeitsminister auch verantwortlich sind: die Pflege in diesem Land. Sie sind verant­wortlich für die 24-Stunden-Pflege, das sind alles Arbeitnehmer. Wissen Sie, Herr Bun­desminister, wenn ich in den sozialen Medien sehe, wie Pfleger, die vor ihrem eigenen Krankenhaus gegen eine Impfpflicht auftreten, beschimpft werden, wie eine Landesrätin Ihrer Partei sich hinstellt und ungeimpfte Pfleger als Todesengel beschimpft, dann würde ich mir auch klare Worte erwarten, denn es sollte sich jeder Einzelne hier im Saal über­legen, ob er vielleicht gerade diese ungeimpfte Pflegerin eines Tages braucht. Wir wün­schen es niemandem, aber niemand weiß, ob er nicht einmal – aus welchen Gründen auch immer – in ein Krankenhaus muss, und dann sind es genau diese ungeimpften Pfleger, die Sie dann gesund pflegen, meine Damen und Herren. Die haben es sich nicht verdient, dass sie als Todesengel beschimpft werden, auch nicht von irgendwelchen Journalisten des Österreichischen Rundfunks, die müssen sich das nicht gefallen las­sen. Da würde ich mir schon auch manchmal klare Worte der Politik erwarten, aber da warte ich wahrscheinlich vergeblich.

Behalten Sie bei allen Maßnahmen, die Sie setzen, im Hinterkopf, was Sie damit aus­lösen können (Abg. Hörl: Sie sind der Engel des Unheils, Frau Doktor!), wenn Sie diesen Leuten die Daumenschrauben noch enger anziehen, denn dann sind wir wirklich beim Zusammenbruch des Gesundheitssystems!

Ich warne davor, dass wir dann auch noch die 24-Stunden-Kräfte, die ja zu einem Gutteil aus den östlichen Nachbarländern kommen, die entweder ungeimpft sind oder mit Impf­stoffen geimpft sind, die wir in Österreich nicht anerkennen, mit einer Impfpflicht belegen. (Abg. Hörl: Der gefallen Engel!) Wenn wir die alle vor den Kopf stoßen, weil wir ihnen sagen: Ihr müsst jetzt dieser Impfpflicht folgen, ihr seid quasi im Gesundheitsbereich tätig!, dann werden wir im Bereich der 24-Stunden-Betreuung ein ganz großes Problem kriegen, sehr geehrter Herr Bundesminister. – Das würde ich Ihnen als Arbeitsminister auch gerne mitgeben, weil Sie natürlich auch für Arbeitskräfte in diesem Bereich eine Verantwortung haben.

Und weil Sie es ja als Mitglied dieser Regierung auch in Kauf nehmen, dass dann viel­leicht auch Pfleger, die sich diesem Druck nicht beugen, weil sie die Impfung in dieser Art ablehnen, kündigen werden, sich kündigen lassen, und weil Sie Lockdowns planen, wird es auch wieder eine erhöhte Arbeitslosigkeit geben. Ich glaube, wir haben eine große Verantwortung diesen Menschen gegenüber, die Sie jetzt wieder mutwillig in die Arbeitslosigkeit schicken, und daher stelle ich folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Er­höhung der Nettoersatzrate beim Bezug des Arbeitslosengeldes (COVID-19-Maßnahme)“

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die zum Inhalt hat, dass allen beim Arbeitsmarktservice als arbeitslos registrierten Personen der Bezug der aktuellen Leistung um die Dauer der Krise, mindestens jedoch bis zum 30. Juni 2022 verlängert wird und zusätzlich ein ,COVID-19-Ausgleich‘ für Arbeitslose in Form eines
30-prozentigen Zuschlages zu allen Arbeitslosenversicherungsleistungen rückwirkend mit 15. März 2020 gewährt wird. Dieser Zuschlag soll über die Finanzämter, bei denen


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alle Daten aller Erwerbstätigen vorhanden sind, automatisch, also ohne formale Antrag­stellung, ausgezahlt werden.

*****

Ich glaube, Sie haben auch für Menschen Verantwortung, die Sie mutwillig in die Arbeits­losigkeit treiben. (Beifall bei der FPÖ.)

11.42

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Peter Wurm, Mag. Christian Ragger,

und weiterer Abgeordneter

betreffend Erhöhung der Nettoersatzrate beim Bezug des Arbeitslosengeldes (COVID-19-Maßnahme)

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 4) Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) (UG 20 Arbeit) in der 129. Sitzung des Nationalrats am 18. November 2021

Die von der schwarz-grünen Bundesregierung unter Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Werner Kogler gesetzten COVID-19-Maßnahmen seit März 2020 haben massive negative Auswirkungen auf den österreichischen Arbeitsmarkt, die Österreich die höchste Zahl an Arbeitslosen und die meisten Arbeitnehmer in Kurzarbeit seit 1945 beschert haben. Das bedeutet, dass zeitweise weit mehr als eine halbe Millionen Men­schen seit März 2020 mit lediglich 55 Prozent ihres letzten Nettogehalts ihre Lebenshal­tung (Nahrungsmittel, Wohn- und Betriebskosten usw.) bestreiten müssen. Die weit überwiegende Anzahl dieser betroffenen Arbeitslosen hat durch die COVID-19- Maß­nahmen der Bundesregierung den Arbeitsplatz verloren bzw. wurde der Chance beraubt, nach einer Phase der Arbeitslosigkeit oder einer AMS-Aus-, Fort- und Weiterbildung wie­der in den Arbeitsmarkt integriert zu werden.

Um dieser Gruppe von rund 500.000 Personen einen finanziellen Ausgleich für die Ar­beitsplatzvernichtung durch die COVID-19-Maßnahmen der Bundesregierung zu ge­währleisten und damit ihr ökonomisches überleben abzusichern, ist aber eine Erhöhung der Nettoersatzrate des Arbeitslosengeldes (inklusive Notstandshilfe) von 55 Prozent auf 70 Prozent dringend notwendig und auch volkswirtschaftspolitisch vernünftig. Dies ist durch eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes und der Notstandshilfe inklusive der Fami­lienzuschläge um 30 Prozent (entspricht einer Nettoersatzrate von 70 Prozent) umzu­setzen. Durch diese Nettorersatzratenerhöhung um 15 Prozentpunkte werden die Kauf­kraft und damit auch die innerösterreichische Konjunktur durch vermehrte Konsumaus­gaben gestärkt.

Dies führt wiederum zu vermehrten Einnahmen der Unternehmer, aber auch Steuerein­nahmen und schafft dadurch neue Arbeitsplätze bzw. sichert bestehende Arbeitsplätze ab. Über die Sommermonate und nach Ende des dritten Lockdowns (2021) sind die Ar­beitslosenzahlen zwar kurzfristig wieder zurückgegangen, durch den vierten Lockdown werden die Arbeitslosenzahlen jedoch wohl bis Ende 2021/Anfang 2020 die arbeits­markpolitische „Schallmauer" von 500.000 Arbeitslosen wieder erreichen.

Demgegenüber sind die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen der schwarz-grünen Bun­desregierung, die von Arbeitsminister Univ. Prof. Dr. Martin Kocher (ÖVP) und Sozial­minister Dr. Wolfgang Mückstein (Die Grünen) vorgestellt wurden, absolut untauglich.


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Die seit Mitte März 2020 durch Regierungsmaßnahmen bewusst produzierte Arbeitslo­sigkeit wird ignoriert, und man enthält den betroffenen Arbeitnehmern einen gerechten Ausgleich vor. Nun wird die Wirtschaft durch einen Lockdown wieder hinuntergefahren, es werden Arbeitsplätze vernichtet und die Menschen in die Arbeitslosigkeit getrieben. Durch eine sich massiv beschleunigende Inflationsentwicklung bei Grundnahrungsmit­teln, Energie- und Wohnungskosten sowie sonstigen Konsumgütern des täglichen Be­darfs sind zusätzlich hunderttausende Bürger armutsgefährdet. Dem könnte man mit dieser Nettoersatzratenerhöhung entgegentreten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die zum Inhalt hat, dass allen beim Arbeitsmarktservice als arbeitslos registrierten Personen der Bezug der ak­tuellen Leistung um die Dauer der Krise, mindestens jedoch bis zum 30. Juni 2022 verlängert wird und zusätzlich ein „COVID-19-Ausgleich" für Arbeitslose in Form eines 30-prozentigen Zuschlages zu allen Arbeitslosenversicherungsleistungen rückwirkend mit 15. März 2020 gewährt wird. Dieser Zuschlag soll über die Finanzämter, bei denen alle Daten aller Erwerbstätigen vorhanden sind, automatisch, also ohne formale Antrag­stellung, ausgezahlt werden."

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Herr Abgeordneter Markus Koza, Sie gelangen zu Wort. Bitte.


11.42.10

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Diskussion rund um das Ar­beitsmarktbudget 2022 findet im Zeichen erfreulicherweise sinkender Arbeitslosenzah­len und einer wirtschaftlichen Erholung statt. Allerdings steht diese Erholung bedauer­licherweise aktuell noch auf wackeligen Beinen.

Zuallererst muss alles getan werden, um wissenschaftsbasiert, evidenzbasiert und in aller Konsequenz diese vierte Welle der Pandemie zu bewältigen, damit wir tatsächlich diese erfreulichen Zahlen halten können. Die heutigen Medienmeldungen, die soeben eingegangen sind, deuten zumindest an, dass eine gewisse Ernsthaftigkeit in der Pan­demiebekämpfung eintritt, die, denke ich mir, tatsächlich längst überfällig und notwendig geworden ist.

Insgesamt ist die derzeitige Erholung auf dem Arbeitsmarkt in diesem Budget auch sehr sichtbar abgebildet. Am besten können wir das einerseits an den Ausgaben für die Kurz­arbeit sehen, andererseits auch an den Ausgaben für Arbeitslosengeld und Notstands­hilfe. Wenn wir bedenken, dass wir in den Jahren 2020 und 2021 in Summe 9 Milliarden Euro für die Kurzarbeit ausgegeben haben und am Höhepunkt der Kurzarbeit im Ap­ril 2020 circa 1,3 Millionen ArbeitnehmerInnen zur Kurzarbeit angemeldet waren und es heute nur mehr knapp über 70 000 sind, dann sehen wir schon eindeutig einen Erho­lungseffekt, der sich auch in diesem Budget logischerweise niederschlägt. Für Kurzarbeit sind im nächsten Jahr 200 Millionen Euro vorgesehen, wobei es beschlossenermaßen auch im Jahr 2022 die Möglichkeit der Ausweitung der Kurzarbeit bei Bedarf, im Fall einer neuen Verschärfung der Pandemie, gibt.


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Gleichzeitig sehen wir auch an den Ausgaben für das Arbeitslosengeld, dass eine Ent­spannung auf dem Arbeitsmarkt eingesetzt hat. Während im Jahr 2021 noch über 4 Mil­liarden Euro für Arbeitslosengeld und Notstandshilfe ausgegeben worden sind, sind für das Jahr 2022 noch 3,5 Milliarden veranschlagt, wobei interessanterweise die Not­standshilfe im Jahr 2022 das Arbeitslosengeld bei den Ausgabengrößen überholt, was darauf hinweist – und das wissen wir eh alle –, dass die Langzeitarbeitslosigkeit leider noch nicht in dem Maß zurückgegangen ist, wie wir es gerne hätten. Darum ist es auch umso wichtiger, dass Maßnahmen wie die Coronajoboffensive mit 170 Millionen Euro für Ausbildung, für Qualifikation, für berufliche Umorientierung, dass Maßnahmen wie Sprungbrett mit 250 Millionen Euro im Jahr 2022 und 50 Millionen Euro im Jahr 2023 für die Unterstützung von Langzeitarbeitslosen bei der Integration in den Arbeitsmarkt, bei der Wiederaufnahme von guten Jobs fortgeführt werden.

Was uns natürlich auch sehr wichtig ist, ist, dass in diesem Budget erstmals auch 20 Mil­lionen Euro dezidiert für Arbeitsstiftungen im Umwelt- und Verkehrsbereich festgeschrie­ben sind, Arbeitsstiftungen in jenen Bereichen, die Zukunftsjobs bringen, die Perspektive schaffen. Diese Jobs wird es aber auch brauchen, weil es teilweise gerade in diesem Bereich einen Mangel an Arbeitskräften, an Fachkräften gibt. Ich denke da an die Inves­titionen, die in den nächsten Jahren geplant sind: 18 Milliarden Euro alleine im Bereich des öffentlichen Verkehrs, der ÖBB, die Investitionen in die Fotovoltaik, die Investitionen in erneuerbare Energien, der Heizkesseltausch, die Gebäudesanierung. All das sind Maßnahmen, die über die nächsten Jahre, um nicht zu sagen Jahrzehnte, Investitionen auslösen werden, mit denen wir Beschäftigung schaffen.

So erfreulich der Ausblick auf den Arbeitsmarkt auch ist, werden wir doch die Instru­mente in der Arbeitsmarktpolitik noch schärfer auf die Herausforderungen künftiger Ar­beitswelten, künftiger Unternehmen und der notwendigen sozialökologischen Wende in der Wirtschaftspolitik ausrichten müssen.

Die Herausforderungen sind klar: Das ist die Klimakrise, das ist der digitale Wandel, das ist aber auch der Pflegenotstand. Da werden wir auch in späteren Jahren noch Mittel frei machen müssen. Auch wenn wir für 2022 ein ganz gutes Budget zustande gebracht haben, werden wir sehen, ob wir 2023 nicht weiterhin Mittel in ähnlichem Umfang bereit­stellen müssen.

Der Kampf gegen die Langzeitarbeitslosigkeit ist sicher einer der größten Kämpfe, die wir in der nächsten Zeit führen müssen. Das ist ein Kampf für Perspektiven, es ist ein Kampf gegen Armut, gegen Armutsgefährdung und es ist vor allem ein Kampf gegen Hoffnungslosigkeit. – In diesem Sinne: danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

11.47


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Loacker. – Bitte.


11.47.11

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kollege Koza sieht erfreuliche Aussichten auf dem Ar­beitsmarkt. Wenn ich mir so die heutigen Nachrichten anschaue, sehe ich nicht so er­freuliche Aussichten. Da lese ich von Lockdowns in verschiedenen Bundesländern. Ich will gar nicht wissen, wo überall sonst noch Lockdowns kommen. Da wird es einige Betriebe geben, die den nächsten Lockdown nicht überleben. Also so erfreulich ist das nicht.

Es werden in dieser Pandemie wohl viele zu dem Schluss gekommen sein, dass die Regierung in der Pandemiebekämpfung nicht einmal eine Woche nach vorne schaut, weil das, was die zusammenstolpern, ja echt auf keine Kuhhaut geht. (Beifall bei den NEOS.)


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Man muss dem Arbeitsminister aber eines lassen: Er hat das Fiasko kommen gesehen und hat dafür vorgesorgt, dass bei der Kurzarbeit sämtliche Begrenzungen aufgehoben sind. Die Regierung hat sich eine Ermächtigung geben lassen, dass der Arbeitsminister und der Finanzminister gemeinsam per Verordnung unbegrenzt Mittel für die Kurzarbeit ausgeben dürfen. Der Arbeitsminister hat gesehen, dass die Pandemiebekämpfung im Fiasko landet und dass wir wahrscheinlich auf ein grausiges 2022 zusteuern. Ich finde, das sagt viel über die Art aus, wie diese Bundesregierung arbeitet, nämlich schlecht – und der Steuerzahler muss es bezahlen.

Überhaupt ist die Kurzarbeit zu einem Selbstbedienungsladen für die Unternehmen ge­worden. Am Anfang war sie wichtig, 2020 war die Kurzarbeit superwichtig und hat viele Jobs gerettet. Das aber, was wir in den letzten Monaten, im August, September, Oktober, gesehen haben, war ein Jobretentionprogram für Unternehmen. Wir haben BMW in Steyr, dem Opel-Werk in Aspern, dem Flughafen Wien geholfen, Mitarbeiter zu behalten, die in anderen Unternehmen dringend gebraucht worden wären. Diese Betriebe haben ihre Lieferkettenprobleme, ihre eigenen Logistikprobleme bequem an den Steuerzahler ausgelagert, der ihnen jetzt das Beschäftigungsprogramm finanziert. Dafür war die Coro­nakurzarbeit niemals gedacht.

Man sollte also, wenn es im Jahr 2022 wieder Kurzarbeit geben wird, die Bedingungen so scharf gestalten, dass nur dort Kurzarbeitsgeld zu den günstigen Bedingungen fließt, wo tatsächlich Regierungsmaßnahmen, die den Geschäftsbetrieb eingeschränkt haben, kompensiert werden, und es nicht für jeden, der irgendwelche betrieblichen Probleme hat, die Möglichkeit eröffnet, zu den günstigen Coronakurzarbeitskonditionen in Kurzar­beit zu gehen.

Es ist auch schon die Reform des Arbeitslosengeldes angesprochen worden. Ich be­fürchte ja, dass ein Rosinenpicken stattfinden wird. Man wird also hergehen und sagen: Oh, in vielen anderen EU-Staaten ist das Arbeitslosengeld am Beginn der Arbeitslo­sigkeit höher als in Österreich. Dann machen wir das jetzt auch. – Und man wird nicht sehen, dass das Arbeitslosengeld in vielen anderen Ländern in der EU erstens im Zeit­verlauf unter das österreichische Niveau sinkt, zweitens vor allem in allen anderen EU-Ländern zeitlich befristet ist und dass diese Leute dann nach einer gewissen Zeit in die Sozialhilfe kommen.

Das ist im Übrigen auch etwas, was der Rechnungshof seit vielen Jahren fordert, weil das Nebeneinander zwischen Notstandshilfe und Sozialhilfe beziehungsweise Mindest­sicherung bei Langzeitarbeitslosen zu Ineffizienzen in der Bürokratie führt und den, der die Sozialleistung braucht, zum Bittsteller macht, weil er zu zwei Behörden gehen muss, um einmal sozial abgesichert zu sein. (Beifall bei den NEOS.)

Eine echte Reform kann kein Rosinenpicken sein. Wir können nicht das Schönste aus allen anderen EU-Staaten abschauen, sondern wir müssen das Beste aus allen EU-Staaten abschauen.

Es wird auch die Diskussion über den Zuverdienst neben der Arbeitslosigkeit geführt. Wenn jemand ein Arbeitsverhältnis hat und daneben geringfügig verdient, muss er für diesen geringfügigen Verdienst nachträglich Sozialversicherung zahlen und diesen ver­steuern. Wenn er arbeitslos ist, muss er das nicht mehr. Das bedeutet für die spätere Arbeitsaufnahme ein Hemmnis, weil er in der Arbeitslosigkeit günstiger dazuverdient.

Und Schwarzarbeit neben der Arbeitslosigkeit ist ganz schwer kontrollierbar, wenn eine geringfügige Tätigkeit erlaubt ist, weil er natürlich, wenn die Kontrolle kommt, immer gerade in seinen geringfügigen Stunden arbeitet und man so die Schwarzarbeit nicht erwischt. Daher sind wir dafür, das zu begrenzen und die geringfügige Beschäftigung neben der Arbeitslosigkeit nur für einen begrenzten Zeitraum zuzulassen, damit auch


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der Schwarzarbeit zu Leibe gerückt werden kann. Ich halte noch fest: Für die Schwarz­arbeit braucht es immer zwei, einen Arbeitgeber und einen Arbeitnehmer, und beiden gehört auf die Finger geklopft. (Beifall bei den NEOS.)

11.52


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Laurenz Pöttinger. – Bitte.


11.52.11

Abgeordneter Laurenz Pöttinger (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Ich möchte mit einem Dank beginnen: Danke, dass Sie die Verantwortung übernommen haben, dieses schwierige Ressort in so einer schwierigen Zeit zu übernehmen. Sie ma­chen einen tollen Job! Es ist unglaublich, was Sie in den letzten Monaten weitergebracht haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch ich stehe unter dem Eindruck der heutigen Meldungen. Auch ich stehe unter dem Eindruck, dass die gesundheitliche Situation ganz schwierig ist, und die notwendigen Schritte zu tun fällt mehr als schwer. Frau Abgeordnete Belakowitsch, wenn Sie hier zwei-, dreimal von Verantwortung sprechen, gehen Sie bitte einmal in sich (Abg. Hörl: Genau!) und denken Sie über Ihre Verantwortung nach! (Beifall bei der ÖVP. – Zwi­schenruf der Abg. Belakowitsch.)

Ja, wir sprechen von guten Zahlen. Bis vor ungefähr einer Woche war ich auch noch total motiviert und positiv gestimmt. Die Zahlen waren unglaublich gut: 50 000 mehr Men­schen in Beschäftigung als vor der Krise. (Abg. Belakowitsch: Bitte! Sie gehen wirklich mit geschlossenen Augen durch die Welt!) Wie es der Wirtschaftsbund ausgerechnet hat, haben wir in Summe fast gleich viele offene Stellen wie Arbeitsuchende, wenn man alle Plattformen mitberechnet – und die Aktion Sprungbrett wirkt.

Herr Abgeordneter Muchitsch! Wenn Sie über die Aktion 20 000 nachdenken, wissen Sie, dass diese nicht gewirkt hat. Die Aktion Sprungbrett aber wirkt nachhaltig. (Zwi­schenruf bei der SPÖ.) Die Aktion 40 000 wäre ungefähr das Doppelte von dem, was vorher nicht gewirkt hat.

Ich glaube, wir können (Abg. Wurm: Zufrieden sein!) mit der Zahl zufrieden sein, mit 34 000 Personen weniger in der Langzeitbeschäftigungslosigkeit als zum Höhepunkt im April. (Abg. Belakowitsch: Na, seid zufrieden!) Das Ziel, bis 2023 wieder unter 95 000 zu kommen, ist ambitioniert, aber es ist erreichbar. – Ich glaube, mit Ihren Maßnahmen, Herr Minister, und den Maßnahmen, die noch folgen, werden wir auch am Arbeitsmarkt eine gute Zukunft haben.

Jetzt noch ein Appell von mir: Bitte gehen Sie impfen! Ich verstehe, dass viele Menschen in unserem Land über eine generelle Impfpflicht nachdenken. Ich verstehe das! Fragen Sie einmal die Bevölkerung, wie sie momentan denkt! Es hat keiner geglaubt, dass diese Zahlen noch einmal so explodieren. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Ich glaube, wir müssen sehr gut darüber nachdenken, welche Schritte wir setzen und welche Äußerungen wir tätigen – das sage ich speziell in Richtung FPÖ. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.55


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rainer Wimmer. – Bitte.


11.55.09

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine geschätzten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Ja, der Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Monaten sehr positiv entwickelt, aber man muss ehrlicherweise dazusagen, geschätzte Damen und Herren, vor allen Dingen Sie, Herr Bundesminister: Da können Sie nichts dafür. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Es war die Konjunktur, die das angestellt hat. Wir haben ein hohes Wachstum, wir haben volle Auftragsbücher, die Menschen arbeiten Tag und Nacht. (Abg. Hörl: Du kommst daher wie der Danninger!) Das sind die Faktoren, die diesen guten Umstand herbeige­führt haben. Wir wissen eh nicht, wie sich das in den nächsten Tagen und Wochen ent­wickeln wird. Es ist schon angesprochen worden, die Situation mit Corona ist ja nicht einfach und sehr schwerwiegend.

Ich frage Sie schon, Herr Bundesminister: Was ist eigentlich aus den Maßnahmen ge­worden, die Sie so kräftig angekündigt haben? Eine Pressekonferenz jagt die andere. Coronaarbeitsstiftung: Was ist aus der Coronaarbeitsstiftung geworden? Wir haben nichts gehört.

Markus, Kollege Koza, du hast die Umweltstiftung angesprochen. Ja, die ist ganz, ganz wichtig, aber bitte nicht nur davon sprechen. Es müssen einmal Realitäten geschaffen werden. Fangt an damit und wartet nicht ewig, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, sonst haben wir wirklich nur Überschriften und alles ist Schall und Rauch – und das wollt ihr doch wohl selber auch nicht. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei den Grünen.)

Die Langzeitarbeitslosigkeit ist heute schon angesprochen worden. Kollege Pöttinger, Sie haben gesagt, die Aktion 20 000 hat nicht gefruchtet. Es waren ÖVP-Gemeinden, meine sehr geschätzten Damen und Herren, die dankbar waren, dass es diese Aktion gab, und die sie auch in Anspruch genommen haben. (Abg. Hörl: Das ist ein Blödsinn!) Machen Sie diese Aktion nicht madig! (Beifall bei der SPÖ.)

Mit der Abschaffung, mit der Niederwalzung dieser Aktion haben Sie den älteren Arbeit­nehmern in Wirklichkeit die Hoffnung genommen. (Abg. Hörl: Die Gewerkschaft ...!) Es war ganz dramatisch, was da geschehen ist. Die ältere Generation war Ihnen damals und ist Ihnen in Wirklichkeit heute noch wurscht, und Sie überlassen sie ihrem Schicksal.

Herr Bundesminister, ich habe mit Erstaunen – vorgestern war es, glaube ich – Ihre APA-Aussendung gelesen. „Der Standard“ hat heute auch noch ein bisschen etwas da­rüber berichtet. Sie haben da zur Altersteilzeit gemeint, die Blockvariante sei nicht im Sinne des Erfinders. Sie wollen darüber nachdenken. – Kolleginnen und Kollegen, bisher war es immer so: Wenn der Herr Bundesminister nachzudenken anfängt, dann haben die Arbeitnehmer etwas Böses zu erwarten. Da ja die Blockvariante schon so massiv verschlechtert wurde, stellt sich schon die Frage: Heißt das, Sie wollen die Blockvariante ganz abschaffen, Herr Bundesminister? Wenn Sie das im Schilde führen, kann ich von dieser Stelle aus sagen: Sie werden mit einem ganz heftigen Widerstand von uns rech­nen müssen! (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend: Ein paar Tage haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die 45 Jahre gehackelt haben und fleißig waren, noch die Chance, ohne Abschläge in Pension gehen zu können. Sie haben bewirkt, dass ab 1.1. nächsten Jahres diese Abschläge wieder eingeführt werden. 5 000 Euro pro Jahr nehmen Sie den Menschen weg. Wir werden nicht aufgeben, meine sehr geschätzten Damen und Herren, dafür zu kämpfen, dass auch weiterhin die Menschen, die 45 Jahre gearbeitet haben, keine Abschläge in Kauf nehmen müssen. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ.)

Wir werden morgen Anträge einbringen und wir werden sehen, wie sich vor allen Dingen die ÖVP verhalten wird. – In diesem Sinne ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.58


Präsidentin Doris Bures: Wie Präsident Sobotka bereits angekündigt hat, werde ich die Sitzung kurz unterbrechen.


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Ich ersuche die Mitglieder der Präsidialkonferenz, kurz für eine Sonderpräsidiale in dem Raum hinter mir zusammenzutreffen, und unterbreche bis 12.10 Uhr, also für knapp über 10 Minuten, die Sitzung.

Die Sitzung ist unterbrochen.

11.59.08*****

(Die Sitzung wird um 11.59 Uhr unterbrochen und um 12.20 Uhr wieder aufge­nommen.)

12.20.04*****


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und entschuldige mich für die Verspätung. Die Beratungen in der Präsidialkonferenz haben doch ein wenig länger gedauert.

Wir fahren nun in der Debatte fort.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Tanja Graf. – Bitte.


12.20.34

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Minister Kocher! Ge­schätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuschauer! Ich darf mit dem Thema Arbeit und der UG 20 fortfahren und darf dazu festhalten, dass das eine der wenigen Untergliede­rungen ist, bei denen eine Reduzierung der Ausgaben etwas sehr Positives ist.

Das Arbeitsbudget 2020 (Abg. Wurm: 2022!) sieht rund ein Drittel weniger Ausgaben vor als im Jahr 2021 – aber nicht deshalb, weil wir weniger investieren wollen, sondern deshalb, weil wir zum Glück viele Menschen in Beschäftigung gebracht haben und es zum Glück auch weniger Kurzarbeit gibt.

Die Kollegen vor mir haben das Thema angesprochen: Wie machen wir mit der Kurz­arbeit weiter? – Minister Kocher hat das schon mehrmals erwähnt: Wenn es notwendig ist, wird auch in diesem Bereich etwas getan, und ich bin davon überzeugt, dass unser Minister da handeln wird. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Auf der anderen Seite stehen die Einnahmen: Weil eben mehr Menschen einen Job ge­funden haben, was ja sehr erfreulich ist, werden auch die Einnahmen aus den Arbeits­losenversicherungsbeiträgen um circa 6 Prozent höher sein. Daraus ergibt sich eine Budgetierung in Höhe von 7,7 Milliarden Euro, und da darf ich wirklich allen Arbeitneh­mern und allen Arbeitgebern Danke sagen, denn sie sind es, die diese Summen er­wirtschaften. – Vielen Dank dafür! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grü­nen.)

Meine Vorredner haben den einen oder anderen Bereich, in dem wir Geld ausgeben und investieren, schon erwähnt. Ich darf da zwei Punkte ganz besonders hervorheben: Das eine ist das Programm Sprungbrett, das andere die Coronajoboffensive. Bei der Jobof­fensive werden 100 000 Menschen davon profitieren, dass wir sie dabei unterstützen, einen Job zu finden. Für das Programm Sprungbrett haben sich bereits 12 000 Men­schen angemeldet – diese Zahl wurde heute schon genannt –, das sind Menschen, die langzeitarbeitslos sind. Das ist eine schöne, hohe Zahl, und diese Menschen werden wir in Zukunft in Beschäftigung bringen.

Auch ganz wichtig ist, dass wir einen Schwerpunkt für über 50-Jährige setzen, die lang­zeitarbeitslos sind. In diesem Bereich werden 150 Millionen Euro investiert, denn unser Ziel ist es, all jene Menschen, die arbeiten können, dabei zu unterstützen, auch einen


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Job zu finden. Das AMS wird daher auch mit mehr Ressourcen und mit mehr Mitteln ausgestattet.

Ganz persönlich liegen mir auch die Jugendlichen am Herzen. Wir haben für die Unter­stützung der Lehrlinge ebenfalls eine sehr nette Summe vorgesehen: 230 Millionen Euro werden da gut investiert, denn die Lehrlinge von heute sind unsere Fachkräfte von mor­gen, und da braucht es auch Unterstützung,

Das Budget 2022 für den Bereich Arbeit deckt mit verschiedenen Schwerpunktsetzun­gen die gesamte Berufslaufbahn ab. Ich darf unserem Minister für seine Weitsicht und sein Verantwortungsbewusstsein meinen Dank aussprechen, denn ich bin überzeugt und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir mit diesem Budget die Grundlagen schaffen, um die arbeitsmarktpolitischen Herausforderungen von morgen zu meistern. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.23


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte.


12.24.02

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Ich kann all diesen Jubelmeldungen der ÖVP und der Grünen, was den Arbeitsmarkt betrifft, jetzt nicht ganz zustimmen, denn es sind aktuell rund 350 000 Menschen in Arbeitslo­sigkeit oder in Schulung, es sind 50 000 in Kurzarbeit, Notstandshilfe, Mindestsicherung und so weiter.

Im internationalen Vergleich beziehungsweise in Europa, ich möchte es noch einmal er­wähnen, waren wir bei den Arbeitslosenzahlen früher eigentlich immer auf einem Sto­ckerlplatz, entweder Erster oder unter den ersten drei. Mittlerweile sind wir europaweit auf Platz 14, das heißt, da ist nichts, bei dem ich irgendein Ruhmesblatt erkennen könnte.

Das Budget 2022 könnten wir jetzt im Detail diskutieren, es macht aber, auch aufgrund der aktuellen Entwicklung, nicht wirklich Sinn, denn die Zahlen sind in Wahrheit gewür­felt. Auch jetzt – Sie spüren es im Saal – herrscht Unruhe, es tun sich einige Entwicklun­gen auf, die den Arbeitsmarkt natürlich ganz massiv betreffen werden. Sie werden auch die Unternehmer ganz massiv betreffen, und das ist nichts Gutes, das da kommt, das kann man ganz ehrlich auch so sagen.

Herr Minister Kocher, wir kommen klarerweise um das Thema Corona auch da nicht herum, und ich würde Sie jetzt schon bitten, auch abseits der Zahlen einmal ein paar grundsätzliche Dinge klarzustellen. Sie sagen zwar immer, das wäre die Schuld von Minister Mückstein, Sie könnten nichts dafür – aber Sie sind für den Arbeitsmarkt zu­ständig. Ich glaube, man hat ja als ÖVP dieses Ressort auch deswegen übernommen, weil man den Grünen nicht zugetraut hat, für den Arbeitsmarkt etwas Sinnvolles zu bewegen.

Die Ursprungsidee war ja, dass man dieses Missverhältnis zwischen Arbeitslosen auf der einen Seite und Unternehmen, die Fachkräfte suchen, auf der anderen Seite auflö­sen wollte. Da ist jetzt in Wahrheit aber nicht wirklich etwas geschehen, Herr Minister, außer es ist mir etwas entgangen. Wir haben nach wie vor das Problem, dass Unter­nehmer Fachkräfte suchen, und das, obwohl es so viele Arbeitslose gibt. Das passt nicht zusammen. Dieses Problem werden wir lösen müssen, und zwar möglichst schnell.

Herr Minister, ich habe Sie im Ausschuss auch zur 3G-Regel gefragt: Wie kann man eine solche Regelung für den Arbeitsplatz erlassen – sie gilt mittlerweile drei, vier Wochen, glaube ich – und davor nicht überlegen, wie sie für Unternehmer, aber vor allem für Arbeitnehmer in der Praxis funktionieren kann? An dieser Stelle auch meine deutliche Kritik in Richtung Gewerkschaft, Sozialdemokratie und Arbeiterkammer: Ihr habt da alle


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Arbeitnehmer im Regen stehen gelassen! Die laufen heute noch am Wochenende herum, um einen Test für Montagfrüh zu bekommen. Das sind alles Dinge, die in der Praxis nicht funktionieren, und da sind viele handwerkliche Fehler passiert, Herr Minister Kocher.

Sie können die Verantwortung dafür nicht immer abschieben, Sie sind der Arbeitsmi­nister. Sie hätten bei der 3G-Regelung eine praxistaugliche Lösung finden müssen. Die Lösung, die es derzeit gibt, hilft weder gegen Corona, noch hilft sie den Unternehmern. Sie hilft aber vor allem auch den Arbeitnehmern nicht, und alle werden da im Regen stehen gelassen. Das ist eine furchtbare Geschichte.

Das nächste Thema ist die Impfpflicht, Herr Minister, denn da sind Sie auch sehr schweigsam. Ihr habt ja, glaube ich, sogar vor, eine generelle Impfpflicht einzuführen, für alle Arbeitnehmer oder zumindest für die Pflegeberufe. Ich habe es gestern gesagt, ich sage es noch einmal: Das ist doch bitte Selbstmord mit Anlauf! Es gibt im Pflege­bereich jetzt schon einen Notstand, sowohl in den Krankenhäusern und Pflegeheimen als auch bei der 24-Stunden-Pflege, und alles, was ihr da jetzt macht, ist kontraproduktiv.

Für die Ausbildung der zukünftig Nachkommenden ist das ja kein Anreiz, wenn man weiß, wie da mit den Leuten umgegangen wird. Es werden sehr, sehr viele Beschäftigte wegbrechen, Tausende, auch in der 24-Stunden-Pflege – die kommen nicht mehr! Ihr lasst da alte Menschen, die auf diese Pflege angewiesen sind, im Regen stehen. Ich bitte euch: Schafft eine Lösung, die praxisgerecht ist, damit dieser Notstand nicht noch größer wird!

Es ist ja bitte Irrsinn, was ihr da vorhabt. Ich kann euch nur auffordern: Bitte bleibt ver­nünftig und findet eine Lösung, die das Problem in der Pflege nicht noch größer macht, als es sowieso schon ist! Das wäre meine Aufforderung, Herr Minister, und da bitte ich Sie, auch einmal ein Machtwort zu sprechen, denn das ist eine Entwicklung, die uns ganz, ganz massiv betreffen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Was auch noch unklar ist: Sollte die Impfpflicht von der ÖVP und den Grünen – leider Gottes unter Mithilfe der Sozialdemokratie und der NEOS – umgesetzt werden, stellen sich ja auch arbeitsrechtliche Fragen, Herr Minister: Wie ordnen Sie das ein, wenn je­mand gekündigt wird, weil er sich nicht impfen lässt? Wie schauen da die Ansprüche aus? Ist das eine Entlassung, ist das eine Kündigung? Wie ist man arbeitsrechtlich abge­sichert?

All diese Fragen, Herr Minister, muss einmal irgendjemand hier im Plenum beantworten, weil die Menschen draußen sich größte Sorgen machen. Ich höre da aber nichts, ich sehe nichts. Wahrscheinlich kommt dann irgendwann am Sonntagabend eine Verord­nung, die ab Montag gilt, die im Detail fachlich schlecht ist und mit der die Menschen draußen im Regen stehen gelassen werden.

Ich kann nur noch einmal aufrufen, vor allem auch die ehemalige Arbeiter- und Ange­stelltenpartei SPÖ: Helft mit, eine Regelung zu finden, damit diese Zehntausenden, Hun­derttausenden Menschen nicht im Regen stehen gelassen werden! Da müssen sich ja die Arbeiterkammer und die Gewerkschaft einmal wehren und fragen, was das für die Menschen bedeutet: Müssen die sich jetzt von Krankenschwester umschulen auf, weiß ich nicht, Leiharbeiterin, oder wie soll das gehen? Das betrifft im Übrigen auch Selbst­ständige im Gesundheits- und Pflegebereich, die ihren selbstständigen Beruf dann nicht mehr werden ausüben können.

Das sind alles inhaltliche Fragen, Herr Minister – lassen wir die Zahlen weg, denn was nächstes Jahr passiert, werden wir dann sehen –, und ich ersuche Sie, uns diese inhalt­lichen, fachlichen Fragen bitte zu beantworten. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.30



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 530

Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Martin Kocher zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


12.30.24

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Abgeordnete! Hohes Haus! Die Arbeitsmarktlage hat sich tatsächlich im Laufe des Jahres massiv gebessert – glücklicherweise, sage ich dazu. Ich habe das Amt zu Beginn des Jahres angetreten, da waren 535 000 Menschen in Öster­reich arbeitslos oder in Schulungen. Derzeit sind es 344 000, also fast 200 000 Personen weniger, und es sind auch weniger als Mitte November 2019, da waren es 361 000.

Bei der Arbeitslosigkeit haben wir ein Rekordtief seit 2012, wir haben einen Rekordstand an Beschäftigten und einen Rekordstand an offenen Stellen. Trotz der starken Verschär­fung der pandemischen Lage sehen wir noch – ich betone: noch – keine negativen Ent­wicklungen am Arbeitsmarkt, was die Arbeitslosigkeit betrifft, und auch keinen starken Anstieg bei der Kurzarbeit. Wir dürfen aber nicht – das ist, glaube ich, entscheidend – zu sicher sein, wir dürfen uns nicht täuschen lassen. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass es einen starken Zusammenhang zwischen der Infektionszahl und der Entwicklung am Arbeitsmarkt gibt; aufgrund der Impfung ist sie vielleicht etwas abgeschwächt, aber wie stark sie sein wird, hängt natürlich auch davon ab, wie sich die Lage weiterentwickelt.

Der Arbeitsminister hat begrenzte Kompetenzen im Rahmen der Pandemiebekämpfung. Mit 3G am Arbeitsplatz, das ich für eine wichtige Maßnahme halte, schaffen wir noch sicherere Rahmenbedingungen in der Arbeit. Es war schon vorher so, dass die Wahr­scheinlichkeit, sich am Arbeitsplatz anzustecken, gering war, jetzt ist sie noch einmal um einiges geringer geworden, und das ist etwas, glaube ich, das wir den Arbeitnehmerin­nen und Arbeitnehmern in Österreich auch schuldig sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Ansonsten kann sich der Arbeitsminister auf alles vorbereiten und alle Maßnahmen stän­dig an die sich ändernde Realität anpassen. Wir sind auf jeden Fall auf alles, was pas­sieren kann, vorbereitet. Das Ziel ist, möglichst alle Schäden am Arbeitsmarkt so gering wie möglich zu halten und abzufedern. Und die Kurzarbeit war und ist das Mittel der Wahl, um große Schäden am Arbeitsmarkt zu verhindern.

Auch wenn die aktuelle Situation die politische und mediale Aufmerksamkeit bestimmt, gilt es natürlich, die strukturellen Aspekte am Arbeitsmarkt zu berücksichtigen und nicht zu vergessen. Das Arbeitsmarktbudget 2022 tut genau das: Wir haben Schwerpunkte in den Bereichen gesetzt, in denen es die Notwendigkeit für diese Schwerpunkte gibt. Eini­ge wurden schon angesprochen.

Ein Problembereich, eine Herausforderung ist weiterhin die Langzeitarbeitslosigkeit. Wir haben glücklicherweise in den letzten Monaten einen starken Rückgang erlebt, von 148 000 im April auf 114 000 Menschen, die jetzt im Oktober langzeitarbeitslos sind. Al­lerdings brauchen wir einen weiteren Rückgang, die Langzeitarbeitslosigkeit ist natürlich weiterhin zu hoch, und deshalb werden im Jahr 2022 500 Millionen Euro zur Bekämp­fung der Langzeitarbeitslosigkeit eingesetzt. 300 Millionen Euro fließen ins Programm Sprungbrett, 165 Millionen Euro aus dem Regelbudget fließen in die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit von Menschen über 50 Jahren und weitere 105 Millionen Euro aus dem Regelbudget in die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit von Menschen unter 50 Jahren. Das Ziel ist, die Langzeitarbeitslosigkeit damit ganz klar unter das Ni­veau von 2019 zu bringen. Die ersten Zahlen zeigen uns, dass es eine sehr starke Inan­spruchnahme des Programms gibt, dass es auch großes Interesse bei Betrieben gibt, dass viele Unternehmen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die länger arbeitslos waren, eine Chance geben möchten. Darüber bin ich sehr froh, und ich hoffe, dass wir das auch weiterhin in dieser Art und Weise erleben.

Ein zweiter Schwerpunkt ist der Bereich Qualifizierung. Wir haben im Rahmen der Coro­najoboffensive dieses Jahr über 400 Millionen Euro für ein Instrument ausgegeben, um


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Qualifizierungsmaßnahmen zu finanzieren. 60 000 Menschen haben davon profitiert, ungefähr 30 000 haben innerhalb von drei Monaten einen Job gefunden. Das ist für so ein Programm in dieser Zeit nicht selbstverständlich. Nächstes Jahr stehen weitere 214 Millionen Euro inklusive Bildungsbonus für die Coronajoboffensive zur Verfügung, um – von einigen schon angesprochen – diesen Mismatch zwischen Arbeitskräfteange­bot und Arbeitskräftenachfrage zu verringern, damit eben Fachkräfte, die besonders ge­sucht werden, auch ausgebildet werden.

Ein dritter Schwerpunkt, der mir sehr wichtig ist, ist die Unterstützung von jungen Men­schen am Arbeitsmarkt. Wir haben 57 Millionen Euro für die Ausbildung bis zum Alter von 18 Jahren vorgesehen, wir haben ein großes Budget, das größte seit sehr, sehr langer Zeit für die Förderung von Lehrstellen. Das ist angesichts des Fachkräftemangels auch ein ganz wichtiger Bereich.

Ein weiterer ganz wichtiger Bereich ist die Förderung von Frauen am Arbeitsmarkt. Wir haben das höchste Budget, das es je für Frauenförderung gab, und haben das Förderziel noch einmal erhöht, auch insgesamt für alle Förderprogramme im Rahmen des AMS. Bisher galt das Förderziel von 3,5 Prozentpunkten über dem Anteil der Frauenarbeitslo­sigkeit, jetzt haben wir es auf 4 Prozent erhöht, das heißt, Frauen werden positiv unter­stützt, insbesondere wenn sie ihren Job verloren haben. Da gibt es eine Reihe von ganz konkreten Programmen, gerade im Handwerk und im technischen Bereich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich möchte diese Gelegenheit noch nutzen, um auch die besondere Leistung des AMS hervorzuheben. Das AMS war aufgrund der Kurzarbeitsabrechnungen, aufgrund der Ab­wicklung der Coronajoboffensive, aufgrund der Vermittlungshürden, aufgrund der Schwierigkeiten, Schulungen während der Coronazeit zu veranstalten, gerade 2020 und 2021 massiv gefordert und hat unter großem Einsatz vieler Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter dafür gesorgt, dass diese schwierige Lage bewältigt wurde. Der Arbeitsmarkt steht glücklicherweise gut da, es geht darum, das weiterhin zu verteidigen. Das ist sicher auch ein Verdienst der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dazu beigetragen haben, dass Kurzarbeitsbeihilfen – der größte Teil der Beihilfen, die an Unternehmen gingen – mög­lichst schnell und rasch ausbezahlt wurden. Das war in der Lage, in der wir waren, ge­rade in der ersten Welle der Pandemie, aber auch im letzten Winter, besonders wichtig. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.37


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Andreas Minnich zu Wort. – Bitte.


12.37.17

Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Frau Präsident! Geschätzter Herr Arbeitsmi­nister! Werte Kollegen im Hohen Haus! Liebe Zuseher zu Hause! Das Budget für den Bereich Arbeit war in diesem Jahr wegen der Pandemie um vieles höher als geplant. Das war auch sehr gut so. Am Arbeitsmarkt sieht man, wie wichtig dieser Schritt war, die Auswirkungen der Pandemie sind dort besonders stark. Das macht es politisch so he­rausfordernd.

Als regionalem Unternehmer im Modehandel können Sie mir glauben: Ich kenne die He­rausforderungen der letzten Monate. Vor wenigen Monaten war unser Geschäft noch leer, die Lichter abgeschaltet und alle Mitarbeiter zu Hause. Heute sieht die Situation anders aus. Nahezu jede Branche sucht händeringend nach Arbeitskräften. Wir haben nicht nur einen Fachkräftemangel, wir haben einen Mitarbeitermangel. Diese hohe Dyna­mik ist immens herausfordernd, und ich kann Ihnen sagen, das gilt für alle Seiten – für unsere Arbeitnehmer und Unternehmen, aber auch für die Politik. Die aktive Arbeits­marktpolitik ist daher besonders wichtig, weil wir da die Probleme an der Wurzel packen


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können. Die Aktion Sprungbrett – sie wirkt und funktioniert – mit 250 Millionen Euro für 2022 sowie die Coronajoboffensive mit insgesamt 700 Millionen Euro sind zwei treffende Beispiele. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

Von einer Rekordarbeitslosigkeit zu Rekordbeschäftigung – Zahlen besser als noch vor Corona – und zu einem Fachkräftemangel in nur wenigen Monaten, das zeigt die enor­men Herausforderungen im Bereich Arbeit und Wirtschaft. Mit unserem Arbeitsminister Martin Kocher haben wir einen Experten an den Schalthebeln. Dieses Budget zeigt, dass er sein Handwerk versteht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

An dieser Stelle möchte ich in einem wichtigen Punkt an Sie alle appellieren: In dieser dynamischen Phase, in der wir uns befinden, ist es absolut hilfreich, wenn Arbeitnehmer und Unternehmer nicht gegeneinander ausgespielt werden. Unser Standort Österreich kann nur dann stark in die Zukunft gehen, wenn wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Jakob Schwarz und Zorba.)

