Stenographisches Protokoll

145. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 26., und Donnerstag, 27. April 2006

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Stenographisches Protokoll

145. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode

Mittwoch, 26., und Donnerstag, 27. April 2006

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 26. April 2006: 10.00 – 24.00 Uhr
Donnerstag, 27. April 2006:   0.00 –   0.07 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Erklärung der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema: „50 Jahre Mitglied­schaft Österreichs beim Europarat“

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Pen­sionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensions­ge­setz und das Gehaltsgesetz 1956 geändert werden

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungs­gesetz 2006 – SVÄG 2006)

4. Punkt: Vertrag zwischen dem Königreich Belgien, der Tschechischen Republik, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Estland, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, Irland, der Italienischen Republik, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, dem Großherzogtum Luxemburg, der Republik Ungarn, der Republik Malta, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Republik Polen, der Portugiesischen Republik, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik, der Republik Finnland, dem Königreich Schweden, dem Vereinigten Königreich Groß­britannien und Nordirland (Mitgliedstaaten der Europäischen Union) und der Republik Bulgarien und Rumänien über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union sowie Protokoll samt Anhängen, Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Bulgarien und Rumäniens und die Anpassungen der Verträge, auf denen die Europäische Union beruht, samt Anhängen und Schlussakte

5. Punkt: Bericht über den Antrag 799/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Privatfernsehgesetz geändert wird


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 2

6. Punkt: Bericht über den Antrag 792/A (E) der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen betreffend Enthebung von Mag. Herbert Haupt von der Funk­tion des Behindertenanwaltes

7. Punkt: Bericht betreffend den Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2005/9

8. Punkt: Bericht betreffend den Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2005/10

9. Punkt: Bericht betreffend den Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2005/11

10. Punkt: Bericht über den Antrag 750/A der Abgeordneten Mag. Dr. Andrea Wolfmayr, Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die vorübergehende sachliche Immunität von Leihgaben zu Ausstellungen der Bundesmuseen, BGBl. I Nr. 133/2003, geändert wird

11. Punkt: Bericht über den Antrag 667/A (E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend freier Eintritt in die Bundesmuseen

*****

Inhalt

Nationalrat

Erklärung des Präsidenten Dr. Andreas Khol zum Thema „50 Jahre Mitglied­schaft Österreichs beim Europarat“........................................................................................................................ 47

Personalien

Verhinderungen ......................................................................................................... ..... 24

Ordnungsruf ................................................................................................................. 246

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kollegin­nen und Kollegen, dem Ausschuss für Wissenschaft und Forschung zur Bericht­erstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 21. April 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird (1439 d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 19. Mai 2006 zu setzen ..................................................................................... 45

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 45

Redner:

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................... 159

Mag. Dr. Alfred Brader ............................................................................................... 162

DDr. Erwin Niederwieser ........................................................................................... 163

Mag. Dr. Magda Bleckmann ...................................................................................... 164

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 165

Annahme des Fristsetzungsantrages ........................................................................... 166

Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kollegin­nen und Kollegen, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Ein­spruch des Bundesrates vom 21. April 2006 gegen den Beschluss des National­rates vom 2. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes­gesetz über die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Indus-


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trie­holding Aktiengesellschaft und der Post und Telekombeteiligungs­verwaltungs­gesellschaft geändert wird (ÖIAG-Gesetz 2000), (1440 d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 19. Mai 2006 zu setzen – Annahme  45, 265

Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kollegin­nen und Kollegen, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Ein­spruch des Bundesrates vom 21. April 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 29. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Übernahmegesetz, das Handelsgesetzbuch, das Börsegesetz, das Umwand­lungs­gesetz und das Spaltungsgesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über den Ausschluss von Minderheitsgesellschaftern erlassen wird (Übernahme­rechts-Änderungsgesetz 2006 – ÜbRÄG 2006), (1441 d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 19. Mai 2006 zu setzen – Annahme ..................  46, 266

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 46

Wortmeldungen betreffend die Ausführungen von Staatssekretär Sigisbert Dolinschek in der Debatte über die Dringliche Anfrage:

Karl Öllinger ................................................................................................................ 141

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 141

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 141

Mag. Wilhelm Molterer ............................................................................................... 142

Aktuelle Stunde (36.)

Thema: „20 Jahre nach Tschernobyl: Das ÖVP-Atomsündenregister und Eckpunkte einer notwendigen Energiewende“ ..................................................................................... 24

Redner/Rednerinnen:

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................... 24

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ........................................................................ 27

Karlheinz Kopf .............................................................................................................. 30

Kai Jan Krainer ............................................................................................................. 31

Klaus Wittauer .............................................................................................................. 33

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 34

Fritz Grillitsch ............................................................................................................... 35

Petra Bayr ..................................................................................................................... 37

Maximilian Walch .......................................................................................................... 38

Heidemarie Rest-Hinterseer ........................................................................................ 39

Rechnungshof

Verlangen gemäß § 32e Abs. 2 der Geschäftsordnung betreffend Prüfung der Gebarung des Bundesministeriums für Finanzen, der Oesterreichischen National­bank und der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) einschließlich der Tätigkeit ihrer Rechtsvorgängerin, der Bundes-Wertpapieraufsicht (BWA), hinsichtlich der Erfüllung ihrer Aufsichtspflicht über die Geschäfte der Bank für Arbeit und Wirtschaft AG (BAWAG) einschließlich ihrer Tochterunternehmen, und zwar ins­besondere deren „Karibik-Geschäfte“, Kredite, Haftungen, Garantien, Beteiligun­gen, Ver- und Rückkäufe von Aktien sowie sonstiger Geschäfte und Geldflüsse zur Verschleierung des tatsächlichen Vermögenstandes der BAWAG vor allem im Zeitraum des wahrscheinlichen Entstehens der Verluste von etwa 1,4 Mrd. €; dies betrifft im Besonderen die Jahre 1994 bis 2000, wobei auch der Zeit­raum 2000 bis heute in die Betrachtung mit einzubeziehen ist, da der amtierende Finanzminister umgehend nach seinem Amtsantritt den Auftrag zur Gründung einer unabhängigen und weisungsfreien Allfinanzmarktaufsichtsbehörde gegeben hat, durch den Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses ........................................................................................... 44


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Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 43

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­deskanzler betreffend Postenschacher bis zur letzten Sekunde (4165/J) ....................................................... 112

Begründung: Dr. Josef Cap ........................................................................................ 116

Staatssekretär Franz Morak ...................................................................................... 121

Debatte:

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 126

Dipl.-Ing. Hannes Missethon ..................................................................................... 128

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 130

Dr. Christoph Matznetter (tatsächliche Berichtigung) ............................................... 134

Mag. Johann Moser (tatsächliche Berichtigung) ........................................................ 134

Karl Öllinger ................................................................................................................ 134

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 136

Staatssekretär Sigisbert Dolinschek ....................................................................... 138

Sabine Mandak (tatsächliche Berichtigung) ............................................................... 142

Wolfgang Großruck ................................................................................................... 143

Dr. Caspar Einem (tatsächliche Berichtigung) ........................................................... 145

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 145

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 146

Gerhard Reheis .......................................................................................................... 149

Jakob Auer .................................................................................................................. 150

Mag. Dr. Magda Bleckmann ...................................................................................... 152

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 153

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 156

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 157

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärung der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema: „50 Jahre Mitgliedschaft Österreichs beim Europarat“          ............................................................................................................................... 47

Bundesministerin Dr. Ursula Plassnik ...................................................................... 48

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäfts­ordnung                  46

Redner/Rednerinnen:

Dr. Michael Spindelegger ............................................................................................ 51

Dr. h.c. Peter Schieder ................................................................................................. 53

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 54

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................... 56

Karl Donabauer ............................................................................................................ 57

Mag. Gisela Wurm ........................................................................................................ 59

Klaus Wittauer .............................................................................................................. 60

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................... 62

Mag. Karin Hakl ............................................................................................................ 63

Mag. Christine Muttonen ............................................................................................. 66

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann .................................................................................... 68

Mag. Ulrike Lunacek ..................................................................................................... 69


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 5

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger, Dr. h.c. Peter Schieder, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend die parlamentarische Mitwirkung in Angelegenheiten der europäischen Inte­gration – Annahme (E 178) ........................................................  65, 71

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1315 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Gehaltsgesetz 1956 geändert werden (1394 d.B.)                    71

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1314 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2006 – SVÄG 2006) (1360 d.B.)                         71

Redner/Rednerinnen:

Heidrun Silhavy ............................................................................................................ 71

Mag. Walter Tancsits .................................................................................................... 74

Karl Öllinger .................................................................................................................. 75

Maximilian Walch .......................................................................................................... 78

Dr. Richard Leutner ..................................................................................................... 80

Fritz Neugebauer .......................................................................................................... 81

Theresia Haidlmayr ...................................................................................................... 84

Bundesministerin Ursula Haubner .....................................................................  86, 90

Karl Öllinger (tatsächliche Berichtigung) ...................................................................... 88

Marialuise Mittermüller ................................................................................................ 89

Karl Dobnigg ................................................................................................................. 90

Karl Donabauer ............................................................................................................ 91

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................... 93

Markus Fauland ............................................................................................................ 95

Otto Pendl ..................................................................................................................... 96

Norbert Sieber .............................................................................................................. 97

Franz Riepl .................................................................................................................... 98

Ridi Steibl ...................................................................................................................... 99

Peter Marizzi ............................................................................................................... 100

Ing. Josef Winkler ....................................................................................................... 101

Mag. Walter Posch ..................................................................................................... 102

Georg Keuschnigg ..................................................................................................... 103

Gabriele Heinisch-Hosek ........................................................................................... 104

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ........................................................................... 105

Dietmar Keck .............................................................................................................. 106

Anton Gaál .................................................................................................................. 108

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1394 und 1360 d.B. ..................................... 109

4. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1389 d.B.): Vertrag zwischen dem Königreich Belgien, der Tschechischen Republik, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Estland, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spanien, der Fran­zösischen Republik, Irland, der Italienischen Republik, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, dem Großherzogtum Luxemburg, der Republik Ungarn, der Republik Malta, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Republik Polen, der Portugiesischen Republik, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik, der Republik Finnland, dem


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 6

Königreich Schweden, dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nord­irland (Mitgliedstaaten der Europäischen Union) und der Republik Bulgarien und Rumänien über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Euro­päischen Union sowie Protokoll samt Anhängen, Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Bulgarien und Rumäniens und die Anpassungen der Verträge, auf denen die Europäische Union beruht, samt Anhängen und Schluss­akte (1395 d.B.) .................................................................................................................... 109

Redner/Rednerinnen:

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................................. 110

Dr. Peter Wittmann ..................................................................................................... 111

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 167

Mag. Ulrike Lunacek ................................................................................................... 169

Bundesministerin Dr. Ursula Plassnik .................................................................... 171

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ............................................................................... 173

Dr. h.c. Peter Schieder ............................................................................................... 174

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann .................................................................................. 175

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 176

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................. 178

Dr. Caspar Einem ....................................................................................................... 179

Barbara Rosenkranz .................................................................................................. 180

Dr. Ferdinand Maier ................................................................................................... 182

Dr. Elisabeth Hlavac ................................................................................................... 183

Markus Fauland .......................................................................................................... 184

Herta Mikesch ............................................................................................................. 185

Maria Grander ............................................................................................................. 186

Michael Praßl .............................................................................................................. 187

Genehmigung des Staatsvertrages .............................................................................. 188

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG ........................................... 188

5. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 799/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Kolle­gin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatfernseh­gesetz geändert wird (1393 d.B.) ............................................. 188

Redner/Rednerinnen:

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................................. 189

Stefan Prähauser ........................................................................................................ 189

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 191

Dieter Brosz ................................................................................................................ 191

Anna Höllerer .............................................................................................................. 192

Anna Franz .................................................................................................................. 193

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 194

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 792/A (E) der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen betreffend Enthebung von Mag. Herbert Haupt von der Funktion des Behin­dertenanwaltes (1361 d.B.) ........................................................... 194

Redner/Rednerinnen:

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 194

Christine Marek .......................................................................................................... 195

Theresia Haidlmayr .................................................................................................... 197

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 199

Mag. Elisabeth Grossmann ....................................................................................... 202


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 7

Bundesministerin Ursula Haubner .......................................................................... 202

Dr. Franz-Joseph Huainigg ....................................................................................... 204

Karl Öllinger ................................................................................................................ 205

Maximilian Walch ........................................................................................................ 207

Theresia Haidlmayr (tatsächliche Berichtigungen) ...........................................  208, 213

Manfred Lackner ......................................................................................................... 209

Marialuise Mittermüller .............................................................................................. 210

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 211

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes ..................................................................... 213

7. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht (III-171 d.B.) des Rechnungshofes, Reihe Bund 2005/9 (1399 d.B.) .................................................................................... 214

Redner/Rednerinnen:

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 214

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (tatsächliche Berichtigung) ................................... 215

Hermann Gahr ............................................................................................................ 215

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 217

Markus Fauland .......................................................................................................... 219

Mag. Ruth Becher ....................................................................................................... 220

Konrad Steindl ............................................................................................................ 221

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 222

Rechnungshofpräsident Dr. Josef Moser ............................................................... 223

Norbert Sieber ............................................................................................................ 226

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 227

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 228

Rosemarie Schönpass ............................................................................................... 229

Hermann Krist ............................................................................................................ 230

Gerhard Reheis .......................................................................................................... 231

Kenntnisnahme des Berichtes ...................................................................................... 232

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht (III-174 d.B.) des Rechnungshofes, Reihe Bund 2005/10 (1400 d.B.) .................................................................................. 232

9. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht (III-179 d.B.) des Rechnungshofes, Reihe Bund 2005/11 (1401 d.B.) .................................................................................. 232

Redner/Rednerinnen:

Christian Faul ............................................................................................................. 232

Dr., MBA Karl-Heinz Dernoscheg ............................................................................ 233

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ... 235

Mag. Dr. Magda Bleckmann ...................................................................................... 237

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................................ 237

Stefan Prähauser ........................................................................................................ 238

Edeltraud Lentsch ...................................................................................................... 239

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 240

Rechnungshofpräsident Dr. Josef Moser ............................................................... 241

Staatssekretär Dr. Alfred Finz .................................................................................. 244

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ............................................................................... 245

Dr. Christian Puswald ................................................................................................ 245

Erwin Hornek .............................................................................................................. 246

Gerhard Reheis .......................................................................................................... 247

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 248


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 8

Kenntnisnahme der beiden Berichte III-174 und III-179 d.B. .................................... ... 249

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 750/A der Abge­ordneten Mag. Dr. Andrea Wolfmayr, Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die vorübergehende sachliche Immunität von Leihgaben zu Ausstellungen der Bun­desmuseen, BGBl. I Nr. 133/2003, geändert wird (1396 d.B.) .................................... 249

11. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 667/A (E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend freier Eintritt in die Bundesmuseen (1397 d.B.)                       249

Redner/Rednerinnen:

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 249

Mag. Dr. Andrea Wolfmayr ........................................................................................ 251

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl .......................................................................................... 252

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 253

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................................ 254

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 255

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 256

Hermann Krist ............................................................................................................ 257

Carina Felzmann ........................................................................................................ 257

Gerhard Reheis .......................................................................................................... 258

Karl Freund ................................................................................................................. 259

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 259

Dipl.-Ing. Günther Hütl .............................................................................................. 260

Mag. Elisabeth Grossmann ....................................................................................... 261

Christoph Kainz ......................................................................................................... 261

Heidrun Walther ......................................................................................................... 262

Jochen Pack ................................................................................................................ 263

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 263

Dr. Peter Sonnberger ................................................................................................. 264

Ingrid Turkovic-Wendl ............................................................................................... 264

Annahme des Gesetzentwurfes in 1396 d.B. ............................................................... 265

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1397 d.B. .................................................... 265

Eingebracht wurden

Petitionen ...................................................................................................................... 43

Petition betreffend „Optimierung statt Reduzierung des Öffentlichen Verkehrs­angebots im Oberpinzgau“ (Ordnungsnummer 85) (überreicht von der Abgeord­neten Erika Scharer)

Petition betreffend „Umwidmung des Gebietes um den Khleslplatz in ein Naherholungsgebiet (Stadturwald)“ (Ordnungsnummer 86) (überreicht von der Abgeordneten Christine Marek)

Bürgerinitiative ............................................................................................................. 43

Bürgerinitiative betreffend „Für den Erhalt der Post im öffentlichen Eigentum“ (Ordnungsnummer 31)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 9

Regierungsvorlagen .................................................................................................... 41

1391: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Haftungsübernahme für die Finanzierung von Eisenbahnmaterial (EUROFIMA-Gesetz) geändert wird

1392: Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert wird

1398: Beschlüsse II/14 und III/7 zur Änderung des Übereinkommens über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen

1408: Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006 – SRÄG 2006

1409: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Übertragung der Auf­gaben des Bundespensionsamtes an die Versicherungsanstalt öffentlich Be­diensteter (Bundespensionsamtübertragungs-Gesetz – BPAÜG) erlassen wird und das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundeshaushaltsgesetz, das Pen­sions­gesetz 1965, das Bundespflegegeldgesetz, das Kriegsgefangenenent­schädi­gungs­gesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 und das Richter­dienstgesetz geändert werden

1410: Deregulierungsgesetz 2006 – DRG 2006

1411: Energie-Versorgungssicherheitsgesetz 2006

1412: Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundes­bahngesetz und das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft“ geändert werden

1413: Bundes-Behindertengleichstellungs-Begleitgesetz

1414: Gesundheitsrechtsänderungsgesetz 2006 – GRÄG 2006

1417: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965 und das Richterdienstgesetz geändert werden

1418: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung einer Bundesbeschaffung Gesellschaft mit beschränkter Haftung geändert wird

1419: Bundesgesetz, mit dem das Versorgungssicherungsgesetz 1992 geändert wird

1420: Sachwalterrechts-Änderungsgesetz 2006 – SWRÄG 2006

1421: Genossenschaftsrechtsänderungsgesetz 2006 – GenRÄG 2006

1422: Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucher­schutzgesetz und das Tierseuchengesetz geändert werden

1423: Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Halbleiterschutz­gesetz und das Markenschutzgesetz 1970 geändert werden

1424: Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1997 geändert wird


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 10

1425: Bundesgesetz, mit dem eine Ermächtigung zur Verfügung über Bundes­vermögen erteilt wird

1426: Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, das Bundes-Personal­vertretungsgesetz und das Ausschreibungsgesetz 1989 geändert werden

1427: Publizitätsrichtlinie-Gesetz – PuG

1428: Versicherungsrechts-Änderungsgesetz 2006 – VersRÄG 2006

1429: Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz und das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr 1997 geändert werden

1430: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH (GÖGG) erlassen wird, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen“ aufgehoben und das Gesundheitsförderungsgesetz geändert werden

1431: Ingenieurgesetz 2006 – IngG 2006

1432: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden

1433: Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundes­vermögen, und über die Änderung des Bundesgesetzes zur Errichtung einer Marchfeldschlösser Revitalisierungs- und Betriebsgesellschaft m.b.H.

1434: Strukturanpassungsgesetz 2006

1435: Betrugsbekämpfungsgesetz 2006

1436: Bundesgesetz, mit dem das Immobilien-Investmentfondsgesetz, das Invest­mentfondsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Pensions­kas­sengesetz und das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz geändert werden

1437: Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird

1438: Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Art. 11 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau hinsichtlich der Nachtarbeit von Frauen

Berichte ......................................................................................................................... 44

III-210: Bericht, Reihe Bund 2006/4; Rechnungshof

III-214: Tätigkeitsbericht des Bundesvergabeamtes über den Zeitraum Jänner bis Dezember 2005; BM f. Wirtschaft und Arbeit

III-215: Sechster Bericht gemäß dem Katastrophenfondsgesetz 1996 betreffend die Fondsgebarung in den Jahren 2004 und 2005; BM f. Finanzen

III-216: 19. Sportbericht 2003–2004

III-217: Kunstbericht 2005; Bundesregierung

III-218: Bericht über die Tätigkeit der Bundesstelle für Sektenfragen im Jahr 2004; BM f. soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 11

Einsprüche des Bundesrates ..................................................................................... 43

1439: Einspruch des Bundesrates vom 21. April 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird

1440: Einspruch des Bundesrates vom 21. April 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 2. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Industrieholding Aktiengesellschaft und der Post und Telekombeteiligungs­ver­waltungsgesellschaft (ÖIAG-Gesetz 2000) geändert wird

1441: Einspruch des Bundesrates vom 21. April 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 29. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Übernahmegesetz, das Handelsgesetzbuch, das Börsegesetz, das Umwand­lungsgesetz und das Spaltungsgesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über den Ausschluss von Minderheitsgesellschaftern erlassen wird (Übernahme­rechts-Änderungsgesetz 2006 – ÜbRÄG 2006)

Anträge der Abgeordneten

Mag. Walter Tancsits, Heidrun Silhavy, Maximilian Walch, Karl Öllinger, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungs­gesetz 1972 geändert wird (12. Novelle zum NVG 1972) (820/A)

Dr. Erwin Rasinger, Elmar Lichtenegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zahnärztegesetz und das Zahnärztekammergesetz geändert werden (821/A)

Dr. Erwin Rasinger, Elmar Lichtenegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird (822/A)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des Medien­gesetzes (823/A)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Hochsicherheitspässe: Für ein EU-weit einheitliches und umfassendes Datenschutz- und IT-Sicherheitskonzept – Initiative der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft (824/A) (E)

Dr. Erwin Rasinger, Elmar Lichtenegger, Manfred Lackner, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausbau der ambulanten Neuro-Rehabilitation“ (825/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft und Arbeit betreffend Wettbewerbsverzerrung in der Baubranche (4110/J)

Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Wettbewerbsverzerrung in der Baubranche und geplante Auflösung der KIAB (4111/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Rechnungshofbericht über externe Beratungs­leistungen in den ÖBB (4112/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 12

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Pumpspeicherkraftwerk in der Nationalparkregion Hohe Tauern (Osttirol) (4113/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend skandalösen Posten­schacher und Leerlauf in der „Familie & Beruf Management GmbH“ (4114/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Kosten und MitarbeiterInnen von Ministerbüros (4115/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Kosten und MitarbeiterInnen von Ministerbüros (4116/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Kosten und MitarbeiterInnen von Ministerbüros (4117/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Kosten und MitarbeiterInnen von Ministerbüros (4118/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Kosten und MitarbeiterInnen von Ministerbüros (4119/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Kosten und MitarbeiterInnen von Ministerbüros (4120/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Kosten und MitarbeiterInnen von Ministerbüros (4121/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Kosten und MitarbeiterInnen von Ministerbüros (4122/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Kosten und MitarbeiterInnen von Ministerbüros (4123/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Kosten und MitarbeiterIn­nen von Ministerbüros (4124/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Kosten und MitarbeiterInnen von Ministerbüros (4125/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Kosten und MitarbeiterInnen von Ministerbüros (4126/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Sicherheitsbehördliche Ermittlungen nach § 168a Strafgesetzbuch – Pyramidenspiele“ (4127/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Gerichtliche Strafverfahren nach § 168a Strafgesetzbuch“ (4128/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „TV-Wettkanal für MEC und Premiere“ (4129/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 13

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Leistungen und Beiträge nach dem Bezügegesetz (4130/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Aufgliederung der Förderungsberichte 2003 und 2004 (4131/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­ver­teidigung betreffend Entsorgungsschießen M 109 (4132/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Versagen in Dürnkrut (4133/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Hoch­wasser-Versagen (4134/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Vorlage eines Gutachtens (4135/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Vorlage eines Gutachtens (4136/J)

Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Kosten des hochrangigen Straßenbaus in Vorarlberg (4137/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Umsetzung der Barrierefreiheit bei der ÖBB (4138/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Umstrukturierung des Finanzamtes Wien 21/22 auf Kosten behinderter Menschen (4139/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Kennzeichnung Gefahrgut (4140/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Kennzeichnung Gefahrgut (4141/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Angehörige von ÖsterreicherInnen/Abschiebung von Fr. Z. Y. (4142/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Glock-Pistole im Sudan (4143/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Säuglingsnahrung – Rückstände – Kontrollen – Risikobewertung in Österreich im Jahr 2005“ (4144/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Kontrollen von Schlaf-, Liege-, Büffet- und Speisewagen im Jahr 2005“ (4145/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Hygiene- und Lebensmittelkontrollen in Speisewägen auf österreichischem Gebiet 2005“ (4146/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 14

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend „Hexavac-Impfstoff für Babys bzw. Kleinkinder – Impfschaden“ (4147/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Beschwerden nach dem Privatfernsehgesetz 2005“ (4148/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Anzeigen bzw. Strafverfahren nach § 222 StGB im Jahr 2005“ (4149/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Ermittlungen und Anzeigen nach § 222 StGB durch die Exekutive im Jahr 2005“ (4150/J)

Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­ver­teidigung betreffend „ungewisse Zukunft der Struckerkaserne Tamsweg“ (4151/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Offenlegung des Eurofighter-Kaufvertrages (4152/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Funpark Arnoldstein (4153/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Süße EU-Debatten im Kaffeehaus am 9. Mai 2006 (4154/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Staatskommissäre (4155/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Meeresfrüchte – Zollkontrollen 2005“ (4156/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „RH-Bericht ÖBB: Externe Beratungs­kos­ten 2005“ (4157/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Nahrungsergänzungsmittel/Gefälschte Arzneimittel – Doping & Gemein- bzw. Gesundheitsgefährdung – Sicherheitspolizeiliche Ermittlungen 2005“ (4158/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend „Meeresfrüchte – Rückstände – Kontrollen – Risiko­bewertung in Österreich 2005“ (4159/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Aufgliederung der Förderungsberichte 2003 und 2004 (4160/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Aufgliederung der Förderungsberichte 2003 und 2004 (4161/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Aufgliederung der Förderungsberichte 2003 und 2004 (4162/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend gefährliches Wackelfahren (4163/J)

Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Dienstverhältnisse in der „Familie & Beruf Management GmbH“ (4164/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 15

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Posten­schacher bis zur letzten Sekunde (4165/J)

Georg Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend neonazistische Umtriebe der „Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik“ (AFP) und des „Bundes Freier Jugend“ (BFJ) (4166/J)

Georg Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend neonazistische Umtriebe der „Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik“ (AFP) und des „Bundes Freier Jugend“ (BFJ) (4167/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend „Schulwallfahrt der HTL Steyr“ (4168/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend „Konsulentenvertrag für DDr. Erich Reiter“ (4169/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Kosten Führerscheinausstellung 2005“ (4170/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Reisepässe im Jahr 2005 – Ausstellung“ (4171/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „2005 – Strafverfahren nach dem Lebensmittelgesetz und andere Bundes­gesetze“ (4172/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Anzeigen bzw. gerichtliche Verfahren nach den strafrechtlichen Neben­gesetzen im Jahr 2005“ (4173/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Kriminalitätsstatistik 2005 – Strafrechtliche Nebengesetze u.a.“ (4174/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend gestohlene bzw. als verlustig erklärte e-cards (4175/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend gestohlene bzw. als verlustig erklärte e-cards (4176/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Pflichtpraktika (4177/J)

*****

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Leistungen und Beiträge nach dem Bezügegesetz (48/JPR)

Zurückgezogen wurden die Anfragen der Abgeordneten

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „erfolgreichen“ Start des Dienstleistungsschecks (4061/J) (Zu 4061/J)

*****

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend „ÖVP-Parteiveranstaltung im Parlament“ (47/JPR) (Zu 47/JPR)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 16

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (3829/AB zu 3872/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kolle­gen (3830/AB zu 3864/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3831/AB zu 3887/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen (3832/AB zu 3892/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (3833/AB zu 3898/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3834/AB zu 3889/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen (3835/AB zu 3909/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (3836/AB zu 3904/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (3837/AB zu 3906/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3838/AB zu 3901/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (3839/AB zu 3867/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (3840/AB zu 3871/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (3841/AB zu 3873/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3842/AB zu 3880/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (3843/AB zu 3913/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 17

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (3844/AB zu 3866/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3845/AB zu 3877/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3846/AB zu 3881/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3847/AB zu 3900/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3848/AB zu 3902/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen (3849/AB zu 3908/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (3850/AB zu 3868/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Marizzi, Kolleginnen und Kollegen (3851/AB zu 3869/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3852/AB zu 3874/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3853/AB zu 3875/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3854/AB zu 3888/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Edeltraud Lentsch, Kolleginnen und Kollegen (3855/AB zu 3893/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3856/AB zu 3903/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (3857/AB zu 3905/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3858/AB zu 3885/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Pfeffer, Kolleginnen und Kollegen (3859/AB zu 3891/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen (3860/AB zu 3896/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3861/AB zu 3957/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 18

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Gaál, Kolleginnen und Kollegen (3862/AB zu 3911/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3863/AB zu 3955/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (3864/AB zu 3914/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3865/AB zu 3870/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolle­ginnen und Kollegen (3866/AB zu 3878/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Kolle­ginnen und Kollegen (3867/AB zu 3895/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolle­ginnen und Kollegen (3868/AB zu 3899/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen (3869/AB zu 3907/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (3870/AB zu 3930/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (3871/AB zu 3918/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (3872/AB zu 3987/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (3873/AB zu 3988/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (3874/AB zu 3989/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen (3875/AB zu 3919/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (3876/AB zu 3936/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3877/AB zu 3968/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen (3878/AB zu 3983/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen (3879/AB zu 3995/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen (3880/AB zu 3922/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 19

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (3881/AB zu 3939/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (3882/AB zu 3994/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (3883/AB zu 3937/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3884/AB zu 3969/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (3885/AB zu 3931/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (3886/AB zu 3946/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3887/AB zu 3963/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3888/AB zu 3917/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen (3889/AB zu 3952/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (3890/AB zu 3947/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (3891/AB zu 3954/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (3892/AB zu 3993/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (3893/AB zu 3923/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (3894/AB zu 3924/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen (3895/AB zu 3940/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (3896/AB zu 3932/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3897/AB zu 4009/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (3898/AB zu 3928/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3899/AB zu 3941/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 20

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3900/AB zu 3976/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen (3901/AB zu 3979/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (3902/AB zu 3944/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (3903/AB zu 3948/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (3904/AB zu 3949/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (3905/AB zu 3953/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (3906/AB zu 3926/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen (3907/AB zu 3959/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (3908/AB zu 3938/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3909/AB zu 3942/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3910/AB zu 3970/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3911/AB zu 3972/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3912/AB zu 3973/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (3913/AB zu 3925/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (3914/AB zu 3945/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3915/AB zu 3958/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3916/AB zu 3965/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 21

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3917/AB zu 3974/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3918/AB zu 3975/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (3919/AB zu 3950/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3920/AB zu 3964/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3921/AB zu 3960/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3922/AB zu 3977/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (3923/AB zu 3978/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Norbert Darabos, Kolleginnen und Kollegen (3924/AB zu 3920/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (3925/AB zu 3929/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (3926/AB zu 3951/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3927/AB zu 3956/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3928/AB zu 3961/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (3929/AB zu 3992/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen (3930/AB zu 3990/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3931/AB zu 3999/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen (3932/AB zu 4093/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3933/AB zu 4044/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3934/AB zu 4043/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (3935/AB zu 4042/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 22

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3936/AB zu 4017/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen (3937/AB zu 3980/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen (3938/AB zu 3982/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen (3939/AB zu 4030/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (3940/AB zu 4072/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3941/AB zu 4022/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (3942/AB zu 3985/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3943/AB zu 4001/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (3944/AB zu 4003/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3945/AB zu 4013/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (3946/AB zu 3998/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3947/AB zu 4006/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (3948/AB zu 3984/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (3949/AB zu 3986/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (3950/AB zu 3981/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (3951/AB zu 3991/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen (3952/AB zu 3996/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3953/AB zu 4004/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 23

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3954/AB zu 4005/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3955/AB zu 4010/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Heinz Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen (3956/AB zu 3997/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3957/AB zu 4012/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3958/AB zu 4015/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3959/AB zu 4011/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3960/AB zu 4002/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3961/AB zu 4014/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3962/AB zu 4008/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner, Kolleginnen und Kollegen (3963/AB zu 4000/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3964/AB zu 4007/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (44/ABPR zu 48/JPR)


 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 24

10.00 Uhr Beginn der Sitzung: 10 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Sitzung ist eröffnet. – Ich darf die Damen und Her­ren im Hohen Haus sehr herzlich begrüßen.

Die Amtlichen Protokolle der 142., 143. und 144. Sitzung vom 29. und 30. März 2006 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Mitterlehner, Mag. Langreiter, Scharer und Dr. Bösch. (Abg. Dr. Bösch hat in späterer Folge an der Sitzung teilge­nommen.)

10.00.31Aktuelle Stunde

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„20 Jahre nach Tschernobyl: Das ÖVP-Atomsündenregister und Eckpunkte einer notwendigen Energiewende“

Als Erste zum Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig-Piesczek. Ich erteile ihr das Wort und darf sie darauf aufmerksam machen, dass ihre Redezeit 10 Mi­nu­ten beträgt. – Bitte, Frau Kollegin.

 


10.00.59

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! (Abg. Brosz platziert auf dem Rednerpult zwei wie Ortstafeln aussehende Schilder. Auf dem einen steht: „Atomkraft“; ein roter Balken als Diagonale streicht das Wort „Atomkraft“ durch; auf dem anderen Schild steht: „Energiewende“. – Rufe bei der ÖVP: Sind das Ortstafeln?) Ortstafeln? (Ruf: Warum nicht zweisprachig?) Ja, sie könnten auch zweisprachig sein. Sie sollten auch zweisprachig sein, vor allem in Kärnten.

Zum Thema der Aktuellen Stunde. – Zunächst einmal möchte ich fragen: Warum ist eigentlich der Bundeskanzler nicht da, geschätzte Kollegen und Kolleginnen von der ÖVP? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – in Richtung des Vizekanzlers Gorbach deutend –: Der künftige Bundeskanzler ist da!) Er ist letztendlich federführend für die Anti-Atom­politik verantwortlich und trägt die Verantwortung für die Linie der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft in der Anti-Atompolitik. Er hat im Herbst letzten Jahres ja große Ankündigungen gemacht. Er hat mehrmals öffentlich angekündigt, dass es im Bereich Anti-Atompolitik Initiativen Österreichs geben werde, konkret eine Ausstiegsinitiative vom Euratom-Vertrag. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Fragen Sie uns!)

Warum ist der Bundeskanzler immer dann nicht da, wenn tagelang über ein Thema sehr, sehr ausführlich diskutiert wird, nämlich über die Anti-Atompolitik Österreichs, wenn viele Fragen in der Öffentlichkeit zur Diskussion stehen und wenn es dann brenzlig wird? Aber das ist symptomatisch: Immer dann, wenn es ernst wird, wenn es brenzlig wird, ist der Bundeskanzler nicht da – oder er schweigt. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 25

In den letzten Tagen haben ÖVP-Politiker beteuert, Österreich sei immer noch auf Anti-Atomkurs. Die Fakten sprechen leider eine völlig andere Sprache – eine völlig andere Sprache! –, und man muss jetzt, gegen Ende der österreichischen EU-Ratsprä­si­dent­schaft und rund um den Jahrestag der Katastrophe von Tschernobyl am 26. April 1986, leider feststellen, dass unter der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft die Europäische Union sehr viel stärker wieder auf Atomkurs ist als noch vor wenigen Monaten.

Wesentliche Entscheidungen, die in diesen Monaten und Wochen in Richtung Ausstieg aus der friedlichen Nutzung der Atomkraft hätten getroffen werden können, sind unter der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft nicht verfolgt worden. Im Gegenteil: Die Europäische Union ist wieder voll auf Atomkurs eingeschwenkt – dafür gibt es einige Belege –, und das ist ein Armutszeugnis für unseren Bundeskanzler! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nicht genug damit, dass es ÖVP-Abgeordnete gibt, die im Europaparlament immer wieder für Atomenergie gestimmt haben – und dafür gibt es einige Belege –, haben auch die Minister dieser Bundesregierung bei wesentlichen Weichenstellungen in den letzten Tagen pro Atom agiert und damit gegen den Willen der österreichischen Bevöl­kerung gehandelt. Ich kann Ihnen das gleich jetzt noch einmal vor Augen führen, Herr Umweltminister – ich weiß nicht, ob man zu Ihnen überhaupt „Umweltminister“ sagen kann.

Die zuständige Forschungsministerin für das Forschungsprogramm in der Euro­päischen Union, Ministerin Gehrer, hat eine Aufstockung der EU-Atomforschung tat­sächlich als „sensationell“ bezeichnet. Sie behauptet tatsächlich, dass eine Forschung in neue Reaktorsysteme, in neue Reaktorengenerationen, in die so genannte Reaktor­generation IV, ein Fortschritt sei, dass es hier nur um zusätzliche Sicherheit gehe. Und Sie versuchen noch dazu, das mit irgendwelchen Zahlen als positiv hinzustellen.

Faktum ist, dass unter der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft ein lange dis­kutiertes Thema abgeschlossen wird, nämlich das Forschungsrahmenprogramm, mit dem Ergebnis, dass für die Atomforschung das Dreifache von dem ausgegeben wird, was es im letzten Forschungsprogramm gegeben hat. Das ist, glaube ich, nicht nur gegen den Willen der österreichischen Bevölkerung, sondern Sie haben offensichtlich auch vergessen, dass es einen aufrechten Nationalratsbeschluss gibt, der die Bun­desregierung explizit dazu verpflichtet – ich betone: explizit dazu verpflichtet! –, die Nuklearforschung zu reduzieren und verstärkt in erneuerbare Energien und in Ener­gieeffizienz zu investieren. Sie agieren bewusst gegen einen aufrechten Beschluss dieses Hohen Hauses. Wie soll ich das anders bezeichnen als einen Pro-Atom-Kurs der ÖVP? – Mir fällt keine andere Bezeichnung dazu ein. (Beifall bei den Grünen.)

Die Ministerin muss dieses Forschungsprogramm verantworten. Wenn man sich die Zahlen, die trockenen Zahlen, noch einmal vor Augen führt, dann kann man sehen: Es ist das gesamte Forschungsvolumen reduziert worden, sogar deutlich reduziert wor­den, nämlich um 20 Milliarden €. Das ist beklagenswert. Aber dass trotz dieser Reduk­tion des Gesamtforschungsvolumens die Mittel für die Nuklearforschung aufgestockt werden, verdreifacht werden, mittlerweile das Siebenfache von dem ausmachen, was die Gelder für die Forschung im Bereich erneuerbarer Energieträger ausmachen, ist unverständlich. Da frage ich Sie schon, Herr Minister: Wie können Sie das recht­fertigen?

Es gibt dafür keine Rechtfertigung! Sie wissen, dass wir seit Jahren in diesem Hohen Haus diese Sache diskutieren, dass wir seit Jahren auch davor warnen, einem solchen Programm zuzustimmen. Ministerin Gehrer aber bezeichnet es als „sensationell“, und ich nehme an, dass das bedeutet, dass die österreichische EU-Ratspräsidentschaft


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 26

diesen Verdreifachungs-Vorschlag zur Kenntnis nehmen und nicht dagegen auftreten wird. Und das ist ein neuer Schwenk der ÖVP in Richtung pro Atom! (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt zu Ihnen, Herr Umweltminister: Es gibt auch einen Nationalratsbeschluss, der hier in diesem Hohen Hause unter großer Mehrheit zustande gekommen ist und der ins­besondere seit dem 11. September 2001 eine neue Brisanz in der ganzen Diskussion um die Sicherheit von Atomkraftwerken eröffnet hat, nämlich die Frage der Terror­sicherheit von insbesondere grenznahen Atomkraftwerken und alten Atomkraftwerken. Ich glaube, es war für alle, die diese Katastrophe miterlebt haben, eine neue Dimen­sion, und wenn man hier keine Konsequenzen sieht, dann kann es unter Umständen zu einer Verschmelzung von zwei Katastrophen kommen, nämlich der Katastrophe von Tschernobyl am 26. April 1986 und der Terrorattacken auf die Twin Towers in New York mit Tausenden Toten, die wir zu beklagen hatten.

In der Folge dieser neuen Dimension von Bedrohung hat es Studien gegeben. In ganz Europa wurde untersucht, ob Atomkraftwerke vor terroristischen Attacken geschützt werden können, und im österreichischen Nationalrat ist der Auftrag an Sie ergangen, Sie mögen auf der europäischen Ebene einen Vorstoß machen, einen sehr deutlichen, klaren Vorstoß, nämlich in Richtung Überprüfung der europäischen Atomkraftwerke, der europäischen Atomanlagen auf Terrorsicherheit, und Sie mögen sich dann bei den Anlagen, bei denen keine Schutzmechanismen greifen können, etwa durch Flugver­botszonen, für Schließungsinitiativen stark machen. – Bis zum heutigen Tag haben Sie diesen Nationalratsbeschluss zu 100 Prozent ignoriert! Mir ist keine einzige Initiative bekannt, wo Sie diese große Gefährdung, diese neue Dimension von Sicherheit, von Sicherheitspolitik auch für die österreichische Bevölkerung in irgendeiner Form wahrgenommen hätten! Keine einzige diesbezügliche Initiative ist mir bekannt, und ich würde mich freuen, wenn Sie heute zwei, drei Sätze dazu verlieren könnten. (Beifall bei den Grünen.)

Die gefährlichsten Anlagen sind in der Nähe von Flughäfen, sind die ältesten Anlagen, insbesondere Isar, ein paar Flugminuten vom Münchner Flughafen entfernt. Bei so einem Angriff wäre es möglich, dass binnen einer Stunde, eineinhalb Stunden eine Menge von Radioaktivität in die Umwelt gelangt, die ein Vielfaches von dem ausmacht, was in Tschernobyl freigesetzt wurde. Und Tschernobyl – nur zur Erinnerung – hat Radio­aktivität in einem Ausmaß freigesetzt, das bis zu damaligen Zeitpunkt unvor­stellbar war, nämlich das 200-Fache der Atombomben von Hiroshima und Nagasaki. Das bedeutet, ein terroristischer Angriff auf solche Anlagen würde ein 400-Faches, ein 600-Faches, ein 800-Faches, ein 1 000-Faches der Atombombenabwürfe von Hiro­shima und Nagasaki freisetzen.

Dieses Gefährdungspotential komplett zu ignorieren, Herr Umweltminister, keinen ein­zigen Bericht im Nationalrat vorzulegen, was Sie in den letzten Jahren dazu geleistet haben, auch die österreichische EU-Ratspräsidentschaft dazu nutzlos verstreichen zu lassen, das völlig zu ignorieren, kann ich nicht anders deuten als einen Schwenk der ÖVP in Richtung pro Atom.

Ich sage Ihnen noch ein drittes Beispiel, und das ist besonders traurig. Es hat über­haupt keinen Sinn, in Österreich immer wieder zu beteuern: Wir sind ja eh gegen Atomkraftwerke!, sondern wer konsequent gegen Atomenergie ist, der muss konse­quent für erneuerbare Energieträger, für die Energiewende, für Energieeffizienz eintreten. (Beifall bei den Grünen.) Sie sind jetzt tatsächlich so weit, dass Sie ein gut funktionierendes Gesetz, das in Österreich Öko-Strom, erneuerbare Energien gut fördert, vernichten wollen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 27

Vielleicht nur ein kleiner Hinweis: Es ist immer wieder von einer Überförderung der Windräder die Rede. Im Vergleich zur Atomenergie ist das ein Fuzel! Es ist ein Minimum dessen, was an öffentlichen Subventionen in allen europäischen Ländern für die Atomenergie ausgegeben wird.

Zu dem, was Sie hier beklagen als Überförderung des Öko-Stroms, ist zu sagen: Wenn es Ihnen wirklich ernst ist mit der Bekämpfung der Betreibung von Atomkraftwerken, dann müssen Sie das Öko-Stromgesetz sozusagen am Leben erhalten und dürfen es nicht, wie geplant, im Mai de facto vernichten.

Sie haben tatsächlich vor, eine funktionierende Förderung im Bereich erneuerbarer Energien mit einem Beschluss in einer der nächsten Nationalratssitzungen zu ver­nichten, und das untergräbt jegliche Glaubwürdigkeit in Fragen Anti-Atom, Energie­wende und Ausstieg aus der friedlichen Nutzung der Atomenergie und ist im Übrigen ein dritter Beleg, dass es Ihnen nicht ernst ist damit, an einem Tag wie heute, wo man eigentlich der Opfer der Tschernobyl-Katastrophe gedenken sollte, alles getan zu haben, dass wir den Ausstieg aus der Atomenergie europaweit schaffen können. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

10.10


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer einleitenden Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister für Land-, Forst-, Umwelt- und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Pröll. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. Ich erteile ihm das Wort.

 


10.10.53

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Abgeordnete! Am Jahrestag der Tschernobyl-Katastrophe – dieser Tag jährt sich heute zum 20. Mal – ist es eigentlich nicht an der Zeit, Schuldzuweisungen vorzunehmen, sondern es ist vorerst einmal derer zu gedenken – und ich war vor kurzem mit dem Präsidenten und mit einer hoch­rangigen Delegation der Europäischen Union in Kiew –, die dieser Katastrophe zum Opfer gefallen sind.