Noch eines: Am meisten ist den Arbeitnehmern und den Unternehmen und somit unse­rem ganzen Land und den Menschen geholfen, wenn wir die Pandemie hinter uns lassen können. Die Lösung haben wir: Die Impfung wirkt und funktioniert. – Bitte gehen Sie impfen! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Jakob Schwarz und Zorba.)

Werte FPÖ, Ihre Haltung spaltet unser Land. Helfen wir einander, gemeinsam aus dieser schwierigen Zeit zu kommen! Gehen wir alle gemeinsam impfen! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.41


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael Seemayer. – Bitte.


12.41.16

Abgeordneter Michael Seemayer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es ist schon ein paarmal angesprochen worden: Die Kurzarbeit ist ja nicht erst seit den in den letzten Stunden medial aufgeschlagenen Ankündigungen von Teil­lockdowns oder Lockdowns in manchen Bundesländern Thema. Abgeordnete Graf hat es ja bereits erwähnt: Wenn es notwendig ist, dann wird im Bereich der Kurzarbeit etwas getan. Ich glaube schon, dass es notwendig ist. Wir erleben derzeit, dass aufgrund der 2G-Regel sowie aufgrund der gegenwärtig steigenden Zahlen in Gastronomie und Hotel­lerie sehr viele Absagen und Stornierungen erfolgen.

Wir haben derzeit zwei Varianten der Kurzarbeit: Jene Variante, die Kollege Loacker angesprochen hat, ist auch dazu gedacht, Abhilfe für Betriebe zu schaffen, die aufgrund von Lieferproblemen Schwierigkeiten haben, Auslastung und Arbeit zu garantieren. Da­neben gibt es die herkömmliche, klassische Kurzarbeit. Das sind zwei komplett verschie­dene Varianten.

Die herkömmliche, klassische Coronakurzarbeit, bei der mehr gefördert wird oder mehr Mittel zur Verfügung stehen, ist bis Jahresende befristet. Da braucht es schon jetzt eine Lösung, denn es passiert Folgendes: Die Betriebe schauen, ob es über den Jahres­wechsel hinweg Sicherheit gibt. Diese Sicherheit brauchen sie, weil sie jetzt darüber entscheiden müssen, ob sie ihr Personal halten. Sonst könnte wieder passieren, was wir schon einmal erlebt haben: dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Kündigung angemeldet werden, weil es im Zusammenhang mit dem Frühwarnsystem eine Vorlauf­zeit gibt. Wenn keine Sicherheit gewährleistet wird, dass die Kurzarbeit über den Jahres­wechsel hinaus besteht, dann sind die Befürchtungen da, dass das wieder eintreten könnte und die Kolleginnen und Kollegen schon jetzt zur Kündigung angemeldet werden. Das muss man verhindern.

Ein weiteres Thema, das ich ansprechen möchte, ist die Tatsache, dass in Österreich sehr viel Arbeit außerhalb von regulären Arbeitsverhältnissen geleistet wird. Da spreche


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ich nicht von Schwarzarbeit, sondern von den unzähligen Stunden, die freiwillig geleistet werden. Freiwilligenarbeit ist ja auch eine ganz wichtige Säule in unserer Gesellschaft geworden. Nicht nur die Arbeit in Vereinen ist unverzichtbar geworden, auch die Versor­gung von Pflegebedürftigen würde ohne die Arbeit von unzähligen pflegenden Angehö­rigen nicht mehr funktionieren. Da braucht es Verbesserungen, da braucht es eine Absi­cherung im Erwerbsleben dieser Menschen, zum Beispiel durch eine fixe Anstellung. (Beifall bei der SPÖ.)

Es braucht jedoch auch für die unzähligen freiwilligen Helfer, die im Rahmen ihres En­gagements beim Rettungsdienst, bei Katastropheneinsätzen oder den freiwilligen Feuer­wehren einen unverzichtbaren Dienst an der Gesellschaft leisten, Verbesserungen. Erst vor ein paar Tagen ist auf der Rax Brand aus gegeben worden. Auch bei diesem Wald­brand waren unzählige freiwillige Helfer im Einsatz. Genau für diese Menschen braucht es eine Absicherung, damit sie ihr Engagement auch in Zukunft leisten können.

2019 hat es auf unsere Initiative hin Verbesserungen dahin gehend gegeben, dass in Absprache mit dem Arbeitgeber bezahlte Dienstfreistellungen vereinbart werden kön­nen. Das erweist sich aber manchmal als sehr schwierig, vor allem wenn Einsätze mitten in der Nacht beginnen und über den üblichen Arbeitsbeginn hinaus andauern. Da fehlt ganz klar der Rechtsanspruch. Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einsatzkräfte von Feuerwehr, Rettung und Katastrophenhilfe im Beruf absichern!“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, umgehend dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zu übermit­teln, mit der ein Rechtsanspruch auf Freistellung für im Katastrophenschutzeinsatz ste­hende Einsatzkräfte geschaffen wird. Zugleich ist sicherzustellen, dass für im Einsatz befindliche ehrenamtliche Einsatzkräfte, auch eine pauschale Abgeltung etwaiger Ver­dienstausfälle aus selbständiger Tätigkeit geschaffen wird.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.45

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Muchitsch,

Genossinnen und Genossen

betreffend Einsatzkräfte von Feuerwehr, Rettung und Katastrophenhilfe im Beruf absi­chern!

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Budgetausschusses über die Regie­rungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) – UG 20 Arbeit


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Erst vor wenigen Tagen konnte auf der Rax „Brand aus“ gegeben werden, nachdem der größte Waldbrand in der Geschichte Österreichs endlich gelöscht werden konnte. Unter fast unmenschlichem Einsatz mussten Feuerwehrleute und andere Einsatzkräfte diesem Feuer Herr werden.

Es lastet unglaublich viel Druck auf den Kameraden und Kameradinnen der Feuerwehr, aber auch der Rettungsdienste, die sich täglich unter größtem persönlichen Einsatz und ehrenamtlich in den Dienst der Öffentlichkeit stellen. Dafür gilt ihnen Dank und Aner­kennung, aber – und hier geht es insbesondere in wirtschaftlich bewegten Zeiten auch um den Schutz der Arbeitnehmer*innen – auch um echte Absicherung für ihre Tätigkeit.

Arbeitnehmerinnen sollen für ihre Einsätze, die sie im Rahmen ihrer Mitgliedschaft zu einer Katastrophenhilfsorganisation, eines Rettungsdienstes oder einer freiwilligen Feu­erwehr im Rahmen eines Großeinsatzes leisten in Zukunft einen Rechtsanspruch auf Entgeltfortzahlung haben. Immerhin sind sie es, die in außergewöhnlichen und bedroh­lichen Situationen ihr Leben für uns einsetzen und damit unser aller Sicherheit gewähr­leisten.

Auf Initiative der SPÖ konnten bereits 2019 Verbesserungen im Bereich der Arbeitswelt geschaffen werden, immerhin gibt es seither eine Entschädigung für die Arbeitge­ber*innen, wenn sie freiwillige Einsatzkräfte für ihre Tätigkeiten im Katastrophenschutz in den Sonderurlaub gehen lassen. Ausmaß und Lage der jeweiligen bezahlten Dienst­freistellung muss mit dem Arbeitgeber vereinbart werden, dieser bekommt aus dem Ka­tastrophenfonds für die gewährte Freistellung und die Entgeltfortzahlung eine Prämie in der Höhe von 200 Euro pro im Einsatz befindlichen Dienstnehmer und Tag.

Noch immer jedoch fehlt der Rechtsanspruch, der Hilfe auch wirklich außer Streit stellt und es nicht von der Zustimmung der Arbeitgeber*innen abhängig macht, ob der Kata­stropheneinsatz möglich ist.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, umgehend dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zu übermit­teln, mit der ein Rechtsanspruch auf Freistellung für im Katastrophenschutzeinsatz ste­hende Einsatzkräfte geschaffen wird. Zugleich ist sicherzustellen, dass für im Einsatz befindliche ehrenamtliche Einsatzkräfte, auch eine pauschale Abgeltung etwaiger Ver­dienstausfälle aus selbständiger Tätigkeit geschaffen wird.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer. – Bitte.


12.45.56

Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer (ÖVP): Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesmi­nister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Ja, die Maßnahmen haben gegriffen, in der Pandemiezeit besonders die Kurzarbeit, und wir haben trotz alledem Gott sei Dank eine Hochkonjunktur, die Wirtschaft läuft wieder. Wir können positiv darauf zurückblicken, dass die Arbeitslosigkeit in Österreich so gut wie möglich und so gut wie nie zuvor zurückgegangen ist.


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Trotz alledem suchen Unternehmen händeringend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir werden den Fokus auch darauf legen müssen, dass wir Langzeitarbeitslose wieder in Beschäftigung bringen – da bin ich mit Kollegen Muchitsch natürlich einer Meinung. Nicht zustimmen kann ich jedoch der Behauptung, dass das Projekt Sprungbrett nicht funk­tioniert, im Gegenteil: 19 Prozent der Langzeitarbeitslosen wurden im Jahr 2021 wieder zurück in den Arbeitsmarkt geführt. (Zwischenruf des Abg. Muchitsch.) Ich glaube, das ist schon ein Erfolg, der sich sehen lassen kann. Unser Bundesminister hat mit diesem Projekt einen Pflock eingeschlagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Von der SPÖ wird immer wieder die Aktion 20 000 aufs Tapet gebracht. Diese hat nach­weislich nichts gebracht. Langzeitarbeitslose sind zwar in Beschäftigung gekommen, dann jedoch wieder arbeitslos geworden. Ich glaube nicht, dass es das Ziel sein kann, dass diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, diese Menschen keine Arbeit mehr finden.

Besonders stolz bin ich darauf, dass wir den Fokus auf die Lehre legen. Ich persönlich habe selbst zwei Lehrberufe erlernt und auch abgeschlossen. Sie haben mir für meine berufliche Karriere sehr weitergeholfen. Ich habe dadurch Selbstständigkeit, Zielstre­bigkeit und Pünktlichkeit gelernt sowie die Erkenntnis gewonnen, dass man sich in die Arbeitswelt einarbeiten kann. Das ist die duale Ausbildung. Ich glaube, das ist einzigartig auf der ganzen Welt. Wir erhalten jetzt eine Förderung von 230 Millionen Euro nur für die Lehre. Dafür herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grü­nen.)

Die Lehre braucht ein besseres Image. Ich glaube, wir müssen gemeinsam daran arbei­ten, dass die Lehrberufe wieder den Stellenwert bekommen, den sie früher einmal ge­habt haben. Wir müssen das Image aufwerten.

Natürlich war es in meinem Fall so, dass meine Eltern keine Freude damit gehabt haben, dass ich mich, statt die Matura zu machen, dazu entschlossen habe, zwei Lehrberufe zu erlernen. Heute sagen sie aber: Das war der richtige Weg! Lehre bedeutet nicht, dass man keine Karriere macht. Meine Karriere verdanke ich der Lehre. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.49


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gabriele Heinisch-Ho­sek. – Bitte.


12.49.12

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Kollegin Kirchbaumer, zum Thema Langzeitbeschäftigungslosigkeit: Die damalige Aktion 20 000 wurde von sehr vielen ÖVP-Gemeinden genutzt. Die damalige Sozial­ministerin Hartinger-Klein hat sie ohne Evaluierung gestoppt. Wir können heute deshalb gar nicht sagen, um wie viel erfolgreicher sie noch hätte sein können. Es haben dadurch wirklich viele Menschen wieder Beschäftigung gefunden. Unser neuer Vorschlag, die Aktion 40 000, wurde von Ihnen ja leider nicht einmal diskutiert.

Ich glaube, es war Kollege Pöttinger, der heute in seiner Rede gemeint hat: Es hat ja niemand gewusst, wie sich das alles entwickeln wird!

Ich möchte eine Lanze für die Wissenschaft brechen. Die Wissenschafterinnen und Wis­senschafter haben sehr wohl berechnet, was kommen wird, und ich empfinde es als sehr spät – aber es ist zum Glück doch passiert –, dass sich Salzburg und Oberösterreich jetzt entschlossen haben, strikte Maßnahmen zu setzen. Wer weiß, was wir noch brau­chen.

Damit verbunden, Herr Bundesminister, ist eine Berufsgruppe – jetzt zum Thema Arbeit und zum Budget kommend –, die wirklich knapp vor dem Ausbrennen ist, das sind alle Men­schen, die im Gesundheitsbereich tätig sind: die Ärztinnen und Ärzte, die Gesundheits-


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und KrankenpflegerInnen, aber auch alle anderen Menschen, die im medizinischen Be­reich arbeiten, die tagtäglich kündigen. Wir verlieren also Leute. Die, die noch da sind, sind am Limit oder darüber. Genau hier ist eine groß angekündigte Pflegeoffensive dis­kutiert worden, wobei ich nicht ganz spüre oder weiß, wie die sich jetzt auch budgetär niederschlägt. Wir sind der Auffassung, dass es notwendig wäre, die Mittel für das Fach­kräftestipendium nicht nur zu verdoppeln, sondern diese Mittel auch für die tertiäre Aus­bildung zur Verfügung zu stellen. Vielleicht können Sie uns noch Auskunft geben, wo die Bemühungen dieser Umschulungsoffensive sind.

Zwei Gruppen liegen mir besonders am Herzen: Die Freistellung von ungeimpften Schwan­geren ist jetzt bis Jahresende befristet, aber die vielen geimpften Schwangeren – und ich glaube, die Zeit ist so dramatisch, dass wir nicht mehr unterscheiden können, weil sehr viele Impfdurchbrüche da sind – müssen miteinbezogen werden. Herr Bundesmi­nister, wo bleibt die Verordnung? Man müsste diese Maßnahme auch nicht nur bis 31.12. vorsehen, sondern noch bis nächstes Jahr verlängern.

Die zweite Gruppe – Menschen, die ein Attest bringen, einer Risikogruppe angehören ‑: das ist überhaupt mit 30. Juni ausgelaufen. Sie könnten mit dem Herrn Sozialminister längst geredet haben. Vielleicht haben Sie es auch getan. Kollegin Nussbaum hat jeden­falls den Herrn Gesundheitsminister gefragt, der hat aber von nichts etwas gewusst. Sie könnten sich gemeinsam darauf einigen, dass Sie auch dieser Gruppe eine Verlänge­rung zukommen lassen, das wäre auch höchst an der Zeit. Vielleicht geht das noch. Vielleicht schaffen wir es – so oft beschworen – alle gemeinsam. (Beifall bei der SPÖ.)

12.52


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeord­neter Josef Muchitsch zu Wort gemeldet. – Bitte.


12.52.50

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Abgeordnete Kirchbaumer – sie ist jetzt nicht im Saal – hat behauptet, dass die SPÖ immer wieder die Aktion 20 000 in der jetzigen Situation ins Gespräch bringt. Ich berich­tige: Die SPÖ bringt die Aktion 40 000 ins Gespräch, eine Aktion, die darauf abzielt, unter neuen Kriterien, mit neuen, zusätzlichen Fördernehmern Menschen auch bei Hilfsorgani­sationen, ja auch in Gesundheits- und in Pflegeberufen in Beschäftigung zu bringen.

Die zweite tatsächliche Berichtigung, Frau Präsidentin: Frau Abgeordnete Kirchbaumer hat behauptet, dass heuer über die Aktion Sprungbrett 19 000 Menschen bereits ver­mittelt werden konnten (Ruf bei der ÖVP: Prozent!) – 10 000? (Ruf bei der ÖVP: 19 Pro­zent!) – 19 Prozent, danke! –, in Beschäftigung gebracht werden konnten. Ich berichtige: Es sind tatsächlich Vermittlungen, die, wie in den Jahren davor, über das AMS-Vermitt­lungsverfahren gehen. Das AMS hat allein im Vorjahr 2020 knapp 50 000 Langzeitbe­schäftigungslose wieder in Jobs gebracht – also nicht einen anderen Scheinwerfer da­rauf stellen, da das sowieso aktuell die Vermittlungstätigkeit des AMS ist und auch so passiert! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Sieber: War das eine tatsächliche Berichtigung?)

12.54


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Bettina Zopf, Sie gelangen jetzt zu Wort. Bitte.


12.54.33

Abgeordnete Bettina Zopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Der Arbeitsmarkt erholt sich, unsere Maßnahmen greifen – danke, Herr Minister! Unser Motto lautet: Hilfe zur Selbsthilfe. Ich wünsche mir für Österreich Fairness, Gerechtigkeit und Wohlstand. Es ist nur fair und gerecht, wenn alle, die arbeitsfähig und arbeitswillig sind, ihren gesell­schaftlichen Beitrag leisten und auch arbeiten gehen – das bedeutet dann Wohlstand.


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In unserem Budget forcieren wir die Wiedereingliederung von arbeitsuchenden Perso­nen, mit der Coronajoboffensive investieren wir rund 700 Millionen Euro, beim Projekt Sprungbrett sind es 300 Millionen Euro. So sehr auch die Opposition unsere Maßnah­men hier im Parlament schlechtredet: Die Zahlen sprechen ganz klar eine andere Spra­che. Es ist schade, dass die Opposition kein gutes Wort über die Regierungsarbeit ver­liert. Ich denke, das ist eine von der Partei vorgegebene Hackordnung. Konstruktive Kri­tik schaut meiner Meinung nach anders aus. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Die Regierung hat sich in den letzten Monaten darum gekümmert, zahlreiche Menschen wieder in Beschäftigung zu bringen. FPÖ und SPÖ stellen in fast jeder Sitzung des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, so wie heute auch Kollegin Belakowitsch hier im Plenum, einen Antrag auf Erhöhung des Arbeitslosengeldes – vermutlich um Wähler zu gewinnen. Das ist unseriöse und populistische Politik. (Beifall bei der ÖVP.)

Genau deshalb, liebe SPÖ und liebe FPÖ, passt mein Vorschlag für euer politisches Motto, und ich rufe es für euch noch einmal in Erinnerung: Land der Berge, Land der Äcker, wer was arbeitet, hat einen Pecker! – Das kann es für Österreich und die arbei­tenden Menschen nicht sein. (Beifall bei der ÖVP.) Das ist weder fair noch gerecht und bringt auch keinen Wohlstand. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Heinisch-Hosek: ... die ar­beitslosen Menschen ... unfassbar ...! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Nun zur Kurzarbeit: Das ist unser gemeinsames Projekt aus der SPÖ-ÖVP-Regierungs­zeit. Ich bezeichne die Kurzarbeit als unser gemeinsames Kind aus unserer Regierungs­ehe. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Auch wenn wir jetzt nicht mehr verheiratet sind, kümmern wir uns weiterhin anständig und ordentlich darum, das ist unsere Ver­antwortung für Österreich (Beifall bei der ÖVP) – immer auch im Dialog mit den Sozial­partnern, weil mir als christlichsozialer Gewerkschafterin das sehr wichtig ist. Sollte es notwendig sein, sind auch für nächstes Jahr wieder 200 Millionen Euro im Budget für die Kurzarbeit veranschlagt. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun noch zur Senkung der Einkommensteuer: 2021 haben wir mit dem niedrigsten Steu­ersatz begonnen und die Steuern von 25 auf 20 Prozent gesenkt. 2022 sind nun die beiden mittleren Stufen an der Reihe – daher eine Senkung von 35 auf 30 und von 42 auf 40 Prozent. Die hohen Einkommen werden nicht entlastet. Für den Unternehmer ist es keine Mehrbelastung, weil er für den Arbeitnehmer nicht mehr bezahlen muss. Un­term Strich erhält der Staat weniger Steuereinnahmen über das Einkommen. Gestärkt wird jedoch die Kaufkraft der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die schon heuer je rund 350 Euro mehr zur Verfügung haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das nennt man Umwegrentabilität, denn, so hoffe ich doch, die meisten werden das Geld dann auch in Österreich ausgeben – zum Beispiel für Urlaub in Österreich oder für hochwertige österreichische Lebensmittel un­serer Bäuerinnen und Bauern –, und somit erhält der Staat wieder Steuern. Das ist ge­lebte Solidarität in Österreich.

Zum Abschluss: Dieses Budget ist in Zahlen gegossene arbeitnehmerfreundliche und ökosoziale Politik. Dieses Budget beschließen wir heute, und ich bin stolz darauf. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.59


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Peter Weidinger zu Wort. – Bitte.


12.59.32

Abgeordneter Peter Weidinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Liebe Zuseherinnen! Liebe


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Zuseher! Wir debattieren heute einen Budgetvoranschlag, der eine Entlastung von 18 Mil­liarden Euro für die Menschen in unserer Republik vorsieht.

Wir werden heute einen Beschluss fassen, durch den Arbeit noch mehr unterstützt wird, sodass die Menschen durch die Senkung des Einkommensteuertarifs und auch der Lohnsteuer mehr Geld davon haben, dass sie arbeiten gehen. Das ist gut so, denn das schafft Hoffnung, das schafft Perspektiven, und das schafft ein Einkommen zum Aus­kommen im Leben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Bundesminister Martin Kocher ist ein Garant dafür, dass nach wissenschaftlichen Stan­dards evidenzbasiert Vorschläge präsentiert und Initiativen gesetzt werden, die hier in diesem Haus beschlossen werden, um eine aktive Arbeitsmarktpolitik zu betreiben. Ich verweise darauf, dass am Höchststand der Pandemie 1,3 Millionen Menschen durch die Kurzarbeit in Beschäftigung bleiben konnten und ein Einkommen gefunden haben, was notwendig und richtig war, um die Menschen zu unterstützen, damit sie durch diese schwierige Phase kommen.

Wir setzen jetzt auch den nächsten Schritt: Die Coronajoboffensive ist eine Perspektive, die weit in die Zukunft hinausreicht und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf die Jobs vorbereitet, die wir heute benötigen und die morgen mehr werden: im Bereich von Green Tech, im Bereich von Fachkräften, im Bereich von vermehrtem Einsatz von Digita­lisierung und bei Ansiedelungen von Betrieben im ökologischen Bereich, die wir in Ös­terreich schaffen, weil die Wirtschaftsbeihilfen im Einklang mit einer aktiven Arbeits­marktpolitik greifen und funktionieren.

Gestatten Sie mir, meine Damen und Herren, einen wesentlichen Punkt anzuführen, den auch der Herr Bundesminister in seinem Beitrag hier hervorgehoben hat: Es ist wesent­lich, dass die Impfrate steigt. Damit senken wir auch die Zahlen der Arbeitslosen. Des­wegen, meine Damen und Herren: Machen Sie davon Gebrauch, setzen Sie den dritten Stich und überzeugen Sie auch Ihre Freunde an den Stammtischen, den ersten Stich zu setzen! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

In diesem Sinne: für Nachhaltigkeit, für Stabilität, aus Verantwortung für Österreich! (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.02


Präsident Ing. Norbert Hofer: Mir liegen keine Wortmeldungen dazu mehr vor.

Die Beratungen zu diesem Themenbereich sind somit beendet.


13.02.17UG 34: Innovation und Technologie (Forschung)

UG 41: Mobilität

UG 43: Klima, Umwelt und Energie

Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen jetzt zu den Untergliederungen 34: Innova­tion und Technologie (Forschung), 41: Mobilität, sowie 43: Klima, Umwelt und Energie. Hierüber findet eine gemeinsame Debatte statt.

Ich erteile nun Mag.a Dr.in Petra Oberrauner das Wort. – Bitte schön.


13.02.36

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Das Budget in diesem Bereich ist glücklicherweise etwas besser dotiert worden, weil es jetzt – und das ist sehr lobenswert – den Fonds Zukunft Öster­reich gibt, der ja mit 140 Millionen Euro für die Forschung hochdotiert ist. Es gibt zu­sätzlich Mittel aus dem Recoveryfund und die EU-Mittel über Ipcei, und diesbezüglich


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sind wir dann für diese Zeit einmal sehr gut aufgestellt. Ich möchte an dieser Stelle auch dem AWS, der FFG und auch den SAL stellvertretend für alle anderen für die gute Ab­wicklung dieser Förderungen danken. (Beifall der Abg. Niss.)

Wenn es aber um Forschung und Innovation geht, müssen wir uns auch ein bisschen anschauen, was der Input und was der Output in diesem Bereich ist, und da komme ich zum wirtschaftlichen Output. Wir haben noch immer ein Defizit, die Erkenntnisse aus der Forschung, auch der angewandten Forschung, in Businesscases, also in wirtschaftliche Betriebe und wirtschaftliche Maßnahmen, umzusetzen und damit Arbeitsplätze und Re­turn on Investment zu schaffen.

Diesbezüglich gibt es jetzt an den Universitäten für die Grundlagenforschung ein neues Förderprojekt, das Sparkling heißt, bei dem den Forschern gezeigt wird und sie dabei begleitet werden, wie sie aus dem, was sie erforscht haben, auch einen Businesscase machen können, aus dem dann eben Arbeitsplätze entstehen. Die Coronaimpfung ist ja ein wichtiges Beispiel dafür, denn die Sars-Forschung ist 30 Jahre alt, jetzt haben wir eine Impfung gebraucht, und das ist sehr schnell gegangen, weil man schon gewusst hat, was die Ergebnisse aus diesen Bereichen sind. Das würde ich mir auch für die an­gewandte Forschung wünschen, vor allem für die KMUs, die ja nicht die Möglichkeiten der Industrie haben. Die Auftragsforschung bringt ja dann wieder einen Input in diese Institutionen.

Was ist mit der Wertschöpfung in Österreich aus diesen Ergebnissen? – Wertschöpfung kann nur entstehen, wenn sozusagen in der Wirtschaft das ausgerollt wird, was erforscht wurde. Wir haben da ein Beispiel von der Johannes-Kepler-Universität, mit Sepp Hoch­reiter und seinem Team, der ein ausgewiesener Forscher ist und künstliche Intelligenz im mechanischen Lernen durch Tools, die jetzt Siri und auch Amazons Alexa verwenden, verstärkt hat. Vertreter von Amazon sind 2014 nach Kalifornien geflogen, nur um diesen Forscher kennenzulernen, ihm die Hand zu schütteln und ein Fest zu veranstalten, weil sie mit diesen Tools 1 Milliarde Euro umgesetzt haben, der Forscher selbst aber hat nur einen Händedruck erhalten und einen Mojito spendiert bekommen.

Ich wünsche mir, dass zukünftig von der Regierung so viel Risikokapital für angewandte Forschung zur Verfügung gestellt wird, dass es möglich ist, diese Dinge in Österreich zu machen und von Österreich aus auch zu verkaufen, und man auch über Beteiligungen des Staates an zukunftsreichen Firmen nachdenkt, aus denen Sie dann ja wieder aus­steigen können, durch die wir aber einen Return on Investment hätten.

Zum volkswirtschaftlichen Nutzen möchte ich auch noch einmal sagen: Wir sollten recht­zeitig, vom Kindergarten an, verstärkt in Mint-Fächer investieren, die Quote der Frauen ernst nehmen – 20 Prozent in Forschung und Entwicklung haben wir noch immer nicht erreicht –, und am Ende des Tages muss über allem eine digitale Souveränität stehen, die wir leider noch immer nicht erreicht haben. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Hermann Weratschnig. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.06.21

Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrter Herr Staatssekretär, an dieser Stelle herzlichen Dank für die Vertre­tung von Frau Bundesministerin Leonore Gewessler, die coronabedingt Kontaktperson ist und dementsprechend heute nicht teilnehmen kann!

Zum Thema Mobilität: Wenn wir in die Vergangenheit zurückschauen, sehen wir, dass der Verkehr seit den Neunzigerjahren in Österreich ungebremst wächst. Bis jetzt war das Rezept: Verkehr ist Leben, und dem hat sich alles unterzuordnen. Wenn es Platz


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braucht, ist Platz zu schaffen, ist zu bauen, ist zu fördern. Werte Abgeordnete, wir arbei­ten gemeinsam an einer Trendwende, an einer Trendumkehr in Richtung Mobilitäts­wende für eine nachhaltige Mobilität, leistbar für alle.

Der Mensch ist sesshaft geworden, und heute sitzen elf Leute in zehn Autos – ein Beset­zungsgrad von 1,2. Die Mobilität hat sich also sehr stark, sehr rasant entwickelt, und es gibt, was Mobilität betrifft, einen unverhältnismäßigen, überbordenden Verbrauch ohne Regeneration. Dieser Verbrauch gefährdet unseren Planeten, gefährdet letztendlich den sozialen Frieden.

Dieser Ausdruck von Verhalten, sich nämlich freiwillig in stundenlange Staus zu stellen, zerstört Möglichkeiten, werte Abgeordnete, hemmt Mobilität und verbraucht Ressourcen ohne große Wertschöpfung. Wir wollen mit ganz wichtigen und markanten Punkten im Budget 2022 eine Mobilitätswende aufzeigen. Wir wollen vor allem Freiheiten aufzeigen, wir wollen neue Maßstäbe für mehr Zeit, für Entschleunigung, aber auch für den Klima­schutz setzen, und dafür gilt ein Grundsatz: der Grundsatz vermeiden, verlagern und ver­bessern. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schmuckenschlager.)

Corona hat uns, glaube ich, gezeigt und zeigt uns, wie wichtig Homeoffice ist, und auch, welche Chancen uns Homeoffice geben kann. Vielleicht gibt es zukünftig, auch ohne Corona, einen Tag in der Woche – ich weiß, nicht in allen Branchen ist das möglich, aber es hat in vielen Branchen großes Potenzial. Das vermeidet Verkehr: Studien sagen, 5 bis 10 Prozent der Verkehrswege. Zeiteinteilung ist da sehr wichtig.

Damit der Umstieg attraktiver wird, braucht es natürlich auch andere Scharniere. Das Klimaticket steht an allen Ecken und Enden im Budget und ist auf Schiene. 130 000 ver­kaufte Klimatickets, werte Abgeordnete – das ist eine Erfolgsgeschichte, so wollen wir das. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Jeitler-Cincelli.)

Vermeiden bedeutet natürlich auch, Bus und Bahn auszubauen, Potenziale zu prüfen, auch wenn es sich um Nebenbahnen handelt. Ich bringe Ihnen als Beispiel Niederöster­reich und die Steiermark, wo wir, glaube ich, in Zukunft genauer hinschauen sollten, was in der Vergangenheit passiert ist und welche Potenziale es für die Zukunft gibt, wenn es darum geht, wichtige Schienenwege neu zu bewerten, vielleicht auch so manche stillge­legte Gleise wieder aufzusperren und Mobilität anzubieten. Vermeiden braucht Möglich­keiten, braucht Angebot, braucht Anreiz und Bewusstsein.

Das Zweite ist ein ganz wichtiger Bereich, und zwar der Bereich Verlagern. Das steht im Budget mit der Förderung von Privatbahnen, Anschlussgleisen, Terminals, Schienen­mautförderung, allem rund um das Thema Kostenwahrheit. Kostenwahrheit ist über­haupt der Schlüssel in der Mobilitätsfrage. Kostenwahrheit fördert auch den ländlichen Raum, fördert unsere regionalen Wirtschaftskreisläufe. Verlagern bedeutet natürlich auch Klimaticket.

Zum letzten Punkt: Verbessern. Verbessern kommt, glaube ich, ganz stark beim Thema Dekarbonisierung, Umstieg auf Elektromobilität zum Ausdruck. Dort, wo Elektro nicht möglich ist, gibt es den Ausbau und die Forschung in anderen alternativen Bereichen. Die Zukunft der Straße ist auf jeden Fall elektrisch.

Technologieoffenheit, ja, das bedeutet für uns, dort, wo es effizient ist, dort, wo es nach­haltig ist, auch die richtige Technologie einzusetzen. Das ist ganz unterschiedlich. Das wird im Luftverkehr anders sein als im Schiffsverkehr, wir wissen aber, dass die Elektro­mobilität im Individualverkehr auf der Straße sehr stark sein wird. Wir haben hier im Bud­get einen Ansatz von 167 Millionen Euro, davon 50 Prozent für Busse und Nutzfahrzeu­ge. Das ist ein ganz wichtiger Bereich.

Zusammengefasst: Vermeiden, verlagern und verbessern – dafür steht dieses Budget, es setzt Punkte des Regierungsübereinkommens um. Ganz wichtig: Die Trendwende für


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den Klimaschutz ist und bleibt die Mobilitätswende. Arbeiten wir gemeinsam daran! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.11


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Dipl.-Ing. Gerhard Deimek. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.11.54

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär, Sie sind wieder einmal der Adressat meines Redebeitrags, Sie werden das aber sicher der Frau Bundesminister ausrichten. Grundsätzlich geht es ja ohnehin um die gesamte Bundesregierung, denn die Bundesregierung – und konkret die Frau Bundesminister – hat versprochen, das Ziel, Österreich zu einer führenden Innovationsnation zu machen, nicht aus den Augen zu verlieren.

Nicht aus den Augen verlieren ist gut. Das Problem ist leider, dass wir nicht zu den In­novationleadern, zu den Vorderen in diesem Bereich aufschließen, sondern bei den In­novationfollowern noch weiter zurückfallen. Das ist nicht nur eine Geldfrage, sondern das ist auch eine Frage des Einsatzes der Mittel. Genau dort haben wir unsere Pro­bleme.

Österreich ist jetzt in einer angespannten Situation. Es gibt ein großes Gesundheitspro­blem mit sämtlichen Auswirkungen auf die Wirtschaft, die Bildung, die Wissenschaft und so weiter. Was passiert? Was könnte man von einer Forschungsnation erwarten? – Dass sie nicht im Trial-and-Error-Modus weiterverfährt, sondern dass man sich mit den Wis­senschaftern zusammensetzt und beispielsweise Begleitforschung betreibt, um zu wis­sen, was wirklich hilft und was nicht hilft.

Das ist genau der Grund dafür, warum ich heute folgenden Entschließungsantrag ein­bringe, der da lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Raus aus dem Covid-Maßnahmen-Blindflug durch Forschung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie wird aufgefordert, die notwendigen budgetären Mittel für eine interdisziplinäre Corona-Begleitforschung rasch zur Verfügung zu stellen.“

*****

Dass das nicht irgendeine Rederei ist, sondern dass das konkret und faktenbasiert ist, haben wir – und mit „wir“ meine ich die Forschungssprecher der Oppositionsparteien – den Regierungsparteien schon öfters nähergebracht. Offenbar sind aber noch immer Inserate und PR-Maßnahmen wichtiger als alles andere, und Österreich leidet weiter.

Nächstes Kapitel im Bereich der Forschung und Technologie: der Weltraum. Die öster­reichische Weltraumindustrie ist jetzt wirklich schon an etlichen Projekten der ESA be­teiligt. In Zukunft wird sich genau diese Branche verstärkt kommerzialisieren und damit neue Geschäftsmodelle entwickeln und natürlich auch neue Umsätze und größere Um­sätze erwirtschaften können. In der Weltraumstrategie ist das beschrieben. Was wir aber noch brauchen und wo es hapert, ist die Anschubfinanzierung, nicht eine Dauerfinanzie­rung bei grünen Imageprojekten, sondern eine Anschubfinanzierung, damit sich die Fir­men in das Thema hineinarbeiten können. – Machen wir nicht!


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Herr Staatssekretär, bitte, wieder zum Weitergeben: Ich fordere Sie wirklich auf, die Fi­nanzierung des für die österreichische Wirtschaft bedeutenden Bereichs des New Space im Rahmen der ESA-Wahlprogramme, des Boost!-Programms, die Mittel in Höhe von 15 Millionen Euro sicherzustellen. Die österreichische Weltraumwirtschaft braucht das! Wir sind erfolgreich, aber wir wollen auch erfolgreich bleiben!

Da wir schon so halb beim Verkehr sind, jetzt wirklich zum Verkehr: Gestern konnte man sich hier ja bei verschiedenen Untergliederungen Aussagen über den Erfolg des Klima­tickets anhören. – Gut, ist ein Erfolg, ist auch ein Erfolg der Verbünde, die sich daran beteiligen. Man konnte gestern von Kollegin Neßler hören, sie hoffe darauf, dass sich möglichst viele Familien an den Wochenenden oder in den Ferienzeiten in die österrei­chischen Tourismusorte begeben und dafür das Klimaticket verwenden.

Theoretisch kann man das immer hoffen. Wie schaut es in der Praxis aus? – Die Ös­terreichcard für die Familien, die Österreichcard Familie, kostete 3 200 Euro für die erste Klasse und etwa 2 100 Euro für die zweite Klasse. Früher hatte noch jedes Kind ein Ticket, jetzt müssen sie einzelne Tickets kaufen. Sie sind limitiert. Das Klimaticket Fami­lie für die erste Klasse kostet 5 400 Euro pro Jahr und auch jenes für die zweite Klasse ist um etliche Hundert Euro teurer als die Österreichcard. Also teurer werden und das als Erfolg für die Familien verkaufen wollen, das geht nicht! Mehrere Tausend Euro wird keine Familie einfach so rausbeuteln. Das ist halt nur ein Imageprojekt gewesen und leider nicht mehr.

Wir bleiben weiterhin beim Verkehrsthema, und zwar – infolge der ganzen grünen Ver­kehrspolitik –: NoVA und Treibstoffabgaben. Es wird immer gesagt, das werde alles so­zial abgefedert und außerdem habe man ohnehin das Klimaticket. Was ist mit den Pend­lern, die kein öffentliches Verkehrsmittel benutzen können, die jetzt schon den soge­nannten großen Verkehrsabsetzbetrag in Anspruch nehmen? – Die lassen wir im Regen stehen, ist eh ganz klar! Das sind die, die nicht an einer Busstrecke wohnen, die nicht in der Nähe einer Straßenbahn wohnen. Das sind die, die leider nicht an der U-Bahn oder an der Bahn wohnen. Sie werden doppelt bestraft, indem sie sich schon teurere Fahr­zeuge kaufen müssen und indem sie noch zusätzlich teureren Treibstoff tanken müssen. Das ist offenbar die Pendler- und Familienpolitik der aktuellen Bundesregierung. Ich will jetzt nicht spekulieren, welche Partei dahintersteht, aber das ist unerträglich für die Ös­terreicherinnen und Österreicher.

Da sind wir schon mitten in der Untergliederung Umwelt. Ich beginne mit einem Zitat aus der „Frankfurter Allgemeinen“: „Saudi-Arabien kündigt über eine Milliarde Dollar“ an In­vestitionen für Initiativen für saubere Kraftstofftechnologien an. – Vollkommen richtig. Kronprinz Mohammed bin Salman hat das kurz vor der Konferenz in Glasgow bekannt gegeben.

Was machen die Saudis? – Um etliche hohe Beträge werden sie in Fotovoltaik und an­dere Energiequellen investieren, um E-Fuels zu erzeugen. Das hat die Saudi Aramco schon lange angekündigt. Man hat in Richtung Europa gesagt: Die europäischen Länder werden doch hoffentlich nicht so naiv sein, zu glauben, dass sich die Erdöl fördernden Länder dieses Geschäft aus der Hand nehmen lassen! Zu diesem Zweck gibt es E-Fuels, sie werden sie fertig erforschen, sie werden sie in großen Mengen produzieren und nach Europa exportieren – bei uns: importieren.

So. Und was macht Europa? Was macht konkret Österreich? – Die Frau Bundesminis­terin ist führend dabei, bis 2030 oder vielleicht sogar noch früher den Verbrennungsmo­tor zu verbieten. Jetzt frage ich mich: Warum sollte ein CO2-neutraler Verbrennungsmo­tor mit E-Fuels verboten werden? Warum? Das weiß die Frau Ministerin nicht und das wissen alle anderen Klimafetischisten auch nicht. Technologieneutralität fördert den Wettbewerb der Forschung in allen Bereichen.


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Ich beende daher meinen Redebeitrag mit den Worten von Prof. Cocca von der JKU in Linz: „Klimapolitik ist Geopolitik“. Ohne die USA, China und die Erdöl exportierenden Länder wird es keine Lösung geben. „Dieser Weg wird keinesfalls durch Versuche, sich als [...] Musterschüler hinzustellen, oder durch“ irgendwelche „Verbalrandale erleichtert werden. Seien wir ehrlich zu den Fridays-for-Future-Kindern: Es wird darum gehen, rea­listische und umsetzbare Ziele zu finden, welche mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit weit weniger ambitioniert sein werden, als den radikalen Planetenrettern lieb ist. Aber lieber ein gemeinsam getragener Klimarealismus als nie umgesetzte Ökoromantik.“ – Das ist der Umweltschutz mit Hausverstand, wie ihn Kollege Rauch üblicherweise von hier aus protegiert.

Frau Bundesministerin, Herr Staatssekretär, kommen Sie mit Ihrer Politik zurück auf den Weg des gemeinsamen Realismus! (Beifall bei der FPÖ.)

13.20

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek

und weiterer Abgeordneter

betreffend Raus aus dem Covid-Maßnahmen-Blindflug durch Forschung

eingebracht in der 129. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 17. November 2021 im Zuge der Debatte zu TOP 4, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungs­vorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) – UG34

Seit März 2020 drangsaliert die schwarz-grüne Bundesregierung die Bevölkerung mit Covid-Zwangsmaßnahmen, die sich als nicht besonders effektiv herausgestellt haben. Statt intensiv zu forschen, welche Maßnahmen sinnvoll sind und welche nicht, offenbarte der ÖVP-Staatssekretär im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobi­lität, Innovation und Technologie im Budgetausschuss am 10.11.2021, dass seitens des Ministeriums keine Fördermittel für Corona-Begleitmittel zur Verfügung gestellt werden.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie wird aufgefordert, die notwendigen budgetären Mittel für eine interdisziplinäre Corona-Begleitforschung rasch zur Verfügung zu stellen.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun unser Kollege Johannes Schmu­ckenschlager. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Abgeordneter Deimek, Sie haben den Antrag nicht eingebracht. Ich gehe davon aus, dass der nächste Redner den Antrag einbringen wird.

Bitte, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 544

13.20.53

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatsse­kretär! Ich muss Sie leider korrigieren, Herr Präsident: Der nächste Redner wird den Antrag nicht einbringen (allgemeine Heiterkeit), vielleicht aber der nächste Redner der Fraktion. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Es freut mich aber sehr, wenn hier von einem Vertreter der freiheitlichen Fraktion ein Plädoyer für Innovation, Forschung und Wissenschaft gehalten wird, denn das nährt die Hoffnung, dass nicht alle den Thesen der Herbert-Kickl-Pferdeakademie verfallen sind. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

Geschätzte Damen und Herren! Umwelt, Verkehr und Energie sind, glaube ich, im gro­ßen Klimaressort bestens aufgehoben, sodass wir diese Querschnittsmaterien beisam­men haben. Das große Ziel der Reduktion von CO2, um die Klimaerwärmung zu redu­zieren, eint uns nämlich in allen Gesellschaftsbereichen.

Wir haben heute ein Wirtschaftssystem, das stark darauf aufgebaut ist, dass wir mit fos­silen Energieträgern arbeiten. Auch der Wohlstand Europas ist seit Jahrzehnten auf die­sen fossilen Energieträgern aufgebaut. Die Zukunft und mittlerweile auch die Gegenwart zeigen uns aber, dass wir dieses System umgestalten müssen. Das fordert aber viel von uns allen.

Mit Fit for 55 hat die Europäische Union ja ein Ziel vorgegeben. Wir haben auch ein sehr ambitioniertes Ziel, nämlich mit 2040 in Österreich komplett klimaneutral unterwegs zu sein. Diese Ziele müssen wir aber erreichen, um, wie es auch vorhin genannt wurde, zu „radikalen Planetenrettern“ zu werden. Ich glaube, das sollten wir alle als Ambition ha­ben, denn wir haben nun einmal nur diesen einen Planeten. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Abg. Shetty.)

Das heißt aber, dass wir volkswirtschaftlich und gesellschaftlich vieles bewegen müssen. Klimapolitik ist heute Standortpolitik, ist Gesellschaftspolitik, ist Sicherheitspolitik. Gera­de bezüglich Sicherheitspolitik erkennen wir das momentan sehr stark. Wir haben eine Energiekrise, eine Teuerung, die darauf zurückzuführen ist, dass gewisse Länder politi­sche Ambitionen in Europa mit dem Rohstoff der Energie begründen wollen. Wir müssen es uns schon vor Augen halten: Wenn Putin in Russland abdreht, wird es in Europa finster, und das ist auch eine politische Abhängigkeit, der wir mit der Klimapolitik entge­gentreten müssen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Die Bundesregierung macht das mit der ökosozialen Steuerreform. Dabei schauen wir auf sozialen Ausgleich, zum Beispiel mit dem Klimabonus. Wir versuchen, die Themen Mobilität, Verkehr neu aufzugreifen. Die Raumwärme ist ein Riesenthema. Der Kessel­tausch in der Umweltförderung fürs Inland ist wieder höher dotiert, damit auch die Mög­lichkeit besteht, daran teilzunehmen. Vor allem stellt sich in der Mobilität die Frage: Wie können wir da Technologieoffenheit halten?

Wir haben ein umfangreiches Paket im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz. Wir müssen, bitte, die Verordnungen auf den Weg bringen. Das ist, glaube ich, der Auftrag fürs Minis­terium, und ich bin dankbar, dass es mit dem Staatssekretär im Ministerium kompetente Unterstützung gibt. Der Bereich Energie und Umwelt ist derartig umfangreich, dass in der vollen Breite der Regierungsfraktionen daran gearbeitet wird, damit wir diese Schritte recht bald auf den Weg bringen, sodass die Wende in unserem Land, in Europa, den gesamten Planeten zu erhalten, auch gelingt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Bevor sich Kollege Bernhard meldet, darf ich Herrn Kollegen Deimek mitteilen, dass die rechtlichen Voraussetzungen für das Einbringen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 545

eines Antrages erfüllt sind, womit dieser Antrag ordnungsgemäß eingebracht ist und auch mit in Verhandlung steht.

Bitte, Herr Abgeordneter.


13.24.36

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Das Um­weltbudget in der UG 43 hat – und da möchte ich jetzt vielleicht ein bisschen überra­schen – Licht und Schatten. Es ist tatsächlich so, dass sich, wenn man sich die Entwick­lung des Umweltbudgets in den letzten Jahren anschaut, zeigt, dass es sich in den letz­ten zwei Jahren in vielen Teilbudgets in die richtige Richtung entwickelt hat.

Ich möchte da auch positiv herausheben, dass wir, wenn es um die thermische Sanie­rung, um den Raus-aus-dem-Öl-Bonus, um energieautarke Bauernhöfe und viele andere konkreten Maßnahmen geht, die sozusagen in eine klimaneutrale Zukunft einzahlen, sehr wohl Bemühungen im Ressort und auch von mindestens einer Regierungsfraktion sehen (Ruf bei der ÖVP: Aber hallo!) – welche Regierungsfraktion, das darf sich jetzt jeder selbst überlegen. (Beifall bei den NEOS. – Staatssekretär Brunner: Bei uns ist es klar, ja! – Heiterkeit des Redners. Zwischenruf bei den Grünen.)

Es gibt aber auch Schatten, und das ist der Grund, warum wir dem Budget nicht zustim­men können. Das möchte ich auch inhaltlich begründen. Wie den Kollegen hier bekannt ist, haben wir ein eigenes Modell für die Ökologisierung der österreichischen Steuerland­schaft vorgelegt. Darüber kann man vortrefflich streiten. Wir sind aber der Meinung, dass ein ganz grundsätzliches Prinzip von der Regierung nicht eingehalten worden ist, näm­lich dass wir grundsätzlich den Weg wählen, dass wir weniger Steuern, weniger Abgaben einnehmen und nicht als Regierung, als Politik den Menschen mittels Bonus etwas zu­rückgeben. Das hat für uns etwas Bevormundendes. (Zwischenruf bei den Grünen.)