Der zweite Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren: Der 20. Jahrestag der Tschernobyl-Katastrophe unterstreicht auch einmal mehr das, was wir seitens der Regierung auch in allen Formationen bis dato getan haben und auch in Zukunft tun werden, nämlich auf die Gefährlichkeit und auf die schlussendlich nicht mit 100-prozentiger Sicherheit managebaren Gefahren der Nuklearenergie hinzuweisen. (Beifall bei der ÖVP.)

Tschernobyl hat eindrucksvoll gezeigt – leider –, dass menschliches Versagen auch die besten technologischen Voraussetzungen, die man sich erdacht hat, konterkarieren kann. Und wir haben auch reagiert. Ich möchte Ihnen, Frau Abgeordnete Glawischnig, weil Sie gesagt haben, die Anti-Atompolitik sei gescheitert und was auch immer, und das mit Beispielen zu unterlegen versuchten – es ist ja nicht wirklich gelungen –, ein paar Beispiele nennen und aufzeigen, wo wir tatsächlich seitens der Regierung kon­sequent gehandelt haben.

Ich fange an mit der Aufarbeitung der Krise rund um Tschernobyl. Was die Menschen am dringendsten brauchen, ist der Schutz in den letzten Jahren und auch in den kom­menden. Wir haben alleine im Rahmen der humanitären Hilfe 7,5 Millionen € als Beitrag für den Tschernobyl-Fonds ausgegeben, zur Stabilisierung des Sarkophages, und wir werden auch in Zukunft weiter helfen, wenn es geht, diese Strahlenquelle in den Griff zu bekommen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 28

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben – zweitens – Energiepartner­schaften geschlossen. Es ist zu wenig, nur über einseitige Schuldzuweisungen zu reden – in Richtung Energiewirtschaft und Atomwirtschaft –, sondern man muss auch die Alternativen aufzeigen. Wir haben das getan – auch während der Ratspräsi­dentschaft und zum Beispiel durch Energiepartnerschaften mit den betroffenen Län­dern. Ich habe mit dem ukrainischen Präsidenten auch darüber reden können, dass ein Biomasseheizwerk in Slavutych, einer Stadt, die ganz schwer betroffen war, aber noch bewohnt wird, errichtet werden soll, wo man ein klares Zeichen setzen will, dass wir an Alternativen denken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es hat sich nichts geändert an unserer grund­legenden Ablehnung der Kernkraft als einer nicht nachhaltigen Energieform in Österreich, in Europa und darüber hinaus. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben eine Schrittmacherfunktion auf dem Weg zu einer kernenergiefreien Ener­gie­versorgung. Das ist ein mühsamer Weg, weil Sie über Ihre plakativen „taferl­politischen“ Ankündigungen hinaus oft vergessen, dass wir uns mit unserer Philosophie in einem internationalen, europäischen Rahmen auch demokratisch zu bewegen haben, und den berühmten „grünen Hebel“, den man umlegt, damit dann alles zuge­sperrt wird, gibt es in der Realität – Gott sei Dank! – nicht, sondern wir müssen Werbung machen, unsere Positionen einbringen – in Europa, international, und das tun wir mit unserer Kritik, die wir vorbringen.

Wir sind sehr intensiv dabei, was die Nuklearinformationsabkommen, grenzüber­schreitende UVP-Verfahren, die Espoo-Konvention betrifft, an allen Prozessen teilzunehmen, wo wir aufgrund der internationalen Verträge auch eingeladen sind und entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen haben, vor allem im Bereich von grenznahen Atomkraftwerken, deren Management im Hinblick auf den Schutz der österreichischen Bevölkerung ja die größte Herausforderung für eine verantwortungs­volle Regierungspolitik darstellt.

Wir sind jedenfalls anderer Meinung. Es ist wichtig, zum Schutz der Menschen zu investieren, zu planen, international zu verhandeln und aufzutreten – und nicht aus einem so tragischen Ereignis wie jenem in Tschernobyl in kleinkarierter Weise parteipolitisches Kapital zu schlagen oder es zumindest zu versuchen.

Sie haben das Engagement Österreichs im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft ange­sprochen. – Vielleicht ganz kurz einmal eine Anmerkung, wie diese Präsidentschaft zu verstehen ist. Die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union ist nicht in der Weise zu verstehen, dass man möglichst viele nationale Interessen in einem halben Jahr durchbringt (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist kein nationales Interesse!), sondern dahin gehend, dass man den europäischen Diskussionsprozess in wichtigen Politfeldern entsprechend vorantreibt. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir nehmen diese Verantwortung sehr gerne und sehr ernsthaft wahr, um die richtigen Antworten zu geben. Es hat seit dem 1. Jänner 2006 Initiativen in Form der Forcierung der alternativen Energieformen hin zum besseren Biomasseaktionsplan, zu alter­nativen Treibstoffen, wie in der Europäischen Union seit Jahrzehnten nicht, gegeben. Wir haben im Rahmen unserer EU-Ratspräsidentschaft den Anstoß gegeben, den Bio­masseaktionsplan der Europäischen Union beschlossen, die Biokraftstoffrichtlinie der Europäischen Union beschlossen. Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie wissen auch ganz genau – das haben Sie anzumerken vergessen –, dass wir im Juni 2006 gemeinsam mit dem Europäischen Parlament, und zwar nicht zuletzt auf Grund der Debatten, die wir im Umweltausschuss hatten, eine Konferenz zum Thema Euratom-Vertrag haben werden.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 29

Was soll man mehr tun, als Alternativen zu forcieren, auf die Tagesordnung zu setzen und zu beschließen und gleichzeitig den Euratom-Vertrag erstmals auch in dieser Qualität im Parlament mit einer Anhörung im Juni 2006 zu diskutieren – auf einer wichtigen Plattform –, um hier die entsprechenden Antworten zu geben?

Wenn Sie die Atomforschung im Rahmenprogramm mit der neuen finanziellen Voraus­schau und die damit verbundenen Diskussionen ansprechen, sehr geehrte Frau Abgeordnete, so bitte ich wirklich, mit Augenmaß zu diskutieren und zu schauen: Was ist denn in diesem Rahmenprogramm vorgesehen? – Die Aufstockung der Mittel geht fast zur Gänze in die Forschung bezüglich Kernfusion. Sie wissen, dass wir der Kernfusion natürlich auch als mögliches Potential in den nächsten Jahrzehnten sehr kritisch gegenüberstehen, aber wir werden diesen Forschungsprozess sehr kritisch begleiten. Wollen Sie Forschung verbieten?

Wir wollen die Forschung von ITER kritisch begleiten, und, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden darauf schauen, dass keine Mittel – und das ist auch nicht vorgesehen – in Laufzeitverlängerungen und in die Errichtung von neuen Anlagen in der Europäischen Union gesteckt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist vorsorgende Politik, und ich bin auch froh darüber, dass wir gemeinsam bei ITER eher in Europa forschen als in anderen Teilen der Welt, weil wir diese Kontrolle nur dann haben, wenn wir vor Ort auch die entsprechenden Maßnahmen ergreifen und die Begleitumstände gemeinsam beurteilen können.

Dritter Punkt, sehr geehrte Frau Abgeordnete Glawischnig: Was Sie immer vergessen, ist die Frage des Managements um das KKW Temelin. Ohne Europäische Union, ohne unser klare Vorgangsweise seitens der österreichischen Bundesregierung hätten wir die nun bestehenden Sicherheitsstandards in Temelin nicht erreichen können. Sie wissen auch – und das vergessen Sie meistens dazuzusagen –, dass in der Euro­päischen Union in den meisten Fragen um die Atomkraft Einstimmigkeit herrscht und deswegen – und auch das muss einmal offen ausgesprochen werden – einzelne Länder Entwicklungen immer verhindern können.

Der Melker Prozess, die Brüsseler Debatte und die entsprechenden Beschlüsse haben uns überhaupt erst die Möglichkeit an die Hand gegeben, Temelin möglichst sicher zu machen – wenn wir die nationale Souveränität der einzelnen Mitgliedstaaten über die Energiewirtschaft respektieren. Wir tun das, weil wir auch nicht wollen, dass ein französischer Energieversorger mit einem Atomkraftkraftwerk in Österreich zu planen beginnt.

Wir wollen über die Energiezukunft in unserem Land selbst bestimmen, und wir möchten möglichst dazu beitragen, dass die anderen Ländern aussteigen und alternative Energiequellen entsprechend forcieren. In Temelin – und das zeigt der Prozess – konnten wir Veränderungen erreichen. Sie sind noch nicht zufrieden stel­lend, aber wir werden nicht locker lassen. Bereits im August werden die Techniker, die Experten wieder zusammenkommen und die offenen Sicherheitsfragen gemeinsam weiter diskutieren.

Sie sehen also an diesen vielen Beispielen, dass wir in allen Formationen, dass wir in allen unseren politischen Verantwortungsfeldern zum Schutz der Menschen in Öster­reich, zum Schutz der Menschen in Europa gerade angesichts des heutigen Tages sehr hartnäckig und konsequent unsere Anti-Atompolitik – das kann ich zumindest für die ÖVP und für die Regierung sagen; wie es in manchen anderen Bereichen ist, weiß ich nicht – fortsetzen.

Zusammenfassend sei gesagt: Unser Ziel ist der Ausstieg aus der friedlichen Nutzung der Atomenergie in Europa. Unser Ziel ist es, in Anerkennung der nationalen Sou-


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veränität beste Sicherheitsstandards für bestehende Kernkraftwerke zu organisieren und mit zu beeinflussen. Und unser Ziel ist die Schließung der Kernreaktoren alter Bauart, wie es in den Beitrittsverträgen der Mitgliedsländer der Europäischen Union vorgesehen ist, und diese konsequent weiterzuverfolgen.

Wenn Forschungen neu aufkommen, dann sollen die Prozesse für diese neuen Forschungsfelder wie die Kernfusion nicht abgedreht werden, aber die Prozesse sollen kritisch begleitet werden, damit so eine Entwicklung wie in der nuklearen Politik und im Fall Tschernobyl nicht mehr passieren kann. Wir haben keinen Grund, von unserer konsequenten Antiatompolitik abzugehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

10.21


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmer der Aktuellen Stunde 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kopf. – Bitte, Herr Kollege.

 


10.21.18

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Die schrecklichen Ereignisse in Tschernobyl vor 20 Jahren sind vielen noch in Erinnerung beziehungsweise werden uns jetzt gerade am Jahrestag der Katastrophe von Tschernobyl in bedrückender Art und Weise wieder in Erinnerung gerufen. Und es bewahrheitet sich bei dieser Erinnerung nur eines, nämlich das, was wir und was gerade die ÖVP immer wieder gesagt und vertreten hat: Kernenergie ist keine sichere und keine nachhaltige Form der Energie­erzeugung – und dabei bleiben wir! (Beifall bei der ÖVP.)

Das zu sagen, ist das eine, aber man muss natürlich auch Alternativen aufzeigen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Darf ich bitten, dem Redner nicht den Rücken zuzu­wenden! Frau Stoisits, Herr Maier, Frau Lunacek, bitte dem Redner nicht den Rücken zuwenden!

 


Abgeordneter Karlheinz Kopf (fortsetzend): Meine Damen und Herren, das zu sagen, ist das eine, aber man muss auch Alternativen anbieten. Deswegen setzen wir ganz konsequent in unserer Energiepolitik auf die Wasserkraft, die wir reichlich haben, auf den zusätzlich verstärkten Einsatz erneuerbarer Energieträger wie Biomasse, Biogas und Ähnliches und – was leider immer wieder in der energiepolitischen Debatte zu kurz kommt – vor allem zukünftig verstärkt auch auf die Verbesserung der Energieeffizienz, was auch gleich eine Einsparung beim Energieverbrauch bedeutet. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Meine Damen und Herren, wenn wir nun das Thema Investitionen in Forschung im Kernenergiebereich auf europäischer Ebene diskutieren, dann sollten wir, muss ich sagen, schon bei den Fakten bleiben, liebe Frau Kollegin Glawischnig! Faktum ist Folgendes: Die Mehrheit der europäischen Staaten setzt leider weiterhin auf Kern­energie. Leider! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das stimmt nicht!) Wir bekräftigen mit unserer Position eine andere Haltung, aber die anderen Staaten machen leider in großem Maße etwas anderes. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: 12 plus 5 ist 17! Das ist die Mehrheit von 25!)

Das heißt, unsere Strategie muss differenziert sein. Wir müssen unter Beibehaltung unserer Grundsatzposition zunächst einmal schauen, dass jene unsicheren Atom­kraftwerke im Ausland, vor allem im grenznahen Ausland, die nicht nachrüstbar sind, was die Sicherheit betritt, so rasch wie nur irgendwie möglich geschlossen werden. Wir


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müssen dabei bleiben und bleiben auch dabei, danach zu trachten, dass wir länger­fristig den Ausstieg aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie auch in jenen Ländern erreichen, die derzeit eine andere energiepolitische Grundsatzhaltung haben. Und wir müssen in der Zwischenzeit bei jenen Ländern, die sich derzeit keinen solchen Aus­stieg vorstellen können, darauf drängen und mittels europäischer Politik durchsetzen, dass in diesen Ländern alles getan wird, um die Sicherheit der bestehenden und weiter betriebenen Kraftwerke zu erhöhen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Liebe Frau Kollegin Glawischnig, Sie wissen so gut wie alle anderen – Sie wissen es, weil Sie sich damit beschäftigen, sogar etwas besser –: Atomenergie ist nicht gleich Atomenergie. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Sie können nicht rechnen!) Wenn es Wissenschaftler gibt, die der Meinung sind, dass die Kernfusion im Gegensatz zur Kernspaltung möglicherweise (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek) zu einer Form der Energieaufbringung führt, die sicher (Abg. Öllinger: Möglicherweise!) und von der Effizienz her interessanter ist, dann muss ich sagen: In diesem Fall macht es zumindest Sinn, in die Erforschung dieser Behauptung – mit offenem Ausgang – Geld zu investieren. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Milliarden Steuergeld zu stecken!) Vielleicht stellen wir dann fest, dass das zu einer Energieform führt, die brauchbar ist und die den Menschen (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: ... leuchtet da oben und heißt Sonne!) im Sinne von Effizienz zumutbar ist, oder wir kommen im Rahmen dieses Forschungsprogrammes vor allem im Sinne der Sicherheit drauf, dass das eben nicht so ist. Aber draufkommen kann man nur mit Forschung – und nicht mit Behauptungen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner. – Abg. Dr. Gabriela Moser: Aber es gibt andere Alternativen!)

Klar ist eines, und dabei bleiben wir: Wir investieren im Rahmen der täglichen Ener­giepolitik sehr stark, massiv und mehr als die meisten anderen Länder in den Einsatz erneuerbarer Energien. Die Aufstockung dieser Mittel geht nahezu ausschließlich in die Erforschung einer von manchen für zukunftsträchtig gehaltenen alternativen Form im Atomenergiebereich. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Was sind die nationalen Ziele?) Der Rest der Mittel wird in die verstärkte Sicherheit der bestehenden Kraftwerke investiert. Und das ist, meine ich, verantwortungsvolles Handeln im Sinne der Menschen in Österreich. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Soll ich es Ihnen vorlesen: neue Re­aktorgeneration!)

Das, was Sie tun, ist, das schreckliche Ereignis von Tschernobyl nur dazu zu benützen (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen), um den Menschen in diesem Land Angst zu machen. Das ist keine verantwortungsvolle Politik, Frau Kollegin! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

10.27


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Krainer. Auch er spricht 5 Minuten zu uns. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


10.27.17

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Kopf, Sie wissen aber schon, dass in einem Atomkraftwerk alles der Sicherheit dient – mit Ausnahme der Brennstäbe. Alles um diese Brennstäbe herum dient der Sicherheit vor diesen Brennstäben. Insofern ist eine Beschränkung von Subventionen auf die Sicherheit bei einem Atomkraftwerk im Prinzip nur die Aussage, dass man nicht die Brennstäbe damit finanziert, aber sonst ist die gesamte Finanzierung möglich, und das ist sicher nicht das, was Sie hier öffentlich zugeben wollen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Kopf: Haben Sie eine Alternative in den Ländern, die nicht aussteigen wollen?)


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Vor 20 Jahren ereignete sich der bis dato schwerste Unfall in einem Atomkraftwerk. Zehntausende Menschen verloren ihr Leben, Hunderttausende ihre Heimat und Millionen ihren Glauben an die Beherrschbarkeit der Technik und an die Sicherheit von Atomkraftwerken.

Seit 20 Jahren gibt es einen Konsens in der österreichischen Gesellschaft, dass alles daranzusetzen ist, Atomkraftwerke zuzusperren und andere Technologien zu fördern, um diese auch ersetzen zu können. Diesen Konsens gibt es nicht nur in Österreich, sondern auch europaweit in der Bevölkerung. Das mag zwar von einem zum anderen Land anders sein, aber europaweit gesehen ist eine deutliche Mehrheit für den Ausstieg aus der Atomenergie. Deswegen erneuern wir auch immer wieder unsere Forderung nach einer europaweiten Abstimmung über den Ausstieg aus der Atomenergie. Das lehnen Sie aber leider immer ab. Wir wollen diese Abstimmung durchsetzen, diese als Ziel sehen, um damit tatsächlich erreichen zu können, dass ein europaweiter Ausstieg aus der Atomenergie erfolgen kann.

Alle Parteien versichern, dass sie weiterhin zum Konsens im Kampf gegen die fried­liche Nutzung der Atomenergie stehen und weiterhin gegen das Betreiben von Atomkraftwerken kämpfen wollen und kämpfen werden.

Aber es passieren auch andere Sachen. Zum Beispiel wurde am 13. November 1996 im Europäischen Parlament ein Antrag abgestimmt, mit welchem mit der Sub­ventionierung der friedlichen Atomenergienutzung Schluss gemacht werden soll. Dieser Antrag soll sicherstellen, dass es nur noch Subventionen für den sicheren Abbau von Atomkraftwerken und für die Endlagerung von Atomabfällen gibt. Die ÖVP stimmte gegen diesen Antrag, und auf Grund des Stimmverhaltens der ÖVP bekam er auch keine Mehrheit. Hätte die ÖVP für diesen Antrag gestimmt, dann hätte es dafür eine Mehrheit gegeben. (Abg. Großruck: Da sind wir sehr wichtig!) – Doch der Vorsitzende der ÖVP Wolfgang Schüssel erklärt: Die ÖVP kämpft weiterhin gegen Atomkraftwerke!

Am 24. Oktober 2000 wurde im Europäischen Parlament darüber abgestimmt, ob neben der Atomkraft auch erneuerbare Energien subventioniert werden sollen und damit auch ein freier Wettbewerb herrschen soll. Die ÖVP stimmte gegen den freien Wettbewerb und weiterhin dafür, dass ausschließlich Atomenergie subventioniert werden soll. – Doch der Vorsitzende der ÖVP Wolfgang Schüssel erklärt: Die ÖVP kämpft weiterhin gegen Atomkraftwerke! (Abg. Großruck: ... Kraftwerke in der Karibik!)

Im November 2001 einigten sich nach wochenlangen Grenzblockaden Österreich, vertreten durch Wolfgang Schüssel, und Tschechien, vertreten durch Premier Zeman, auf den Melker Vertrag. Wolfgang Schüssel erklärte uns damals, Temelin werde durch das Abkommen sicherer, der Melker Vertrag werde Teil des Beitrittsvertrages und damit auch einklagbar sein, und Temelin werde erst dann in den kommerziellen, in den endgültigen Betrieb gehen, wenn alle Sicherheitsbedenken ausgeräumt sind.

Heute erfahren wir, dass österreichische Experten des Bundesministeriums für Umwelt festgestellt haben, dass Temelin nicht sicherer wurde, mehr als 90 Störfälle bestätigen dies auch, dass der Melker Vertrag nicht Teil des Beitrittsvertrages ist, und Wolfgang Schüssel selbst sagt, er sei nicht mehr einklagbar. Temelin ist in den Dauerbetrieb gegangen, obwohl die Sicherheitsbedenken nicht ausgeräumt sind, und die öster­reichische Bundesregierung hat nicht einmal formell oder in sonst irgendeiner Form Protest dagegen eingelegt. – Doch der Vorsitzende der ÖVP Wolfgang Schüssel erklärt: Die ÖVP kämpft weiterhin gegen Atomkraftwerke!

Vor nicht einmal einer Woche, am 21. April, beschloss der Informelle Wettbewerbsrat – unter Vorsitz Österreichs – die Verdreifachung der Mittel für Euratom (Bundes­minister Dipl.-Ing. Pröll: Es gibt keinen Beschluss!) und gleichzeitig die Kürzung der


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Mittel für erneuerbare Energien gegenüber dem Kommissionsvorschlag vom April 2005. Die ÖVP-Ministerin und stellvertretende Parteivorsitzende der ÖVP Elisabeth Gehrer bezeichnete diesen Beschluss als sensationell und als ganz großen Erfolg. – Doch der Vorsitzende der ÖVP Wolfgang Schüssel erklärt: Die ÖVP kämpft weiterhin gegen Atomkraftwerke!

Ich meine, die österreichische Bevölkerung hat sich mehr Ehrlichkeit verdient, und Österreich hat sich auch in der Atompolitik einen Kurswechsel verdient – im Herbst ist Zeit dazu! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Großruck – in Richtung SPÖ –: Klärt lieber den BAWAG-Skandal auf!)

10.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer. Seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


10.32.28

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Bundesminister! 26. April 1986: 20 Jahre ist es also her. Jeder von uns weiß ganz genau, wo er war, jeder von uns erinnert sich an die Zeit, jeder erinnert sich daran, wie die Menschen von dieser Katastrophe betroffen waren. Ich erinnere mich auch daran, ich war in Bulgarien arbeiten und habe erst zwei Tage später von meiner Frau von dieser Katastrophe erfahren. In Bulgarien wurde zwei Wochen später mittels Zweizeiler die Bevölkerung über diese Katastrophe informiert, und das, obwohl Bulgarien selbst direkt in dieser Wolke war.

Jeder von uns war betroffen, weil wir nicht glauben konnten, dass so etwas passieren kann, jeder von uns war betroffen darüber, wie damit umgegangen wurde, jeder ist betroffen, wie heute damit umgegangen wird, und jeder von uns ist betroffen, dass es immer noch Menschen gibt, die für die Atomkraftwerke Lobbyismus betreiben. Aber diese Bundesregierung verantwortlich zu machen dafür, dass in Europa diese Art von Politik gemacht wird, ist für mich nicht nachvollziehbar.

Wir haben in diesem Parlament breiten Konsens darüber, dass wir gegen Atomkraft sind, wir haben allerdings einen unterschiedlichen Zugang. Im Zusammenhang mit Euratom, und das weiß Abgeordneter Krainer ganz genau, haben wir lange darüber diskutiert. Der unterschiedliche Zugang besteht darin, wie wir jetzt mit Sicherheit und mit dieser Art von Förderung umgehen.

Die Bundesregierung hat gesagt, für uns ist es wichtiger, in die Sicherheit zu inves­tieren, als eine Politik zu betreiben, die außerhalb steht und keine Förderung von Atomkraftwerken vorsieht. Wir wissen aber auch, dass die Sicherheit nicht gewähr­leistet ist, wir wissen, dass gewisse Länder nicht bereit sind – das weiß auch der Herr Minister –, Atomkraftwerke zuzusperren.

Auch in der Frage Temelín haben wir einen unterschiedlichen Zugang gehabt. Wir alle waren gegen dieses Kraftwerk, aber es hat damals nur eine Fraktion gegeben, die gefordert hat, dass die Aufnahme Tschechiens in Europa auch gewährleisten müsse, dass dieses gefährliche Atomkraftwerk zugesperrt wird. Wir haben das gefordert, wir haben eine getrennte Abstimmung über dieses Thema gefordert. Das war meine Fraktion, das heutige BZÖ und der Freiheitliche Klub damals. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Doppelzüngigkeit!) Wir haben es gefordert, Sie haben gesagt: Nein, innerhalb Europas werden wir dieses Problem besser lösen können, mit Diskussionen, mit der Bereitschaft, zu helfen, mit der Bereitschaft, den aktiven Ausstieg zu betreiben.

Derzeit gibt es ein Kraftwerk, das aufgerüstet wurde, und wir haben Länder, ganz in unserer Nähe, die darüber nachdenken, neue Atomkraftwerke zu bauen. Wir haben die gefährlichsten Atomkraftwerke an unserer Grenze. Wir werden auch das nächste Mal


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darüber diskutieren – wir sehen das als nationale Sache an –, ob wir der Aufnahme von Ländern zustimmen sollen, wenn sie ihre gefährlichen Atomkraftwerke nicht zusperren (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie werden sich darüber Gedanken machen müssen, ob die Gewährleistung von Sicherheit nicht auch einen gewissen Druck braucht. Ich bin gegen Atomkraftwerke, ich bin gegen Atomkraftwerk aus innerer Überzeugung, und keiner, so glaube ich, in diesem Haus ist dafür. Aber diese Bundesregierung dafür verantwortlich zu machen, welche Politik in Europa gemacht wird, ist weit hergeholt.

Beim Thema erneuerbare Energie weiß ich als Landwirt und wissen einige Kollegen Bescheid. Holz: Wir hatten größere Probleme, gerade für Holz hatten wir schlechte Preise. Heute ist es umgekehrt, heute müssen wir uns Gedanken um unsere Säge­werke machen, weil viel Holz von uns ins Ausland verkauft wird. Sägemehl: Früher war jeder froh, wenn wir es abgeholt haben, heute zahlen wir sehr viel Geld, wenn wir es verwenden wollen. Jeder Ort macht sich Gedanken um erneuerbare Energie. In Tirol bekommt jeder, ob arm oder reich, 200 € pro Quadratmeter Solarenergieförderung.

Diese Regierung steht für diese Art von Politik. Meine Fraktion war immer eine Umweltfraktion, und Sie sollten uns bei dieser Arbeit endlich unterstützen, dann hätten wir vielleicht mehr Erfolg und nicht nur lange Diskussionen, die nichts bringen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.37


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. Auch sie spricht 5 Minuten. – Bitte.

 


10.37.28

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren hier und zu Hause vor den Fernsehschirmen! (Die Rednerin platziert auf dem Rednerpult zwei Ortstafeln ähnliche Schilder. Auf dem einen steht: „Atomkraft“, ein roter Balken bildet die Diagonale; auf dem anderen Schild steht: „Energiewende“.) Wir alle wollen eine sichere Energieform, wir alle wollen keine Atomkraft – das sagen Sie, und das sagen wir. (Beifall des Abg. Dr. Fasslabend. – Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Wir machen es auch!)

Wir handeln in diesem Sinne, Sie handeln gegensätzlich. (Abg. Scheibner: Nur mit Taferln!) Herr Minister, ich werde Ihnen das nachweisen. (Abg. Kopf: Was verstehen Sie unter „handeln“? Sie haben eine sonderbare Vorstellung von „handeln“!)

Herr Minister und Herr Kollege Kopf, Sie haben gesagt, Sie haben für das Euratom-Pro­gramm gestimmt. Das Euratom-Programm sieht für die nächsten sieben Jahre über 4 Milliarden € vor. Das ist ein Programm, das die nächste neue Reaktorgeneration finanzieren soll. Sie geben österreichisches Geld – in der Vergangenheit waren es 114 Millionen, in der Zukunft sind es 140 Millionen – für eine unsichere Atomkraft, für eine unsichere Energieform aus. Das machen Sie, und hier sagen Sie das Gegenteil. Das Problem ist, dass Sie in EU-Gremien, dass Sie auf europäischer Ebene, im Europäischen Parlament und auch während der Präsidentschaft genau das Gegenteil dessen tun, was Sie uns hier und den Menschen zu Hause vor den Fernsehschirmen sagen. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Kollege Kopf, wir haben eine Mehrheit unter den Mitgliedstaaten der EU, die gegen die Atomkraft sind. Zwölf haben keine Atomkraftwerke, fünf haben den Ausstieg beschlossen, insgesamt sind es 25. Sie behaupten hier aber, es gebe keine Mehrheit in Europa. (Abg. Kopf: Welches Quorum brauchen Sie für einen Atomvertrag? Sie brauchen die Einstimmigkeit!) Entschuldigen Sie, die meisten Länder Europas haben keine Atomkraftwerke. (Abg. Kopf: Streuen Sie den Menschen keinen Sand in die


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Augen! Das ist nicht redlich! – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Das Einstimmigkeitsargument, das Sie verwenden, kann auch gegen Sie verwendet wer­den. Es stimmt, es geht nur mit Einstimmigkeit auf europäischer Ebene, aber warum stimmt Österreich nicht dagegen, warum stimmt diese Bundesregierung nicht dagegen, dass weiter Millionen von Euro, in Summe Milliarden von Euro – es ist eine Verdop­pelung, eine Verdreifachung der Beträge – in eine Forschung gehen, die unsichere Energie fördert, die eine unsichere Zukunft für Österreich bringt, die eine potentielle Gefährdung der Bevölkerung in sich birgt?

Sie wissen ja, die Reaktoren, die in Europa derzeit noch am Netz sind, sind zu zwei Dritteln vom Typ Tschernobyl! Jetzt gedenken wir hier dieser fürchterlichen Katastrophe, und Sie stimmen für die Verlängerung von Reaktoren des Typs Tscher­nobyl. Sie stimmen für die Erhöhung der Atomgelder, Sie sind weiterhin dafür, dass womöglich Temelín ... (Abg. Kopf: Das ist doch nicht wahr! Das ist ja unglaublich! Das ist ungeheuerlich!) – Das ist es. Lesen Sie nach im EU-Protokoll, lesen Sie nach, genau bei Temelín! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wir waren als Einzige gegen Temelín!) – Das ist ein gutes, ein sehr gutes Stichwort, Herr Kollege.

Ich habe ja an Herrn Minister Pröll eine Anfrage gestellt, nämlich welche Initiativen er setzt, damit der Melker Vertrag eingehalten wird. Den Melker Vertrag haben Sie vorhin auch zitiert, es geht darin darum, den Ausstieg aus Temelín in Tschechien voran­zutreiben beziehungsweise die Sicherheitskriterien zu erfüllen. Und nach wie vor sagen die Experten: Die 28,5-Meter-Bühne ist nicht sicher. Die Dampfdrucksicherheitsventile sind mangelhaft. Es gibt außerdem Mängel beim Reaktordruckbehälter. – Das ist Faktum.

Und Sie, Herr Minister, antworten mir auf meine parlamentarische Anfrage – ich darf Ihre Anfragebeantwortung 3462/AB gleich zitieren – Folgendes:

„Das Niveau des bisher Erreichten und die Berücksichtigung der aktuellen Aktivitäten (...) lässt die Schlussfolgerung zu, dass die Qualifizierung von sicherheitsrelevanten Komponenten in Temelín keine offene Sicherheitsfrage mehr darstellt.“

Das antworten Sie, Herr Minister, schriftlich! – Und das ist mein Problem. Sie wollen der Öffentlichkeit immer Sand in die Augen streuen, weil Sie sagen: Ja, wir tun alles. – In Wirklichkeit aber handeln Sie dem aber genau zuwider. Das ist das Feindliche an Ihrer Atompolitik, das ist auch das Gefährliche an Ihrer Anti-Atom-Politik. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Dann geben Sie zu, dass er Anti-Atom-Politik macht!)

Ich darf noch einmal betonen, dass die österreichischen Steuergelder nicht dazu dienen, Effizienzprogramme zu verwirklichen, nicht dazu dienen, erneuerbare Ener­gieträger zu stärken, und nicht dazu dienen, mehr Ökostrom in Österreich und in Europa voranzutreiben. Nein, Sie verwenden sie für eine neue Reaktorgeneration, für die Kernfusion, für eine unsichere Atomzukunft. Das sind Ihre Taten, und daran sollen Sie gemessen werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.42


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Grillitsch 5 Minuten zu uns. (Abg. Grillitsch – neben dem Rednerpult stehend –: Kann man die Taferln wegnehmen? – Abg. Dr. Gabriela Moser: Darf ich Ihnen die Energiewende da las­sen? – Abg. Grillitsch: Nein, bitte! – Abg. Dr. Gabriela Moser: Aber Sie sind doch auch für die Energiewende!)

 


10.42.56

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Ich bin schon für eine Energiewende (Abg. Dr. Gabriela Moser – vor dem Rednerpult stehend –: Ja, eben, die Bauern sind alle für


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eine Energiewende!), aber nicht so, wie Sie sie machen, indem Sie nämlich ständig die Menschen verunsichern. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Gabriela Moser entfernt die beiden Taferln vom Rednerpult und begibt sich wieder zu ihrem Platz.)

Wir wollen Tschernobyl zum Anlass nehmen, der Opfer zu gedenken. Wir wollen nicht mehr erleben, dass die Kinder nicht auf die Straße dürfen, dass die Kinder nicht draußen spielen dürfen. Ich möchte nicht mehr erleben, dass wir die Tiere nicht auf die Weide treiben dürfen. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Daran sollten wir uns erinnern. Das sollten wir zum Anlass nehmen, hier auch ernsthaft und glaubwürdig über Alter­nativstrategien zur Atomenergie zu diskutieren, damit so etwas nicht mehr passiert. Daher appelliere ich an Sie: Beenden Sie Ihre Verunsicherungsstrategie, meine Damen und Herren von den Grünen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen: Die ÖVP, die österreichische Bundesregierung und auch ich ganz persönlich setzen auf eine klare und konsequente Anti-Atom-Politik (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Wo denn?), weil wir wissen, dass das auch zu Recht von der Bevölkerung erwartet wird, weil alles andere in Wirklichkeit ein Irrweg ist.

Wir wissen: Eine Energiewende ohne Atomenergie ist möglich, meine Damen und Her­ren. Eine der entscheidenden Strategien in diesem Zusammenhang ist natürlich – gerade auch in Österreich forciert und vorbildhaft gemacht – der Einsatz erneuerbarer Energieträger.

Ich glaube, niemand ist berufener, auch auf europäischer Ebene, über die Forcierung dieser erneuerbaren Energieträger zu reden als Österreich. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Wo tun Sie es?) – Wir tun das auch. Herr Bundskanzler Schüssel hat das auch beim Rat gemacht, da gibt es klare Zielvorstellungen, Frau Kollegin Glawischnig. Nehmen Sie das endlich zur Kenntnis! Auch die Zahlen sprechen für uns: 21 Prozent Anteil an erneuerbaren Energieträgern in Österreich! Wir liegen damit an dritter Stelle in der EU. Diese Zahlen sprechen für eine gute Politik dieser österreichischen Bundesregierung. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese dritte Stelle war insgesamt gesehen bei den erneuerbaren Energieträgern. Im Bereich Biomasse sind wir aus österreichischer Sicht sogar führend.

Meine Damen und Herren! Eine stärkere Erzeugung von erneuerbaren Energieträgern ist anzustreben, und zwar in den vielfältigsten Anwendungsbereichen: im Wärme­bereich, im Treibstoffbereich, bei der Biotreibstoffregelung. Herr Bundesminister, herzlichen Dank dafür! Da haben wir auch ein höheres Ziel als Europa vorgegeben.

Das Ökostromgesetz gibt uns ebenfalls Möglichkeiten, im Wesentlichen drei Punkte, meine Damen und Herren von den Grünen, klar in den Vordergrund einer künftigen Strategie zu stellen, die den Menschen auch Sicherheit gibt, nämlich erstens die Unabhängigkeit in der Energieversorgung, die Versorgungssicherheit in der Energie­versorgung. Zweitens die Nutzung dieser heimischen Potentiale mit neuen Tech­nologien. Dadurch werden Arbeitsplätze geschaffen; das belegt auch eine Studie der Wirtschaftskammer Österreich: Rund 34 000 neue Arbeitsplätze werden durch den forcierten Einsatz erneuerbarer Energieträger geschaffen. Der dritte wichtige Punkt ist: Wir können damit auch einen wesentlichen Beitrag zum Schutz der Umwelt leisten.

Daher ist es ganz einfach ein Gebot der Stunde, diese heimische Potentiale mit diesen neuen Technologien entsprechend zu nutzen. Der Holzsektor in Österreich ist schon angesprochen worden. In der Holzwirtschaft sichern wir allein durch die Wert­schöpfungskette Holz 250 000 Arbeitsplätze, dezentral. Durch den verstärkten Einsatz von Biomasse tun wir das, beispielsweise nicht mehr durch den Abfluss von der Säge zur Papierindustrie, weil wir das thermisch und energetisch verwerten können. Wir


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müssen auch logistisch über Strategien nachdenken, damit der Wirtschaftsstandort der Papier- und Plattenindustrie nicht gefährdet wird. So gut sind wir bereits im Bereich der Energieerzeugung aus Biomasse unterwegs.

Daher, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ein klares Bekenntnis: Nein zur Atomenergie! Ja zum verstärkten Ausbau der Wasserkraft! Ja zum verstärkten Ausbau der Biomasse, der erneuerbaren Energieträger, denn sie – Wasserkraft und Bio­masse – sind das Trumpfass einer künftigen Energieversorgung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.47


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bayr. Auch sie spricht 5 Minuten zu uns. – Bitte.

 


10.47.59

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Die Atompolitik der Bundesregierung – Anti-Atom-Politik zu sagen, das wäre, glaube ich, zu viel – und ganz im Speziellen jene der ÖVP ist ein Trauerspiel in vier Akten.

Erster Akt: Stellen Sie sich ein dickes Gestrüpp, ein Gebüsch voller Versprechen vor (Abg. Großruck: Karibische Palmen sind das!), die Kanzler Schüssel auch hier im Parlament gemacht hat und die allesamt gebrochen wurden! Ganz egal, ob es um die Einklagbarkeit der Nachrüstung von Temelín beim EuGH gegangen ist, egal, ob es darum gegangen ist, dass er gesagt hat, bevor der kommerzielle Betrieb in Temelín beginnt, gibt es natürlich eine Nachrüstung, oder ganz gleich, ob es geheißen hat, es ist doch logisch, dass Temelín auf einen europäischen Sicherheitsstandard gebracht wird – nichts davon ist der Fall! Alles – „Lüge“ darf ich jetzt nicht sagen –, alles ist jedenfalls nicht so eingetreten, wie es hier versprochen wurde.

Der zweite Akt zeigt ein Europäisches Parlament, in dem ÖVP-Abgeordnete immer und immer wieder, in Summe sieben Mal, nicht so gestimmt haben, wie sich über 80 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher das von ihren politischen Vertre­terinnen und Vertretern wünschen würden. Die ÖVP ist sieben Mal sündig geworden und hat gegen die Revision des EURATOM-Vertrages gestimmt. Sie hat für kosten­günstige Kernspaltungsreaktoren gestimmt, sie hat gegen faire Wettbewerbsregeln für alternative Energien gestimmt.

Dritter Akt: eine leere Bühne. Es gibt keinerlei Initiativen dieser Präsidentschaft, um die 7. EU-Rahmenrichtlinie für Forschung in eine Richtung zu bringen (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das täte wieder Geld kosten! Dann kritisieren Sie die Werbekampagne! Wie man es tut, ist es falsch!), die nicht den EURATOM-Vertrag, so wie er daliegt, weiter befördert und wo dann mit unserem Steuergeld Forschung für weitere Atom­kraftwerke betrieben wird, so wie wir sie nicht wollen, wie es angeblich alle in diesem Haus nicht wollen, wie Sie hier sagen, und auch wie sie über 80 Prozent der Österreicher und Österreicherinnen nicht wollen. Das ist die Nicht-Politik, die Sie betreiben!

Vierter Akt: das Finale. Ein großes Fragezeichen, denn mir fehlt jede Initiative, jede Perspektive, jede Idee von Ihnen dazu, wie eigentlich ein europaweiter oder auch ein weltweiter Ausstieg aus der Kernenergie ausschauen sollte. Mir fehlt dazu jede österreichische Initiative von Ihnen. Sie ist wirklich nicht vorhanden, obwohl es zum Beispiel gerade in den Entwicklungsländern einen ganz großen Nachholbedarf in Fragen Energieversorgung gibt. 1,6 Milliarden Menschen auf der Erde leben ohne Strom, 2,4 Milliarden Menschen benutzen Holz, Agroabfälle und Fäkalien, um zu heizen oder zu kochen. Dabei gäbe es gerade für Entwicklungsländer unheimlich viele


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alternative Energien, gute Energien, die mit unserer Förderung auch gut genutzt werden könnten. Ich denke zum Beispiel an die Sonne, die gerade in den meisten armen Ländern sehr konstant scheint und daher auch sehr gut nutzbar wäre – sei es zur Wärme- oder zur Stromgewinnung

Die Sonne – lassen Sie mich das noch anmerken; das mag vielleicht etwas eigenartig klingen – ist eigentlich die demokratische Energiequelle schlechthin. Die Sonne kann mir kein Konzern abdrehen, die Sonne kann kein Konzern kappen, wenn ich einmal meine Rechnung nicht beglichen habe, mit der Sonne kann kein anderes Land von mir irgendeine Politik erpressen, und die Sonne ist demokratischer und egalitärer als andere Energiequellen, weil aus ihr wesentlich weniger Kapital zu schlagen ist. (Abg. Wattaul: Was hat das mit der BAWAG zu tun?)

Die Nutzung der Sonnenenergie, gerade in den Ländern der Dritten Welt, hätte auch wesentlich weniger ökologische und soziale Folgen für diese Länder. Wir wissen, dass es überall dort, wo in armen Ländern Öl gefördert wird, zu sehr vielen sozialen und ökologischen Friktionen kommt. Leider zeigen uns das Beispiele wie Nigeria und Ecuador mittlerweile fast jeden Tag, denn dort gibt es schlimme soziale Konflikte wegen der Ölförderung. Ich denke, es muss endlich an der Zeit sein, aus dieser globalen Pyromanie auszusteigen, die Sucht nach Öl irgendwie zu beenden und auch die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen. Wir haben die Möglichkeit dazu. Wir Sozial­demokratinnen und Sozialdemokraten haben auch dazu eine Vision: die Vision einer AKW-freien Welt.

Ich meine aber, dass wirklich glaubhafte und sinnvolle Impulse zu dieser Vision sicher erst in einer Post-Schüssel-Ära möglich sind. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

10.53


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Walch. Seine Redezeit beträgt 5 Minuten.

 


10.53.07

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Vizekanzler! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! An die Adres­se der Opposition: Ich glaube, dieses Thema ist wirklich zu ernst, als dass man zusätzlich polemisiert und weitere Ängste bei der Bevölkerung schürt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich denke, es gibt niemanden in diesem Haus, der für Atompolitik, für neue Kraftwerke steht. Im Gegenteil: Jeder Abgeordnete setzt wohl alles daran, dass die bestehenden Atomkraftwerke verbessert beziehungsweise stillgelegt werden.

20 Jahre ist die Tschernobyl-Katastrophe her. Wer am Montag ferngesehen hat, ORF 2, konnte einen Rückblick auf die letzten 20 Jahre sehen. Wie schaut es jetzt in Tschernobyl aus? Das ist eine tote Stadt. Was ist dort passiert? 350 000 Menschen wurden aus dieser Stadt evakuiert. Erst Tage danach hat man ihnen gesagt, was wirklich geschehen war. Man hat gesagt, dass sie Tschernobyl nur für drei Tage verlassen müssen und dann wieder zurückkommen kommen.

Jedem, der diese Sendung gesehen hat – das muss ich sagen –, ist es kalt über den Rücken gelaufen. Solch eine Sendung gehört eigentlich allen Politikern in Europa, die für Kernenergie sind, vor Augen geführt, damit sie sehen, welche Katastrophe dort passiert ist, welches Leid es dort gegeben hat.

Wir in Österreich sind – Gott sei Dank! – Vorreiter gegen die Atomkraft. Unter einer SPÖ-Regierung wurde ja das AKW Zwentendorf erbaut. Gott sei Dank ist dieses nach der Volksabstimmung nicht in Betrieb gegangen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 39

Wenn ich als Mühlviertler Abgeordneter nach Tschechien schaue, an das AKW Temelín denke, dann muss ich herbe Kritik speziell an der Regierungsmannschaft, die damals in Österreich an der Regierung war, üben, als in den achtziger Jahren der Baubeginn von Temelín war. Da habe ich nichts gehört, es gab keine Proteste und Fragen: Was macht ihr da? Wieso baut ihr das? Wir sind dagegen. – Da war Schweigen im Walde! Erst als wir in Oberösterreich hergegangen sind und gesagt haben, wir sind gegen dieses Kraftwerk, das dort gebaut wird, erst dann wurde eine Volksbefragung durchgeführt. Fast eine Million Menschen hat unterschrieben.

Wir haben viele Protestaktionen an der Grenze in Wullowitz abgehalten. Ich glaube, bei 100 Demonstrationen war ich sicher dabei. Da war unsere Bundesministerin Ursula Haubner noch Umweltlandesrätin in Oberösterreich. Kollege Anschober von den Grünen ist neben mir an der Grenze in Wullowitz gestanden und hat groß angekündigt: Ich habe so gute Kontakte zu Tschechien und zu den tschechischen Politikern. Wenn ich etwas als Umweltlandesrat zu reden hätte, wäre dieses Kraftwerk schon lange stillgelegt oder die Sicherheitsmaßnahmen durchgeführt worden. (Abg. Jakob Auer: Wo waren die Grünen?)

Jetzt ist Kollege Anschober in Oberösterreich seit über einem Jahr Umweltlandesrat. Plötzlich sind diese Verbindungen abgebrochen, plötzlich hat er keine Freunde mehr in Tschechien – außer, dass er uns oder unseren Regierungskollegen in Wien immer ausrichten lässt: Macht etwas! (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: So ist es!) Wieso tut er nichts? Wieso macht er nichts? Das frage ich mich. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Und was mich am meisten stört – und da auch mein Ersuchen an Umweltminister Pröll –: Bitte, jetzt mit dem EU-Ratsvorsitz hat Österreich die Chance, alles zu unternehmen, um die tschechischen Politiker unter Druck zu setzen, damit die Sicher­heitsmaßnahmen beim AKW Temelín endlich einmal eingehalten werden beziehungs­weise der Melker Prozess verwirklicht wird. Das muss speziell für die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung durchgesetzt werden!

Ich verstehe auch nicht, dass die tschechischen Politiker und die tschechischen Verantwortlichen diese Maßnahmen nicht durchführen, denn sie sind ja die Ersten, die es erwischen würde, wenn eine Katastrophe passieren würde.

Also – an die Adresse der Grünen –: Nicht sudern und nörgeln, sondern handeln, so wie wir es machen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.57


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Rednerin hiezu ist Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. Sie hat 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.57.54

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer! (Die Rednerin stellt zwei grün-umrandete Taferln mit den Worten „Atomkraft“, das rot durchgestrichen ist, und „Energiewende“ vor sich auf das Rednerpult.) Lassen Sie mich mit einer Aufzählung von Orten in Europa beginnen: Grafenrheinfeld, Gundremmingen, Isar, Neckarwestheim, Fessenheim, Beznau, Gösgen, Leibstadt, Mühleberg, das Endlager Benken in der Schweiz, Bohunice, Mochovce, Krško, Dukovany und Paks.

Österreich ist von Kernkraftwerken umgeben, von zum Teil schon sehr veralteten Kernkraftwerken. Und das, was wir von dieser Bundesregierung erleben, ist, dass es keinen Schutz und keine Katastrophenpläne gegen terroristische Angriffe gibt. (Abg. Wattaul: Stimmt ja gar nicht! Sie sind ja gegen die Abfangjäger! Sie waren dagegen!)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 40

Sie sagen, die Grünen haben nie etwas unternommen. – Das stimmt nicht! Was war 1978? Wer hat gegen Zwentendorf protestiert? Sie nicht! Ich habe Sie nie gesehen. Nie – weder in Wien am Karlsplatz noch in Zwentendorf vor dem Atomkraftwerk!

Was war 1986? Die Grünen sind ins Parlament gekommen und haben eine beispiel­lose Kampagne gegen Atomkraftwerke betrieben. Damals war es noch nicht sicher, ob Zwentendorf nicht doch aufgesperrt wird.

Aber: Anstatt jetzt die österreichische Bevölkerung zu schützen, werden weitere 123 Millionen an Steuergeldern in die Atomforschung gesteckt – merke! –: in die Atomforschung! Nicht in die Energiewende, nicht in die erneuerbare Energie, nein: in die Atomforschung. Und das in den nächsten sechs Jahren.

Wer verunsichert hier? (Abg. Wattaul: Sie!) – Sie verunsichern die Menschen, indem Sie nichts unternehmen! Es gibt keine gemeinsamen Katastrophenschutzpläne, und wir wissen, dass alle Katastrophen, die wir schon einmal ins Auge gefasst haben, auch tatsächlich eingetroffen sind.

Jetzt sage ich Ihnen etwas, damit nicht wieder der Vorwurf kommt, wir tun nichts. – Wir haben schon seit längerem Vorschläge gemacht und diese auch in der letzten Zeit unterbreitet, was zu tun wäre, was diese Bundesregierung endlich zu unternehmen hätte, wenn sie etwas unternehmen und nicht schlafen würde. Vier Schritte gibt es, die absolut notwendig sind:

Schritt eins: Die österreichische Bundesregierung setzt das Thema Terrorsicherheit von AKWs auf die politische Agenda des Europäischen Rates im Juni 2006 – nicht eine Anhörung im Parlament; auf die politische Agenda! Dort gehört sie hin! Und das Ziel ist die Erarbeitung einer europäischen Richtlinie zum Thema AKW und Terrorsicherheit per Ratsbeschluss.

Schritt zwei: Der Vorstoß Österreichs bei der UNO und bei der IAEO mit dem Ziel der Aktualisierung der Nuclear Safety Convention mit besonderem Bezug auf die ter­roristische Bedrohung von Nuklearanlagen. – Das alles passiert nicht!

Der dritte Schritt: Die Bildung einer Staatenallianz ist schon erwähnt worden. Es gibt viel mehr Staaten, die gegen die Nutzung der Atomenergie sind – gegen die so genannte friedliche Nutzung, die es ja gar nicht gibt –, als Staaten, die jetzt die Atomenergie nutzen. Warum gibt es nicht schon längst unter der österreichischen Ratspräsidentschaft – wir hätten ja auch die moralische Kraft, das zu veranlassen – eine Staatenallianz? Und es könnten auch jene fünf weiteren Staaten dazu gewonnen werden, die bereits den Ausstieg beschlossen haben, wobei wir hoffen, dass es dabei bleibt, weil die Schwesterpartei der ÖVP in der Bundesrepublik Deutschland den Ausstieg vom Ausstieg berät.

Vierter Schritt: die Erwirkung der Erhöhung der Betreiberhaftungssumme auf das poten­tielle Schadensniveau. – Wir sprechen nie davon, wer eigentlich die Kosten von Tschernobyl getragen hat und noch immer trägt, auch in finanzieller Hinsicht, nicht nur in gesundheitlicher Hinsicht. Die gesundheitlichen Folgen sind mit Geld nicht mehr gutzumachen! Die Kosten sind weitgehend unbekannt, werden totgeschwiegen. Die Haftungssummen sollen auf das Niveau erwartbarer Schäden durch Freisetzungen infolge terroristischer Angriffe erhöht werden; dann schauen wir uns nämlich an, wie viele neue AKWs gebaut werden, wenn diese Kosten in astronomische Höhen wachsen.

Und begleitend dazu eine konsequente Anti-Atompolitik auf allen Ebenen: ein Veto im Forschungsministerrat gegen die geplante massive Aufstockung der EU-Atom­forschungsmittel, eine Initiative für die Reform des EURATOM-Vertrags und gegen die Bestrebungen der Atomindustrie, erneuerbare Energien und Atomkraft unter dem


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 41

Deckmantel des Klimaschutzes auf eine Stufe zu stellen – das ist besonders verwerflich! Die Atomkraft mit den erneuerbaren Energien wegen einer „Low Emission“, die jetzt von Bundeskanzler Schüssel unterzeichnet beziehungsweise unterstützt wor­den ist, ... (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen. – Beifall bei den Grünen.)

11.03


Präsident Dr. Andreas Khol: Also so abrupt war die Glocke nicht gemeint, Frau Kollegin, aber die 5 Minuten waren zu Ende. (Abg. Walch: Die Taferln weg!)

Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Ich bitte die Parlamentsbediensteten, diese Taferln am Rednerpult wegzuräumen. – Danke, Frau Abgeordnete Moser.

11.03.35Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 4110/J bis 4164/J;

Zurückziehung: 4061/J;

Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates: 48/JPR;

Zurückziehung: 47/JPR;

2. Anfragebeantwortungen: 3829/AB bis 3964/AB;

Anfragebeantwortung (Präsident des Nationalrates): 44/ABPR;

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Haftungsübernahme für die Finan­zierung von Eisenbahnmaterial (EUROFIMA-Gesetz) geändert wird (1391 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz geändert wird (1392 d.B.),

Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006 – SRÄG 2006 (1408 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Übertragung der Aufgaben des Bun­despensionsamtes an die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (Bundes­pensionsamtübertragungs-Gesetz – BPAÜG) erlassen wird und das Ausschreibungs­gesetz 1989, das Bundeshaushaltsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundes­pflegegeldgesetz, das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz, das Beamten-Dienst­rechtsgesetz 1979 und das Richterdienstgesetz geändert werden (1409 d.B.),

Deregulierungsgesetz 2006 – DRG 2006 (1410 d.B.),

Energie-Versorgungssicherheitsgesetz 2006 (1411 d.B.),


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 42

Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Basistunnel Aktiengesellschaft“ geändert werden (1412 d.B.),

Bundes-Behindertengleichstellungs-Begleitgesetz (1413 d.B.),

Gesundheitsrechtsänderungsgesetz 2006 – GRÄG 2006 (1414 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehalts­ge­setz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Landeslehrer-Dienstrechts­ge­setz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Wache­bediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965 und das Richterdienstgesetz geändert werden (1417 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung einer Bundesbeschaf­fung Gesellschaft mit beschränkter Haftung geändert wird (1418 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Versorgungssicherungsgesetz 1992 geändert wird (1419 d.B.),

Sachwalterrechts-Änderungsgesetz 2006 – SWRÄG 2006 (1420 d.B.),

Genossenschaftsrechtsänderungsgesetz 2006 – GenRÄG 2006 (1421 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz und das Tierseuchengesetz geändert werden (1422 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Halbleiterschutzgesetz und das Markenschutzgesetz 1970 geändert werden (1423 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1997 geändert wird (1424 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem eine Ermächtigung zur Verfügung über Bundesvermögen erteilt wird (1425 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, das Bundes-Personalvertretungs­gesetz und das Ausschreibungsgesetz 1989 geändert werden (1426 d.B.),

Publizitätsrichtlinie-Gesetz – PuG (1427 d.B.),

Versicherungsrechts-Änderungsgesetz 2006 – VersRÄG 2006 (1428 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz und das Bundesgesetz über den zwischen­staatlichen Luftverkehr 1997 geändert werden (1429 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH (GÖGG) erlassen wird, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds „Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen“ aufgehoben und das Gesund­heitsförderungsgesetz geändert werden (1430 d.B.),

Ingenieurgesetz 2006 – IngG 2006 (1431 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden (1432 d.B.),

Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen, und über die Änderung des Bundesgesetzes zur Errichtung einer Marchfeldschlösser Revitali­sierungs- und Betriebsgesellschaft m.b.H. (1433 d.B.),

Strukturanpassungsgesetz 2006 (1434 d.B.),


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Betrugsbekämpfungsgesetz 2006 (1435 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Immobilien-Investmentfondsgesetz, das Investment­fondsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Pensionskassengesetz und das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz geändert werden (1436 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (1437 d.B.).

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs.4, 80 Abs.1, 100 Abs. 4, 100b Abs.1 und 100c Abs.1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 85 betreffend „Optimierung statt Reduzierung des Öffentlichen Verkehrs­angebots im Oberpinzgau“, überreicht von der Abgeordneten Erika Scharer,

Petition Nr. 86 betreffend „Umwidmung des Gebietes um den Khleslplatz in ein Naher­holungsgebiet (Stadturwald)“, überreicht von der Abgeordneten Christine Marek,

Bürgerinitiative Nr. 31 betreffend „Für den Erhalt der Post im öffentlichen Eigentum“.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuss:

Erklärung über die Zurückziehung des österreichischen Vorbehalts zu Art. 11 der Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau hinsichtlich der Nachtarbeit von Frauen (1438 d.B.);

Finanzausschuss:

Einspruch des Bundesrates vom 21. April 2006 gegen den Beschluss des National­rates vom 2. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Industrieholding Aktien­gesellschaft und der Post und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft (ÖIAG-Gesetz 2000) geändert wird (1440 d.B.);

Gesundheitsausschuss:

Antrag 819/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verpflichtung, Gentechnik-Lebensmittel in gesonderten Regalen anzubieten;

Justizausschuss:

Einspruch des Bundesrates vom 21. April 2006 gegen den Beschluss des National­rates vom 29. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Übernahme­gesetz, das Handelsgesetzbuch, das Börsegesetz, das Umwandlungsgesetz und das Spaltungsgesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über den Ausschluss von Minderheitsgesellschaftern erlassen wird (Übernahmerechts-Änderungsgesetz 2006 – ÜbRÄG 2006) (1441 d.B.);


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Kulturausschuss:

Antrag 818/A(E) der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend vorübergehende, wechselweise Ausstellung der Saliera in Wien und Innsbruck;

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2006/4 (III-210 d.B.);

Umweltausschuss:

Beschlüsse II/14 und III/7 zur Änderung des Übereinkommens über die Umwelt­verträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen (1398 d.B.);

Verkehrsausschuss:

Antrag 817/A(E) der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnung emissionsarmer Fahrzeuge – Erweiterung der Begutach­tungsplakette (§ 57a KFG) um eine Kennzeichnung nach Schadstoffklassen;

Ausschuss für Wissenschaft und Forschung:

Einspruch des Bundesrates vom 21. April 2006 gegen den Beschluss des National­rates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird (1439 d.B.);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Familienausschuss:

Bericht über die Tätigkeit der Bundesstelle für Sektenfragen im Jahr 2004, vorgelegt von der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumenten­schutz (III-218 d.B.);

Finanzausschuss:

Sechster Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß dem Katastrophen­fonds­gesetz 1996 betreffend die Fondsgebarung in den Jahren 2004 und 2005 (III-215 d.B.);

Kulturausschuss:

Kunstbericht 2005 der Bundesregierung (III-217 d.B.);

Ausschuss für Sportangelegenheiten:

19. Sportbericht 2003–2004 (III-216 d.B.);

Wirtschaftsausschuss:

Tätigkeitsbericht des Bundesvergabeamtes über den Zeitraum Jänner bis Dezem­ber 2005, vorgelegt vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit (III-214 d.B.).

C. Verlangen gemäß § 32e Abs. 2 GOG:

Verlangen der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Kolleginnen und Kollegen auf Prüfung der Gebarung des Bundesministeriums für Finanzen, der Oesterreichischen Nationalbank und der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) einschließlich der Tätigkeit


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ihrer Rechtsvorgängerin, der Bundes-Wertpapieraufsicht (BWA), hinsichtlich der Erfüllung ihrer Aufsichtspflicht über die Geschäfte der Bank für Arbeit und Wirtschaft AG (BAWAG) einschließlich ihrer Tochterunternehmen, und zwar insbesondere deren „Karibik-Geschäfte“, Kredite, Haftungen, Garantien, Beteiligungen, Ver- und Rückkäufe von Aktien sowie sonstiger Geschäfte und Geldflüsse zur Verschleierung des tat­sächlichen Vermögenstandes der BAWAG vor allem im Zeitraum des wahrscheinlichen Entstehens der Verluste von etwa 1,4 Mrd. €; dies betrifft im Besonderen die Jahre 1994 bis 2000, wobei auch der Zeitraum 2000 bis heute in die Betrachtung mit einzubeziehen ist, da der amtierende Finanzminister umgehend nach seinem Amtsantritt den Auftrag zur Gründung einer unabhängigen und weisungsfreien Allfinanzmarktaufsichtsbehörde gegeben hat (Eingelangt am 5. April 2006).

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der Klub der sozialdemokratischen Abgeordneten und Bundesräte/Bundesrätinnen hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 4165/J der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Postenschacher bis zur letzten Sekunde dringlich zu be­handeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt werden.

Fristsetzungsanträge

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich weiters mit, dass die Abgeordneten Mag. Molterer und Scheibner beantragt haben, dem Ausschuss für Wissenschaft und Forschung zur Berichterstattung über den Einspruch des Bun­desrates vom 21. April 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird, eine Frist bis 19. Mai 2006 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durch­zuführen.

Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage verlangt wurde, wird diese kurze Debatte im Anschluss an die Behandlung der Dringlichen Anfrage stattfinden.

Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird nach Schluss dieser Debatte erfolgen.

*****

Überdies haben die Abgeordneten Mag. Molterer und Scheibner beantragt, dem Finanz­ausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 21. April 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 2. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechts­verhältnisse der Österreichischen Industrieholding Aktiengesellschaft und der Post und


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Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft geändert wird (ÖIAG-Gesetz 2000), eine Frist bis 19. Mai 2006 zu setzen.

Eine Debatte wurde nicht verlangt. Der gegenständliche Antrag wird daher geschäfts­ordnungsgemäß nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung – also am Ende der Tagesordnung – zur Abstimmung gebracht werden.

*****

Weiters teile ich mit, dass die Abgeordneten Mag. Molterer und Scheibner beantragt haben, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundes­rates vom 21. April 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 29. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Übernahmegesetz, das Handelsgesetz­buch, das Börsegesetz, das Umwandlungsgesetz und das Spaltungsgesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über den Ausschluss von Minderheitsgesellschaftern erlassen wird (Übernahmerechts-Änderungsgesetz 2006), eine Frist bis 19. Mai 2006 zu setzen.

Da auch hier keine Debatte verlangt wurde, wird der gegenständliche Antrag gemäß unserer Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht werden.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 2 und 3, 8 und 9, 10 und 11 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Werden dagegen Einwendungen erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher so vorgehen.

Wir gehen in die nunmehr beschlossene Tagesordnung ein.

Zum Tagesordnungspunkt 1 liegt ein Verlangen von fünf Abgeordneten gemäß § 81 Abs. 1 GOG vor, über die Erklärung der Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik sogleich eine Debatte durchzuführen.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestal­tung und Dauer der Debatte zur gesamten Tagesordnung erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“ inklusive der Debatte über die Erklärung der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten gemäß § 19 Abs. 2 vereinbart, woraus sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 158 Minuten, freiheitlicher Parlamentsklub 108 Minuten, Grüne 117 Minuten.

Weiters wurde folgende Redezeitvereinbarung für die Erklärung und Debatte der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten für die Zeit von zirka 11.15 Uhr bis 12.30 Uhr getroffen: zunächst Einleitung des Präsidenten des Nationalrates mit 5 Minuten, weiters Erklärung der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten mit 15 Minuten und schließlich je eine Wortmeldung pro Fraktion mit 15 Minuten.

Über diese Redeordnung entscheidet das Hohe Haus.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. Wir gehen daher so vor.

11.08.341. Punkt

Erklärung der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema: „50 Jahre Mit­gliedschaft Österreichs beim Europarat“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Im Anschluss an diese Erklärung wird, wie bereits bekannt gegeben, eine Debatte stattfinden.

Erklärung des Präsidenten

 


11.08.57

Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Wir begehen heute den Tag der 50. Wiederkehr des Beitritts Österreichs zum Europarat. Das war ein wichtiger Schritt. Und ich begrüße an dieser Stelle die von uns zu diesem Ereignis eingeladenen ehemaligen Außenminister, Abgeordneten, Generalsekretäre des Europarats, Diplomaten, Beamten – an der Spitze unseren ehemaligen Bundespräsidenten Dr. Kurt Waldheim und den ehemaligen Generalsekretär des Europarates Dr. Walter Schwim­mer. Seien Sie herzlich willkommen im Hohen Haus! (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren! Die Debatte und die Erklärung der Frau Bundesministerin finden heute auf Grund einer Anregung statt, die die Abgeordneten Dr. Michael Spin­del­egger und Dr. h.c. Peter Schieder gemacht haben.

Es ist wichtig zu wissen, dass der Europarat die Wiege der europäischen Integration ist. Alle europäischen Institutionen, von der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft angefangen über die EFTA bis zur Europäischen Union heute, entstammen der Wiege des Europarates.

Der Europarat wurde seinerzeit gegründet als Schutz unserer freiheitlich geordneten, auf der sozialen Marktwirtschaft beruhenden parlamentarischen Demokratie, als Boll­werk gegen Unfreiheit, vor allem vor der Bedrohung des Kommunismus. Der Europarat hat sich zu einem unersetzlichen Schutzwerk für die Menschenrechte entwickelt. Die Menschenrechte sind durch die Tätigkeit des Europarates zum Teil der europäischen, der internationalen öffentlichen Ordnung geworden. Der Schutz der Menschenrechte ist ein Teil, und zwar ein ganz entscheidender Teil, des europäischen Lebensmodells, das wir gegenüber allen anderen auch als das beste zu verteidigen wissen.

Wenige wissen, dass die Europafahne, die hinter mir steht, als Symbol der euro­päischen Einigung die Fahne des Europarates war. Und noch viel weniger wissen, dass die europäische Hymne, die wir immer wieder nach der Bundeshymne singen, eine Hymne ist, die ein österreichischer Generalsekretär des Europarates, Dr. Lujo Toncić-Sorinj, vorgeschlagen hat und die nach Noten von Herbert von Karajan um­gesetzt wurde.

Österreich hat also in diesem Europarat immer ein großes Interesse bekundet, und es waren drei Generalsekretäre, die dem Europarat gedient haben und aus den Reihen dieses unseres Parlaments gekommen sind: Es war Lujo Toncić-Sorinj, es war Franz Karasek, es war Walter Schwimmer. Und wir hatten im höchsten parlamentarischen Gremium Europas, der Parlamentarischen Versammlung, zwei Präsidenten, die unser


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Land ebenso wie die Generalsekretäre mit Würde vertreten haben: Es war dies der unvergessene Karl Czernetz, und es war dies Dr. h.c. Peter Schieder.

Ich möchte all jenen, allen, die auf der Galerie sitzen, den Abgeordneten, die viele Jahre nach Straßburg – zusätzlich zu ihren Aufgaben – gefahren sind, ich möchte allen Botschaftern, allen Diplomaten und allen internationalen Beamten, die dort tätig waren, im Namen des Hohen Hauses herzlich danken! – Europa ist das größte Friedens­projekt unserer Zeit! (Allgemeiner Beifall.)

11.13

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich erteile nunmehr Frau Bundesministerin Dr. Plassnik das Wort. – Bitte.

 


11.13.17

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Herr Bundespräsident Dr. Kurt Waldheim! Herr Präsident des Nationalrates! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Am 16. April 1956 ist Österreich dem Europarat beigetreten. Das war weniger als ein Jahr nach der Unterzeichnung des Staatsvertrages und nur wenige Monate nach dem Beitritt zu den Vereinten Nationen. Es war ganz ausdrücklich ein klares Bekenntnis zur europäischen Wertegemeinschaft.

Außenminister Leopold Figl hat anlässlich der Unterzeichnung der Beitrittsurkunde gesagt – ich zitiere –: Österreich demonstriert durch den Beitritt zum Europarat seine Zugehörigkeit zur demokratischen Staatengemeinschaft.“ – Zitatende.

Zusammen mit den anderen demokratischen Staaten konnte sich Österreich an der Gestaltung Europas als einer Rechts- und Wertegemeinschaft aktiv beteiligen. Der Europarat hat einen enormen Beitrag für Österreich, für unsere Entwicklung insgesamt geleistet, wenn wir etwa daran denken, dass die Europäische Konvention für Men­schenrechte und Grundfreiheiten – nur als ein Beispiel – in den Verfassungsrang gehoben wurde.

Aber auch wir haben für den Europarat wesentliche Beiträge geleistet, nicht nur durch diejenigen, die an der Spitze gestanden sind – sie wurden bereits erwähnt, die drei Generalsekretäre Lujo Toncić-Sorinj, Franz Karasek und Walter Schwimmer, Karl Czernetz und Peter Schieder als Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung sowie Herwig van Staa als Präsident des Kongresses der Gemeinden und Regionen –, sondern auch durch all diejenigen, die in diesem halben Jahrhundert an der Ent­wicklung der europäischen Rechts- und Wertegemeinschaft im Europarat und durch den Europarat teilgenommen haben, die Österreichs Beitrag im Alltag gestaltet haben, also die zahlreichen engagierten Fachleute in allen Tätigkeitsbereichen, die Juristen, Dip­lomaten, Parlamentarier, die oft wenig beachtet von der Öffentlichkeit hervor­ragende Sacharbeit geleistet haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.)

Meine Damen und Herren! Das Menschenrechtsschutzsystem des Europarates ist weltweit einzigartig und beispielgebend. Heute haben etwa 800 Millionen Menschen das Recht, die in der Europäischen Menschenrechtskonvention garantierten Rechte beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte auch einzuklagen. Und seit einem halben Jahrhundert begleitet der Europäische Gerichtshof die gesellschaftliche Ent­wicklung auf unserem Kontinent und interpretiert die bewährten Regeln der Men­schenrechtskonvention. Auch er kann nicht auf alle großen Fragen dieser Gesell­schaften endgültige Antworten geben, aber er bietet immer wieder wertvolle Orien­tierungen, wenn wir etwa an die maßgeblichen Gerichtsfälle der letzten Jahre und an


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die Urteile denken, die unter anderem die Stellung der Religionen und religiöser Symbole in der Öffentlichkeit betroffen haben, auch die Frage der Zulässigkeit von Begrenzungen der Freiheit der Meinungsäußerung, der Information oder der Kunst und ihrer Abwägung gegenüber anderen Rechtsgütern.

Auch die Richtlinie des Europarats zum Schutz der Menschenrechte bei der Ter­rorismusbekämpfung ist ein wesentlicher Teil dieser Arbeit und führt uns die aktuelle politische Relevanz des Europarates eindrücklich vor Augen, wenn wir etwa an die derzeitigen Bemühungen denken, die Vorwürfe betreffend illegale Überflüge zwecks Gefangenentransporte, geheimen Freiheitsentzug und geheime Gefangenenlager zu untersuchen und aufzuklären. Diesen Bemühungen liegt eine gemeinsame euro­päische Haltung zugrunde: Im Kampf gegen den Terrorismus darf es keine rechtsfreien Räume geben. Die Menschenrechte und die humanitären Standards, insbesondere das absolute Folterverbot, sind einzuhalten. Alle diesbezüglichen Anstrengungen des Europarates werden von Österreich voll unterstützt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das heutige Europa wäre ohne den Europarat nicht vorstellbar. Das gilt auch und insbesondere für die Überwindung der Teilung Europas. Seit dem Fall der Berliner Mauer und der Überwindung der Teilung unseres Kontinents hat sich dieses Europa dramatisch geändert. 1993 fand der erste Europaratsgipfel in Wien statt, und er trug mit seiner Bestätigung der Politik der Öffnung und Erweiterung gegenüber den Reform­staaten dazu bei, durch den Aufbau von Demokratie Frieden und Sicherheit für den gesamten Kontinent zu stärken. Damit fiel auch die Entscheidung, die schließlich zu einem Staatenbund von 46 Ländern führte, einschließlich der Russischen Föderation, die demnächst zum ersten Mal den Vorsitz im Ministerkomitee übernehmen wird.

Die Staats- und Regierungschefs einigten sich beim Europaratsgipfel 1993 auf ein erweitertes, ein europäisches Sicherheitskonzept; ich möchte kurz aus der Einleitung der „Wiener Erklärung“ zitieren:

„Das Ende der Teilung Europas bietet uns eine historische Chance, den Frieden und die Stabilität auf diesem Kontinent zu festigen. Alle unsere Länder sind der plura­listischen und parlamentarischen Demokratie, der Unteilbarkeit und Universalität der Menschenrechte, dem Rechtsstaat und einem durch seine Vielfalt bereicherten gemeinsamen kulturellen Erbe verbunden. Dadurch kann Europa ein weiter Raum demokratischer Sicherheit werden.“

Der Europarat hat auch die Heranführung unserer östlichen und südöstlichen Nach­barn an die europäischen Rechtsstandards in vielfacher Hinsicht praktisch unterstützt, durch die Hilfe zum Aufbau demokratischer Institutionen, zur Sicherung der Unab­hängigkeit der Justiz und zur Harmonisierung der Rechtsordnung, und hat damit beigetragen, eine dauerhafte Grundlage zur Stabilität dieser Länder zu schaffen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch die „Venediger Kommission“ erwähnen, die eine führende Rolle bei der Ausarbeitung vieler Verfassungen in den neuen Demo­kratien seit 1990 gespielt hat, kürzlich etwa durch einen wesentlichen Beitrag zur Einigung auf ein Quorum für das Unabhängigkeitsreferendum in Montenegro.

Lassen Sie mich an dieser Stelle ein Wort zur Parlamentarischen Versammlung sagen, denn der Parlamentarischen Versammlung ist es auch ein Recht und eine Zuständig­keit, die Einhaltung der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten zu überwachen. Die Parlamentarische Versammlung ist eines der Herzstücke des Europarates. Zwölf Abgeordnete aus Ihren und aus den Reihen des Bundesrates vertreten Österreich in diesem Gremium. Ich möchte ihnen für den Einsatz und für ihre wichtige Arbeit danken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Die Parlamentarische Versammlung des Europarates war die erste ihrer Art in der Geschichte Europas. Mit Delegationen aus nunmehr 46 nationalen Parlamenten ist sie heute die größte europäische Versammlung. Sie hat auch nach 1989 die Verant­wortung übernommen, die Integration der Länder Osteuropas in den Kreis der europäischen Demokratien zu begleiten. Diese Beteiligung am europäischen Krisen­management und am Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen in Südosteuropa ist auch eine der Kernaufgaben des Europarates insgesamt geworden.

Ein Wort zu den Wahlbeobachtungen. Sie bilden ebenfalls einen der Schwerpunkte der Tätigkeit des Europarates weiterhin. Bislang wurden etwa 120 Wahlbeobach­tungs­missionen durchgeführt, aber sie allein, die Beobachtungen von Wahlen, garantieren selbstverständlich noch keine Demokratie. Es geht darum, die Demokratie im Alltag zu verankern und die in Wahlen errungene Macht den Gesetzen entsprechend zu teilen.

Seit den Anfängen hat der Europarat auch die Demokratie auf Gemeinde- und regiona­ler Ebene besonders gefördert und ihr eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Dabei war die grundlegende Idee, dass durch kommunale Selbstverwaltung den Bedürfnissen der Bürger am ehesten entsprochen wird. Und es ist heute der Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates, der sich dieser Aufgabe besonders widmet. Nicht zu Unrecht wird der Europarat vielfach als das demokratische und soziale Gewissen unseres Kontinents bezeichnet.

Ein Blick auf die Themenbreite und die Fülle der Aktivitäten des Europarates spiegelt die Vielfalt, die Buntheit Europas insgesamt wider. Es befasst sich der Europarat heute nahezu mit allen Aspekten der europäischen Gesellschaft. Lassen Sie mich nur einige erwähnen: neben den Menschenrechten der Gesundheitsbereich, der soziale Zusam­menhalt, Medien, Bildung, Kultur, Sport, Jugend, Umwelt, lokale Demokratie, grenz­überschreitende Zusammenarbeit ebenso wie Flüchtlings- und Migrationsfragen, der Kampf gegen den Menschenhandel, die Gleichstellung von Mann und Frau sowie die Probleme von Roma und Sinti in unseren Gesellschaften. Zunehmend bemüht sich der Europarat auch um den interkulturellen und interreligiösen Dialog.

Ein Blick auf die Rechtsinstrumente des Europarates zeigt, dass wir mit zirka 200 Kon­ventionen und Protokollen eine Reihe von maßgebenden und richtungweisenden Rechtswerken haben: Die Europäische Menschenrechtskonvention wurde erwähnt, aber auch die Europäische Sozialcharta aus dem Jahr 1988, die Konvention zur Ver­hütung von Folter sowie Übereinkommen, welche die aktuellen Bedrohungen der europäischen Gesellschaften aufgreifen, etwa jene zur Bekämpfung des Menschen­handels, der Geldwäsche oder zur Verhinderung von Terrorismus.

Eine Reihe von der breiten Öffentlichkeit vielleicht weniger bekannten Übereinkommen sind und bleiben wegweisend, etwa das Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin mit den Zusatzprotokollen, die ausdrücklich ein Verbot des Klonens von menschlichen Lebewesen enthalten, oder das Übereinkommen über die Computer­kriminalität aus dem Jahr 2001, ein Meilenstein im Kampf gegen die Verbrechen im Bereich der Informationstechnologie.

Die europäische Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten und die Charta der Regional- und Minderheitensprachen sind Pionierleistungen mit weltweiter Signalwirkung. Diese beiden Vertragswerke sind Ausdruck eines steigenden Bewusst­seins in Gesamteuropa, dass Vielfalt eine Bereicherung ist und dass der gute Umgang mit Minderheiten ein wichtiger Zug wahrhaft demokratischer Gesellschaften ist.

Lassen Sie mich abschließend auch zur aktuellen Debatte zur Zukunft des Europarates ein paar Worte sagen:


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Beim dritten Gipfeltreffen des Europarates in Warschau wurden Zielvorgaben for­muliert, nämlich eine Konzentration auf die Kernbereiche Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Die entscheidende Aufgabe für den Europarat ist, sich in der Präsenz anderer internationaler Akteure, die ähnliche, vergleichbare Tätigkeitsbereiche haben, entsprechend weiterzuentwickeln und auch darzustellen. Natürlich denken wir dabei an die Europäische Union und an die OSZE, die auf denselben Wertfun­damenten beruhen wie der Europarat. Mit beiden besteht im Übrigen in der Praxis eine gute Zusammenarbeit, die immer wieder überprüft und angepasst wird, um größt­mögliche Synergien zu erzielen. Der Europarat gleichsam als älterer Bruder hat mit seinen klassischen Instrumenten durchaus Zukunft in der Institutionenarchitektur Europas und damit durchaus Grund zu einem gelassenen Selbstbewusstsein.

Der luxemburgische Premierminister Jean-Claude Juncker hat kürzlich einen Bericht über die Verbesserung der Zusammenarbeit des Europarates mit der Europäischen Union vorgelegt, und wir werden die weitere Entwicklung in diesem Sinne gestalten.

Aus einigen Jahren persönlicher Erfahrung in Straßburg bin ich überzeugt, dass der Europarat in der Alltagspraxis auf drei Kraftquellen zurückgreifen kann: das Men­schenrechtssystem, das gebündelte Fachwissen der nationalen Experten und auf die Parlamentarische Versammlung, deren Einzigartigkeit eben in der Tatsache gegeben ist, dass ihre Mitglieder gleichzeitig auch den nationalen Parlamenten angehören und daher eine Art Transmissionsriemen der besonderen Art zwischen der europäischen Ebene und der nationalen Ebene darstellen.

Der Europarat wird also weiterhin als Hüter der demokratischen Sicherheit, die sich auf Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit stützt, wirken. Wir zweifeln nicht daran, dass er sich auch angesichts der neuen Herausforderungen als lebendige und lernende Organisation bewähren wird und seiner Aufgabe auch tatsächlich gerecht werden kann. Als Österreich werden wir dazu auch in Zukunft unseren Beitrag leisten. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

11.27


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.27.36

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Sehr geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Geschätzte besondere Gäste heute bei unserer Debatte! Ich möchte als derzeitiger Dele­gationsleiter Österreichs in der Parlamentarischen Versammlung fünf kurze Bemerkun­gen zu dieser Debatte heute im Hohen Haus machen.

Das Erste ist: Diese 50 Jahre Mitgliedschaft Österreichs im Europarat haben Spuren hinterlassen. Heute wurden schon Personen genannt: der ehemalige Generalsekretär Schwimmer, der heute auch hier anwesend ist, oder die zwei Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung – Peter Schieder sitzt hier in der ersten Reihe –; diese haben natürlich den Europarat auch mit geprägt. Darüber hinaus haben auch viele Mitglieder der österreichischen Delegation, egal ob als Ausschussvorsitzende, als Fraktionsführer oder als Berichterstatter, ihr Herzblut in den Europarat gelegt. Ich glaube, das ist auch ein positives Zeichen, das uns heute zurückgegeben wird: Wir haben zumindest in dieser Osterwoche bei der Parlamentarischen Versammlung von den anderen gehört, dass Österreichs Engagement nicht nur geschätzt wird, sondern auch diese Spuren im Europarat hinterlassen hat. Darauf sollten wir alle als


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Österreicher auch stolz sein! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Frei­heitlichen und der SPÖ.)

Zum Zweiten, geschätzte Damen und Herren: Wir als Parlamentarier sind vier Wochen im Jahr in Straßburg; die professionellen österreichischen Vertreter sind die ganze Zeit dort. Wir haben dort hervorragende Leute. Ehemalige Botschafter ebenso wie der heutige Botschafter Dr. Wendelin Ettmayer sind heute bei dieser Debatte anwesend. Ich möchte auch besonders würdigen, dass die Zusammenarbeit zwischen der Vertretung Österreichs dort und der Parlamentarierdelegation eine ganz hervorragende ist, über Jahre hinweg gewesen ist und auch jetzt ganz besonders intensiv gepflogen wird. Diese Kooperation ist offen, die Information steht uns jederzeit zur Verfügung, die Betreuung ist hervorragend. Darum, Herr Botschafter, dir und deinem Team auch einen besonderen Dank dafür! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der SPÖ.)

Zum Dritten, meine Damen und Herren: Die österreichische Delegation heute besteht aus zwölf Mitgliedern beziehungsweise Ersatzmitgliedern. Jeweils fünf werden von der ÖVP und von der SPÖ gestellt, je ein Mitglied kommt aus dem freiheitlichen und aus dem grünen Klub. Natürlich haben wir dort auch eine Arbeit in Fraktionen, wie in jedem Parlament, zu tun, und natürlich gibt es da auch Auffassungsunterschiede, aber ich möchte doch hervorstreichen, dass über alle Parteigrenzen hinweg ein sehr guter Geist herrscht, nämlich sich im Sinne des Inhalts für die verschiedenen Themen, die dort behandelt werden, zu engagieren und auch in einer gemeinsamen österreichischen Delegationssitzung, die wir einmal in dieser parlamentarischen Woche abhalten, das für Österreich Wichtige in den Vordergrund zu stellen.

Daher darf ich das wirklich anerkennend allen Mitgliedern und Ersatzmitgliedern, die heute in der parlamentarischen Delegation tätig sind, auch von dieser Stelle aus sagen: Das ist eine sehr gute Art der Zusammenarbeit! Da geht etwas inhaltlich weiter! Und ich danke allen, die sich dafür engagieren, insbesondere auch Peter Schieder, der trotz seiner langen Erfahrung als Präsident, als Fraktionsführer und auch früher als Delegationsleiter die Kooperation im Vordergrund sieht. Vielen herzlichen Dank dafür! (Allgemeiner Beifall.)

Viertens, meine Damen und Herren, zum Inhalt: Der Inhalt, mit dem wir uns dort beschäftigen, ist nicht immer angenehm; er ist vor allem für diejenigen, die betroffen sind, nicht angenehm. Aber es ist eine wesentliche Aufgabe der Parlamentarischen Versammlung, die Finger in die Wunden zu legen und genau darauf hinzuweisen, dass das Engagement für Menschenrechte, das Engagement für Rechtsstaatlichkeit, der Aufbau von Demokratien in manchen Ländern sehr notwendig und sehr intensiv zu betreiben ist. Erinnern wir uns etwa an all die Fragen rund um den Tsche­tschenien­krieg: Da haben wir auch in der Parlamentarischen Versammlung der russischen Delegation einiges mitgegeben – nicht immer zu deren großer Freude, aber ich halte es für notwendig, dass wir uns in dieser Richtung engagieren.

Zum Fünften, meine Damen und Herren, was die Perspektiven anlangt: Ich denke, wenn wir uns heute den Europarat mit seinen 46 Mitgliedern und die Europäische Union mit 25 vorstellen, zeigt sich schon: Da gibt es ein großes Feld der Bearbeitung! Daher halte ich es für wichtig, dass wir den Europarat haben, damit in der größeren Einheit ein Diskussionsforum vorhanden ist, eines, in dem genau auf diese inhaltlichen Punkte Wert gelegt wird. Ich glaube daher, wir brauchen eine politische Bühne für das größere Europa, wir brauchen auch ein nachdrückliches und intensives Engagement für die Menschenrechte, wir brauchen auch in Zukunft einen Europarat! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der SPÖ.)

11.32



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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. h.c. Schie­der. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.32.35

Abgeordneter Dr. h.c. Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sehr verehrte Gäste! Der Präsident hat schon die Fahne erwähnt. Für manche ist es ja etwas verwirrend: Europarat, Europäisches Parlament, Parlamen­tarische Versammlung, Europäische Union – dieselbe Fahne, dieselbe Hymne, der eine ganz in Straßburg, der andere teilweise in Straßburg. Und es gibt manche – natürlich nicht hier –, die schon allein wegen der Verwechslungsgefahr am liebsten den Europarat abschaffen würden.

Die EU verwendet sich selbst gerne als Synonym für Europa. Die Europäische Union ist sicherlich die treibende Kraft auf diesem Kontinent und für diesen Kontinent. Sie umfasst mehr als die Hälfte Europas, aber sie ist nicht das ganze Europa. Das ganze Europa – mit Ausnahme eines Staates –, also mit Russland, mit der Ukraine, Moldawien, dem Westbalkan, der Türkei und den kaukasischen Republiken Armenien, Aserbaidschan und Georgien – das ganze Europa, das ist der Europarat. Und oft denke ich mir: Wie taktisch unklug ist es doch, vor allem von Seiten der EU-Länder, dass der Europarat nicht stärker betont und gestärkt wird, denn je mehr die Mit­gliedschaft im Europarat bedeutet, je wertvoller er selbst und damit diese ist, je geringer auch in der Psychologie der Staaten der Abstand zwischen Europarat und Europäischer Union ist, desto stärker sind alle schon in Europa und können darauf aufbauen, und desto geringer wird der psychologische Druck, jahrelang – und vielleicht erfolglos – darauf zu warten, dass man in Europa durch die EU-Mitgliedschaft ist!

Ich glaube, da gibt es auch das aktuelle Beispiel für die aus institutioneller Egozentrik der EU ungenützte Chance Europarat, nämlich die derzeitige Konstruktion der euro­päischen Nachbarschaftspolitik im politischen Bereich – nicht im wirtschaftlich-finanziellen, dort ist sie sehr gut organisiert, aber im politischen Bereich wird auch der Europarat nicht genützt.

Wir diskutieren heute sehr viel über die soziale Dimension der Europäischen Union. Der Europarat hat auf diesem Gebiet schon vor langer Zeit Bahnbrechendes geschaf­fen: Er hat, unter dem Ausschussvorsitz des österreichischen Abgeordneten Peter Strasser in der Parlamentarischen Versammlung, die einzigartige Sozialcharta ge­schaf­fen. Ja, es haben sehr viele, nicht nur die Generalsekretäre und die Präsidenten, sondern es haben sehr viele Abgeordnete dieses Hauses in den verschiedensten Funktionen, aus allen Fraktionen, sehr aktiv im Europarat mitgewirkt. Viele waren bedeutende Ausschussvorsitzende – um nur zwei Beispiele, von beiden Seiten, zu nennen: der ehemalige Staatssekretär und Botschafter Steiner im Politischen Aus­schuss und der damalige einfache Abgeordnete Dr. Alfred Gusenbauer. Wir hatten wichtige Berichterstatter. Wir hatten aktive Mitglieder auch in der Gemeindekonferenz, auch in den Kommissionen, auch unter den Richtern, auf Beamtenebene, und Präsident Khol war ja selbst einmal ein Beamter des Europarates und hat in Straßburg wertvolle Arbeit geleistet.

Österreich hat, glaube ich, den Europarat für seinen Ruf, seine Kontakte und seine internationale Arbeit vor dem EU-Beitritt und auch jetzt in der EU vernünftig genützt. Und wir sind als Österreich auch dem Europarat zu Dank verpflichtet: für die Ideen, die wir aufgenommen haben, für die Konventionen, die auch uns weitergeholfen haben, aber auch für die Kritik, ja ich möchte sogar sagen, für die Verurteilungen, die wir vor dem Europäischen Gerichtshof erlitten haben, denn das alles hat die österreichische Praxis und die österreichische Gesetzgebung positiv beeinflusst. Und ich selbst möchte bei diesem Anlass auch ein Dankeschön sagen an alle, die mitgeholfen haben,


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dass ich einmal Präsident sein konnte, und die mich dabei auch so sehr unterstützt haben!

Das Wesentliche des Europarates ist, dass er fortgeschrittener Parlamentarismus ist. Die Parlamentarische Versammlung – und viele wissen das nicht – hat institutionell mehr Rechte, als zum Beispiel das Europäische Parlament jetzt hat. Der General­sekretär, die Stellvertreter, die Richter, die Mitglieder der Antifolterkommission, sie alle werden gewählt von den Abgeordneten! Das ist ein Modell für Europa, und das ist auch ein Modell für Parlamentarismus in der Europäischen Union. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Oder: Die Menschenrechtskonvention, die große Bedeutung der Menschenrechte – das ist eine Herausforderung, die wir auch weiterhin erfüllen müssen! Die Menschen­rechtskonvention, der Europäische Gerichtshof in Straßburg müssen weiter tatkräftig unterstützt werden, dürfen nicht finanziell ausgehöhlt werden, und die EU als Ganzes sollte beitreten. Und hier hat auch Österreich eine ganz spezifische Aufgabe jetzt als Vorsitzland in der EU, nämlich darauf zu achten, dass die Menschenrechtsagentur der Union hier in Wien sich nicht zu einer Konkurrenz für die Einrichtungen des Euro­parates entwickelt, denn die Einrichtungen des Europarates, die Möglichkeit, dass jeder Bürger auch seinen Staat verklagt, wenn er seine Grundrechte gefährdet sieht, sind ein europäisches Gut, sind ein europäischer Fortschritt, der nicht hoch genug eingeschätzt werden kann!