Unser zentrales Anliegen ist, generell von der Besteuerung auf Arbeit wegzugehen und in die Besteuerung auf Ressourcen, auf Umweltverschmutzung hinzuwirken. Das ist das zentrale Element. Der Klimabonus verfälscht aus diesem Grund massiv das Umwelt­budget, weil er nämlich suggeriert, dass das Budget um einen großen Betrag ansteigt. In Wirklichkeit ist es aber nur eine Rückverteilung von Steuern, die vorher schon den Menschen abgeknöpft worden sind.

Es ist tatsächlich auch so – ein zweiter Punkt, und das ist ganz wichtig –, dass es ver­schiedene Elemente gibt, die in dieser Ökologisierung des Steuersystems einfach ver­passt worden sind. Wir können jetzt darüber diskutieren, ob der CO2-Preis zu hoch oder zu niedrig ist, da wird dann der Redner nach mir sicherlich gute Worte finden. Wir als NEOS glauben, dass er bedeutend zu niedrig ist. Wesentlich ist aber, dass wir sagen: Es ist eine Chance verpasst worden.

Wir haben nämlich 2018 ein Steuermodell vorgelegt, bei dem wir gesagt haben, wenn wir jetzt den CO2-Preis wirklich sukzessive auf 350 Euro anheben und gleichzeitig an­dere umweltbezogene Steuern und Abgaben abschaffen, dann ergibt sich ein Lenkungs­effekt. Wenn man auf den heutigen Preis schaut – die fossile Energie ist einfach teurer geworden –, dann sieht man, der Preis, den wir damals vorgeschlagen haben, ist heute ohnehin Realität, nur sind aber die steuerlichen Maßnahmen, die wir auf der anderen Seite gehabt hätten, nämlich die Reduktion der Mehrwertsteuer, Reduktion auf Arbeits­einkommen, also bei der Einkommensteuer, bei den Lohnnebenkosten, nicht passiert. Das heißt: Hätte man uns damals zugehört und dem Gesagten Bedeutung geschenkt, dann hätten die Leute heute einfach mehr Geld im Börsel.

Dazu möchte ich auch einen Antrag stellen, ganz konkret zum CO2-Preis:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 546

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung einer ambitionierteren CO2 Bepreisung bei gleichzeitiger Steuerentlastung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, den in der Steuerreform angesetzten CO2 Preis entsprechend der Empfehlungen der klimapolitischen Expert_innen deutlich zu erhöhen, um einen klaren ökologischen Lenkungseffekt zu erziehlen. Eine solche CO2-Beprei­sung muss aufkommensneutral sein, das heisst gleichzeitig hat eine entsprechende steuerliche Entlastung von Bürger_innen und Unternehmen zu erfolgen.“

*****

Ganz wichtig – wenn jetzt von grüner Seite das Argument kommt, was die NEOS quasi alles anders fordern –: Hier liegt ein Antrag zu dem, was die Klimaforschung fordert, und nicht dazu, was die NEOS fordern, am Tisch. Dementsprechend bitte ich um eine entsprechende Unterstützung.

In diesem Zusammenhang darf ich auch einen zweiten Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung des Dieselprivilegs“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Zuge der vorliegenden Steuerreform die steuerliche Begünstigung des Diesels gegenüber Benzin aufzuheben.“

*****

Auch das ist ein ganz wichtiger Punkt, der in den Verhandlungen zwischen ÖVP und Grünen verloren gegangen ist. Es gibt Werkzeuge, mit denen wir innerhalb kürzester Zeit unsere Emissionen bedeutend reduzieren könnten, damit wir wieder Richtung Kli­maneutralität 2040 gehen. Diese Werkzeuge wurden im letzten Jahr nicht ausreichend genutzt, und das sagen nicht nur die NEOS, sondern das sagt eine wesentlich breitere Allianz. Sie haben heute die große Chance, in Korrektur zu gehen, das Dieselprivileg abzuschaffen und den CO2-Preis zu erhöhen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

13.29

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Michael Bernhard, Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Einführung einer ambitionierteren CO2 Bepreisung bei gleichzeitiger Steuer­entlastung

eingebracht im Zuge der Debatte in der eingebracht im Zuge der Debatte in der 129. Sit­zung des Nationalrats über den Bericht des Budgetausschusses über TOP 4: Bundesge­setz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzge­setz 2022 - BFG 2022) (1157 d.B.) samt Anlagen – UG 43


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 547

Eine grundlegende Ökologisierung des Steuersystems, welche eine sektorübergreifende Besteuerung von klimaschädlichen Emissionen sowie eine deutliche Entlastung des Faktors Arbeit beinhaltet, könnte einen entscheidenden Beitrag zur Erreichung der öster­reichischen Klimaziele leisten und umweltfreundliches Handeln von Bürger_innen und Unternehmen fördern. Die positiven Auswirkungen einer CO2 Steuer werden nicht nur von einer Vielzahl von Expert_innen und Organisationen betont (unter anderem WIFO, Weltbank, IWF, zahllosen Umweltorganisationen sowie ein internationaler Zusammen­schluss von über 3500 Ökonom_innen inklusive zahlreicher Nobelpreisträger_innen), sondern werden auch durch das erfolgreiche Beispiel Schweden unterstrichen, wo eine merkliche Senkung der Emissionen trotz positiver Wirtschaftsentwicklung erreicht wurde.

Die von der Bundesregierung vorgelegte Steuerreform bringt weder die versprochenen Entlastung der Bürger_innen weil man auch diesmal bewusst darauf verzichtete, die Kalte Progression abzuschaffen. Die Kalte Progression führt jedoch dazu, dass sich die Bürger_innen ihre für 2022 im Rahmen der Steuerreform angekündigte Entlastung de facto vorfinanzieren.

Gleichzeitig ist der CO2 Preis zu niedrig, um den notwendigen Lenkungseffekt zu ent­falten. Während Expert_innen grundsätzlich eine CO2 Bepreisung ab etwa 100€ pro Tonne für das Minimum halten und auch der CO2 im ETS Emissionshandel bereits diese Größenordnung eingenommen hat, ist der in der Steuerreform geplante Einstieg bei 30€ im Juli 2022 und schrittweise Anstieg um 5€ pro Jahr bis 2025 komplett unzureichend. Gerade im Mobilitätsbereich, wo der höchste klimapolitische Handlungsbedarf besteht entspricht dieser Preisanstieg auf den Liter Benzin gerechnet den marktüblichen Preis­schwankungen. Es braucht also einerseits eine ambitioniertere aufkommensneutrale CO2 Bepreisung entsprechend der Empfehlungen sämtlicher Expert_innen - sowie zeit­gleich eine deutliche Entlastung für Menschen und Unternehmen, vor allem in Form einer Senkung der Lohn- und Einkommenssteuern und der Lohnnebenkosten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, den in der Steuerreform angesetzten CO2 Preis entsprechend der Empfehlungen der klimapolitischen Expert_innen deutlich zu erhöhen, um einen klaren ökologischen Lenkungseffekt zu erziehlen. Eine solche CO2-Beprei­sung muss aufkommensneutral sein, das heisst gleichzeitig hat eine entsprechende steuerliche Entlastung von Bürger_innen und Unternehmen zu erfolgen."

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Michael Bernhard, Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Abschaffung des Dieselprivilegs

eingebracht im Zuge der Debatte in der 129. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Budgetausschusses über TOP 4: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes­voranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 - BFG 2022) (1157 d.B.) samt Anlagen – UG 43

Die im österreichischen Steuersystem verankerte steuerliche Begünstigung des Diesels ist im Jahre 2021 aus ökologischer und klimapolitischer Sicht nicht mehr rechtfertigbar.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 548

Laut Umweltbundesamt werden in Österreich durch Treibstoffexport allein 2020 Emis­sionen in der Höhe von etwa 5 Millionen Tonnen CO2 verursacht (also mehr als 20% der vom Verkehrsektor insgesamt verursachten CO2-Emissionen), wovon ein Großteil auf den im internationalen Vergleich geringen Dieselpreis zurückzuführen ist. Dieser Status Österreichs als "Billigtankstelle Europas" führt dazu, dass Transitverkehr durch Öster­reich unnötig verstärkt wird. Die steuerliche Begünstigung von Dieseltreibstoff hat abge­sehen von den CO2 Emissionen weitere umweltpolitische Nachteile: So sind Dieselmo­toren überproportional für Luftverschmutzung durch Stickoxide und Feinstaub verant­wortlich, welche erhebliche negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben und für tausende Atemwegserkrankungen mitverantwortlich sind. Vor allem für Kinder, Schwan­gere und ältere Menschen ist die dadurch verursachte gesundheitliche Belastung erheb­lich.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Zuge der vorliegenden Steuerreform die steuerliche Begünstigung des Diesels gegenüber Benzin aufzuheben."

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Beide Anträge sind ordnungsgemäß eingebracht und stehen somit auch mit in Verhandlung.

Nun gelangt Herr Kollege Lukas Hammer zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.29.41

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatsse­kretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, der Verkehr ist in der Klimapolitik unser ab­solutes Sorgenkind. Seit 1990 sind die CO2-Emissionen, statt zu sinken, um 75 Prozent gestiegen. Das heißt, wir haben hier in den letzten Jahren eine komplett falsche Ent­wicklung. Was ist daher unser Ansatz?

Der Ansatz ist, dass wir – und ich glaube, da sind wir uns alle einig – leistbare Alterna­tiven zum Auto schaffen müssen. Was heißt das? – Öffis ausbauen, Öffis billiger machen und den Fuß- und den Radverkehr fördern. Genau das machen wir auch: Wir haben Rekordbudgets für den Öffiausbau, wir haben das Klimaticket, mit dem wir die öffentli­chen Verkehrsmittel billiger machen, wir haben ein Rekordbudget für den Ausbau von Fuß- und Radwegen. Wir schaffen leistbare, bequeme und umweltfreundliche Alternati­ven zum Auto.

Wenn schon Autos auf den Straßen sind, wenn Autos gekauft werden, dann möglichst CO2-arme oder CO2-freie Autos. Wie machen wir das? – Kollege Weratschnig hat es schon erwähnt: Es gibt einerseits ein sehr großes Budget für den Ankauf von Elektro­autos und andererseits die sozialökologische Steuerreform, und diese hat ja nicht erst jetzt begonnen, sondern sie hat ja schon letztes Jahr mit der Ökologisierung der NoVA begonnen.

Was haben wir da gemacht? – Wir haben sozusagen eine CO2-Differenzierung einge­führt, dass es schon einen sehr großen Anreiz beim Kauf gibt, CO2-sparende Autos zu kaufen, und die allergrößten Stinker werden richtig teuer. Für einen Audi Q7 – das ist eines der Autos mit dem höchsten CO2-Ausstoß – wird man im Jahr 2024 40 000 Euro NoVA zahlen müssen. (Beifall bei den Grünen.)  Ich weiß, da kriege ich nur von meiner Fraktion Applaus.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 549

Auf der anderen Seite, und das machen wir dieses Jahr, führen wir einen CO2-Preis ein, der mit der Zeit immer höher wird, der ansteigen wird, und ich bin sehr stolz darauf, dass wir das geschafft haben. Immerhin haben ÖVP, SPÖ und natürlich FPÖ vor der letzten Wahl gesagt, dass sie gegen eine nationale Einführung eines CO2-Preises sind. Wir ha­ben uns trotzdem geeinigt. Ich glaube, wir haben einen sozial sehr verträglichen Weg gefunden.

Die NEOS sind die einzige Fraktion, die auch schon immer gesagt hat: Ja, wir wollen einen CO2-Preis einführen! Ihr habt uns auch relativ stark dafür kritisiert, dass der CO2-Preis, den wir jetzt einführen, wenig Lenkungswirkung hat und dass der CO2-Preis zu niedrig ist. Ich gebe völlig offen zu: Mir wäre ein höherer CO2-Preis mit einer größeren Lenkungswirkung natürlich auch lieber gewesen. (Ruf: Noch höher?)

Ihr verweist dann immer gerne – so wie du das auch jetzt gemacht hast, Kollege Bern­hard – auf euer Modell eines energiepolitischen Steuerpakets. Schauen wir uns das ein­mal an! Du hast es schon erwähnt: Nach eurer Vorstellung soll der CO2-Preis auf 350 Euro pro Tonne steigen. Er steigt langsam, aber nehmen wir einmal an, 2024 wäre er schon auf 350 Euro. Im Gegenzug aber wollt ihr fast alle Umweltabgaben und Umwelt­steuern abschaffen: die NoVA, die motorbezogene Versicherungssteuer und die MÖSt. – Gut. Wenn wir uns das anschauen, wenn wir dann die realen CO2-Preise vergleichen und das auf den Dieselpreis umrechnen, dann wäre mit eurem Modell der Dieselpreis 2024 um 38 Cent pro Liter höher – also mehr Anreiz, mehr Lenkung als mit unseren Maßnahmen.

Das Problem bei der ganzen Geschichte ist: Euren höheren CO2-Preis würde ein Auto­fahrer niemals spüren, weil er sich beim Kauf durch den Wegfall der NoVA und dann später durch den Entfall der motorbezogenen Versicherungssteuer so viel Geld spart; er hat, auch wenn er das Auto dreimal zu Schrott fährt, am Schluss immer noch mehr Geld, weil er sich beim Kauf so viel gespart hat.

Ich habe mir ein konkretes Beispiel angeschaut, weil ich das genauer wissen wollte. Das könnt ihr auch nachrechnen, ich gebe euch nachher gerne die Zahlen. Für einen VW Tiguan, eines der meistgekauften Autos in Österreich, zahlt man im Jahr 2024 3 322 Euro NoVA, und dann muss man jedes Jahr knapp über 1 000 Euro motorbezogene Versicherungs­steuer zahlen. Er hat einen Verbrauch von 6 Litern pro 100 Kilometern, das heißt, man zahlt bei eurem Modell 2,3 Euro mehr pro 100 Kilometern. Allein durch den Entfall der NoVA spart man sich bei eurem Modell so viel, dass man mit dem Tiguan 145 000 Ki­lometer fahren könnte. Das sind bei einer durchschnittlichen Fahrleistung elf Jahre. Das heißt, man fährt elf Jahre quasi umsonst. In diesen elf Jahren fällt aber auch noch mo­torbezogene Versicherungssteuer in der Höhe von 11 500 Euro an. Wenn man das zu­sammenrechnet, kommt man schon auf 652 000 Kilometer, die man mit eurem Modell fahren könnte, ohne dass der Preis irgendeine Lenkungswirkung hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ihr schafft mit eurem Modell – wir können das gerne auch diskutieren – einen massiven Anreiz dazu, sich die allergrößten Stinker zu kaufen, weil es einem vollkommen egal sein kann, wie hoch der CO2-Preis ist. (Abg. Bernhard: Geh bitte, Lukas!) Das Absurde ist, weil wir die NoVA reformiert haben und beim Kauf der allergrößten Stinker eine sehr hohe NoVA zu bezahlen sein wird, die nach eurem Modell entfällt: Euer System produ­ziert einen Anreiz, möglichst große, möglichst viel CO2 ausstoßende Autos zu kaufen. Ihr gebt vor, ein klimapolitisches Steuermodell zu haben, aber ihr gebt den Leuten ei­gentlich eine lebenslange Tankkarte. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist das, was wir in der Diskussion immer wieder vergessen, wenn wir über den CO2-Preis sprechen. Ein CO2-Preis ist wichtig, auch im Bereich Mobilität, weil er eine Len­kungswirkung hat – ja, ich gebe zu, ich hätte auch gerne mehr Lenkungswirkung –, aber


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 550

er ist eben nicht alles. Wir haben einen anderen Weg gewählt, wir sagen: Ja, diese Len­kungswirkung muss schon beim Kauf gegeben sein, das heißt auch mit der NoVA. Wir haben die NoVA ökologisiert, wir haben einen CO2-Preis eingeführt, das ist auch in die­sem Budget enthalten. Alles andere hilft vielleicht bei der Profitmaximierung von Auto­konzernen, aber sicher nicht dem Klima. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

13.36


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Kollege Alois Stöger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.36.35

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Jetzt muss ich fast meine Rede umdrehen. Lukas Hammer hat das so kompliziert erklärt, dass es eh niemand verstanden hat, aber in Wirklichkeit ist es ganz einfach. (Ruf bei der ÖVP: Na so schwierig war es auch nicht! – Abg. Lukas Hammer: Ihr habt das noch nie verstan­den! Das ist ja das Problem!)

Mit Steuerpolitik kann man diese Situation nicht ändern, sondern mit einem Angebot kann man sie ändern, und da bin ich ja eigentlich von den Grünen nicht so weit weg. Wenn ihr es schafft, dass man am Land entsprechende öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung hat, dann werden die Leute freiwillig umsteigen, weil es viel angenehmer ist, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, als mit der Autokraxen herumzufahren.

Zweitens: Wenn Menschen dazu keine Chance haben, dann könnt ihr das mit einer noch so neoliberalen Politik nicht verändern, sondern ihr müsst etwas tun, damit die Leute auf den öffentlichen Verkehr umsteigen können. (Beifall bei der SPÖ.) Was hätte man da tun können? – Man hätte zum Beispiel im Budget sicherstellen können, dass man bei Postbus geeignete Fahrzeuge anschaffen kann, mit denen dann ein attraktiveres Ange­bot gemacht werden kann, von mir aus Elektrofahrzeuge, von mir aus auch Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb. Das würde nützen, und das ist meine Kritik an diesem Budget im Zusammenhang mit Postbus. Da hätte man etwas tun können. (Abg. Weratschnig: Das steht alles im Budget!)

Ich sage aber gerne dazu, dass das Kapitel Verkehr, Mobilität insgesamt nach wie vor das Beste ist, was diese Bundesregierung zustande gebracht hat. Ich sage das wieder: Gratulation dazu und Respekt dafür! Ihr habt damit ein Signal für den Ausbau der Schiene gesetzt, und das wollen wir. Wir wollen mehr Verkehr auf der Schiene haben – nicht nur, was den Personenverkehr betrifft, es ist auch wichtig, dass man mehr Güter­verkehr auf der Schiene hat. Darum sage ich immer wieder: Es muss sichergestellt wer­den, wenn ein Produkt 500 Kilometer transportiert wird, dass das auf der Schiene pas­siert.

Wir kritisieren an diesem Budget, dass das Klimaticket dadurch finanziert wird, dass die Bahn weniger ausgebaut wird; diese Angst haben wir, diese Gefahr besteht. Ich halte es aber trotzdem für richtig, dass das Klimaticket eingeführt wurde.

Es führt kein Weg vorbei, liebe Grüne, liebe Österreicherinnen und Österreicher, wir müssen den öffentlichen Verkehr massiv ausbauen, massiv auch in den Regionen, und dann werden die Leute freiwillig umsteigen. Dafür habt ihr in der Sozialdemokratie einen Partner, weil das insgesamt wichtig für uns ist. Der Umstieg auf die Schiene und die entsprechende Bewertung sind entscheidend, das sehen wir in diesem Budget, das finden wir positiv, und daher können wir diesem Bereich durchaus zustimmen. – Herzli­chen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 551

13.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Andreas Otten­schläger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.39.51

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherin­nen und Zuseher! Herr Kollege Deimek von der FPÖ hat hier kurz einen Antrag präsen­tiert. Darin ging es, wenn ich es richtig verstanden habe, um das Thema einer wissen­schaftlichen Begleitung der Coronakrise. Ich denke, gerade in diesem Bereich haben Forschung und Wissenschaft bewiesen, was der Weg aus dieser Krise ist, nämlich die Impfung. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Litschauer.)

Meine Damen und Herren! Wenn wir schon beim Thema Technologie, Forschung, Wis­senschaft sind, dann sei an dieser Stelle auch gesagt: Wir plädieren auch in der Klima­frage für einen technologieoffenen Zugang, auch für ein gewisses Zu- und Vertrauen in Forschung und Entwicklung – Stichwort: auch die Weiterentwicklung von klimafreundli­chen Antriebstechnologien –, ich glaube nämlich, ohne diese Entwicklung werden wir die Bewältigung der Klimakrise nicht schaffen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen.)

Was wir aber auf jeden Fall jetzt tun können und was auch dieses Budget ganz eindeutig abbildet, ist, folgende Schwerpunkte zu setzen, die einen Beitrag dazu leisten werden: Wir investieren sehr viel Geld in den Ausbau des Schienenpersonenverkehrs, auch in die Infrastruktur – der ÖBB-Rahmenplan sieht über 17 Milliarden Euro für die nächsten Jahre vor, das sind Rekordinvestitionen in den Ausbau dieses Bereiches. Wie Kollege Stöger bereits gesagt hat, ist es auch wichtig, dass wir den Schienengüterverkehr massiv ausbauen, und das bildet sich ebenfalls in sehr hohen Beträgen im Budget ab. Darüber hinaus investieren wir in die Anschlussbahnen, in die Stadtregionalbahnen, um die An­bindung über die Stadtgrenzen hinaus zukunftsfähig auszurichten.

Das Klimaticket – es ist auch schon erwähnt worden – ist sicherlich ein sehr positiver Beitrag nicht „nur“ – unter Anführungszeichen – für den Klimaschutz, sondern auch ins­gesamt für die österreichische Verkehrspolitik, weil es natürlich den Umstieg auf öffentli­che Verkehrsmittel massiv unterstützen wird.

Meine Damen und Herren! Selbstverständlich ist es uns auch ein großes Anliegen, die aktive Mobilität weiter zu fördern – mit Mitteln in Höhe von 68 Millionen Euro im Jahr für Fuß- sowie Radverkehr –, und, das sei auch an dieser Stelle erwähnt, wir wollen auch ein fußgängerfreundliches und fahrradfreundliches Paket, bessere Rahmenbedingun­gen für Fußgänger und Fahrradfahrer in der Straßenverkehrsordnung schaffen. Da sind wir schon in sehr guten Gesprächen, und ich bin zuversichtlich, dass wir die Rahmenbe­dingungen gemeinsam verbessern können. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.43


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Peter Schmiedlech­ner. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.43.13

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Zuseher! Um nur kurz auf die Worte des Vorredners einzugehen: Wie die Impfung wirkt, das merken wir ja gerade aktuell. Die Zahlen schießen in die Höhe (Zwi­schenrufe bei der ÖVP), und das, obwohl (Abg. Ottenschläger: Also das ist wirklich beschämend!) die ungeimpften Menschen eingesperrt worden sind. (Abg. Gabriela Schwarz: ... euer Wurmmittel, oder? Die Leute liegen mittlerweile im Spital mit Vergiftun­gen!) Irgendetwas passt da also in Ihrer Logik überhaupt nicht zusammen. (Abg. Ot­tenschläger: Ihr tut nur verunsichern in diesem Bereich!) Vielleicht sollten Sie sich an­dere Maßnahmen überlegen. (Abg. Ottenschläger: Wieso lasst ihr euch dann selber auch impfen? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 552

Nun zum Umweltbudget: Wir alle sind uns sicher einig, dass Umweltschutz wichtig ist. Was wir aber in diesem Budget sehen, ist: Es werden Steuern erhöht, und die Menschen werden weiter belastet. Die Menschen sind mit steigenden Kosten konfrontiert  wo man hinschaut, wird es teurer: Strom, Gas, Treibstoff. Diesel ist in den letzten Monaten um fast 50 Cent teurer geworden. – Das sind Dinge, die die Menschen interessieren, weil das die Menschen belastet. Jetzt führen Sie dann auch noch die CO2-Steuer ein, wo­durch es zu einer weiteren Belastung kommt, und das in der schlimmsten und schwers­ten Krise – aber das passt zu euch! Das passt zu den schwarz-grünen Genossen wie die Faust aufs Auge.

Gerade am Land, wo die öffentlichen Verbindungen nicht flächendeckend ausgebaut sind, sind die Menschen auf das Auto angewiesen, um in die Arbeit zu fahren, um unsere Kinder in den Kindergarten zu fahren, um das Notwendigste einzukaufen, um zum Arzt zu fahren und um Medikamente zu besorgen, wenn es notwendig ist, und, ja, auch um Freunde zu besuchen. Das ist den grünen Stadtmenschen aber natürlich egal. (Abg. Kühberger: Nein, ich komme nicht von der Stadt! ...!) Dieses Budget bringt Belastungen für die Familien, und – dort ist die ÖVP wieder in der Ziehung – dieses Budget bringt Belastungen für die Familien am Land.

Als Bauer komme ich am Thema Landwirtschaft nicht wirklich vorbei: Umweltschutz funktioniert nur gemeinsam mit der Landwirtschaft. Die kleinstrukturierte Landwirtschaft trägt zum Umweltschutz und zur Biodiversität entscheidend bei – und Sie sind dabei, diese zu zerstören. Mehrmals habe ich auf die Wichtigkeit der Landwirtschaft für die CO2-Senkung hingewiesen. Nur die Landwirtschaft schafft es, CO2 zu speichern. Herr Staatssekretär, Ihre Ministerkollegin Frau Köstinger ist gerade dabei, die kleinstrukturier­te Landwirtschaft in Österreich sterben zu lassen. Sicher wissen Sie es. Sicher wissen Sie auch, dass nur die Landwirtschaft es schafft, CO2 zu binden. Sie lassen es zu, dass die kleinstrukturierte Landwirtschaft nach und nach verschwindet.

Die Erzeugung von Sauerstoff, die Bindung von CO2 passiert im Boden oder in den Pflanzen und auch im bewirtschafteten Wald. Dafür sind unsere Land- und Forstwirte zuständig. Nur sie schaffen es, das CO2 zu senken. Gleichzeitig pflegen die Bauern un­sere Landschaft. Wenn viele Bauernhöfe schließen und diese wichtige Aufgabe nicht mehr übernehmen, wird die industrielle Landwirtschaft in Österreich Einkehr halten. Bo­denerosion, Muren, Lawinenabgänge, das Verschwinden von Tier- und Pflanzenvielfalt sind die Folge. Unsere kleinstrukturierte Landwirtschaft begünstigt kleinstrukturierte Le­bensräume und somit die Biodiversität.

Abschließend will ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „CO2 durch Humusaufbau binden“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Regieruns­vorlage vorzulegen, die die stärkere Förderung von bodenaufbauenden Maßnahmen zur CO2-Bindung – insbesondere hinsichtlich einer Erhöhung des Humusgehaltes der Bö­den – in der Landwirtschaft vorsieht.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.47

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 553

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Peter Schmiedlechner

und weiterer Abgeordneter

betreffend CO2 durch Humusaufbau binden

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 4: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) (UG 43 Klima, Umwelt und Energie) in der 129. Sitzung des Nationalrats am 18. November 2021

Das Zusammenwirken zwischen Bodennutzung und Klimawandel ist der Öffentlichkeit noch immer wenig bekannt oder gar bewusst. Im Mittelpunkt der Debatte beim Thema Klimawandel stehen viel mehr der CO2-Ausstoß aus fossilen Brennstoffen von Flugzeu­gen oder des Individualverkehrs. Der Boden, welcher erhebliche Mengen Kohlenstoff bindet, wird jedoch hinsichtlich seiner klimarelevanten Bedeutung oft zu wenig beachtet.

Einen diesbezüglich bewusstseinsbildenden Antrag1 der FPÖ haben in der Vergangen­heit die damaligen Koalitionspartner SPÖ und ÖVP zunächst mehrfach vertagt und schließlich abgelehnt. Die Grünen haben sich jedoch stets für den Antrag ausgespro­chen, weshalb dieser nunmehr gleichlautend eingebracht wird.

Mit ca. 2.500 Milliarden Tonnen organischem Kohlenstoff ist im Boden derzeit etwa drei­mal so viel Kohlenstoff gebunden, wie im Kohlendioxid der Atmosphäre vorkommt, und viermal so viel, wie in der Vegetation gebunden ist. Das bedeutet, dass der Boden ein mächtiger Kohlenstoffspeicher ist. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass im Boden neben dem organisch gebundenen Kohlenstoff ein weiterer Teil in anorganischer Form (als Car­bonate) liegt.

Die weltweit vorhandene Menge an organischem Bodenkohlenstoff hat einen unmittelba­ren Einfluss auf den CO2-Gehalt in der Atmosphäre. Wenn der Humusgehalt ansteigt, leistet der Boden als CO2-Senke einen Beitrag zur Abnahme des CO2-Anstiegs in der Atmosphäre und letzten Endes zur Reduzierung der Klimaerwärmung. Wenn hingegen Humus abgebaut wird, trägt er als Lieferant zur Zunahme der klimarelevanten Gase er­heblich bei. Die geringsten Konzentrationsänderungen beim organischen Kohlenstoff des Bodens können unvorhersehbare Folgen für den Kohlenstoffgehalt der Atmosphäre nach sich ziehen, wobei diese Änderungen lediglich einem kleinen Teil des gesamten organischen Bodenkohlenstoffs entsprechen.

Einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz kann hier jedoch die Landwirtschaft leisten, indem sie bodenaufbauende Maßnahmen betreibt und damit CO2 bindet. Aus freiheitli­cher Sicht ist es daher unumgänglich, dass die heimischen Böden zukunftsfit gemacht werden. Ein Schlüssel dafür ist die Erhöhung des Humusgehaltes, welche durch den Einsatz von Kompost sogar ohne Beeinträchtigung der Umwelt möglich ist, wie Experten nachweisen konnten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Regie­runsvorlage vorzulegen, die die stärkere Förderung von bodenaufbauenden Maßnah­men zur CO2-Bindung - insbesondere hinsichtlich einer Erhöhung des Humusgehaltes der Böden - in der Landwirtschaft vorsieht.“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 554

1     https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A/A_00186/index.shtml#tab-Uebersicht

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Ing. Martin Litschauer. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.48.08

Abgeordneter Ing. Martin Litschauer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren im Hohen Haus! Sehr geehrte Zuseher und Zuseherinnen! Gleich als Anmerkung zum Vorredner: Vielleicht bin ich eine Selten­heit, aber ich bin ein Grüner, der aus dem Waldviertel, also vom Land und nicht aus der Stadt, kommt, und wir können dort durchaus zeigen, wie es geht. Ich habe vor ein paar Jahren sogar mitgeholfen, Bauernhöfe energieautark zu machen – also nicht glauben, wir wüssten nicht, wie so etwas geht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Als Waldviertler bin ich sehr viel mit der Franz-Josefs-Bahn unterwegs, und da habe ich festgestellt, dass sehr viele, die aus dem Waldviertel zum Beispiel nach Wien pendeln, bereits das Klimaticket benutzen, und es freut mich, dass das so gut ankommt. Das hat auch einen bestimmten Grund: Wenn man zum Beispiel von Gmünd nach Wien fährt und sich jetzt das Klimaticket gekauft hat, dann kann man sich im Vergleich zur Jahres­karte 1 528 Euro ersparen. Das ist doch eine sehr, sehr beachtliche Ersparnis, die un­sere Pendler mit diesem Klimaticket erzielen können, und ich glaube, das ist auch ein guter Anreiz, dass wir den Pendlern damit Möglichkeiten geben, auf die Öffis umzustei­gen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das zeigt, das Klimaticket wirkt, und wir legen natürlich nach: Der ÖBB-Rahmenplan wurde um 700 Millionen Euro erhöht. Wir bauen da aus, investieren in die Infrastruktur, wir modernisieren und beschleunigen die Bahn – und das ist genau das, was wir brau­chen, damit mehr Leute auf die Bahn umsteigen und diese auch nutzen.

Für das Fahrplanangebot sind 12 Millionen Euro hinzugekommen, das freut mich auch. Wir merken das auch im Waldviertel: Wir haben den letzten Zug von Schwarzenau nach Gmünd verlängern können, und wir bekommen erstmals einen Spätzug, der am Wo­chenende ins Waldviertel fahren wird – um 22.28 Uhr kann man in Zukunft noch ins Waldviertel fahren. Auch dieses Angebot wird ergänzt, und so setzen wir Schritt für Schritt immer bessere Angebote um.

Deswegen auch an Herrn Stöger: Auch für das Land wird sich punkto öffentlicher Ver­kehr sehr viel tun. Es stimmt natürlich, dass wir im Bereich des Güterverkehrs noch eini­ges machen müssen, aber auch das findet sich im Budget. Die Schienengüterverkehrs­förderung wurde um 21,7 Millionen Euro auf 161 Millionen Euro erhöht und auch die An­schlussbahnförderung wurde um 2 Millionen Euro auf 9 Millionen Euro erhöht. So will der Bund helfen, den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern, und das ist auch bei uns im Waldviertel sehr wichtig. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Wir kämpfen aktuell mit den Holztransporten: Die Lkw fahren durch unsere schmalen Ortschaften, und das ist ein wirklich großes Problem. Da wollen wir natürlich Hilfe leisten, damit diese Transporte von der Straße weg auf die Schiene kommen und dabei auch so kostengünstig bleiben, dass die Sägewerke das Holz auch in Zukunft weiterverarbeiten können, denn das sichert am Ende des Tages die Arbeitsplätze.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 555

Wir haben schon auch noch Probleme, an denen wir arbeiten müssen. Die Bezirkshaupt­städte Waidhofen und Zwettl sind aktuell von der Bahn abgeschnitten, haben keine Bahnhöfe mehr, die man anfahren könnte. Da gab es früher Nebenbahnen. Vor vielen Jahren hat zum Beispiel das Land Niederösterreich mit der Növog eine Reihe von Ne­benbahnen übernommen, von denen sehr viele aktuell nicht im Betrieb sind. Diese wird es aber brauchen, denn wir werden auch Direktverbindungen zwischen den Bezirks­hauptstädten mit der Bahn brauchen; ich denke zum Beispiel auch an die Donauufer­bahn, die eine sehr wichtige Verbindung zwischen Niederösterreich und Oberösterreich ist. Da lade ich die Vertreter der Bundesländer ein, dass wir gemeinsam darüber nach­denken, wie wir diese Nebenbahnen und den Gleiskörper, den es schon gibt, wieder reaktivieren und damit den Öffiausbau vorantreiben können. Nutzen wir die Infrastruktur der Bahn als Rückgrat, auf dem wir den Rest des Öffiangebotes aufbauen!

Im Bereich des Verkehrs gibt es sehr viel zu tun, und dafür brauchen wir alle: alle Ver­kehrsverbünde, alle Gemeinden, alle Bundesländer. Daher von mir auch noch einmal der Aufruf: Helfen wir zusammen, damit wir das – für den Personenverkehr und auch für den Güterverkehr – in Zukunft hinbekommen, damit wir die Straßen und im Endeffekt auch das Klima entlasten können und unserer Umwelt etwas Gutes tun! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.53


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Yannick Shetty. – Bitte.


13.53.09

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zu­schauer! Mein Kollege Michael Bernhard hat schon ausgeführt, dass wir durchaus der Meinung sind, dass in der UG 43, also im Klimateil dieser Untergliederung, durchaus einige lobenswerte Punkte sind, das aber unterm Strich – und ich glaube, das sehen ja auch viele Abgeordnete der Grünen so – nicht ausreichen wird, um die auf Österreich heruntergebrochenen Klimaziele zu erreichen.

Fördermittel sind gut, der Bahnausbau ist gut, aber wir werden diese Klimakrise nicht wegfördern können. Es wird ambitionierte, strukturelle Reformen bei der Mobilität, im Steuersystem, aber vor allem auch im Fördersystem benötigen, mit einer klaren, libera­len Ordnungspolitik, aber immer mit marktwirtschaftlichen Instrumenten. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Die besondere Tragödie beim Fördern ist ja nicht, dass wir das Gute zu wenig fördern – bei der thermischen Sanierung macht jeder Cent mehr natürlich Sinn –, sondern dass wir immer noch Milliarden für umweltschädliche Fossilförderungen ausgeben. Das ist eigentlich nichts anderes als Fossilsozialismus – sprich, wir geben Milliarden an Steuer­geld aus, um Umwelt und Klima zu schädigen, und müssen uns dann auf der anderen Seite die Selbsthuldigungen der Regierung anhören, dass wir Millionen an Steuergeld einnehmen. Das ist doch vollkommen absurd! (Zwischenruf der Abg. Herr.) Gerade die abgefeierte CO2-Besteuerung – eine zusätzliche Steuer ohne jeglichen Lenkungseffekt, also das Schlechteste aus beiden Welten – verpufft im Vergleich mit den Fossilförde­rungen. (Beifall bei den NEOS.)

Ich möchte es Ihnen noch einmal hier zeigen (eine Tafel mit einem Säulendiagramm in die Höhe haltend): Nach Schätzungen des Wirtschaftsforschungsinstituts geben wir 4,7 Milliarden Euro pro Jahr für Fossilförderungen aus und nehmen im nächsten Jahr 0,5 Milliarden Euro durch eine neue Steuer ein, die überhaupt keinen Lenkungseffekt hat. – Das war nicht der Deal, liebe Grüne!


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 556

Diese angesprochenen Zahlen betreffend Fossilförderungen, also umweltschädliche Subventionen, beruhen auf Schätzungen von Wirtschaftsforschungsinstituten. Es gibt nämlich immer noch keine offizielle Studie, obwohl das von der Frau Ministerin schon so lange versprochen ist. Eine aktuelle Anfragebeantwortung einer parlamentarischen An­frage der Kollegin Julia Herr hat ergeben, dass man diese Studie noch nicht einmal in Auftrag gegeben hat. Das wollen wir so nicht weiter akzeptieren, deshalb bringe ich fol­genden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Endlich Abschaffung oder Ökologisierung umweltschädlicher Subventionen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, in Zusammenarbeit mit dem BMF und entsprechend des Nationalratsbeschlusses ,Maßnahmen im Zusam­menhang mit dem Klimavolksbegehren (503/UEA)‘ des 26.3.2021 einen konkreten und verbindlichern Fahrplan zur vollständigen Abschaffung oder Ökologisierung aller direkt bzw. indirekt klima- und umweltschädlichen Subventionen auf Bundes- und Landesebe­ne bis 1.2.2022 vorzulegen.“

*****

Was in diesem Budget auch noch tragisch ist, ist, wie geizig wir wieder einmal bei der internationalen Klimahilfe sind. Ich glaube, Kollegin Herr und Kollege Hammer, die auch bei der Klimakonferenz waren, können bestätigen, wie erbärmlich das im internationalen Vergleich, vor allem im europäischen Vergleich ist. Es ist gut, dass wir für das über­nächste Jahr eine Erhöhung des Green Climate Fund durchbringen konnten, aber auch das ist im internationalen Vergleich immer noch bescheidenst.

Wenn es darum geht, den ärmsten Ländern dabei zu helfen, sich an den Klimawandel anzupassen – liebe ÖVP, das ist diese Hilfe vor Ort, von der Sie immer sprechen –, sind wir extrem geizig. Ich habe hier noch einen Vergleich für Sie, der zeigt, welche Länder in den letzten zehn Jahren wie viel in den UN Adaptation Fund eingezahlt haben. (Der Redner hält eine Tafel mit der Überschrift „Klima – Hilfe vor Ort – UN-Adaptation Fund“ und einem Säulendiagramm in die Höhe.) Sie sehen hier Österreich im Vergleich zur Schweiz, zu Finnland und zur Hauptstadtregion Brüssel. Die Hauptstadtregion Brüssel hat in den letzten zehn Jahren mehr als 5 Millionen Euro eingezahlt, Österreich eine knappe Million Euro. Ziel dieses UN Adaptation Fund ist es eben auch, durch Hilfe vor Ort Klimamigration zu verhindern. – Das alleine sollte Sie doch motivieren, dafür zu sor­gen, dass die Republik Österreich endlich einen würdigen, der Wirtschaftskraft entspre­chenden Beitrag leistet. Deswegen bringe ich noch einen zweiten Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „niedrigen nationalen Beitrag zum UNFCCC Adaptation Fund erhöhen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, im Budget 2022 Mittel


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 557

für eine Unterstützungszahlung an den UNFCCC Adaptation Fund bereitzustellen, wel­che deutlich über die 2013 einmalig geleistete Zahlung hinausgehen.“

*****

Greta Thunberg hat in Glasgow gesagt: weniger Blablabla, more action now! – Das war auch an Sie adressiert. Ich möchte das einfach einmal so stehen lassen. (Beifall bei den NEOS.)

13.57

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Endlich Abschaffung oder Ökologisierung umweltschädlicher Subventionen

eingebracht im Zuge der Debatte in der eingebracht im Zuge der Debatte in der 129. Sit­zung des Nationalrats über den Bericht des Budgetausschusses über TOP 4: Bundes­gesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanz­gesetz 2022 - BFG 2022) (1157 d.B.) samt Anlagen – UG 43

Umweltschädliche Subventionen belasten nicht nur das Budget, sondern untergraben - oft kostenintensive - Bemühungen der Republik Österreich, klimapolitische Zielsetzun­gen zu erreichen. Laut verschiedener Schätzungen werden in Österreich umweltschädli­che Subventionen in einer Höhe von bis zu 4,7 Mrd Euro ausgegeben. Die Abschaffung oder Ökologisierung dieser Subventionen oder Förderungen ist seit Jahren eine Forde­rung von Umwelt- und Klimaschutzexpert_innen. Allerdings sind hier bisher vonseiten der letzten Regierungen keinerlei konkrete Schritte gesetzt worden.

Auch diese Bundesregierung hat in ihrem parlamentarischen Entschluss zum Klima­volksbegehren zwar - wie auch im Regierungsprogramm - ein grundsätzliches Bekennt­nis zur Evaluierung der Förderlandschaft abgegeben. Allerdings wurde die darin bis Ju­li 2021 angekündigte Studie ebenso wenig umgesetzt wie das grundsätzliche Ziel bis 2022 einen Plan für eine ensprechende Abschaffung bzw. Ökologisierung aller kontra­produktiven Subventionen vorzulegen.

Da es sich hier um eine der wichtigsten klima- und umweltpolitischen Maßnahmen han­delt und seit Jahren von Expert_innen und Umweltorganisationen verlangt wird, ist jedes weitere Zögern verantwortungslos.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, in Zusammenarbeit mit dem BMF und entsprechend des Nationalratsbeschlusses "Maßnahmen im Zusam­menhang mit dem Klimavolksbegehren (503/UEA)" des 26.3.2021 einen konkreten und verbindlichern Fahrplan zur vollständigen Abschaffung oder Ökologisierung aller direkt bzw. indirekt klima- und umweltschädlichen Subventionen auf Bundes- und Landesebe­ne bis 1.2.2022 vorzulegen."

*****


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 558

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

betreffend niedrigen nationalen Beitrag zum UNFCCC Adaptation Fund erhöhen

eingebracht im Zuge der Debatte in der 129. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Budgetausschusses über TOP 4: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes­voranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 - BFG 2022) (1157 d.B.) samt Anlagen – UG 43

Der UNFCCC Adaptation Fonds wurde 2007 ins Leben gerufen, um Entwicklungsländer, die besonders anfällig für die negativen Auswirkungen des Klimawandels sind, bei der Finanzierung von konkreten Projekten und Programmen zur Klimawandelanpassung zu unterstützen. Diese Projekte helfen nicht nur menschliches Leid zu reduzieren, sondern auch Staaten und Gesellschaften resilienter zu gestalten und so überregionale Destabili­sierungen, einen Einbruch der Lebensmittelversorgung sowie Flucht- und Migrationsbe­wegungen zu verhindern. Ein derartiger Ansatz würde auch dem vielfach kommunizier­ten Regierungsansatz der "Hilfe vor Ort" entsprechen.

Allerdings hat sich die Republik Österreich bei dieser wichtigen UN-Initiative extrem gei­zig gezeigt und bisher nur 2013 eine einmalige Zahlung von 690.000 US Dollar geleistet. Zum Vergleich: Finnland hat 6,8 Mio USD gespendet, die Schweiz 29,5 Mio USD, selbst die Hauptstadtregion Brüssel hat mit 6,8 Mio USD fast das zehnfache beigetragen. Das in Größe vergleichbare Schweden hat mit 142,2 Mio sogar cirka 200 mal so viel ein­gezahlt wie die Republik Österreich. Auch die EU hat im Rahmen der COP 26 100 Mio Euro für den Fonds angekündigt.

Österreich muss umgehend seiner historischen Verantwortung beim Klimawandel auf internationaler Ebene gerecht werden und einen, seiner Wirtschaftsleistung entspre­chenden, Beitrag leisten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, im Budget 2022 Mittel für eine Unterstützungszahlung an den UNFCCC Adaptation Fund bereitzustellen, wel­che deutlich über die 2013 einmalig geleistete Zahlung hinausgehen."

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Beide Entschließungsanträge sind ordnungsgemäß eingebracht und stehen somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Eva-Maria Himmelbauer. – Bitte Frau, Abgeordnete.


13.58.01

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Aufschwung, Stabilität und Nachhaltigkeit sind Zielsetzung und Leitbild dieses Budgets. Dies erreichen wir da­durch, dass wir nach vorne blicken und in die Zukunft investieren. Alle drei Kapitel, die wir nun behandeln, sind Zukunftsthemen. Ich möchte mich in meiner Rede aber auf den Bereich Innovation und Technologie beschränken.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 559

Im Bereich Innovation und Technologie konnten wir bereits im vergangenen Jahr eine Erhöhung der Budgetmittel um 100 Millionen Euro verzeichnen, die vor allem zur Kon­junkturbelebung eingesetzt wurden. Im Jahr 2022 wird diese Erhöhung fortgeschrieben, es werden weitere 20 Millionen Euro eingesetzt – das bedeutet: insgesamt 582 Millionen Euro, mit denen wichtige Projekte finanziert werden. Vor allem mit diesen zusätzlichen 20 Millionen Euro werden Ipcei-Projekte in den Bereichen Wasserstoff und Mikroelektro­nik unterstützt.

Was für mich aber vor allem wichtig ist: Wir unterstützen damit angewandte Forschung in Institutionen und Unternehmen. Gerade die KMUs profitieren überproportional. Das Rückgrat unserer heimischen Wirtschaft profitiert durch dieses Budget. (Beifall bei der ÖVP.) Die KMUs haben in den letzten Monaten Unglaubliches geleistet, und es ist in unserem Interesse, dass sie auch weiterhin erfolgreich sind. 12,14 Milliarden Euro wur­den 2020 für Forschung und experimentelle Entwicklung ausgegeben, die heimischen Unternehmen trugen davon 41,4 Prozent. Wie auch der zuletzt erschienene For­schungs- und Technologiebericht bescheinigt, sind 28 Prozent des österreichischen Wirtschaftswachstums auf die Wirkung des Innovationssystems zurückzuführen.

Das Klimaministerium unterstützt vor allem durch verschiedene Programme, beispiels­weise über die FFG oder das AWS. Natürlich haben die Bereiche Mobilitätswende, Ener­giewende und Kreislaufwirtschaft einen besonderen Stellenwert eingenommen, und ich bin auch davon überzeugt, dass wir gemeinsam mit unseren innovativen Betrieben, mit unseren außeruniversitären und universitären Einrichtungen genau diese großen He­rausforderungen, die vor uns liegen, auch meistern werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Julia Elisabeth Herr. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.00.43

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Wertes Hohes Haus! Klima­schutz und soziale Gerechtigkeit gehen für uns Hand in Hand und sind zwei Seiten einer Medaille, denn letztlich brauchen wir beides. Und mit dieser Brille der sozialen Gerechtig­keit betrachten wir auch die sogenannte ökosoziale Steuerreform, die der größte Bro­cken im Klimaschutzbudget und neu ist.

Fangen wir einfach einmal mit dem Wortteil öko an: Wie viele CO2-Emissionen sparen wir mit dieser Steuerreform ein? – Manche Experten, Expertinnen sagen: 1 Prozent, manche sind positiver und sagen: 2 Prozent – nur um das Ganze einmal in einen Kontext zu setzen, wo wir da mit den Zahlen eigentlich wirklich sind, wenn immer wieder von „historisch“ gesprochen wird.

Das Zweite ist der Punkt sozial, und dazu will ich Folgendes sagen: Die CO2-Steuer soll ja das klimaschädliche Verhalten etwas teurer machen, um die Leute zum Umsteigen zu bewegen, und um diese Teuerung auszugleichen, gibt es einen Klimabonus. – Das finden wir per se auch gut, nur unser Vorschlag war, dass der Klimabonus für alle gleich und ab­hängig vom sozialen Bedarf für die, die ihn wirklich brauchen, natürlich höher ist, also zum Beispiel durch zusätzliche Gelder für Menschen, die an Energiearmut leiden, die im Winter in den nicht geheizten Wohnungen sitzen, weil ihnen für das Heizen das Geld fehlt. Das war unser Vorschlag. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer.)

Was aber haben Sie gemacht? – Sie haben gesagt: Nein, der Klimabonus ist abhängig von der Postleitzahl! – Die soziale Treffsicherheit dieses Modells sei einmal dahinge­stellt. Das ist sehr abenteuerlich! (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Ich will aber noch einen weiteren Punkt einbringen: Was bringt denn diese Reform? Wie schaut es mit dem Lenkungseffekt aus? Ich habe schon erklärt, es soll ja darum gehen,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 560

die Leute zum Umsteigen zu bewegen. Was ist aber, wenn man gar nicht umsteigen kann, wenn es zum Beispiel Mieter und Mieterinnen betrifft? Die haben nämlich gar keine Wahl. Die werden jetzt fürs Heizen beispielsweise mit Gas oder Öl mehr zahlen, haben aber keine Chance, das zu ändern, denn die Art zu heizen sucht der Vermieter, die Vermieterin aus. Der Eigentümer entscheidet, welche Heizung eingebaut ist, und dort muss man auch ansetzen, wenn man will, dass es einen Lenkungseffekt gibt, wenn man will, dass sich etwas ändert. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Weratschnig.) Das tun Sie aber nicht. Sie bitten einfach die Mieter und Mieterinnen, die nichts ändern können, zur Kasse. Das ist nicht sozial, das ist auch nicht öko, Herr Staatssekretär, da gibt es auch keinen Lenkungseffekt! Das ist nicht in unserem Sinne. (Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer.)

Ganz zum Schluss komme ich jetzt auch noch zur Klimakonferenz, auf der ich war und betreffend die man wirklich sagen muss, da ist viel zu wenig weitergegangen – das muss man deutlich sagen. Eine ungeheure Ungerechtigkeit ist auch, dass oftmals jene Länder, die am allerwenigsten zur Klimakrise beitragen, am härtesten getroffen werden: Die spü­ren die Hitze, die sehen, dass das Trinkwasser immer knapper wird, die spüren das Steigen des Meeresspiegels und werden am allerhärtesten getroffen. Das führt zu Ver­teilungskämpfen, das führt auch zu Gewalt, das führt auch dazu, dass Menschen flüch­ten müssen. Das kann uns nicht egal sein, das betrifft auch uns. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Brandstätter und Shetty.)

Das gilt vor allem, wenn wir uns anschauen, dass historisch gesehen Europa und die USA bisher alleine mehr als 50 Prozent des gesamten CO2-Austoßes verursacht haben, und deshalb - - (Zwischenruf des Abg. Hörl.) – Ich weiß nicht, warum Sie da schon wieder hereinschreien. Ja, wir finden, soziale Gerechtigkeit hört nicht an den national­staatlichen Grenzen auf (Beifall bei der SPÖ), die muss global gelten, und deshalb bringe ich auch einen Antrag ein.

Auf der Pariser Klimakonferenz haben wir nämlich den Ländern, die es am allerhärtesten trifft, versprochen, dass 100 Milliarden Euro an Hilfsgeldern aufgestellt werden. Die war­ten immer noch, die warten bis heute darauf, und das kann nicht sein. (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.) Deutschland gibt in diesem Bereich circa 20 Mal so viel aus wie Österreich. Tun wir endlich das, was notwendig ist! Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausbau der österreichischen Klimafinanzierung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie wird aufgefordert,

- Österreichs internationale Klimafinanzierung mit dem Ziel auszubauen, sowohl die öf­fentlichen Zuschüsse, als auch die Gesamtsumme bezogen auf 2019 zu verdoppeln,

- mindestens 50% der gesamten Klimafinanzierung für Anpassung an die Klimakrise einzusetzen,“ – das schlägt in dieselbe Kerbe wie der Antrag der NEOS –

„- die Zuschuss-basierten Instrumente der Klimafinanzierung zu steigern.“

*****


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 561

Das ist im Sinne von uns allen. Die Klimakrise kennt keine nationalstaatlichen Grenzen, und in diesem Sinne hoffe ich, dass Sie zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Bernhard und Shetty.)

14.05

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Unselbständiger Entschließungsantrag

der Abgeordneten Julia Herr

Genossinnen und Genossen

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 4) Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.), zur Untergliederung 43 Klima, Umwelt und Energie

betreffend Ausbau der österreichischen Klimafinanzierung

Bei der zu Ende gegangenen UN-Klimakonferenz in Glasgow stand neben der Finalisie­rung des „Rule Book“, die von den Ländern des globalen Südens vorgebrachte Forde­rung nach einer Nachbesserung der internationalen Klimafinanzierung, im Mittelpunkt. Dies auch deshalb, weil die bisher zugesicherte jährliche Unterstützung von 100 Milliar­den US-Dollar durch die Industriestaaten bislang nicht erfüllt wurde.

Es wird auch immer deutlicher, dass die bisherigen Finanzierungsansätze (etwa die Vergabe von Krediten) nicht den Bedürfnissen der betroffenen Länder gerecht werden, und dass auf Grund der fortschreitenden Erhitzung unseres Planeten die Notwendigkeit der Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen steigt.

Industrienationen sind die Hauptverursacher von Treibhausgasemissionen (sowohl his­torisch als auch aktuelle) und haben daher eine besondere Verantwortung, die sich auch im finanziellen Beitrag auszudrücken hat.

Die Allianz für Klimagerechtigkeit hat deshalb im Vorfeld der COP26 u.a. Forderungen zur internationalen Klimafinanzierung erhoben1.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie wird aufgefordert,

•     Österreichs internationale Klimafinanzierung mit dem Ziel auszubauen, sowohl die öffentlichen Zuschüsse, als auch die Gesamtsumme bezogen auf 2019 zu verdop­peln,

•     mindestens 50% der gesamten Klimafinanzierung für Anpassung an die Klimakrise einzusetzen,

•     die Zuschuss-basierten Instrumente der Klimafinanzierung zu steigern.

1     https://klimaallianz.at/forderungen-an-die-bundesregierung-zur-cop26-in-glasgow/

*****



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 562

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Kollege Süleyman Zorba. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.05.31

Abgeordneter Süleyman Zorba (Grüne): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Staats­sekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Das Budget der UG 34 kann man zweifelsohne als Transformationsbudget bezeichnen, das ist besonders im Hinblick auf die Bekämpfung der Klimakrise essenziell. Es freut mich daher, dass für diese Untergliederung bis zu 581 Millionen Euro bereitstehen. Wir nehmen wieder sehr viel Geld für Forschung, Innovation und den digitalen Fortschritt in die Hand.

Natürlich ist nicht nur das Wieviel, sondern auch das Wofür entscheidend. So fließen ab 2022 weiterhin 100 Millionen Euro pro Jahr aus Mitteln des Klimakonjunkturpakets in besonders klima- und umweltrelevante Forschungs- und Technologievorhaben. Da spielt die Förderung von Schlüsseltechnologien oder der künstlichen Intelligenz eine be­sonders große Rolle: Nur wenn uns die digitale Transformation gelingt, wird uns auch die grüne Transformation gelingen.

Deshalb wird dieses Budget auch besonders für die Finanzierung von zentralen For­schungs- und Forschungsförderungseinrichtungen wie dem AIT, der FFG oder dem AWS verwendet. All diese Forschungs- und Entwicklungsbereiche sind wichtig für die Förderung und den Ausbau von Green-Tech-Lösungen und anderen klimarelevanten Technologien und Maßnahmen. Diese Maßnahmen und Fördermittel können etwa für die Digitalisierung der Produktion oder der Forschung im Bereich der Elektromobilität bei klimaneutralen Smartcitys eingesetzt und verwendet werden.

Als Sprecher für Digitalisierung bin ich sehr glücklich über dieses Budget. Quer durch die verschiedenen Untergruppen und Ressorts stehen mehr als 400 Millionen Euro für die Digitalisierung im Jahr 2022 bereit, sei es in der Justiz, in der öffentlichen Verwaltung, bei der Bildung, bei der Bekämpfung von Cyberkriminalität oder auch beim Infrastruktur­ausbau. Ein großer Bestandteil ist zum Beispiel die Digitalisierungsoffensive im Schulbe­reich. Die digitale Bildung und Weiterbildung sehen wir als eine wesentliche Vorausset­zung und eine wichtige Investition für die Zukunft. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Das ist nicht nur wichtig, damit technische Lösungen in diesem Bereich verstanden und eingesetzt werden können, sondern auch für die damit verbundenen Themen wie den Umgang mit sozialen Medien oder die Sensibilisierung für den Datenschutz. Auch für einen erfolgreichen Wirtschaftsstandort Österreich sehen wir eine digital gebildete Ge­sellschaft als zentrale Säule. Die Ausstattung der Schulen sowie der Schülerinnen und Schüler mit der erforderlichen technischen Infrastruktur und den notwendigen Geräten ist eine Voraussetzung dafür. (Beifall bei Grünen und ÖVP.) So werden alle Schülerinnen und Schüler der 5. Schulstufe digitale Endgeräte erhalten. Alle diese Maßnahmen und technischen Voraussetzungen im Bildungsbereich erfordern natürlich eine angemesse­ne Finanzierung, die mit diesem Budget sichergestellt ist.

Es sollen aber nicht nur Schülerinnen und Schüler von der digitalen Transformation profi­tieren. Die andauernde Covid-19-Pandemie hat uns deren Chancen und zum Teil sogar Notwendigkeiten vor Augen geführt. Die erfolgreiche Nutzung von digitalen Lösungen in der Arbeitswelt und im privaten Bereich erfordern natürlich auch eine gewisse Infrastruk­tur, und auch für diesen Bereich haben wir im städtischen sowie im ländlichen Bereich ein Budget.

Nicht nur im privaten und im beruflichen Bereich gibt es das Potenzial der Digitalisierung, sondern auch in der öffentlichen Verwaltung. Auch zu diesem Zweck haben wir wieder


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80 Millionen Euro im Digitalisierungsfonds, die abgerufen werden können. Der Digitali­sierungsfonds ist die finanzielle Grundlage zur Umsetzung von Maßnahmen für eine bürgernahe serviceorientierte Verwaltung mit einer zeitgemäßen digitalen Infrastruktur. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Zusammenfassend kann man sagen, dass sowohl Innovation und Forschung als auch die Digitalisierung zu den wichtigsten Instrumenten zählen, die uns zur Bewältigung der Herausforderungen unserer Zeit zur Verfügung stehen. Sei es bei der Klimakrise oder auch den folgenden Krisen, die auf uns zukommen werden: Das Ermöglichen, Stärken und Vorantreiben der Arbeit in diesen Bereichen ist nicht nur für unser eigenes Wohl, sondern auch für das Wohl kommender Generationen sehr wichtig.

Mit den Mitteln des vorliegenden Budgets haben wir quer über verschiedene Untergrup­pen und Ressorts die nötigen Voraussetzungen dafür geschaffen. – Danke schön. (Bei­fall bei Grünen und ÖVP.)

14.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gerald Hauser. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.10.23

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatsse­kretär! Kolleginnen und Kollegen! Ich war heute in der Früh doch einigermaßen über­rascht, wie konsequent sich Frau Minister Gewessler gegen die Wünsche der Tiroler und der Stubaier Bevölkerung ausspricht, gegen den Wunsch, einen Luegtunnel zu reali­sieren.

Ich hatte schon im Vorfeld wirklich wenig Hoffnung, weil unsere diesbezüglichen Initia­tiven im Ausschuss vertagt, im Plenum abgelehnt wurden – aber die Hoffnung stirbt, wie Sie wissen, immer zum Schluss, und wir kämpfen weiter, auch mit der Unterstützung an­derer Fraktionen –, und es scheint tatsächlich so zu sein, dass es ohne einen Schwenk der ÖVP in dieser Sache kein Happy End für die transitgeplagte Bevölkerung gibt.

Auf jeden Fall gibt Frau Minister Gewessler heute auch über die „Tiroler Tageszeitung“ bekannt – ich zitiere –: „Die von der Gemeinde, den Wipptaler Bürgermeistern und LH Günther Platter (VP)“ – und von uns, von weiteren Fraktionen – „geforderte Tunnellö­sung sei nicht zielführend“. Und – ich zitiere weiter – es gäbe „keine sachlichen Argu­mente“, die für den Tunnel sprechen. – Also ich kenne mich da wirklich nicht aus.

Wir haben jetzt monatelang in den Ausschüssen nachgebohrt, haben Argumente gelie­fert, die aber bei der Frau Minister anscheinend auf taube Ohren stoßen.

Ich fasse die Situation – als Tiroler kenne ich sie – zusammen: Die Transitzahlen explo­dieren wieder. Der Zuwachs des Lkw-Transits allein im dritten Quartal dieses Jahres beträgt 7,44 Prozent. In Summe – drittes Quartal – haben 1 822 000 Lkws bereits die Brennerroute benutzt – Pkws natürlich zusätzlich.

Ich als Osttiroler bin immer von Osttirol unterwegs in die Landeshauptstadt, und ich weiß aus eigener Erfahrung, dass das Durchkommen zu bestimmten Zeiten mittlerweile ein echtes Problem ist, also Stau ist angesagt. Und daher ist es unverständlich, dass man trotz dieser steigenden Transitzahlen keine Lösung zustande bringt, die die Bevölkerung gemäß ihrem Wunsch entlastet.

Es ist ja auch so, dass der Brennerbasistunnel vielleicht 2030 fertig werden wird, also von diesem wird es bis dahin keine Entlastung geben.

Deswegen haben sich 17 Gemeinden des Wipptales mit ihrer Bevölkerung für die Tun­nelvariante – nach Sanierung der Brücke, darauf haben wir uns ja zwischenzeitlich geeinigt, da die Brücke dringend saniert werden muss – nach Sanierung der Brücke ausgesprochen,


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also dafür, dass eine Tunnelvariante realisiert wird, eine Gesamtstrategie umgesetzt wird, inklusive der Lärmschutzmaßnahmen.

Ich habe diesbezüglich meinen Kollegen Hermann Gahr gerne unterstützt, der auch im Wipptal zuhauf Petitionen eingebracht hat und die Bevölkerung ersucht hat, diese Peti­tionen zu unterstützen – die liegen ja alle vor. Es hat auch Landeshauptmann Platter dann einen Kurswechsel gemacht – ursprünglich war er für die Brückenlösung, er hat dann aber einen Schwenk in Richtung Tunnellösung gemacht –, er hat sogar mit der Roten Karte gedroht und gemeint: Na ja, wenn die Wiener weiter so tun, dann werde ich einfordern, dass die Mauteinnahmen, die über die Asfinag in Tirol realisiert werden, auch in Tirol investiert werden. (Abg. Hörl: Das wäre eh gescheit!) Diesbezüglich haben wir auch einen Antrag eingebracht, der auch vertagt wurde, also auch keine Unterstützung erfahren hat.

Interessant ist die Anfragebeantwortung der Frau Minister vom 16.7.2021, denn auf meine Frage: „Was waren die Argumente gegen die Tunnelvariante?“, schreibt sie – ich darf aus dieser Anfragebeantwortung zitieren –:

„Aufgrund der großen Bedeutung der A13 Brenner Autobahn für die Gesellschaft sowie Wirtschaft und der dadurch sehr hohen Erwartung an die Verfügbarkeit [...] ist aus Sicht der ASFINAG und des BMK eine Brücke als einzig zielführende Lösung anzusehen.“ – Das ist noch lange kein Argument.

Und als einziges Argument wird angeführt: „Aber auch im Hinblick auf die Umweltauswir­kungen liegt die Brücke klar im Vorteil.“ – Ich frage mich: Wo bleibt denn die Bevölke­rung? Also irgendwann einmal wird die Politik auch an die Bevölkerung, die tatsächlich transitgeplagt ist, denken müssen. Also: keine Argumentation in dieser Anfragebeant­wortung in Richtung Bevölkerung, was mich schon auch erschreckt.

Deswegen bringe ich heute noch einmal unseren Antrag ein und schaue in Richtung ÖVP, und ich sage euch ganz ehrlich: In der Regierungskonstellation werdet ihr mit dem grünen Partner in der Frage nicht weiterkommen. Wir haben alles probiert, uns wurde ja sogar der Besuch der Frau Minister zumindest in den Ausschüssen, damit ich das korrekt wiedergebe, in Aussicht gestellt – das hat auch nicht stattgefunden. Es wurde ein Ge­spräch mit den betroffenen Bürgern in den Gemeinden, mit den Bürgerinitiativen, mit den Bürgermeistern in Aussicht gestellt – das hat ja nie stattgefunden.

Deswegen heute noch einmal der Anlauf und auch die Bitte in Richtung ÖVP: Wenn ihr tatsächlich die Wünsche der transitgeplagten Tiroler Bevölkerung zur Realisierung des Luegtunnels umsetzen wollt, dann werdet ihr irgendwann einmal aufstehen müssen und diese Initiative unterstützen müssen, denn andernfalls bleibt außer Blabla nichts übrig! So nach dem Motto: außer Spesen nichts gewesen!

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „kein Neu­bau der Luegbrücke gegen den Willen der Bevölkerung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie werden aufgefordert, die ,Tunnelvariante Lueg‘ nochmals zu prüfen, und keine Bauentscheidung gegen den Willen der betroffenen Bevölkerung zu treffen.“

*****


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Das ist doch eine Aufforderung, die betroffene Bevölkerung zu unterstützen, und man kann ja in Wirklichkeit überhaupt nicht gegen solch einen Antrag sein. Wenn man heute wieder gegen diesen Antrag stimmt, dann lässt man die Bevölkerung tatsächlich im Re­gen stehen.

Und ich sage noch einmal: In Tirol sagt man A und im fernen Wien tut man genau das Gegenteil, und das kann es doch wirklich nicht sein.

Ich bin gespannt, ob die ÖVP heute Rückgrat zeigt und diese Initiative unterstützt. – Ich danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

14.17

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Mag. Gerald Hauser

und weiterer Abgeordneter

betreffend kein Neubau der Luegbrücke gegen den Willen der Bevölkerung

eingebracht in der 129. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 18. November 2021 im Zuge der Debatte zu TOP 4, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvor­lage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) – UG41

Im Budget 2022 ist über geplante Straßenbauprojekte wenig zu finden. Ein wichtiges Projekt ist die Luegbrücke auf der Brennerautobahn (A13). Diese soll nun laut ASFINAG neu gebaut werden. Start 2022, Dauer fünf Jahre. Die Planung dafür läuft schon seit Jahren. Im November 2019 haben sich die Chefs der Tiroler Regierungsparteien ÖVP und Grüne noch gegen den Neubau der schon fertig geplanten Luegbrücke ausgespro­chen. Man könne nicht gegen den Willen der Anrainer im Wipptal entscheiden, die einen Tunnel bevorzugen, so LH Platter und LHStv Felipe. (https://tirol.orf.at/stories/3023876/).

Nach aktuellen Medienberichten ist aber nun eine Tunnellösung endgültig vom Tisch. Die Tiroler Tageszeitung berichtete am 7.4.2021.

Für die Asfinag ist die Diskussion rund um die dringend notwendige Sanierung der Lueg­brücke beendet. Die Autobahnholding schließt den Bau eines Tunnels aus und hält an ihrem Plan fest, die Brücke neu zu bauen. Dazu wurde sogar ein Enteignungsverfahren gegen die Gemeinde Gries eingeleitet, die sich vehement gegen den Neubau wehrt und der Asfinag die Inanspruchnahme von dafür notwendigem Grund untersagt.

Nach wie vor gibt es auch massive Bedenken der betroffenen Wipptaler Bevölkerung. Dazu warnt nun auch noch der Geologe und Universitätsprofessor Rainer Brandner:

Er warnt davor, dass mit einem Neubau früher gemachte Fehler erneut begangen wer­den. "Ursprünglich war die Trasse damals westlich des Brennersees geplant. Eine Boh­rung im See machte diesen Plan allerdings zunichte, da man tiefgründigen unverfestig­ten Sand und Schlamm vorfand", erklärt Brandner. Damit war die Fundierung eines Brü­ckenpfeilers nicht möglich und man war gezwungen, die Trasse auf die Ostseite des Sees zu verschieben. "Damit gelangte man in ein noch größeres Schlamassel: Man schnitt den Fuß der großen, tiefgründigen Massenbewegung, die vom Padauner Berg herunterkommt, an. Aufwändige und teure Stabilisierungsmaßnahmen wurden notwen­dig. Auch die südlichen Brückenpfeiler der Luegbrücke gründen in dieser Massenbewe­gung und sind heute noch in Bewegung", zeigt der Geologe auf.

Beim Neubau der Brücke könne dieser Massenbewegung nicht ausgewichen werden. "Eine alte Fehlplanung wird damit bedauerlicherweise wiederholt", sagt Brandner. Ein


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Neubau stelle zudem einen massiven Eingriff in die Natur und große Belastungen für die Bevölkerung dar. Umso unverständlicher ist für den Geologen die Entscheidung des Verkehrsministeriums, dass es dafür keine Umweltverträglichkeitsprüfung braucht.

Brandner hält den Bau eines Tunnels für machbar. "Eine Tunnelplanung kann gar nicht konkret untersucht worden sein, da entsprechende detaillierte geologische Unterlagen auf dieser Seite des Silltales nachweislich fehlen."

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie werden aufgefordert, die „Tunnelvariante Lueg“ nochmals zu prüfen, und keine Bauentscheidung gegen den Willen der betroffe­nen Bevölkerung zu treffen.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht, er steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Frau Mag.a Dr.in Maria Theresia Niss. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.17.20

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA (ÖVP): Herr Präsident! Sehr ge­schätzter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich muss am An­fang auf die Aussage meines Kollegen Schmiedlechner eingehen, der gesagt hat, dass man sieht, dass die Impfung nicht wirkt, weil jetzt die Zahlen explodieren. Ich muss ganz ehrlich sagen, lieber Herr Kollege – wobei, ich sehe ihn jetzt ohnehin nicht; vielleicht können ihm die blauen Kollegen das ausrichten, aber es sind ja kaum welche hier –, ich halte diese Aussage nicht nur für falsch, sondern sie ist irreführend und gefährlich. (Bei­fall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Sie wissen ganz genau, dass 75 Prozent der auf den Intensivstationen liegenden Leute nicht geimpft sind, und die restlichen 25 Prozent haben großteils Vorerkrankungen. Und es ist soeben eine APA-Meldung rausgegangen, in der steht, dass man sieht, dass durch die dritte Impfung, die jetzt vermehrt stattfindet, die Zahl der Impfdurchbrüche signifikant zurückgeht.

Ich kann daher nur wieder sagen beziehungsweise den Aufruf machen: Bitte, lassen Sie sich impfen, zum ersten, zum zweiten und zum dritten Mal! (Beifall bei ÖVP, Grünen und NEOS.)

Jetzt kann ich aber, und das freut mich, zu etwas Positiverem sprechen: wieder einmal zur Forschung. Nicht, dass ich sonst nichts zu sagen hätte, aber das ist einfach der Schlüssel zum Erfolg, das ist der Schlüssel dazu, dass wir eine Zukunft haben, die digitaler ist, die vor allem aber auch klimafreundlicher ist. Denn nur mit Forschung und Innovation werden wir eine Energiewende schaffen, nur mit Forschung und Innovation werden wir unsere Mobilität klimafreundlicher machen und nur mit Forschung und Inno­vation werden wir unseren Stahl einmal emissionsfrei herstellen können.

Und das Positive, meine Damen und Herren, ist, dass in all diesen Bereichen österrei­chische Unternehmen ganz vorne mit dabei sind.


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Wesentlich ist da aber, dass sie natürlich auch eine ordentliche Forschungsförderung bekommen. Deswegen freue ich mich, dass wir sowohl in der UG 33, also im Ministerium der Frau Minister Schramböck, als auch in der UG 34, bei Frau Minister Gewessler, signifikante Steigerungen erreichen konnten. Bei Frau Minister Schramböck haben wir nun 170 Millionen Euro, bei Frau Minister Gewessler sind es 580 Millionen Euro, die in diese wichtigen Bereiche investiert werden.

Dazu kommt noch die Investitionsprämie, die natürlich vor allem für Investitionen in Digi­talisierung, aber auch in Ökologisierung gefruchtet hat. Dazu kommen all die Ipcei-Pro­jekte, die europäischen Projekte, die in so wichtige Technologien wie in die Batterietech­nik oder in den Wasserstoff gehen. Das sind vor allem auch die wichtigen Projekte bei der FFG, die themenoffenen Programme, aber auch die Themenprogramme. Da konn­ten wir jeweils Steigerungen um 30 Millionen Euro auf 180 beziehungsweise 160 Millio­nen Euro erreichen.

Zuletzt betrifft das natürlich die so positive Forschungsprämie für diesen Standort – auch ein themenoffenes Programm, das es unseren Unternehmen ermöglicht, in Österreich die beste Forschung zu machen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Lukas Hammer.) Da wir wissen, dass jeder Euro, der in die Forschungsförderung geht, langfristig 6 Euro an BIP-Steigerung erzielt, ist das, glaube ich, gut investiertes Geld. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte aber in diesem Zusammenhang noch auf eine Notwendigkeit hinweisen, und das ist der Aspekt der Technologieneutralität. Lassen Sie mich auch sagen, warum das so wichtig ist: Wir wissen heute noch nicht, welche Technologie in Zukunft die zielfüh­rende ist. Wir wissen nicht, ob es die alternativen Treibstoffe sind, ob es die Batterietech­nik, ob es der Wasserstoff sein wird. Unsere Unternehmen müssen deswegen auch wei­terhin in all diesen Bereichen forschen können. Sie tun es auch. Schauen Sie sich bei­spielsweise die AVL in Graz an – ursprünglich ein Experte im Bereich Verbrennungsmo­tor forscht dieses Unternehmen in allen drei genannten Bereichen. Das ist gut und wich­tig, denn, meine Damen und Herren, Wettbewerb ist nicht nur prinzipiell notwendig und wichtig, sondern vor allem auch in der Forschung. Das müssen wir ermöglichen, und deswegen sind diese themenoffenen Programme wie die Basisprogramme bei der FFG, aber auch die Forschungsprämie für diesen Standort so wesentlich. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Disoski.)

Zusammenfassend darf ich sagen: Dieses Budget ist ein positives für den Standort. Mit diesem Forschungsbudget schaffen wir es, dass wir Forschung in Österreich ermögli­chen, und ich glaube, der Standort, die Bürger, aber auch die Umwelt und das Klima werden es uns danken. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Disoski.)

14.21


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich nun Herr Dr. Magnus Brunner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Staatssekretär.


14.22.01

Staatssekretär im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Herr Präsident! Sehr geehr­te Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich darf heute, wie schon erwähnt, die Frau Bundesministerin, die aufgrund eines Covid-Falles in ihrer Umgebung in Quarantäne ist, vertreten. Ja, man sieht: Die Pandemie überlagert alles, aber Klimaschutz, Energiewende, Mobilität, Innovation spielen insgesamt in der ganzen Gesellschaft und im Bewusstsein der Bevölkerung natürlich eine ganz entschei­dende Rolle. Die Herausforderungen kennen wir alle, sie sind groß, und wir bilden das auch im Budget entsprechend ab.

Nun bin ich als Alemanne nicht unbedingt für große emotionale Jubelsuperlative be­kannt, aber was gerade in diesen Bereichen im Budget gelungen ist, ist wirklich großartig


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und ist gemeinsam mit der Steuerreform wirklich ein unglaublicher und unfassbarer Wurf, der hier gelungen ist. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Es ist ja beim Klimaschutz längst nicht mehr die Frage, ob etwas geschehen muss, ob wir etwas tun müssen, sondern es geht um die Frage, wie wir das anstellen. Natürlich geht es auch darum, CO2-Emissionen zu reduzieren, aber eben nicht nur, sondern es geht auch darum, gleichzeitig den Wirtschaftsstandort nachhaltig mit Investitionen, mit Innovation, mit Zusammenarbeit insgesamt zu stärken. Das muss das Ziel sein und das bildet sich in diesem Budget, aber auch in der ökosozialen Steuerreform deutlich ab.

Wir stellen insgesamt für Klimaschutz, für Umwelt und für Energie, für die Energiewende alleine aus dieser UG für 2022 knapp 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Ich möchte exemplarisch ein paar wichtige Beispiele herausgreifen: Die Sanierungsoffensive mit 590 Millionen Euro, die 2022 in die Hand genommen werden, wurde erwähnt. Wir er­höhen die Mittel der UFI auf 150 Millionen Euro. Damit werden auch ganz konkret Pro­jekte, Investitionen in die Energiewende und in die Energieeffizienz unterstützt. Wir finan­zieren über den Klima- und Energiefonds mit über 40 Millionen Euro zusätzlich zum EAG, wo wir 1 Milliarde Euro pro Jahr zur Verfügung stellen, auch weiterhin den Ausbau von erneuerbaren Energien, und wir werden mit dem heute schon diskutierten Klimabo­nus einen sehr ausgewogenen Einstieg in das neue CO2-Bepreisungssystem sicher­stellen.

Es ist also nicht nur ein Rekordbudget für den Klimaschutz, sondern es ist insgesamt ein sehr stimmiges Gesamtpaket, das wir hier auf den Weg bringen. Wir geben der Bevöl­kerung und der Wirtschaft mit diesem Budget Anreize, auch für den Umstieg auf klima­freundlicheres Verhalten. Ich bin in dem Zusammenhang davon überzeugt, dass wir nicht mit Verboten arbeiten sollen, mit Verboten auch nicht weit kommen, sondern wir müssen für einen vernünftigen Klimaschutz die Lebensrealitäten der Menschen auch immer im Auge haben und die Lebensrealitäten der Menschen auch mit der Wirtschaft entsprechend sinnvoll verbinden.

Ich darf auch ein paar Sätze zum Verkehr sagen. Dieser spielt natürlich, es wurde auch schon erwähnt, im Klimaschutz eine ganz entscheidende Rolle. Ein Drittel der CO2-Emis­sionen kommen aus dem Verkehr, das ist natürlich ein Sorgenkind, und wir stehen hier vor riesigen Herausforderungen. Wir erhöhen 2022 im Verkehrsbereich das Budget auf insgesamt über 4,8 Milliarden Euro, das ist Rekord.

Es gibt ja eigentlich zwei große Säulen, auf denen wir aufbauen müssen. Auf der einen Seite bauen wir den öffentlichen Verkehr dramatisch aus, Abgeordneter Stöger hat es erwähnt. Selbstverständlich tun wir das, indem wir in die Infrastruktur, in die Schienenin­frastruktur in den nächsten Jahren über 18 Milliarden Euro investieren. Wir schaffen aber mit dem Klimaticket auch ein Angebot, das den Umstieg entsprechend unterstützen soll. Das ist nicht ein Entweder-oder, sondern das ist ein Sowohl-als-auch. Die Ängste des Abgeordneten Stöger kann ich, glaube ich, hier auch entsprechend entkräften: Das ist ein unglaublich attraktives Angebot für den Umstieg und geht natürlich nicht zulasten des Ausbaus der Schieneninfrastruktur. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Weil Abgeordneter Stöger zu Recht gesagt hat, dass wir auch den Güterverkehr auf der Schiene entsprechend unterstützen müssen: Ja, das tun wir auch, indem wir 160 Millio­nen Euro für den Güterverkehr auf der Schiene im Budget vorgesehen haben.

Das ist der eine Teil: Ausbau des öffentlichen Verkehrs.

Natürlich ist auf der anderen Seite die zweite Säule das Forcieren von sauberen An­triebsformen. Wir stellen beispielsweise im Elektromobilitätspaket für den Ankauf von emissionsfreien Fahrzeugen fast 170 Millionen Euro zur Verfügung – ein wichtiger Schritt für den Umstieg auf saubere Antriebsformen.


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Klar ist: Das Ziel muss sein, auf Innovation zu setzen. Abgeordnete Niss hat das vorhin treffend gesagt. Wir werden unsere Ziele, die wir uns im Energie-, im Umweltbereich gesetzt haben, nur über Innovation erreichen können. Wir kennen noch nicht alle Tech­nologien, die wir brauchen werden – zumindest in der Schlussausbauphase –, um unse­re Ziele zu erreichen. Daher ist Innovation ein ganz entscheidender Faktor, ein Schlüssel zur Erreichung unserer Klimaziele, unserer Energieziele, unserer Umweltziele insge­samt.

Wichtig ist dabei auch, technologieoffen zu bleiben. Das ist ganz entscheidend. Wir müs­sen viele saubere Technologien forcieren. Es werden auch viele saubere Technologien nebeneinander existieren. Es wird ein Mix sein müssen, wenn wir unsere Ziele ernst nehmen. Wir unterstützen daher gerade im Forschungs- und Entwicklungsbereich – Ab­geordnete Niss hat das vorhin ausgeführt – Unternehmen und Forschungseinrichtungen dabei, Neues zu entwickeln, von alternativen Treibstoffen bis zu E-Mobilität, bis zum Weltraumbereich. Da ist also auch einiges drinnen.

Klar ist, dass Wissenschaft und Forschung einen ganz entscheidenden Beitrag zur Lö­sung der großen gesellschaftlichen Probleme, die wir haben, leisten, und dass die ge­sellschaftlichen Herausforderungen eben nur über Innovation, über Forschung und Ent­wicklung zu überwinden sind. Dieses Budget trägt diesem Anspruch Rechnung. Es ist darin ein sehr großer Schwerpunkt auf Forschung, auf Entwicklung, auf Innovation ge­legt.

Einen Schwerpunkt möchte ich in diesem Bereich herausgreifen: Das sind die Ipcei-Pro­jekte – das sind die Important Projects of Common European Interest –, bei denen wir im Wasserstoff, in der Mikroelektronik noch einmal Schwerpunkte setzen, und bei denen zu den im Budget bereits vorgesehenen Dotierungen für Batterieprojekte und Mikroelek­tronik noch zusätzliche Mittel für andere Mikroelektronikprojekte zur Verfügung gestellt werden, um den österreichischen Unternehmen zu ermöglichen, sich an europäischen Projekten in diesen Zukunftsfeldern zu beteiligen. Auch das stellen wir mit diesem Bud­get zur Verfügung.

Insgesamt ist das also ein sehr erfreuliches Budget in den Bereichen Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innnovation, mit denen wir die großen Herausforderungen der Zukunft, die auf uns zukommen, auch entsprechend angehen werden. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der nächste Redner ist Herr Dr. Johannes Margreiter. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.30.01

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! – Herr Staatssekretär! Falco, eine Ikone der österreichischen Mu­sikgeschichte, hat seinen ersten großen Hit mit der Textzeile begonnen: „Eins, zwei drei, na es is nix dabei.“ Das könnten wir jetzt gerne auch als Impfaufruf verstehen, anknüp­fend an Kollegin Niss.

Ich will auf ein anderes Thema hinaus. Nach genauer Überprüfung und genauem Stu­dium des großen Wurfes der Frau Bundesminister, des sogenannten Klimatickets, habe ich mich gefragt: Was ist eigentlich aus der ursprünglichen Idee des grünen Wahlkampf­slogans, der auch im Regierungsprogramm Niederschlag gefunden hat, des 1-2-3-Ti­ckets, geworden? – Ja, dann war es eben Falco, der mir das schließlich am besten erklä­ren konnte.

Zurück zur Ursprungsidee, 2017, eine einfache Botschaft: Öffentliche Mobilität um 1 Eu­ro pro Tag in einem Bundesland, um 2 Euro pro Tag in zwei Bundesländern und um


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3 Euro pro Tag in ganz Österreich. Der Anreiz, kostengünstig auf öffentliche Verkehrs­mittel umzusatteln, hat ja wirklich etwas, nur gibt es jetzt in der Umsetzung dieses Kli­matickets viele Probleme.

Da gibt es einmal das Problem, dass der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel weiter hinterherhinkt. Nehmen wir als Beispiel – als eines von vielen – den Großraum Steyr–Linz her: Dort gibt es zwar eine Bahnverbindung – 35 Minuten würde man mit der
S-Bahn brauchen –, nur fahren zu wenige Züge. Das Angebot an Zügen ist dermaßen schlecht, dass immer noch vor allem mit dem Auto gependelt wird. Es gibt beim Bahnhof einen großen Pendlerparkplatz, der leer ist. Da wäre sehr schnell Abhilfe zu schaffen.

Kommen wir zum nächsten Thema – und gerade jetzt, in Zeiten der Klimakonferenz wird es uns einmal mehr bewusst –: Die Klimakrise ist da, wir haben den Klima-GAU, da muss man sich dieses Klimaticket eben wirklich sehr kritisch anschauen. Das Klimaticket ist ein Erfolg, aber vor allem ein Marketingerfolg. Wie weit das Klimaticket tatsächlich dazu beitragen wird, dass die CO2-Emissionen sinken, das bleibt abzuwarten, zumal es jetzt einmal von den Personen in Anspruch genommen wird, die ohnehin schon öffentlich unterwegs waren.

Lassen Sie mich bitte abschließend gerade als Tiroler Abgeordneter unbedingt darauf eingehen, was die bisherige Klimapolitik des Klimaschutzministeriums ganz konkret zur Verbesserung der Lage auf der Brennerroute, zur Linderung der Verkehrsüberlastung gebracht hat. (Nach einem Moment des Schweigens:) Sie merken zu Recht: Es gibt kei­ne Verbesserung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus, wir stehen wirklich vor der großen He­rausforderung, die Klimakrise zu bewältigen. Wir haben noch nicht viel weitergebracht, und das nicht zuletzt aufgrund der grünen halbherzigen Klimapolitik, die zu sehr türkis­lastig ist.

So beende ich diesen Redebeitrag mit einem weiteren Textauszug aus dem eingangs zitierten Lied von Falco (Abg. Sieber: ... und niemand klatscht!): „Und dieser Frust macht uns stumm“. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den NEOS.)

14.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lukas Ham­mer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.34.40

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatsse­kretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf dieses Budget mit insgesamt – wenn man alle UGs anschaut und wirklich einmal auf den Klimaschutz schaut – 1,9 Milliarden Euro, das uns vorliegt, kann man aus Sicht des Klimaschutzes schon stolz sein. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Das ist ungefähr viermal so viel wie das Klimaschutzbugdet der letzten Bundesregierung ohne grüne Regierungsbeteiligung. Der Herr Staatssekretär ist auch schon auf einige Elemente eingegangen. Wir haben nächstes Jahr 500 Millionen Euro für den Heizungs­tausch und die thermische Sanierung, 68 Millionen Euro für Radwege und Fußverkehr vorgesehen. Sämtliche Fördertöpfe, egal ob UFI oder andere Töpfe, werden aufge­stockt. Ich glaube, das ist aus Sicht des Klimaschutzes ein sehr schönes Budget.

Ich möchte auf einen Punkt und auch auf den Antrag eingehen, denn Kollegin Herr von der SPÖ eingebracht hat: Wir waren gemeinsam auf der Klimakonferenz in Glasgow. Es war sehr eindrücklich, die Schilderungen von Kolleginnen und Kollegen aus Ländern, die am meisten von der Klimakrise betroffen sind, obwohl sie am wenigsten dazu beigetra­gen haben, zu hören. Da ist es ganz klar, dass es einerseits die Solidarität erfordert, dass wir diesen Ländern helfen, dass es aber andererseits auch extrem wichtig ist, dass wir in den Verhandlungsprozessen Zeichen setzen.


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Kollegin Herr fordert in ihrem Antrag, dass die Klimafinanzierung bezogen auf 2019 ver­doppelt werden soll. Die gute Nachricht ist: Würden wir diesen Antrag umsetzen, müss­ten wir die Klimafinanzierung reduzieren. Das will ich nicht. Alleine für den Green Climate Fund haben wir die Zuwendungen mehr als vervierfacht, nämlich von 30 Millionen Euro auf 130 Millionen Euro. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was mir besonders wichtig ist, auch hinsichtlich der Wirkung: Sie haben in Ihrem Antrag angesprochen, dass die Anpassung ein besonders wichtiges Thema ist. Ja, das stimmt. Das Klimaschutzministerium baut das Budget für die bilateralen Klimaschutzprojekte stark aus, da haben wir in den nächsten vier Jahren 20 Millionen Euro zur Verfügung. In den letzten Jahren war das nahe null. 20 Millionen Euro! Wenn wir das mit dem ver­gleichen, was wir dem Adaptation Fund geben, dann ist das natürlich eine andere Di­mension. Ich glaube, es sind Projekte von höchster Qualität, weil es wirklich bilaterale Projekte sind, in denen man auch mit NGOs, mit lokalen, auch indigenen Communitys vor Ort arbeitet, weil es teilweise, wie zum Beispiel in Nicaragua, vollkommen absurd wäre, mit Regierungen zusammenzuarbeiten. Ich glaube, das sind sehr gute Projekte, in denen es einerseits um Mitigation, also Treibhausgasreduktion, aber auch um Anpas­sung geht.

Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nützen, den sehr engagierten Beamtinnen und Beamten im Klimaschutzministerium zu danken, die diese Projekte begleiten. (Bei­fall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Klimaschutz, und das wissen wir alle, ist mehr, als nur das Gute zu fördern. Man muss auch das Falsche lassen. Falsch ist, mitten in der Klimakrise wie besessen an Autobahn­projekten festzuhalten, die in den 1970er-Jahren geplant wurden. Wer Autobahnen baut, wird Autoverkehr ernten.

Liebe KollegInnen von SPÖ und NEOS, Sie prangern gerne die Inserate der Bundesre­gierung in diversen Zeitungen an. In Wien aber inseriert die rot-pinke Stadtregierung mit Millionen an Steuermitteln Propaganda für die Lobau-Autobahn, und das mit absoluten Unwahrheiten. Ich würde mir wünschen, dass Sie dieselben Standards, die Sie hier an­wenden, auch einmal in Wien anwenden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Sie würden damit sowohl den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern als auch dem Klimaschutz einen guten Dienst erweisen.

An dieser Stelle sage ich auch: Meine Solidarität gilt all jenen jungen Menschen, die in der Lobau seit vielen Wochen ausharren, weil sie sich für ihre Zukunft einsetzen und gegen den Bau einer klima- und umweltzerstörerischen Autobahn. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Kollege Alois Schroll. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.39.20

Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Schaut man sich die Untergliederung 43, das Thema Energie, im Detail an, was ich als Energiesprecher na­türlich sehr genau gemacht habe, dann kann man kurz und bündig zusammenfassen: wenig ambitioniert und kaum öffentliche Mittel für den Energiebereich. Conclusio daraus: Die Energiewende spielt im Budget leider Gottes eine relativ unbedeutende Rolle.

Alle geplanten Projekte werden falls einmal umgesetzt an und für sich zu 100 Pro­zent von den Energiekundinnen und -kunden selbst bezahlt. (Beifall bei der SPÖ. Zwi­schenruf des Abg. Lukas Hammer.) Der Energieteil im Budget ist wirklich sehr lieb gemeint, aber er spielt nicht wirklich die Zukunftsmusik, das kann ich als ehemaliger Musiker sagen.


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Schaut man aber auf einen anderen Bereich, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, beim Thema Energie, nämlich zur exorbitanten, deutlichen Preissteigerung für Strom- und GaskundInnen, dann lässt sich auch da ganz klar feststellen: Ignoranz, Versäumnis, planloses Zuschauen und Abwarten. Die saftig gestiegenen Großhandelspreise für Strom und Gas – sie haben sich seit Jänner 2021 fast vervierfacht – werden sich bald auf die Haushalte durchschlagen.

Die Europäische Kommission hat bereits allen EU-Mitgliedstaaten eine Toolbox in Form von Maßnahmenvorschlägen Halbierung der Mehrwertsteuern, der Umsatzsteuern und alles, was dazu gehört, oder auch Direktzahlungen präsentiert. Was hat unsere Regierung gemacht? – Nichts! (Beifall bei der SPÖ.) Einige EU-Länder wie Spanien, Frankreich, Ungarn haben schon reagiert, haben die Steuern gesenkt, haben bereits auch zusätzliche Maßnahmen wie Ausgleichszahlungen angekündigt, aber, ich wieder­hole es noch einmal: Was hat unsere Bundesregierung bis jetzt gemacht? – Nichts!

Im Gegenteil, geschätzte Kolleginnen und Kollegen: Sie behaupten, dass die hohen Preise bereits im Frühjahr 2022 zurückgehen werden. Das steht im Widerspruch zu den Aussagen der E-Control, schaut euch die APA-Meldungen und Aussendungen dazu an. Man muss dazu einfach sagen – genauso wie man es beim Covid-Management ganz klar und deutlich sieht, muss man es heute auch diesbezüglich wiederholen –: Es ist traurig, das ist ein Versagen, das die Haushaltskundinnen und -kunden spüren werden.

Im Rat der Regierungschefs am 21.10.2021 hat Österreich dafür plädiert, abzuwarten und kühlen Kopf zu bewahren. Wissen Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, was der Finanzminister gesagt hat? Wir schauen einmal! Schauen wir, wie sich der Preis entwickelt! Bundeskanzler Schallenberg hat im EU-Hauptausschuss gesagt: Wir schau­en und beobachten diesen Markt! Es hat einmal einen Kaiser gegeben, Kaiser Franz Beckenbauer, der hat am Fußballplatz gesagt: „Schau’n mer mal!“. – Die haben im Ge­gensatz zur Regierung etwas zusammengebracht. Wisst ihr, was meine Kolleginnen und Kollegen und Freunde sagen, wenn ich morgen aus dem Parlament heimkomme? Na, das sind schöne Schauer! Das werden sie zu mir sagen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, deswegen bringe ich folgenden Entschließungs­antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Alois Schroll, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Explodierende Strom- und Heizkosten: Teuerungsbremse für Österreich – jetzt!“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Teuerung bei Strom- und Heizkosten auszu­bremsen, in dem sie eine Halbierung der Mehrwertsteuer auf Strom und Gas und einen Winterzuschuss für niedrige Haushaltseinkommen in Höhe von 300 Euro als Teuerungs­ausgleich umsetzt.“

*****

Liebe Grüne, der Appell geht an euch, ihr habt 2019 damit geworben, dass der Anstand grün wählt. Wenn ihr einen Anstand habt (Zwischenrufe bei den Grünen), dann stimmt ihr da heute für die Hunderttausenden Haushalte mit, damit wir die Leute schützen, damit keiner im Finstern sitzen muss, keinem das Licht abgedreht wird und im Winter keiner frieren muss. – Danke schön. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

14.43

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 573

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Alois Schroll,

Genossinnen und Genossen

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 4) Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.), zur Untergliederung 43 Klima, Umwelt und Energie

betreffend Explodierende Strom- und Heizkosten: Teuerungsbremse für Österreich – jetzt!