Wir diskutieren heute, wir erinnern uns heute der Vergangenheit der Jahre im Euro­parat, wir haben aus diesem Anlass aber auch festzustellen: Der Europarat hat auch eine Zukunft! (Allgemeiner Beifall.)

11.39


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. Auch er spricht 5 Minuten. – Bitte.

 


11.39.33

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Kollege Schieder! Es ist richtig, der Europarat hat – oder: Hoffen wir, dass der Europarat eine Zukunft hat! Er ist eine wichtige Institution. Ich selbst hatte auch das Vergnügen und die Ehre, vier Jahre lang unter dem Delegationsleiter Schieder zu dienen. (Abg. Großruck: Öh! „Gedient“?)

Es wurde auch schon gesagt: Das war wirklich parteiübergreifend. Dort hatte man das Gefühl – ich gehe davon aus, dass es auch jetzt noch so ist –, dass dort Vertreter Österreichs und nicht Vertreter von politischen Parteien tätig sind. Kollege Schieder hat Vertreter von ÖVP und SPÖ genannt, es waren auch Vertreter der Grünen dabei, etwa Kollegin Stoisits, die sehr aktiv mitgearbeitet hat. Es waren auch Vertreter der Frei­heitlichen dabei – ich sehe Holger Bauer auf der Galerie, aber auch Susanne Riess-Passer war dabei –, die sehr intensiv an der Erreichung der Ziele Österreichs im Europarat mitgearbeitet haben.

Aber: Wo viel Licht – über das Licht ist schon gesprochen worden, gerade auch über die Bedeutung des Europarates im Zusammenhang mit den Menschenrechten –, dort ist auch Schatten. In diesem Fall Gott sei Dank nicht sehr viel Schatten. Aber zum Beispiel die „parteipolitische Ausrichtung“ – zwischen Anführungszeichen –, die wir in der österreichischen Delegation vermieden haben, ist doch ein Problembereich, den ich immer wieder kritisiert habe, dass gerade die Wahlen und Abstimmungen, die Peter Schieder als Beispiel für Parlamentarismus auf europäischer Ebene genannt hat, doch oft auch oder in erster Linie unter fraktionsspezifischen Vorzeichen stattfinden. Es gibt


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Verhandlungen, Absprachen, und manchmal hat man den Eindruck, dass der eine oder andere deshalb keine Chance hat, weil er gerade der falschen Fraktion angehört.

Man sollte versuchen, diesen Einfluss der Parteien, der Fraktionen ein bisschen zurückzuschrauben und der Vertretung der Länder, wie das Österreich immer wieder versucht hat, mehr Gewicht zu geben.

Ich war Mitte der neunziger Jahre Mitglied des Europarates in einer sehr, sehr span­nenden Phase. Damals hatte der Europarat, wie ich glaube, eine seiner zentralen Funktionen inne, nämlich die Länder des ehemaligen Ostblocks, die ehemaligen kommunistischen Diktaturen an Europa, an das demokratische Europa heranzuführen. Es gab sehr, sehr gute, sehr, sehr intensive Diskussionen, auch Auflagen, Monitoring­prozesse, die sicherlich einiges bewirkt haben.

Es wurde im Europarat aber auch ein bisschen mit zweierlei Maß gemessen. Kollege Spindelegger hat angesprochen, dass man Russland im Tschetschenienkrieg einiges mitgegeben hat. Ich meine, dass die Reaktion des Europarates lau war, denn wenn ein Mitglied des Europarates einen Angriffskrieg führt, dann widerspricht das natürlich den Grundsätzen des Europarates. Man hat sich damals mit einer Suspendierung der Mitgliedschaft für wenige Monate beholfen. Auf der anderen Seite hat man bei anderen Ländern, wie etwa bei Kroatien, schon beim Aufnahmeprozess sehr, sehr strenge Richtlinien angelegt, und es hat dann lange gedauert, bis wir – wir haben diesen Aufnahmeprozess ja auch unterstützt – es geschafft haben, dieses wichtige Signal auch für die Balkanländer zu setzen, dass man Kroatien in den Europarat aufnehmen kann.

Wie sieht es mit der Zukunft des Europarates aus? – Es wird immer wieder darüber diskutiert, worin die Funktion des Europarates liegt. Es zeigt sich ja auch, dass die Europäische Union und das Europäische Parlament immer mehr Aufgaben des Euro­parates übernehmen möchten und auch übernehmen. Wir haben die europäische Verfassung diskutiert, leider nicht zu einem Abschluss gebracht, aber in diesem Zusammenhang ist ja mit dem Grundrechtekatalog auch schon ein weiterer Schritt gesetzt, um die Aufgaben, die Funktionen des Europarates in das Europäische Parlament, in die Europäische Union überzuführen. – Diese Diskussion muss man führen.

Allein der Umstand, dass wir immer wieder erklären müssen, was dieser Europarat ist, zeigt ja, dass das Europäische Parlament und die Europäische Union in der Öffent­lichkeitsarbeit weit mehr tun und weit präsenter sind, als es der Europarat in den letzten Jahren war.

Ich meine, dass es für eine Institution wie den Europarat und auch für die Parla­mentarische Versammlung sehr wohl eine Zukunftsperspektive gibt. Der Europarat hat 46 Mitglieder; fast alle europäischen Staaten sind in diese Gemeinschaft integriert. Auf der anderen Seite diskutieren wir immer wieder auch die Grenzen der Erweiterung der Europäischen Union, wo wir festhalten, dass es viele Länder gibt, die nicht Mitglied werden können oder auch nicht werden wollen. (Präsident Dr. Khol gibt das Glocken­zeichen.)

Abschließend: Ich meine daher, dass der Europarat eines dieser Gremien sein sollte, für diese „Partnerschaft für Europa“, wo Länder außerhalb der Europäischen Union in die europäische Familie integriert werden können und wo man auch vertiefende Pro­zesse nicht nur im Bereich der Menschenrechte, sondern vielleicht auch im Bereich von Umwelt- und Wirtschaftsstandards schaffen könnte, genau für diese Länder. Also keine Vorstufe, kein Wartezimmer der Europäischen Union, sondern eine notwendige,


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eine wichtige Ergänzung für diesen gemeinsamen Kontinent. (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.45


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


11.45.36

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobro jutro, poštovane dame i gos­podo! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Gäste auf der Galerie! Ich bin in den letzten Jahren viel in der Welt, wenn Sie so wollen, herumgekommen, aber ich kenne keinen anderen Platz, der so vielfältig wäre wie der Europarat in Straßburg.

Ich würde jedem unserer nationalen Parlamentarier wünschen, einmal in die Cafeteria des Europarates zu gehen, dort gibt es nämlich eine Parlamentarier-Cafeteria. Dort bekommt man sozusagen physisch das Gefühl dafür, was Europa bedeutet, nämlich nicht Deutsch, Englisch, Französisch und vielleicht noch ein bisschen Spanisch, sondern dort herrscht ein Sprachengemisch und ein Klang, der für mich sehr wohl­tuend ist, weil meine Muttersprache auch eine der kleineren Sprachen Europas ist. Im Europarat verschmilzt dies alles: 46 Staaten, die dort vertreten sind – es sind wahrscheinlich nicht 46 Sprachen –, und rund 40 Sprachen werden es insgesamt schon sein.

Auf eine der Funktionen, die der Europarat hat und die in Österreich auch viel zu wenig in der öffentlichen Wahrnehmung präsent ist, hat die Frau Bundesministerin schon hingewiesen. – Ich bedauere sehr, dass unsere heutige Debatte nicht im Fernsehen übertragen wird, Herr Präsident; viele Debatten des Nationalrates werden im Fern­sehen übertragen, aber genau das, mit dem wir einigen 10 000 Leuten sagen könnten: Es gibt die Europäische Union und das Europäische Parlament, aber es gibt auch den Europarat, in dem Österreich seit 50 Jahren vertreten ist!, das und all das, was die Kolleginnen und Kollegen vorher schon gesagt haben, wird nicht übertragen, obwohl das die Leute öfter hören müssten. Dies wäre eine Gelegenheit gewesen, das auch an die Menschen zu bringen – aber es ist nicht so. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Jetzt muss ich das wieder jenen erzählen, die all das schon sehr gut wissen, aber sie sind sozusagen die Multiplikatoren, und mich an die Kolleginnen und Kollegen hier wenden.

Der Europarat ist jene Institution in Europa, die sich am intensivsten um Minderheiten kümmert; um Minderheiten in vielerlei Beziehung: um ethnische Minderheiten, um religiöse Minderheiten, um soziale Minderheiten, um Minderheiten in Bezug auf die sexuelle Orientierung. In all diesen Feldern wird Aktivität entwickelt, nicht nur durch die Parlamentarische Versammlung, die meiner Ansicht nach international unterschätzte und nicht bekannte wertvolle Arbeit leistet – ich möchte jetzt nicht die Konventionen erwähnen –, sondern auch in den Berichten, in den Fact-Finding-Missions, die statt­finden. Im Rahmen dieser Arbeit kommen Dinge zutage, die in nationalen Parla­menten sozusagen nicht angerührt werden.

Ich selbst habe mich – Herbert Scheibner hat ja schon gesagt, dass ich die vom Nationalrat gewählte Vertreterin der Grünen in der Delegation bin – in den letzten Jahren mit zwei Themen beschäftigt, die auf Zustimmung gestoßen sind. Ein Thema war „internal displacement“, das heißt intern vertriebene Menschen in Europa. Das sind nämlich welt- und auch europaweit die Hauptzahl der Flüchtlinge, Flüchtlinge, die nicht einmal über die nationalen Grenzen flüchten können, sondern innerhalb der nationalen Grenzen bleiben. Denken Sie dabei – Michael Spindelegger hat darauf hingewiesen –


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an den immer noch aktuellen Bürgerkriegsherd in Europa, in einem Mitgliedstaat, nämlich an Russland und jene Teile, wo Dinge passieren, die sich niemand von uns vorstellen kann, wenn er nicht selbst dort gewesen ist. Flüchtlingslager in Inguschetien, in Nordossetien, wo Menschen aus Tschetschenien Schutz vor Verfolgung suchen – alles innerhalb Russlands, innerhalb des eigenen Landes!

Damit beschäftigt sich in Europa nur der Europarat, damit beschäftigt sich natürlich nicht die Europäische Union – die Europäische Union hat 25 Mitgliedstaaten und der Europarat 46 Mitgliedstaaten. Nur ein Land Europas ist nicht Mitglied des Euro­parates – exklusive des Vatikans, der eine Sonderstellung hat –, und dieses eine Land ist Weißrussland. Sie alle wissen sicher genau, warum Weißrussland nicht Mitglied des Europarates ist: Weil Weißrussland eine Diktatur und kein demokratisches System hat.

Ich möchte Ihnen allen noch auf den Weg mitgeben, was es praktisch heißt, in der praktischen Auswirkung vor allem der letzten 15 Jahre, dass die europäischen Länder Mitglieder des Europarates geworden sind: Eine Bedingung und Voraussetzung für die Mitgliedschaft im Europarat ist die Abschaffung der Todesstrafe beziehungsweise die Aussetzung der Todesstrafe bei Aufnahme und dann die endgültige Abschaffung.

Wir hätten in Europa Länder, in denen es die Todesstrafe gibt, wären sie nicht Mitglied­staaten des Europarates. Denn ohne Sistierung, Aussetzung, oder Abschaffung gibt es keine Aufnahme. Das, meine Damen und Herren, unterscheidet Europa von anderen Kontinenten: Der Konsens und die Ächtung der Todesstrafe auf dem gesamten Kontinent! Und darauf bin ich als österreichische Parlamentarierin, vor allem aber als Mitglied der Parlamentarischen Versammlung stolz.

Darum bitte ich die Frau Ministerin, die Arbeit des Europarates zu unterstützen, nicht nur verbal, sondern auch dort, wo es dem Europarat an Ressourcen mangelt. Der Zugang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, das heißt der Zugang zum Recht für Menschen, die es dort suchen, ist in Wirklichkeit völlig blockiert, weil die Verfahren so lange dauern, weil es, wenn man dort Recht sucht, dort um Recht bittet, immer bis ins nächste Jahrzehnt dauert. Das deshalb, weil Effizienzsteigerung daran scheitert, dass dort eine Struktur herrscht, die nicht die nötigen Mittel aufbringt. Warum muss es im Europäischen Gerichtshof nur einen Richter pro Staat geben? Es könnte auch ein System geben, das kostenintensiver ist.

Ich bitte Sie, Frau Ministerin, das im Auge zu haben, sodass es nicht beim Schönreden bleibt, sondern auch konkrete Handlungen gesetzt werden, denn das schützt Minder­heiten, weniger privilegierte Gruppen, an den Rand gedrängte Gruppen am aller­meisten. Und in diesem Zusammenhang hat Österreich als Land, das reich ist, in dem es sehr vielen Menschen noch sehr gut geht, sehr große Verantwortung – und wir repräsentieren diese Verantwortung.

Alles Gute zum 50. Geburtstag des Beitritts zum Europarat. (Allgemeiner Beifall.)

11.52


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

 


11.52.34

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren, die Sie uns heute als Gäste oder Besucher Ihr Augenmerk schenken – danke schön!

Hohes Haus! Das vergangene Jahrhundert hat in Europa zwei Bilder hinterlassen: der erste Teil schlimme Kriegszustände, der zweite Teil ein Aufbauprozess, der herzeigbar ist. Aber gerade der erste Teil war es, der verantwortungsbewusste Persönlichkeiten


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Europas dazu veranlasst hat, etwas zu tun, damit in Zukunft den Menschen vor allem auch in Europa kriegerische Prozesse nach Tunlichkeit erspart bleiben.

Das war sicherlich einer der Gründungsgedanken am 3. August 1949, als mit dem „Londoner Zehnmächtepakt“ das erste Übereinkommen geschlossen wurde. Es gab klare Ziele: Friedenssicherung, wie schon gesagt, eine europäische Wertegemein­schaft zu erhalten und die kulturelle Vielfalt Europas auch nachhaltig zu sichern.

Österreich trat im Jahre 1956 dem Europarat bei. Und ich denke, wir sollten, weil heute hier schon viele Persönlichkeiten genannt wurden, auch darüber reden: Es war der damalige Außenminister und, wie ich meine, große Staatsmann Leopold Figl, der die Beitrittsurkunde unterschrieben und uns damit den Zutritt zu dieser Staatengemein­schaft ermöglicht hat.

Heute wurde auch davon gesprochen, wovon ein Mitglied der Parlamentarischen Versammlung beeindruckt ist. Auch meine Beobachtung war in den Jahren, in denen ich dem Europarat angehören durfte, in denen Peter Schieder, aber auch Dr. Walter Schwimmer in für mich beeindruckender Weise dort gearbeitet haben, vor allem wenn es darum ging, soziale Standards umzusetzen, in den „neuen“ Ländern die Demo­kratien zu vertiefen, dass sie auch dazu beigetragen haben, dass der Schutz der Minderheiten nicht nur ein Thema, ein politisches Wort ist, sondern auch wirklich gelebt wird. Beim ersten EU-Gipfel 1998, der hier in Wien stattgefunden hat, waren das auch Themen, über die berichtet wurde.

Ich meine, der Europarat spielt nach wie vor eine sehr bedeutende Rolle – vieles ist schon gesagt worden. Ich persönlich glaube, dass ein kleines Land wie Österreich auch dann erfolgreich dort mitwirken kann, wenn nicht nur österreichische Persön­lichkeiten vor Ort arbeiten, sondern Österreich dort auch ordentlich repräsentiert ist. Ich freue mich, dass unser Botschafter, der uns dort immer wirklich gut betreut und berät, hier ist. – Danke schön.

Der Europarat spielt natürlich auch in Zukunft eine wichtige Rolle im Demo­kratie­prozess, wenn es darum geht, Wahlbeobachtungen vorzunehmen – man möchte nicht glauben, welche Berichte da zurückkommen –, wenn es darum geht, im Kampf gegen die Missachtung der Grund- und Menschenrechte etwas zu erledigen; ich glaube, dass hier die nationale Grundrechtsordnung ein Vorbild ist.

Aus meiner Sicht ist auch der Kongress der Gemeinden und Regionen Europas sehr wichtig, er hat große Bedeutung gerade im Zusammenhang mit der Umsetzung der demokratischen Prozesse. Wahlen allein, meine Damen und Herren, bedeuten noch lange nicht Demokratie. Sie ist nur dann gegeben, wenn sie gelebt wird, wenn auch die Wertegemeinschaft entspricht und wenn die Beteiligung des Volkes grundsätzlich ermöglicht ist.

In letzter Zeit gibt es neue Themen wie Terrorismus, Korruption und Menschenhandel. Auch da bin ich, wenn ich in den Ausschüssen mitarbeite, oft betroffen, nämlich was man diesbezüglich an Berichten zu hören bekommt. Meine Mitarbeit erfolgt vor allem in den Bereichen Soziales, Migration, Ökologie und regionale Entwicklung.

Ich freue mich, dass ich die Arbeit von Edeltraud Gatterer fortsetzen konnte, bei der es darum ging, die Euthanasiedebatte auf den Punkt zu bringen und das zurückzuweisen, abzulehnen, eine neue Gedankenentwicklung zu diskutieren. Wir haben das vor einigen Tagen auch in diesem unserem Parlament erfolgreich erledigt.

Im Ausschuss für regionale Entwicklung geht es vor allem darum, den Kultur-, Er­holungs- und Beschäftigungsraum als solchen zu erhalten, den Schutz der Meere zu diskutieren und vieles mehr.


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Was mich bei diesem Zusammensein mit 315 Abgeordneten beeindruckt, ist die Wertschätzung, die man unserem Land und auch unserer Regierung entgegenbringt. Meine Damen und Herren! Ich sage das hier sehr bewusst, weil ich in meinem eigenen Land, weil ich auch hier in diesem Parlament diese Wertschätzung, die wir uns wirklich verdienen, oft nicht erlebe. Ich meine, dass das ein Beispiel ist, an dem wir uns orientieren sollten.

Für viele Regionen in der Welt dient der Europarat als Vorbild. Ich bin auch der Meinung, dass seine Bedeutung und Wirkung besser hinausgetragen, verbessert wer­den müssen. Ich denke aber, dass der Erfolg Europas nicht nur auf wirtschaftlichen Überlegungen aufgebaut ist, sondern auch auf dem Schutz des Einzelnen, auf sozialer Gerechtigkeit; Prinzipien, die im Europarat verankert sind.

Diese Organisation ist die einzige Einrichtung, in der wir alle als gleichberechtigte Partner zusammenleben und -arbeiten, weshalb sie für die Bürgerinnen und Bürger dieses Kontinents von großer Bedeutung ist, von großer Bedeutung vor allem auch, um Frieden, soziale Standards und Wohlstand, Beschäftigung und vieles mehr, was für die Menschen wichtig ist, auch in Zukunft zu sichern. (Allgemeiner Beifall.)

11.58


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm mit 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.58.21

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Herzlich willkommen hier im österreichischen Parlament die Gäste, die Freunde und Freundinnen des Europarates – herzlichen Dank auch dafür.

Österreich ist in diesem Jahr mit seiner fünfzigjährigen Zugehörigkeit zum Europarat ein wichtiger Teil des „europäischen Gewissens“, wie die Parlamentarische Ver­sammlung immer wieder in bedeutenden Reden bezeichnet wurde.

Warum Gewissen? – Die Parlamentarische Versammlung versteht sich als Hüterin der Satzung des Europarates und der in ihr verankerten Grundwerte einer Gemeinschaft europäischer Staaten, denen Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechtsschutz und parla­mentarische Demokratie gemeinsam sind. Ihre Rolle als politisches Gewissen Europas ist vor allem die eines unermüdlichen Mahners, die gemeinsamen Grundwerte zu wahren und zu fördern, sie den Mitgliedstaaten – wenn nötig, ohne herkömmliche diplomatische Rücksichten – in Erinnerung zu rufen. Das politische Gewissen Europas ist keine innere Stimme, es verschafft sich, wie könnte es von einer Parlamentarischen Versammlung anders erwartet werden, öffentlich Gehör.

Ich zitiere den ehemaligen britischen Außenminister Lord Carrington, der sagte: Die­ses Gewissen meldet sich immer dann, wenn es um die Menschenrechte und die Verteidigung des gemeinsamen Erbes der europäischen Demokratie geht.

Sehr geehrte Damen und Herren! Gerade in den letzten Monaten hat sich dieses Gewissen wieder Gehör verschafft. Ich erinnere, Frau Ministerin Plassnik hat auch auf die CIA-Flüge hingewiesen, wo Gefangene durch den europäischen Luftraum trans­portiert wurden. In diesem Fall spielt auch ein Österreicher eine große Rolle, nämlich Peter Schieder, der dabei ist, das aufzudecken und aufzuklären. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Zweites Beispiel: Gerade bei der letzten parlamentarischen Session des Europarates in der Karwoche, also in der Woche vor Ostern, wurde die Frage des Menschen­handels dringlich diskutiert, und zwar diesmal im Zusammenhang mit Fußball-Weltmeisterschaft und Zwangsprostitution. Es sollen 60 000 Frauen nach Deutschland verbracht und der Zwangsprostitution zugeführt werden. Das ist Thema im Europarat.


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Darüber wird diskutiert und darauf wird schnell reagiert. Und das ist eine sehr wichtige und notwendige Aufgabe.

Es wurde auch erwähnt, dass eine der wichtigsten Errungenschaften des Europarates die Einrichtung des Menschenrechtsschutzsystems ist, dass erstmals im Jahre 1953 die Möglichkeit der Individualbeschwerde geschaffen wurde. Wenn Menschen, die in einem Staat des Europarates leben, eine Menschenrechtsverletzung erleiden, kann eine Individualbeschwerde gesetzt und der Staat verurteilt werden. Das ist eine sehr wichtige Sache, dass ich nicht nur das Recht habe, sondern es auch durchsetzen kann.

Sehr geehrte Damen und Herren! Gerade in Zeiten der zunehmenden Globalisierung wird auch der europäische Wertekanon immer wieder in Frage gestellt. Ob der Druck dabei von außerhalb oder von innerhalb Europas kommt, ist dabei sekundär.

Nur zwei Beispiele: In den USA nimmt seit einigen Jahren die Anzahl der Todesurteile zu statt ab. Und die Erstarkung religiös fundamentalistischer Strömungen torpediert zunehmend die Frauenrechte. Denken Sie nur an die allgegenwärtige Diskussion um die Menschenrechte versus Kulturrelativismus oder, anders gesagt, um die Rechte der Selbstbestimmung der Frauen versus Toleranz gegenüber unter dem Deckmantel des Religiösen daherkommenden Diskriminierungen wie Zwangsverheiratungen, Ehren­morde und so weiter. Darüber wurden im Europarat Berichte verfasst. Es wurde darüber diskutiert, und es wurden teilweise auch Konventionen verfasst.

Ich sage das auch, weil man dem Europarat oft nicht so viel Gehör verschafft und weil er nicht so laut ist, wie man es sich oft wünschen würde. Der Europarat hat in diesen sehr wichtigen Themen erfrischende Klarheit und Schnelligkeit gezeigt und auch die Maßnahmen, die zu setzen gewesen sind oder wären, aufgezeigt.

Die Besonderheit der Parlamentarischen Versammlung wurde hier schon erwähnt, nämlich dass es fraktionsübergreifend immer wieder möglich war, gemeinsame öster­reichische Positionen zu finden. Kollege Donabauer hat schon von der gemeinsamen Position betreffend Sterbehilfe gesprochen. Es hat weitere gemeinsame Positionen gegeben. In Paris haben wir dafür gesorgt, dass die Frage Leihmutterschaft nicht diskutiert wurde und nicht mehr in den Bericht des Kollegen Hancock Eingang fand. Das war etwas sehr Wichtiges. Auch die Konvention gegen den Menschenhandel wurde gemeinsam von der österreichischen Delegation vertreten. Es freut mich, dass es hier bei uns gewisse unveräußerliche Werte gibt, über die man über die Partei­grenzen hinweg nicht zu diskutieren braucht.

Frau Ministerin! Jetzt noch eine Bitte an Sie: Kein Geburtstag ohne Geschenke. Für mich und für die Frauen, für die Opfer des Menschenhandels wäre es das schönste Geschenk, wenn wir nach der Unterzeichnung der Konvention gegen Menschenhandel im vergangenen Jahr diese Konvention in Österreich auch ratifizieren könnten. Wir wären eines der ersten Länder. Es wäre ein schönes Geburtstagsgeschenk. Und es wäre eine wichtige Angelegenheit für die Opfer dieser grausamen Verbrechen und auch für die effizientere Bekämpfung des Menschenhandels. – Herzlichen Dank, sehr geehrte Damen und Herren. (Allgemeiner Beifall.)

12.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner kommt Herr Abgeordneter Wittauer zu Wort. Auch für Sie, Herr Abgeordneter, 5 Minuten. – Bitte.

 


12.05.00

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Frau Außenministerin! Herr Staatssekretär! 50 Jahre Europarat ist für Österreich ein Jubiläum, das wichtig ist. Der Europarat ist das Gewissen Europas, und 46 Mitglieder unterwerfen sich de facto


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dem Europarat hinsichtlich Menschenrechten und Grundwerten. Ich bin als Öster­reicher stolz darauf, dass wir diese Menschenrechte und Grundwerte in der österreichischen Verfassung verankert haben.

Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof ist einmalig, und zwar deshalb, weil jeder Bürger in den Mitgliedstaaten Anklage erheben kann, wenn Grundrechte verletzt werden, und weil es sonst nicht möglich ist, einen Staat im Gesamten – ich sage jetzt einmal – an den Pranger zu stellen, wenn Dinge passieren, die in diesem Europa einfach unmöglich sein sollten.

Wir im Europäischen Parlament und im Europarat haben oft einen unterschiedlichen Zugang. Es ist erschreckend für mich, was im Europarat aufgezeigt wird. Es ist erschreckend, wie viel Unrecht in diesem Europa noch passiert.

Aber der Europarat hat noch eine andere Funktion. Er ist nicht nur das schlechte Gewissen für Europa, sondern auch über Europa hinaus. Ich habe das in Mexiko und in vielen anderen Ländern erlebt. Der Europarat hat auch eine Wertigkeit, weil für mich in vielen Bereichen gerade innerhalb des Europarates feststellbar ist, dass frühere Minister, frühere Regierungschefs in diesem Europarat arbeiten. Der Europarat ist hin und wieder in seiner Funktion verstaubt, weil er sehr alte Regeln hat. Aber der Europarat ist eine Einrichtung, die ich als Bürger von Gesamteuropa nicht missen möchte. Der Europarat hat unabhängig vom Europäischen Parlament oder von der Europäischen Union eine wichtige Funktion in diesem Europa, sei es hinsichtlich Demokratie, sei es hinsichtlich Menschenrechten, sei es wie zuletzt in Fragen wie Prostitution und Sklavenhandel, der in diesem Europa noch stattfindet, oder dort, wo Menschen permanent Ungerechtigkeiten ausgesetzt sind. Umwelt: die Beurteilung der Hochwasserkatastrophe im Donaudelta – verschiedene Bereiche, die für dieses Europa sehr wichtig sind.

50 Jahre Mitgliedschaft ist etwas Großartiges. Und ich hoffe, dass es noch weitere 50 Jahre sein werden. In Europa gibt es Tendenzen, diesen Europarat aufzulösen. Ich hoffe, dass Österreich weiterhin dort steht. Der Europarat hat zwar diese Funktion, braucht sie und ist den 25 Mitgliedstaaten der Europäischen Union übergeordnet. 46 Mitglieder hat er – und ich hoffe, dass es noch mehr werden.

Der Europarat hat auch eine Bedeutung, weil Österreicher maßgeblich dort mitge­arbeitet haben. Wir haben gehört: drei Generalsekretäre, zwei Präsidenten, einer sitzt unter uns, nämlich Peter Schieder. Ich habe ihn im Europarat erst kennen gelernt. Im Nationalrat hatte ich diese Gelegenheit nicht. Aber im Europarat hatte ich diese Gelegenheit, und ich bin dankbar für diese Erfahrung. Ich bin dankbar für die Erfahrung, dass es ein anderes Miteinander gibt, nicht nur die Auseinandersetzung, sondern gemeinsame Ziele für Österreich, für Europa.

Ich bin auch unserem Delegationsleiter, Herrn Michael Spindelegger, dankbar, der auch einen Teil dazu beiträgt, oder auch dem Botschafter, der auch gemeinsam mit uns hin und wieder nicht nur essen geht, sondern auch diskutiert. Die 50-Jahr-Feier war in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ein großartiges Ereignis.

Ich persönlich als Abgeordneter dieses Hohen Hauses möchte diese Erfahrung nicht missen und bin wie viele andere auch dankbar dafür, dass ich diese Gelegenheit habe, und ich hoffe, dass wir dort weiterhin so großartige Arbeit leisten wie bisher. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. Auch für Sie, Frau Abgeordnete, 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 62

12.09.15

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren hier im Hohen Haus, auf der Regierungsbank und auf der Besuchergalerie! Es ist jetzt schon mehrfach der Vergleich gebracht worden, der Europarat wäre das gute oder schlechte Gewissen Europas. Ich bin normalerweise keine besondere Freundin von moralischen Wertungen in der politischen Debatte, aber nehmen wir das Beispiel als Vergleich, und ganz so schlecht ist der Vergleich ja gerade in diesem Fall nicht.

Bei einem Gewissen stellen sich im Wesentlichen immer zwei Fragen. Die eine lautet: Wie gut ausgeprägt, wie solide und gefestigt ist das Gewissen? Da kann man dem Europarat, glaube ich, angesichts der Tatsache, dass er eine Institution mit 46 Mitgliedern ist, ein durchaus gutes Zeugnis ausstellen.

Der Europarat ist sicher sehr viel kritischer und bemühter, die Interessen zu vertreten, die im normalen politischen Geschäft zu kurz kommen, wie zum Beispiel die Men­schenrechte, als so manche andere politische Institution und jedenfalls ein sehr wichtiges, unverzichtbares Gegengewicht zur Alltagspolitik der Europäischen Union als solcher, wenn ich nur den europäischen Kontext nehme.

Die zweite Frage, die sich stellt, ist: Welche Wirkung hat das Gewissen? Es gibt Berichte, dass Menschen zwar ein Gewissen haben, aber aus der inneren Stimme nie irgendeine äußere Handlung resultiert. Die Frage ist: Wie wirkt sich dieses Gewissen Europas, um beim Vergleich zu bleiben, handlungsbeeinflussend in den Mitglied­staaten und in Europa aus? – Und da ist die Bilanz, die man nach diesen letzten Jahren, nach den 50 Jahren ziehen kann, leider nicht ganz so erfreulich wie bei der ersten Frage.

Wenn ich mir ansehe, dass wir auf der einen Seite eine Europäische Menschen­rechtskonvention haben, die unschätzbar und wichtig ist, und mir gleichzeitig überlege, wie sich gerade in den letzten Jahren etwa das Fremdenrecht in den Mitgliedstaaten entwickelt hat, so muss ich sagen, das steht in keinerlei gutem Zusammenhang.

Es gibt ganz klare Verschärfungen im Fremdenrecht, auch in Österreich als Mitglied­staat des Europarates, die zumindest mit der Menschenrechtskonvention in Reibung, wenn nicht in einen klaren und offenen Widerspruch treten. Da fragt man sich dann: Wie weit kommt ein Gewissen zur Geltung? Das heißt, wir haben in den letzten Jahren gerade innerhalb der Europäischen Union und in Österreich Entwicklungen, politische Entwicklungen, die gegen das Gewissen, das der Europarat formuliert hat, laufen.

Ein zweiter Beispielfall: der bereits genannte Bereich des Menschenhandels. Dazu gibt es eine Konvention des Europarates, die noch von keinem einzigen Mitgliedstaat ratifiziert wurde. Das heißt, wir haben ein gut ausgeprägtes Gewissen, wir haben eine gute Konvention, die einem verheerenden Missstand Rechnung trägt und sagt, es braucht gemeinsame Bemühungen der europäischen Staaten und jedes einzelnen Mitgliedstaates des Europarates gegen Menschenhandel, gegen Frauenhandel, gegen die Tatsache, dass das inzwischen das blühendste Geschäft international ist – läuft bes­ser als der Drogenhandel oder der Waffenhandel. Und es gibt eine einfache Begründung dafür: Menschen kann man mehrfach verkaufen, Drogen und Waffen im Regelfall nur einmal.

Frau Außenministerin, was tun die Mitgliedstaaten, was tut Österreich? – Wir haben die Konvention unterzeichnet, aber die Ratifikation lässt auf sich warten.

Ich kann daher nur einfordern, dass wir das Gewissen Europas nicht nur abfeiern, an seinen Geburtstagen oder in Sonntagsreden, sondern dass wir es als Anleitung für das


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politische Handeln in Österreich als Mitgliedstaat und im übrigen Europa nehmen. Und ich denke, da gibt es sehr viel an Tätigkeitsbereichen, wo Europa säumig ist.

Wir haben mehrere Rahmenkonventionen. Nehmen wir jene zum Schutz der Min­derheiten – eine Rahmenkonvention, die Österreich auf niedrigstem Niveau ratifiziert hat. Ja warum denn, bitte? Wir wollen dann als beispielgebend vorangehen? Wir wollen von anderen Staaten innerhalb Europas und außerhalb Europas Menschen­rechtsstandards oder demokratische Standards einfordern, wenn wir nicht einmal eine Konvention des Europarates in vollem Umfang ratifizieren, unterzeichnen und umsetzen? – Das kann es wirklich nicht sein.

Ich habe daher kein Geburtstagsgeschenk für diesen Europarat, sondern zwei Fragen an diese österreichische Regierung, wie ernst sie es denn mit ihrer Verpflichtung im Europarat nimmt.

Ich frage Sie, Frau Außenministerin: Wann kommt die Ratifikation der Konvention gegen den Menschenhandel? Und ich frage den nicht anwesenden Bundeskanzler als Ratsvorsitzenden der EU, jetzt gerade: Welche Initiativen gibt es zu einer Annäherung zwischen Europäischer Union und Europarat gerade in den auch eingeforderten Punkten zum Beispiel Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention? Welche Position vertritt Österreich überhaupt? Welche Aktivitäten hat Schüssel gesetzt? – Das sind meine zwei Fragen an Sie. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

 


12.14.55

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Außenministerin! Herr Staatssekretär! Lieber Herr Botschafter! Lieber ehemaliger Generalsekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Österreich seit 50 Jahren im Europarat. Wenn ich Freunden, Bekannten davon erzähle, dann herrscht meistens völlige Unwissenheit. Die wenigsten wissen, dass es neben der EU auch noch den Europarat gibt. Und das ist etwas, was mich als jemanden, der dort tätig ist und die Vorzüge und Leistungen des Europarates kennt, sehr enttäuscht, eigentlich sehr traurig macht.

Auf der Universität lernten wir als Juristen den Europarat als eine wichtige, große Institution kennen. Sie lag sehr weit von uns entfernt, in den Medien kam sie selten vor, die EU noch relativ häufiger.

Deswegen habe ich auch einen Appell an die Medien: Als Mitglied der Parla­men­tarischen Versammlung des Europarates kann ich nur darum ersuchen, uns dabei zu unterstützen, die wichtige Arbeit des Europarates auch medial den Menschen in Österreich mit näher zu bringen, weil dies unter vielerlei Aspekten von ganz großer Bedeutung ist.

Wir bemerken als nationale Abgeordnete, welche große Probleme es auch heute noch in einigen der 46 Mitgliedsländer im Hinblick auf Um- und Durchsetzung von Men­schenrechten und Demokratie gibt. Und jedes Mal, wenn in Österreich wieder eine Wahl geschlagen wird, bei der die Wahlbeteiligung sehr gering ist, macht mich dies insbesondere deswegen betroffen, weil ich im Europarat aus erster Hand und sehr unmittelbar mitbekomme, in welcher geographischen Nähe zu uns auch noch heute in Europa Journalisten, Menschen der Zivilgesellschaft, Menschen in der Opposition noch immer dafür sterben, dass sie für die Demokratie in ihren Ländern kämpfen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 64

In diesem Sinne ersuche ich darum, den Europarat auch als wichtigen Mahner dafür zu sehen, dass der Kampf um Demokratie auch in unseren eigenen Ländern, auch mit unser aller Stimmen an den Wahlurnen weiterhin zu führen ist.

Der Europarat selbst hat mit seiner Parlamentarischen Versammlung eine große Besonderheit, nämlich eine enge Zusammenarbeit aller Abgeordneten der einzelnen nationalen Parlamente.

Das unterscheidet dieses Parlament ganz erheblich vom EU-Parlament, und zwar in einer zum Teil sehr wohltuenden Weise, die den Erfahrungsaustausch fördert, weshalb ich dafür plädiere, dass man sich auch im Hinblick auf eine bessere Zusammenarbeit zwischen Europaparlament und Europarat einen Weg überlegt, wie auch Abgeordnete zum Europäischen Parlament Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung werden können. Nicht zusätzlich, aber zum Beispiel als Teil ihrer eigenen nationalen Dele­gationen.

Im Weiteren möchte ich einen Entschließungsantrag einbringen, der auch darauf abzielt, eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen nationalen Parlamenten und der Europäischen Union und dem Europarat herbeizuführen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger, Dr. h.c. Peter Schieder, Herbert Scheibner, Dr. Werner Fasslabend, Dr. Caspar Einem, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend die parlamentarische Mitwirkung in Angelegen­heiten der europäischen Integration

eingebracht im Zuge der Debatte zur Erklärung der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten am 26. April 2006

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, mit dem österreichischen Parlament bei der Wahr­nehmung seiner internationalen Aufgaben und Kontakte im Rahmen der parlamen­tarischen Versammlung des Europarates, der Europäischen Union sowie der parlamentarischen Dimension anderer europäischer oder internationaler Institutionen weiterhin aktiv zusammenzuarbeiten.

Insbesondere wird die Bundesregierung ersucht, das österreichische Parlament bei seinen Bemühungen, den nationalen Parlamenten auf EU-Ebene eine verstärkte Mitwirkung im Rechtsetzungsprozess zu ermöglichen, zu unterstützen. Dabei soll auf der Grundlage des geltenden EU-Rechts die Europäische Kommission ersucht werden, ihre Rechtsetzungsvorschläge nicht nur den europäischen Institutionen, sondern zeit­gleich auch den nationalen Parlamenten zuzuleiten. Falls eine repräsentative Anzahl von nationalen Parlamenten begründete Zweifel an der Vereinbarkeit der Rechtset­zungsvorschläge mit dem Subsidiaritätsprinzip oder mit dem Proportionalitätsprinzip vorbringt, soll die Kommission diese entsprechend berücksichtigen bzw. ihren Vor­schlag einer neuerlichen Prüfung unterziehen. In diesem Zusammenhang werden die nationalen Parlamente ihre Zusammenarbeit sowohl bei der Subsidiaritätsprüfung als auch bei der Proportionalitätsprüfung im Rahmen der Konferenz der Europa­aus­schüsse (COSAC) weiter ausbauen.“

*****

Abschließend appelliere ich daran, dass wir, insbesondere solange es noch keine Europäische Verfassung gibt, gemeinsam daran arbeiten, dass die Europäische Union


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 65

als Ganzes der Europäischen Konvention der Menschenrechte beitritt, weil ich das sowohl parallel zu einem EU-Grundrechtskatalog als auch unabhängig davon für längst überfällig und für absolut unverzichtbar halte. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Frau Abgeordneter Mag. Hakl vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, wurde ordnungsgemäß eingebracht und steht damit auch mit in Verhandlung.

Der Entschließungsantrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger, Dr. h.c. Peter Schieder, Herbert Scheibner, Dr. Werner Fasslabend, Dr. Caspar Einem, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend die parlamentarische Mitwirkung in Angelegen­heiten der europäischen Integration

eingebracht im Zuge der Debatte zur Erklärung der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten am 26. April 2006

Vor nunmehr 50 Jahren – am 16. April 1956 – ist Österreich als 15. Mitglied dem Europarat beigetreten. Mit diesem Schritt begann der erfolgreiche Weg der Integration Österreichs in die neuen Strukturen Europas. Von Anbeginn hat sich Österreich mit aller Kraft für die wesentlichen Ziele des Europarates – dem Schutz der Menschen­rechte und der Demokratie sowie die Förderung der gemeinsamen europäischen Identität – eingesetzt. Österreich stellte bisher drei Generalsekretäre: Lujo Toncic-Sorinj (1969-1974), Franz Karasek (1979-1984) und Walter Schwimmer (1999-2004). Zweimal stellte das österreichische Parlament den Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung des Europarates: Karl Czernetz (1975-1978) und Peter Schieder (2002-2005). Mit diesen europäischen politischen Persönlichkeiten, mit den vielen als Mit­glieder der österreichischen Delegation aus allen Fraktionen des Hauses in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates aktiven österreichischen Abgeord­neten, mit den österreichischen Vertretern in der Konferenz der Gemeinden und Regionen und mit den vielen österreichischen Experten, Funktionären und Beamten des Europarates hat Österreich viel zum Erfolg dieser Organisation beigetragen. Heute zählt der Europarat 46 europäische Länder und deckt damit bis auf die letzte verbliebene Diktatur Weißrussland den gesamten Kontinent ab.

Die Sicherung des Friedens in Freiheit und die Schaffung von Wohlstand für alle Bürger Europas waren auch die Motive für die Gründung der Europäischen Gemein­schaft für Kohle und Stahl, der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und schließlich der Europäischen Union. Österreich ist seit 1995 Mitglied der Europäischen Union und nimmt damit über den Europarat hinaus an allen weiteren Formen der europäischen Integration teil.

Die europäische Integration hat den Bürgerinnen und Bürgern Europas Friede, Freiheit, Sicherheit und Wohlstand gebracht. Dennoch hat die rasche Vertiefung und Erweiterung der Europäischen Union bei vielen Europäern auch Skepsis und Un­sicherheit hervorgerufen. Der europäische Integrationsprozess kann nur dann erfolg­reich sein, wenn er von den Bürgerinnen und Bürgern getragen wird. Dafür ist entscheidend, dass die Kompetenzen der Union für die europäischen Bürgerinnen und Bürger mittelbar oder unmittelbar verbindliche Rechtsakte zu setzen, allgemein anerkannt sind. Somit ist eine klare Abgrenzung der Zuständigkeiten der Union, der


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Mitgliedstaaten, der Länder und Gemeinden eine wesentliche Grundlage für die Akzeptanz dieses europäischen Integrationsprozesses.

In allen Ländern Europas ist das nationale Parlament das politische Zentrum auf nationaler Ebene. Mit einer immer stärkeren Verflechtung europäischer und nationaler Politik kommen damit auch den nationalen Parlamenten neue Aufgaben bezüglich der Rechtsetzung auf europäischer Ebene zu. Den nationalen Parlamenten stehen hier grundsätzlich zwei Möglichkeiten offen: Einerseits können sie über ihre nationalen Regierungen mitwirken, andererseits durch die direkte Prüfung der Rechtsetzungs­initiativen der EU-Institutionen. Mit dieser direkten Prüfung von Rechtsetzungs­initiativen der EU-Kommission durch die nationalen Parlamente – in Österreich durch den EU-Hauptausschuss oder den EU-Unterausschuss - soll die Qualität des euro­päischen Rechtsetzungsprozesses verbessert werden.

Daher stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, mit dem österreichischen Parlament bei der Wahrnehmung seiner internationalen Aufgaben und Kontakte im Rahmen der parla­mentarischen Versammlung des Europarates, der Europäischen Union sowie der parlamentarischen Dimension anderer europäischer oder internationaler Institutionen weiterhin aktiv zusammenzuarbeiten.

Insbesondere wird die Bundesregierung ersucht, das österreichische Parlament bei seinen Bemühungen, den nationalen Parlamenten auf EU-Ebene eine verstärkte Mitwirkung im Rechtsetzungsprozess zu ermöglichen, zu unterstützen. Dabei soll auf der Grundlage des geltenden EU-Rechts die Europäische Kommission ersucht werden, ihre Rechtsetzungsvorschläge nicht nur den europäischen Institutionen, sondern zeit­gleich auch den nationalen Parlamenten zuzuleiten. Falls eine repräsentative Anzahl von nationalen Parlamenten begründete Zweifel an der Vereinbarkeit der Recht­setzungsvorschläge mit dem Subsidiaritätsprinzip oder mit dem Proportionalitätsprinzip vorbringt, soll die Kommission diese entsprechend berücksichtigen bzw. ihren Vor­schlag einer neuerlichen Prüfung unterziehen. In diesem Zusammenhang werden die nationalen Parlamente ihre Zusammenarbeit sowohl bei der Subsidiaritätsprüfung als auch bei der Proportionalitätsprüfung im Rahmen der Konferenz der Europa­ausschüsse (COSAC) weiter ausbauen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.20.48

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Sehr geehrte Ehrengäste! Meine Damen und Herren! 50 Jahre Mitgliedschaft beim Europarat sind eine gute Gelegenheit, hier über den Europarat zu sprechen. Es wäre wirklich wünschenswert, wenn wir das öfter tun könnten und wenn wir Sie hier öfter über unsere Arbeit im Europarat informieren könnten.