Wohnen, Heizen, der Einkauf im Supermarkt – das tägliche Leben in Österreich wird immer teurer, während die Einkommen sinken. Derzeit hat die Teuerung ein Ausmaß erreicht, das über normale Preisschwankungen hinausgeht. Das Einkaufen, das Woh­nen, das Heizen, der Strom, das Autofahren – kurzum die wesentlichsten Bereiche des täglichen Lebens – sind zeitgleich von exorbitanten Preissteigerungen betroffen. Jetzt vor dem Winter ist zudem mit einer starken Preissteigerung bei Strom und Gas für alle Haushalte zu rechnen. Um die akuten Preissteigerungen für Österreichs Haushalte im Zaum zu halten, ist eine Teuerungsbremse bei Strom und Gas dringend nötig, da Ex­pert*innen mit bis zu 500 Euro Mehrkosten für Familienhaushalte bei Strom und Gas im Jahr 2022 rechnen.

Je höher der Preis für Strom oder Gas, desto höher steigen die Einnahmen des Fi­nanzministers aus der Mehrwertsteuer. Das bedeutet: Während das Leben für die arbei­tenden Menschen in Österreich von Tag zu Tag teurer wird, schneidet Finanzminister Blümel bei jeder Teuerung mit. Statt das Teuerungsproblem für die Bevölkerung zu lö­sen, senkt die Regierung lieber die Gewinnsteuer für die Großkonzerne.

Während die Bundesregierung tatenlos zusieht, wie die Energiekosten dramatisch stei­gen, scheint die EU-Kommission das Problem der Teuerung erkannt zu haben und hat mit der „Toolbox“ bereits ganz konkret Vorschläge gemacht (u.a. Absenken der Mehr­wertsteuer auf Energie oder direkte Zuschüsse) Während der Großteil der EU-Länder bereits entschlossen gegen die Energie-Teuerung vorgeht, steht Österreich im Abseits und wartet lieber weiter ab. Genau wie bei der Bekämpfung der COVID-Krise ist die Regierung unfähig rasche Maßnahmen zu ergreifen und setzt darauf, dass sich das Pro­blem von selbst erledigt. Im Bundesvoranschlag sind bislang keine Vorkehrungen für eine effektive Bekämpfung der Preissteigerung getroffen worden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Teuerung bei Strom- und Heizkosten aus­zubremsen, in dem sie eine Halbierung der Mehrwertsteuer auf Strom und Gas und ei­nen Winterzuschuss für niedrige Haushaltseinkommen in Höhe von 300 Euro als Teue­rungsausgleich umsetzt.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht, er steht auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Frau Kollegin Tanja Graf. – Bitte, Frau Abgeordnete.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 574

14.43.26

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Staatssekretär! Liebe Kol­legen und Kolleginnen! Liebe Zuschauer! Bevor ich mit meiner Rede starte, darf ich vielleicht einen Mythos, den Kollege Schroll verbreitet hat dass die Regierung in Öster­reich mit diesem Budget nichts für den Bereich Soziales mache –, aufklären und eines festhalten: Ich zeige dir diese Grafik (eine Tafel, auf der ein Überblick über das Bud­get 2022 dargestellt ist, in Richtung SPÖ-Reihen zeigend), hier siehst du, dass die Hälfte des gesamten Budgets, das sind 47 Milliarden Euro, in Soziales investiert wird. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Hörl: Gewaltig!)

Du hast das Thema Energie angesprochen: 90 Millionen Euro werden alleine in unserer UG 43 für einkommensschwache Haushalte reserviert werden. (Beifall bei Abgeordne­ten von ÖVP und Grünen.) Die Länder machen wirklich sehr viel, das Land Salzburg hat einen Heizkostenzuschuss in der Höhe von 150 Euro pro Antrag beschlossen, interes­santerweise macht Kärnten etwas, Vorarlberg macht etwas, aber Wien? Schau bitte einmal nach Wien! In Wien ist der Heizkostenzuschuss ein Teil der Mindestsicherung. Ist das sozial? Jemanden einen Heizkostenzuschuss zu geben und zu sagen, dass er bei der Mindestsicherung abgerechnet wird (Zwischenrufe bei der ÖVP), das ist nicht sozial. Schaut euch das bitte an, bevor ihr mit dem Finger irgendwohin zeigt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Jetzt aber zum Budget: Aufschwung, Stabilität und Nachhaltigkeit  das zeigt uns die UG 43. Wir haben da eine Erhöhung von 253 Prozent geschafft, das ist wirklich hervor­ragend, das Budget steigt von 680 Millionen Euro auf 2,4 Milliarden Euro.

Es wurde heute kurz erwähnt, die Umweltförderung im Inland ist auch mir persönlich als Unternehmerin ein Anliegen, wir werden diese um 40 Millionen Euro erhöhen. Wir wollen gerade energieintensive Betriebe, die effizient sparen wollen, mit diesen 40 Millionen Euro unterstützen. Auch der Aufbauplan für Europa unterstützt mit 149 Millionen Euro, die für Kreislaufwirtschaft – das ist auch ein wichtiges Thema bei uns in Anspruch ge­nommen werden, klimafitte Ortskerne werden damit unterstützt, und es wird auch die Dekarbonisierung der Industrie damit unterstützt.

Ein Kernstück wird der Klimabonus sein. Kollegin Herr, Sie haben gesagt, der ist von der Postleitzahl abhängig. Ich darf Sie daran erinnern, wie viele Pendler es gibt, die tag­täglich in die Arbeit fahren und unser Budget finanzieren, die tagtäglich arbeiten und mit ihren Abgaben unser Budget finanzieren. Sie haben es nicht so leicht, dass sie in der Stadt in die U-Bahn einsteigen können. Es macht schon einen Unterschied, ob man in der Stadt wohnt oder ob man am Land wohnt, wo man ein Auto braucht, daher ist ein Klimabonus auch gerechtfertigt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir setzen mit diesem Budget wirklich die richtigen Anreize, um eben unsere Ziele zu erreichen. Was aber neben der Budgetierung noch wichtig, was mir persönlich als Ener­giesprecherin ein Anliegen ist: Wir haben uns Ziele gesetzt  wir haben das Erneuer­baren-Ausbau-Gesetz auf den Weg gebracht , die wir erfüllen wollen. Diese Ziele brau­chen die Akzeptanz der Bürger und Bürgerinnen, und da bitte ich wirklich um die Ak­zeptanz. Es kann nicht sein, dass wir nach sauberem Strom schreien, aber den Ausbau der Erneuerbaren blockieren.

Da bitte ich: Sprecht bitte mit den Menschen im Umweltbereich, denn es kann nicht sein, dass der Umweltschutz den Klimaschutz blockiert! So funktioniert das nicht, so werden wir ein Problem mit unserem Ziel bekommen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

14.47


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Kollege Erwin Angerer. – Bitte, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 575

14.47.23

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Staatssekretär! Ja, Herr Staatssekretär, Sie haben es grundsätzlich richtig gesagt: Es ist nicht die Frage, ob man etwas für den Klimaschutz tun muss, sondern die Frage ist, wie man es macht. Zur Frage des Wie: Sie haben heute gesagt, E-Fuels werden von der Bundesregierung unterstützt.

Es macht auch aus unserer Sicht Sinn, dass Verbrennungsmotoren mit Treibstoff, der CO2-neutral ist, auch weiterhin benutzt werden können. Die Klimaministerin, die heute nicht hier ist, stimmt auf der anderen Seite in Glasgow bei der Klimakonferenz dafür, dass Verbrennungsmotoren ab 2030 verboten werden. Also wie passt das in dieser Bun­desregierung zusammen, wenn der eine hü und der andere hott sagt? Wenn die Klima­ministerin dafür stimmt, dass Verbrennungsmotoren in Österreich ab 2030 verboten werden, dann können Sie Ihre E-Fuels – ich weiß nicht wohin – nicht mehr in einen Motor schütten. Man kann das vielleicht aufheben, bis die Freiheitlichen wieder in der Regie­rung sind, dann können wir sie wieder einsetzen.

Offensichtlich setzt die Klimaministerin, Frau Gewessler, ausschließlich auf E-Mobilität. Da sind wir beim nächsten Thema: Wo wird der Strom herkommen, den wir für diese gesamte E-Mobilität brauchen? – Jeder der das kleine Einmaleins beherrscht, weiß, dass das mit den vorhandenen Ressourcen – seien es die Netze, seien es die Energieer­zeuger – nicht machbar ist. Wenn man jetzt damit beginnt, stabile Energieerzeuger ab­zuschalten, und auf der anderen Seite als Ersatz völlig instabile Energieerzeugung über Wind und Sonne herstellen will – also das wird nicht funktionieren. Da braucht man kein Wissenschaftler zu sein, um das heute schon zu wissen.

Das nächste Thema ist die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen: Sie wollen jetzt eine CO2-Bepreisung, wie Sie es nennen, einführen. Das ist nichts anderes als eine Steuer, eine Steuer auf Energie, eine Steuer auf Treibstoffe, eine Steuer auf alles, was die Leute brauchen, ob es der Pendler ist, ob es die Menschen sind, die ihre Häuser heizen. Sie besteuern das und wollen damit einen Lenkungseffekt erzielen, dass die Menschen dann in diesem Bereich CO2 einsparen.

Auch da gibt es massive Zweifel daran, ob das überhaupt einen Lenkungseffekt haben wird, ob das überhaupt eine Auswirkung oder vielleicht sogar den gegenteiligen Effekt haben wird. Wie gestern Kollege Fuchs schon gesagt hat, führt es zu der Absurdität, dass bei der Ausschüttung des Klimabonus derjenige auf der einen Straßenseite einen anderen Betrag als Klimabonus bekommt als der andere auf der anderen Seite.

Sie wissen auch heute noch nicht – ich habe Sie im Ausschuss danach gefragt –, wie Sie das überhaupt auszahlen werden, ob Sie es bar auszahlen oder ob Sie es über eine Steuererleichterung machen. Das ist alles noch nicht geklärt. Also das sind alles Unsi­cherheiten und sie belasten im Grunde niemand anderen als die Bevölkerung, die Bürger.

Wir haben ja heute schon sehr viel Besteuerung, die CO2 betrifft, indirekte CO2-Steuern. Das Wifo hat errechnet, dass durch die indirekte CO2-Steuer, sprich Energiesteuer bei­spielsweise auf Benzin pro Tonne schon 195 Euro Steuer darauf sind, beim Diesel sind es 147 Euro, beim Heizöl 40 Euro, beim Gas 30 Euro und bei der Kohle 18 Euro. Jetzt kommen noch die 30 Euro durch die ökosoziale Steuerreform, wie Sie das nennen, dazu, die aus unserer Sicht weder ökologisch noch sozial ist. Zusätzliche Belastungen haben die Haushalte heute schon, die natürlich auch diese Energiesteuer bezahlen werden. Man geht von, auch wieder eine Berechnung des Wifo, 127 Euro pro Haushalt pro CO2-Tonne aus. Bei einem Haushalt mit einem Verbrauch von circa 20 000 kWh Leistung im Jahr, für Heizung, für Strom, für Wasser, für was auch immer, reden wir da heute von einer Belastung des Haushalts von 500 Euro; das ist die Belastung, die jetzt schon ge­geben ist.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 576

Ein zweiter wesentlicher Faktor, der neben Ihrer Steuerbelastung die Energiepreise in die Höhe treibt, ist die falsche Wirtschaftspolitik – sowohl in Österreich als auch auf EU-Ebene. Es gibt in diesen Bereichen eine extreme Preissteigerung. Es geht um Treibstoffe und Heizöl, also genau um die Dinge, die Pendler brauchen und die Leute insgesamt brauchen, um ihre Wohnungen warm zu halten. Warum die EU? – Weil man es auf EU-Ebene versäumt hat, mit unserem größten Lieferanten, Russland, langfristige Verträge abzuschließen und entsprechende Preisstabilität herzustellen. Heute gibt es riesige Preissteigerungen in all diesen Bereichen und die belasten unsere Haushalte.

Zusätzlich gibt es dann noch die Inflation, die jetzt explodiert; der Nationalbankpräsident hat schlaflose Nächte. Man weiß nicht, was da in den nächsten Jahren noch auf uns zukommen wird. Es wird jedenfalls eine massive Belastung auf die österreichische Be­völkerung insgesamt, vor allem auf die sozial schwachen Gruppen zukommen. 1,2 Mil­lionen Menschen leben in Österreich an der Armutsgrenze, und Sie treiben diese Men­schen in die Energiearmut. Diese Regierung treibt die Menschen in die Energiearmut: Auf der einen Seite die Belastung über diese Steuer und auf der anderen Preissteige­rungen beim Strom und für das Heizen. Das heißt, in Österreich werden die Lichter in den Häusern ausgehen, das ist zu befürchten.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Energiearmut bekämpfen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend ein Fördermodell zu entwickeln, das garantiert, dass Personen und Haushalte, die aufgrund der gestiegenen Energiepreise ihre Strom- und Gasrechnungen nicht mehr zahlen können, jedenfalls über eine gesi­cherte Strom- und Gasversorgung verfügen und ihre Wohnungen entsprechend heizen können.

Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert, im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf die heimischen Energieversorgungsunternehmen, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist, entsprechend einzuwirken, dass diese von Strom- und Gaspreiserhöhungen jeden­falls Abstand nehmen.“

*****

Ich hoffe, so viel soziales Herz hat diese ÖVP noch, dass sie den Menschen in Österreich zumindest das Heizen ermöglicht. (Beifall bei der FPÖ.)

14.53

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer, MMMag. Dr. Axel Kassegger, Dr. Dagmar Belako­witsch

und weiterer Abgeordneter

betreffend Energiearmut bekämpfen

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 4: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen


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(1157 d.B.) (UG 43 Klima, Umwelt und Energie) in der 129. Sitzung des Nationalrats am 18. November 2021

Die Inflation erreichte bereits im August dieses Jahres ein Niveau, wie schon seit zehn Jahren nicht mehr.

Insbesondere die stark gestiegenen Treibstoff- und Energiepreise sind für einen Anstieg der Inflation auf 3,2 % im August 2021 verantwortlich. Noch im Juli lag die Inflation bei 2,9 %. Insbesondere Haushaltsenergie schlug mit einer Verteuerung im Vergleich zum Vorjahr von im Schnitt 8,6 Prozent zu Buche. Die Preise für Strom stiegen um 7 Pro­zent, für Heizöl um 30 Prozent und für Gas ebenfalls um rund 7 Prozent. (APA0146/
17.Sep 2021)

Wie die Tageszeitung „Die Presse“ am 1. Oktober 2021 berichtete, erreicht laut Schnell­schätzung der Statistik Austria die Inflationsrate auch im September 3,2 Prozent. Vor allem die hohen Energie- und Spritpreise sorgen für die Teuerung.

Diese auf ein 10-Jahres-Hoch gestiegene Inflationsrate stellt ein massives Alarmsignal für die durch die Corona-Politik der Regierung bereits massiv belasteten Bürger in Öster­reich dar.

Wie drastisch sich die Situation für die heimische Bevölkerung entwickeln wird, veran­schaulicht Reinhold Baudisch von der Vergleichsplattform durchblicker.at, der „von rund 500 Euro ausgeht, die ein Durchschnittshaushalt mit einem Jahresverbrauch von 3500 Ki­lowattstunden (kWh) Strom und 15.000 kWh Gas mehr zahlen muss, 400 Euro allein für Gas.“

Der Großhandelspreis von Erdgas ist seit Jahresbeginn um rund 440 Prozent gestiegen. Gas wird genutzt zum Heizen, aber auch zur Stromerzeugung – der fossile Brennstoff hat also auch Einfluss, wie viel Strom kostet. In Deutschland ist Strom an der Börse seit Jänner um 140 Prozent teurer geworden. Das ist der maßgebliche Markt, der die Preis­bildung bei Strom auch in Österreich bestimmt. Während in Deutschland, wo ein CO2-Preis auf Kohle, Benzin, Diesel, Heizöl und Gas (25 Euro/Tonne) Anfang 2021 eingeführt wurde, schon etliche Versorger Preiserhöhungen durchgeführt haben, hat sich in Öster­reich bisher nur Montana aus der Deckung gewagt. Der aus Deutschland stammende Energiehändler verteuert den Arbeitspreis für Gas ab November um 67 Prozent. (Stan­dard, 05.10.2021)

Anstatt Maßnahmen zu setzen, um diese enorme Belastung der Bürgerinnen und Bürger insbesondere durch stark gestiegene Energiekosten einzudämmen, macht diese Bun­desregierung geradezu das Gegenteil.

So kommt mit dem jüngst beschlossenen Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz eine weitere Belastungslawine auf die Haushalte zu, zumal künftig 1 Mrd. Euro jährlich von den Ener­gieverbrauchern aufzubringen sind.

„Die Sorge ist groß, dass die durchaus üppigen Budgetmittel im EAG zu signifikanten Zusatzbelastungen für Haushalte und Betriebe führen könnten. Tatsächlich dürften sich die energiebezogenen Ausgaben mittelfristig erhöhen-,“ so Rechtsanwalt Florian Stangl im Standard am 2. August 2021.

Als ob damit die heimische Bevölkerung nicht schon genug belastet wäre, hat die türkis-grüne Bundesregierung mit der kürzlich präsentierten „ökosozialen“ Steuerreform bewie­sen, dass sie vor weiteren enormen Belastungen für die Österreicherinnen und Öster­reicher nicht zurückschreckt:

So werden sich die Kosten für das Heizen massiv weiter erhöhen.

Denn allein die CO2-Steuer, die ab Mitte des Jahres 2022 Treibstoffe, Öl und Gas ver­teuern wird, wird in weiterer Folge das Heizen für viele Menschen unleistbar machen.


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Herbert Lechner von der Energieagentur rechnet damit, dass Bewohner von Einfamilien­häusern, die beispielsweise mit Gas heizen, dann mit Mehrkosten von 220 Euro rechnen müssen. Jene, die mit Öl heizen, müssen sogar 290 Euro zusätzlich bezahlen.

Der in diesem Zusammenhang in Aussicht gestellte Klimabonus in der Höhe von 100 bis 200 Euro jährlich kann vor dem Hintergrund dieser auf die Österreicherinnen und Öster­reicher zukommenden Teuerungen wohl nur als blanker Hohn bezeichnet werden und deckt die von der türkis-grünen Bundesregierung zusätzlich verursachten Mehrkosten für Energie, Heizen und vor allem Treibstoffe bei weitem nicht ab.

Diese Teuerungen stellen zudem eine große Bedrohung für den wirtschaftlichen Auf­schwung dar, wie der Standard in seiner Ausgabe vom 18. September 2021 berichtet:

„Die gestiegenen Energiekosten belasten zunehmend auch die wirtschaftliche Erholung nach dem Corona-Schock. In Großbritannien hat etwa ein Düngemittelhersteller erste Fabriken geschlossen, weil sich die Produktion bei dem hohen Gaspreis nicht lohne. In mehreren Ländern will die Politik nun durchgreifen. In Spanien wurde diese Woche per Dekret ein Dringlichkeitsprogramm zur Senkung des Strompreises verabschiedet, weil seit dem Frühsommer der Strompreis unaufhörlich steigt. Eine Megawattstunde kostet mittlerweile bereits 172 Euro, im Mai waren es im Schnitt noch 65 Euro. Von Jänner bis Mitte September schoss die Stromrechnung für spanische Endverbraucher um 34,9 Pro­zent nach oben. (…)

Laut einer Schätzung der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) dämpfen diese Ef­fekte den Anstieg der österreichischen Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal um 0,3 bis 0,4 Prozentpunkte und im dritten Quartal um 0,2 Prozentpunkte. In absoluten Zahlen ausgedrückt summiert sich der Verlust im zweiten und dritten Quartal auf rund eine Dreiviertelmilliarde Euro.“

Gerade die Haushalte mit geringen Einkommen werden in der bevorstehenden kalten Jahreszeit durch die steigenden Energiekosten und die die Teuerung anfeuernden Maß­nahmen durch die Bundesregierung am stärksten belastet.

 „Die Entwicklung effektiver Konzepte zur Bekämpfung der sich mit steigenden Strom- und Gaspreisen verschärfenden Energiearmut steht noch am Anfang.“ (Florian Stangl im Standard am 2. August 2021)

Daher ist es dringend an der Zeit, dass diese Bundesregierung nicht nur endlich von weiteren Belastungsmaßnahmen, die das Leben der Österreicherinnen und Österrei­chern weiter verteuern, Abstand nimmt, sondern umgehend effektive Maßnahmen setzt, um Energiearmut in Österreich wirksam zu verhindern.

Aus Sicht der unterfertigten Abgeordneten ist daher vor dem Hintergrund dieser dramati­schen Entwicklungen umgehend ein Fördermodell zu entwickeln, das garantiert, dass Haushalte, Familien, Alleinerzieher, Pensionisten, Arbeitslose etc. mit geringen Einkom­men, die Gefahr laufen, aufgrund der gestiegenen Energiepreise ihre Strom- und Gas­rechnungen nicht mehr zahlen zu können, jedenfalls ständig über eine gesicherte Strom- und Gasversorgung verfügen und ihre Wohnungen entsprechend heizen können.

Darüber hinaus sind als eine weitere dringende Maßnahme die Energie-versorgungsun­ternehmen, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist, aufgefordert, die Energiepreise einzufrieren und jedenfalls nicht zu erhöhen.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachste­henden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


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„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend ein Fördermodell zu entwickeln, das garantiert, dass Personen und Haushalte, die aufgrund der gestiegenen Energiepreise ihre Strom- und Gasrechnungen nicht mehr zahlen können, jedenfalls über eine gesi­cherte Strom- und Gasversorgung verfügen und ihre Wohnungen entsprechend heizen können.

Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert, im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf die heimischen Energieversorgungsunternehmen, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist, entsprechend einzuwirken, dass diese von Strom- und Gaspreiserhöhungen jeden­falls Abstand nehmen.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nunmehr Frau Dr.in Astrid Rössler. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.54.06

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuse­her zu Hause vor den Bildschirmen! Zum Thema Klima und Energie ist heute schon einiges erörtert worden. Als Umweltsprecherin darf ich Ihnen die lange Liste der anderen sehr wichtigen Umweltagenden etwas näherbringen. Denn hinter den vergebenen Bud­getmitteln verstecken sich oder präsentieren sich ja in Wahrheit wichtige Projekte, die in den kommenden Jahren geplant sind.

Klimaschutz braucht eine intakte Natur, nicht nur eine Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten und ihrer Lebensräume, sondern auch intakte Ökosysteme. Nur intakte Ökosysteme sind widerstandsfähige Ökosysteme. Nur so können Ökosysteme ihre vielfältigen Leistungen für die Gesundheit der Menschen, für die Erzeugung von Lebensmitteln, für saubere Luft und sauberes Wasser erbringen, nur dann können sie ihre Wirkung entfalten. Das Um­weltbudget ist daher ein Zukunftsbudget, ein Budget für eine gesunde Umwelt und Natur.

Dieses Zukunftsbudget widmet sich in mehreren Schwerpunkten vielfältigen Aufgaben in diesem Bereich. Erster Schwerpunkt: Biodiversitätsfonds. 80 Millionen Euro stehen in den nächsten Jahren für die Wiederherstellung von bereits geschädigten Ökosystemen zur Verfügung, aber auch für den Schutz von gefährdeten Tier- und Pflanzenarten und Lebensräumen. Davon stammen 50 Millionen Euro aus dem EU- Recoveryfund. Das ist ein wichtiger Beitrag, um die Naturraumqualität, die Ökosysteme zu verbessern, zu er­halten und den negativen Trend zu stoppen.

Zweiter Schwerpunkt: Abfallwirtschaft – das ist ein großes, ein bedeutendes Kapitel, weil es mit Ressourcenverbrauch, aber auch mit Schadstoffeinträgen in die Umwelt, in die Natur zusammenhängt. An erster Stelle geht es um Vermeiden, Wiederverwenden und Verwerten. Dazu gehört das große Kreislaufwirtschaftspaket, das wir morgen hier im Ausschuss erörtern und beschließen werden, worauf ich mich sehr freue. Es enthält das lang ersehnte Mehrwegsystem für Getränkeverpackungen und auch ein Pfand für Ein­wegverpackungen, Plastik und Getränkedosen. Allein dafür stehen in den nächsten Jah­ren 110 Millionen Euro zur Verfügung, um einen größeren Umbau der Abfüllanlagen, der Reinigungsanlagen, aber auch der Rücknahmeautomaten zu unterstützen. 110 Millio­nen Euro gehen also in das Kreislaufwirtschaftspaket.

Es werden auch Reparaturen gefördert. Allein dafür gibt es 130 Millionen Euro Repa­raturbonus. Das Abfallwerden bei Elektronik und Elektrogeräten wird damit maßgeblich hinausgezögert. Gerade in dem Bereich haben wir die größten Zuwächse bei Abfällen.


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Textilien und Elektro- und Elektronikgeräte zeigen derzeit bei den Abfällen leider einen starken Aufwärtstrend.

Mikroplastik als Eintrag in Boden und Wasser – Mikroplastik ist leider allgegenwärtig, sogar in unseren Gletschern ist es nachzuweisen. Es ist auch ein Aktionsplan zur Ver­meidung von Mikroplastik in Vorbereitung.

Abfallwirtschaft bedeutet auch, die Verschwendung zu stoppen. Der Aktionsplan gegen Lebensmittelverschwendung ist ein weiterer Schwerpunkt in diesem Bereich.

Die Redezeit wird zu kurz. Drei Schwerpunkte darf ich noch kurz anreißen. Der dritte Schwerpunkt ist Flächenverbrauch stoppen, den Flächenverbrauch maßgeblich senken. Dazu kommt noch das Altlastensanierungsgesetz. Brachflächenrecycling wird geför­dert – wichtig aus dem Altlastensanierungsgesetz und längst überfällig – und die Mehr­fachnutzung. Alte stillgelegte Deponien können mit PV-Anlagen ausgestattet auch Ener­gie liefern.

Vierter Schwerpunkt: Schadstoffe reduzieren. Da geht es in erster Linie um Luftschad­stoffe. Das ist eine Aufgabe des Gesundheitsschutzes. Es geht auch darum, unsere Ökosysteme zu unterstützen und intakt zu halten.

Und schließlich fünftens: Da geht es um den Beitrag der öffentlichen Verwaltung als großer Hebel für umweltfreundliche Beschaffung, für nachhaltige, ressourcenschonende Beschaffung. Der Aktionsplan für nachhaltige Beschaffung ist ein großer Wurf im Bereich der öffentlichen Beschaffung des Bundes. Ich hoffe sehr, dass sich auch Länder und Gemeinden bald mit Beschlüssen diesem Beschaffungssystem anschließen werden. Das ist eine Einladung an die Gemeinden, das zu übernehmen, weil es ein großer Hebel für Nachhaltigkeit ist.

Das Umweltbudget ist ein Topbudget, und ich freue mich auf seine Umsetzung. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

14.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Dr. Helmut Brandstätter. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.58.59

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ja, wir reden über Geld und damit auch über die Mittel für die Forschung. Übri­gens: Die Arbeit als Sprecher für Forschung macht sehr viel Freude, weil man mit sehr interessanten, großartigen Menschen in Österreich zusammenkommt, die natürlich dann schon auch manchmal klagen. Ich habe ja schon einige zitiert, die mir über die Wissen­schaftsfeindlichkeit im Land geschrieben haben, die es zwar schon immer gegeben hat, die aber in letzter Zeit doch viel stärker geworden ist. Ich freue mich auch über die Über­einstimmung in diesem Punkt mit Professor Taschner.

Ich darf dazu Frau Professorin Saskia Stachowitsch vom Österreichischen Institut für Internationale Politik zitieren. Sie schreibt über eine steigende Wissenschaftsfeindlich­keit auch von politisch Verantwortlichen. Unabhängige Wissenschaft ist aber ein Grund­pfeiler einer informierten und kritischen Öffentlichkeit und damit auch der Demokratie.

Oder Herr Prof. Zielinski, Onkologe, Sie kennen ihn: Wir verdanken Wissenschaftern alle Fortschritte einschließlich der überaus raschen Entwicklung einer effektiven Impfung, der österreichischen Politik aber alle Probleme, Ischgl, Oberösterreich, Salzburg. – Zitat­ende.

Ich glaube, dass das ganz wichtig ist. Ich habe auch Herrn Prof. Greil hier schon zitiert, der sagt: Ist Ihnen klar, dass Sie auch Verantwortung tragen? Uns Ärztinnen, Ärzten ist es sekündlich klar, und das hat natürlich auch unmittelbare Auswirkungen.


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Unmittelbare Auswirkungen hat aber auch das, was hier beschlossen wird. Natürlich kann man sich dann freuen – wenn man schon manchmal an der natürlichen Intelligenz zweifelt –, dass künstliche Intelligenz auch verstärkt in Österreich stattfinden soll. Die Frage ist, ob künstliche Intelligenz auf ein Plakat „Die Pandemie“ ist „gemeistert“ ge­schrieben hätte. – Vermutlich nicht. Man hätte sich ja auch nur mit den Wissenschafterin­nen und Wissenschaftern beschäftigen müssen, dann hätte man diese ungeheuerliche Täuschung der Menschen in Österreich nicht vorgenommen. Ich warte noch immer auf eine Erklärung, warum das der Fall war, warum man hier die Menschen vorsätzlich ge­schädigt hat, indem man ihnen gesagt hat, die Covid-Pandemie sei vorbei. Sie ist nicht vorbei und wir erleben das in diesen Tagen sehr schmerzvoll.

Künstliche Intelligenz: Ja, das Gute ist, es soll jetzt endlich eine KI-Strategie geben, sie ist in Alpbach vorgestellt worden. Österreich soll international anerkannter Forschungs- und Innovationsstandort für KI werden. Es sind auch Zahlen genannt worden, Investi­tionen sollen um 3 Prozent steigen, das Wirtschaftswachstum wird um 3 Prozent bis 2035 steigen – alles wunderbar.

Aber nicht genannt worden ist: Wie wird sie finanziert? – Die Deutschen haben eine KI-Strategie vorgelegt, die mit 3 Milliarden Euro finanziert wird, die Österreicher haben eine KI-Strategie vorgelegt, die stattfinden wird oder nicht, weil sie eben nicht finanziert ist und niemand weiß, wo das Geld herkommt. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Um noch etwas Positives zu sagen: Die KI wird natürlich unser aller Leben verändern, und auch damit müssen wir uns beschäftigen. Da gibt es in Wien eine Forscherin, Frau Sarah Spiekermann, eine Wirtschaftsinformatikerin, die schon Regeln dafür aufgestellt und das vor Kurzem auch bekannt gegeben hat. Das ist auch etwas, womit sich die Politik beschäftigen soll. Wie gesagt, das Positive ist, dass wir im Land auch Menschen haben, die sich intensiv damit beschäftigen.

Ich möchte aber zu einem weiteren Forschungsschwerpunkt kommen, nämlich zur Welt­raumforschung: Da haben wir im Forschungsausschuss ein sehr interessantes Ge­spräch mit Josef Aschbacher geführt, dem Chef der ESA, der European Space Agency, einem Österreicher, der uns allerdings sehr deutlich darauf aufmerksam gemacht hat, dass unser Beitrag zur ESA dadurch, dass wir ihn nicht aufgestockt haben, im Vergleich immer weiter zurückgeht, und dass wir ihn verdreifachen müssen, damit wir halbwegs mit Ländern wie etwa der Schweiz mithalten können.

Das tun wir nicht, und was ist der Effekt? – Der Effekt ist, dass bei allem Wettbewerb, den es da geben soll, weniger Geld nach Österreich zurückfließt. Alle haben uns erklärt, auch die Frau Bundesministerin: Jeder Euro, der in Weltraumforschung investiert wird, kommt vielfach zurück. Wir investieren ihn aber nicht, also wird er auch nicht zurückkom­men, und das ist ein großes Versäumnis.

Nicht nur, dass wir zu wenig investieren, nein, wir verjagen auch Menschen, die in die­sem Bereich sehr gut sind. Herr Aschbacher hat uns ein Beispiel genannt und ich habe das inzwischen recherchiert: Das ist Spire Global. Peter Platzer, einer dieser Forscher, hat ein Unternehmen in Österreich entwickelt, und wollte es in Österreich ausbauen. Er hat Nanosatelliten entwickelt, das sind Satelliten in der Größe einer Schuhschachtel, mit denen zum Beispiel das Wetter beobachtet werden kann oder andere Erdbeobachtun­gen gemacht werden können. Er wollte in Österreich Forschungsförderung, er hat sie nicht bekommen. Er hat in Österreich versucht, Venturecapital aufzustellen, das hat er nicht bekommen. Was hat er gemacht? – Er ist ins Silicon Valley gegangen, hat seine Firma dorthin gebracht, hat sie inzwischen im August an die Börse in New York gebracht, und sie ist weit über 1 Milliarde Euro wert.

Das sind Chancen, die wir uns permanent entgehen lassen, weil wir zu wenig an der richtigen Stelle investieren und weil die Stimmung im Land nicht danach ist, die besten


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Leute im Land zu halten. Ich rede bewusst von einer Elite, und zwar nicht von einer Elite im Sinne der Familie – du gehörst eh dazu! –, sondern im Sinne einer Elite, weil sie eben die Besten sind, weil sie großartige Forschungsleistung erbringen.

Das können wir leider nicht, und deswegen habe ich Ihnen natürlich ein Buch mitge­bracht, weil man ja auch irgendwann den Einstieg finden kann. Ich lese es auf Englisch vor, das ist höflicher: „Geschichte der Wissenschaft für Dummies“. (Der Redner hält das genannte Buch von Winfried Göpfert in die Höhe.) Ich kann das wirklich sehr empfehlen, da lernt man sehr viel Positives über die Entstehung der Wissenschaft. Menschen, die sagen, dass wir, wenn wir zu viel auf die Umwelt Rücksicht nehmen, in die Steinzeit zurückkommen, werden da ein bissel Probleme haben. Die Steinzeit liegt dann doch ein bissel länger zurück – für diejenigen, die sich nicht auskennen. Es beginnt mit den Su­merern, ist aber auch interessant, und enthält sehr viele Details, übrigens auch einen interessanten Artikel über die Null und wer sie erfunden hat. Das ist nicht politisch ge­meint, aber man kann es auch in diesem Sinne lesen, wenn man will.

Das Buch kann ich nur wärmstens empfehlen, und vielleicht trägt es, wenn es mehr Leute lesen, auch dazu bei, dass wir ein bisschen weniger Wissenschaftsfeindlichkeit im Land haben. Es würde uns mehr Wohlstand bringen. – Danke. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Litschauer.)

15.05


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Michael Ham­mer. – Bitte sehr.


15.05.36

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Wir beschäftigen uns mit dem großen Budgetbereich und Kapitel Klima, Umwelt und Energie. Wenn man sich alleine die oberflächliche Budgetanalyse für diesen gesamten Bereich mit einer Steigerung von 253 Prozent anschaut, so muss man sagen, dass es dafür normalerweise nur zwei Erklärungen gibt: Entweder geht es um ganz kleine Beträ­ge, bei denen es einmal irgendeine Veränderung gibt, was durch eine kleine Erhöhung im Prozentsatz so und so viel ausmacht, oder es gibt eine fundamentale Veränderung im gesamten Budgetbereich. Genau darum handelt es sich bei diesem Budgetübergang für das Jahr 2022 und dem Bundesfinanzrahmen für die Folgejahre. Durch die Umset­zung der ökosozialen Steuerreform, durch den Einstieg in die CO2-Bepreisung und durch die Kompensation durch die Einführung des regionalen Klimabonus – und das ist ja ein großer Teil des Budgets, der da abgebildet ist – handelt es sich daher wirklich um eine Systemänderung größeren Ausmaßes. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Es ist aber parallel dazu – man muss sich die Zahlen dann natürlich auch genauer an­schauen – nicht nur diese Umstellung, die die große Budgetveränderung ausmacht, son­dern es steigt auch das Budget für den gesamten Umweltbereich um insgesamt 117 Mil­lionen Euro, wodurch zusätzliche Maßnahmen für die Umwelt, für den Klimaschutz ge­setzt werden können. Ich glaube, auch das kann sich sehen lassen, weil da wirklich sehr viel gemacht werden kann.

Ich möchte ein paar Sätze zur ökosozialen Steuerreform, die wirklich ein Meilenstein ist, sagen: Sie beginnt mit einem moderaten Einstieg in die CO2-Bepreisung, und es war uns natürlich wichtig, dass das nicht zu stark beginnt, moderat und verträglich ist und vor allem auch als Förderung und Anreiz für umweltfreundliches Verhalten wirkt. Ich glaube, das ist für den Umwelt- und Klimaschutz sehr, sehr wichtig.

Uns war aber auch wichtig – und das ist in der ökosozialen Steuerreform abgebildet –, dass wir im Gegenzug die Österreicherinnen und Österreicher, vor allem auch die Fami­lien, entlasten, was wir durch die Steuerreform mit der Senkung des Einkommensteuertarifs,


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mit der Erhöhung des Familienbonus um 500 Euro und mit der Einführung des regiona­len Klimabonus zur Kompensation der CO2-Bepreisung gemacht haben. Was mir auch besonders wichtig ist: Wir haben uns auch darauf geeinigt, dass die Pendlerpauschale bestehen bleibt, damit die Pendlerinnen und Pendler entsprechend entlastet sind.

Ich möchte abschließend auch noch sagen, weil das im Budget sehr gut dargestellt und mir vor allem auch sehr wichtig ist, dass wir bei politischen Maßnahmen immer auch auf deren Wirkung schauen. Schaut man sich im Bereich Klimaschutz und Umwelt die Wir­kungsziele an, dann weiß man, das sind wirklich solche, durch die wir unser Ziel, Klima­schutz mit Hausverstand, auch umsetzen können, weil messbar ist, wie wirkungsvoll und wie sinnvoll Maßnahmen sind, die wir umsetzen.

Ich denke da nur an die Quote des Anteils an erneuerbaren Energieträgern oder wie viele Beschäftigte und wie viel Wertschöpfung es im Bereich der Umwelt- und Energie­technologie gibt, sodass man wirklich auch sieht, wie diese Green Jobs durch die Sys­temumstellung entstehen. Es gibt eine Reihe weiterer Kennzahlen, die wirklich sehr aus­sagekräftig sind und das politische Handeln auch messbar machen.

Ich glaube, wir haben hier wirklich ein gutes Budget für Umwelt- und Klimaschutz, und wir tragen das auch sehr gerne mit. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schallmeiner.)

15.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Litschauer. – Bitte.


15.09.09

Abgeordneter Ing. Martin Litschauer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Danke für die Vorrede, ich kann mich da im Wesentlichen anschließen. Es gibt nur einen Begriff, der mich ein bissel triggert, und das ist der Begriff: Klimaschutz mit Hausverstand. Das hat aber jetzt nichts mit dem Vorredner zu tun, sondern eher mit einer anderen Fraktion, die da in der Mitte sitzt, denn wenn der Begriff dort verwendet wird, triggert mich das, weil es dann meistens heißt: Jetzt will jemand auf die Bremse steigen. Das hat manchmal, glaube ich, damit zu tun, dass sich der Hausverstand zwar mit den Erfahrungen der Vergangenheit beschäftigt, aber wenig mit der Innovation nach vorne. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Das merkt man dann auch daran, dass die Energieeffizienz nicht an vorderster Stelle steht, und das merkt man speziell in der Diskussion um die E-Fuels.

CO2-neutral heißt noch lange nicht, dass das eine Lösung ist, denn auch diese Kraft­stoffe produzieren Abgase, auch diese Verbrennungsmotoren produzieren Lärm, und beides wollen wir nicht haben. (Abg. Deimek: Das ist einmal eine Ansage!) Dann kommt noch dazu, dass diese E-Fuels fünf- bis zehnmal so viel Energie brauchen wie ein Elek­troantrieb. Wenn ich hier höre, ein Vorschlag ist, wir importieren diese E-Fuels aus Saudi-Arabien, dann bin ich gespannt, wie das funktionieren soll, denn um diese E-Fuels stellen sich an: die Containerschiffe, die Flugzeugindustrie; alle möglichen Industrien wollen das haben, und ihr glaubt wirklich, dass diese E-Fuels nach Österreich kommen, wenn sie nicht irgendwo im Suezkanal stecken bleiben oder sonst irgendwo verbraucht werden! Ihr versprecht Lösungen, die nicht kommen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Deimek: ... da wärt ihr aber schön dumm!)

Der Hintergrund ist: Man will nur einen Verbrennungsmotor am Leben erhalten und sucht eine Argumentationskette, und die Primärenergie ist wurscht! Wir können es uns nicht leisten, fünf- bis zehnmal so viel Energie zu verschwenden, nur damit man einen Motor am Leben erhält. (Abg. Deimek: ... im Waldviertel nicht angekommen! Fahrt einmal nach ...!)

Da bin ich gleich beim nächsten Thema: Ich kann nicht nachvollziehen, warum wir uns in die Importabhängigkeit von Saudi-Arabien stürzen wollen. (Beifall bei den Grünen. –


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Zwischenbemerkung von Staatssekretär Brunner.) Wir haben uns Jahrzehnte in die Ab­hängigkeit von Russland begeben, weil es genug Leute gegeben hat, die behauptet haben, Erdgas sei die Brückentechnologie. Erdgas ist eh die Brückentechnologie – die Brückentechnologie in die Energiearmut, denn dahin hat man nämlich die Kunden ge­führt. Jahrzehntelang hat man ihnen verkauft, Erdgasheizungen seien die Zukunft. – Das waren sie nie! Ich habe vor zwei Jahrzehnten schon gesagt, wir müssen raus aus Erd­gas, und jetzt haben wir das Dilemma, dass viele an diesen Erdgasheizungen hängen und nicht wissen, wie sie die Gasheizungen zahlen sollen. (Beifall bei den Grünen.)

Wer hat denn das zu verantworten? Wenn wir nach Wien schauen: Warum gibt es denn dort so viel Gas? Wer ist denn nach Russland gefahren und hat die Erdgasverträge ab­geschlossen, sodass wir jetzt in der Bredouille sitzen? – Da muss ich leider nach links (in Richtung SPÖ blickend) schauen. Ihr wisst jetzt nicht, wie ihr aus der Verantwortung herauskommt, die ihr jahrzehntelang mit aufgebaut habt, und schlagt jetzt vor, dass wir die Mehrwertsteuer auf Gas senken. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Etwas Besseres fällt euch nicht ein? Das Senken der Mehrwertsteuer auf Erdgas, damit die Pools weiter billig geheizt werden können, damit die Penthousewohnungen billig ge­heizt werden können, weil es egal ist, damit man ja das System Erdgas weiter am Leben erhält – das kann doch nicht die Lösung sein! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Einwallner.)

Wir haben mit dem Klimabonus ein System geschaffen – das hat Kollege Koza gestern sehr gut erklärt –, das vor allem die niedrigen Einkommen entlasten soll, und genau da müssen wir ansetzen, aber doch nicht mit einer allgemeinen Senkung der Mehrwert­steuer! Wir sagen immer, Klimaschutz ist nur eine von zwei Seiten der Medaille, das habe ich auch vorhin gehört, aber die Senkung der Mehrwertsteuer auf Erdgas ist genau das Gegenteil von Klimaschutz. Wenn Sie da so mit gespaltener Zunge reden, muss ich gestehen, das halte ich nicht mehr aus. Wenn wir Klimaschutz haben wollen, dann kön­nen wir nicht mit gespaltener Zunge sprechen. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

15.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Eßl. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


15.13.43

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Meine geschätzten Kolle­ginnen und Kollegen! Herr Staatssekretär! Da ist sehr viel Emotion dahinter, aber man merkt, dass Kollege Litschauer wirklich mit Herzblut bei diesem Thema ist. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir diskutieren heute das Budget für 2022 und den Finanzrahmen bis 2025, und ich möchte zum Thema Mobilität, UG 41, Stellung nehmen.

Der Herr Staatssekretär hat in seinem Eingangsstatement schon gesagt, dass da sehr viel Emotionalität dahintersteckt, wenn es um die Mobilität geht, denn diese ist im Leben jedes einzelnen Menschen wichtig. Darum ist es auch wichtig, dass die Zahlen im Budget für dieses Thema entsprechend stimmen.

Es ist gelungen, dass dieser Komplex Mobilität in der Untergliederung 41 für die laufende Finanzperiode bis 2025 um 668,4 Millionen Euro angehoben wird, und 430 Millionen Euro davon stehen für regionale Klimatickets zur Verfügung.

Ich bedanke mich auch dafür, dass das klare Bekenntnis von dir, Herr Staatssekretär, gekommen ist, aber auch schon von der Frau Ministerin bei vergangenen Sitzungen, dass die Politik, in der man Anreize schafft, besser ist als die Politik, in der man mit


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Verboten agiert. (Abg. Wurm: Aha! – Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Das Klima­ticket ist ein solches Vorzeigeprojekt, mit dem man das entsprechend schafft.

Das Klimaticket ist wirklich ein Erfolgsprojekt, aber es gibt natürlich auch Verbesserungs­möglichkeiten in der Verkehrsinfrastruktur. Das Klimaticket ist für sehr, sehr viele Men­schen eine gute Alternative, aber nicht für alle. Es ist in der Diskussion schon erwähnt worden, dass natürlich am Land draußen die Menschen nicht die U-Bahn vor der Haustür haben, in die sie einsteigen können. Es ist auch gesagt worden, dass natürlich die Leute, die zur Arbeit, zum Einkaufen müssen, etliche Kilometer fahren müssen und dafür das öffentliche Verkehrsmittel nicht zur Verfügung haben.

Es ist also notwendig, dass man da Alternativen schafft. Auch ich würde gerne das Kli­maticket nutzen, aber wenn es eine Vormittagssitzung in Wien gibt, komme ich vom Lungau mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nicht her. Wenn ich mit den Öffis fahre, kann ich nur an einer Nachmittagssitzung teilnehmen. (Abg. Kassegger: Am Vortag an­reisen!) Wir brauchen also Verbesserungsmöglichkeiten, die für die Zukunft natürlich auch angedacht sind. In Salzburg gäbe es sicherlich einige Dinge, die wir angehen könnten, zum Beispiel die S-Bahn zum Mirabellplatz oder die Pinzgauer Lokalbahn, aber auch – für mich persönlich interessant – die Murtalbahn, die man vielleicht auch als Pilot­projekt mit der Energiequelle Wasserstoff andenken könnte, länderübergreifend Steier­mark–Salzburg. Der ehemalige Kollege Karl Schmidhofer hat dazu schon Gedanken ge­habt. Vielleicht wäre es möglich, in diese Richtung entsprechend zu denken.