Was sind die Schlagzeilen, die man findet, wenn man eine Beschreibung über den Euro­parat sucht? – Da heißt es: Der Europarat ist ein einzigartiges Forum, erfüllt die Funktion eines demokratischen Gewissens, ist Garant eines Gesellschaftsmodells, das


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auf der gemeinsamen Anerkennung humanistischer Werte wie Menschenrechte, Soli­darität oder Respekt für das Fremde beruht, ist Anwalt der Interessen von Millionen von BürgerInnen, ist ein Raum des Friedens und der Freiheit und der Weg und die Brücke zur Europäischen Union. – Das sind nur einige der Schlaglichter und Schlagzeilen, die man findet, wenn der Europarat beschrieben wird.

Eine der wichtigsten Säulen des Europarates ist zweifelsohne die Europäische Men­schenrechtskonvention. Sie ist so wichtig, weil sie bis jetzt einzigartig ist, denn die EU hat noch keinen eigenen Menschenrechtskatalog herausgebracht. Einzigartig sind aber auch die zahlreichen anderen Konventionen und Einrichtungen aus dem Menschen­rechtsbereich, wie etwa die Europäische Konvention zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, die Europäische Sozial­charta, die Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten oder die Euro­päische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz.

Es ist heute auch schon erwähnt worden, dass das Herzstück des Europarates, wenn man so will, oder vielleicht auch der Motor des Europarates die Parlamentarische Versammlung ist. In dieser Versammlung, bestehend aus 630 Mitgliedern aus 46 Nationen – das möchte ich noch einmal hervorheben, das ist eine kulturelle Vielfalt, die man sonst nicht finden kann! –, wird gearbeitet, und vor allem wird viel Arbeit auch in den Ausschüssen gemacht.

Der Ausschuss für Kultur, Wissenschaft und Bildung, dem ich unter anderem ange­höre, hat in den letzten Jahren wichtige Initiativen zum Beispiel im Bereich der Poli­tischen Bildung gesetzt. Das Jahr 2005 war vom Europarat als das Jahr der Politischen Bildung – „European Year of Citizenship through Education“ – ausgerufen worden. Gleichzeitig hat der Europarat in diesem Jahr den Vorsitz in der parlamentarischen Troika des Stabilitätspaktes für Südosteuropa geführt.

So konnte unter meiner Leitung in Belgrad ein zweitägiger Workshop abgehalten werden, in dem zahlreiche Experten und Expertinnen, Abgeordnete aus dem gesamten südosteuropäischen Raum, VertreterInnen der OSZE, des Europäischen Parlaments und die Studentinnen und Studenten der Universität Belgrad das Thema „Politische Bildung“ diskutierten. Da wurde heftig diskutiert. Es wurde sehr intensiv darauf einge­gangen, wie man mit der um sich greifenden Politikverdrossenheit umgehen könnte, wie man mit dem Rückgang der Wahlbeteiligung umgehen sollte, und es wurde unter­strichen, dass es für alle Parlamentarier und Parlamentarierinnen ganz wichtig und ein Anliegen sein müsste, die demokratischen Werte und Haltungen fest in der Bevöl­kerung zu verankern.

Der Europarat sieht in der Politischen Bildung den Schlüssel für die Entwicklung einer demokratischen Kultur, und eines liegt in der Natur der Sache: Demokratische Kultur kann nicht von oben verordnet werden, sondern ist ein Prozess, der eigentlich nie zu Ende ist, ein Prozess, der in keinem Land irgendwann zu Ende ist! Daher hat das Motto für das Jahr 2005 auch gelautet: „Learning and living democracy“.

Damit ist aber noch nichts über die zahlreichen anderen Themen dieses Ausschusses oder die Arbeit der anderen elf Ausschüsse gesagt. Europa – und damit meine ich das große Europa – braucht eine gemeinsame politische Kultur, und die kann sich nur in einer Zusammenarbeit entwickeln: im Vermeiden von Konflikten, im Einander-kennen-Lernen, im Sich-auseinander-Setzen mit unterschiedlichen Ansichten und letztendlich im Finden von gemeinsamen Strategien. Für die Entwicklung einer solchen gemein­samen politischen Kultur ist der Europarat prädestiniert und eigentlich das einzige


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Werkzeug dafür. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

12.26

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann zu Wort. – Bitte.

 


12.26.18

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Geschätzte Gäste auf der Galerie! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein 50-Jahr-Jubiläum ist sicherlich ein richtiger und guter Zeitpunkt, um Rückschau zu halten, aber auch Perspektiven aufzuzeigen. Wir Österreicher sind seit 50 Jahren Mitglied des Europarates. Im Jahr 1949 wurde dieser Europarat als völkerrechtliche Organisation gegründet.

Der Europarat ist – wie wir wissen – nicht die EU. Alle Mitgliedsländer der Euro­päischen Union sind Mitglied des Europarates, aber es gibt noch weitere, insgesamt sind es 46 Länder, von Albanien über die Türkei bis Russland. Der Europarat ist bezogen auf die Mitgliedsländer geographisch umfassender als die Europäische Union.

Ziel des Europarates ist es, den Abschluss völkerrechtlicher Verträge vorzubereiten und entsprechend zu unterstützen, der Schutz der Menschenrechte, der Demokratie, der Freiheit, des Pluralismus und der Rechtsstaatlichkeit. Es gibt – das wurde schon betont – eine, wie ich meine, sehr wichtige Errungenschaft, das ist die Europäische Menschenrechtskonvention, eine der rund 200 Konventionen des Europarates, und ein wesentliches „Kind“, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Geschätzte Damen und Herren, in Österreich steht die Europäische Menschenrechts­konvention im Verfassungsrang und ist somit ein entscheidender Pfeiler, ein Grund­pfeiler des österreichischen Rechtssystems. Die Arbeit des Gerichtshofes, die Menschenrechtskonvention hat – das kann man sagen – auch positiven Einfluss auf die österreichische Gesetzgebung ausgeübt.

Österreich wie auch andere Mitgliedsländer lassen die Individualbeschwerde beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof zu. Das ist die einzige internationale Instanz, bei der es möglich ist, dass sich Bürger mit ihrer Beschwerde direkt an sie wenden und bei Verdacht auf Grundrechtsverletzungen Klage einbringen. Es ist ein Wunsch, die zeitliche Abfolge derartiger Beschwerden, also die Verfahrensdauer zu verkürzen. Das würde auch einer positiven Weiterentwicklung sehr gut tun. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Geschätzte Damen und Herren, wie wir wissen, gibt es eine große Skepsis der Bürger gegenüber der Europäischen Union, gegenüber Europa. Wir kennen das Ergebnis der Referenden in den Niederlanden und in Frankreich betreffend die Europäische Verfas­sung. Gründe für Skepsis sind die hohe Arbeitslosigkeit, fehlende Bürgernähe. Weiters gibt es Erfordernisse, nämlich das Erfordernis, Reformen der Strukturen in Europa im Sinne von mehr Demokratie, von mehr Bürgernähe vorzunehmen. Das ist, wie ich meine, ein Gebot der Stunde.

Europas Verantwortung ist es, künftig eine zentrale politische Rolle in der Weltgemein­schaft einzunehmen. Das Ziel ist es, Europa als globaler, sicherheitspolitischer, wettbewerbsstarker und wissensbasierter Akteur zu etablieren.

Der Europarat ist der Ursprung vieler wesentlicher europäischer Institutionen, ein Boll­werk gegen Unfreiheit, ein, wie ich meine, unentbehrlicher Bestandteil der euro­päischen Wertegemeinschaft, und ist wichtig für den Aufbau, aber auch den Ausbau der Demokratie in manchen Ländern.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 69

Ich bin stolz darauf, dass Österreicher wesentlich gestaltend mitgewirkt haben, und ich darf allen, die in diesem Sinne gewirkt haben, meinen Dank aussprechen.

Die Institution Europarat war nicht nur in den vergangenen Jahrzehnten für die Entwicklung Europas wichtig, sondern ist es, wie ich meine, auch für die nächsten Jahrzehnte. Sie ist von immens wichtiger Bedeutung für die weitere Entwicklung unseres Kontinents.

Wir haben es schon gehört: Der Europarat ist das Gewissen Europas. Ich bin über­zeugt davon: Der Europarat hat auch in den nächsten Jahrzehnten eine wichtige und gute Zukunft. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.32.02

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Außenministerin! Meine Damen und Herren, die ebenfalls auf der Regierungsbank sitzen! Sehr geehrte Gäste auf der Galerie, jene, die mit dem Europarat über Jahre und Jahrzehnte zu tun hatten, aber auch die Zuseherinnen und Zuseher! Es ist schon viel darüber gesagt worden, wie wichtig dieser Europarat ist und war, dass er tatsächlich auch Geschichte geschrieben hat. Ich möchte noch zwei Beispiele erwähnen, wo er das getan hat, wo nämlich auch die Europäische Menschenrechtskonvention und die Parlamentarische Versammlung des Europarates Geschichte geschrieben haben.

Das eine – das wurde schon erwähnt – ist die Frage der ethnischen Minderheiten, der Kontrolle, Überwachung, auch Unterstützung jener, die sich für deren Rechte ein­setzen. Das andere ist ein Bereich, der Menschen auf Grund ihrer gleichgeschlecht­lichen Orientierung diskriminiert. Da waren der Europarat und die Parlamentarische Versammlung wirklich richtungsweisend, als nämlich schon im Jahr 1981 eine Reso­lution verabschiedet wurde, die gegen Diskriminierung von Menschen auf Grund ihrer sexuellen Orientierung, auf Grund ihrer Homosexualität eingetreten ist und die damals schon die Weltgesundheitsorganisation aufgefordert hat, Homosexualität doch endlich aus dem Katalog der Krankheiten zu streichen. Das hat noch zehn Jahre, bis zum Jahr 1991, gedauert, jetzt ist es zum Glück seit 15 Jahren der Fall.

Auch was die Rechte von gleichgeschlechtlichen Paaren betrifft, war der Europäische Menschenrechtsgerichtshof wegweisend. In einem wirklich historischen Urteil aus dem Jahr 2003 gegen Österreich wurde anerkannt, dass die Ungleichbehandlung von gleichgeschlechtlichen Paaren, etwa im Mietrecht, eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention ist.

Österreich hat das leider noch nicht so ernst genommen – auch diese Bundes­regierung nicht –, tatsächlich so weit zu gehen, dass gleiche Rechte für gleich­geschlechtliche Paare eingeführt werden.

Einen weiteren Punkt möchte ich ansprechen, wo sich der Europarat in den letzten Monaten sehr engagiert hat, nämlich bei der Aufklärung, in welchen europäischen Staaten der CIA illegale Lager, illegale Gefangenenlager unterhalten hat, und bei der Aufklärung illegaler Überflüge. Es gibt hier eine Untersuchungskommission, bei der auch Kollege Schieder aktiv ist und war, eine wichtige Rolle spielt und gespielt hat.

Eine Feststellung des Leiters dieser Kommission war, dass kein Mitgliedstaat des Euro­parates effektive legislative und verwaltungstechnische Maßnahmen hat, um Individuen, um Menschen effektiv vor Menschenrechtsverletzungen durch Agenten ausländischer Geheimdienste auf dem eigenen Territorium zu schützen.


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Dazu habe ich eine ganz konkrete Frage an die Frau Außenministerin, auf die ich bisher keine Antwort gehört habe – wir wissen ja, Österreich führt derzeit die EU-Ratspräsidentschaft –: Hat es von Seiten der Präsidentschaft Vorschläge gegeben, wie dieser Schutz von Menschen vor Agenten ausländischer Geheimdienste, die sich nicht an die Menschenrechte halten, auf der nationalen Ebene gewährleistet werden kann? Ich denke, auch das wäre eine Aufgabe der österreichischen EU-Präsidentschaft, sich nicht nur in Reden vor dem Nationalrat für den Europarat einzusetzen, sondern auch in konkreten Fällen Initiativen zu setzen, wie Menschenrechte gerade in diesem Bereich geschützt werden können. Leider hat es diesbezüglich noch keine Maßnahmen oder keine öffentlichen Aussagen der Bundesregierung gegeben – notwendig wäre das! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nun zum Antrag, den die Regierungsparteien jetzt mit Unterstützung der Sozial­demokraten eingebracht haben, wo es darum geht, dass die nationalen Parlamente mehr an der Rechtsetzung der Europäischen Union beteiligt sein sollen.

Meine Damen und Herren – und konkret auch an Nationalratspräsidenten Khol gerichtet, der jetzt zumindest nicht im Raum sichtbar ist –, eine Unterstützung von Seiten der Grünen für diesen Antrag gibt es aus zwei Gründen nicht: Der eine ist ein zeitlicher, sozusagen einer des Ablaufs.

Es geht einfach nicht an, dass von Seiten des Nationalratspräsidenten in letzter Zeit – und das passiert des Öfteren, schon letzten Freitag war das so – Vorschläge zu euro­papolitischen Themen gemacht werden, die kurzfristig an die Klubs weitergeleitet werden, und dann wird gesagt, jetzt entscheidet schnell, ob ja oder nein, und dann wird abgestimmt oder wird das weitergeleitet.

Letzte Woche war das so, als auf einmal ein Vorschlag des Nationalratspräsidenten und der Bundesratspräsidentin für die Tagung der nationalen Parlamente und des Europaparlaments im Mai in Brüssel kam, in dem stand, die anderen Parteien dürfen „dissenting opinions“, also abweichende Stellungnahmen, abgeben. Das ist keine Vorgangsweise, Herr Nationalratspräsident! Das ist eine Instrumentalisierung des Parlaments, des Nationalrates für Interessen der Bundesregierung! Zu diesen Dingen gibt es von uns ein klares Nein: So nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt wird dasselbe gemacht: Es wird versucht, die Europaratsdebatte für einen Schritt zu instrumentalisieren, der das Verhältnis zwischen den nationalen Parlamenten und der Europäischen Union verbessern soll, noch dazu mit dem Argument, dass es darum gehe, mehr Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern zu erreichen.

Herr Nationalratspräsident und werte Regierungsfraktionen, Sie könnten das schon längst machen! Im Hauptausschuss des Nationalrates gibt es die Möglichkeit dazu – Art. 23e B-VG, Antrag auf Stellungnahme.

Vor kurzem, am 21. März 2006, gab es einen Antrag von uns betreffend Energie­effizienz auf europäischer Ebene, Ausstieg aus der Atomenergie. Da hat es keine Zustimmung von Ihnen gegeben, keine Bindung des Bundeskanzlers in Brüssel! (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Das wären die Möglichkeiten, wo der Nationalrat jetzt schon genau diese Bürgernähe vertreten könnte! Sie tun das nicht, versuchen aber hier, eine Debatte für etwas anderes zu instrumentalisieren, sich die Rosinen aus dem europäischen Verfassungsvertrag für die nationale Ebene heraus­zuholen. Das ist ein Vorwurf an die Regierungsfraktionen: Sie denken hier national, nationalistisch und nicht europäisch! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

12.38



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 71

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Spindelegger, Dr. h.c. Schieder, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die parlamentarische Entwicklung in Angelegenheiten der europäischen Integration.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, dieser Entschließungsantrag ist somit angenommen. (E 178.)

12.39.17 2. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1315 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Pensions­gesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensions­gesetz und das Gehaltsgesetz 1956 geändert werden (1394 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1314 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversiche­rungs­gesetz und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden (Sozialversiche­rungs-Änderungsgesetz 2006 – SVÄG 2006) (1360 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 2 und 3 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 2 wurde verzichtet.

Herr Berichterstatter Abgeordneter Walch, mir ist angekündigt worden, es gibt eine Druckfehlerberichtigung. – Ist das richtig? (Abg. Walch schüttelt den Kopf.) Wenn ja, müsste eine Berichterstattung vorgenommen werden. Wenn das nicht der Fall ist, gibt es auch zu diesem Punkt keine mündliche Berichterstattung. – Also das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Silhavy. Wunschredezeit: 7 Minu­ten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


12.40.45

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Hinter dem Titel „Sozialversicherungs-Ände­rungs­gesetz 2006“ versteckt sich ein weiterer Versuch, den Menschen vorzutäuschen, die sozialpolitischen Maßnahmen der schwarz-bunten Bundesregierung wären gar nicht so schlimm, wie die Menschen sie tagtäglich spüren und empfinden. (Abg. Mag. Tancsits: Sie sind hervorragend!) – Geboren wurde dazu das Wort „Schwer­arbeiterpension“, „Schwerarbeitszeiten“ und dergleichen mehr.

Notwendig geworden ist diese Regelung durch die ungerechten und unfairen Pen­sions­kürzungen, die diese Bundesregierung seit dem Jahr 2000 vollzogen hat. (Abg. Steibl: Das glauben S’ ja wohl selber nicht! Ist das der Rundumschlag?) Frau Kollegin Steibl! Würden Sie sich einmal mit der Situation der Menschen in Österreich aus-


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einander setzen, dann würden Sie sehr wohl verstehen, warum ich diese Aussagen tätigen muss: Sie haben falsche Hoffnungen geweckt – Sie können die Menschen ja fragen, wer aller erwartet hat, unter diese Schwerarbeiterregelung zu fallen! Was ist aus diesen Hoffnungen geworden? Luftblasen, die sich in nichts aufgelöst haben. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie sind gegen die Schwerarbeiter! Da können Sie sich auf die Rede konzentrieren, wie Sie wollen, es wird nicht besser!)

Frau Bundesministerin! Diese Regierungsvorlage ist eine untaugliche Antwort auf die Maßnahmen, die Sie im Jahr 2003 getroffen haben. Eine faire Regelung für Schwer­arbeit wird unter diesen Rahmenbedingungen, die Sie nun geschaffen haben, überhaupt nicht möglich sein. Wir haben Ihnen das auch schon im Ausschuss gesagt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Deswegen wird es nicht richtiger!)

Diese Gesetzesvorlage, mit der wir uns heute befassen – und ehe Sie jetzt zwischen­rufen, liebe Kollegen vom BZÖ, sollten Sie sie einfach einmal lesen, dann würden Sie wissen, was sie bedeutet –, ist in Wahrheit eine Schwerarbeiter-Ausschließungs­regelung (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ungeheuerlich!) und keine Schwerarbeiter-Pensionsregelung, wie Sie das vortäuschen wollen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ihnen ist alles zu wenig!)

In Wahrheit ist es so, dass man zehn Jahre Schwerarbeit innerhalb der letzten 20 Jahre nachweisen muss. Menschen, die 30 Jahre und länger Schwerarbeit geleistet haben, aber innerhalb der letzten zehn Jahre vor Pensionsantritt eben nicht mehr als Schwerarbeiter tätig waren, fallen überhaupt heraus aus dieser ganzen Regelung. – Ich weiß nicht, was es da zu lachen gibt, Herr Kollege Tancsits! Ich glaube, die betroffenen Menschen finden das absolut nicht lustig und nicht witzig.

Die Frauen, die zum Beispiel harte Arbeit im Pflegedienst leisten und nicht unter diese Regelung fallen, finden das auch überhaupt nicht komisch und nicht witzig. Das ist einer der schwersten Berufe überhaupt, und daher hätten es die in diesem Bereich Tätigen wirklich verdient, eine Erleichterung zu erfahren! – Nichts dergleichen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Oder: Sie sagen, 45 Jahre sind genug! Und was ist? – 1,8 Prozent Abschläge gibt es trotzdem! Ihnen sind 45 Jahre nicht genug, sondern Sie bestrafen die Leute noch zusätzlich mit Abschlägen!

All das sind Versprechungen, die Sie gemacht haben, Hoffnungen, die Sie geweckt haben, und wenn man sich dann anschaut, was dahinter steckt: Nichts steckt dahinter, wie Sie sehen!

Sie wissen selbst, dass nicht einmal gewährleistet ist, dass das verfassungsrechtlich hält. Herr Tomandl hat Ihnen ja bereits seine Kritik übermittelt, und ich hoffe, Sie haben sie sich wenigstens angesehen.

Sie wissen auch, dass die Pensionsversicherungsanstalt vorausgesagt hat, dass unter diesen Voraussetzungen, die Sie jetzt hier schaffen wollen, lediglich 1 500 Personen Schwerarbeitsleistungen in Anspruch werden nehmen können. Das heißt, wenn man das auf die neu zuerkannten Pensionen pro Jahr umlegt, kommt man damit gerade einmal auf einen Anteil von 1,8 Prozent. Damit bleiben Sie ja weit unter den 5 Prozent, die Sie selbst als Vorgabe vorgeschlagen haben. – Ach nein, Sie haben ja gesagt, 5 Prozent dürfen nicht überschritten werden; da hätte ich mich jetzt beinahe getäuscht. Sie selbst haben gesagt: Wir machen eine Regelung, wir versprechen allen Menschen alles, damit sie viele Hoffnungen haben (Abg. Steibl: Das machen die Sozialisten!), aber es darf keinesfalls mehr als 5 Prozent betreffen! Keinesfalls mehr als 5 Prozent! (Abg. Steibl: Ihr redet von euch selber! Das machen die Sozialisten!) Jetzt machen Sie


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eine Regelung, mit der Sie noch weit unter diesen 5 Prozent bleiben – nämlich bei 1,8 Prozent! (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Steibl.)

Frau Kollegin Steibl, Ihre Aufregung zeigt ja, dass Sie selbst ein schlechtes Gewissen haben! Sie wissen ja genau, was Sie damit machen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Amon: Sie haben ja nicht einmal mehr ein schlechtes Gewissen!) Das ist eine Schande! Sie wissen genau, was Sie tun, und Sie tun es gegen besseres Wissen dennoch – gegen die Menschen. Das ist wirklich schlimm, darüber sollten Sie sich einmal Gedanken machen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Steibl: Was ist bei der BAWAG?)

Frau Kollegin Steibl, über gewisse Sachen, Raika und so weiter, diskutieren wir jetzt nicht, darüber werden wir im Rahmen eines anderen Tagesordnungspunktes dis­kutieren können. Jetzt reden wir über Sozialpolitik, die Sie machen, über schlechte Sozialpolitik, die Sie machen, nämlich über schlechte Sozialpolitik für die Menschen in Österreich! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Sie machen keine gute Sozialpolitik, und Sie werden das bei den Wahlen zu spüren bekommen. Deswegen sind Sie ja so aufgeregt: weil Sie merken, dass Ihnen die Menschen nicht mehr trauen und nicht mehr folgen, eben weil Sie ungerechte und unfaire Verteilungspolitik machen! Und genau das schlägt sich auch in dieser Regie­rungsvorlage nieder.

Zweiter Punkt. (Abg. Steibl verlässt den Sitzungssaal.) – Kollegin Steibl, Sie sollten da bleiben, es geht unter anderem um die Witwenpensionen! – Dieser zweite Punkt zeigt ebenfalls, wie ungerecht Sie sind. Sie sind gezwungen, die Berechnung der Witwen­pensionen neu zu ordnen.

In der Vorlage, Frau Bundesministerin, gab es ja wenigstens noch den holden Vorsatz, für gewisse Fälle fünf Jahre heranzuziehen. Der Herr Finanzminister hat gesagt: Nichts da, das kommt zu teuer! Keine fünf Jahre, vier Jahre maximal! – Sie wissen aber, dass auch das nicht reicht. Wir haben Ihnen einen Fall genannt – Sie kennen diesen selbst –, der aufzeigt, dass er auch mit der Neuregelung wieder nicht gedeckt ist, dass die Regelungen wieder unfair sind, dass sie wieder ungerecht sind und dass die betreffende Frau sozusagen wieder schlechter gestellt ist, als sie es nach der ursprünglichen Regelung wäre.

Faire und sichere Pensionen, meine Damen und Herren, sind aber auch eine Frage des Respekts vor der Lebensleistung der einzelnen Menschen. Diesen Respekt erweisen Sie den Menschen mit dieser Vorlage keinesfalls, und das verurteilen wir! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Erwähnen möchte ich noch, dass Sie mit dieser Vorlage auch einen gesetzlichen Eingriff in den Kollektivvertrag machen beziehungsweise mit Drohungen und Droh­gebärden reagieren. – Das ist nicht unser Verständnis von Politik! Wir stehen für demokratische Selbstentscheidungsrechte und lehnen diese Art der Politik, indem Sie in Kollektivverträge gesetzlich eingreifen, indem Sie drohen und Drohgebärden gegenüber den Verhandlern setzen, auf das Schärfste ab! Das möchte ich hier ganz offiziell zu Protokoll geben. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben mit dieser Regierungsvorlage versucht, eine untaugliche, eine unfaire und eine ungerechte Sozialpolitik, die Sie in sechs Jahren betrieben haben, zu vertuschen mit untauglichen Mitteln, mit Täuschungsmanövern. – Die Menschen werden nicht darauf hereinfallen! Wir lehnen die Vorlage ab, und die Menschen werden Ihre Politik bei den nächsten Wahlen ebenso ablehnen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.48



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


12.48.07

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wenn man meiner Vorrednerin zugehört hat, fragt man sich, was eigentlich noch passieren muss, damit die SPÖ zu einer realistischen Sicht der Dinge in Österreich zurückfindet. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.) – Aber bitte, machen Sie nur so weiter, das führt zu nichts!

Wir machen eine seriöse Sozialpolitik für die Menschen – das heute hier vorliegende Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2006 ist Beleg dafür! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Lassen Sie mich bei den weniger spektakulären Dingen anfangen, so etwa bei der Neuregelung der Hinterbliebenenpensionen. Das ist schon richtig, Frau Kollegin Silhavy, was Sie gesagt haben, nämlich dass die ursprüngliche Regelung, die von der Gesamtlebensarbeitszeit und dem erworbenen Wohlstand ausgegangen ist, eine günstigere war. Sie haben aber in diesem Zusammenhang nicht erwähnt, dass es der Verfassungsgerichtshof war, der diese Sicht der Dinge und diese Berechnung aufge­hoben hat und uns als Gesetzgeber aufgetragen hat, den Stichtag des Eintritts in die Hinterbliebenenpension als Maß aller Dinge zu nehmen, und dass wir heute einen weiteren Versuch unternehmen, mit der Ausdehnung auf vier Jahre praktisch auf das Maximum des möglichen Interpretationsspielraums zu gehen, um für die Hinter­bliebenen dramatische Entwicklungen der letzten Jahre – etwa durch Krankheits­verläufe und Verlust von Einkommen – abfedern zu können.

Ich bitte Sie also, bei der Wahrheit und bei der Realität zu bleiben, wenn Sie über ein Gesetz berichten! Das ist eine eindeutige Verbesserung gegenüber jenen Regelungen, die es in den letzten Jahren gegeben hat! (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens, meine Damen und Herren, komme ich zur so genannten Schwerarbeits­pension, Schwerarbeitsregelung. Wir haben nach der Pensionssicherungs­reform 2003 – vorbildhaft übrigens in Europa –, nach der Harmonisierung der Pensions­systeme – international anerkannt, vorbildhaft in Europa – gesagt, beim Steigern des Pensionsantrittsalters muss es für jene Menschen, die schwere Arbeit über lange Zeit geleistet haben, besondere Begünstigungen geben. Und das liegt nun nach langer Diskussionszeit, nach seriöser Erprobung durch die Pensionsversicherungsanstalten in der Verfassung heute vor.

Das ist sozialpolitisches Neuland, da wird es noch Verbesserungen geben, nur, meine Damen und Herren, zu sagen: Ich mach’ überhaupt nichts!, das kann doch keine Alternative sein! Ich mach’ überhaupt keine Pensionsreform!, das kann doch keine Alternative sein!

Natürlich war die ursprüngliche Überlegung, das gesamte Arbeitsleben zu erfassen. Aber sollen wir eine Regelung treffen, von der die Pensionsversicherungsanstalten, die Umsetzer dieser Regelung, sagen, sie sei nicht administrierbar? Wenn man auf der anderen Seite weiß, dass es gerade die Jahre mit Schwerarbeit im höheren Alter sind, die besondere Belastungen bringen, ist es eine administrierbare Regelung, auf 20 Jahre und zehn Jahre Schwerarbeit zurückzublicken und allen, egal in welchem Dienstverhältnis – ob Privatangestellten, ob Bediensteten in einem der öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse –, den entsprechenden begünstigten Anspruch in der Pension zu ermöglichen.

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass das Mut zu sozialpolitischer positiver Veränderung ist, den man nur unterstützen kann.


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Lassen Sie mich noch auf Folgendes eingehen, Frau Kollegin Silhavy, weil ich immer wieder höre, Frauen würden nicht unter die Regelung fallen. Aus welchem Passus dieser Gesetzesvorlage nehmen Sie das? Könnte es sein, dass Sie nicht wissen oder dass Sie ändern wollen, dass für die nächsten Jahre und Jahrzehnte, auslaufend mit 2033, Frauen in Österreich generell noch einen begünstigten Pensionsantritt haben? (Abg. Silhavy: Also das ist jetzt schon unter dem Deckel!) Wollen Sie das in Wahrheit vielleicht ändern und abschaffen? Der Verdacht, meine Damen und Herren, liegt nahe, denn die SPÖ sagt: Wir wollen uns besonders der Frauen annehmen! (Abg. Silhavy: Kollege Tancsits, der Schelm spricht, wie er denkt!)

Der Verdacht liegt nahe, meine Damen und Herren! Sie haben uns doch in den letzten Jahren immer wieder vorgejammert: Der Turbokapitalismus kommt, der Neo­libera­lismus kommt!, und hinter diesem Paravent haben Sie die Gelder der Arbeitnehmer in der Karibik verspekuliert. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Machen Sie es mit den Frauen nicht genauso! Wir stehen zu diesen Ausnahme­regelungen, und wenn sie dann in höheres Pensionsalter hineinwachsen, dann gilt die Schwerarbeitsregelung für alle gleich. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


12.53.55

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Werte Herren Staatssekretäre! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gebe schon zu, die Schwerarbeiterregelung hätte ein ambitioniertes Projekt werden können – sie hätte, Kollege Scheuch (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie ist es!) –, aber ich muss gleich dazusagen, Kollege Scheuch, schon von Anfang an war klar, es gibt bestimmte Hürden, über die Sie, Sie als Regierungsparteien, nicht drüberhüpfen wollen. Sie wollten nämlich von Anfang an klarstellen – ganz egal, wie viele schwer arbeitende Menschen es in Österreich gibt –: Mehr als 5 Prozent dürfen es nicht sein! Und da musste man schon misstrauisch werden. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt, Herr Kollege Scheuch. Es wäre nützlich gewesen, bevor man eine der­artige Regelung in die Welt setzt und damit Erwartungen bei den betroffenen Men­schen weckt, dass man sich einmal erkundigt: Wo liegt das Problem für viele? Wo liegen die Probleme tatsächlich? Wir haben auf der einen Seite sehr viele Menschen ... (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.) Das ist sehr witzig, Herr Kollege Scheuch! Ihr Interesse, Ihre Bereitschaft, sich mit dem Thema auseinander zu setzen, ist offensichtlich nicht sehr groß, aber egal, Kollege Scheuch, ich halte das aus. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: An der Sache bin ich interessiert, an Ihrer Rede weniger!)

Es wäre günstig gewesen, Herr Kollege Scheuch, sich einmal klar darüber zu werden, wo das Problem liegt.

Ein Problem ist: Es gibt Menschen knapp vor dem Pensionsalter, die zu krank sind zum Arbeiten. Das ist aus den Statistiken, über die auch die Frau Bundesministerin verfügt, klar ersichtlich.

Zweites Problem: Wir haben nach wie vor – und da gibt es in Österreich seit den sechziger Jahren keine Untersuchung – völlig unterschiedliche Lebenserwartungen bei den einzelnen Berufsgruppen. Ja, bitte, meine werten Kollegen Arbeitervertreter von der FPÖ, warum kümmern Sie sich nicht darum, dass es nach wie vor so ist in Österreich, in diesem Land, dass die einen, wenn sie einen schwer belastenden Beruf ausüben, nicht einmal 70 Jahre alt werden, und die anderen – Gott sei Dank, ich bin froh darüber – zwischen 80 und 90 Jahre alt werden können? Es gibt völlig unter-


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schiedliche Lebenserwartungen, nach wie vor – und Sie wissen das auch, Kollege Walch, dass es die einen und die anderen gibt –, aber das gesamte Pensionsrecht stellt überhaupt nicht darauf ab.

Ich sage Ihnen, Frau Bundesministerin, Sie hätten vielleicht gut daran getan, sich die einschlägigen Untersuchungsergebnisse dazu zu besorgen. Es gibt keine ent­sprechen­den Untersuchungen in Österreich. Es wird zwar versucht, die unterschiedliche Lebenserwartung irgendwie nach Einkommenshöhen zu differenzieren, aber das reicht nicht aus. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es derartige Untersuchungen, in der Schweiz gibt es derartige Untersuchungen, in Österreich gibt es sie nicht. Das haben Sie alles nicht gemacht. Sie haben diejenigen – Zehntausende! – nicht berücksichtigt, die vor der Pension schon zu krank sind zum Arbeiten und die weder Arbeitslosengeld noch eine Invaliditätspension erhalten, die herumgeschickt werden von den Ämtern, damit sie irgendwo zu Bittstellern degradiert werden.

Das haben Sie sich nicht angesehen und ebenso wenig die unterschiedlichen Lebens­erwartungen, die es gibt. Ich weiß schon, es ist wahrscheinlich eine Überforderung für jedes Pensionssystem, das eine und das andere einigermaßen zu berücksichtigen, aber Sie haben eine völlig unbrauchbare, eine zynische Regelung in die Welt gesetzt. Und das werde ich Ihnen noch beweisen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Es ist unbrauchbar und zynisch, eine Schwerarbeiterregelung in die Welt zu setzen, die den Menschen verspricht, eine SchwerarbeiterInnenpension beanspruchen zu können, und gleichzeitig zu verschweigen, dass jemand, der von seinem 15. bis zu seinem 49. Lebensjahr Schwerarbeit geleistet hat – Sie können es sich ausrechnen, das sind 34 Jahre Schwerarbeit –, keine Schwerarbeiterpension erhält. – Da sagen Sie, das ist gerecht?! Das hat irgendetwas mit Gerechtigkeit zu tun?!

Im Ausschuss ist einer von den „blitzgescheiten“ Kollegen von der ÖVP oder von BZÖ/FPÖ draufgekommen: Die gibt es ja gar nicht! Wer fängt denn schon mit 15 Jahren mit Schwerarbeit an? Haben Sie eine Ahnung, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir reden hier von den Menschen, die jetzt, 2006/2007, diese Regelung im Alter von 60 Jahren beanspruchen wollen. Wissen Sie, wann diese Menschen zu arbeiten begonnen haben? – In den sechziger Jahren, und da hat es genügend Menschen in diesem Land gegeben – weil es noch keinen entwickelten Arbeitnehmer-, Lehrlingsschutz et cetera gegeben hat –, die mit 15 Schwerarbeit auf der Baustelle geleistet haben. (Zwischenruf des Abg. Mag. Tancsits.) Sagen Sie nicht nein, Kollege Tancsits! Soll ich Ihnen die Betreffenden vorstellen, sofern sie noch in der Lage sind, hierher zu kommen? Wollen Sie wirklich die Menschen aufmarschieren sehen? (Abg. Dr. Jarolim: Das wäre eine Lösung!) Ich würde es Ihnen vergönnen, sich mit diesen Menschen mehr auseinander setzen zu müssen, es täte Ihnen gut. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Es gibt diese Menschen – und all diesen Menschen erklären Sie jetzt: Nein, für Sie haben wir diese Regelung nicht gemacht; Pech, Sie haben Ihre 34 Schwerarbeitsjahre zu früh gemacht; Pech, hätten Sie es später gemacht! – Es ist doch Zynismus pur zu sagen: Hätten Sie doch erst mit 50 Jahren Schwerarbeit gemacht, dann würden Sie unter die Schwerarbeiterregelung fallen!

Jetzt sage ich Ihnen etwas zu der Grenze, die Sie eingezogen haben: Es ist mir schon klar, die Pensionsversicherung ist aus Praktikabilitätsgründen an einer Regelung inter­essiert, die sie administrieren kann, die sie vollziehen kann, und klar ist mir auch, dass das, was Sie ursprünglich in die Welt gesetzt haben, nämlich eine Schwerarbeits­regelung, die innerhalb des gesamten Arbeitslebens die Schwerarbeitsjahre erfasst, nicht praktizierbar ist, weil die Schwerarbeitsjahre rückwirkend nicht erhebbar sind.


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Aber das, was Sie gemacht haben, ist eine einfache Rechnung, indem Sie gesagt haben: Schauen wir uns nur die letzten 20 Jahre an! Wir schauen uns an, wer zwischen 40 und 60 zehn Jahre zusammenbringt!

Jetzt sage ich Ihnen zu diesen zehn Jahren, Herr Kollege Tancsits, Folgendes: Wenn jemand Schicht arbeitet und er an sechs Arbeitstagen diese Schichtarbeit in der Nachtzeit zusammenbringen muss, zwischen 22 Uhr und 6 Uhr, dann schafft es auch ein Schwerarbeiter zwischen 40 und 60 – so alt muss er sein – nicht, innerhalb eines Jahres zwölf Monate lang diese sechs Arbeitstage zusammenzubringen. Denn: Er hat sechs Wochen Urlaub, und das heißt, dass mindestens zwei Monate ausfallen, in denen er Urlaub hat, und da hat er nicht sechs Schichttage. (Abg. Mag. Tancsits: Absurd!) Sie wissen das ganz genau!

Der Schwerarbeiter hat auch Krankenstandszeiten. Wenn man älter ist und eine belastende Arbeit macht, dann hat man wahrscheinlich öfter ein Krankheitsproblem. Aber selbst dann, wenn es der normale Krankenstand ist, der in Österreich üblich ist, und zwar im Durchschnitt 13, 14 oder 15 Tage, fehlen diese Zeiten dann natürlich. Das heißt, es fehlen pro Jahr Schwerarbeit, das man geleistet hat, mindestens drei Monate. Das heißt: Jemand, der zwischen 40 und 60 laut Ihrer Regelung zehn Jahre Schwerarbeit braucht, muss zwischen 40 und 60 mindestens fünfzehn Jahre Schwerarbeit machen. Und die zeigen Sie mir, die es schaffen, das einigermaßen bei Gesundheit und am Arbeitsplatz, in Beschäftigung zu erleben! Die gibt es kaum, das wissen Sie auch, und genau deshalb haben Sie diese Regelung gemacht – nicht deshalb, um Menschen zu helfen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie sind nicht dafür, dass es wirklich die 5 Prozent gibt. Der Kollege Walch kennt doch diese Leute, er ist doch Betriebsrat, sagt aber nichts dagegen, sondern meint, dass das eine gute Regelung ist. (Abg. Walch: Ich komme eh nach Ihnen zu Wort!)

Was sagen Sie denn zu diesen Erklärungen, zu dem, was ich hier vorgerechnet habe, Kollege Walch? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wenn du aufhörst, kommt er dazu!) Wie alt werden denn Ihre Leute am Bau? Sagen Sie es doch deutlich! Was haben denn diese Leute von dieser Regelung, wenn sie noch 15 oder 14 Jahre zwischen 40 und 60 Schwerarbeit machen müssen, damit sie dann – wahrscheinlich völlig kaputt – in Pension gehen dürfen, und zwar in eine Pension, bei der sie noch dazu Abschläge zahlen müssen?

Das ist nicht gerecht! Das ist nicht brauchbar! Ich sage Ihnen: Diese Regelung ist zynisch, ist ein Zynismus für die Betroffenen! Gehen Sie zurück an den Start, Frau Bundesministerin! Das haben wir Ihnen oft genug gesagt, doch Sie haben diesen unseren Rat nicht beherzigt. Sie haben dann, trotzdem Sie gesagt haben: Nein, wir sind auf einem guten Weg, die Schwerarbeiterregelung im Grundsätzlichen völlig neu konzipieren müssen und kommen dann trotzdem wieder daher und sagen: Das ist eine Superregelung, die beste der Welt! Alle stellen sich in Österreich an, damit sie es sich abschauen können! – Das glauben Sie doch selbst nicht!

Abschließend noch Folgendes: Gleiches gilt leider auch, obwohl ich da dem Kollegen Tancsits durchaus Recht gebe, wenn er meint, dass das ein schwieriges Problem darstellt, für die Regelung bei den Witwen- und Witwerpensionen. Ich hätte Ihnen gerne, wenn die Redezeit gereicht hätte, das erschütternde Beispiel einer Frau vor­gelesen, die schreibt, was mit ihrem Vater beziehungsweise jetzt mit ihrer Mutter passiert ist, nachdem der Vater gestorben ist, der zehn Jahre vor seiner Pension – und das ist durchaus nicht untypisch – arbeitslos war, kein Einkommen hatte. Warum kein Einkommen? Weil die Frau gearbeitet hat und Gott sei Dank etwas über diese Grenze verdient hat. Das heißt aber auch: keine Witwenpension für die Betreffenden, für sie,


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die Mutter, die überlebt hat. (Abg. Silhavy: Diesen Brief hat der Kollege Walch auch! Nur: Das ist ihm Wurscht!)

Dieses Beispiel illustriert, glaube ich, deutlich genug, dass all das, was Sie jetzt bei der Witwenregelung von einem auf das andere Mal versucht haben, bei weitem nicht ausreichend ist, um das zu erreichen, worauf es ankommt: eine Regelung, die allen im Alter eine eigenständige Alterspension garantieren würde. Das wäre eine saubere Regelung! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Walch. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


13.05.13

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Staatssekretäre! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Öllinger, hören Sie kurz zu! Was die Bauarbeiter betrifft, brauchst du mir keine Vorschriften zu machen, da brauchst du keine Angst zu haben. Denn: Wir haben es durchgesetzt, dass es auch für ungelernte Berufe den erleich­terten Zugang zur Invaliditätspension ab dem 57. Lebensjahr gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Hör doch auf ...!) Aufpassen! (Zwischenrufe der Abg. Silhavy.) Im Rechnen und beim Geld habt ihr ein Problem, das sieht man am BAWAG-Skandal! Da will ich von Seiten der SPÖ keinen Widerspruch hören. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Folgendes: Wie ist es, wenn jemand ab dem 57. Lebensjahr in die Invaliditätspension geht? Lassen Sie sich einmal von einem Spezialisten ausrechnen, wie viel Abschläge dieser hat! Nämlich: Auch nicht mehr als 1,8 Prozent. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Der Öllinger war noch nie auf einem Bau! Der hat keine Ahnung! Das ist ein Beruf­politiker! – Gegenruf der Abg. Silhavy.)

Frau Kollegin Silhavy, wie fühlen Sie sich in einer Partei, in der ständig Skandale auf der Tagesordnung sind? Welche Glaubwürdigkeit haben Sie überhaupt noch in der Öffentlichkeit? (Abg. Silhavy: Besser als in einer Partei ...!) Tut die Wahrheit so weh? Ich weiß schon: Wer schuldig ist, der schreit!

Die Sozialpartner haben bei der Pensionsreform mitgearbeitet – bei der Pensions­sicherungsreform! –, und ich habe damals mit dem ehemaligen ÖGB-Präsidenten Verzetnitsch mehrere Gespräche über die Schwerarbeiterregelung geführt und zu ihm gesagt: Fritz, machen wir das gemeinsam! Aber auf einmal ist kurz vor dem Abschluss der Befehl des obersten Führers der SPÖ gekommen: nicht zustimmen, schnell etwas einfallen lassen, damit man ja nicht zustimmen muss, denn sonst können wir nicht mehr sudern und nörgeln!

Wir haben die Pensionen in Österreich gesichert! Wir haben die Privilegien abge­schafft! (Abg. Öllinger: Wo denn?) Ihr, meine Damen und Herren von der SPÖ, habt es nicht gemacht. Den Privilegienstadl umgeht ihr wieder. (Beifall bei den Frei­heitlichen.)

Schauen wir uns einmal die Pensionen der Gewerkschafter an! – Fritz Verzetnitsch: 80 Prozent des Letztbezuges – auf Kosten der ÖGB-Mitglieder! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ungeheuerlich! Skandal!) Kollege Nürnberger: genau dasselbe. Jetzt sind sie verschwunden. Da hieß es: Schnell untertauchen! Pfiat euch! Die Schul­den und all das Ganze hinterlassen wir euch! Kollege Nürnberger bekam 24 Monats­entgelte an Abfertigung – auf Kosten der österreichischen ÖGB-Mitglieder! – Unverant­wortlich ist das, muss ich sagen. Das ist eine Korruption sondergleichen!


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Weil ihr so viel über die Schwerarbeiterregelung schimpft: Daran haben ja, wie ich schon gesagt habe, auch die Sozialpartner mitgearbeitet. In der Bundesrepublik Deutschland hat der SPD-Vorsitzende Beck – ich weiß nicht, ob er mit euch etwas zu tun hat, aber wahrscheinlich will er mit euch nichts mehr zu tun haben, denn wenn in Österreich solche Sozialdemokraten etwas zu reden haben, bei denen es ständig einen Skandal nach dem anderen gibt, will er wahrscheinlich mit der österreichischen SPÖ nichts zu tun haben – großes Lob für diese Schwerarbeiterregelung in Österreich gefunden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Aha!) Bitte, schicken Sie es uns, Frau Bundesministerin, hat es geheißen, und es gab viele Anfragen aus anderen Ländern. – Einmalig ist das in Europa!

Aufpassen, Kollege Öllinger! (Abg. Öllinger ist in ein Gespräch vertieft. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Der hört ja nicht zu!) So wird in der Bundesrepublik Deutschland über uns geredet! (Abg. Öllinger: Das interessiert doch niemand hier!)

Aber es gibt in der Bundesrepublik Deutschland auch Leute, die gegen die Arbeit­nehmer sind. So hat zum Beispiel der ehemalige Vizekanzler Müntefering in einem Fernsehinterview öffentlich gesagt, die Pensionisten sollen in der Lotterie spielen, damit sie sich an ihrem Lebensabend etwas leisten können. (Abg. Öllinger: Sag auch etwas zur Schwerarbeiterregelung!)

Wenn ich in der Presseaussendung des neuen ÖGB-Präsidenten Hundstorfer lese – er ist Gemeindebediensteter, und ich weiß, dass er nicht viel oder nur wenig Ahnung von einem ASVGler hat, und so einer soll ÖGB-Vorsitzender sein? –, dass er die Schwer­arbeitspension kritisiert, dann frage ich mich: Das tut er, obwohl er weiß, dass sein Vorgänger Verzetnitsch bis kurz vor dem Abschluss dafür gestimmt hat? (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Er kritisiert auch die Regelung betreffend die Bauwirtschaft. Hier ist der Gewerk­schaftsvorsitzende Driemer von der SPÖ zu erwähnen. Es ist nicht verboten, dass man mit den Unternehmern einmal verhandelt und sagt, die Bauarbeiter sollen mehr Geld in die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse einzahlen, damit sie vielleicht ein bisschen früher in Pension gehen können.

Nicht wir Politiker sind schuld daran, dass sich der Gesundheitszustand bei den Bauarbeitern auf Grund der vielen Leistungen und bedingt durch den Stress so schnell verschlechtert, daran sind schon die Unternehmer ein bisschen mit schuld, und daher soll man die zur Kasse bitten. (Abg. Silhavy: Da schau her! – Abg. Sburny: ... Klassenkampf!) Das wäre eigentlich die Aufgabe der Sozialpartner!

Da muss ich wirklich sagen: Diese Schwerarbeiterregelung ist die richtige Maßnahme an dieser Stelle!

Da Kollege Hundstorfer noch kritisiert, dass die Frauen nicht in die Schwer­arbeiter­regelung hineinkommen, muss ich ihn aufklären und ihm sagen: Die Frauen können bis 2024 vor dem 60. Lebensjahr in Pension gehen, und später kommen sie genauso in die Schwerarbeiterregelung hinein. (Abg. Öllinger: Wie denn?)

Kollege Öllinger, wir haben eine Schwerarbeiterregelung geschaffen, wo in den letzten 20 Arbeitsjahren nur 10 Jahre Schwerarbeit notwendig sind, um unter diese zu fallen. Du weißt ganz genau, wie es früher ausgeschaut hat.

Wir sichern die Pensionen! (Abg. Öllinger: Nein, das stimmt nicht!) Wir haben die Privilegien abgeschafft! (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Die Sozialdemokraten umgehen sie jetzt noch mit der Gewerkschaft. Aber ich hoffe, dass das bald der Vergangenheit angehört: dass dort die Führungskräfte mit dem gesamten Präsidium ausgetauscht werden und endlich wieder einmal die Interessen der Arbeitnehmer in


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Österreich überparteilich vom Gewerkschaftsbund behandelt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Leutner. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


13.11.28

Abgeordneter Dr. Richard Leutner (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Kollege Walch, wenn ich mir die Visa-Affäre mit den prominenten Namen, die damit in Verbindung stehen, zu Gemüte führe, wenn ich mir die Situation bei der Hypo Alpe-Adria-Bank AG mit den Namen, die damit in Verbindung stehen, zu Gemüte führe und wenn ich mir die Posten­besetzungen und die Namen, die damit in Verbindung stehen, zu Gemüte führe, dann kann ich nur sagen: Du brauchst hier heute nicht auf dem hohen Ross daherzu­kommen und zu moralisieren! Es wäre besser, wenn du dich einmal um deinen eigenen Laden kümmern würdest! Dann würdest du nämlich auf einem elenden Esel daherkommen. – So ist das, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Walch: BAWAG! ÖGB!)

Ich möchte im Gegensatz zu meinem Vorredner jetzt doch ein bisschen auf den vorliegenden Gesetzentwurf eingehen.

Meine Damen und Herren, das ist ein Gesetzentwurf, der zu Recht große Aufmerk­samkeit in der Bevölkerung gefunden hat. Wo liegt der Ursprung der Debatte um das Schwerarbeitsgesetz? Das muss man sich, glaube ich, noch einmal vor Augen führen.

Der Ursprung der Debatte um das Schwerarbeitsgesetz lag in den Pensionsreformen seit 2000. Denn, wie immer man dazu steht, meine Damen und Herren hier im Parlament: Es hat massive Verschlechterungen beim Zugang der Menschen zur Pension gegeben, und zwar bei der Erhöhung des Anfallsalters und natürlich auch bei der Erhöhung der Abschläge. Das war der Kern!

Dann kam die Regierung und hat zu den Menschen gesagt: Ja, das alles müssen wir machen – aber die Schwerarbeiter sind von diesen Verschlechterungen nicht betroffen! Wer schwer arbeitet, der wird von diesen Dingen überhaupt nicht berührt. – Das war der Eindruck, den Sie am Beginn dieser Diskussion bei der Bevölkerung erweckt haben. (Abg. Riepl: Genau so war es!) Ja, so war es!

Meine Damen und Herren! Am Beginn dieser Diskussion wurden von der Regierung in leuchtenden Farben fulminante Bilder gemalt, wer da nicht aller Schwerarbeiter ist. Und diese Reden hinterließen am Anfang einen Eindruck, dass man glaubte: Ja, da ist wirklich eine Regierung am Werk, der der Schutz der Schwerarbeiter ein echtes Anlie­gen ist!

Aber was ist denn daraus geworden? Wofür steht denn dieses Gesetz jetzt? Was hat es denn vorzuweisen? – Da sehen wir interessanterweise, dass bis 2010 gerade einmal 300 bis 500 Arbeiter und Angestellte in den Genuss dieser Gesetzesregelung kommen. – Das ist die Wahrheit, um die es hier heute geht! Mittelfristig kommen – das sagt die Pensionsversicherung selbst, die es offenbar wissen muss – 1 500 aus dem ASVG-Bereich da herein.

Frau Ministerin, ich habe Ihnen bei diesen Debatten immer genau zugehört, und ich kann jetzt nur eines sagen: Nach monatelangen Verhandlungen legten Sie heute hier einen Gesetzentwurf vor, in dessen Anwendungsbereich in diesem Land praktisch niemand kommt. – Das ist Realität, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 81

Das ist das wirkliche Ergebnis – und das müssen Sie verantworten! Ich verhehle hier heute nicht, dass ich geglaubt habe, dass bei diesem Gesetz mehr herauskommt. Das war meine Erwartung. Wahrscheinlich haben das alle Sozialpolitiker erwartet. Die wissen nämlich genau, dass auf dieser Seite des Hohen Hauses (auf die ÖVP-Reihen zeigend) viele Arbeitgeber sitzen, und haben sich gesagt, die sind ja nicht die Mutter Teresa, die werden ihre Interessen beinhart ausverhandeln. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) Das ist legitim. Das haben wir in den Interessenvertretungen der Arbeit­nehmer auch nicht anders erwartet. Aber dass am Schluss des Tages ein komplettes Nichts für Arbeiter und Angestellte herauskommt, hat sogar unsere Erwartungen übertroffen, meine Damen und Herren! – Das ist die jetzige Situation! (Beifall bei der SPÖ.)

Dabei können Sie wirklich nicht sagen, dass wir uns verweigert hätten. Frau Ministerin, Sie können das bestätigen: Wir sind Tag und Nacht verhandlungsbereit gewesen, auch am Tisch gesessen. Die Opposition hat immer wieder, auch noch im Sozialausschuss, bessere Lösungen angeboten, hat immer wieder gesagt: Die beste Definition der Schwerarbeit nützt uns gar nichts, wenn die pensionsrechtlichen Voraussetzungen für die Schwerarbeiter so rigide bleiben, dass im Ergebnis niemand in den Genuss der Regelung kommt. Sie haben das aber leider nach der langen Debatte ausgeschlagen und letztlich gesagt: Wir brauchen euch nicht! Deshalb schaut das Gesetz jetzt auch dementsprechend aus.

Eine letzte Bemerkung: Die Frauen kommen wirklich nicht in dieses Gesetz, denn wenn man Frauen in dieses Gesetz hätte integrieren wollen, dann hätte man prinzipiell von 40 Versicherungsjahren ausgehen müssen, denn 40 Beitragsjahre erreicht in diesem Land niemand. Dann hätte man meiner Auffassung nach von einem Zugang nicht mit 60, Kollege Tancsits, sondern mit 55 ausgehen müssen, denn den Männern ermöglichen Sie es auch, als Schwerarbeiter fünf Jahre früher in Pension zu gehen. Weshalb das gerade bei Frauen nicht geht, das verstehe ich nicht.

Es liegt heute hier ein Gesetzentwurf vor, zu dem man sagen muss: Sie haben es, Frau Ministerin, nicht einmal im Ansatz geschafft, ein Zukunftskonzept für Schwer­arbeiterInnen in diesem Land vorzulegen, das den Namen auch nur annähernd verdient. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

13.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Neugebauer. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


13.17.19

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Meine sehr geehrten Kolleginnen! Frau Präsidentin! Mitglieder der Bundesregierung! Geschätzte Kollegen! In einem bin ich mit dem Kollegen Öllinger einer Meinung: Die Grundlagen für die Verweildauer in der Pension bei langer Tätigkeit in Schwerarbeit, etwa in Form von Sterbetafeln, wie sie die Versicherungen benützen – die geben aber leider keine wirklich ausdifferenzierte Auskunft –, hätten uns wesentlich weitergeholfen. Das, was hier moniert worden ist, ist der Gegenstand von eineinhalbjährigen Beratungen in Expertenkreisen – auch unter Beiziehung der Sozialpartner – gewesen.

Wir haben uns in der Sache bei der sehr sperrigen Materie nicht ganz leicht getan, denn man musste sich, weil es keine gültige Definition von Schwerarbeit gibt, an das Nachtschwerarbeitsgesetz anlehnen und auch die Erkenntnisse der Arbeitsmedizin und der Berufskunde einbringen. Die Alternative wäre gewesen, in diesem Bereich nichts zu tun, also Schwerarbeit für die Pension nicht schlagend zu machen, wie das 30 Jahre vorher geschehen ist. Da ist mir lieber, wir setzen einen Start, den wir letztendlich auch weiterentwickeln können. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 82

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem Gesetz ist eine Schwerarbeitspensions­regelung für alle Berufsgruppen, auch für die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst, geschaffen worden. Dieser Zugang ist bereits international als richtungsweisend aner­kannt worden.

Dass man nur einen gewissen Teil der zurückliegenden Jahre erfassen kann, ist klar. Bitte stellen Sie sich doch das Chaos vor, wenn wir Behauptung, Gegenbehauptung und Anerkennung von Schwerarbeitspensionen über Jahrzehnte hinweg vor Gerichten abhandeln müssten! Eine Regelung, die dieses Hohe Haus beschließt, muss sinnvoll und administrierbar sein. Darauf haben auch die Kolleginnen und Kollegen von der Pensionsversicherungsanstalt deutlich hingewiesen.

Letztendlich betreten wir hier Neuland – es ist mir wichtig, das hier zu sagen; das habe ich auch im Ausschuss schon gesagt –, und zwar nicht nur in Österreich, sondern auch international. Es war auch wichtig, dass wir festgelegt haben, dass eine Exper­tenkommission, eingerichtet im Bundesministerium, diese Schwerarbeitspensions­regelung regelmäßig evaluieren wird. Ich halte das für einen wichtigen Start.

Darüber hinaus ist es für den öffentlichen Dienst gelungen, auch jene Bereiche mit aufzunehmen, die in ihrem beruflichen Tätigkeitsfeld ein hohes Risiko für Leib und Leben haben. Das sind unsere Exekutivbeamten, das sind die Kollegen, die für die Landesverteidigung tätig sind.

Apropos Bundesheer: Ich darf daran erinnern, dass die Bundesheerreformkommission mit breiter Zustimmung von Repräsentanten aller Parteien unter Vorsitz des Herrn Altbürgermeisters Helmut Zilk getagt hat – von dieser Stelle aus die besten Gene­sungswünsche an den Herrn Altbürgermeister! – und dass gerade diese Reform 2010 eine Reihe von Strukturoptimierungen und eine völlige Änderung der Dimension des Heeres vorsieht, sodass es nicht möglich sein wird, in etwa 6 000 der voraussichtlich betroffenen Kolleginnen und Kollegen auf anderen adäquaten Arbeitsplätzen zu verwenden.

Es ist deshalb notwendig, für etwa 3 000 von ihnen besondere Abfederungs­maß­nahmen zu setzen. Ich darf daher gemeinsam mit meinem Kollegen Fauland einen Abänderungsantrag einbringen, der darauf abstellt, diese notwendige Reform im Bereich der österreichischen Landesverteidigung sozial verträglich abzufedern, und bedanke mich sehr herzlich dafür, Frau Präsidentin, dass dieser Abänderungsantrag entsprechend verteilt worden ist.

Damit sichern wir in sozialer Verantwortung für einen Bereich, der einer erheblichen Veränderung unterliegt, auch die soziale Kompetenz, und ich darf mich als Vorsitzen­der der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst auch in schwierigen Zeiten der Gewerk­schaftsbewegung darüber freuen, dass die Sozialpartnerschaft zwischen der Bundes­regierung und der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst trotz aller Unkenrufe bestens funktioniert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der von Herrn Abgeordnetem Neugebauer soeben eingebrachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Neugebauer, Fauland wurde in seinen Kernpunkten erläutert, ist damit ordnungsgemäß eingebracht, auch ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung. Herr Abgeordneter, ich lasse den Antrag auf Grund seines Umfangs auch unverzüglich zur Verteilung bringen.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 83

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Neugebauer, Fauland, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Re­gierungsvorlage (1315 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Gehaltsgesetz 1956 geändert werden, in der Fassung des Ausschussberichtes (1394 d.B.)

Der Nationalrat wolle in Zweiter Lesung beschließen:

Die oben bezeichnete Vorlage wird in Artikel 5 (Änderung des Gehaltsgesetzes 1956) wie folgt geändert:

1. Die bisherige Z 3 erhält die Bezeichnung Z 8 und es werden folgende Ziffern 3 bis 7 eingefügt:

„3. In § 113h wird der Überschrift die Wortfolge „und die Bundesheerreform 2010“ angefügt.

4. In § 113h wird nach Abs. 1 folgender Abs. 1a eingefügt:

„(1a) Wird in Folge der Bundesheerreform 2010 im Bereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung ein Beamter des Militärischen Dienstes oder ein Beamter des Allgemeinen Verwaltungsdienstes gemäß § 38 BDG 1979 versetzt oder gemäß § 40 Abs. 2 BDG 1979 einer Verwendungsänderung unterzogen, oder sein Arbeitsplatz einer niedrigeren Funktionsgruppe derselben Verwendungsgruppe zugeordnet, so ge­bührt ihm

1. ein Differenzausgleich und

2. wenn der Beamte des Militärischen Dienstes nicht mehr in einem Bereich, der der Einsatzorganisation zugeordnet ist, tätig ist, an Stelle der Zulage nach § 98 für die Dauer von 6 Jahren eine ruhegenussfähige Ergänzungszulage.

§ 113e ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass abweichend von § 113e Abs. 2 der Zeitraum des möglichen Fortbezuges der bisherigen Funktionszulage spätestens nach sechs Jahren endet.“

5. In § 113h Abs. 3 wird das Zitat „Abs. 1“ durch das Zitat „Abs. 1 und 1a Z 1“ ersetzt.

6. § 113h Abs. 5 lautet:

„(5) Die Abs. 1, 2, 3 und 4 sind nur auf jene Beamten des Bundesministeriums für Inneres anzuwenden, deren Versetzung oder Verwendungsänderung bis zum 31. März 2006 erfolgt ist.“

7. Dem § 113h wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) Die Abs. 1a bis 4 sind nur auf jene Beamten des Bundesministeriums für Landesverteidigung anzuwenden, deren Versetzung oder Verwendungsänderung bis zum 1. Juli 2007 erfolgt ist. Eine weitere Verlängerung um 12 Monate ist möglich.““

2. Die bisherige Z 3 (neu Z 8) lautet:

„8. Dem § 175 wird folgender Abs. 53 angefügt:

„(53) In der Fassung des Bundesgesetzes BGB. I Nr. xxx/2006 treten in Kraft:

1. § 40b Abs. 2 Z 6 mit 1. Jänner 2006,

2. § 113h samt Überschrift mit 1. Juli 2006,

3. § 61c Abs. 1 Z 1 und 2 mit 1. September 2006.““


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 84

Begründung:

Zu § 113h GehG:

Auf der Basis der Vorschläge der Bundesheerreformkommission, wird die Projekt­gruppe „Management Bundesheer 2010“ anhand der einstimmigen Beschlüsse des Nationalen Sicherheitsrates sowie des Ministerrates ein neues, modernes öster­reichisches Bundesheer erarbeiten.

Im Zuge dieser Bundesheerreform 2010 wird es – wie auch bereits bei der Zusam­menlegung von Polizei und Gendarmerie – auf Grund der Größe der Reform unum­gänglich sein, Bedienstete von gewissen Tätigkeiten abzuberufen und ihnen andere Tätigkeiten zuzuweisen. Dies wird mittels Versetzungen und Verwendungsänderungen dienst- und besoldungsrechtlich durchgeführt werden. Wie auch bereits bei der Zusammenlegung der Wachekörper wird es aber auch bei der Bundesheerreform 2010 nicht möglich sein, alle betroffenen Bediensteten weiterhin auf adäquaten Arbeits­plätzen zu verwenden. Um diese notwendige Reform sozialverträglich abzufedern, wird für die von der Bundesheerreform 2010 betroffenen Bediensteten des Bundesminis­teriums für Landesverteidigung eine zusätzliche Regelung geschaffen.

Finanzielle Auswirkungen:

Ein Mehraufwand ergibt sich dadurch, dass auf die von der Heeresreform betroffenen Bediensteten neben der allgemeinen 3-jährigen Ergänzungszulage davor auch § 113h GehG und der auf sechs Jahre verlängerte § 113e GehG anzuwenden sind.

Die konkreten Aufwendungen lassen sich erst mit den tatsächlichen Verset­zungs­festlegungen ermitteln. Ausgehend von einer Maximalannahme, dass von der Reform ca. 3.000 Bedienstete, und zwar je zu einem Drittel Militärpersonen, Beamte des A-Schemas und zivile Vertragsbedienstete, betroffen sind, ergibt sich im 1. Jahr nach der Versetzung ein Mehraufwand von 0,7 Mio. €, für das 2. Jahr 0,7 Mio. €, für das 3. Jahr 0,7 Mio. € für das 4. Jahr 0,9 Mio. €, für das 5. Jahr von 1,2 Mio. €, für das 6. Jahr von 1,5 Mio. €, für das 7. Jahr von 1,3 Mio. €, für das 8. Jahr von 1,0 Mio. € und für das 9. Jahr von 0,6 Mio. € jährlich.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


13.22.12

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich habe mir jetzt die Argumentationen von Herrn Tancsits und von Herrn Walch angehört (Abg. Dr. Fekter: Dem Kollegen Neugebauer haben Sie nicht zugehört?): wie sie versucht haben, zu sagen, wie gut eigentlich ihre Schwerarbeiterregelung ist. Aber sie sind leider nicht durchgekommen, weil sie es ohnehin wissen. Wenn sie dann noch sagen: Ja was wollt denn ihr Frauen, für euch gilt das natürlich nicht, weil ihr ohnehin das Privileg habt, dass ihr mit 60 Jahren in Pension geht (Zwischenrufe bei der ÖVP), bitte haltet den Mund, sonst setzen wir euch das Pensionsalter auf 65 Jahre hinauf! – wenn das Sozialpolitik ist, seriöse Sozialpolitik, wie es Herr Tancsits genannt hat, dann können sie samt ihrer Sozialpolitik unterm Teppich Radl fahren, so klein sind sie dann nämlich! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dass Sie die Frauen vergessen haben, nein, dass Sie sie nicht hereinnehmen wollten, dazu können Sie ja stehen, wenn Sie es so wollten. Sie reden auch von der Schwer­arbeiterregelung und haben noch nie von einer Schwerarbeiterinnenregelung ge-


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sprochen, weil das in diesem Fall ohnehin nicht passen würde. (Zwischenruf des Abg. Mag. Tancsits.) Stehen Sie doch dazu, und sagen Sie das auch! Wir Frauen könnten mit euch schon umgehen, und wir werden euch schon irgendwie zeigen, wie es wirklich aussieht.

Sie werden doch nicht wirklich glauben, dass Sie, wenn heute 1,5 Prozent der Männer, die jährlich in Pension gehen, vielleicht einen Anspruch auf diese Regelung haben, damit die Welt verändern. Sie haben es verschlechtert, aber sicher nicht verbessert! Das ist kein Fortschritt, sondern ein Riesennachteil, nämlich für alle, die Schwerarbeit leisten, und insbesondere für jene, die im Pflegebereich tätig sind. Denn aus diesem Bereich kommt eine große Gruppe der Betroffenen, und das sind – das werden Sie auch wieder nicht für möglich halten – zu 96 Prozent immer noch Frauen.

Frau Ministerin, jetzt muss ich Ihnen wirklich etwas sagen, damit Sie einmal ein bisschen Gespür für die Praxis bekommen; viel erwarte ich mir nicht, aber wenigstens ein bisschen. Ich habe vor kurzem eine Frau getroffen, die Krankenschwester war. Sie hat mit 18 Jahren angefangen, hat die Krankenpflegeschule gemacht und hat dann als Krankenschwester begonnen. Sie hat den Beruf 17 Jahre ausgeübt, dann war ihr Kreuz „hin“, so ist das eben, ihre Wirbelsäule hat sie abhaken können. Sie war in Karenz, weil sie Kinder bekommen hat, danach ist sie wieder eingestiegen und wollte wieder als Krankenschwester arbeiten, aber das war mit ihrem Rückgratschaden natürlich nicht mehr machbar. Sie hat dann das Glück gehabt, sage ich jetzt einmal, dass sie in die Pflegequalitätsleitung gekommen ist. Sie kann daher jetzt mit ihrer Ausbildung praktisch einen Bürojob machen, aber sitzen kann sie trotzdem kaum mehr.

Diese Frau kann sich Ihre Regelung, wie immer Sie sie auch nennen, hinten und vorne abschminken, für sie gibt es die einfach nicht. Sagen Sie das diesen Leuten! Seien Sie doch so fair und ehrlich und sagen Sie das diesen Leuten!

Sagen Sie das auch jenem Mann – ich kenne ihn zufällig –, der 25 Jahre Rollstuhl­fahrer in den ersten und zweiten Stock hinauf- und wieder heruntergezogen hat; aber nicht einen, sondern ein ganzes Internat voll! Wir waren 160 Kinder, damals gab es noch keinen Lift, deshalb sind wir hinauf- und heruntergezogen worden. Dann ist das Heim übersiedelt worden, und es hat einen Lift gegeben. Das Kreuz dieses Mannes war kaputt, dafür war ein Lift da. Das war vor 21 Jahren.

Glauben Sie, dieser Mann hat mit seinem kaputten Kreuz jetzt, 61 Jahre alt, einen Anspruch auf eine Schwerarbeiterregelung? – Nichts hat er, das alles kann er sich abschminken! Er hat Pech gehabt, wie alle Pech haben.

Frau Ministerin, ich finde es einfach unerträglich, dass Sie den Leuten etwas vor­machen, dass Leute dabei sind, die Ihnen das noch immer abnehmen – es werden ja immer weniger, aber es gibt immer noch ein paar –, und dass alles nicht stimmt. Das alles stimmt nicht, die Leute werden wirklich hinten und vorne – ich darf es nicht sagen, aber ihr wisst, was ich meine! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Trunk. – Abg. Öllinger: Alles darf man sagen hier herinnen, habe ich gehört! – Abg. Dr. Fekter: ... gepflegte Sprache!)

Wenn von einem Redner – entweder war es Herr Walch oder Herr Tancsits, ich weiß es nicht mehr genau – gesagt wird: das ist jetzt einmal etwas und das müssen wir uns eben anschauen und dann wieder ändern, dann sagen Sie doch gleich: Das ist ein Pfusch! Nehmen Sie Ihren Pfusch wieder zurück! Sie vergeben sich nichts, weil Sie schon so viel Pfusch gebaut haben, dass der eine auch nicht mehr auffällt. (Heiterkeit sowie Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)


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Das heißt, Sie werden damit keine Höhepunkte oder irgendwelche Zeitungsmeldungen produzieren. Das sind ohnehin alle gewohnt, das ist eh der Regelfall, Sie vergeben sich also nichts. Nehmen Sie das zurück! Und wenn Sie etwas machen wollen, dann machen Sie etwas Ordentliches und etwas, was den Leuten wirklich etwas bringt! (Abg. Neugebauer: Das werden Sie uns erklären, was ordentlich ist!) Aber verkaufen Sie die Leute nicht für blöd! Die Leute sind nicht blöder als manche, die glauben, dass sie blöder sind. Täuschen Sie sich nicht! (Beifall bei den Grünen.)

13.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste kommt Frau Bundesministerin Haubner zu Wort. – Bitte.

 


13.27.21

Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen auf der Regie­rungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist heute schon ein paar Mal angesprochen worden: Wir betreten mit dieser Schwerarbeiterregelung Neuland, und sie ist ein wichtiger Baustein in einem Pensionssicherungssystem, das wir rechtzeitig in Angriff genommen haben, dass es auch für die Zukunft fair ist, dass es der Zukunft gerecht wird und dass es vor allem ein sehr nachhaltiges Pensionssystem ist.

Ich denke, wir haben die Hausaufgaben insgesamt sehr wohl rechtzeitig gemacht. Denn wenn wir uns die demografische Entwicklung ansehen, nicht nur in Österreich, sondern europaweit, und wenn wir uns ansehen, wie man in anderen Ländern überlegt, wie man das Pensionssystem reformiert, wie man über die Anhebung des Pen­sionsantrittsalters diskutiert – zum Beispiel in unserem Nachbarland Deutschland auf 67 Jahre, in den nordischen Ländern geht es schon gegen 70 Jahre –, wie man darüber diskutiert, wie man die Pensionen in Zukunft auch für die Jüngeren sichern soll, dann, denke ich, haben wir die Herausforderungen rechtzeitig erkannt. Wir haben insgesamt ein Pensionssystem zustande gebracht, das einerseits flexible Übergangs­regelungen vorsieht, wie zum Beispiel mit der Korridorpension, ein System, das vorsieht, dass Menschen, die berufsunfähig, krank oder invalid sind, früher in Pension gehen können.

Ich möchte hier einmal ganz klar sagen, ich habe das Gefühl, in den Reden der Vorrednerinnen und Vorredner von der Opposition ist versucht worden zu vermitteln, dass die Schwerarbeitsregelung eine Ersatzregelung für die Berufsunfähigkeit und für die Invaliditätspension ist. Das ist es nicht! Es ist kein Ersatz, es ist keine Alternative, sondern es ist eine zusätzliche Möglichkeit, auf Grund von schwerstbelastenden Tätig­keiten im Laufe des Arbeitslebens, und zwar vor allem in den letzten 20 Jahren, früher in Pension zu gehen. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

Da schon viele Kolleginnen von der Opposition zu Wort gekommen sind und immer wieder gesagt haben, dass Frauen benachteiligt werden (Abg. Heinisch-Hosek: Genau!), möchte ich hier einmal festhalten, dass gerade im Bereich der Pensions­reform noch nie so viel für Frauen und für deren Lebenssituation gemacht wurde. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich denke zum Beispiel an die Erhöhung der pensionsbegründenden Zeiten für Kin­dererziehung auf vier Jahre. Ich denke an die Erhöhung der Bemessungsgrundlage für die Berechnung dieser Zeiten. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.) Ich denke daran, dass in Zukunft gerade die Frauen profitieren werden, wenn nur noch sieben Jahre der Erwerbstätigkeit außer Haus notwendig sind, um die 15 Jahre für den Erwerb einer eigenen Pension zu erlangen, und die Zwischenzeiten mit Kindererziehung oder mit begünstigter Pflegepension aufgebessert werden können.


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Ich denke hier zum Beispiel auch an die außertourliche Erhöhung des Ausgleichs­zulagenrichtsatzes, was wiederum zwei Drittel der Frauen besonders begünstigt. Das ist wichtig und notwendig. Alle Parteien reden immer von der eigenständigen Alters­sicherung für Frauen, und ich denke, wir haben in den letzten Jahren auch versucht, die Fehler der Vergangenheit ein wenig zu korrigieren. Denn früher ist viel geredet, aber wenig gehandelt worden. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir sind, gerade was die Schwerarbeitsregelung anbelangt, sehr verantwortungsvoll an die Dinge herangegangen. Wir haben uns auch einen Spielraum geschaffen, um zusätzliche Leistungen anbieten zu können. Dieser Spielraum wird immer wieder ein bisschen vergessen.

Wir haben im Bereich der Pensionssicherungsreform dort, wo wir Einfluss hatten und haben, dort, wo wir Zuständigkeit haben (Abg. Dr. Jarolim: Eine Postensicherungs­reform haben Sie gemacht! In der übelsten Art! – weitere Zwischenrufe), Pensions­privilegien abgebaut. Das möchte ich auch hier noch einmal sagen: Es gibt keine Politikerpensionen mehr, und in Fällen alter Politikerpensionen muss ein Solidaritäts­beitrag geleistet werden. (Abg. Neugebauer: Das hat er schon vergessen!) Wir haben also gerade im Bereich der höheren Pensionen sehr stark Privilegien abgebaut. (Abg. Neugebauer: Das hat er auch schon vergessen!)

Ich bin sehr froh darüber, dass wir heute im Rahmen dieses Änderungsgesetzes auch ein weiteres Privileg abbauen; da hätten eigentlich schon die Kollektivvertragspartner Handlungsfähigkeit zeigen sollen. (Abg. Neugebauer: Das kann man nicht erwarten!) Denn in der Privatwirtschaft, aber auch im öffentlichen Dienst ist es nicht mehr üblich, dass man, wenn man eine befristete hohe Leiterstelle hat, die Befristung ausläuft und der ursprüngliche Posten nicht mehr zur Verfügung steht, bei gleichen Bezügen sozusagen seine Dienstzeit abwickeln kann. (Abg. Silhavy: Das ist ja durch euch aktuell geworden!) Das gibt es auch im öffentlichen Dienst nicht mehr, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Silhavy: Das ist mit eurer Postenschacherpolitik aktuell geworden!) Daher sage ich, das soll es in Zukunft auch bei den Sozial­versicherungen nicht geben. Das ist keine Drohgebärde, meine Damen und Herren, sondern das ist eine Realität, auf die wir zu reagieren haben.

Dort, wo es noch Privilegien gibt und die Regierung beziehungsweise das Parlament etwas ändern kann, müssen wir es tun. Es gibt leider Gottes noch Institutionen, in denen es hohe Pensionen gibt und in denen es möglich ist, nach 35 Dienstjahren 80 Pro­zent des Letztbezuges zu bekommen. (Abg. Neudeck: Bei der BAWAG brauchst nicht einmal die! Da kriegst eine Dienstwohnung auch noch nachge­schmis­sen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir haben mit einem guten Versuch – ich sage ganz bewusst: mit einem guten Versuch –, mit dem wir Neuland betreten haben, ein wichtiges Zeichen für die Menschen gesetzt, die schwerst gear­beitet haben, weil sie ein Anrecht darauf haben, früher in Pension zu gehen. Schwerst zu arbeiten heißt es unter anderem auch in der Pflege. Hier habe ich mich gerade auch als Frau und als Ministerin sehr stark dafür eingesetzt, dass wir ein umfassendes und gutes Kriterium für diejenigen, die im Bereich der Pflege tätig sind, finden.

Wir haben insbesondere die körperlich schwer Arbeitenden mit hereingenommen, auch in Anlehnung an das bestehende Nachtschwerarbeitsgesetz. Es freut mich, dass es über die Kalorien heute keine Diskussion mehr gibt. (Abg. Mag. Weinzinger: Keine Sorge, das kommt schon noch!) Denn im Nachtschwerarbeitsgesetz gibt es diese Möglichkeit schon seit fast 20 Jahren.


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Wir haben aber auch für die Menschen mit Behinderungen ein klares Signal gesetzt, dass sie, wenn sie sehr stark belastet sind, selbstverständlich diese Möglichkeit haben. Daher ist, glaube ich, mit „60 – 20 – 10“ eine Formel gefunden worden, die den schwerstarbeitenden Menschen in Österreich gute Chancen gibt, auch früher in Pension zu gehen.

Zu allem, was hier darüber gesagt wurde, dass nur so und so viele in Pension gehen können und manche überhaupt nicht, sage ich Ihnen, meine Damen und Herren: Das sind Spekulationen. Denn wer seriös an die Sache herangegangen ist, der weiß, dass wir hier viel zu wenige Erfahrungswerte haben und dass auch die Zahlen, die von den verschiedensten Institutionen aufgelegt werden, nur Schätzungen sind.

Wir haben – und das möchte ich auch noch einmal ganz klar feststellen – mit der Verlängerung der Langzeitversichertenregelung für die nächsten Jahre auch für die Frauen bessere Möglichkeiten geschaffen, früher in Pension zu gehen. (Abg. Silhavy: Neue Privilegien?)

Daher sage ich, die Regelung ist umsetzbar, sie ist nachvollziehbar, und vor allem haben wir gehandelt, statt zu reden. Ich glaube, man muss auch den Mut haben, in einem System, das wir zukunftstauglich machen (Abg. Dr. Jarolim: Den Mut zur Inkompetenz muss man haben!), in diesem Bereich auch für jene, die es besonders brauchen, etwas zu tun.

Zu dem, was Sie gesagt haben, Herr Kollege Öllinger: Bei denen, die im Urlaub sind, zählt das dann nicht mehr, und bei denen, die krank sind, zählt das ebenfalls nicht mehr!, muss ich Ihnen sagen, dass Sie da nicht gut informiert sind. Denn genau so wird es sein, dass das – wie in allen anderen Systemen, auch in anderen Pen­sionssystemen – natürlich nicht extra berechnet wird beziehungsweise hinausfällt (Abg. Öllinger: Steht so drin! – Abg. Mag. Weinzinger: Wie wäre es, wenn Sie einmal den Entwurf lesen?), sondern diese Zeiten sind natürlich dabei. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Nein!)

Daher bitte ich, in dieser Sache die Wahrheit dort zu lassen, wo sie hingehört. Sie wissen, dass wir im Bereich der Verordnung auch entsprechende Erlässe zu setzen haben, und im Rahmen eines dementsprechenden Erlasses wird das auch klargestellt, falls es hier Unklarheiten gibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf zum Abschluss sagen, dass die Fakten insgesamt für ein gutes österreichisches Pensionssystem sprechen. Die Höhe der Frauenpensionen ist von 2001 bis 2004 um 15 Prozent gestiegen. Der Aus­gleichszulagenrichtsatz, das habe ich schon gesagt, wurde außertourlich erhöht. Wir haben nach wie vor – was gerecht ist – ein unterschiedliches Frauenpensionsalter, und wir werden auch in Zukunft ein sehr transparentes und eigenes Pensionskonto für jeden haben.

Daher sage ich: Die Schwerarbeiterregelung ist ein wichtiger Baustein, auch für die Zukunft eines guten und sicheren Pensionssystems. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. (Abg. Neudeck: Aber nur, weil er nicht zugehört hat!) Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestimmungen: Zunächst den zu berichtigenden, dann den berichtigten Sachverhalt in 2 Minuten. – Bitte.

 


13.38.19

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin, ich berichtige zwei Sach­ver­halte.


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Zum einen hat die Frau Bundesministerin behauptet, es gibt keine Politikerpensionen mehr.  – Das ist unrichtig!

Es gibt selbstverständlich noch immer Personen, die nach dem Politikerbezügegesetz in Pension gehen können.

Zum Zweiten haben Sie, Frau Bundesministerin, behauptet, dass Urlaubs- und sonstige Fehlzeiten bei der Berechnung der Schwerarbeitszeiten berücksichtigt seien. – Das müssen Sie erklären, Frau Bundesministerin, denn im Unterschied zu Ihrer Darstellung heißt es nämlich in der Schwerarbeitsverordnung:

„Als Tätigkeiten, die unter körperlich oder psychisch besonders belastenden Bedin­gungen erbracht werden, gelten jene, die geleistet werden

in Schicht- oder Wechseldienst“ auch während der Nacht, das heißt zwischen 22 Uhr und 6 Uhr, jeweils im Ausmaß von mindestens sechs Stunden und zumindest an sechs Arbeitstagen – Arbeitstagen, nicht Urlaubstagen! – im Kalendermonat, „sofern nicht in diese Arbeitszeit überwiegend Arbeitsbereitschaft fällt“.

Frau Bundesministerin! Wenn Sie aus dieser Schwerarbeitsverordnung etwas anderes herausinterpretieren (Zwischenrufe – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glocken­zeichen – Abg. Neudeck: Das ist aber keine tatsächliche Berichtigung! – weitere Zwischenrufe), dann müssen Sie das per Bestimmung begründen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mittermüller. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


13.40.01

Abgeordnete Marialuise Mittermüller (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Geschätzte Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Die heute zum Beschluss vorliegende Schwerarbeiterregelung bringt für die Schwer­arbeit leistenden Menschen eine eindeutige Verbesserung der Pensionsregelung. Wir haben, geschätzte Vorredner der SPÖ-Fraktion, keine falschen Hoffnungen geweckt. Im Gegenteil, wir haben damit den ersten wichtigen und richtigen Schritt gesetzt. Es gab auch in der Vergangenheit schon schwer arbeitende Menschen, und ich frage Sie, geschätzte Damen und Herren der SPÖ-Fraktion, wo bisher Ihre Leistungen für diese Menschen waren.

Im Besonderen berücksichtigt diese Regelung die Frauen – und da möchte ich den Vorrednerinnen, die doch etwas anderes behauptet haben, wirklich widersprechen –: einmal dadurch, dass körperliche Schwerarbeit bei Frauen mit 1 400 Arbeitskalorien bewertet wird, was im Gegensatz zur Bewertung bei den Männern steht, wo sie immer noch mit 2 000 Arbeitskalorien festgeschrieben ist, andererseits aber auch dadurch, dass Schwerarbeit mit zunehmendem Lebensalter als besonders belastend eingestuft wird. Auch das kommt den Frauen zugute, wissen wir doch, dass Frauen im Beson­deren die Doppelbelastung Beruf und Familie zu tragen haben. Den Frauen kommt die Schwerarbeiterregelung aber auch insofern zugute – und das hat die Frau Bun­desminister jetzt auch deutlich zum Ausdruck gebracht –, als die besonders belastende Tätigkeit der Pflegearbeit ein früheres Pensionsantrittsalter begründet.

Kollege Öllinger hat vorhin die verkürzte Lebenserwartung bei besonders belastenden Arbeitsbedingungen angesprochen. Auch hiefür ist die Regelung richtig, wichtig und zielführend, und dies vor allem für Frauen. In der Betreuung von Kranken und behinderten Menschen, in der Hospiz- und Palliativmedizin, in Einrichtungen für psychisch kranke Menschen sind fast 90 Prozent der Beschäftigten Frauen. Es ist schon richtig, hohe psychische und körperliche Belastungen warten auf diese


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Arbeitnehmerinnen, und der Anblick von Schmerz und Leid beansprucht sehr viel seelische Kraft. Die Schwerarbeiterregelung wird daher das hohe Niveau der Pflege- und Betreuungsleistungen in Österreich heben und fördern, und ist unter Bun­desministerin Ursula Haubner ein weiterer Schritt der Anerkennung dieser wertvollen Arbeitsleistung in unserer Gesellschaft.

Wir sind mit dieser Regelung unter unserer Sozialministerin auf dem richtigen Weg, und es ist vorhin schon vom Kollegen Walch angesprochen worden: Wir sind auch Vorbild für Deutschland, denn die SPD-Politiker Beck und Müntefering bezeichnen unser österreichisches Modell als beispielgebend und wollen Ähnliches auch in Deutschland einführen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin Haubner hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.43.02

Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner: Frau Präsidentin! Ich darf feststellen: Wir haben eine Verordnung, die so genannte Schwerarbeitsverordnung, in der besonders belastende Berufstätig­keiten festgeschrieben sind, in der die Meldung der Schwerarbeitszeit geregelt wird, in der auch definiert ist, was ein Schwerarbeitsmonat ist, und zwar im am 9. März 2006 herausgegebenen Bundesgesetzblatt.

Ich darf Ihnen zur Information bekannt geben, was dort zum Schwerarbeitsmonat festgehalten ist:

„§ 4 Ein Schwerarbeitsmonat ist jeder Kalendermonat, in dem eine oder mehrere Tätigkeiten nach § 1 Abs. 1 zumindest in jenem Ausmaß ausgeübt wurden, das einen Versicherungsmonat im Sinne des § 231 Z 1 lit. a ASVG begründet. Arbeitsunter­brechungen bleiben dabei außer Betracht, solange die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung weiter besteht.“ – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Öllinger: Das erklärt noch immer nichts!)

13.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dobnigg zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.44.13

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Minister! Meine Herren Staatssekretäre! Werte Kolleginnen und werte Kollegen! „Schwindel der Regierung mit der Sonderregelung für Schwerarbeiter: Mehr Gerechtigkeit schafft sie nicht.“ „Ab in den Reißwolf mit dem schweren Unsinn“. – Bitte, das (der Redner hält eine Zeitungsseite in die Höhe) ist der Leitartikel von Karl Ettinger in der „Presse“ vom 1. Februar 2006. (Abg. Ellmauer: Völliger Unsinn das!)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mit diesen Aussagen hat es der Journalist Ettinger in zwei Sätzen auf den Punkt gebracht, denn diese Schwerarbeiterregelung strotzt nur so von Ungerechtigkeiten. Diese von der Regierung aus ÖVP und ihrem bunten Koalitionspartner heute zum Beschluss vorgelegte Schwerarbeiterregelung zeigt wieder einmal sehr deutlich, wie ernst Sie diesen Personenkreis nehmen, der ein Leben lang unter schwierigsten Bedingungen gearbeitet hat, Schwer- und Schwerst­arbeit geleistet hat. (Abg. Fauland: Was haben Sie getan für sie?)

Kollege Fauland, ich bin das 43. Dienstjahr in einem Stahlwerk in Donawitz, in der voestalpine beschäftigt, und habe es Gott sei Dank nicht so schwer gehabt. Tagtäglich kommen Kolleginnen und Kollegen zu mir, die vor 50 Jahren schwere gesundheitliche


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Schäden erlitten haben – sie fallen nach Ihren Vorstellungen leider nicht unter diese Schwerarbeiterregelung.

Wenn man schon vom Diskutieren spricht: Sie waren nicht bereit, unsere Vorstellungen aufzunehmen, aufzugreifen und vor allem jenen Menschen, die nach Ihrer Regelung benachteiligt sind, diese Begünstigung auch zukommen zu lassen. (Abg. Rädler: Und ihr? Wie lange habt ihr nichts für sie gemacht?)

Diese Regelung ist ein Trauerspiel, so ganz nach dem Motto: Stell dir vor, es gibt eine Schwerarbeiterregelung, aber keiner kann sie in Anspruch nehmen! – Wir von Seiten der SPÖ haben aufgezeigt, dass es Verbesserungen geben sollte, denn wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. (Abg. Rädler: Wie viele Sozialminister habt ihr gestellt?) Aber Sie sind wieder wie auch schon in der Vergangenheit drübergefahren nach Ihrem Prinzip: Drüberfahren! Was wir machen, ist richtig!

Sie interessieren die Sorgen der Menschen draußen nicht. Sie schauen darauf, dass Sie Ihre Ex-Minister mit guten Posten versorgen. Das ist der Unterschied. Wir sind tagtäglich draußen bei den Menschen und kümmern uns um ihre Anliegen. (Abg. Fauland: Was habt ihr für sie gemacht?)