Es gibt also vieles, das schon bewerkstelligt worden ist, und für die Zukunft bleibt noch einiges übrig. In Summe darf ich sagen, dass wir diesem Budget mit gutem Gewissen zustimmen können. Es ist ein gutes Budget für den Bereich Mobilität, und es festigt den Weg der ökosozialen Marktwirtschaft, den Joschi Riegler vor 30 Jahren begonnen hat. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Gahr. – Bitte.


15.17.35

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Als Tiroler Abgeordneter darf ich auf das Thema Ver­kehr in meinem Heimatbundesland eingehen. Im ÖBB-Rahmenplan sind 18,2 Milliarden Euro bis zum Jahre 2027 für den Ausbau der Bahninfrastruktur vorgesehen. Davon ent­fallen auf Tirol 3,7 Milliarden Euro und davon insgesamt wiederum 2,7 Milliarden Euro auf den Weiterbau des Brennerbasistunnels.

Herr Staatssekretär, aus meiner Sicht gibt es drei klare Wünsche, drei klare Anliegen zum Brennerbasistunnel: Durch die Uneinigkeit im Vorstand ist es zu Bauverzögerungen gekommen, was das Schlüsselstück zwischen dem Tiroler Wipptal und dem Südtiroler Wipptal betrifft. Da brauchen wir, glaube ich, insgesamt Kraftanstrengungen, damit wir möglichst zügig vorankommen, sodass wir das Ziel – es wurde ja schon nach hinten gerückt – bis 2032 erreichen können. Glücklicherweise wurde gerade im letzten Monat wieder ein großes Baulos Richtung Pfons vergeben.

Das Zweite ist der nördliche Zulauf Richtung Deutschland. Da hat man ja über viele Jahre alles hinausgezögert, und ich glaube, es ist wichtig, dass wir jetzt für den eingeschlage­nen Weg der Trassenfindung, der ja in der entscheidenden Phase ist, von Deutschland das Okay bekommen, dass möglichst schnell gebaut wird. Ich hoffe, die neue Regierung in Deutschland ist auch bereit, diesen Weg zu unterstützen.

Das Dritte ist insgesamt die europäische Dimension. Mit dem Brennerbasistunnel, einer internationalen Achse von Berlin bis Palermo, der sogenannten TEN-Achse, wird es möglich sein, Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Ich habe es immer


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wieder betont: In der Schweiz ist es möglich, 80 Prozent des Güterverkehrs auf der Schiene und 20 Prozent auf der Straße zu bewegen, und in Österreich und im übrigen Europa ist es umgekehrt. Daher haben wir, glaube ich, klare Ziele, was die Verkehrsver­lagerung betrifft.

Da braucht es die europäische Dimension, dass man in Europa Solidarität zeigt. Ich ma­che mir ein bisschen Sorgen, wenn es aktuell eine Klage des italienischen Frächterver­bands gegenüber der Europäischen Kommission geben soll, was den freien Warenver­kehr betrifft. Da brauchen wir ganz klare Ansagen an und in Europa.

Abschließend darf ich auch Danke sagen. In den letzten Jahren wurde auch bei uns in Tirol die Bahninfrastruktur sehr stark ausgebaut. Wir haben eine Park-and-ride-Anlage in Jenbach, wo jetzt 400 Pendler parken und dann die Bahn benützen können. Wir haben einen Verschiebebahnhof in Hall, wir haben in Telfs eine neue Park-and-ride-Anlage. Insgesamt wurde dort also sehr viel Verkehrsinfrastruktur geschaffen, um den Personen­nahverkehr zu verlagern, und ich glaube, dieser Weg muss fortgesetzt werden.

Es wurde heute schon öfter das Klimaticket erwähnt. Ich glaube, das Klimaticket schafft Anreize, aber wir müssen die Angebote annehmen. Gerade jetzt, bei dieser Entwicklung beim Sprit, ist der Umstieg auf den öffentlichen Personennahverkehr ein Gebot der Stun­de. Dazu werden mit diesem Budget Anreize geschaffen. – Danke, Herr Staatssekretär.

Jetzt geht es aktiv an die Umsetzung. Die Rahmenbedingungen sind vorhanden und wir müssen diese nutzen. Dafür, glaube ich, brauchen wir einen gemeinsamen Schulter­schluss. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

15.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Singer. – Bitte.


15.21.06

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Auch ich möchte mich dem Thema Mobilität wid­men, Mobilität in Österreich und insbesondere im ländlichen Raum, speziell in Oberös­terreich. Ich darf noch einmal wiederholen: 4,842 Milliarden Euro werden 2022 für diesen Bereich ausgegeben, insgesamt um 202 Millionen Euro mehr als im laufenden Jahr.

Bereits mehrfach wurde das Klimaticket angesprochen, wir haben es in diesem Haus schon vielfach diskutiert. Ich freue mich, weil ich überzeugt bin, dass es einen Anreiz darstellt, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Ich kann nur dazu einladen, von diesem Ticket Gebrauch zu machen. Aus meiner Sicht ist das ein Dienst an der Umwelt und daher für Österreich sehr wichtig.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich das neue Instrument der Stadtregionalbahn. Falls eine Anbindung über die Stadtgrenze hinaus erfolgt, steht ein neuer Fördertopf zur Ver­fügung, der im Jahre 2023 mit 50 Millionen Euro dotiert ist. Ich erwähne diese Möglich­keit deshalb, weil auch die Stadt Linz und das Umland mit der oberösterreichischen Re­gionalstadtbahn davon profitieren werden. Für mich als Oberösterreicher, aber auch für die vielen Berufstätigen im Raum Linz ist sie daher von besonderer Bedeutung. Diese Bahn bedeutet weniger nervenaufreibenden Stress und auch weniger Zeitverlust. (Beifall bei der ÖVP.)

Ansprechen möchte ich auch den ÖBB-Rahmenplan 2022 bis 2027, der mit 18,2 Milliar­den Euro dotiert ist. Damit werden wichtige Aspekte des Regierungsprogramms umge­setzt. Der Schienenverkehr wird wesentlich attraktiver.

Als Vertreter des ländlichen Raumes freue ich mich auch, dass darin 1,5 Milliarden Euro für den ländlichen Raum vorgesehen sind. Die Regionalbahnen werden modernisiert


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und damit attraktiver. Moderne Bahnhöfe, Park-and-ride-Stellplätze, digitale Kundenin­formationssysteme, Sicherheit an Eisenbahnkreuzungen und Streckenattraktivierungen sind, wenn wir auch für den Ausbau der Öffis im ländlichen Raum stehen, sehr wichtig.

Ich sehe es zum Beispiel positiv, dass in Oberösterreich in diesem Zeitraum rund 2 400 Stellplätze mehr errichtet werden, dass der Streckenausbau auf der Pyhrnbahn, der Salzkammergutbahn, der Hausruckbahn, der Mühlkreis- und der Summerauer Bahn entsprechend vorangetrieben wird. Ich halte auch die Elektrifizierung der Mattigtalbahn, der Donauuferbahn und der Almtalbahn für sehr positiv.

Für mich ist allerdings enttäuschend, dass Steyr und das Umland in diesem Rahmenpro­gramm nicht vorkommen. Ich persönlich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Steyr auf das Abstellgleis geschoben wurde. Es ist schade für die gesamte Region. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

15.24


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hörl. – Bitte sehr.


15.25.00

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Staatssekretär! Als ich die Zahlen dieses Budgets bei Klima, Umwelt und Energie ge­sehen habe, habe ich mir gedacht: This is the winner of the race. – Gratulation den Grü­nen!

Ich glaube, wenn man auf den alten Begriff, das Beste aus zwei Welten, zurückgeht, ist das das Filetstück dieser Budgetverhandlungen. Dazu gratuliere ich natürlich auch dem Herrn Staatssekretär, der Frau Bundesminister und beiden Umweltsprechern, den Her­ren Hammer und Schmuckenschlager. 253 Prozent Steigerung muss man erst zustande bringen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wichtig für uns ist, dass dieser Energiewandel und damit der Ausstieg aus dem Karbon­zeitalter technologieoffen sind, so diskutiert und auch umgesetzt werden. Das ist für uns ganz wichtig. Die alte Weisheit: Viele Wege führen nach Rom!, gilt. Suchen wir am Ende die effizientesten und nehmen wir aufgrund der Dringlichkeit alle möglichen Straßen, die nach Rom gehen, damit wir schnell ans Ziel kommen!

Herr Litschauer, mir hat der Vergleich mit dem Pool und den Sozialdemokraten ganz gut gefallen. Es ist eine alte Geschichte, aber etwas sage ich Ihnen schon auch: E-Fuel gehört genauso wie Wasserstoff und alle anderen Möglichkeiten dazu – denn wie wollen Sie eigentlich diesen Energiewandel stemmen, wenn Sie alleine für die Elektromobilität, wenn Sie alles umstellen, eine große Anzahl an Freudenau-Kraftwerken brauchen? Wir werden also auf alle Energieträger setzen müssen und auch darauf schauen müssen, dass wir die Bewilligungen und die Genehmigungen bei der UVP und in vielen anderen Bereichen wesentlich einfacher, effizienter und schneller machen. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Staatssekretär, es wird Sie nicht überraschen, dass ich von der Wasserstoffsitua­tion begeistert bin. Dekarbonisierung der Industrie, Wasserstoff und Strom statt Kohle und Erdgas: 30 Millionen Euro, in weiterer Folge fast 100 Millionen Euro; Förderung der emissionsfreien Mobilität: heuer 167,2 Millionen Euro, 838 Millionen Euro bis 2025. Es gibt also eine ganze Reihe von Wasserstoffinitiativen.

Sie wissen, dass wir in Tirol bei den Projekten Hy-West und Hy-Train die Wasserstoff­technologie zuvorderst haben und uns dabei um die Entwicklung des Wasserstoffes bei M-Preis, bei der Zillertalbahn, bei der Tiwag, bei Tigas und so weiter bemühen, auch über die Reinheit und Betankung und so weiter Forschungen anstellen. Das wird mit 8 Millionen Euro gefördert. Auch bei der Zillertalbahn haben wir mit Holz auf Schiene mit Binderholz auf Österreichs heißestem Hotspot im Verkehr neben der Tangente, beim


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Brettfalltunnel, 20 000 Lkws einsparen können. Wenn Sie uns noch etwas Förderung dazugeben, können wir das Ganze auch mit Pellets machen und dort noch weitere 10 000 Lkws einsparen.

Alles in allem, denke ich mir, kann dieses Budget für eine große Zukunft stehen. Die Gewissheit ist groß, auch die Wünsche sind groß, dass wir die Energiewende so schnell wie möglich schaffen. Das werden wir aber nur dann zustande bringen, wenn wir Ver­fahren wie das UVP-Verfahren vereinfachen, die Genehmigung beschleunigen und das tun, was richtig ist, nämlich dieses Thema nicht nur über den Verbrauch anzugehen, sondern auch über die Erzeugung von Energie, die dringend notwendig ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Ruf bei der ÖVP: Jetzt kannst auf ein Bier gehen mit ihm! – Abg. Lukas Hammer: Provozier ihn nicht!)

15.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist – wir bleiben in Tirol – Frau Abgeordnete Pfurtscheller. – Bitte.


15.28.24

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann ganz, ganz viel aus dem Mobilitätsbudget wirklich begrüßen. Ich freue mich sehr, dass die Bahn ausge­baut wird, dass die Öffis ausgebaut werden, aber ich möchte wirklich auch einen sehr ernsthaften Appell an alle Kolleginnen und Kollegen und auch an die Frau Ministerin und den Herrn Staatssekretär richten: Bitte, bitte, vergessen wir nicht auf die letzte Meile!

Als Vertreterin der ländlichen Region, speziell Tirols, möchte ich wirklich noch einmal verstärkt darauf hinweisen, dass es für uns unglaublich wichtig ist, dass die letzte Meile sozusagen einen Booster erfährt – das ist ja im Moment das neue Modewort. Zum Beispiel ist in dem Bezirk, aus dem ich komme, dem Bezirk Reutte, die letzte Meile nicht nur eine Meile, sondern es sind eher 50 Kilometer. In einem Tal wie dem wunderschönen Lechtal, das vielleicht manche von Ihnen kennen, weil es eine Naturparkregion in Tirol ist, leben knapp 3 000 Menschen auf 50 Kilometer. Da kann natürlich die Taktung von einem Bus nie so wie in der Stadt sein, und er wird von vielen Menschen dann deswegen natürlich auch nicht so in Anspruch genommen.

Da ist es einfach unglaublich wichtig, dass wir den Mikro-ÖV, Sharingmodelle, innovative Mobilitätsdienstleistungen ausbauen, damit die Leute dort das Gefühl haben, dass sie an diesem Wandel partizipieren können, dass sie erstens ihren Beitrag leisten können, dass aber auch ihre Lebensqualität steigt, dass sie nicht mehr gezwungen sind, zwei Autos vor der Türe stehen zu haben, damit das Arbeits- und Familienleben funktionieren kann. Also da möchte ich wirklich einen ganz, ganz großen Appell aussprechen.

Ich weiß, dass ein Mobilitätsmasterplan ausgearbeitet werden soll, dass der Strategie­prozess auch schon gestartet wurde – das hat der Herr Staatssekretär beim Budget­hearing auch erwähnt – und dass an den Rahmenbedingungen gearbeitet wird. Ich habe nur ein bisschen Sorge, dass das aufgrund vieler anderer Dinge ins Hintertreffen gerät. Deswegen werde ich immer wieder mahnende Worte sprechen.

Ich freue mich auf die Unterstützung von allen Seiten, weil gerade im ländlichen Raum Infrastruktur maßgeblich dafür sorgt, dass Menschen auch im ländlichen Raum wohnen bleiben. Gerade auch junge Familien stellen da sehr hohe Ansprüche. Das kann ich auch verstehen. Mir als Vertreterin dieses Raumes ist es natürlich sehr wichtig, dass die Men­schen ihr Leben auch weiterhin dort verbringen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.31


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das war eine Punktlandung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Plakolm. – Bitte.



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15.31.18

Abgeordnete Claudia Plakolm (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher der heutigen Sitzung! Ich habe es heute am Vormittag schon gesagt: Die ökosoziale Steuerreform ebnet den Weg für mehr Generationengerechtig­keit.

Unsere Ressourcen sind begrenzt, sowohl die finanziellen als auch unsere natürlichen Ressourcen. Für den Klimaschutz steigern wir das Budget um fast 6 Milliarden Euro. Warum machen wir das? – Weil wir dringend Anreize für mehr umweltfreundliches Ver­halten setzen müssen. Das wird zwar auf lange Sicht unbequem, ist aber absolut not­wendig. Besonders der vergangene Sommer hat das gezeigt, als Wetterextreme fast die ganze Welt beherrscht haben, besonders aber auch uns im Herzen Europas. Diese nehmen zu, sie bedrohen Existenzen und haben leider auch in Europa Menschenleben gefordert.

Was haben der Kampf gegen den Klimawandel und die Coronapandemie gemeinsam? – Wir können diese beiden Krisen nur gemeinsam bekämpfen, indem jeder Einzelne sei­nen Beitrag leistet. Die Politik kann nur die richtigen Rahmenbedingungen setzen, Ge­setze beschließen und strukturelle Reformen setzen, aber mitmachen muss jeder Ein­zelne selbst. Das zeigt sich sowohl im Kampf gegen das Coronavirus als auch im Kampf gegen den Klimawandel.

Einen großen Anreiz setzen wir bei den Themen Mobilität und Verkehr. Nachhaltige Mobilität geht Hand in Hand mit guter Forschung, mit neuen Technologien – besonders auch im Bereich Wasserstoff –, und auch beim Ausbau und der Nutzung des öffentlichen Verkehrs wartet besonders viel Arbeit auf uns. Der Umstieg wird ja Gott sei Dank nicht nur durch die steigenden Spritpreise attraktiver, sondern auch durch das Klimaticket, das es neuerdings gibt. Das begrüßen sehr, sehr viele Öffifans, zu denen ich mich Gott sei Dank auch zählen darf.

Weil nicht jeder eine U-Bahn direkt vor der Haustüre hat, gibt es auch einen Klimabonus als Entlastungsmaßnahme. Da möchte ich noch einmal auf Kollegin Herr replizieren: Ja, dieser Klimabonus richtet sich nach der Postleitzahl. Es gibt in Österreich genug Men­schen, die keine Postleitzahl beginnend mit 1 und direkt vor der Haustüre eine gute An­bindung zum Arbeitsplatz, zur Bildungseinrichtung oder auch zu den Freizeiteinrich­tungen haben, und deswegen müssen wir ganz besonders auch beim Ausbau des öf­fentlichen Verkehrs an den ländlichen Raum denken.

Dieser Bonus wird mit der neuen CO2-Bepreisung finanziert. Ja, wir geben CO2-Emis­sionen einen Preis – und dahinter stehe ich auch zu 100 Prozent –, weil das dringend notwendig ist (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen), denn Steuern sind Steuerungsmaßnahmen, und damit steuern wir auf eine nachhaltigere Zukunft mit kür­zeren Transportwegen zu. Insgesamt bedeutet das also Entlastung für die Umwelt, aber genauso für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. So geht ökosoziale Steuerreform.

Ich danke allen für die zumindest zum großen Teil konstruktiven Beiträge in den letzten drei Tagen dieser Budgetdebatte. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen.)

15.34


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Reiter. Das Wort steht bei ihr. – Bitte sehr.


15.34.22

Abgeordnete Carina Reiter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär Brunner! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich möchte gerne zur UG 34 Stellung nehmen. Die betrifft Forschung, Technologieentwicklung und Innovation.


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Ein wichtiges Ziel ist die Entwicklung moderner, leistungsfähiger und sicherer Technolo­gien zur Bewältigung der großen gesellschaftlichen Zukunftsherausforderungen. Das heißt, es geht zum Beispiel um den Klimawandel, aber auch um Themen wie die Res­sourcenknappheit. Es geht um die Mobilität von Menschen, Gütern und Informationen, um eine sichere Energieversorgung und um innovative Produktionssysteme.

Für uns als Volkspartei hat die ökologische, soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit einen sehr, sehr hohen Stellenwert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grü­nen.)

Wenn man sich die UG 34 genauer anschaut, sieht man zum Beispiel, dass für klimarele­vante Forschung seit 2020 100 Millionen Euro zusätzlich bereitgestellt werden. Man sieht also, von Regierungsseite wird auf vielen Ebenen angesetzt. Gerade auch wenn man sich die ökosoziale Steuerreform anschaut, sieht man: Die Bundesregierung tut et­was gegen den Klimawandel, wir reden nicht nur darüber.

Jeder noch so kleine Beitrag ist essenziell für die Bewältigung des Klimawandels. Jeder von uns ist gefragt, seinen Teil zu leisten, sprich man kann nicht immer nur fordern, sondern man muss sich auch überlegen, wie man selbst konkret einen Beitrag leisten kann. Da gibt es ein afrikanisches Sprichwort, das das, finde ich, gut zusammenfasst. Das kennt wahrscheinlich jeder, aber es sollten sich eigentlich noch viel mehr Menschen zu Herzen nehmen: „Wenn an vielen kleinen Orten viele kleine Menschen viele kleine Dinge tun, wird sich das Angesicht unserer Erde verändern.“ (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.36


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Saxinger. – Bitte.


15.36.30

Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): „Das Wichtigste ist, dass man nicht aufhört zu fragen.“ – Das ist ein Zitat von Albert Einstein.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Forschung und Innovation sind ein wesentli­cher Motor für die Gestaltung einer guten Zukunft und auch unabdingbar für die Bewälti­gung der Pandemie. Die öffentliche Forschungsförderung im Bundesbudget steigt von 3,4 Milliarden Euro 2021 auf 3,7 Milliarden Euro 2022. Das ist eine Steigerung von 8,8 Prozent. Österreich ist ein Land der Entwickler und Forscher, und die Regierung tut sehr viel dafür.

Was sind nun die Stärken unseres Forschungs-, Technologie- und Innovationssys­tems? – Einerseits eine gut etablierte internationale Vernetzung, eine große Unterstüt­zung für bestehende Unternehmen und eine überdurchschnittliche Standortattraktivität.

Eine der Schwächen liegt darin, dass bei innovativen Unternehmensgründungen im Be­reich Digitalisierung, Umwelt und Klimaschutz noch Luft nach oben ist.

Wie schaut es aber in unserer Bevölkerung mit der Akzeptanz der Wissenschaft aus? – Eine EU-weite Umfrage hat ergeben, dass Österreich ein Land der Wissenschaftsmuffel ist. Österreich rangiert unter den Schlusslichtern, wenn es um die Akzeptanz der Wissen­schaft in der Bevölkerung geht. Nur in Kroatien interessieren sich weniger Menschen für die Wissenschaft. 53 Prozent der Österreicher und Österreicherinnen meinen, es ist für ihr eigenes Leben unwichtig, über Wissenschaft Bescheid zu wissen.

Eigentlich sollte man in der Pandemie der Wissenschaft jeden Tag Bravo zurufen, man sollte ihr Standing Ovations zukommen lassen. Ich denke da an die Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten. Stattdessen werden wissenschaftsorientierte Experten


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mit Häme und Hass überschüttet und teilweise sogar mit Mord bedroht, und der Applaus geht bei einigen an gemeingefährliche Hobbyvirologen. Gerade wir Politiker sollten nicht mit Wissenschaftsskepsis spielen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem viel zitierten Bauchgefühl lässt sich kein Virus besiegen, und der Hausverstand ist besser, wenn er mit Fakten gefüttert wird. An eine Wissenschaft muss man nicht glauben, sonst hieße sie Glaubensgemeinschaft. Wissen­schaftliche Erkenntnisse lassen sich nicht durch eine Meinung widerlegen, sie lassen sich nicht durch eine Religion widerlegen, und sie lassen sich auch nicht durch eine Verschwörungstheorie widerlegen. Ganz wichtig: Es gibt auch kein Recht auf eine fal­sche Tatsachenbehauptung unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit, weder recht­lich noch ethisch. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! „Wer nichts weiß, muss alles glauben“, und „Wer Wis­sen schafft, macht Wissenschaft“. – Danke. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Loacker.)

15.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kühber­ger. – Bitte sehr.


15.39.24

Abgeordneter Andreas Kühberger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatsse­kretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Einen der größten Anstiege im Budget hat das Budget für Klima, Umwelt und Energie erfahren, und das ist auch gut so. Wir erhöhen da gewaltig, von 680 Millionen Euro im Jahr 2021 auf 2,4 Milliarden Euro – das sind sage und schreibe plus 250 Prozent –, und das ist gut so. Warum? – Weil wir damit auf eine klimaneutrale Zukunft in Österreich setzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ganz besonders freut es mich aber auch als Landwirt, dass wir vor allem unsere Land­wirtschaft als wichtigen starken Partner mit ins Boot holen. Die Landwirtschaft ist in Ös­terreich zu circa 10 Prozent für Treibhausgasemissionen verantwortlich. – Ja, meine Da­men und Herren, das ist sehr effizient, denn wir in der Landwirtschaft produzieren eigent­lich das Wichtigste, und zwar unsere Lebensmittel, die wir tagtäglich brauchen.

Wir können und wir wollen natürlich auch Energie liefern. Die Bundesregierung hat ja beschlossen, bis zum Jahr 2030 auf 100-prozentig erneuerbare Energie bei Strom zu setzen. Damit wir dieses Ziel umsetzen können, brauchen wir 13 000 Hektar Dachflä­chen. Meine Damen und Herren, alleine unsere bäuerlichen Familienbetriebe in der Stei­ermark haben 500 Hektar Dachflächen zur Verfügung. Darum ist diese Förderung für energieautarke Bauernhöfe ein ganz, ganz wichtiger Schritt. (Beifall bei ÖVP und Grü­nen.)

Ein weiterer wichtiger Schritt in dieser ökosozialen Steuerreform, der größten in der Zweiten Republik, ist aber auch die Initiative Raus aus dem Öl. Meine Damen und Her­ren, Öl und Gas sind die größten Klimasünder im Wohnbereich, und nach wie vor werden von 3,9 Millionen Heizungen in Österreich mehr als 40 Prozent mit fossilen Energien versorgt. Wir müssen schauen, dass wir diese Treibhausgase reduzieren, dass wir Schritt für Schritt aus diesen fossilen Energien aussteigen.

Die beste Wärmeversorgung, meine Damen und Herren, die beste Energiequelle für die Wärmeversorgung ist die Biomasse. Biomasse ist nachhaltig, steht jederzeit zur Verfü­gung, und während ich hier meine 3 Minuten Redezeit einhalte, wächst in Österreich ein halbes Hektar Wald nach, meine Damen und Herren.

Das wirklich Große dabei ist aber auch, dass nicht nur die Landwirtschaft profitiert, sondern die gesamte Wirtschaft. Wir importieren dann nichts mehr, und somit – mit die­ser Förderung der erneuerbaren Wärmesysteme – schaffen wir den Spagat zwischen


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Klimaschutz und Wirtschaft. Das, meine Damen und Herren, ist ein schönes Beispiel dafür, dass diese ökosoziale Steuerreform wirkt. – Ein Danke der Bundesregierung. (Bei­fall bei ÖVP und Grünen.)

15.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hechenber­ger. – Bitte.


15.42.47

Abgeordneter Ing. Josef Hechenberger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ganz besonders aber geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Durch das vorgelegte Budget ist schwarz auf weiß ersichtlich, dass in Österreich die Energiewende eingeläutet wird. Geschätzter Herr Staatssekretär, wir haben uns ja gerade unlängst in der Gemeinde Hopfgarten ein Bild davon machen können. Neben einer sehr interessanten Diskussion mit den Hopf­gartnerinnen und Hopfgartnern war es auch möglich, die zwei Kleinwasserkraftwerke zu besichtigen, die derzeit revitalisiert werden und so zukünftig für 10 000 Haushalte Ener­gie produzieren werden. Ich muss sagen, mich hat fasziniert, welche Kraft oft auch in den Regionen steckt. Wir müssen das unterstützen, die Innovation bekräftigen und so einfach gemeinsam versuchen, die Energiewende noch schneller, noch effizienter und noch nachhaltiger einzuläuten. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Herr Staatssekretär, ich möchte mich da wirklich auch herzlich für den Einsatz bedanken, weil eines für uns, für mich als Vertreter Tirols, klar ist: Wir müssen auch zukünftig alles unternehmen, um Kraftwerke gemeinsam weiterzuentwickeln, um die Wasserkraft stär­ker zu nutzen, und da ist deine Unterstützung ganz besonders wichtig, weil es aus mei­ner Sicht keine effizientere erneuerbare Energie als die Wasserkraft gibt, die 365 Tage 24 Stunden hindurch Energie produziert und so auch, wenn man das entsprechend richtig macht, das Risiko von Hochwasser und Naturgefahren entsprechend mindert be­ziehungsweise reduziert. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Meine Vorredner haben schon sehr vieles über Fotovoltaik, über Biomasse und vieles andere mehr gesagt, ich möchte nur ganz kurz auf die ökosoziale Steuerreform einge­hen. Da geht es nicht um Stadt gegen Land, Land gegen Stadt, sondern da geht es darum, dass wir das gemeinsam umsetzen.

Ich habe im Rahmen der Debatte um die ökosoziale Steuerreform ein sehr interessantes Gespräch mit einem jungen Ehepaar gehabt, das im hintersten Tal lebt, keine Anbindung zur Bahn, keine Busverbindung hat. Sie haben mich ganz ehrlich gefragt, was sie denn jetzt tun sollen, es gibt dort keinen öffentlichen Verkehr. Eines ist ganz klar: Ich bin ein großer Befürworter des Ausbaus des öffentlichen Nahverkehrs, aber wir dürfen auf jene Menschen nicht vergessen, die keine Möglichkeit haben, auf den Bus, auf die Bahn oder auf andere öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Deshalb denke ich, dass der Klima­bonus, den wir umsetzen, den wir einführen, ein wichtiges Signal ist, dass auch die Men­schen am Land eine Chance haben und ein Recht auf Chancengleichheit gegenüber jenen in der Stadt haben.

Somit muss man sagen, mit der ökosozialen Steuerreform ist eines gelungen: die Aus­gewogenheit herzustellen, dass man sämtliche Bevölkerungsgruppen – wurscht, wo sie leben – gemeinsam unterstützen will und dass man gleichzeitig sinnvolle und effiziente Maßnahmen setzt, um nachhaltiger zu leben und auch entsprechend enkeltauglicher Politik zu machen (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

In diesem Sinne, geschätzte Damen und Herren, ein herzliches Danke an die Frau Mi­nister, ein herzliches Danke an den Staatssekretär für die vorgelegten Budgetvorschlä­ge, und wir werden dem Ganzen natürlich mit großer Freude zustimmen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.46



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Weidinger. – Bitte.


15.46.10

Abgeordneter Peter Weidinger (ÖVP): Wissen ist Macht!, so sagte es der britische Philosoph Francis Bacon. Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatsse­kretär! Wir alle wissen, dass wir in der entscheidenden Zeit leben, um unseren Beitrag zu leisten, um unsere Welt, unser Österreich, unser Europa nachhaltiger, zukunftsorien­tierter zu entwickeln und den Lebensraum so zu gestalten, dass unsere Kinder und deren Kindeskinder mit Freude, mit Fantasie, mit Kreativität lustvoll ein sinnvolles, schönes und tolles Leben führen können.

Dazu ermöglicht die ökosoziale Steuerreform den maßgeblichen Einstieg. Wir schaffen damit den Einstieg zum Umstieg aus der fossilen Zeit heraus in den Bereich, in dem die Stärken, die uns der Herrgott und die Natur gegeben haben, von uns gemeinsam genutzt werden. Wenn wir 2,5 Milliarden Euro beschließen, Herr Präsident, dann beschließen wir das deswegen, weil wir großes Vertrauen in die Menschen in diesem Land haben – in die Unternehmerinnen und Unternehmer, in die Kinder, in die Eltern, in alle Menschen, die Verantwortung tragen –, dass sie diese Chance ergreifen.

Ich möchte Ihnen das auch an einem Beispiel illustrieren: In Kärnten haben wir es jetzt erstmals geschafft, auch ein Ticket für alle öffentlichen Verkehrsmittel um einen Preis einzurichten. Das hat im Schulterschluss mit dem Bund funktioniert. – Danke dafür, das ist Vertrauen in den öffentlichen Verkehr, das ist gut für die Menschen! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir unterstützen Institutionen wie das Fraunhofer-Institut in Klagenfurt, wo künstliche Intelligenz eingesetzt wird, damit KMUs für sich neue Geschäftsmodelle lukrieren kön­nen, damit Daten, die sie bereits in ihren Bestandssystemen haben, in Möglichkeiten, wie man Wertschöpfung generiert, umgemünzt werden können. Es ist Staatssekretär Magnus Brunner, der bei seinen vielen Besuchen in Kärnten viele Aspekte und Ideen mitnimmt und sie in diese Programme einfließen lässt. – Danke, Herr Staatssekretär, dass du auch für Kärnten immer so ein offenes Ohr hast! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Es ist aber auch der öffentliche Verkehr, der uns mit der Koralmbahn in wenigen Jahren noch enger zusammenführen wird. Graz, Klagenfurt und Villach werden zu einem Green Valley der Nachhaltigkeit zusammenwachsen und den Menschen Chancen geben. Da­her ist es notwendig, dass wir auf der Bestandsstrecke den Lärmschutz weiter ausbauen, aber es ist genauso notwendig, dass wir das öffentliche Geld dazu verwenden, dass wir auf Mikroelektronik und auf Wasserstoff setzen, und die Haltung, die wir dazu benötigen, ist eine technologieneutrale, eine technologieoffene. Nur so war es möglich, auch den MRNA-Impfstoff zu entwickeln, der so vielen Menschen Perspektive und Hoffnung gege­ben hat.

Daher, geschätzte Damen und Herren, nehmen wir die Forschung ernst! Wissen ist Macht. Machen Sie Gebrauch vom dritten Stich, oder gehen Sie hin, vertrauen Sie der Wissenschaft und setzen Sie den ersten! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Herr. – Bitte.


15.49.35

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Vielleicht zuerst als kurze Replik auf alle, die hier betonen, wie wichtig es ist, den öffentlichen Verkehr vor allem in den ländlichen Regionen auszubauen: Ja, absolut! Ich komme selbst aus einer Region, in der es wün­schenswert wäre, den öffentlichen Verkehr noch weiter, noch stärker auszubauen. Nur, was unverständlich ist, ist, warum Sie dann noch vor kurzer Zeit unserem Antrag hier im


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Haus, dass wir, anstatt die Gewinnsteuer für die größten Konzerne in diesem Land zu senken, das Geld in den öffentlichen Verkehr investieren, nicht zugestimmt haben. (Bei­fall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das wäre dann schlüssig gewesen, dann hätte ich Ihnen das geglaubt – aber man sieht, wo die Prioritäten liegen. (Zwischenruf des Abg. Haubner.)

Einen zweiten Punkt möchte ich noch in aller Kürze ergänzen: Wir haben viel über unser Steuersystem gesprochen, und natürlich muss es darum gehen, dieses in Richtung Um­weltfreundlichkeit, aber auch in Richtung sozialer Gerechtigkeit zu überarbeiten. Es gibt Subventionen in Milliardenhöhe, die weiterhin fossile Emissionen vorantreiben, diese gilt es umzugestalten und sozial gerechter, aber eben auch umweltfreundlicher zu machen. Ich nenne nur ein Beispiel: die Pendlerpauschale – wie kann es sein, dass die den Bes­serverdienenden im Land mehr bringt als den Geringverdienenden? Auch das müssen wir ändern.

Daher bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abbau von klimaschädlichen Subventionen statt Wiedereinführung des Agrardiesels“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die milliardenschweren klimaschädlichen Sub­ventionen im Budget (wie zum Beispiel im Bereich von Treibstoffen bei Schifffahrt, im Flugverkehr oder beim LKW-Tanktourismus, Dieselprivileg) sofort abzubauen, statt neue klimafeindliche Begünstigungen – wie die Wiedereinführung des Agrardiesels – zu schaffen. Gleichzeitig soll das Pendlerpauschale auf einen gerechten, sozial-ökologi­schen Absetzbetrag umgestellt werden, sodass kleine und mittlere Einkommen in Zu­kunft nicht weniger Steuerersparnis als SpitzeneinkommensbezieherInnen erhalten.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.51

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Julia Herr, Genossinnen und Genossen

betreffend Abbau von klimaschädlichen Subventionen statt Wiedereinführung des Agrar­diesels

eingebracht im Zuge der Debatte in der 129. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Budgetausschusses über TOP 4: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundevor­anschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) (1157 d.B.) samt Anlagen – UG 43

Im Budget 2022 finden sich nach wie vor klimaschädliche Subventionen im Ausmaß von mehreren Milliarden Euro. Diese Begünstigungen werden regelmäßig von Wirtschafts­forschungsinstituten kritisiert. Weder im Zuge der Steuerreform noch bei der Budgeter­stellung hat man sich seitens der Regierung dieser Frage gewidmet. Stattdessen wurde eine CO2-Steuer eingeführt, die kaum einen Lenkungseffekt hat. Mieter sollen – obwohl sie keinen Einfluss auf das Heizsystem haben – auf ohnehin steigende Heizkosten zu­sätzlichen CO2-Aufschlag zahlen. Eine Mindestpensionistin in Wien-Ottakring erhält einen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 595

wesentlich geringeren Ökobonus als Ausgleichszahlung als eine Mindestpensionistin in Horn und das obwohl beide durchaus in ähnlich großen Wohnungen mit demselben Heizsystem leben könnten. Alleine an diesem Beispiel zeigt sich: Diese Steuerreform ist weder ökologisch noch sozial. Die großen Privilegien im Bereich der Besteuerung von Treibstoffen etwa bei der Schifffahrt, im Flugverkehr oder beim LKW-Tanktourismus (Dieselprivileg) bleiben gleichzeitig völlig unangetastet. Das Pendlerpauschale fördert in erster Linie HocheinkommensbezieherInnen im Wiener Speckgürtel. Kleine und mittlere Einkommen erhalten – trotz der exakt selben Wegstrecke – noch immer ein geringeres Pendlerpauschale als Spitzeneinkommen. Ein weiteres Beispiel dafür, wo die Regierung konsequent nicht hinschaut.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die milliardenschweren klimaschädlichen Sub­ventionen im Budget (wie zum Beispiel im Bereich von Treibstoffen bei Schifffahrt, im Flugverkehr oder beim LKW-Tanktourismus, Dieselprivileg) sofort abzubauen, statt neue klimafeindliche Begünstigungen – wie die Wiedereinführung des Agrardiesels – zu schaffen. Gleichzeitig soll das Pendlerpauschale auf einen gerechten, sozial-ökologi­schen Absetzbetrag umgestellt werden, sodass kleine und mittlere Einkommen in Zu­kunft nicht weniger Steuerersparnis als SpitzeneinkommensbezieherInnen erhalten.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schnabel. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.


15.51.34

Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Her­ren, vor allem geschätzter Herr Staatssekretär! Geschätzter Herr Finanzminister! (Zwi­schenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Du, geschätzter Herr Finanzminister, hast bei dei­ner Budgetrede zu Beginn drei Worte genannt: „Aufschwung, Stabilität und Nachhaltig­keit“. – Nachhaltigkeit trifft vor allem für die nun hier diskutierten Budgetteile Mobilität, Klima, Umwelt und Energie besonders zu, vor allem weil die Investitionen, die aus die­sem Budget getätigt werden, mit mehr als 7,2 Milliarden Euro am längsten wirken wer­den – für Österreich, aber darüber hinaus auch für Europa und für die nächsten Genera­tionen.

Der Verkehr ist in Österreich – der Herr Staatssekretär hat es schon angesprochen – ein Sorgenkind, in diesem Sektor entstehen 30 Prozent aller Treibhausgasemissionen, und diesen Bereich wollen wir besonders angehen. Da braucht es mehrere Maßnahmen.

Für die Verkehrswende braucht es Infrastruktur. Mit dem Ausbau der Schieneninfrastruk­tur setzen wir einen Meilenstein in der Verkehrswende: Der ÖBB-Rahmenplan beinhaltet ein großes Ausbaupaket, und als regionaler Abgeordneter bin ich froh, dass 19,4 Millio­nen Euro für den zweigleisigen Ausbau der Südbahnstrecke von Werndorf bis zur Staatsgrenze in Spielfeld vorgesehen sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Staatssekretär, ich danke besonders dafür – wir haben ja in diesem Sommer eine Problemstelle im Bereich Wildon gemeinsam besichtigt –, dass es dir gelungen ist, die Planung voranzutreiben, um für den Raum Wildon, in weiterer Folge aber auch für den


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Raum Ehrenhausen eine Verkehrsentflechtung zu schaffen. Das Verkehrsangebot wird damit verbessert.

Es gilt, in diesem Bereich die nächsten Schritte zu setzen, um Barrieren im Landesstra­ßennetz abzubauen und so die Lebensqualität im Bereich Ehrenhausen und Wildon zu steigern.

Stichwort Straße: Wie schon oft gesagt umfasst die Mobilität nicht nur den öffentlichen Verkehr, sondern vor allem im ländlichen Raum den Autoverkehr, denn die Bevölkerung im ländlichen Raum ist auf das Auto angewiesen. In diesem Bereich wird vonseiten des Bundes sehr viel für den Umstieg auf E-Mobilität getan, bis 2025 fördern wir die E-Mobilität in Summe mit 440 Millionen Euro. 100 000 Elektroautos sind mittlerweile in Österreich angemeldet, aber um noch mehr Fahrzeuge zu ermöglichen, braucht es auch die entsprechende Ladeinfrastruktur.

Wir haben zurzeit die EU-Vorgabe – pro zehn E-Autos eine E-Ladesäule – zwar erfüllt, aber es braucht ein Mehr an Elektroladeinfrastruktur, deswegen benötigen wir das So­fortprogramm erneuerbare Energie in der Mobilität. Frau Bundesminister Gewessler hat zugesagt, dass das baldigst kommen wird, und das ist wichtig, denn laut Prognosen wird es in Zukunft Millionen E-Autos in Österreich geben, dafür brauchen wir rechtzeitig und vorsorglich die entsprechende Infrastruktur. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren, zum Schluss möchte ich festhalten, dass wir mit die­sem Budget – und vor allem mit dem regionalen Klimabonus – die Menschen entlasten, vieles für den ländlichen Raum tun und genau die richtigen Akzente und Maßnahmen setzen, um Österreich in eine klimaschonende, gute Zukunft zu führen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Beratungen über diesen Themenbereich sind damit geschlossen.


15.55.22

UG 15: Finanzverwaltung

UG 16: Öffentliche Abgaben

UG 23: Pensionen - Beamtinnen und Beamte

UG 44: Finanzausgleich

UG 45: Bundesvermögen

UG 46: Finanzmarktstabilität

UG 51: Kassenverwaltung

UG 58: Finanzierungen, Währungstauschverträge sowie

Text des Bundesfinanzgesetzes und restliche Teile der Anlage I einschließlich Anlagen II bis IV

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zur UG 15: Finanzverwaltung, zur UG 16: Öffentliche Abgaben, zur UG 23: Pensionen - Beamtinnen und Beamte, zur UG 44: Finanzausgleich, zur UG 45: Bundesvermögen, zur UG 46: Finanzmarktstabili­tät, zur UG 51: Kassenverwaltung, zur UG 58: Finanzierungen, Währungstauschverträ­ge sowie zum Text des Bundesfinanzgesetzes und den restlichen Teilen der Anlage I einschließlich Anlagen II bis IV.

Darüber findet eine gemeinsame Debatte statt.

Ich darf Herrn Bundesminister Blümel herzlich begrüßen.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Krainer, ich darf ihm das Wort erteilen. – Bitte sehr.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 597

15.55.59

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt haben wir das letzte Budgetkapitel zu diskutieren, Finanzminister Blü­mel sitzt schon hier, und was wir feststellen können, ist: Seit er auf der Regierungsbank sitzt, sind die Steuern in Österreich höher als davor! Die Steuern unter Faymann/Mitter­lehner und unter Kern/Mitterlehner waren niedriger – seit Herr Blümel in der Regierung ist, sind sie höher.

Ich weiß, die ÖVP-Abgeordneten schütteln den Kopf: Schauen Sie sich bitte die Zahlen der Regierung an – die haben Sie im Budgetziegel drin –, da sehen Sie die Steuer- und Abgabenquote, mit der die Höhe der Steuern gemessen wird, und diese ist, seit Herr Blümel auf der Regierungsbank sitzt, höher als davor. Sie wird auch heuer höher als davor sein, ebenso nächstes Jahr und auch in den nächsten drei Jahren.

Was lernen wir daraus? – Wir lernen daraus, dass, wenn die ÖVP von Steuersenkung spricht, in Wahrheit die Steuern und Abgaben in diesem Land erhöht werden – aber nicht für alle! Sie können nämlich in den Budgetunterlagen ebenfalls nachlesen, Kollege Haubner, dass die Steuern für die Konzerne de facto gleich bleiben, hingegen aber die Lohn- und die Einkommensteuer in den nächsten fünf Jahren zwischen 23 Prozent und 29 Prozent steigen werden. Nominell 23 Prozent bis 29 Prozent – während die Konzern­steuer mehr oder weniger gleich bleibt, maximal um 4 Prozent steigt.

Da sieht man: Sie sorgen dafür, dass die Steuern auf Arbeit steigen, dass jene, die arbei­ten gehen, mehr bezahlen als in der Vergangenheit, und dass Kapital und Vermögen in diesem Land weniger Steuern zahlen.

Das sind die wesentlichen Punkte Ihrer Politik und dieses Budgets, und deswegen darf ich auch gleich einen Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „sozial- und verteilungsgerechte Steuerreform“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, und insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufge­fordert, dem Nationalrat ehebaldig ein Gesetzespaket für eine sozial gerechte und vertei­lungsgerechte Steuerreform 2022 vorzulegen. Die beabsichtigte Senkung der Körper­schaftsteuer muss zurückgenommen werden. Stattdessen sollen die Arbeitnehmer*in­nen in den unteren und mittleren Einkommensbereichen eine viel höhere Senkung der Lohnsteuer (Sozialversicherungsbonus) erhalten. Zur Finanzierung der Krisenkosten sollen Reiche, Spitzenverdiener und Konzerne durch einen unbefristeten Spitzensteuer­satz, Millionärssteuern und eine 10%ige Solidarabgabe für Online-Konzerne zur Kasse gebeten werden.“

*****

Das wäre dann nämlich sozial und gerecht – das, was Sie hier im Budget stehen haben, ist weder sozial noch gerecht! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Blümel, ich habe aber noch eine andere Frage an Sie, nämlich: Was machen Sie eigentlich noch auf der Regierungsbank? (Ruf bei der ÖVP: Geh bitte!)

Ich darf daran erinnern, dass Sie persönlich nach dem Ibizavideo in der „ZIB 2“ am 19. Mai 2019 gesagt haben, Kickl könne nicht das Ressort führen, das die Ermittlungen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 598

rund um das Ibizavideo leiten werde. Das haben Sie am 19. Mai gesagt, Sie haben persönlich erklärt: Kickl kann nicht Minister in jenem Ressort bleiben, in dem gegen seine Parteifreunde ermittelt wird. – In Ihrem Finanzressort ist das Beinschab-Tool mutmaßlich illegal finanziert worden, wir wissen das alle aus den Chats – wie können Sie das Ressort leiten, in dem diese Ermittlungen stattfinden?! (Beifall bei SPÖ und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Lausch.)

Sie müssten nach den moralischen Standards, die Sie nach dem Aufdecken des Ibiza­videos selbst an die anderen angelegt haben, zurücktreten. Wenn Sie dieselben Stan­dards an sich selbst anlegen, dürften Sie nicht mehr im Amt sein. Treten Sie zurück! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

16.00

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kai Jan Krainer

Genossinnen und Genossen

betreffend sozial- und verteilungsgerechte Steuerreform

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 4) Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.), zur Untergliederung 16

Begründung

Das von der ÖVP/Grüne-Bundesregierung vorgelegte Budget für 2022 ist enttäuschend und eine vergebene Chance. Es enthält keine Investitionen, um den Pflegenotstand und den Klimawandel zu bekämpfen oder die Teuerung zu bremsen. Die Steuerreform, als wesentlicher Teil des Budgets, ist sozial ungerecht und verteilungspolitisch ungerecht. Gutverdiener profitieren am meisten von Steuerreform und Familienbonus. Die arbeiten­den Menschen zahlen sich diese Steuerreform selbst und finanzieren auch noch das steuerliche Milliardengeschenk an die Großkonzerne durch die Senkung der Körper­schaftsteuer. Bis zum Jahr 2025 werden die Löhne- und Gehälter voraussichtlich um 22% steigen, die Arbeitnehmer*innen aber, trotz der Tarifsenkung, 29% mehr Lohnsteu­er zahlen als heute. Die Gewinne der Konzerne steigen voraussichtlich um 25%, also stärker als die Gehaltssumme, die Unternehmen und Konzerne werden aber durch die Senkung der Körperschaftsteuer nur 4% mehr Gewinnsteuern zahlen müssen. Das ist ungerecht!