Mit dem vorliegenden Gesetzeswerk werden die österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach der sehr großspurigen Ankündigungspropaganda dieser Bun­desregierung schwer enttäuscht und benachteiligt. Darüber hinaus wurde eine ganz große sozialpolitische Chance vertan.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Das erwartete und erhoffte Ziel, Personen, die beson­ders belastende Tätigkeiten ausüben beziehungsweise ausgeübt haben, einen frühe­ren Pensionsantritt zu ermöglichen, wird mit diesem – so nenne ich es – Pfuschgesetz total verfehlt. Aus diesem Grund lehnen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemo­kraten die vorgelegte Schwerarbeiterreglung auch ab.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es gibt einige Moralapostel hier in diesem Hohen Haus, vor allem in den Regierungsfraktionen. Ich habe im Sozialausschuss einmal die Aussage getätigt und die Mitteilung gemacht: Meine Gattin hat im Vorjahr vier Tage vor der Gemeinderatswahl in der Steiermark am 9. März 2005 einen Anruf, eine Morddrohung bekommen. Ein paar Tage später wurde durch Rufdatenerfassung die Person festgestellt, die das gemacht hat. Er hat sieben Seiten persönlich ge­schrieben und unterschrieben und sich bei meiner Gattin entschuldigt. Diese Person war ein Kandidat auf der Gemeinderatsliste der ÖVP in meiner Gemeinde. Und das Traurige daran ist, dass der Abgeordnete zum Nationalrat Hannes Missethon – er ist jetzt leider nicht hier –, inzwischen Landesgeschäftsführer der ÖVP Steiermark, sich dazu geäußert und gesagt hat: Die ÖVP wird dieser Person den besten Rechtsanwalt zur Verfügung stellen. – Das ist so traurig, aber genau das ist die Sudelkiste der ÖVP und Lopatkas. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Person wurde – und deswegen habe ich es gesagt – vor wenigen Minuten rechtskräftig verurteilt. Das ist wichtig! (Beifall bei der SPÖ.)

13.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dona­bauer zu Wort. Seine Wunschredezeit beträgt 4 Minuten. – Bitte.

 


13.48.53

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Frau Bundes­minister! Meine Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren, die Sie diese Diskussion mitverfolgen! Hohes Haus! Ich denke, Herr Kollege, das war kein guter Beitrag. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Wenn Sie mit irgendjemandem etwas abzurechnen haben, dann machen Sie es! Es steht Ihnen im Rechtsstaat natürlich alles zur Verfügung, und das werden Sie auch nutzen. Heute, glaube ich, sollten wir uns einer Diskussion zuwenden, in der es um die Pensionsreform geht. (Rufe bei der SPÖ: Zuhören! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich habe zugehört, ich habe Sie angehört. Sie haben in Wirklichkeit nichts zu bieten außer Ihrer Polemik, die ich jetzt seit dem Jahr 2000 mit abgeänderten Worten immer wieder höre. Wo sind Ihre Vorschläge? Bis heute haben Sie in keinster Weise Beiträge eingebracht, die man ernsthaft diskutieren hätte können. Sie haben nur davon gesprochen, dass das alles unzumutbar ist.

Wissen Sie: Wer nichts tut, macht den größten Fehler! – Wenn Sie das nicht glauben wollen, brauchen Sie nicht weit zu gehen und auch nicht weit zu fahren, sondern rufen Sie bloß Ihre Freunde in Deutschland an. Es tut mir sehr Leid, dass in einem wirt­schaftlich so starken Land die Sozialpolitik solch einen Niedergang erlebt hat, so massiv versagt hat, und zwar nur deshalb, weil jahrelang nichts verändert wurde.

Wir haben im Jahre 1997 ein fast fertiges Pensionsreformgesetz hier gehabt, und ich muss Ihnen sagen, Sie waren es, die nein gesagt haben. Selbst Mitglieder der Bundesregierung aus Ihrer Partei haben das damals als Fehler erachtet.

Nun zur Sache: Wenn Sie jetzt sagen, es sei alles so ungeheuerlich, es sei alles so schlimm und Sie könnten alles besser, dann frage ich Sie: Wo waren Sie denn, als es um die Schutzbestimmung bei Berufsunfähigkeits- oder Invaliditätspensionen ging, wo heute Dienstnehmer, die die entsprechenden Voraussetzungen nicht erfüllen, obwohl sie ihre Arbeit geleistet haben, nicht einmal mit 57 Jahren in Pension gehen können? – Das ist doch Ihr Versagen, bitte!

Ich sage es Ihnen noch deutlicher: Als ich solche Interventionen an die Arbeiterkammer weitergereicht habe, habe ich zweimal erlebt – ich gebe dies hier zu Protokoll –, dass von dieser Stelle die Vertretung zurückgewiesen wurde.

Meine Damen und Herren! Das ist kein edler Schachzug, das ist keine gute Tat, das ist nicht Sozialpolitik der Art, wie Sie sie hier immer vorstellen und vortragen! Ich denke, es ist höchst an der Zeit, dass wir in dieser wichtigen Frage eine ehrliche Diskussion führen.

Punkt 2: Schwerarbeiterregelung. Sie haben sich in Wirklichkeit mit dem Modell angefreundet. Sie haben gesagt: Jawohl, wir sind dafür! Sie haben nur zur Abschlags­frage eine andere Stellung bezogen. Dann gehen Sie doch her und sagen Sie doch: Die Kriterien für die Schwerarbeiterregelung, wie Sie sie auch bejaht haben, sind okay, der Abschlag passt uns nicht!, aber seien Sie nicht so überheblich oder so ober­flächlich und sagen Sie nicht: Alles, was gesagt und gemacht wird, ist nicht annehm­bar! – Das stimmt doch nicht!

Ich denke, es wäre wirklich an der Zeit, dass wir über diese wichtige Frage eine ordentliche Debatte führen, dass wir mit der Verunsicherung der Bürgerschaft einmal aufhören und beginnen, auch das zu sagen, was wir mit dieser Pensionsreform gemacht haben: Wir haben nämlich zeitgerecht eine Veränderung eingeleitet, damit auch die jungen Leute – und die sind die Lastenträger des Systems – darauf bauen können, dass sie in 10, 20 oder 30 Jahren oder wann immer eine gesicherte Leistung aus dem Pensionssystem der Republik Österreich erhalten. Sehen Sie, das ist das Wahrnehmen von Verantwortung!

Wenn Sie glauben, dass nur wir alles schlecht sehen, verweise ich auf Professor Marin – der ist Ihnen gut bekannt, er gehört sogar Ihrer Glaubensgemeinschaft an, er ist Berater der deutschen Bundesregierung. Professor Marin sagt zum Pensionsgesetz


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Österreichs: Das ist das herzeigbarste Regulierungsgesetz in Europa, es hat nur einen Fehler: um zehn Jahre zu spät. – Das sagt ein Experte aus Ihren Reihen! Und das wollen Sie auch in Frage stellen? Ich denke, Sie wollen nicht ernsthaft diskutieren. Und das ist das Schlechteste im Hinblick auf eine Veränderung, die dringend notwendig ist.

Frau Bundesminister! Ich denke, dass die vorgelegte Regelung insofern eine Verbes­serung darstellt, als wir den Beobachtungszeitraum verkürzt haben. Deshalb werden wir dieser Regelung auch zustimmen, weil es doch eine Neuausrichtung ist, die wir dringend brauchen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


13.53.40

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglie­der der Bundesregierung auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich könnte jetzt natür­lich meinen Vorredner gegen sich selbst zitieren. Sinngemäß – wie war das? –: Das war keine gute Rede oder kein guter Beitrag oder so.

Wenn Sie von Verunsicherung der Menschen über die Pensionsregelung reden, sollten Sie sich einmal mit der Frau Ministerin über den Pensionsfolder unterhalten. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Öllinger: Und über sehr viel mehr noch!) – Über sehr viel mehr, mit mehreren Personen. Stichwort Pensionistenpension, Abgeordneter Stummvoll, da könnte man schon noch einiges machen.

Aber mein Hauptthema, das, was mich jetzt wirklich provoziert, weil es sowohl von der Frau Ministerin als auch von mehreren anderen kam, zum Teil mit einer Mimik, beim Kollegen Tancsits beispielsweise, die ich nur als glatte Schadenfreude interpretieren kann –: Die Frauen sind doch gar nicht schlechter gestellt. Die haben ja – haha – sowieso das frühere Pensionsantrittsalter. Und will das vielleicht ausgerechnet die SPÖ abschaffen?

Herr Kollege Tancsits, bei allem Verständnis für politische Winkelzüge unterhalb der Gürtellinie in Wahlkampfzeiten: Man könnte dennoch ein bisschen Plausibilität beibe­halten – aber das ist Ihre Entscheidung.

Welche Logik ist das? – Wir haben zwei Geschlechter mit ihrem jeweiligen Regel­pensionsantrittsalter. Das ist derzeit noch unterschiedlich, mit gutem Grund. Und Sie gehen her und machen eine Schwerarbeiterregelung und sagen damit: Für ein Ge­schlecht gibt es ein früheres Pensionsantrittsalter, für das andere Geschlecht gibt es weiterhin nur das Regelpensionsantrittsalter. Das nennen Sie „ausgewogen“, „keine Benachteiligung von Frauen“ und „das Beste, was diese Regierung den Frauen über­haupt nur antun kann“. Da lasse ich jetzt einmal außen vor, was Ihre Pensionsreform sonst noch alles an massiven Verschlechterungen für die Frauen gebracht hat. Ich verweise nur auf den Durchrechnungszeitraum: die 15 besten Jahre im Vergleich zu 40 Jahren.

Zeigen Sie mir die Frauen der heutigen Generation, die das dann betreffen wird, die damit besser aussteigen als zuvor. Also bitte, herzeigen, wo die 15 besten Jahre ein schlechteres Ergebnis erbringen, als das, was Sie gemacht haben, nämlich 40 Jahre Durchrechnung! (Beifall bei den Grünen.)

Besonders auffällig ist: Das Ganze hat ja System. Systemziel Nummer eins ist: Es sollen möglichst wenige Personen unter die Schwerarbeitsregelung fallen, bevorzugt so, dass sie auch mathematisch wenig Begabte noch auf einen Blick überschauen kön­nen. Systemziel Nummer zwei ist aber: Es sollen bestimmte Personen bevorzugt darunter fallen und andere nicht – und ganz zufällig sind die Männer bei den Bevor-


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zugten zu finden und die Frauen bei den anderen, die nicht darunter fallen sollen. Das kann ich Ihnen auch locker begründen.

Ihre berühmte Regelung 60/20/10, nehmen wir das Beispiel Pflegebereich: Wo haben wir denn im Pflegebereich qualifiziertes Personal, also Frauen, die eine Ausbildung ge­macht haben, Krankenschwestern zum Beispiel, die auf ihre Beitrags- beziehungs­weise Versicherungsjahre kommen, wie Sie sie vorschreiben, also 40 oder 45 Jahre, plus dann noch die 20/10-Regelung? Wie soll sich denn das ausgehen bis zum 60. Lebensjahr? Und wenn ich mit 60 Jahren ohnehin schon in Pension gehen kann, womöglich schwer krank, wozu gibt es dann eine Schwerarbeitsregelung, die ich nicht nutzen kann?

Oder schauen wir uns an, wie Sie Schwerarbeit definieren. Das ist die klassische, auf männliche Berufstätigkeit zugespitzte Definition, die, ich sage es einmal salopp, für die Tätigkeit am Hochofen oder auf der Baustelle zugeschnitten ist, das heißt unter chemischen oder physikalischen Einflüssen, regelmäßiger Hitze oder Kälte und so weiter stattfindet. Und dann noch die berühmten Kalorien. Die möchte ich jetzt, extra für Sie, Frau Ministerin, nicht übergehen.

Frau Minister! Ich habe Ihnen in der letzten Debatte schon geraten, sich einmal mit Frau Ministerin Rauch-Kallat über Kalorienverbrauch, Gesundheitszustand und so weiter zu unterhalten und einmal zu vergleichen, wie viele Arbeitskalorien eine 50-Kilo-Frau, ein 50-Kilo-Mann, ein 90-Kilo-Mann, eine 90-Kilo-Frau bei gleicher Tätigkeit ver­brauchen. Wie sinnvoll ist Ihre Berechnung, die Sie da vorlegen?

Wenn ich mir dann noch anschaue, was Sie in den Erläuterungen dazunehmen, worauf Sie in der Interpretation rekurrieren wollen, dann ist das nur noch hanebüchen. Sie legen eine Studie aus dem Jahr 1982 vor – das muss man ja schon fast als historisch bezeichnen, wenn es um Pensionssysteme und Gesundheitsforschung geht –, in der das Errichten von Kellerwänden als Beispiel genannt wird. Bei der heutigen Bau­stellentechnologie – das werden mir die Kollegen sicher näher erläutern können –, wo ist denn da genau der Unterschied, ob der Kran die Kellerwand als Block hinstellt oder der Kran den ersten Stock als Block hinstellt? Darüber möge man mich noch aufklären. Oder, was ich auch noch nicht verstanden habe: Warum ist das Eisen flechten auf einer mittelgroßen Baustelle enthalten, während man für das Eisenflechten auf der großen Baustelle vielleicht nicht so viele Kalorien verbraucht?

Auffällig ist auch, dass Tätigkeiten in der Land- und Forstwirtschaft – das kommt Ihrem Klientel entgegen – im Unterschied zum Pflegebereich pauschal erfasst sind. Im Pflegebereich differenzieren Sie nämlich sehr wohl in Ihrem Gesetzestext und sorgen so dafür, dass nicht der gesamte Pflegebereich erfasst wird. Nicht alles, wo körperlich schwer gearbeitet wird oder psychisch große Belastungen eingegangen werden – eine Vorrednerin ist auch auf die psychische Seite eingegangen –, ist davon erfasst. Schwerarbeit in der normalen Krankenpflege oder auf einer Kinderkrebsstation, was ich für psychisch schwer belastend halten würde, ist nicht in Ihren Bestimmungen enthalten. Also: Auch da erwecken Sie den Anschein, etwas zu regeln, regeln es nicht und selektieren so, dass nur wenige übrig bleiben.

Spannend ist jedoch der Abänderungsantrag, den Sie uns zeitgleich vorlegen, denn daran sieht man, dass es ja doch geht. Wenn man politisch will, geht es!

Bei der Schwerarbeitsregelung heißt es, in den finanziellen Auswirkungen kosten­neutral. – Es darf nur ja nichts kosten. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Dann kommen Sie mit einem Abänderungsantrag zur Bundesheerreform und den Verwendungsgruppen, die dabei geändert werden müssen. Das darf locker auf Jahre


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hinaus durchschnittlich 1 Millionen € im Jahr kosten, das ist für Sie kein Problem. – Sie messen mit mehrerlei Maß! Faktum ist, dass dabei schwer arbeitende Menschen und insbesondere Frauen pauschaliter auf der Strecke bleiben. Da kann ich nur sagen: Nein, danke! (Beifall bei den Grünen.)

14.00


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fauland. – Bitte.

 


14.00.33

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Herren Staatssekretäre! Es ist schon klar und verständlich, dass die SPÖ da sehr frustriert agiert, denn Sozialminister der Sozialdemokraten haben jahrzehntelang nicht zusammengebracht, was unsere Bundesministerin im Stande war umzusetzen, nämlich endlich eine Schwerarbeiterregelung für Österreich und für die betroffenen Personen zu verwirklichen. (Abg. Riepl: Da gibt es nicht einmal einen Applaus dafür!)

Ich komme jetzt zum zweiten Teil: Wir haben die dienstrechtlichen Belange im Rahmen der Dienstrechtsnovelle zu behandeln, und auch da ist das Gegenteil dessen passiert, was die SPÖ noch am 1. März 2006 kritisiert hat, dass nämlich die Schwer­arbeiter­regelung im öffentlichen Dienst keine Anwendung finden wird. – Kollege Darabos hat hier am Rednerpult gesagt: „Ihre Regierung sagt: Das interessiert mich überhaupt nicht! Pakttreue gibt es nicht bei der Exekutive! Lasst sie auf die Barrikaden steigen!“

Auch da sind Sie jetzt eines Besseren belehrt, denn selbstverständlich gilt die Schwer­arbeiterregelung auch für die Beamten – Kollege Neugebauer hat das auch schon ausgeführt –, die einem höheren Gefährdungspotential ausgesetzt sind, sei es im Bereich der Exekutive, der Justiz oder des Bundesheeres.

Was ich noch ein wenig erörtern möchte, ist der Abänderungsantrag der Abgeordneten Neugebauer und Fauland betreffend Heeresreform 2010, der meiner Ansicht nach einen ganz wesentlichen Teil der positiven und optimalen Umsetzung dieser Reform darstellt.

Es geht darum, dass in einer Vier-Parteien-Einigung eine Reformkommission eine Neu­strukturierung des Bundesheeres beschlossen hat und dies dann durch diese Regierung in die Tat umgesetzt wurde. Diese Reform hat aber bedeutet, dass es zu Verkleinerungen und auch zu Einschnitten in Bereichen des Bundesheeres kommen musste, und davon sind natürlich Menschen betroffen. Uns sind die Menschen – vor allem auch die Soldatinnen und Soldaten – wichtig. Es war für uns inakzeptabel, dass jemand, der seinen Arbeitsplatz verliert – nicht aus eigenem Willen, sondern weil eben sein Truppenkörper aufgelöst wird –, einen Nachteil hat.

Mit diesem Abänderungsantrag haben wir eine Einschleifung vorgenommen, die es ermöglicht, die Heeresreform wie geplant umzusetzen, die es aber auch ermöglicht, dass es für all jene Kameradinnen und Kameraden, die ihren Arbeitsplatz verloren haben, keine negativen finanziellen Auswirkungen nach sich zieht, wenn die Reform umgesetzt wird.

Man wird sehen, wie sich die Sozialdemokratie bei dieser Maßnahme einbringen wird, ob sie sie ablehnt oder mitstimmt, aber sie war wichtig. Ich glaube, wir sind auf dem besten Weg, diese Heeresreform abzuschließen. Allen Unkenrufen zum Trotz wird diese Reform umgesetzt werden. Es wird jetzt noch die Zentralstelle in Angriff genom­men und deren Reform auch noch abgeschlossen werden.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 96

Ich als Abgeordneter des BZÖ hoffe, dass wir hier das neue Bundesmitarbeitergesetz diskutieren und auch in dieser Legislaturperiode noch zu einem positiven Abschluss bringen können. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.04


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


14.04.24

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregierung! Meine geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Die Diskussion zu diesem Tages­ordnungspunkt ist ja heute nur deshalb notwendig, weil Sie vor einigen Jahren den Zugang zur Pension so verschlechtert haben. Sonst würden wir das jetzt gar nicht diskutieren, nur um das einmal in aller Deutlichkeit klarzustellen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Wir haben das im Ausschuss und bei diversen anderen Gesprächen ja schon zum Ausdruck gebracht: mediales Trommelfeuer, eine riesige Erwartungshaltung der betroffenen Kolleginnen und Kollegen – aber es wird nur eine Hand voll Menschen unter diese Regelungen fallen.

Ich werde mir einige kurze Anmerkungen dazu erlauben, denn da werden einige munter werden. Aber sagt gleich, dass ihr das nicht wollt! – Das wäre einfacher, und man hätte sich diese monatelange Diskussion ersparen können.

Zum Kollegen Tancsits möchte ich sagen: Es ist schon klar, warum der Verfas­sungs­gerichtshof genau diese Passage beeinsprucht hat: weil natürlich die Sicherung des zuletzt erworbenen Lebensstandards gewährleistet sein muss. – Und die Chance, dass die Verfassungsmäßigkeit garantiert wird, habt ihr auch wieder nicht genutzt! Das haben wir im Ausschuss lang und breit diskutiert, ist aber wieder mit drei Fragezeichen versehen.

Ich habe im Ausschuss gesagt: Wenn wir es den Zufälligkeiten oder gar dem traurigen Anlass des Todes überlassen, ob eine Hinterbliebenenpension ordentlich oder ganz einfach unordentlich ist, dann hätte man sich für dieses Gesetz mehr Zeit nehmen sollen. Wir haben das vor ein paar Jahren, als es eingeführt wurde, massiv kritisiert und haben es daher auch dieses Mal kritisiert.

Ich möchte mich aber nun dem viel gepriesenen und von meinen Vorrednern, auch vom Kollegen Neugebauer erwähnten öffentlichen Dienst zuwenden.

Es ist schon schön, wenn man sich ansieht, wie da die Sozialpartnerschaft zelebriert wird. Ich bin ein alter Anhänger davon, aber schauen wir uns an, was die betroffenen Berufsgruppen wünschen, fordern beziehungsweise worauf sie ein Recht haben.

Ich habe im Ausschuss klipp und klar gesagt: Nach dem vorliegenden Gesetzestext und nach der Verordnung ist die Justizwache überhaupt ausgeschlossen. – Lakonische Bemerkung: Es werden laut Bundeskanzler schon Gespräche geführt.

Ihr habt nicht einmal daran gedacht, dass ihr in das Innenressort Hunderte Zoll­wachebeamten übernommen und laut Sicherheitspolizeigesetz abgestellt habt, die ebenfalls herausfallen! – Keine Angst, das sind nicht nur Rote! Ihr bedient da auch eure eigenen Leute, und die werden sich bei euch dafür bedanken.

Lasst mich noch zwei, drei Punkte aus der Praxis anführen: Erstens: Wann machen denn die Exekutivbeamten, die für uns rund um die Uhr den Kopf hinhalten – und dafür sollten wir uns immer wieder bei ihnen bedanken! –, ihren Hauptdienst? – In Wirklich­keit sind die etwa vom 20. bis zum 40. Lebensjahr in der Nacht – unter Anführungs­zeichen – „an der Front“. Da haben sie auch über 50 Prozent Gefahrenzulage.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 97

Wann steigen sie denn langsam auf in Kommandostellen? – Sicher erst nach dieser Zeit. Dann fallen sie aber alle aus der Regelung heraus. Das heißt, selbst wenn jemand 15, 20 Jahre wirklich unter Einsatz seines Lebens Schwerarbeit nach eurem eigenen Gesetz geleistet hat, schmeißt ihr ihn dadurch hinaus, dass ihr hineinschreibt, ab dem 40. Lebensjahr oder die letzten 20 Jahre.

Schauen wir uns jetzt die Gefahrenzulage an: Wenn der Exekutivbeamte dann in eine Führungsebene aufsteigt, fällt er hinunter, hat nicht mehr über 50, sondern nur mehr 40 – zweiter Punkt, weg!

Das heißt, ihr sagt, ihr habt etwas im Bereich der Exekutive getan, in Wirklichkeit aber, wenn man sich die Einzelfälle anschaut, wird kein einziger übrig bleiben – gar keiner! Die Exekutive wird sich dafür bei euch bedanken, auch die ehemaligen Zollwache­beamten und ebenso die Justizwache.

Es bleibt echt nur eine Hand voll Leute übrig, und da solltet ihr eigentlich den Mut haben, zuzugeben, dass das nicht gelungen ist. Wir haben euch ja im Ausschuss die Möglichkeit geboten, etwas Gescheites zu machen, denn wir waren immer dafür, etwas zu tun, da Handlungsbedarf besteht, aber ihr wart nicht bereit.

Herr Kollege Donabauer, jawohl, wir waren gegen die Abschläge von 1,8 Prozent, und das sind wir heute noch, weil wir glauben, dass sich die Menschen, die ein Leben lang arbeiten, teilweise Schwerarbeit leisten, oft unter Einsatz ihres eigenen Lebens – und wir reden hier von Schwerarbeit! –, eine faire und gerechte Behandlung verdienen. Für diese faire und gerechte Behandlung steht die Sozialdemokratie, und darum stehen wir für die Zustimmung zu diesem Gesetzeswerk nicht zur Verfügung! (Beifall bei der SPÖ.)

14.09


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sieber. – Bitte.

 


14.09.29

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Meine Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Mit der Änderung des Beamtendienst­recht­gesetzes 1979 konnten wichtige Regelungen – auch für den öffentlichen Dienst – erreicht werden. (Abg. Marizzi: Welche?)

Die wichtigste Tatsache ist die, dass nun auch der öffentliche Dienst in die Schwer­arbeiterpension einbezogen ist. Sämtliche Tätigkeiten, die in den beiden Verordnungen der Schwerarbeiterpension definiert sind, gelten auch in vollem Umfang für den öffentlichen Dienst. (Abg. Riepl: Jetzt haben Sie gerade gehört, dass das anders ist!)

Als besonders belastende Berufstätigkeiten gelten Schicht- und Wechseldienst wäh­rend der Nacht; Arbeiten unter Hitze oder Kälte im Sinne des Nachtschwer­arbeits­gesetzes; Arbeiten unter chemischen oder physikalischen Einflüssen im Sinne des Nachtschwerarbeitsgesetzes; berufsbedingte Pflege von erkrankten oder behinderten Menschen mit besonderem Behandlungs- oder Pflegebedarf, wie beispielsweise in der Hospiz- oder Palleativmedizin; Arbeiten trotz Vorliegen einer Minderung der Erwerbs­fähigkeit von 80 Prozent und Anspruch auf Pflegegeld der Stufe III; Tätigkeiten mit erhöhter Gefährdung, bei denen ein hohes Risiko von Leib und Leben beim Einsatz besteht – als solche gelten ausschließlich Tätigkeiten von Exekutivorganen, die zumin­dest die Hälfte der monatlichen Dienstzeit im Außendienst verbringen, und von Sol­daten während eines Auslandseinsatzes, sofern ebenfalls zumindest die Hälfte der monatlichen Dienstzeit im Ausland verbracht wird.

Es werden nun also neben dem Krankenpflegedienst auch der Exekutivdienst sowie bestimmte Tätigkeiten im militärischen Bereich als Schwerarbeit anerkannt.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 98

Da es bisher keine gültige Definition von Schwerarbeit gegeben hat, wurden in Anlehnung an das Nachtschwerarbeitsgesetz von der sozialpartnerschaftlich besetzten ExpertInnenrunde Tätigkeiten definiert, die Schwerarbeit begründen.

Zusätzlich wurden Erkenntnisse der Arbeitsmedizin und der Berufskunde beim Definitionsprozess mit berücksichtigt. Die Schwerarbeitspensionsregelung gilt nun einheitlich für alle Berufsgruppen. Dieser Zugang wird international bereits als rich­tungs­weisend anerkannt.

Die Zugangsvoraussetzungen für die Schwerarbeiterpension sind: innerhalb der 240 Monate vor der Ruhestandsversetzung müssen 120 Monate Schwerarbeit geleistet werden; 45 Versicherungsjahre im ASVG ab dem 15. Lebensjahr; im Beamtenrecht 42 Jahre ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit ab dem 18. Lebensjahr. (Abg. Marizzi: Hören Sie auf zu lesen, sondern reden Sie!) Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen erfolgt eine Ruhestandsversetzung mit Vollendung des 60. Lebensjahres.

Es greift dann, meine Damen und Herren, ein erheblich reduzierter Abschlags­prozent­satz von 1,8 Prozent pro Jahr im Vergleich zu 4,2 Prozent Abschlag in der normalen Regelung. (Abg. Parnigoni: Beenden Sie endlich Ihre Vorlesung!) Als Schwerarbeits­monat gilt ein Monat dann, wenn zumindest in der Dauer von 15 Kalendertagen eine oder mehrere belastende Tätigkeiten ausgeübt werden. Mit dieser Regelung konnte vor allem auch für die Exekutivbeamten ein wichtiger Meilenstein erreicht werden.

Abschließend möchte ich aber noch erwähnen, dass uns allen klar ist, dass diese Regelung im positiven Sinn weiterentwickelt werden kann. Deshalb wurde auch eine Expertenkommission, die die Schwerarbeitspensionsregelung regelmäßig evaluiert, eingerichtet. (Abg. Dr. Bauer: Nehmen Sie eine Nachhilfestunde bei Dr. Pendl!)

Die Erkenntnisse dieser Kommission sowie Erkenntnisse aus der Praxis werden Grundlagen für allfällige weitere Entwicklungen sein. Alles in allem: eine hervorragende Regelung, der wir gerne zustimmen werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeord­neten der Freiheitlichen.)

14.13


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

 


14.13.09

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Bundes­ministerin! Ich denke, Sie haben es bei dieser Regelung nicht leicht gehabt. Zwei Jahre hat es gedauert, bis diese Schwerarbeiterregelung heute auf den Tisch gelegt werden konnte. Sie haben sich bemüht; Sie haben mit vielen Menschen gesprochen; Sie haben versucht, eine Lösung zu finden. Das Ergebnis ist jedoch – jedenfalls aus unserer Sicht – nicht akzeptabel.

Sie haben es aber nicht leicht gehabt, vor allem auf Grund der Voraussetzung, die, wie es sich jetzt in der Diskussion gezeigt hat, offensichtlich folgendermaßen aussieht: Der Herr Bundeskanzler dürfte irgendwann zu Ihnen gesagt haben: Mach eine Schwer­arbeiterregelung, aber sie darf nichts kosten! – Daraus hat sich natürlich die schwere Geburt ergeben, die wir jetzt miterleben. Das heißt, alles dreht sich in Wirklichkeit ums Geld und um die Kosten.

Der Kollege Tancsits hat im Ausschuss gesagt: Wir wollen eine praktikable Lösung! – Erinnere dich: eine praktikable Lösung! Was ist für die ÖVP praktikabel? Was ist für die bunte Hilfspartei der ÖVP praktikabel? – Eine Lösung, die möglichst wenige Schwer­arbeiter in die Situation bringt, unter diese Lösung zu fallen, und daher dem Auftrag gerecht wird, nämlich nichts zu kosten.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 99

Sehr verehrte Damen und Herren, apropos Kosten: Frau Bundesministerin, wenn man schon zu wenig Geld hat, um alle Schwerarbeiter in diese Regelung hineinzu­bekommen, dann könnte man ja darüber nachdenken, wie man zu dem Geld kommt, das man braucht.

Beispielsweise könnten Sie ja darüber nachdenken – oder hätten darüber nachdenken können –, warum die Arbeitgeberschulden bei den Sozialversicherungen pausenlos steigen. 926 Millionen € betragen derzeit die Schulden der Arbeitgeber bei den Sozialversicherern. Im Jahr 2000 waren es 782 Millionen, also ein starkes Ansteigen ist zu verzeichnen. Was haben Sie gemacht? – Sie haben das beobachtet, aber nichts getan – zugeschaut, statt gehandelt!

Oder: 626 Millionen € mussten als uneinbringlich abgeschrieben werden. Ich verstehe, dass Sie lieber in Ihre Unterlagen schauen, als sich darum zu kümmern. 626 Millionen nicht abgeführte Sozialversicherungsbeiträge wurden in den letzten Jahren – konkret von 2001 bis 2005 – abgeschrieben. Das ist in Wirklichkeit ein Schadensfall, der repariert gehört, und das könnte dazu führen, dass man in der Sozialversicherung eben Geld für das zur Verfügung hat, was sich die Menschen erwarten!

Geld für eine faire Sozialpolitik fehlt. Ich habe Ihnen gezeigt, wo man es herholen könnte – auch für die Schwerarbeiter. Noch dazu geht es da um Geld, das fast zur Hälfte aus Sozialversicherungsbeiträgen der Arbeitnehmer besteht. Es geht da also um Fälle, in denen der Arbeitgeber Geld, das ihm nicht gehört und das er weiter­zugeben verpflichtet ist, nicht weitergibt. – Man könnte darüber philosophieren, wie man solche Menschen nennt. Gelder, die von den Arbeitgebern nicht zeitgerecht oder gar nicht weitergeleitet werden, könnten uns in der Sozialpolitik sehr helfen.

Ich sage also kurz zusammengefasst: Die Sozialbetrüger auf Seiten der Wirtschaft werden immer mehr, und die Regierung schaut zu oder schaut weg – und das schon seit Jahren!

Sehr verehrte Damen und Herren, ich denke, die Situation ist ein Nullsummenspiel und in Wirklichkeit auch eine Nullnummer. Österreich – und vor allem die Menschen in Österreich, insbesondere jene, die schwer arbeiten – hätten sich eine bessere Politik verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

14.16


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

 


14.17.02

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Staatssekretäre! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn die SPÖ-Abgeord­neten – angefangen von Kollegin Silhavy über Abgeordneten Pendl bis zum Kollegen Riepl – davon sprechen, welch unsoziale Politik die Österreichische Volkspartei bezie­hungsweise diese Regierung betreiben würde, und hier ausführen, mit welchen Geldern, die eigentlich nicht vorhanden sind, alles bezahlt werden könnte, dann frage ich Sie jetzt ganz konkret: Welche Verdrängungstaktik haben Sie sich eigentlich zugelegt. (Abg. Riepl: „Unsozial“ ist richtig!) Sie sind ja nicht mehr am Boden mit Ihren Füßen!

Wo sind die 1,3 Milliarden für die Refco? Wissen Sie, wie viele Gewerkschafter man damit zahlen könnte? (Zwischenrufe bei der SPÖ. Abg. Eder: Reden wir über Raiffeisen! Reden wir über Herberstein!)

Wo sind die 1,8 Milliarden € der BAWAG? Wo sind diese Gelder? – Diese sind in den Sand gesetzt worden! Wissen Sie, wir könnten mit diesem Geld vier Jahre lang das Pflegegeld in Österreich freiwillig auszahlen! (Abg. Gaál: Das ist ein dummer Ver-


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 100

gleich!) Drei Jahre könnten damit die Medikamente in Österreich gratis sein. Ich denke, Sie müssen vorsichtig sein! (Abg. Gaál: Aber das ist ein unerlaubter Vergleich!) – Regen Sie sich bitte nicht auf! (Abg. Parnigoni: Die Gräfin Herberstein ...!)

Möglicherweise haben Sie das „NEWS“ von morgen noch nicht gelesen. Ich zitiere daraus: „Die unglaublichen Spitzengagen der ÖGB-Bosse. Eisenbahnergewerkschafter Haberzettl: 13 400 € brutto monatlich; GPA-Chef Katzian: 13 227,30 €; ÖGB-Boss Hundstorfer: 12 406,78 €.“– Und so geht das weiter. Und Verzetnitsch hatte 15 227 € brutto. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich könnte noch mit den Gehältern von einigen Gewerkschaftskollegen fortsetzen, die hier sitzen – auch Frauen. Ich tue es nicht mehr, denn Sie – und hoffentlich auch ganz Österreich – können es morgen nachlesen. (Abg. Eder: Neugebauer! Stummvoll! Dr. Fasslabend!)

Ich würde Ihnen wirklich raten: Ich bin keine, die andere anschüttet (ironische Heiter­keit bei der SPÖ), aber das, was Sie machen, verstehe ich nicht mehr! Ich rate Ihnen, auf den Boden zurückzukehren und tatsächlich auf den kleinen Mann und auf die kleine Frau zu schauen – und nicht immer nur davon zu quatschen! (Beifall bei der ÖPV und den Freiheitlichen. Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Nun zur Sache: Auch die Kollegin Silhavy hat behauptet, dass dieses Sozialrechts-Änderungsgesetz nichts Positives mit sich bringt. (Abg. Parnigoni: Legen Sie Ihr Gehalt offen!) Ich lege Ihnen das jetzt dar: Gerade bei der Witwenpension hatte ich selbst in meiner engsten Familie folgenden Fall: Meine Schwester war durch die derzeitige Regelung eigentlich sehr benachteiligt. Wenn wir dieses Sozialrechts-Ände­rungsgesetz heute mit den Stimmen der ÖVP und des BZÖ beschließen, dann hat sie die Möglichkeit zu einer anderen Berechnung. – Sie gehen ja leider nicht mit – und das ist unsozial! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.20


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Marizzi. – Bitte.

 


14.20.07

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Das ist unsozial, ja! Dieses Gesetz ist wirklich unsozial, denn in Wirklichkeit ist das, wie Herr Kollege Pendl schon angedeutet hat, ein „Reparaturgesetz“, das keine Reparatur bringt und nur den Schaden erhöht.

Kollegin Weinzinger hat darauf hingewiesen – und das war hochinteressant, zumal Herr Kollege Tancsits gefordert hat, bei der Wahrheit und bei der Realität zu bleiben, meine sehr geehrten Damen und Herren –: Dieses Gesetz und diese Schwer­arbeiter­regelung benachteiligen weibliche Arbeitnehmer. Das können Sie drehen und wenden, wie Sie wollen. Ich werde jetzt nicht ins Detail gehen, weil ich nur drei Minuten Zeit habe.

Nun zum zweiten Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungs­parteien: Frau Bundesministerin, wie viele Schwerarbeiter gibt es geschätzterweise in Österreich? Können Sie mir das beantworten? – Ich schätze, dass es so an die 200 000 oder 300 000 sind: Bauarbeiter, Stahlarbeiter, Schichtarbeiter, Beamte, Poli­zisten, Justizwachebeamte, Krankenschwestern und so weiter. Und wissen Sie, Herr Kollege Tancsits, wie viele von diesen Menschen bis 2010 pro Jahr in die Schwer­arbeiterregelung kommen? – 300 bis 500!

Also auf der einen Seite haben wir 200 000 bis 300 000 Schwerarbeiter, und auf der anderen Seite bringt das Gesetz 200 bis 300, vielleicht 500 Leute tatsächlich in diese


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Schwerarbeiterregelung. Frau Bundesministerin, das ist ja wirklich eine Schande! (Bundesministerin Haubner: Wie kommen Sie darauf?) Na, weil man es nachrechnen kann. (Bundesministerin Haubner: Haben Sie das selbst ausgerechnet?) Nein, ich habe es nicht selbst ausgerechnet, sondern ausrechnen lassen. Außerdem, Frau Bun­desministerin, ich habe Ihnen vor drei Monaten einen Brief geschrieben, den haben Sie bis heute noch nicht beantwortet. Das sei auch dazu gesagt. (Abg. Eder: Das berührt sie nicht!)

Meine Damen und Herren! Man muss 45 Versicherungsjahre haben, man muss 60 Jahre alt sein, in den letzten 20 Jahren zehn Jahre Schwerarbeit geleistet haben, dann kann man mit 9 Prozent Abschlag in die Pension gehen. Wenn das ein Hurra-Gesetz sein soll, dann verstehe ich schon die Nervosität mit allen Nebengeräuschen und Nebenproblemen, dann verstehe ich, dass Frau Ridi Steibl über die Skandale redet! In Wirklichkeit ist das Gesetz ein Skandal, weil es ein „Reparaturgesetz“ ist, das keine Reparatur bringt.

Wissen Sie, was wir wollen, Frau Bundesminister? – Wir wollen, dass die Menschen nicht von der Arbeitslosigkeit – von 400 000 Arbeitslosen reden wir derzeit in Öster­reich – in die Pension gehen, wir wollen, dass Schwerarbeiterregelung für Männer und für Frauen als Selbstverständlichkeit gilt, meine sehr geehrten Damen und Herren, und wir wollen, dass die Menschen nach 45 Arbeitsjahren abschlagsfrei in Pension gehen. (Abg. Freund: Und wer zahlt das?) Sie werden es sich beim Verbund schon richten. (Beifall bei der SPÖ.)

14.23


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Winkler. – Bitte.

 


14.23.25

Abgeordneter Ing. Josef Winkler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Trotz Kritik stellt dieses Gesetz für mich dennoch einen wichtigen sozialpolitischen Meilenstein dar, da dadurch erstmals eine Schwerarbeitspension ermöglicht wird.

Dazu darf ich auch Folgendes sagen: Wenn man arbeitet, dann kann man auch Fehler machen, aber wenn man nichts tut, dann schadet man anderen! Wenn Sie glauben, dass es nur 500 Leute betrifft, dann sage ich Ihnen: Es trifft jetzt wenigstens 500 Leute zu ihrem Vorteil, und das darf man nicht vergessen! (Abg. Riepl: Das ist kein Meilenstein, das ist ein Mühlstein!) Abgesehen davon sind es viel mehr. Es sind viel mehr.

Ich darf kurz auf das Gesetz eingehen und feststellen, dass die Schwerarbeitspension es ermöglicht, dass auf die besondere gesundheitliche Belastung der Arbeitnehmer in den letzten 20 Jahren vor dem Pensionsstichtag abgestellt wird, und nach dieser neuen Regelung können Personen, die in den letzten 20 Jahren vor der Pension mindestens zehn Jahre Schwerarbeit geleistet haben, ab Vollendung des 60. Lebens­jahres mit einem Abschlag von 1,8 Prozent im Gegensatz zu sonst 4,2 Prozent in Pension gehen. Ich darf auch feststellen, dass Schwerarbeiter damit einen wesentlich geringeren Abschlag als Nichtschwerarbeiter haben.

Hinweisen möchte ich auch auf die Tatsache, dass das Anfallsalter für die Schwer­arbeitspension bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bereits ab Vollendung des 60. Lebensjahres gegeben ist, und das bringt eben viele Vorteile: Die Ermittlung der Schwerarbeitszeiten und des Anfallalters wird erleichtert, die Berechnung der Ab­schläge wird vereinfacht, und der Zugang zu den einschlägigen Leistungen für Schwerarbeiter wird verbessert. Um dies zu ermöglichen, haben Versicherte das


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Recht, die Schwerarbeitszeiten auf Antrag bereits drei Jahre vor Erreichen des frühest­möglichen Anfallsalters feststellen zu lassen.

Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich darf auch eindeutig feststellen, dass diese nun vorliegende Schwerarbeitspension eine wichtige Basis für diesen Bereich darstellt. Auf dieser legislativen Grundlage wird sich auch die Schwerarbeits­pension in den nächsten Jahren weiterentwickeln beziehungsweise können auch weite­re wichtige gesetzliche Bestimmungen für Schwerarbeiter umgesetzt werden.

Für einen Meilenstein halte ich dieses Gesetz wie auch die Schwerarbeitsverordnung schon deshalb, weil erstmals die besondere Belastung in den Sozial- und Pflege­diensten neben jener, wie jetzt auch schon festgestellt wurde, in der Land- und Forstwirtschaft – ich darf das als Präsident der Dienstnehmer in der Land- und Forstwirtschaft besonders betonen –, wo vor allem auch viele Frauen beschäftigt sind, nun als Schwerarbeit definiert wurde. Da die Schwerarbeitsverordnung als Schwer­arbeit auch die berufsbedingte Pflege von erkrankten oder behinderten Menschen mit besonderem Behandlungs- oder Pflegebedarf, wie zum Beispiel in der Hospiz- oder Palliativmedizin, zählt, werden künftig vor allem auch Frauen, die in Krankenhäusern und Pflegeheimen arbeiten, erstmals in den Genuss einer Schwerarbeitspension kom­men. Damit wird auch ein weiterer wichtiger Schritt zur Anerkennung der großen, verdienstvollen Arbeit der Frauen gesetzt.

Hohes Haus! Abschließend und grundsätzlich möchte ich betonen, dass es mit der Schwerarbeitsverordnung gelungen ist, bei unterschiedlichen Arbeitsbedingungen unter Bezugnahme auf den Kalorienverbrauch individuell auch auf die differierenden Belastungen einer Tätigkeit Rücksicht zu nehmen. Damit wurde erstmals ein Berech­nungsmodell geschaffen, das besonders schwere Arbeiten qualifiziert und quantifiziert und somit die Basis für die Anerkennung der Schwerarbeitspension bildet. (Beifall bei der ÖVP.)

14.27


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. (Abg. Dr. Ferdinand Maier – in Richtung des sich zum Red­nerpult begebenden Abg. Mag. Posch –: Abschiedsrede?)

 


14.27.21

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Vor uns liegen zwei Gesetzesmaterien. (Abg. Dr. Ferdinand Maier: Ist das Ihre Abschieds­rede?) Die eine betrifft die Änderung der Witwenpensionen, und diese Witwenpension ist tatsächlich eine Verbesserung. Etliche Menschen, die bisher bei der Berechnung in dem Fall, in dem Krankheit oder Arbeitslosigkeit eintreten, benachteiligt wurden, fallen jetzt in den Kreis der Begünstigten. Das ist sicherlich eine Verbesserung. Allerdings darf nicht verschwiegen werden, dass gerade im Bereich der Witwen- und der Witwer­pension mit der Pensionsreform 2001 die gravierendsten Einschnitte passiert sind, weil dadurch die Witwen- und Witwerpensionen von 60 Prozent beziehungsweise 40 Pro­zent in Wahrheit auf null Prozent zurückgefahren werden konnten – je nachdem, wie hoch das Einkommen des Partners war.

Zum zweiten Punkt, der heute diskutiert wird, zur Schwerarbeitspension, wurde schon sehr, sehr viel gesagt. Einige Dinge sind unverständlich. Unverständlich ist zum Beispiel, warum Leute, die nach der neuen Definition die Voraussetzung für die Zuerkennung einer Schwerarbeitspension erfüllen, zusätzlich mit Abschlägen von 1,8 Prozent pro Jahr bestraft werden. Das ist widersinnig im Sinne des Gesetzes, wenn eine Verbesserung geplant ist.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 103

Zum anderen hat etwa Herr Abgeordneter Mitterlehner im Ausschuss selbst zuge­geben, dass der Kreis der Begünstigten ein äußert kleiner sein wird, und sogar er selbst hat moniert, dass ein Mitarbeiter die Einsichtsmöglichkeit erhalten muss, ob er vom Arbeitgeber überhaupt als Schwerarbeiter gemeldet wurde oder nicht. Herr Abgeordneter Neugebauer etwa hat gesagt, dass es keine wissenschaftliche Definition dafür gebe, was Schwerarbeit ist. Also wenn es keine Definition dafür gibt, was Schwer­arbeit ist, dann ist die Frage, was als solche eingestuft wird, in Wahrheit der Willkür überlassen.

Diese Regelung hat viele, viele Schwächen. Wenn man den Aussagen der Pensionsversicherungsanstalt glauben darf, dann werden bei 82 000 neu zuerkannten Eigenpensionen im Jahr 2005 lediglich 1 500 Personen diese Leistung in Anspruch nehmen können. Das ergibt einen Anteil von etwa 1,8 Prozent. Dass Sie auch psychisch belastende Berufe ausgenommen haben – also Leute, die zum Beispiel im Akkord arbeiten, Fließbandarbeit leisten, PsychotherapeutInnen und so weiter –, das spricht auch Bände.

Das wirklich Gravierende ist aber, wie gesagt, dass Sie die eigentlichen Eingriffe in das Pensionssystem, mit denen Sie die Lebensgrundlagen vieler Österreicherinnen und Österreicher dramatisch verschlechtert haben, mit Ihren Reformen des Jahres 2001 beziehungsweise des Jahres 2003 schon hinter sich haben. Damals haben Sie die Lebensbedingungen der älteren Menschen gravierend verschlechtert durch die Erhöhung der Durchrechnungszeiträume bei der Bemessung der Pensionen von 15 Jahre auf 40 Jahre – Sie haben zwar gesagt, die Verluste werden mit 10 Prozent gedeckelt, in Wahrheit kommt es zu massiven Einkommensverlusten –, durch die Abschaffung der Frühpension wegen langer Versicherungsdauer, durch die Abschaf­fung der Frühpension wegen Langzeitarbeitslosigkeit, durch die Abschläge pro Jahr von 4,2 Prozent, wenn jemand vor dem gesetzlichen Pensionsalter in Pension geht, durch die Senkung der Steigerungsbeträge und so weiter.

All das ist eine Schimäre gewesen. Kanzler Schüssel hat 1997 gesagt: Es wird eine solche Pensionsreform mit Durchrechnungszeitraum bis zum Jahr 2020 nicht mehr geben! Das sage ich jetzt schon voraus! – Das war die Unwahrheit! In Wahrheit haben Sie die Lebensumstände der Österreicherinnen und Österreicher in einem Ausmaß zwischen 10 Prozent und 20 Prozent verschlechtert. (Beifall bei der SPÖ.)

14.31


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Keuschnigg. – Bitte.

 


14.31.29

Abgeordneter Georg Keuschnigg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wenn man diese Debatte mitver­folgt, so kommt man unweigerlich zu dem Schluss, dass es der SPÖ am aller­schwersten fällt, zu erkennen, dass diese Regierung soziale Kompetenz hat. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Dr. Einem: Da haben Sie Recht!) Wo auch immer das so ist, werden Sie nervös, da meinen Sie immer, Sie hätten ein Monopol auf soziale Kompetenz. Und das ist leider ein Irrtum – besser gesagt, nicht leider ein Irrtum, sondern Gott sei Dank ein Irrtum. (Abg. Reheis: Da merken aber die Menschen nichts davon!)

Sie müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass dieser ganzheitliche, gesamte Politik­ansatz funktioniert, nämlich dass man dieses Staatswesen, dieses Gemeinwesen finanziell und strukturell saniert, dass man in die Zukunft investiert und dass man gleichzeitig soziale Schwerpunkte setzt. (Abg. Riepl: Deshalb haben wir jetzt mehr


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Schulden als vorher! Rechnen Sie uns das einmal vor!) Na ja, das rechnen Sie sich einmal selber aus. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Nun zur Schwerarbeitspension: Diese Regierung macht sie, weil sie notwendig ist. Jeder von uns hier im Hohen Hause weiß das und hat viele Beispiele zur Hand, warum dem so ist. Weil Sie nicht gut dagegen sein können, überfrachten Sie diese Materie. Sie versuchen, dieses und jenes hineinzubringen, ohne dass Sie den notwendigen Realismus an den Tag legen. Sie glauben auch noch, dass Ihnen das politisch etwas bringt. Ich glaube, dass dem nicht so ist, weil der Bürger diese Strategie durchschaut, weil die Menschen ein gesundes Gespür dafür haben, was machbar ist und was nachhaltig ist.

Diese Schwerarbeiterregelung, die wir heute beschließen, wird sich entwickeln. Sie ist ein mutiger Schritt in Neuland. Wir werden noch oft über sie reden, aber sie ist ein Anfang – und sie ist ein guter Anfang! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.33


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. Ich erteile es ihr.

 


14.33.47

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bun­des­regierung! Ich meine, Sinn macht einzig und allein das, was die Lebensumstände der Österreicherinnen und Österreicher verbessert.

Meine Damen und Herren! Über Sinn und Unsinn könnte man jetzt lange diskutieren, aber eines steht für uns fest: Unsinnig ist diese jetzige Schwerarbeiterregelung insofern, als sie absolut nicht notwendig gewesen wäre, hätten Sie nicht vorher die Pensionsreform und die Harmonisierung durchgeführt. Aber das ist Ihnen heute ohnehin schon einige Male gesagt worden. Es sei noch einmal wiederholt, damit Sie es sich merken.

Die Frau Kollegin Steibl hat bedauert, in Ihrem Bekanntenkreis wäre jemand, der nicht profitiert hätte oder dem es auf Grund der Witwen- und Witwerpensionsregelung schlecht gegangen wäre. Dazu kann ich ihr nur sagen: Na, wer hat sie denn eingeführt, diese Null-Sechziger-Regelung? – Das waren doch Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Koalitionsparteien – und nicht eine Regierung davor; die hat es natürlich besser gemacht.

Was die Frauenpensionen betrifft, so halten wir uns doch, bitte, vor Augen: durch­schnittlich 618 € im Monat; eine halbe Million Frauen armutsgefährdet. – Da frage ich Sie schon: Worauf stützen Sie sich bei Ihren Verbesserungsansagen für Frauen? Es ist ignorant, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass man sich hier herstellt – und zwar nicht nur eine oder einer von Ihnen, sondern fast alle – und verbreitet, die Situation der Frauen hätte sich verbessert. Das ist eine Verhöhnung den österreichi­schen Frauen gegenüber. – Das ist atemberaubend, und ich bin fassungslos! (Beifall bei der SPÖ.)

Betreffend die Witwen- und Witwerpension auch einige Worte an Sie, Herr Kollege Grillitsch: Sie können sich das Leben vieler Frauen in Österreich sicher nicht vorstellen, davon bin ich überzeugt. Sie können sich nicht vorstellen, unter welchen Umständen Frauen in Österreich leben müssen.

Herr Kollege! Wenn Witwen oder Witwer bei einem Todesfall die Beerdigung zu regeln haben, damit umzugehen haben, wenn es Todesfälle in der Familie gibt, wenn sie zu warten haben, bis sie alles fertig geregelt haben, um dann die Witwen- oder Witwer­pension beantragen zu können, da vergeht erstens einmal einiges an Zeit, und


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zweitens ist die Regelung, so wie sie jetzt vorliegt, eine Verschlechterung – ja noch eine Verschlechterung dazu.

Sogar der Verfassungsgerichtshof hat in einem Erkenntnis von 2003 gesagt, man möge doch auf die sozialen Umstände und auf den Lebensstandard der Menschen Rück­sicht nehmen. Wenn man jetzt nur mehr das Arbeitslosengeld oder einen Sozialhilfezuschuss hernimmt und das als Berechnungsbasis heranzieht, dann kann kein Lebensstandard erhalten bleiben, dann kann keine gescheite Witwen- oder Witwerpension herauskommen.

Nur deshalb, weil der Finanzminister gewollt hat, dass aus fünf Jahren vier Jahre werden, haben Sie dem gleich zugestimmt. Dieser Zeitraum reicht nicht aus, um beurteilen zu können, ob wirklich die letzten Einkünfte im Leben eines Menschen zur Lebensstandardsicherung reichen. Das ist weit weg von Lebensrealität. Aber so ist die ganze Politik, die Sie machen.

Daher werden wir diesen Regelungen sicherlich nicht zustimmen. Eine Fehlent­scheidung ist auf die andere gefolgt, und ich denke mir, diese Fehlentscheidungen werden Sie letztendlich auch zu Fall bringen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der Grünen.)

14.37


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Scheucher-Pichler. – Bitte.

 


14.37.10

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Heinisch-Hosek, wir diskutieren ja oft wirklich sehr sachlich, aber das, was Sie jetzt zuletzt gesagt haben, kann ich in weiten Bereichen nicht nachvollziehen – das muss ich wirklich einmal feststellen –, denn gerade für die Frauen – ich sage es auch deswegen noch einmal, weil es ja von mehreren Rednern der Opposition gesagt wurde – ist von dieser Regierung enorm viel gemacht worden. Eine Milliarde für die eigenständige Pensionsvorsorge. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich bin ja froh, Herr Kollege, dass Sie wenigstens das anerkennen. Eine Milliarde € investiert diese Regie­rung in Richtung einer eigenständigen Pensionsvorsorge für Frauen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ist das nichts zur Verbesserung der Situation der Frauen? (Abg. Heinisch-Hosek: Warum hat sich dann alles verschlechtert?) Eine Milliarde? Sie haben in Zeiten eines SPÖ-Bundeskanzlers, einer SPÖ-Frauenministerin, einer SPÖ-Sozialministerin das alles nicht zuwege gebracht. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) 1 350 € am Pensionskonto, Verbesserung der Bemessungsgrundlage. Ja, ist das nichts? Verdoppelung der pensionsbegründenden Zeiten bei Kindererziehungszeiten. Frau Kollegin, ist das nichts? (Abg. Heinisch-Hosek: Zu wenig!) Sieben Jahre um eine eigene ... Zu wenig, sagen Sie. (Abg. Heinisch-Hosek: Ja!) – Ja, aber es ist mehr, als Sie je vorher zuwege gebracht haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich sage es noch einmal, Frau Kollegin: Kritisieren, schreien, das ist es nicht. Taten setzen! Diese Regierung hat Taten gesetzt, ganz konkrete Taten zur Verbesserung der Situation der Frauen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Auch die Ausweitung der Bemessungsgrundlage der Witwen- und Witwerpension ist eine solche richtige Entscheidung. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Das ist eine ganz richtige Entscheidung. Wer schreit, hat meistens nicht Recht, Frau Kollegin Heinisch-Hosek. Die Zeit wird uns Recht geben, auch in diesem Bereich.


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Wir beschließen heute auch im Bereich der Pflegeberufe, im Palliativbereich, für den Bereich der Hospizarbeit ganz wichtige Verbesserungen, um den Pflegeberuf aufzu­werten. Das ist mir als Präsidentin des Hilfswerkes auch sehr wichtig, und ich erwähne es deswegen.

Natürlich gibt es hier noch viel zu tun. Aber auch das sind erste richtige Schritte in die richtige Richtung, und das muss man wirklich einmal anerkennen. Sie wollen es einfach nicht anerkennen, das ist Teil Ihrer Oppositionspolitik. Sie wollen es nicht aner­kennen, aber diese Regierung ist die erste, die gerade in diesem Bereich in Bezug auf die Arbeit für Frauen und auch im Sozialbereich richtige und wichtige Schritte gesetzt hat. Wir werden das tun, und die Menschen in Österreich werden es auch anerkennen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.39


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Keck. Ich erteile es ihm.

 


14.40.00

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Staatssek­retär! Eine echte Regelung für Berufe mit schwerer Arbeit fordert der ÖAAB. Personen, die einer derartigen Tätigkeit nachgehen, sollten mit 55 Jahren – Frauen – beziehungs­weise mit 60 Jahren – Männer – ohne Abschläge in Pension gehen können, hat der Kollege Fasslabend gefordert.

Dem stimmen wir zu, Kollege Fasslabend, weil das natürlich eine ausgezeichnete Forderung ist!

Kollege Sausgruber, ÖVP-Landeshauptmann, meint, die Dauer der Versicherungszeit solle der Maßstab sein, keine Abschläge zu verlangen; hier biete sich die 45-jährige Versicherungszeit an. (Abg. Silhavy: Wer sagt das?) – Kollege Sausgruber, Landes­hauptmann. – Dem stimmen wir natürlich zu, meine Damen und Herren. Das ist eine sehr gute Forderung.

Der Landeshauptmann von Niederösterreich, Pröll, tritt dafür ein, dass ein Pensions­antritt bei Schwerarbeit auch vor dem 65. Lebensjahr bei 45 Versicherungsjahren abschlagsfrei möglich sein soll. – Selbstverständlich! Auch wir treten dafür ein, und ich denke, diese Forderung sollte wirklich umgesetzt werden.

Wen haben wir da noch? – Den Landeshauptmann von Kärnten, Haider: Wer die Ver­sicherungsjahre beisammen hat, soll ohne Kürzungen in Pension gehen dürfen. – Selbstverständlich! Dafür treten auch wir ein. Und Haider bezeichnet eine Deckelung der Zahl der unter die Schwerarbeiterregelung fallenden Personen mit fünf Prozent als verfassungswidrig. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) – Selbstverständlich! Dafür treten auch wir ein, meine Damen und Herren.

Und dann noch eine Aussage des Kollege Walch – er sitzt ja da herinnen. Schwer­arbeiterregelung: Walch über Beschluss sehr erfreut. Wir vom BZÖ arbeiten im Sinne der Betroffenen und verwirklichen unsere Versprechen, so Walch abschließend in einer Aussendung. – Ich nehme an, er meint die Versprechen des Landeshauptmannes von Kärnten, der BZÖ-Vorsitzender ist, meine Damen und Herren. Auch wir treten dafür ein, und ich hoffe, bei der heutigen Abstimmung werden die Genannten auch für das eintreten, was sie monatelang in den Medien gefordert haben.

Aber der heutige Beschluss, meine Damen und Herren, sieht anders aus, denn der heutige Beschluss beinhaltet absolut keine Neuerungen, wie es von der Frau Ministerin gesagt worden ist, wie es vom Kollegen Tancsits und vielen anderen gesagt worden ist. Alle die Maßnahmen, die in dieser Schwerarbeiterregelung verankert sind, sind Maßnahmen, die aus dem bestehenden Nachtschicht-Schwerarbeitsgesetz herausge-


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zogen wurden. Sie wurden aber im Detail so verändert, dass Verschlechterungen für die schwer arbeitenden Menschen herauskommen, im Gegensatz zum Nachtschicht-Schwerarbeitsgesetz, denn was sagt denn das Nachtschicht-Schwerarbeitsgesetz zum Antritt aus? – Ich brauche 20 Jahre Nachtschwerarbeit in meiner gesamten Lebens­arbeitszeit, damit ich es in Anspruch nehmen kann, oder 15 Jahre in den letzten 30 Jahren, die ich gearbeitet habe. Was aber sieht die heutige Regelung vor? – Wir haben die Formel 60 – 40 – 20 – 10, das heißt, ich muss 60 Jahre alt sein, brauche 45 Versicherungsjahre, muss von meinem 40. Lebensjahr an in den letzten 20 Jahren zehn Jahre in Schwerarbeit gearbeitet haben, dass ich das schaffe. Und da gibt es dann noch Abschläge von 1,8 Prozent pro Jahr, wenn ich das in Anspruch nehme.

Das heißt, wenn jemand mit 60 Jahren in Pension geht, hat er Abschläge von 9 Pro­zent, und nicht, wie auch der Kollege Walch in einer Aussendung gesagt hat, der gemeint hat, 3 Prozent Abschläge seien zu hoch. – Kollege Walch, 9 Prozent Ab­schläge haben die Betreffenden pro Jahr, das sie vor dem 65. Lebensjahr in Pension gehen, oder 1,8 Prozent Abschläge, das sind insgesamt 9 Prozent. (Abg. Walch: Von 3 Prozent habe ich nichts gesagt!)

Aber gehen wir einmal zu den Kriterien, meine Damen und Herren. Welche Kriterien haben Sie herangezogen für die Schwerarbeiterregelung? – Sie haben Schicht-, Wechsel- und Nachtdienst herangezogen. Und was den Nachtdienst angeht, heißt es, man muss von sechs bis 22 Uhr sechs Stunden haben, und das sechsmal im Monat, damit dieser Monat überhaupt als Schwerarbeitsmonat anerkannt werden kann.

Wie schaut es denn aus mit den Schichtplänen? – Ich erläutere Ihnen einmal einen Schichtplan – der Kollege Mitterlehner hat in der letzten Sozialausschuss-Sitzung bestätigt, wie es in den meisten Firmen ist –: Die erste Woche habe ich Frühschicht, die zweite Woche habe ich Mittelschicht, die dritte Woche habe ich Nachtschicht – fünf Nachtschichten –, und die vierte Woche habe ich wieder Frühschicht. Das heißt, ich habe in diesem Monat nur fünf Nachtschichten geschafft, daher ist dieser Monat hinfällig.

Im nächsten Monat: Erste Woche Mittelschicht, zweite Woche Nachtschicht, dritte Woche Frühschicht, vierte Woche Mittelschicht. – Wieder nur fünf Nachtschichten, daher hinfällig. Das heißt, die Nachtschichten kann man nicht heranziehen.

Das Nächste ist die Kalorienregelung. Meine Damen und Herren! Die Kalorien­regelung steht auch im NSchG, aber seit 1981 ist niemand auf Grund dieser Kalorien­regelung als Schwerarbeiter eingestuft worden, und ich nenne Ihnen auch die Gründe dafür. Wie werden denn Arbeitskalorien gemessen, meine Damen und Herren? Man hätte sich nur bei Arbeitsmedizinern erkundigen müssen, ich habe es nämlich auch getan. – Es gibt zwei Messmethoden für die Messung von Arbeitskalorien. Mess­methode 1: Herzfrequenzmessung. Das heißt, der Beschäftigte ist acht Stunden verkabelt, mit einem Meter Kabel am Rücken, muss seine Arbeit machen, und auf Grund der bestehenden Herzfrequenzmessungen wird anhand einer Formel umge­rechnet, wie viele Arbeitskalorien verbrannt werden. – Unmöglich! Wenn ich einen Meter Kabel hinter mir habe, werde ich – das wird mir jeder bestätigen – nicht arbeiten können.

Die zweite Methode, meine Damen und Herren, ist die Temperaturmessung, das heißt, Messung des Temperaturunterschiedes zwischen Axillar- und Rektalmessung. Ich habe einen Fiebermesser unter den Achseln, habe einen Fiebermesser im „Hintern“ (Abg. Neudeck: Ich hab’ mich schon gewundert, warum du so komisch stehst! Jetzt weiß ich es!), und auf Grund des Temperaturunterschiedes erfolgt dann anhand einer Formel die Arbeitskalorienberechnung. – Meine Damen und Herren, das ist in der Praxis unmöglich – das hat auch der Kollege Mitterlehner in der letzten Sozial-


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ausschuss-Sitzung bestätigt –, daher ist auch diese Kalorienregelung absolut abzulehnen.

Das heißt im Klartext: Diese Schwerarbeiterregelung ist insgesamt ein Husch-Pfusch-Gesetz. Erfüllen Sie unsere Forderungen! 45 Jahre müssen ausreichen, um abschlags­frei in Pension gehen zu können, meine Damen und Herren. Das ist fair, das ist sozial, das ist gerecht, und das ist eine Regelung für die schwer arbeitenden Menschen in Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

14.45


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gaál. – Bitte.

 


14.45.45

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Erlauben Sie mir zum Abänderungsantrag des Kollegen Neugebauer aus der Sicht des Bundesheeres einige Bemerkungen.

Wir sind dabei, das österreichische Bundesheer den neuen sicherheitspolitischen Gege­benheiten in Europa und weltweit anzupassen. Vor allem geht es uns um das österreichische Bundesheer, das weltweit im Dienst des Friedens unterwegs ist. Es bedarf einer effizienten, modernen Einsatzorganisation und daher auch aufgaben­orientierter struktureller Veränderungen. (Abg. Schöls: Fass dich kurz – und sag, ihr seid dagegen!)

Das war mit ein Grund, dass wir uns hier sehr engagiert eingesetzt haben, als es darum ging, die entsprechenden Voraussetzungen für die Bundesheer-Reformkom­mission zu schaffen. In der Bundesheer-Reformkommission sind ja alle vier Parteien vertreten, und dort gab es eine einstimmige Festlegung. In ihrem Bericht und ihren Empfehlungen hat sie eine brauchbare Grundlage geliefert.

Wir haben in der Kommission gemeinsam immer wieder die Einbeziehung der Per­sonalvertretung und der Gewerkschaft verlangt, weil es uns darum geht – und da ist auch der Kollege Neugebauer unserer Meinung und hat vielfach dazu beigetragen –, einen abgesicherten Sozialplan zu schaffen. Daran sollen wir auch weiterhin festhalten.

Wir haben versprochen, dass wir diese Verhandlungen mit dem Ministerium kritisch begleiten, und heute liegt ein Abänderungsantrag vor, wonach Bedienstete, die künftighin auch andere Tätigkeiten verrichten werden, über einen längeren Zeitraum – sechs Jahre wurden festgelegt, ähnlich der Regelung bei der Exekutive – keine maßgeblichen Verluste erleiden sollen.

Diese vorliegende Regelung ist für uns ein erster Schritt in die richtige Richtung, ein Schritt, den wir mittragen. Wir begrüßen diese notwendigen Reformen, die sozial verträglich abzusichern sind, und werden diesem Abänderungsantrag zustimmen, erwarten uns aber, meine Damen und Herren, weitergehende Regelungen für die Bediensteten des österreichischen Bundesheeres, vor allem für Frauen und ältere Generationen, denen keine Truppentätigkeit mehr möglich ist. Da brauchen wir adäquate Arbeitsplätze. Man soll nicht den Eindruck erwecken, dass die Betreffenden vergessen sind oder gerade noch geduldet werden, sondern wir benötigen ent­sprechende Ausstiegsszenarien. Da wären wir sehr wohl bereit, mitzugehen, aber solche Szenarien fehlen uns derzeit noch. (Beifall bei der SPÖ.)

14.48


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.


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Wir gelangen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz, das Pensionsgesetz, das Bundestheater­pensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Gehaltsgesetz geändert werden (1394 der Beilagen).

Hiezu haben die Abgeordneten Neugebauer, Faul, Kollegen und Kolleginnen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die vom Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betrof­fenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Neugebauer, Faul, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 5 bezieht.

Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen der Bejahung. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetzentwurf ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend  Sozialver­siche­rungs-Änderungsgesetz 2006 samt Titel und Eingang in 1360 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen daher zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. Es ist dies die Mehrheit. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

14.50.51 4. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1389 d.B.): Vertrag zwischen dem Königreich Belgien, der Tschechischen Republik, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Estland, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Re­publik, Irland, der Italienischen Republik, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, dem Großherzogtum Luxemburg, der Republik Ungarn, der Republik Malta, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Republik Polen, der Portugiesischen Republik, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik, der Republik Finnland, dem Königreich Schweden, dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (Mitglied­staaten der Europäischen Union) und der Republik Bulgarien und Rumänien über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union


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sowie Protokoll samt Anhängen, Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Bulgarien und Rumäniens und die Anpassungen der Verträge, auf denen die Europäische Union beruht, samt Anhängen und Schlussakte (1395 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer.

 


14.51.29

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Dieser Tagesordnungspunkt sieht den Beitritt Bulgariens und Rumäniens zur Euro­päischen Union per 1. Jänner 2007 vor.

13 EU-Staaten haben diesen Vertrag bereits ratifiziert; Österreich ist das 14. Land. Unserer Überzeugung nach stellt diese Ratifikation einen wichtigen Schritt in Richtung zusätzliche Erweiterung der Europäischen Union dar. Bulgarien und Rumänien, deren Beitrittsvertrag wir heute ratifizieren, sind zwei Länder, die zweifellos zu Europa gehören – und wir von der ÖVP haben es daher immer begrüßt, dass es zu dieser EU-Erweiterung kommt. Sowohl Bulgarien als auch Rumänien sind wichtige Partnerländer Österreichs. Die Erweiterung stellt grundsätzlich eine der Erfolgsgeschichten der Europäischen Union dar – und dies, obwohl das vorher von vielen sehr skeptisch betrachtet wurde, sowohl was die Sicherheit, die wirtschaftliche Entwicklung als auch die arbeitsmarktpolitischen Probleme anbelangt.

Die Erweiterung war und ist ein richtiger und wichtiger Schritt zur Überwindung der Teilung unseres Kontinents, zum Zusammenwachsen Europas zu einem Raum des Friedens, der Sicherheit und Stabilität. Die EU-Erweiterung ist gerade auch für Öster­reich wichtig gewesen, um von einer Randlage Europas zu einem Kernland, zu einem europäischen Herzland zu werden.

In diesem Zusammenhang ist auch darauf aufmerksam zu machen, dass die Öster­reicherinnen und Österreicher, dass die österreichische Wirtschaft ihre Möglichkeiten in reichlichem Maße genutzt haben. Osteuropa ist für Österreich die wichtigste Zielregion in Bezug auf Investitionen geworden. Ganz besonders trifft das auch auf Rumänien zu: Denken wir beispielsweise nur daran, dass sich die OMV an der rumänischen Petrom beteiligt hat, oder denken wir an die Erste Bank und deren Beteiligung an der dortigen größten Bank. Ende 2006 werden die Direktinvestitionen Österreichs in Rumänien 6 Milliarden € betragen – und das stellt für eine kleine Volkswirtschaft wie die unsere einen ziemlich hohen Betrag dar.

Auch das Interesse der österreichischen Wirtschaft an Bulgarien ist sehr groß. Es ist aber nicht allein das wirtschaftliche Interesse bei dieser EU-Erweiterung gegeben, sondern natürlich steht auch der Kulturraum Europa an vorderster Stelle, wobei gerade der Donauraum für Österreich immer schon eine besondere Wichtigkeit und Bedeutung hatte. Im Übrigen möchte ich auch hier sagen, dass das Außenministerium, dass die Frau Außenministerin dem Donauraum und der Nachbarschaftspolitik immer beson­dere Bedeutung zugemessen hat – oft belächelt seitens der Oppositionsparteien. Es hat sich aber gezeigt, dass das eine ganz wichtig Entwicklung dargestellt hat und nach wie vor darstellt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ob das Beitrittsdatum 1. Jänner 2007 für Bulgarien und Rumänien tatsächlich halten wird, wird nicht unwesentlich davon abhängen, wie der EU-Fortschrittsbericht, der für Mitte Mai erwartet wird, ausschauen wird. Jedenfalls hat EU-Erweiterungskommissar


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Olli Rehn in seinen letzten Berichten festgehalten, dass vor einem EU-Beitritt weitere Reformen in beiden Ländern notwendig sein werden, vor allem im Justizbereich und bei der Korruptionsbekämpfung; ebenso ist in beiden Ländern eine Verfassungsreform vonnöten.

Wir hoffen, dass Rumänien und Bulgarien weitere Schritte in diese Richtung setzen werden: dass sie eine Verfassungsreform machen und in der Frage der Sicherheit weiter aufholen werden, dass sie auch das Thema Korruptionsbekämpfung voll an­gehen, damit sie gemeinsam zu einem stabilen und sicheren Friedensprojekt Europa beitragen. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.55


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. Es ist noch 5 Minuten Zeit bis zum Beginn der Dringlichen – und das ist genau Ihre Wunschredezeit, Herr Abgeordneter.

 


14.55.34

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema EU-Beitritt Rumäniens und Bulgariens ist eine Geschichte, die bereits vor mehr als fünf Jahren begonnen hat, als sich nämlich die EU dazu entschlossen hat, diesen Beitrittsschritt in Erwägung zu ziehen. In diesen mehr als fünf Jahren sind über 140 Kapitel und Bereiche verhandelt worden, und von diesen 140 Bereichen und Kapiteln waren laut letztem Monitoring-Bericht mehr als 70 erfüllt, das heißt, 50 Prozent dieser Bereiche gelten als erfüllt und es ist bei diesen die Beitrittskonformität gegeben; bei 30 Prozent sind noch Reformen notwendig. Aber letztendlich sieht die Europäische Kommission diese noch offenen Kapitel als erfüllbar an – und auch bei den 20 Prozent, die da noch bleiben, gibt es seitens der EU-Kommission eine Bewertung dahin gehend, dass man mit zusätzlichen Reformen zu einem positiven Ergebnis gelangen kann.

Das heißt, der EU-Beitritt Bulgarien und Rumäniens wird stattfinden. Ich gehe davon aus, dass das mit 1. Jänner 2007 der Fall sein wird. Das ist jedoch letztendlich eine Entscheidung der EU-Kommission, eine Entscheidung, die sie sich vorbehalten hat. Österreich steht es als derzeitiges EU-Vorsitzland aber gut an, dass es da möglichst schnell zu einer Unterfertigung und Ratifizierung dieser Verträge kommt. Unsere Fraktion wird jedenfalls dieser EU-Erweiterung, diesen Verträgen die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass alle hier über die wirtschaftlichen Erfolge Österreichs in Rumänien Bescheid wissen: Österreich ist, und zwar mit großem Abstand, der größte Investor in Rumänien; mehr als 3 700 österreichische Investitionen gibt es in Rumänien – und das mit einem Investitionsvolumen in Höhe von mehr als 7 Milliarden €. Nur kurz die allerwichtigsten: die Erste Bank, die 62 Prozent der größten Bank Rumäniens um 3,75 Milliarden € gekauft hat; weiters die ÖMV; die die Mehrheit an der rumänischen Petrom, und zwar um 1,5 Milliarden €, gekauft hat.

Das zeigt, meine Damen und Herren, dass die Wirtschaft unseres Landes eine durch­aus positive Einschätzung des dortigen Wirtschafts- und Marktstandortes hat, indem eben Wirtschaftsunternehmen die positive Entwicklung dieses Raumes sozusagen vorwegnehmen. Daher ist es nur recht und billig, dass da auch eine politische Entscheidung gefällt wird und wir hier letztendlich diesem Beitritt unsere Zustimmung erteilen.

Natürlich gibt es, was bestimmte Kapitel anlangt, noch einigen Nachholbedarf – das sollte auch nicht vergessen werden –, und zwar sind insbesondere Reformschritte in


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den Bereichen Justiz und Inneres notwendig, damit Rechtssicherheit gegeben ist; ebenso geht es um die Bekämpfung der organisierten Kriminalität sowie um Korrup­tions­bekämpfung. Mängel auf diesen Gebieten werden diese beiden Beitrittsländer sicherlich in ihrem Bereich selbständig lösen, sodass man da sehr positiv in die Zukunft schauen und diesen beiden Beitrittsverträgen die Zustimmung erteilen kann.

Erinnern möchte ich jetzt nur noch daran, dass im 19. Jahrhundert in Parlaments­sitzungen dieses Hausers, und zwar im alten Reichsratssitzungssaal, seitens der rumänischen Deputierten, die ihr Land hier in diesem Hause vertreten haben, selbst­verständlich auch Rumänisch gesprochen wurde.

In diesem Sinne haben wir daher, wie ich meine, auch eine geradezu historische Verpflichtung, diesen Ländern bei ihrem Weg nach Europa zu helfen.

Unsere Fraktion wird daher dieser Vorlage die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.59

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlun­gen über Punkt 4 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung einer Dringlichen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

15.00.00Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­deskanzler betreffend Postenschacher bis zur letzten Sekunde (4165/J)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zur dringlichen Behand­lung der schriftlichen Anfrage 4165/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Die Regierungen Schüssel I und Schüssel II zeichneten sich durch einen enormen Verschleiß an Ministern, politischen Mitarbeitern sowie Vorständen und Aufsichtsräten von ausgelagerten Unternehmen aus. Charakteristisch für diese Politik ist - neben den durch den oftmaligen Wechsel bedingten inhaltlichen Fehlern - auch der Umstand, dass zahlreiche gescheiterte Minister und Amtsträger in weiterer Folge in eine öffent­liche Funktion zurückkehren – verbunden mit enormen Kosten für die österreichische Bevölkerung.

Der letzte Schadensfall dieser Art ist die Bestellung von Kurzzeitminister Reichhold in den Vorstand der ASFINAG. Reichhold, dessen Amtsführung sich vor allem dadurch charakterisieren lässt, dass er nach dem Rücktritt der Regierung im September 2002 bis Ende Februar 2003 de facto keine Amtsgeschäfte führte und damit bloß sechs Monate wirklich als Minister tätig war, wird nun als ASFINAG-Vorstand mindestens 220.000 Euro jährlich verdienen. Geht man von der bekannten Praxis der Bundes­regierung aus, entsprechende Verträge kurz vor Neuwahlen auf fünf Jahre abzu­schließen, so erhält Reichhold aus diesem Vertrag eine Gage von mindestens 1,1 Millionen Euro. Ein Umstand, der nur mit „übelster Postenschacher“ beschrieben werden kann.

Doch Ex-Minister Reichhold ist nicht der einzige Rückkehrer in den geschützten, staatsnahen Bereich: Ex-Ministerin Forstinger arbeitete auf Honorarbasis für ein Unternehmen der Österreichischen Bundesbahnen. Ex-Justizminister Böhmdorfer war, obwohl er im Aufsichtsrat einer ÖBB-Aktiengesellschaft „prüfend“ tätig war, gleichzeitig


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auch der Rechtsanwalt und damit Auftragnehmer der Österreichischen Bundesbahnen. Dieser Sachverhalt widerspricht den österreichischen corporate governance-Regeln. Wie soll ein Aufsichtsrat einen Vorstand prüfen, mit dem er gleichzeitig Werkverträge abschließt? Weiters wird seit geraumer Zeit kolportiert, dass Ex-Innenminister Strasser einen ebenfalls hervorragend dotierten Vorstandsposten bei der Brenner Basistunnel Errichtungsgesellschaft in den nächsten Tagen antreten soll. Gleichzeitig sind weitere Vorstandsposten bei der Bundesimmobiliengesellschaft, die mittlerweile eine zwei­stellige Anzahl von Tochterunternehmen aufweist, ausgeschrieben. Diesbezüglich ist ebenso eine rein politische Besetzung zu erwarten.

Allein die Rückkehr von vier zurückgetretenen Ministern in den öffentlichen Besol­dungsbereich innerhalb kürzester Zeit mit garantierten Spitzengehältern, die diese in der Privatwirtschaft nur schwer erzielen würden, stellt eine Verhöhnung des österreichischen Steuerzahlers dar.

Auch die Bestellung und Abberufung von Aufsichtsräten und Vorständen in der staats­nahen Wirtschaft sowie die damit im Zusammenhang stehenden Vertragsgestaltungen prägen das Bild der Verschwendungspolitik dieser Bundesregierung und beruhen auf massiven Gesetzesverstößen in den Unternehmen der staatsnahen Wirtschaft, darunter vor allem der Österreichischen Industrieholding AG. Insgesamt betrugen die zusätzlichen Kosten seit dem Jahr 2000 durch Gehälter und Aufwandsent­schädigun­gen sowie Spesen der ÖIAG-Leitungsorgane rund zwei Millionen Euro. Bei den ÖIAG-Vorstandsverträgen wurde bewusst dem Stellenbesetzungsgesetz 1998 und der Verordnung der Bundesregierung betreffend Vertragsschablonen gemäß diesem Ge­setz zuwidergehandelt. Damit wurde eine Antiprivilegiengesetzgebung, die die Gehälter von Leitungsorganen in staatlichen Unternehmen streng reglementiert, in Kenntnis der negativen Folgen für die Steuerzahler bewusst durch den Vorstand, den Aufsichtsrat und die österreichische Bundesregierung missachtet. Der negativen Kritik des Rechnungshofes wurde in keiner Weise Rechnung getragen. Vielmehr  wurde durch die ÖIAG ein Gegengutachten erstellt, das dem Finanzminister einen Freibrief zum Abschluss solcher Privilegienverträge ausstellte.

RH-Präsident Fiedler hatte bereits im Jahr 2003 in einer Sitzung des Rechnungs­hofausschusses zur Vertragsschablonenverordnung und deren Anwendung Stellung genommen. Der damalige RH-Präsident führte aus, dass eine Nichtanwendung dieser Rechtsnorm, weil man sie für gesetzwidrig halte, einem „Tritt in das Gesicht des Rechtsstaates“ entspreche. Der Rechnungshofbericht zeigte einen Schaden von 6,1 Millionen Euro auf, wobei durch diese Zahlen lediglich ein Bruchteil der Umbeset­zungen durch die schwarz-blau-orange Regierung zum Ausdruck kommt, da durch den Rechnungshof nur elf von mehreren hundert staatsnahen Unternehmen geprüft worden sind.

Nicht nur gescheiterte Bundespolitiker werden von Bundeskanzler Schüssel mit heraus­ragenden Posten belohnt, auch für die abgewählte Landeshauptfrau der Steiermark, Waltraud Klasnic, stand ein Job bereit: sie verteilt nunmehr Förderungen als Leiterin des Zukunftsfonds.

Im Bereich der Österreichischen Bundesbahnen führte eine Strukturreform, die ausschließlich dem Zweck dienen sollte, neue Posten zu schaffen, neben der von der Bundesregierung gewollten Vermehrung von Vorständen, Geschäftsführern und Aufsichtsräten auch zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Betriebsorganisation: Durch die Konstruktion einer Beteiligungs-AG mit vier untergeordneten Aktiengesell­schaften wird die Führung des Unternehmens wesentlich erschwert. Nach zwei Jahren der Leugnung dieses Umstandes ist heute klar, dass diese Struktur sofort verändert werden müsste, denn sie führt auch dazu, dass bei zumindest einer Aktiengesellschaft eine ständige Überschuldung und damit Zahlungsunfähigkeit eintritt.


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In den Tochtergesellschaften werden Parteigünstlinge in einem noch nie da gewe­senen Ausmaß versorgt. Eine Immobilienmanagerin erhält 348.000 Euro pro Jahr plus Dienstwagen für die Besorgung der Geschäftstätigkeit der ÖBB-Immobiliengesell­schaft. Ein Versuch, dieser Immobilienmanagerin noch eine zweite Funktionsträgerin mit derselben Besoldung hinzuzufügen, scheiterte am öffentlichen Druck.

Die unzureichende Organisationsstruktur der ÖBB wird auch in Hinkunft dazu führen, dass weiterhin laufend Vorstände und Aufsichtsräte getauscht und vermehrt werden, mit unabsehbar hohen Kosten für den österreichischen Steuerzahler.

Hinsichtlich des Österreichischen Rundfunks war es den Regierungen Schüssel I und II ein wesentliches Anliegen, die Leitungsorgane und deren Bestellung so zu gestalten, dass der größtmögliche ÖVP-Einfluss hergestellt ist. Die Ergebnisse sind im ORF jeden Tag sichtbar und anhand der Einschaltquoten für jeden Gebührenzahler bewert­bar.

Die Reform des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger ließ vor fünf Jahren die politischen Wogen hoch gehen. Die Intention der Bundesregierung war einfach: der gewählte Präsident Hans Sallmutter sollte von der Spitze des Haupt­verbandes verdrängt werden. Nachdem dieser Versuch vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben wurde, erfolgte die Absetzung von Präsident Sallmutter mittels verfas­sungswidrigem Gesetz, welches auch später vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde. Weiters entsprach die Neukonstruktion der Organe des Hauptverbandes nicht der österreichischen Bundesverfassung. Erst nach mehrmaligen Reparaturen der Gesetz­gebung hat die ÖVP ihre Machtübernahme im Hauptverband vervollständigt, sodass sowohl der Verbandsvorstand als auch die Trägerkonferenz über eine ÖVP-Mehrheit mit dem entsprechenden Einfluß auf die Postenvergabe verfügen.

Bundesministerin Rauch-Kallat schafft mit der Gründung der Gesundheit Österreich GmbH eine neue ÖVP-Machtbasis mit vollem Durchgriffsrecht im Gesundheitswesen. Aus unabhängigen Einrichtungen – Fonds Gesundes Österreich und ÖBIG – werden weisungsgebundene Stellen. Damit kann die ÖVP künftig allein entscheiden, wo es welche Spitalsabteilungen gibt, welche Qualitätskriterien bei der Spitalsbehandlung gelten und wie viel Personal in einer Abteilung tätig ist.

Es ist damit zu rechnen, dass Bundesministerin Rauch-Kallat die zu bestellende GeschäftsführerIn an die kurze parteipolitische ÖVP-Leine nehmen und die Gesell­schaft schwarz einfärben wird.

Im Kunstbereich ist die Figur des Ministerialrates Seipel ein Synonym für Freunderl­wirtschaft und das politische Festhalten an völlig untragbar gewordenen Personal- und Gehaltsentscheidungen. Trotz eines absolut vernichtenden Rechnungshofberichtes wurde Dr. Seipel, dessen Gehalt innerhalb weniger Jahre mehr als verdreifacht worden ist, mit aller Kraft gehalten. Die auffallende betriebswirtschaftliche Schwäche des Direk­tors wird nun damit ausgeglichen, dass ihm ein weiterer Direktor zur Seite gestellt wird.

Selbst im Wissenschaftsbereich hält die schwarz-blau-orange Bundesregierung an der bekannten Vorgangsweise fest: insgesamt bestellte die Bundesregierung auf Vor­schlag von Bundesministerin Gehrer 59 Uni-Räte. Fast die Hälfte davon ist bereits einschlägig politisch aufgefallen. Ein großer Teil der Uni-Räte findet sich im Unterstützungskomitee für Wolfgang Schüssel im Nationalratswahlkampf 2002 wieder, obwohl laut Universitätsgesetz 2002 Funktionäre einer politischen Partei dem Uni-Rat nicht angehören dürfen. Der ÖVP ist es trotzdem gelungen, „ihre Leute“ unterzu-bringen. Pikantes finanzielles Detail: die Uni-Räte legen ihr Entgelt selbst fest.

Seit Anfang April steht auch der Geschäftsführer des ARC Seibersdorf fest, und auch in diesem Fall hält die Regierungskoalition an ihrer Personalpolitik fest: der neue Geschäftsführer des Forschungszentrums ist Mitglied der Burschenschaft Olympia, die


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vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes als rechtsextreme Vereinigung eingestuft wird.

Es ist davon auszugehen, dass bis zur Nationalratswahl die exemplarisch aufgezeigten Vorgangsweisen nicht nur beibehalten werden, sondern die Versorgung von Partei­gängern - wo dies überhaupt noch möglich ist - verstärkt wird. Gleichzeitig ist zu befürchten, dass sich Amtsträger dieser Bundesregierung auf Staatskosten Möglich­keiten eines „privatwirtschaftlichen“ Einkommens sichern, wie dies Bundesminister Gorbach durch den Verkauf der Bodenseeschifffahrt an seinen späteren Dienstgeber bereits anschaulich demonstriert hat.

Aus all den aufgezeigten Sachverhalten, deren Aufzählung nahezu endlos fortgesetzt werden könnte, und die sämtliche Ressorts der gegenwärtigen österreichischen Bundesregierung betreffen, richten die unterzeichneten Abgeordneten an den Bundeskanzler nachstehende

Anfrage:

1. Wie viele Verträge, die dem Stellenbesetzungsgesetz sowie der Vertrags­schablonen­verordnung unterliegen, wurden seit 4.2.2000 abgeschlossen und wie viele Personen mit einem entsprechenden Vertragsverhältnis wurden vorzeitig von ihrem Posten, unabhängig von der Begründung, abberufen?

2. In welcher Höhe zogen vorzeitig gelöste Verträge, die auf dem Stellen­besetzungsgesetz beruhen, Zahlungen ausschließlich aufgrund des Bestandes dieses Vertrages ohne Arbeitsleistung des Angestellten (so genannte Abfindungen) nach sich, geordnet nach Budgetjahren?

3. Sind auch Sie der Meinung, dass die Verträge der ÖIAG-Vorstände nicht dem Stellenbesetzungsgesetz unterliegen oder unterscheidet sich Ihre Rechtsmeinung von der des Finanzministers?

4. Wurden die vom Rechnungshof heftig kritisierten Bonifikationen und Mietzuschüsse an die ÖIAG-Vorstände auch im Jahr 2005 ausbezahlt und wenn ja, in welcher Höhe?

5. Wie hoch ist der Gesamtjahresbezug von Ex-Minister Reichhold als Vorstand der ASFINAG, beinhaltet dieser Vertrag auch variable Bezugsbestandteile und wenn ja, wie sind diese definiert?

6. Worin lagen die besonderen Qualifikationen von Ex-Landeshauptfrau Waltraud Klasnic für ihre Bestellung als Leiterin des Zukunftsfonds?

7. Können Sie ausschließen, dass Ex-Minister Strasser mit einer Leitungsfunktion im Bereich der ÖBB (Tochterunternehmen, Unternehmensbeteiligungen) betraut wird?

8. In welchen staatsnahen Betrieben sollen noch vor der Nationalratswahl weitere Leitungsfunktionen neu besetzt werden, geordnet nach Unternehmen und Ausmaß der neu zu bestellenden Leitungsfunktionen?

9. Wer wird die Geschäftsführung der Gesundheit Österreich GmbH übernehmen? Können Sie ausschließen, dass damit ehemalige ÖVP-PolitikerInnen versorgt werden?

10. Finden sie es angemessen, dass eine Immobilienmanagerin in der dritten Berichtsebene des ÖBB-Konzerns mit 348.000 Euro im Jahr wesentlich mehr verdient als Sie als Bundeskanzler?


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In formeller Hinsicht wird gem. § 93 Abs. 2 GOG verlangt, diese Anfrage vor Eingang in