Die ÖVP/Grüne-Bundesregierung hat auch völlig auf die Finanzierung der Krisenkosten, die in die Milliarden gehen, vergessen. Außer: die arbeitenden Menschen, die Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer, die zahlen die Krise doppelt, weil die Steuersenkung bei Ihnen nicht so groß ausfällt wie bei den Unternehmen.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, und insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufge­fordert, dem Nationalrat ehebaldig ein Gesetzespaket für eine sozial gerechte und vertei­lungsgerechte Steuerreform 2022 vorzulegen. Die beabsichtigte Senkung der Körper­schaftsteuer muss zurückgenommen werden. Stattdessen sollen die Arbeitnehmer*in­nen in den unteren und mittleren Einkommensbereichen eine viel höhere Senkung der


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Lohnsteuer (Sozialversicherungsbonus) erhalten. Zur Finanzierung der Krisenkosten sollen Reiche, Spitzenverdiener und Konzerne durch einen unbefristeten Spitzensteuer­satz, Millionärssteuern und eine 10%ige Solidarabgabe für Online-Konzerne zur Kasse gebeten werden.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ottenschläger. – Bitte.


16.00.51

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Herr Kollege Krainer, mein Vorredner, hat, glaube ich, die Hälfte seiner Redezeit dafür verwendet, wieder mit dem Finger – in diesem Fall – auf den Finanzminister zu zeigen. Das zeigt uns, die Kritik am Budget ist überschaubar, anscheinend ist auch für die SPÖ dieses Budget eigentlich ein gutes. (Beifall bei der ÖVP.)

Ja, meine Damen und Herren, gerade in der Krise zeigt sich der hohe Stellenwert eines stabilen Staatshaushaltes. Das Budget steht gemeinsam mit der ökosozialen Steuerre­form für Nachhaltigkeit, Zukunftsinvestitionen und auch für die Stärkung der Kaufkraft der Bürgerinnen und Bürger. Bedeutende Investitionen in unser Bildungssystem, in den Klimaschutz, in die Sicherheit, in den sozialen Ausgleich, in den Wirtschaftsstandort oder auch in Forschung und Entwicklung sind nur einige wichtige Bereiche für eine gute Zu­kunft unseres Landes, die in diesem Budget abgebildet sind.

Die ökosoziale Steuerreform wird treffsicher und sozial die Menschen und die Unterneh­men bei der Transformation in eine klimaschonende Zukunft begleiten, für ein lebens­wertes Österreich. Neben dem eingeschlagenen Weg, ressourcenschonendes Verhal­ten zu belohnen, werden die Bürger und Unternehmer entlastet, denn die Steuern wer­den spürbar gesenkt. Und ich darf mir auch den Hinweis erlauben, Herr Kollege Krainer von der SPÖ, was Sie bei all den Zahlen und Abgabenquoten hier nicht dazusagen, sind im Wesentlichen zwei Dinge: Das eine ist zum Beispiel der Familienbonus, denn noch nie im Laufe der Geschichte der Zweiten Republik wurden so viele finanzielle Mittel für die Familien zur Verfügung gestellt. Das ist treffsichere soziale Politik. (Beifall bei der ÖVP.)

Was Sie dann auf der anderen Seite auch nicht dazusagen, ist: Sie regieren ja in Wien, und dort erhöhen Sie die Gebühren. Da sollten Sie sich die Frage stellen, ob das sozial treffsicher ist, was Sie in Wien machen. Diese Fragezeichen sollten Sie behandeln.

Zusammenfassend, meine Damen und Herren: Durch die sehr solide Budgetpolitik der letzten Jahre, auch durch unseren Finanzminister Gernot Blümel, werden wir auch in der Lage sein, falls es in dieser Krise notwendig ist, weitere Unterstützungsmaßnahmen, Wirtschaftshilfen und damit verbunden auch die Sicherung von Arbeitsplätzen zu ge­währleisten und auf diese Situation entsprechend zu reagieren.

Im Sinne der Bevölkerung und des Landes gilt es mit Sorgfalt und Verantwortung mit Steuergeld umzugehen und die bestmöglichen Rahmenbedingungen für einen wettbe­werbsfähigen Standort zu schaffen. Unser Dank an dieser Stelle gilt vor allem den Steu­erzahlerinnen und Steuerzahlern, denn durch ihre Leistung sind all diese guten, positiven Entwicklungen und Investitionen erst möglich. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.04



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 600

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Jetzt gelangt Abgeordneter Fuchs zu Wort. – Bitte sehr.


16.04.28

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Hohes Haus! Da es hier im Hohen Haus – insbesondere beim ersten Klubobmannstellvertreter der ÖVP, der leider nicht hier ist – immer wieder Unklarheiten dahin gehend gibt, welche Ökomaßnahmen im Rahmen der ökosozialen Steuerreform von der Bundesregierung vorgesehen sind, möchte ich diese nun einmal in der Gesamtbetrachtung kritisch würdigen.

Der erste Teil der ökoasozialen Steuerreform wurde bereits 2020 beschlossen und um­fasste folgende steuerlichen Ökomaßnahmen: die Neugestaltung der Flugticketabgabe und die Ökologisierung der Normverbrauchsabgabe. In Anbetracht dessen, dass wir co­ronabedingt Hunderte Millionen Euro in die AUA gepulvert haben, war die Neugestaltung der Flugabgabe nicht wirklich förderlich.

Die Ökologisierung der Normverbrauchsabgabe mit einer massiven Erhöhung der NoVA um 510 Millionen Euro bis 2025 war ja bereits der erste Vorgeschmack der zukünftigen Ökostrafsteuern. Diese NoVA-Erhöhung betrifft insbesondere Kraftfahrzeuge, die von Kleingewerbetreibenden, aber auch von Familien angeschafft werden. Diese Kleinge­werbetreibenden und Familien waren und sind die ersten Opfer dieser ökoasozialen Steuerreform. (Beifall bei der FPÖ.)

Kommen wir zum Herzstück dieses Budgets, zum zweiten Teil der ökoasozialen Steuer­reform, der größten Mogelpackung in der Zweiten Republik! Die aus Marketinggründen neu erfundene CO2-Steuer ist nichts anderes als eine Mineralölsteuererhöhung unter dem Deckmantel des Klimaschutzes. Diese türkis-grüne CO2-Strafsteuer hat zumindest bis 2025 keinen Lenkungseffekt, das haben auch die Experten im Budgethearing bestä­tigt, auch die Expertin der grünen Fraktion.

In Österreich steigen die Energiepreise derzeit massiv an und durch die geplante CO2-Strafsteuer wird Energie ab 1. Juli 2022 nochmals verteuert. Auch der mit der CO2-Straf­steuer neu erfundene Preisstabilitätsmechanismus ist ein reines Täuschmanöver; der Energiepreis wird dadurch um keinen Cent billiger.

Die CO2-Strafsteuer und der regionale Klimabonus sind auch in der verwaltungstechni­schen Abwicklung neue Bürokratiemonster – ich habe das vorgestern schon näher aus­geführt –: eine Steuer, die durch den Finanzminister kompliziert eingehoben und dann in Form des regionalen Klimabonus durch die Umweltministerin noch komplizierter und auch noch ungerecht verteilt wird. Warum muss man da zwei Ministerien beschäftigen, noch dazu, wo die Umweltministerin überhaupt keine Daten für die Abwicklung des Kli­mabonus hat? Warum kann das nicht vom Finanzministerium alleine abgewickelt wer­den, und zwar antragslos, so wie bei der Familienbeihilfe?

Der regionale Klimabonus ist nicht nur ein Bürokratiemonster, sondern auch inhaltlich ungerecht. Die CO2-Strafsteuer betrifft nämlich nicht nur die Mobilität, sondern auch das Heizen; die Heizkosten und die Energieversorgung bleiben aber beim Klimabonus voll­kommen unberücksichtigt. Wie treffsicher der regionale Klimabonus ist, sieht man am Beispiel der Ketzergasse an der Wiener Stadtgrenze, wo die Hausnummer über die Hö­he des Klimabonus entscheidet. Und solche Kuriositäten gibt es noch viele mehr.

Der dritte Teil der ökoasozialen Steuerreform sieht folgende Ökomaßnahmen vor, die noch umgesetzt werden müssen: die Ökologisierung und Erhöhung der Treffsicherheit des Pendlerpauschales, die Ökologisierung des Dienstwagenprivilegs, die Abschaffung des Dieselprivilegs und weitere Maßnahmen gegen den Tanktourismus. Aus Sicht der türkis-grünen Bundesregierung sind das alles klimaschädliche Subventionen, die man abschaffen, also ökologisieren muss.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 601

Auf zwei dieser Maßnahmen möchte ich näher eingehen, zum einen auf den Tanktou­rismus: Wenn der Tanktourismus in Österreich abgeschafft wird, dann hat die Republik Österreich massive Mindereinnahmen, insbesondere bei der Mineralölsteuer, aber auch bei der Umsatzsteuer. Der Finanzminister schätzt die Größenordnung in einer Budgetan­fragebeantwortung von gestern auf einige Hundert Millionen Euro pro Jahr.

Diese Mindereinnahmen werden wohl wieder durch höhere oder neue Steuern kompen­siert werden müssen, die wiederum der österreichische Steuerzahler schultern muss. Diejenigen Ausländer, die in Österreich tanken, verbrauchen den Treibstoff aber nicht in Österreich, sondern im Ausland. Die Emissionen aus dem Tanktourismus werden aber dennoch Österreich zugerechnet. Aus budgetärer Sicht ist es ein Wahnsinn, wenn die Republik Österreich auf Steuereinnahmen von Ausländern verzichtet, nur weil unge­rechtfertigterweise Emissionen, die im Ausland verursacht werden, der Republik Öster­reich zugerechnet werden. Daher sind diesbezüglich der Herr Finanzminister und auch die Frau Umweltministerin gefordert, sich dafür einzusetzen, dass der CO2-Ausstoß auf­grund des Tanktourismus eben nicht Österreich zugerechnet wird. Der österreichische Steuerzahler wird es ihnen danken. (Beifall bei der FPÖ.)

Der zweite Punkt, den ich herausgreifen möchte, betrifft die Ökologisierung des Dienst­wagenprivilegs. Damit will die Bundesregierung stärkere Anreize für emissionsfreie Dienstwägen, also Elektrokraftfahrzeuge, schaffen. Ist dem Finanzminister und der Um­weltministerin eigentlich bewusst, dass der Sachbezugswert für Elektrokraftfahrzeuge bereits seit 2016 0 Euro beträgt? – Welche Anreize wollen Sie da noch schaffen? We­niger, als keine Steuern zu zahlen, geht nicht, und ich glaube nicht, dass da Negativsteu­ern angedacht sind. Vielleicht überdenken Sie also Ihre Forderung, die bereits seit 2016 Gesetz ist.

Immer dann, wenn die türkis-grüne Bundesregierung etwas ökologisiert, wird es teuer für die Österreicher. Das haben wir bei der Normverbrauchsabgabe schon gesehen, de­ren Ökologisierung die Steuerzahler 510 Millionen Euro kosten wird. Das werden wir aber auch bei der Ökologisierung, also der Abschaffung, des Pendlerpauschales sehen.

Der erste Klubobmannstellvertreter hat ja stets gesagt: Beim Pendlerpauschale wird nichts angerührt. Ich habe es heute auch vom Kollegen Hammer gehört: Das Pendler­pauschale wird nicht angetastet. Es steht aber dennoch im Regierungsprogramm.

Von grüner Seite haben wir bis dato überhaupt nichts gehört. Ich würde mir also er­warten, dass die grünen Redner zu diesem Punkt endlich einmal Stellung beziehen und klarstellen, wie sie zur Ökologisierung des Pendlerpauschales stehen. Frau Kollegin To­maselli, Sie sind ja nach mir zu Wort gemeldet, Sie können das hier gleich klarstellen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Tomaselli und Lercher.)

Diese Steuerreform ist weder öko noch ist sie sozial. Es ist eine ökoasoziale Steuerre­form, die von den Österreichern selbst über die kalte Progression finanziert wird. Diese ökoasozialen Steuermaßnahmen werden die Österreicher noch viel Geld kosten. – Vie­len Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

16.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Tomaselli. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete. (Zwischenruf des Abg. Einwallner.)


16.13.27

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Herr Kollege Fuchs, ich kann es Ihnen kurz und schmerzlos beantworten. Es gilt wie immer: Ökologisierung gut, Natio­nalisierung schlecht. (Beifall bei den Grünen sowie Bravoruf des Abg. Koza.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 602

In den vergangenen Tagen haben wir bei der Budgetdebatte in diesem Haus zu einem Großteil über die Ausgaben im Budget gesprochen. Allerdings müssen wir bei der UG 16: Öffentliche Abgaben, auch einmal über die Einnahmenseite sprechen.

Letztes Jahr – vielleicht können Sie sich noch daran erinnern – haben wir ja zu einem sehr ähnlichen Zeitpunkt zwischen der ersten und zweiten Lesung des Bundesfinanzge­setzes die Steuereinnahmen noch nach unten korrigiert. Heute stellt sich heraus, dass diese Einschätzung falsch war, denn tatsächlich – Sie bekommen es ja auch jeden Mo­nat zugeschickt – zeigt der Budgetvollzugsbericht ein klares Bild: Die Steuereinnahmen sprudeln und die Wirtschaft prosperiert.

Einen Anteil daran haben selbstverständlich die Wirtschaftshilfen, die ausgeschüttet wurden. Mehrere Studien haben mittlerweile bestätigt, dass diese sehr, sehr positive Effekte gezeigt haben. Die wichtigste Hilfe, die sicher am breitesten wirksam und unserer Meinung nach auch am effektivsten ist, ist mit Sicherheit die Kurzarbeit. Das AMS schätzt ja, dass damit 1,2 Millionen Jobs gerettet werden konnten. Das bedeutet also, dass 1,2 Millionen Menschen und ihren Familien geholfen werden konnte. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Baumgartner.)

Wenn wir über Wirtschaftshilfen sprechen, müssen wir aber auch darüber reflektieren, dass nicht jedes Hilfsinstrument gleich effizient war, wenn wir das Verhältnis zwischen dem Einsatz von Mitteln und dem Nutzen durch Arbeitsplatzsicherung oder gar Investi­tionen betrachten. Mit dem Wissen von heute muss man sich wahrscheinlich auch einge­stehen, dass es nie einen allgemeinen Wirtschaftsabschwung gegeben hat. Tatsächlich gibt es da innerhalb der Unternehmen deutliche Unterschiede, was die Betroffenheit von der Covid-Pandemie anlangt.

Vor diesem Hintergrund ist wohl auch erwähnenswert, dass die unternehmensbezoge­nen Steuern einen wesentlichen Anteil an den eingangs erwähnten sprudelnden Steu­ereinnahmen bilden. Vergleicht man nämlich die Steuereinnahmen von Jänner bis Sep­tember aus dem letzten Vorkrisenjahr 2019 mit den Einnahmen von heuer, von 2021, dann zeigt sich ein sehr deutliches Bild: Die unternehmensbezogenen Steuern liegen nämlich allesamt deutlich höher. Das betrifft die Umsatzsteuer, die Körperschaftsteuer sowie die KESt. Abgesehen von der veranlagten Einkommensteuer, also der Steuer der kleinen Unternehmen, die 10 Prozent unter dem Niveau des Vorkrisenjahres liegt, be­finden sich alle Steuern deutlich darüber. Insbesondere gilt das für die KESt, die mit 32 Prozent, also einem Drittel, sogar über dem Niveau des Jahres 2019 liegt.

Wir haben im Budgetausschuss nachgefragt, und uns wurde vonseiten des Bundesfi­nanzministeriums erklärt, dass es sich dabei um einen Nachholeffekt vom Jahr 2020 handelt. Gewinne, die im Jahr 2020 nicht ausgeschüttet worden sind, sind jetzt im Jahr 2021 ausgeschüttet worden. Wenn wir uns aber die geplanten Steuereinnahmen – auch vom Voranschlag 2022 – anschauen, dann sehen wir, dass dieser Trend anhält. Mit Ausnahme der veranlagten Einkommensteuer liegen die unternehmensbezogenen Steuern wiederum allesamt über dem Niveau von 2019 – und eben auch die KESt. Diese soll laut dem vorliegenden Voranschlag wieder um 27 Prozent höher sein als im Vorkri­senjahr.

Wie schon vor einem Jahr debattieren wir über das Budget inmitten einer Coronawelle, die voll eingeschlagen hat, und wie letztes Jahr kommt aus der Wirtschaft auch wieder der Ruf nach Wirtschaftshilfen. Diese Hilfen sind ja auch sinnvoll, das muss man ganz klar sagen. Was allerdings nicht geht, ist dieses Wechselspiel aus Hilfen in den Winter­monaten und einem starken Ausschütten von Dividenden in gut gehenden Sommermo­naten.

Die betroffenen Betriebe sollen Hilfen erhalten, das ist ja keine Frage. Ich schließe mich aber auch den Aussagen des Wifo-Chefs von dieser Woche an, der in einem Interview


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 603

gesagt hat, dass die Wirtschaftshilfen auch evaluiert werden müssen. Es braucht eine transparente und umfassende Überprüfung. Die Krise ist bisher einzigartig, und das bedeutet immer auch, dass ganz vieles zum ersten Mal passiert. Dabei passieren auch Fehler. Das ist in Ordnung. Das Wichtige ist jedoch, dass man auch die richtigen Lehren daraus zieht – deshalb ein klares Plädoyer für eine umfassende Evaluierung der Wirt­schaftshilfen. Danach müssen die nächsten Schritte gesetzt werden. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Baumgartner.)

16.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Doppelbauer. – Bitte sehr.


16.19.07

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Herr Finanzmi­nister! Hohes Haus! Herr Minister Faßmann hat gestern in seiner Rede über das Schick­sal der Politiker gesprochen und darüber geklagt, dass man immer wieder dasselbe sa­gen muss. Ich muss dem heute leider wieder zustimmen. Auch ich muss nämlich wieder dasselbe sagen, was ich schon in den letzten Wochen zu diesem Budget und auch zu dieser Steuerreform gesagt habe: Es ist einfach keine Zukunft drinnen. Es steht zwar groß Zukunft oben drauf, aber davon ist in diesem Budget nichts zu finden. Warum? – Ich sage es noch einmal: Es gibt drei große Bereiche, die einfach nicht abgedeckt sind.

Es gibt nicht die notwendigen Strukturreformen. Der Schuldenrucksack, das ist mein zweiter Punkt, der da der nächsten Generation, den Jungen, umgehängt wird, der wächst weiter, ohne dass in diesem Budget irgendein Wille zu sehen ist, diesen auch wieder abzubauen. Es ist außerdem eine Steuerreform, die weder ökologisch ist noch die Men­schen ausreichend entlasten wird.

Kurz zu den Strukturreformen: Warum ist das so schlecht, dass die nicht endlich an­gegangen werden? Man muss das einfach auch einmal erklären: Weil es nämlich im Budget die Luft zum Atmen nimmt. Das heißt, immer mehr Geld wird für Bestehendes ausgegeben, zur Systemerhaltung ausgegeben, und das kann sich nur dann ändern, wenn die Strukturreformen – Pensionsreform, Sie wissen es alle, Föderalismusreform bis hin zu einer Bildungsreform – abgebildet werden.

Was jetzt noch dazukommt, ist, dass in dieser Pandemie einfach ein riesiger Schulden­berg aufgebaut worden ist. Manches ist zu Recht ausgegeben worden, aber wie auch schon meine Vorrednerin, Frau Tomaselli, gesagt hat, gibt es bisher nicht einmal eine Evaluierung der Wirtschaftshilfen. Ich habe dazu mehrmals Anträge eingebracht, die alle vertagt worden sind, und so kann man halt einfach kein Budget effizient führen.

Man hat den Eindruck: Hinter mir die Sintflut, sollen sich doch die Nächsten, also die nächste Generation, die, die kommen, um diesen Schuldenberg kümmern! – Und das ist ein Drama, meine Damen und Herren. Wir verlieren den Anschluss, weil so mutlos und so planlos und wirklich so schlecht gewirtschaftet wird. Dazu muss man sich nur die internationalen Rankings anschauen – und es ist egal, ob Sie da auf den Wirtschafts­standort schauen, egal, wohin Sie schauen –: Wir sind überall im Mittelfeld, im unteren Mittelfeld, und die Reise geht nach unten – und das ist dieser Vogel-Strauß-Politik ge­schuldet, die Sie hier betreiben.

Ich möchte auch noch auf die ökologische Steuerreform eingehen. Wie gesagt, sie ist weder ökologisch noch wird sie ausreichend entlasten. Warum entlastet sie nicht ausrei­chend? – Ein Hauptgrund, der hier angeführt werden muss, ist – und Sie wissen, was jetzt kommt, ich gebe Ihnen wieder einmal Gelegenheit, Ihr Wahlversprechen einzuhal­ten – die kalte Progression.

Deren Abschaffung hat nicht nur der Herr ehemalige Bundeskanzler im Wahlkampf versprochen, das hat auch Vizekanzler Kogler im Wahlkampf versprochen. Deswegen


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gebe ich Ihnen noch einmal die Möglichkeit, Ihre Wahlversprechen auch einzuhalten, und zwar mit dem folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kalte Progression JETZT abschaffen!“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefor­dert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage vorzulegen, die die Kalte Pro­gression abschafft, indem die Steuer-Tarifstufen des § 33 Abs. 1 EStG 1988 an die In­flation gekoppelt werden.“

*****

Wir hätten noch eine weitere Bitte, Herr Finanzminister, vielleicht können Sie dieser nachkommen. Das ist nicht ganz so schwierig, glaube ich. Wir sind ja eigentlich im Jahr 2021 und wir Parlamentarier hätten da eine ganz verwegene Bitte. Da geht es – und ich muss das vielleicht kurz erklären – um den Budgetziegel. Das wissen viele Menschen nicht: Am Vortag, bevor der Herr Finanzminister seine Budgetrede hält, be­kommen wir Parlamentarier das Budget zugeschickt. Das kommt aus dem Finanzminis­terium, 12 Kilo waren es heuer (mit den Händen einen Stapel in entsprechender Höhe andeutend), 12 Kilo und 3 400 Seiten. Warum weiß ich das so genau? – Weil wir es in Papierform kriegen. Sie könnten doch ein paar Bäumchen retten und uns das Nachrech­nen erleichtern, indem Sie uns einfach ein E-Mail schicken und das digital zur Verfügung stellen.

Deswegen ein weiterer Antrag von mir:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Digitale Budgetunterlagen“

Die Bundesregierung wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefor­dert, den Fraktionen den Entwurf zum jeweiligen Bundesfinanzgesetz inklusive Anlagen, den Entwurf zum Bundesfinanzrahmengesetz sowie den Budget- bzw. Strategiebericht am Vorabend der Budgetrede des Finanzministers im Nationalrat in digitaler Form zu übermitteln.“

*****

Last, not least komme ich noch zu einem dritten Punkt, auch ein ganz großer Wunsch und ein großes Anliegen von uns NEOS: Dabei geht es ums Climatebudgeting. Da gab es vor dem Sommer, im Frühjahr, im Umweltausschuss einen gemeinsamen Antrag, in dem es darum geht, dass man alle Aktionen, alles, was sozusagen umgesetzt wird, auch betreffend die Auswirkungen auf das Klima berechnet.

Das ist ein ganz, ganz wichtiges, ganz strategisches Thema, es sollte vor allem für die Grünen ein ganz strategisches Thema sein, möchte man meinen, weil es einfach darum geht: Alles, was man tut, hat budgetäre Auswirkungen, und das Climatebudgeting würde das eben integral berechnen und auch den jeweiligen UGs zuordnen.


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Jetzt hat man sich darauf verständigt, alle haben das unterschrieben – Schwarz hat es unterschrieben, Grün hat es unterschrieben, wir haben es auch unterschrieben –, aber was ist passiert? – Nichts. Nichts ist passiert. Wir als Budgetsprecher haben uns bemüht, das auf den Weg zu bringen. Nicht nur ich, auch die anderen Budgetsprecher haben sich eigentlich darauf geeinigt, dass man sagt: Okay, im Umweltausschuss gibt es das, das heißt, wir müssten dieses Climatebudgeting jetzt auch wirklich aufstellen, und um es aufstellen zu können, braucht es natürlich Ressourcen, es braucht einen Platz, wo es angesiedelt ist. Den politischen Willen, so dachten wir, hätte es ja schon gegeben.

Das heißt, wir Budgetsprecher haben uns da gefunden, haben einen Vorschlag gemacht und versucht, das einzuordnen, haben das dem Budgetdienst zugeteilt und gesagt: Okay, der Budgetdienst, der sich ja generell schon um viele Anliegen hier kümmert, sollte einfach aufgestockt und mit zusätzlichen Ressourcen ausgestattet werden.

Das ist nicht passiert, obwohl es dazu sehr, sehr viele Meetings und auch sehr viel guten Willen von allen Seiten gegeben hat, aber aus irgendeinem Grund – und da spreche ich auch Sie an, Herr Präsident – hat man es nicht geschafft, die Ressourcen für den Bud­getdienst bereitzustellen, um dieses Climatebudgeting auf den Weg zu bringen.

Ich finde das als Parlamentarierin wirklich sehr schade. Es ist eine vertane Chance, dass da nichts gemacht worden ist. Ich bin, um ganz ehrlich zu sein, wütend, weil die Grünen auch nicht abgeliefert haben. Ich hätte mir wirklich gewünscht, dass wir uns alle im Sinne der Zukunft und der Berechnung der Kosten des Klimawandels in unserem Budget da­rauf verständigen könnten, einen gemeinsamen Beschluss in diesem Haus umzusetzen. Es ist nicht gelungen. Wir NEOS werden dranbleiben. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

16.26

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Kalte Progression JETZT abschaffen!

eingebracht im Zuge der Debatte in der 129. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Budgetausschusses über TOP 4: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes­voranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 - BFG 2022) (1157 d.B.) samt Anlagen – UG 16

Die versteckte Steuererhöhung

Die Kalte Progression, also die versteckte jährliche Steuererhöhung, entsteht, weil die Einkommen zwar Jahr für Jahr steigen, die Steuerstufen aber nicht an die Inflation an­gepasst werden. Somit erhöhen sich der Durchschnittssteuersatz und die Steuerschuld stärker als die Inflation. Die Kalte Progression betrifft also alle Lohnsteuerpflichtigen und, entgegen der gängigen Auffassung, nicht nur jene, die aufgrund der Inflationsabgeltung in die nächst höhere Steuerstufe rutschen. Wenn der Bruttolohn steigt, steigt auch der Durchschnittssteuersatz – jener Anteil des Einkommens, der an den Finanzminister geht, nimmt also zu. Sie entsteht, sobald das zu versteuernde Einkommen einer Person an die Inflation angepasst wird und in der Folge zumindest den ersten Grenzsteuersatz überschreitet.

Entlastung aufgehalten, versprochen und doch nicht umgesetzt

Die Bundesrechenabschlüsse der letzten Jahre zeichnen ein genaues Bild von der außergewöhnlich hohen Abgabenbelastung in Österreich. Dieser Antrag setzt daher ei­nen wichtigen Markstein für eine nachhaltige Entlastung der Steuerzahler_innen. Mehrfach


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haben sich Bundesregierungen an die Abschaffung der Kalten Progression versucht. Aktuell bekannt gewordene Akten zeigen auf, dass es bereits 2016 unter der Bundesre­gierung von Bundeskanzler Kern (SPÖ) und Vizekanzler Mitterlehner (ÖVP) Bestrebun­gen gab, die Kalte Progression abzuschaffen. Wie nun bekannt ist, intervenierten 2016 einzelne Mitglieder der Bundesregierung und deren Umfeld, wie der spätere Mitterleh­ner-Nachfolger und der damalige Generalsekretär im Finanzministerium Schmid, um diese wichtige Reform aufzuhalten. Vor der Nationalratswahl 2017 hatten sowohl ÖVP als auch FPÖ die Abschaffung der Kalten Progression angekündigt, vor der letzten Wahl 2019 versprachen dies dann alle Parteien ausdrücklich. Im ausverhandelten Regie­rungsprogramm der ÖVP und der Grünen fehlt wieder das volle Bekenntnis zum partei­übergreifenden Versprechen aus dem Wahlkampf 2019.

Selbst bezahlte Steuerreform statt versprochener Entlastung für Österreichs Steuer­zahler_innen

Am 3. Oktober 2021 präsentierte die Bundesregierung ihren Entwurf einer Steuerreform. Von der größten Entlastung der Steuerzahler_innen in der zweiten Republik war die Rede und dennoch hielt die Bundesregierung entgegen eigener Zusagen an der Kalten Progression fest. Der Effekt für das Budget ist nämlich zu bedeutsam. Pro Prozentpunkt Inflation fließen rund 250 Millionen Euro ins Budget, hat der ehemalige Finanzminister Hartwig Löger einmal vorgerechnet. In den letzten Jahren haben die Menschen in Ös­terreich sich die groß angekündigte Entlastung somit selbst finanziert. Nach Berechnun­gen von NEOS belaufen sich die Mehreinnahmen durch die Kalte Progression zwischen dem Jahr 2013 und 2023 auf rund 11,88 Milliarden Euro. Das Institut EcoAustria schätzt, dass die Kalte Progression ohne Steuerreform zwischen 2019 und 2025 zu einer zu­sätzlichen Steuerbelastung von insgesamt 19,5 Milliarden Euro führen würde. Anhand einzelner Beispiele lässt sich dies ebenfalls aufzeigen: Eine Beraterin in einer Kreativ­agentur mit einem Gehalt von 55.000 Jahresbrutto gab 2016-2021 insgesamt unbemerkt an den Finanzminister 1527 EUR ab und bekommt dafür im Jahr 2022 eine Entlastung von 325 EUR. Von der Entlastung bleibt ihr also nichts mehr übrig. Im Gegenteil: die Kalte Progression hat 1202 EUR mehr gekostet, als sie bei der Steuerreform 2022 wie­der zurückbekommt.

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Versprechen ernst nehmen und Kalte Progression abschaffen

Damit nicht jede Regierung aufs Neue die größte Steuerreform aller Zeiten beschließen muss, sollte endlich die Kalte Progression dauerhaft abgeschafft werden. Die Steuerstu­fen müssen daher automatisch mit der Inflation angehoben werden. Nur so können Entlastungsmaßnahmen eine nachhaltige Wirkung entfalten und Gehaltserhöhung wür­den in erster Linie jenen zugutekommen, die sich die Gehaltserhöhung mit ihrem Einsatz erarbeitet haben. Jetzt ist der Finanzminister der größte Profiteur, ohne dafür eine Mehr­leistung erbringen zu müssen. Bisher war die Möglichkeit, im regelmäßigen Abstand mit vermeintlichen Entlastungen prahlen zu können, für bisherige Bundesregierungen zu verlockend. Zuletzt sagte ÖVP-Parteiobmann Kurz eine Abschaffung für das Ende der Legislaturperiode zu. Angesichts der aktuell innenpolitisch instabilen Lage und der bereits im Wahlkampf 2019 von allen im Nationalrat vertretenen Parteien zugesagten Entlastung sollte diese dringende Reform vorgezogen und unverzüglich umgesetzt wer­den.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 608

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefor­dert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage vorzulegen, die die Kalte Pro­gression abschafft, indem die Steuer-Tarifstufen des § 33 Abs. 1 EStG 1988 an die In­flation gekoppelt werden."

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Digitale Budgetunterlagen

eingebracht im Zuge der Debatte in der 129. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Budgetausschusses über TOP 4: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes­zsamt Anlagen – UG 15

Entsprechend der parlamentarischen Gepflogenheiten erhalten die Fraktionen den Entwurf zum Bundesfinanzgesetz samt Anlagen, den Entwurf zum Bundesfinanzrah­mengesetz sowie den Budget- bzw. Strategiebericht in analoger Form am Vorabend der Budgetrede des Finanzministers im Nationalrat. Im Sinne des von der Bundesregierung angestrebten Vorantreibens der Digitalisierung der Bundesverwaltung und des Gesetz­gebungsprozesses sowie angesichts eines auch in Zukunft notwendigen, verbesserten Pandemie-Managements wäre es jedoch angebracht und sinnvoll, den Fraktionen die genannten Budgetunterlagen künftig nicht nur analog, sondern auch in digitaler Form zur Verfügung zu stellen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefor­dert, den Fraktionen den Entwurf zum jeweiligen Bundesfinanzgesetz inklusive Anlagen, den Entwurf zum Bundesfinanzrahmengesetz sowie den Budget- bzw. Strategiebericht am Vorabend der Budgetrede des Finanzministers im Nationalrat in digitaler Form zu übermitteln."

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Beide Anträge sind ausreichend unterstützt, ord­nungsgemäß eingebracht und stehen somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hanger. – Bitte sehr.


16.26.38

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesfinanzminis­ter! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Wir sind am Ende einer doch sehr langen Budgetdebatte. Wir haben am 5. November mit dem Budgethearing im Budget­ausschuss begonnen, dann gab es ausführliche Beratungen im Budgetausschuss, seit Beginn dieser Woche finden die Beratungen hier im österreichischen Parlament statt, und das ist vielleicht auch eine gute Gelegenheit, ein kleines Resümee zu ziehen, wie diese Debatte denn abgelaufen ist.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 609

Einleitend muss man vielleicht wieder einmal erklären, dass Budgetdebatten seit Jahr­zehnten einem bestimmten Ritual folgen: Regierungsfraktionen sehen das Budget sehr, sehr positiv – Herr Kollege Fuchs schmunzelt, ich kann mich erinnern, er hat Budgets auch eine Zeit lang sehr, sehr positiv gesehen –, Oppositionsparteien sehen es immer sehr, sehr negativ. Das ist seit Jahrzehnten gleich. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, so ein­fach wie dieses Jahr hat man es als Vertreter einer Regierungsfraktion noch selten ge­habt, weil dieses Budget tatsächlich unglaublich viele positive Aspekte beinhaltet. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Steger.)

Ich möchte, und das kann man durchaus mit einem Applaus begleiten, damit beginnen, dass dieses Budget und die mittelfristige Finanzplanung unter der Überschrift Entlastung entsteht, dieses Budget steht für Entlastungen. Ich darf einmal mehr in Erinnerung rufen: Die erste Tarifstufe wurde bereits gesenkt. Es folgt jetzt das Senken der zweiten und dritten Tarifstufe. Es kommt ein ganz wichtiger familienpolitischer Akzent mit der Erhö­hung des Familienbonus. Ganz wichtig ist auch: Mit der Senkung der Krankenversi­cherungsbeiträge, insbesondere für die unteren Einkommen, werden die unteren Ein­kommensbezieher entlastet. Ganz klar ist, dieses Budget, dieser mittelfristige Finanz­rahmen schafft Entlastungen, und ganz wichtig und immer wieder zu betonen ist: viel mehr Entlastung als durch die Abschaffung der kalten Progression erzielt worden wäre. Mit dieser Mär möchte ich immer wieder auch ein bisschen aufräumen. Das ist unglaub­lich positiv und das muss man immer wieder voranstellen.

Der zweite wesentliche Aspekt, den möchte ich einmal mehr hervorstreichen, ist folgen­der: Wir schaffen den Einstieg in die Ökologisierung des Steuersystems. Jetzt mag man über Höhen reden, ob 30 Euro pro Tonne genug sind oder nicht, aber jedenfalls ist es ein Einstieg, denn natürlich muss dieser Einstieg auch standortverträglich gemacht werden und sind auch die europäischen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Ganz wichtig ist, und das möchte ich ausdrücklich betonen: All diese Einnahmen, die durch diese CO2-Bepreisung kommen, werden ja über den Klimabonus wieder an die Bevöl­kerung zurückgegeben (Zwischenruf des Abg. Lausch), um einerseits diese Lenkungs­effekte sicherzustellen, aber auch um zu schauen, dass man insbesondere ländli­che Regionen nicht benachteiligt. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Jakob Schwarz und Rössler.) Das ist mehr, als die CO2-Bepreisung hereinbringt.

Ein Aspekt, wenn wir schon über Steuerpolitik reden, ist mir persönlich auch immer sehr wichtig, wir haben das auch durch eine Studie des Budgetdienstes bewiesen: Wir haben ein Steuersystem, das auch sehr stark umverteilt. Das kann man jetzt positiv oder nega­tiv sehen, die einen werden sagen, da wird schon zu viel umverteilt, die anderen sagen, es wird zu wenig umverteilt. Klar ist aber auch, dass wir gerade durch diese Umverteilung im Bereich der Armutsbekämpfung Weltspitze sind und durch dieses solidarische Steu­ersystem, auch gemessen am Gini-Koeffizienten, auch da an der Weltspitze sind. Das sollte man immer wieder erwähnen. (Beifall bei der ÖVP.)

In schwierigen Zeiten ist es notwendig, dass wir finanzielle Stabilität in unserer Republik haben. Ich bin sehr davon überzeugt, dass gerade das Budget 2022 für diese finanzielle Stabilität in unserer Republik sorgen wird, und darf daher um Ihre Unterstützung ersu­chen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

16.30


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kollross. – Bitte.


16.30.35

Abgeordneter Andreas Kollross (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ein Budget ist ja letztendlich nicht mehr als ein – no na – in Zahlen gegossenes Programm. Es drückt letztendlich aus, welche Schwerpunkte man setzt, was einem wichtig ist und was einem weniger wichtig ist.


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Schauen wir uns dieses Budget an, nur ein paar Punkte: Was ist den Regierungsfrak­tionen wichtig? – Wichtig sind zum Beispiel die Spenderinnen und Spender des Systems Kurz in Form der KöSt-Senkung. Da werden Hunderte Millionen Euro schlicht und ein­fach nachgeschmissen.

Wichtig ist der Regierung zum Beispiel, die Ungerechtigkeit des Familienbonus beizube­halten, nämlich dass jene, die Lohnsteuer zahlen, in den Genuss des Familienbonus kommen, jene, die geringe Einkommen haben, die gerade diejenigen wären, die zusätzli­che Unterstützung brauchen, seitens der Regierung in diesem Bereich keine Unterstüt­zung bekommen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Sieber: ... Euro!)

Nicht wichtig ist Ihnen zum Beispiel die Situation der Städte und Gemeinden in unserem Land, und somit ist Ihnen auch die Situation der einzelnen Bürgerin und des einzelnen Bürgers nicht wichtig, denn jede und jeder von uns wohnt in einer Gemeinde oder einer Stadt. Somit ist Ihnen auch die Lebensqualität jeder und jedes Einzelnen nicht wichtig, und auch die Unterstützung und Förderung der regionalen Wirtschaft ist Ihnen nicht wichtig.

Wenn man sich das Budget anschaut, muss man leider eines zur Kenntnis nehmen: Für Gemeinden und Städte gibt es auf Basis der momentanen finanziellen Situation – und jetzt stehen wir ja wahrscheinlich wieder vor einem zusätzlichen Lockdown, was die Situation der Gemeinden und Städte verschärft – nach wie vor keine Erkenntnis seitens der Regierung, gibt es nach wie vor keine zusätzliche finanzielle Unterstützung, die sich automatisch zu 100 Prozent auf die Lebensqualität jeder Bürgerin und jedes Bürgers in diesem Land auswirken würde.

Das wirkt sich wie gesagt auch auf die regionale Wirtschaft aus, auf den kleinen Elek­triker, den kleinen Installateur, Tischler, Baumeister, Fliesenleger und so weiter und so fort, denn wenn die Gemeinden kein Geld haben, zu investieren, dann haben sie eben auch kein Geld, um Aufträge zu vergeben. Leidtragend ist eins zu eins die regionale Wirtschaft.

Was ist Ihnen ebenfalls nicht wichtig? – Nicht wichtig ist Ihnen auch die Kinderbetreuung. Ich weiß, dass ihr da schon lange eine andere Geschichte erzählt, dass das alles nicht so war. Ich möchte aber noch einmal an eines erinnern, weil das vor allen Dingen na­türlich die Gemeinden und Städte zusätzlich betrifft: 1,2 Milliarden Euro wären schon lange in der Kindernachmittagsbetreuung investiert, gäbe es nicht Sebastian Kurz, gäbe es nicht das Ego des Sebastian Kurz (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter), dem es wichtiger war, dass er Bundeskanzler wird als dass Kinder, dass Familien, dass Städte und Gemeinden die notwendige Unterstützung bekommen, die sie brauchen, damit endlich ein Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung gewährleistet wird. (Zwischenruf des Abg. Sieber.) – Ich weiß eh Kollege, du hast keine Ahnung, was Rechtsanspruch bedeutet, das hast du heute in deiner Rede schon einmal zum Ausdruck gebracht. (Beifall bei der SPÖ.) Mach dich nicht ein zweites Mal lächerlich, einmal war schon schlimm genug! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Sieber.)

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, möchte ich abschließend den Ent­schließungsantrag betreffend „Sicherung der Gemeindefinanzen in der Krise“ noch ein­mal einbringen. Ich bin ja felsenfest davon überzeugt, dass es nur eine Frage der Zeit ist: Ihr habt ja auch viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in euren Reihen, ihr hört es ja selbst schon, dass sich das finanziell nicht mehr ausgeht. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ihr selbst mit solch einem Vorschlag kommt. Wir könnten uns diese Ehrenrunde ersparen, indem ihr schlicht und einfach endlich unseren Antrag, den wir hier schon oft gestellt haben und auch immer wieder stellen werden, mitbeschließt.

Der Entschließungsantrag lautet:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 611

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherung der Gemeindefinanzen in der Krise“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehebaldig ein Gesetzespaket zur nachhaltigen Stärkung der Gemeindefinanzen zuzuleiten. Darin sollten insbesondere folgende Punkte enthalten sein:

1. Ein ersatzloser Entfall der Rückzahlungsverpflichtungen aus dem 2. Gemeindepaket durch Umwandlung des Darlehens in einen nicht rückzahlbaren Zweckzuschuss und

2. die Weiterführung des Kommunalinvestitionsprogramm (KIP) mit einem jährlichen Vo­lumen von 1 Mrd. € bis 2024.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regie­rungsparteien, es wird Zeit, dass ihr den Kopf nicht weiter in den Sand steckt! Es wird Zeit, dass ihr endlich wirkliche Hilfen für die Gemeinden und Städte schafft, denn das bedeutet letztendlich ein Mehr an Lebensqualität für jeden Menschen in diesem Land. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.36

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Andreas Kollross

Genossinnen und Genossen

betreffend Sicherung der Gemeindefinanzen in der Krise

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 4) Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.), zur Untergliederung 44

Begründung

Die aktuell größte Gesundheitskrise unserer Zeit hat gravierende Auswirkungen auf das Leben der Österreicherinnen und Österreicher, weder sind derzeit die gesundheitlichen noch die wirtschaftlichen Folgen abschätzbar. Bedingt durch die Maßnahmen der ÖVP/Grüne-Bundesregierung, insbesondere die Lockdowns des letzten Jahres und neuerlichen Lockdowns heuer lassen die Einnahmen ganzer Branchen wegbrechen. Diese Entwicklungen haben auch massive Auswirkungen auf die Gemeindefinanzen und treffen die Bevölkerung daher doppelt.

Bereits im letzten Jahr hat die SPÖ auf die prekäre Situation der Gemeindefinanzen hingewiesen und zahlreiche Anträge eingebracht, die eine Problemlösung aufzeigen. Die Corona-Krise hat nicht nur große Löcher in den Budgets des Bundes hinterlassen, auch und besonders die Gemeinden wurden hart getroffen. Anders als der Bund, haben die Gemeinden keine einfachen Möglichkeiten sich die notwendige Liquidität über die ÖBFA zu holen. Gleichzeitig zählen die Gemeinden zu den größten Investoren in Öster­reich. Bleiben Gemeindeinvestitionen aus, hat das verheerende Auswirkungen auf die


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österreichische Wirtschaft und damit auf Beschäftigung und Wohlstand in ganz Öster­reich. Das von der schwarzgrünen Regierung beschlossene Kommunalinvestitionspaket hilft nur jenen Gemeinden, die über eine entsprechende Finanzkraft verfügen um den 50%igen-Eigenanteil der Investitionen finanzieren zu können. Die Einnahmenausfälle bei den Ertragsanteilen durch das einbrechende Steueraufkommen, der Kommunalsteu­er und den lokalen Tourismusabgaben haben vielerorts ein Niveau erreicht, dass die Finanzierung selbst der laufenden Gemeindeausgaben nicht mehr zur Gänze sicher­stellt – an regionale Konjunkturmaßnahmen zur Bekämpfung der Krise ist gar nicht zu denken.

Das Gemeindefinanzierungspaket der ÖVP/Grünen Bundesregierung gewährt den Ge­meinden ein Darlehen von 1 Mrd. €, das diese aber ab 2023 wieder zurückzahlen müs­sen. Dieses Geld fehlt den Gemeinden somit jedenfalls mittelfristig. Der Monitoring-Be­richt des Finanzministeriums vom Oktober 2021 zeigt, dass der Schuldenstand der ös­terreichischen Gemeinden in der Krise deutlich gewachsen ist.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehebaldig ein Gesetzespaket zur nachhaltigen Stärkung der Gemeindefinanzen zuzuleiten. Darin sollten insbesondere folgende Punkte enthalten sein:

1.   Ein ersatzloser Entfall der Rückzahlungsverpflichtungen aus dem 2. Gemeindepaket durch Umwandlung des Darlehens in einen nicht rückzahlbaren Zweckzuschuss und

2.   die Weiterführung des Kommunalinvestitionsprogramm (KIP) mit einem jährlichen Volumen von 1 Mrd. € bis 2024.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unter­stützt, wurde ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Stark. – Bitte.


16.36.27

Abgeordneter Christoph Stark (ÖVP): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Geschätz­te Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte meinen Redebeitrag mit einem Zitat des Molekularbiologen und Science Busters Martin Moder beginnen, der neulich in „Früh­stück bei mir“ auf Ö3 sinngemäß gesagt hat, er habe alle Lotterien dieser Erde bereits gewonnen, weil er in diesem Land geboren wurde und in diesem Land Österreich leben darf. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, solch eine Aussage ist nur zu unterstreichen. Es ist kein Ver­dienst, in diesem Land leben zu dürfen, es ist ein Glück. Wir haben ein wunderbares Land mit einer enormen Lebensqualität.

Das Steuersystem, meine Damen und Herren, ist ein Teil dieses Landes, und die Steuer­zahlerinnen und Steuerzahler der letzten 80 Jahre haben es gemeinsam mit Politik und Demokratie geschaffen, nämlich dieses Land mit dem sicheren Sozialstaat, mit dem Ge­sundheitssystem – einem der besten der Welt –, einer sicheren Lebensumgebung mit Tausenden Arbeitsplätzen in einem rundum fantastischen Land.

Nun steht die Steuerreform 2022 vor der Tür, und wir sind in einem parlamentarischen Prozess, der jetzt zu Ende geht, mit Für und Wider, mit unterschiedlichen Meinungen,


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und das ist auch gut so. Wenn wir dieses parteipolitische Rauschen aber einmal aus­blenden, dann bleiben Zahlen und Fakten übrig. Fakt ist, meine Damen und Herren, auch zu Hause: Mit diesem Budget werden die Weichen für die bisher größte Steuerre­form in Österreich gestellt und die ökosoziale Steuerreform mit einem Volumen von un­glaublichen 18,6 Milliarden Euro bis 2025 auf den Weg gebracht.

Kollege Hanger hat es bereits im Detail erklärt, ich brauche gar nicht mehr darauf ein­zugehen, aber: Ein Teil dieser Steuerreform – und das sage ich zum Kollegen Kollross – sind auch die Gemeindefinanzen im Rahmen des Finanzausgleiches. Wir wissen genau, dass das Kommunale Investitionsprogramm 2021 zu wirken begann und bis ins Jahr 2022 hineinwirkt. – Lieber Kollege, wenn du sagst, das habe nicht gewirkt: 6 258 Anträge mit einem Volumen von 785 Millionen Euro, die an die Gemeinden ausbezahlt wurden, wurden gestellt. Das bedeutet 6 258 Projekte in den Gemeinden, die auch zugunsten der Regionalwirtschaft umgesetzt wurden. Auch dieses Programm ist Teil der Steuerre­form 2022. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, wir leben in einem Land mit sehr hoher Lebensqualität. Diese Lebensqualität ist aber gefährdet – nicht durch das Budget, sondern durch das Virus. Sie ist gefährdet, weil wir es als Volksvertreterinnen und Volksvertreter nicht schaffen, an einem Strang zu ziehen, weil wir es nicht schaffen, dieser Krise zu entgehen. Und das ist nämlich weit gefehlt. Es wäre unser aller Aufgabe, alles zu tun, damit wir in Ös­terreich diese Pandemie beenden, und das funktioniert nur mit der Impfung, einem Pro­dukt der Wissenschaft, das nun milliardenfach eingesetzt wurde, wie kein anderes Medi­kament in der Geschichte.

Darum, meine Damen und Herren: Bitte vertrauen Sie der Wissenschaft! Bitte lassen Sie sich für Ihre Gesundheit und für Österreich impfen! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

16.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist nun Abgeordneter Lausch. – Bitte sehr.


16.40.23

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kollege Hanger, Sie haben davon gesprochen, das Budget sei so fair, das Budget sei so gut und eines der besten Budgets. – Das teilen wir einmal nicht (Zwischenruf bei der ÖVP), und ich sage Ihnen auch gleich, warum: Wenn man bedenkt – und die Budget­zahlen zeigen das –, dass nun die geburtenstarken Jahre in Pension gehen, wenn man weiß, im öffentlichen Dienst werden in den nächsten Jahren sehr viele Personen in den wohlverdienten Ruhestand gehen, wenn man weiß, dass der öffentliche Dienst eine be­deutende Säule unserer Republik ist, und man mit so einem Budget für den öffentlichen Dienst so wenig mit neuen Planstellen, mit Aufnahmen und Nachbesetzungen vorsorgt, dann, muss man sagen, kann das gar kein gutes Budget sein – das sage ich Ihnen als Öffentlicher-Dienst-Sprecher meiner Partei.

Sie erwähnen immer ökosozial: Ich sehe bei diesem Budget beim besten Willen nichts Soziales, auch nichts Ökologisches, außer dass der Spritpreis in nächster Zeit höher werden wird. Man weiß ja ganz genau, was das bewirkt: Wird der Spritpreis höher, so wird das Leben für den einzelnen Bürger teurer, weil alles teurer wird, weil heute die Mehrheit der Waren – ob man das will oder nicht – auf der Straße transportiert wird. Man weiß auch: Geht der Spritpreis in die Höhe, geht der Strompreis in die Höhe und, und, und, dass das einer der häufigsten Preistreiber ist und die Inflation total befeuert.

Das weiß man, und daher wäre ich gar nicht so mutig, Kollege Hanger, dass Sie da ständig dieses Ökosoziale so überspannen, weil die Bürgerinnen und Bürger noch sehen werden, was sie von eurem ökosozialen Steuerpaket haben, nämlich eine Verteuerungs­welle in den nächsten Monaten und Jahren.


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Man wird sich dann noch genau erinnern, wem man das verdanken kann, wer da mit dem Koalitionspartner an der Schraube gedreht hat und eigentlich – aber das ist ja bei euch als ÖVP nichts Neues – den Weg, den man in der Koalition mit uns gegangen ist, verlassen hat und so über die Hintertür – man glaubt jetzt, Österreich rettet das Klima von Europa und Europa rettet das Weltklima – das Leben der Österreicherinnen und Österreicher verteuert, teurer macht, und das gerade in einer Krisenzeit, in der ja die Bundesregierung wieder die Pandemie – und die wird nicht vorbei sein – und die dritte Impfung ausruft, die Kurzarbeit verlängert und sehr viel Steuergeld, das man ja eigentlich gar nicht hat, in die Hand nehmen muss, um Betriebe zu stützen.

Gerade in so einer Zeit kommt man dann und verteuert auch noch mit dem Spritpreis den Strompreis und somit das Leben der Österreicherinnen und Österreicher um ein Vielfaches. Da ist man sehr mutig. Man wird nicht müde, immer von einem tollen Budget, von einem ökosozialen Steuerpaket zu reden, was ja so nicht stimmt. Ich kann mich nur dem anschließen, was unser Budgetsprecher Hubert Fuchs gesagt hat: Diese Steuer­entlastung, die wir ja gar nicht sehen, zahlt sich der Bürger mit der kalten Progression selber. Das Leben wird teurer, der Verdienst aber wird nicht so rasant steigen. Am Ende des Tages werden die Bürgerinnen und Bürger weniger im Geldbörsel haben, als sie noch vor ein, zwei Jahren hatten. Das ist euer ökosoziales Steuerpaket! Wie gesagt, ich sehe da beim besten Willen nichts Soziales.

Ihr werdet noch schauen und die Bürgerinnen und Bürger und die Österreicherinnen und Österreicher werden euch das noch „danken“ – das ist aber mit Gänsefüßchen gemeint, süffisant –, wie ihr da auch noch die Preistreiber sein werdet und was das Leben bald kosten wird.

Ich glaube, das ist kein gutes Paket, das ihr da geschnürt habt. Ich bin ehrlich gesagt mit meiner Fraktion sehr, sehr enttäuscht, dass einem da in Krisenzeiten, in Pandemiezei­ten – in Coronazeiten – nichts Besseres eingefallen ist und dass man sagt, man macht ein Ökopaket, was es ja gar nicht ist. Eigentlich macht man nur ein Teuerungspaket für die Österreicherinnen und Österreicher. Mehr ist es nicht, mehr ist nicht herausge­kommen.

In diesem Sinne: Hoffen wir noch das Beste! An dieses Steuerpaket glauben wir aber nicht. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

16.45


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte.


16.45.19

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Es muss einmal etwas Positives gesagt werden: Im Budgetausschuss mit dem Herrn Finanzminister hat der fragende Abgeordnete vernünftige Antworten von den Sektionschefs und vom Herrn Bundesminister bekommen, und das ist nicht selbstver­ständlich. Da, finde ich, hat sich das Finanzministerium von vielen anderen positiv abge­hoben. Das sei an dieser Stelle auch einmal wertgeschätzt. (Beifall bei NEOS und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Dass man natürlich als Abgeordneter der Opposition mit den Antworten nicht immer eine Freude hat, ist eine andere Geschichte, aber so ist die Rollenverteilung.

Unter diesen oft recht komplexen Untergliederungen, die wir hier am Schluss debattie­ren, ist auch die wenig beachtete UG 23. Das sind die Pensionen für die Beamten. Eines der Wirkungsziele, die festgeschrieben wurden, ist, dass das Geld rechtzeitig fließt. Wir sind also zufrieden, wenn die Beamten ihre Pensionen rechtzeitig bekommen. So mes­sen wir die Qualität der Arbeit in dieser UG. Das ist nicht wahnsinnig ambitioniert, denn


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ich glaube, wenn Sie den Beamten die Ruhebezüge zu spät überweisen, haben Sie ziemlich schnell einen ziemlichen Ärger.

Wenn man schaut, wie sich das entwickelt, sieht man: Im Jahr 2019 hat die Republik unter diesem Titel 7,5 Milliarden Euro ausgegeben und im Jahr 2025 wird es um ein Drittel mehr sein, nämlich ziemlich geradeaus 10 Milliarden Euro. Und was passiert, wenn wir eine Ausgabensteigerung um ein Drittel haben? – Nichts, weil der Herr Finanz­minister sagt: Ja, da bin ich gar nicht zuständig, weil das Dienst- und Pensionsrecht ganz woanders passiert!

Ja, das ist inhaltlich auch richtig, die Frage ist nur: Ist es auch gescheit, dass es ganz woanders passiert? Ist es gescheit, dass Kogler das öffentliche Dienstrecht hat und der Finanzminister das bezahlt, was der andere ausgemacht hat? – Der Rechnungshof sagt, es ist nicht gescheit, und da bin ich der Meinung des Rechnungshofes. Das gehört ein­mal an einer Stelle zusammengezogen. Es ist gar nicht so heikel, an welcher Stelle, aber die Verantwortung für die Maßnahme und für die daraus resultierenden Ausgaben gehö­ren in einer Hand zusammengeführt.

Für die normalsterblichen Pensionisten – die also nicht in den Genuss einer Beamten­pension kommen – stellt sich das Problem, dass die Ersatzraten sinken. Man bekommt also immer weniger von seinem früheren Verdienst als Pension bezahlt. Daher wird gleichzeitig die private Altersvorsorge immer wichtiger.

Da sind wir wieder bei einem Punkt, der den Herrn Finanzminister tatsächlich inhaltlich betrifft: Wenn jemand private Altersvorsorge macht und beispielsweise mit Fonds oder mit Aktien etwas fürs Alter zur Seite legt, dann wird er mit der Kapitalertragsteuer be­steuert wie ein Börsenzocker, der jeden Tag x-fach tradet. Da ist der gleiche Steuersatz drauf, und das ist nicht fair und es ist auch nicht klug, weil die Republik ja ein Interesse daran haben muss, dass die Menschen im Alter gut versorgt sind und keine finanziellen Sorgen haben. Daher wäre es an der Zeit, die alte Spekulationsfrist wieder einzuführen, damit jemand, der ein Wertpapier länger behält, nicht wie ein Börsenzocker besteuert wird, sondern eben fair behandelt wird. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf bei den NEOS.)

Ich bringe daher folgenden Entschließungseintrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „KeSt-Be­freiung für längerfristige Veranlagungen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefor­dert, weitere Maßnahmen zur Stärkung des österreichischen Kapitalmarkts umzusetzen, insbesondere die Wiedereinführung einer Spekulationsfrist für die Einhebung der KESt auf Kursgewinne bei Wertpapieren.“

*****

Wichtig ist dem Herrn Bundesminister, wie wir den Medien entnehmen konnten, eine Besteuerung von Kryptoassets. Wenn Sie also Bitcoin haben und sich diese im Wert steigern, dann will der Herr Finanzminister da mitnaschen. Da frage ich mich: Wieso das jetzt?

Ich frage mich das aus zwei Gründen: Der eine ist, Bitcoin ist ja jetzt die offizielle Wäh­rung von El Salvador. Wenn Sie die Währung von Honduras oder von Mexiko in Ihrer


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Geldbörse haben und diese sich im Wert steigert, dann ist es halt so, aber wenn Sie die Währung von El Salvador in Ihrer elektronischen Wallet haben, dann bekommt der Fi­nanzminister etwas von der Wertsteigerung. Das ist nicht logisch, ist nicht gescheit, ist nicht fair, und da muss man sich noch etwas anderes überlegen.

Jetzt ist ja Österreich nicht gerade der Standort für alles, was Innovation betrifft, und wir haben das Glück, dass wir mit dem Unternehmen Bitpanda eigentlich den Marktführer unter diesen Anbietern bei uns im Land haben. Muss man die steuerlichen Regelungen jetzt so schrauben, dass die auch gerne weggehen, so wie die Bank N26 dann halt in Deutschland aufgemacht hat, weil sie in Österreich von der FMA zu Tode schikaniert worden ist? – Muss man nicht!

Wir müssen nicht als Stammsitzland eines innovativen Unternehmens genau in dem Bereich die schärfsten Regeln entwerfen, in dem dieses Unternehmen tätig ist. Das ist auch ein Signal an andere innovative Unternehmen, sich gut zu überlegen, welches Land sie als ihren Gründungsstandort wählen. Und wenn man die modernen Unternehmen so behandelt, werden halt zukünftig immer mehr Gründungen an einem anderen Standort stattfinden als in Österreich, und das kann ja wohl nicht das Ziel sein. (Beifall bei den NEOS.)

16.51

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend KeSt-Befreiung für längerfristige Veranlagungen

eingebracht im Zuge der Debatte in der 129. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Budgetausschusses über TOP 4: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes­voranschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 - BFG 2022) (1157 d.B.) samt Anlagen – UG 16

Ein starker Kapitalmarkt ist ein wesentlicher Faktor für einen wettbewerbsfähigen Stand­ort und volkswirtschaftliche Stabilität. Verbesserte Rahmenbedingungen, zum Beispiel in Form von steuerlichen Anreizen bei Kapitalerträgen oder Erleichterungen beim Zu­gang von institutionellen Investoren, tragen zur Stärkung des Kapitalmarkts bei.

Die demographische Entwicklung und der daraus resultierende Druck auf das staatliche Pensionssystem wird einen massiven Ausbau der 3. Säule des Pensionssystems not­wendig machen. Daher muss es jedem Menschen in Österreich möglich sein, auch individuell für sich gut vorzusorgen und – angesichts bereits seit Jahren niedriger Spar­buchzinsen – auch langfristig von der positiven Entwicklung an den Kapitalmärkten zu profitieren.

Um eine möglichst breite gesellschaftliche Teilhabe am Kapitalmarkt zu ermöglichen, ist es wichtig, das entsprechende Wirtschafts- und Finanzwissen breit in der Bevölkerung zu verankern: zum Beispiel durch eine Berücksichtigung in den Schullehrplänen für Un­terstufe oder Mittelschule und lebenslange Lehrangebote.

Darüber hinaus stellt eine Kapitalertragssteuerbefreiung für längerfristige Veranlagun­gen eine geeignete steuerliche Maßnahme zur Stärkung des Kapitalmarkts dar und setzt deutliche Anreize, in Wertpapiere zu veranlagen. Die „Erarbeitung einer Behaltefrist für die Kapitalertragssteuerbefreiung für Kursgewinne bei Wertpapieren und Fondsproduk­ten“, also die Wiedereinführung der früheren Spekulationsfrist, ist auch im Regierungs­programm 2020-24 vorgesehen, im Rahmen der aktuellen Steuerreform wird dieses Vor­haben jedoch nicht umgesetzt.


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Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefor­dert, weitere Maßnahmen zur Stärkung des österreichischen Kapitalmarkts umzusetzen, insbesondere die Wiedereinführung einer Spekulationsfrist für die Einhebung der KESt auf Kursgewinne bei Wertpapieren."

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Götze. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


16.51.13

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte mich in dieser Diskussion zum Budget des kommenden Jahres zwei wichtigen Themen widmen.

Das erste sind die Gemeindefinanzen; es haben auch schon einige meiner Vorredner dazu gesprochen.

Klar ist, dass die Gemeinden, wie viele Organisationen, Betriebe und so weiter, unter Corona gelitten haben, und deswegen haben wir zwei Gemeindepakete geschnürt. (Bei­fall bei den Grünen.) Wir haben mehrmals gehört, die Investitionstätigkeit funktioniere nicht, die Gemeinden könnten sich das Geld aus dem Gemeindepaket eins nicht abho­len.  Das ist nicht richtig! 80 Prozent der Gelder sind bereits abgeholt, knapp 2 000 Ge­meinden haben bereits Investitionsgelder abgeholt. (Beifall bei den Grünen und bei Ab­geordneten der ÖVP.) Daher konnten die Gemeinden mit Hilfe dieses kommunalen In­vestitionspaketes bereits über 3 Milliarden Euro in wichtige Infrastruktur vor Ort inves­tieren.

Das Gemeindepaket zwei, auch ein wichtiges Instrument, garantiert, dass die Ertragsan­teile steigen. Das heißt, weil mit sinkenden Ertragsanteilen, sinkenden Steuereinnahmen zu rechnen ist, haben wir gesagt, wir wollen sicherstellen, dass die Gemeinden trotzdem einen Wachstumspfad haben, und so ist es gelungen, dass die Gemeinden aufgrund dieser Ertragsanteilsteigerung heuer mehr Gelder zur Verfügung haben als noch 2019.

Ein Punkt im Zuge der Verschuldungstätigkeit war, dass wir gesagt haben, wir wollen auch ein Monitoring schaffen. Monitoring heißt, wir wollen sehen, inwieweit die Gemein­den gleichmäßig investieren oder ob es Gemeinden gibt, die weniger oder nicht investie­ren. Auch dieses Instrument haben wir geschaffen, um frühzeitig zu sehen, ob es Ge­meinden gibt, die nicht ausreichend investieren. Gezeigt hat sich, dass die Gemeinden gemessen am BIP gleich viel investieren wie vor der Krise, auch 2020. Die Investitionen liegen sogar auf dem dritthöchsten Niveau innerhalb der letzten 20 Jahre. Das heißt, man sieht wirklich, dass die Gemeinden gut investieren konnten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ein letzter Punkt: Es gibt einen moderaten Schuldenanstieg bei den Gemeinden, aber bei einer niedrigen Zinsenpolitik, wie es derzeit der Fall ist, ist es aus Gemeindesicht durchaus sinnvoll, in Infrastruktur, in ihre Projekte zu investieren. Das tun sie, und wie gesagt stellt das Gemeindemonitoring sicher, dass wir das am Radar haben, auf Sicht


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fahren und agieren, wenn die Gemeinden mehr Unterstützung brauchen; und wenn das so ist, werden sie diese auch bekommen.

Dazu passend – auf Sicht fahren, Unterstützung dann, wenn es nötig ist – möchte ich einen Entschließungsantrag einbringen, bei dem es aber um die allgemeine wirtschaftli­che Lage geht. Aufgrund der aktuellen Covid-Entwicklungen werden neuerliche Be­schränkungen des öffentlichen Lebens diskutiert oder wie in Oberösterreich und Salz­burg bereits heute beschlossen, wie zu vernehmen war. Daher regen wir eine Fortset­zung der bewährten Wirtschaftshilfen an, um Unternehmen, um Personen zu helfen, die unverschuldet in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten.

Ich bringe deshalb folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Sicherheitsnetz für österreichische Betriebe“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, möglichst rasch geeignete Unterstützungsmaßnah­men für die österreichischen Betriebe zu präsentieren, um so Wertschöpfung und Ar­beitsplätze zu sichern.“

*****

Ich bitte um Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.55

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Freundinnen und Freunde

betreffend Sicherheitsnetz für österreichische Betriebe

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 4) Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 - BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.), zur Untergliederung 16

Begründung

Auf Grund der besorgniserregenden COVID-Entwicklungen werden aktuell neuerliche Beschränkungen des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens diskutiert. Entsprechend der Ausgestaltung dieser Beschränkungen wird auch eine Fortsetzung der bewährten Wirtschaftshilfen erforderlich sein, um Personen und Unternehmen zu helfen, die durch diese Maßnahmen unverschuldet in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten können.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


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„Die Bundesregierung wird ersucht, möglichst rasch geeignete Unterstützungsmaßnah­men für die österreichischen Betriebe zu präsentieren, um so Wertschöpfung und Ar­beitsplätze zu sichern.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unter­stützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Erasim. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


16.55.58

Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Am Ende dieser dreitägigen Debatte über das Budget lohnt es sich, einen Blick darauf zu werfen, wie Sie überhaupt in die Verlegenheit gekommen sind, auf der Regierungsbank sitzend, uns als Parlament ein Budget vorzulegen.

Mittels unfassbarer Wahlkampfkostenüberschreitung wurden Medien gekauft, Umfragen manipuliert und so unzählige Wählerinnen und Wähler hinters Licht geführt. Sie mit Ihrem Best-Buddy-Bundeskanzler außer Dienst Kurz bekamen dafür von Ihren Groß­spendern Millionen Euro. Durch dieses Budget bekommen genau diese Großspender ihren Einsatz um ein Vielfaches zurück. 1 Milliarde Euro pro Jahr kosten diese Wahlver­sprechen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, und das ist ein Hohn, geschätzte Da­men und Herren (Beifall bei der SPÖ) Geld, mit dem der Pflegenotstand beendet wer­den könnte, eine echte Digitaloffensive im Bildungsbereich gestartet werden könnte, die Arbeitslosigkeit bekämpft werden könnte oder auch dafür gesorgt werden könnte, dass im Winter niemand mehr frieren muss!

Jetzt wissen wir auch, was für Sie systemrelevante Berufe bedeuten. Für die ÖVP sind das lediglich jene Berufe, die als Erhalter des türkisen Systems dienen – PflegerInnen, KassiererInnen, PädagogInnen, das Gesundheitspersonal, all die gehören nicht dazu.

Sie haben mit Ihrer Machtversessenheit – man muss das hier in aller Deutlichkeit sa­gen – den Familien in diesem Land 1,2 Milliarden Euro gestohlen (Abg. Michael Ham­mer: Sind Sie außer bösartig auch etwas?), 1,2 Milliarden, mit denen ein Rechtsan­spruch auf einen Kinderbetreuungsplatz geschaffen werden könnte. (Beifall bei der SPÖ.) Vielleicht betrifft es Sie nicht, aber die Familien und die AlleinerzieherInnen in diesem Land wären dankbar dafür und hätten ein besseres Leben!

Die Zustimmung der Bevölkerung schwindet massiv, in höchstem Ausmaß, weil Ihre Inkompetenz eben nicht mehr zu verstecken ist. Spätestens seitdem die jetzige vierte Coronawelle über unser Land hereinschwappt, merken die Menschen, was sie von Ihnen zu halten haben. Jeder Tag Zögern kostet nicht nur zig Millionen an Euro und Existen­zen, sondern auch Menschenleben.

Wie wenig ernst diese Bundesregierung diese Situation nimmt, ist auch aus der neues­ten Wortmeldung der Wirtschaftsministerin Schramböck, die sich im Moment in Dubai befindet, herauszuhören. Von dort lässt sie uns als Parlament – es ist ja nicht so, dass sie in den letzten Tagen hier nicht anwesend gewesen wäre – ausrichten, dass sie jetzt auf einmal für eine sofortige Impfpflicht sei. In den letzten Tagen gab es kein einziges Wort von ihr dazu, aber anscheinend muss man als Bundesministerin das Land verlas­sen, um seine Meinung offen kundzutun  zu diesem Thema kann man ja so oder so stehen.

Sie brüsten sich mit 5 Milliarden Euro Überschreitungsermächtigung – lediglich ein Drit­tel der Gelder, die bis jetzt benötigt wurden. Mit diesem Budget besiegeln Sie Ihre Ab­gehobenheit und verdeutlichen lediglich eines, nämlich, dass Ihnen die Menschen in


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diesem Land ausschließlich vor Wahlen am Herzen liegen. Danach werden sie verges­sen. Klatschen alleine reicht nicht. Steigen Sie von Ihrem hohen Ross und gießen Sie Ihr Geklatsche endlich in Zahlen! – Danke schön. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ.)

16.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Angerer. – Bitte sehr.


17.00.01

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Minister! Ge­schätzte Damen und Herren! Frau Kollegin Götze hat soeben einen Entschließungsan­trag – gemeinsam mit Kollegen Peter Haubner – eingebracht, der mich etwas wundert: Die Regierung fordert sich wieder einmal selbst auf, ein Sicherheitsnetz für österreichi­sche Betriebe aufzuspannen. In diesem Antrag heißt es:

„Aufgrund der besorgniserregenden COVID-Entwicklung werden aktuell neuerliche Be­schränkungen des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens diskutiert. Entsprechend der Ausgestaltung dieser Beschränkungen wird auch eine Fortsetzung der bewährten Wirt­schaftshilfen erforderlich sein, um Personen und Unternehmen zu helfen, die durch diese Maßnahmen unverschuldet in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten können. [...]

Die Bundesregierung wird ersucht, möglichst rasch geeignete Unterstützungsmaß­namen für die österreichischen Betriebe zu präsentieren, um so Wertschöpfung und Ar­beitsplätze zu sichern.“

Geh, Peter (in Richtung des Abg. Haubner), kannst du nicht bitte hier herauskommen und erklären, wozu ihr euch da jetzt selbst auffordert? Was ist da jetzt geplant? Was steht an? Kommt morgen der Lockdown, oder was ist los? Wir verstehen diesen Antrag nicht. Es ist, muss ich ehrlich sagen, für mich nicht ganz erklärbar, dass sich eine Bun­desregierung selber auffordern muss, Maßnahmen zu überlegen und zu präsentieren, damit man die Arbeitsplätze und die Unternehmen sichert. Vielleicht tust du das nachher. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Und, Frau Kollegin Götze, vielleicht hätten Sie sich ein anderes Thema als die Gemein­den und den Finanzausgleich aussuchen sollen, wenn es um das Budget geht, denn was sagt denn – den werdet ihr vielleicht auch kennen – der ÖVP-Gemeindebund-Vize­präsident Johann Hingsamer zu diesem Budget? – „Die Presse“ titelt: „Das ist ein Wahn­sinn“. Das ist „ein Schlag ins Gesicht der“ österreichischen „Gemeinden“, „Der Föderalis­mus wird mit Füßen getreten“, das ist eine „einseitige[...] Geldbeschaffung“ – sagt Jo­hann Hingsamer, nicht Erwin Angerer. Johann Hingsamer ist seit 29 Jahren Bürgermeis­ter, er ist seit 20 Jahren im Gemeindebund, ist ÖVP-Mitglied, also hochrangiger ÖVP-Funktionär. Das sagt also Johann Hingsamer zu diesem Budget, was den Finanzaus­gleich betrifft.

Vielleicht noch einmal zur Erklärung, was Finanzausgleich bedeutet: Von den gemein­schaftlichen Einnahmen des Bundes bekommen die Gemeinden rund 11 Prozent und die Länder rund 20 Prozent. Und was macht die Bundesregierung mit den Einnahmen aus den Besteuerungen, die sie den Österreicherinnen und Österreichern mit der im Rahmen der sogenannten ökosozialen Steuerreform eingeführten CO2-Bepreisung jetzt aufbürdet? – Da kommen dann im Jahr Mehreinnahmen von 1,5 bis 2,4 Milliarden Euro herein, in den nächsten Jahren bis 2025 reden wir da von rund 10 Milliarden Euro, und der Bund geht her und sagt: Dieses Geld nehmen wir nur für uns ein.

Auf der anderen Seite werden aber Steuererleichterungen – für die wir ja grundsätzlich sind –, was die Einkommensteuer oder die Körperschaftsteuer betrifft, natürlich von den Gemeinden mitfinanziert werden müssen, denn wenn auf der einen Seite die Einnahmen sinken und auf der anderen Seite Einnahmen lukriert werden, diese sich aber der Bund


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nur für sich zurückbehält, dann bleibt einer auf der Strecke – in diesem Fall zwei: das sind die Länder und die Gemeinden.

Das ist nicht nur ein zusätzlicher Schlag für alle 2 000 österreichischen Gemeinden, die durch die Coronakrise natürlich finanziell geschädigt sind und in den letzten Jahren einen massiven Einnahmenausfall gehabt haben, sondern es ist auch wieder ein Schlag in das gesamte Sozialsystem und für jeden Einzelnen draußen, der betroffen ist, denn die Ge­meinden finanzieren bei den Krankenanstalten mit – zu 50 Prozent –, sie finanzieren bei der vorschulischen Erziehung mit, sprich bei den Kindergärten – sie sind die Kindergar­tenbetreiber –, sie finanzieren im Sozial- und Pflegebereich mit – allein in diesem Be­reich sind es fast 5 Milliarden Euro, die die Gemeinden ausgeben, und da fehlen ihnen natürlich jetzt diese rund 5,5 Prozent bei den Einnahmen. Es wird also auch in diesem Bereich jeden Einzelnen treffen, und das ist auch wieder ein Schritt in Richtung einer völlig unsozialen Politik, der von dieser Bundesregierung gesetzt wird.

Deshalb stelle ich einen Antrag, dass die Mehreinnahmen aus dieser Steuerreform – und vielleicht ist es vielen Bürgermeistern in diesem Land noch nicht bewusst, was das für sie bedeutet – als gemeinschaftliche Bundesabgabe zu sehen sind, damit zumindest dieses Geld, das da zusätzlich hereinkommt, auch wieder im Zuge des Finanzausgleichs über den Verteilungsschlüssel, wie er normalerweise vorgesehen ist, verteilt wird.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „CO2-Steuer als gemeinschaftliche Bundesabgabe“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich zu einer grundlegenden Reform zur Entlas­tung der Gemeindebudgets zu bekennen.

Die Bundesregierung wird weiter aufgefordert, zu diesem Zweck die CO2-Abgabe als gemeinschaftliche Bundesabgabe zu verwenden, da der Klimaschutz alle drei Gebiets­körperschaftsebenen gleichermaßen betrifft und insbesondere Gemeinden aufgrund der Corona-Krise massiv von Einnahmeausfällen betroffen sind.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

17.05

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

betreffend CO2-Steuer als gemeinschaftliche Bundesabgabe

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 4, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1034 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2022 (Bundesfinanzgesetz 2022 – BFG 2022) samt Anlagen (1157 d.B.) – UG 44

in der 129. Sitzung des Nationalrats am 18. November 2021


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Die von der türkis-grünen Bundesregierung selbst ausgerufene „ökosoziale Steuerre­form“ enthält viele Punkte, die weder ökologischen noch sozialen Ansprüchen gerecht werden. Vor allem für Gemeinden wird es durch die geplante Steuerreform eng. Auf­grund der Corona-Krise gehen ihre laufenden Einnahmen stetig zurück, während ihre Ausgaben steigen. Durch Rückgänge bei den Ertragsanteilen oder bei der Kommunal­steuer wird die Handlungsfähigkeit von Städten und Gemeinden stark gefährdet.

Die Steuerreform trägt nun das Ihrige dazu bei, diesen Umstand zu verschlimmern bzw. eine weitere Verschlechterung der Situation für Gemeinden herbeizuführen. Das veran­schlagte Reformvolumen von 18 Mrd. Euro geht mit einem Rückgang der Ertragsanteile für die Gemeinden inkl. Wien von rund 2,4 Mrd. Euro einher – insgesamt tragen Ge­meinden rund 13% der Gesamtreformvolumens.1 Die ohnehin schon große Finanzie­rungslücke der Gemeinden, die sich aufgrund der Rückzahlungsverpflichtungen der Corona-Hilfspakete ergibt, wird durch diese Maßnahme zunehmend vergrößert. Bereits ein Vergleich der Einnahmen aus Ertragsanteilen der Jahre 2019 und 2020 zeigt, dass das 1. Corona-Krisenjahr bereits zu Mindereinnahmen von 5,5% (rund 400 Mio. Euro) für Gemeinden geführt hat.2 Einhergehend mit den Rückzahlungspflichten für die Coro­na-Gemeindepakete werden sich viele Gemeinden in naher Zukunft in einer Situation wiederfinden, in der sie aufgrund von finanziellen Engpässen jegliche Handlungsfähig­keit verlieren. Johannes Hingsamer – Vizepräsident des Österreichischen Gemeinde­bundes – fasste die Steuerreform dementsprechend wie folgt zusammen: „Er [BM Ger­not Blümel] holt sich jetzt das Geld, das er mit dem Gemeindepaket gegeben hat, gleich mehrfach zurück.“3

Grundsätzlich wäre aufgrund der Tatsache, dass Gemeinden über den Finanzausgleich die Mindereinnahmen aus der Steuerreform mittragen, davon auszugehen, dass etwaige neue Abgaben auch als gemeinschaftliche Bundesabgaben zu entrichten sind. Bis dato war es üblich, dass Bund, Länder und Gemeinden von allen Steuern einen fixen Prozent­satz erhalten (Gemeinden 11,88% und Länder 20,5%). Leider ist bei der Steuerreform dieser Grundsatz unberücksichtigt geblieben, sodass Gemeinden aktuell keinen Cent von den Mehreinnahmen durch die CO2-Steuer erhalten. Obwohl durch diese Steuer der Bund bis 2025 bis zu 10 Mrd. Euro einnehmen soll, ist nicht angedacht, die CO2-Steuer als gemeinschaftliche Bundesabgabe zu verwenden. Viel eher soll mit der CO2-Steuer der Klimabonus finanziert werden. Insofern ist vor allem für Gemeinden der so­ziale Aspekt der Steuerreform kaum nachzuvollziehen, ebenso fehlen wichtige ökologi­sche Anreizsysteme.4 Die von der Bundesregierung versprochene „ökosoziale Steuerre­form“ hat ihr Ziel demnach klar verfehlt und muss in einigen Punkten dringend überar­beitet werden, um einen Zusammenbruch unserer kommunalen Infrastruktur und Leis­tungssysteme zu verhindern.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachste­henden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich zu einer grundlegenden Reform zur Entlas­tung der Gemeindebudgets zu bekennen.

Die Bundesregierung wird weiter aufgefordert, zu diesem Zweck die CO2-Abgabe als gemeinschaftliche Bundesabgabe zu verwenden, da der Klimaschutz alle drei Gebiets­körperschaftsebenen gleichermaßen betrifft und insbesondere Gemeinden aufgrund der Corona-Krise massiv von Einnahmeausfällen betroffen sind.“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 623

1     Vgl. KDZ 2021: Steuerreform 2021 – Auswirkungen auf die Gemeindefinanzen. Presseinformation, in: https://www.kdz.eu/sites/default/files/2021-10/PA_Steuerre­form%202021%20-%20Auswirkungen%20auf%20die%20Gemeindefinanzen.pdf [Download vom 17.11.2021].

2     Vgl. Österreichischer Gemeindebund 2020: Gemeindefinanzbericht Kompakt 2020, in https://gemeindebund.at/website2020/wp-content/uploads/2017/05/gbf-kompakt-2020.pdf [Download vom 17.11.2021].

3     Hingsamer, Johann 2021: Gemeindebund zur Steuerreform: ,Das ist ein Wahnsinn‘, in: https://www.diepresse.com/6042759/gemeindebund-zur-steuerreform-das-ist-ein-wahnsinn [Download vom 17.11.2021].

4     Vgl. Fritz, Siegfried (2021): Steuerreform 2021 – Auswirkungen auf die Gemeindefi­nanzen I, in: https://www.kdz.eu/de/aktuelles/news/steuerreform-2021-auswirkun­gen-auf-die-gemeindefinanzen-i [Download vom 17.11.2021].

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Maximilian Lercher. – Bitte.


17.05.20

Abgeordneter Maximilian Lercher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon auf­fallend: Die Abgeordneten der ÖVP haben auch in dieser Debatte mehrmals betont, dass es darum geht, dass alle an einem Strang ziehen (Bravoruf bei der ÖVP) – und da hätten sie ja grundsätzlich recht.

Ich möchte Ihnen aber vor Augen führen, wie das bei Ihnen immer gemeint ist: Seit Wo­chen und vor allem in den letzten Tagen fordern alle Oppositionsparteien mit klugen Vorschlägen, mit wirklich guten Anträgen ein Nachjustieren an diesem Budget ein, weil es Wirtschaftshilfen brauchen wird. Und jetzt kommen Sie im letzten Abdruck mit irgend­einem Entschließungsantrag daher und wollen, dass wir da mitgehen. Wenn Sie das mit der Zusammenarbeit ernst meinen, dann stimmen Sie doch bei den guten Anträgen der Opposition zu, denn diese sind durchdachter! (Beifall bei der SPÖ.)

Dann können Sie nämlich Ihren Worten Taten folgen lassen und die Zusammenarbeit, die Sie von uns verlangen, auch tatsächlich selbst leben.

In dieser Krise ist nämlich Folgendes passiert – und darauf möchte ich gerne reflektie­ren –: Am Beginn waren alle Parteien, sogar auch die Freiheitlichen, noch bereit, zusam­menzuarbeiten. Die Hände waren ausgestreckt, die Vorschläge sind gekommen. Die ÖVP aber hat sich aus politischem Kalkül im Sinne der Stimmenmaximierung irgend­wann entschieden, diesen Weg zu verlassen, und sie ist bewusst in die Polarisierung mit den Freiheitlichen eingestiegen – zum Schaden Österreichs, meine sehr verehrten Da­men und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Da will ich schon darauf zu sprechen kommen, was eigentlich politische Schuld ist: Poli­tische Schuld ist, wenn man mehr verspricht, als man bereit ist, zu halten, und wenn man weniger tut, als man eigentlich tun könnte. (Ruf bei der ÖVP: Kreisky!) Und wenn wir dieser Tage in den Medien lesen und hören, dass der ehemalige Kanzler mit seinen Freunden bewusst Lösungen der Regierung boykottiert hat, dann ist das die größte politische Schuld, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 624

Mit dieser Empathielosigkeit haben Sie uns auch ein Budget vorgelegt, das den Klein- und Mittelbetrieben keine Wertschätzung entgegenbringt, das zu wenig für die Kommu­nen und die Städte enthält und das die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land zurücklässt. Sie haben ein Budget vorgelegt, das unserer Gehaltsklasse und den Spenderinnen und Spendern entspricht, das aber auf die vielen in diesem Land vergisst. (Beifall bei der SPÖ.)

Deswegen kann ich aus Überzeugung sagen: Wir werden dem nicht zustimmen. – Sie brauchen uns eh nicht, aber Sie werden daran denken, wenn Sie draufkommen, dass Sie andere politische Parteien in Zukunft wieder brauchen werden (Bravoruf bei der SPÖ), denn die Österreicherinnen und Österreicher wissen, wie Sie vorgehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Charakter zeigt sich in der Krise (Abg. Eßl: Ja, genau!), und die Charakterlosigkeit Ihrer Fraktion wird dementsprechend bestraft werden, meine sehr verehrten Damen und Herren (Beifall bei der SPÖ), weil Sie eben nicht auf die wirklichen Leistungsträgerinnen und Leistungsträger achten, sondern etwas fortführen, was Sie schon lange Zeit in Österreich leben und tun: Ungerechtigkeit! Die einzige Kon­stante der letzten 34 Jahre in der Politik Österreichs ist die ÖVP, und da braucht man sich nicht zu wundern, dass es Stillstand gibt.

Ich möchte jemanden zitieren, eine Band, die das auf den Punkt gebracht hat. Christoph und Lollo haben sich in einem Wahlkampfsong mit Ihnen beschäftigt, und im Einstieg ihres Liedes haben sie es eigentlich ziemlich genau getroffen:

„Wer regiert dieses Land bereits seit“ 34 „Jahren“?

„Wer war immer an der Macht, seitdem wir Kleinkinder waren“?

„Wer nimmt den Armen gern was weg und tut den Reichen niemals weh“?

Ja, es ist „die ÖVP!“ (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte Ihnen heute sagen: Diese Pande­mie ist leider nicht vorbei, aber die Zeit Ihrer Politik, die ist vorbei! (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ.)

17.09


17.09.58

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese gesamte Debatte geschlossen.

Ich frage, ob seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht ist. – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zu einer Reihe von Abstimmungen. Wie vereinbart frage ich die Frak­tionen, ob wir gleich fortfahren können. – Vielen Dank, dann gehe ich auch so vor.

Wir kommen zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Entwurf betreffend Bun­desfinanzrahmengesetz 2022 bis 2025 samt Titel und Eingang in 1035 und Zu 1035 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Dritte Lesung: Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Bundesfinanzgesetz 2022 samt Anlagen in 1034 der Beilagen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 625

Hiezu haben die Abgeordneten Bayr, Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen einen Ab­änderungsantrag eingebracht.

Weiters liegen ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Doppelbauer sowie ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Krainer vor.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag sowie den Ver­langen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile der Anlagen I bis IV sowie des Textes des Bundesfinanzge­setzes 2022 abstimmen lassen.

Über die zum Entwurf des Bundesfinanzgesetzes 2022 samt Anlagen eingebrachten Entschließungsanträge werde ich im Anschluss an die dritte Lesung in der Reihenfolge ihrer Einbringung abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über die Untergliederung 01 der Anlage I in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über die Untergliederung 02 der Anlage I in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über die Untergliederungen 03 bis 06 der An­lage I in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist einstimmig so angenommen.

Die Abgeordneten Bayr, Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend die Untergliederungen 12 und 16 der Anlage I sowie die sich da­raus ergebenden Änderungen in den Anlagen I, I.a bis I.e und III eingebracht.

Wer hierfür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fas­sung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Mitglieder, die sich dafür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Die Abgeordneten Bayr, Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Artikel I des Textes des Bundesfinanzgesetzes 2022 einge­bracht.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fas­sung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile der Anlagen I bis IV sowie des Textes des Bundesfinanzgesetzes 2022 samt Titel und Ein­gang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung des Gesetzentwurfes.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 626

Wer auch in dritter Lesung dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Damit kommen wir zu den Abstimmungen über die zum Tagesordnungspunkt 4 einge­brachten Entschließungsanträge, wie gesagt, in der Reihenfolge ihrer Einbringung.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Transparenz in Budgets für Informationstätigkeit bringen“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Steger, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Verlängerung der finanziellen Unterstützung im Sportbe­reich“.

Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, abge­lehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Steger, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „keine 2G-Regelung im Sportbereich“.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Min­derheit, abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „rasche Einigung auf einen Kollektivvertrag für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesmuseen und der Österreichischen Nationalbibliothek“.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Hermann Brückl, Kol­leginnen und Kollegen betreffend „finanzielle Absicherung für Bundesmuseen, Österrei­chische Nationalbibliothek und Bundestheater zur Abfederung der Auswirkungen der jüngsten COVID-19 Restriktionen“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Steger, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Unterstützung der Grenzschutzmaßnahmen an der polni­schen, litauischen und lettischen EU-Außengrenze“.

Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, abge­lehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Martin Graf, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „definitive Beendigung der geplanten Schuldenreduktionen für den Sudan“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Harald Stefan, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Einbeziehung der Insassen von Justizanstalten in die gesetzliche Krankenversicherung“. (Abg. Lausch: Ein sehr guter Antrag!)

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mehr Personalressourcen für die WKStA“.

Wer spricht sich dafür aus? (Ruf bei der FPÖ: Die ÖVP nicht!) – Das ist die Minderheit, abgelehnt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 627

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wesentliche Reduktion der Grundbuchsgebühren“.

Wer ist dafür? – Das ist nicht angenommen, das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Bayr, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Verbesserung der Qualitätsstandards, der Gebühren und der Arbeitsbedingungen für Gerichtsdolmetscher*innen“.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den ersuche ich um ein zustimmendes Zei­chen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Christian Lausch, Kol­leginnen und Kollegen betreffend „bessere budgetäre und personelle Ausstattung der Justizwache“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „die Einführung einer Lehrabschlussprämie“.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verlängerung des Covid-19 Härtefallfonds“.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „1.000 Euro Österreich-Gutschein“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Christian Ragger, Kol­leginnen und Kollegen betreffend „Pflegemodell Kärnten als Vorbild für Österreich“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Pflegeoffensive jetzt!“

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kol­leginnen und Kollegen betreffend „Teuerungsausgleich und Bundes-Heizkostenzuschuss“.

Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gerhard Kaniak, Kol­leginnen und Kollegen betreffend „Sicherstellung der ärztlichen Versorgung im ländli­chen Raum“.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Fiona Fiedler, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Impfen in der Apotheke“.

Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „medizinische Versorgungsoffensive“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 628

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mario Lindner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Corona-Bonus für alle Held*innen im Gesundheits­wesen“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Er hat nicht die Mehrheit gefunden, abge­lehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „dringend notwendige budgetäre Mittel für einen verfassungskonformen Zustand des Heeres“.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wiedereinführung der 8 Monate Grundwehrdienst im Modell 6 + 2 Monate“.

Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Hubert Fuchs, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung der monatlichen Bezüge für Grundwehrdie­ner auf Höhe der Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe-Neu“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Er hat nicht die Mehrheit gefunden, abge­lehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Hannes Amesbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „illegale Grenzübertritte von Wirtschaftsmigranten abstellen und die Kosten für das Fremdenwesen senken“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Christian Ries, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „finanzielle Besserstellung der Exekutive“.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abge­lehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Amesbauer, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Polizei zum Grenzschutz und nicht für den Corona-Über­wachungsstaat“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Schmiedlech­ner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sockelförderbetrag für Arbeitsplätze am Bau­ernhof“.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gerald Hauser, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Weidezone Österreich – für den Erhalt der heimischen Kulturlandschaft und Almen“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Hermann Brückl, Kol­leginnen und Kollegen betreffend „zusätzliches Budget für Fördermaßnahmen zur Auf­holung von durch die Schulschließungen verursachten Lernrückständen“.

Wer spricht sich für dieses Verlangen aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 629

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Martin Graf, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „kein Ausschluss von Ungeimpften von Lehrveranstaltun­gen an Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen“.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Künftige Finanzierung von IHS und Wifo durch das BMBWF“.

Ich bitte um Ihre Zustimmung, falls Sie dafür sind. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Jährliche Anpassung aller Familienleistungen an die Inflationsrate“.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Fortführung des Corona-Familienhärteausgleichs“.

Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Rosa Ecker, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „SOS APP“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Weiterer Entschließungsantrag der Abgeordneten Rosa Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „App für Familienleistungen“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kol­leginnen und Kollegen betreffend „finanzielle Hilfe für Menschen, die schon lange ar­beitslos sind“.

Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung der Nettoersatzrate beim Bezug des Ar­beitslosengeldes (COVID-19-Maßnahme)“.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, ab­gelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kol­leginnen und Kollegen betreffend „Einsatzkräfte von Feuerwehr, Rettung und Katastro­phenhilfe im Beruf absichern!“

Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit, daher wurde er abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gerhard Deimek, Kol­leginnen und Kollegen betreffend „Raus aus dem Covid-Maßnahmen-Blindflug durch Forschung“.

Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 630

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung einer ambitionierteren CO2 Bepreisung bei gleichzeitiger Steuerentlastung“.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschaffung des Dieselprivilegs“. (Abg. Lausch: Ihr seid Spritpreistreiber!)

Wer sich dafür ausspricht, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „CO2 durch Humusaufbau binden“.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Endlich Abschaffung oder Ökologisierung umwelt­schädlicher Subventionen“.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „niedrigen nationalen Beitrag zum UNFCCC Adaptation Fund erhöhen“.

Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausbau der österreichischen Klimafinanzierung“.

Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gerald Hauser, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „kein Neubau der Luegbrücke gegen den Willen der Bevölkerung“.

Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Alois Schroll, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Explodierende Strom- und Heizkosten: Teuerungsbremse für Österreich – jetzt!

Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, abge­lehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Energiearmut bekämpfen“.

Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abbau von klimaschädlichen Sub­ventionen statt Wiedereinführung des Agrardiesels“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? Den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „sozial- und verteilungsgerechte Steu­erreform“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ka­rin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kalte Progression JETZT ab­schaffen!“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll129. Sitzung, 16. bis 18. November 2021 / Seite 631

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abge­lehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ka­rin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Digitale Budgetunterlagen“.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten An­dreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherung der Gemeindefinanzen in der Krise“.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ge­rald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „KeSt-Befreiung für längerfristige Ver­anlagungen“.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Pe­ter Haubner, Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherheitsnetz für österreichische Betriebe“.

Wer spricht sich dafür aus? Den bitte ich um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen. (209/E)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Er­win Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „CO2-Steuer als gemeinschaftliche Bundesabgabe“.

Wer ist für diesen Vorschlag? – Das hat nicht die Mehrheit gefunden, abgelehnt.

Damit ist die Tagesordnung erschöpft.

17.31.54Einlauf


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selb­ständigen Anträge 2012/A(E) bis 2060/A(E) eingebracht worden sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für 17.33 Uhr  das ist gleich im An­schluss an diese Sitzung  ein. Die Tagesordnung ist auf schriftlichem Wege ergangen.

Die Sitzung ist geschlossen.

17.32.43Schluss der Sitzung: 17.32 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien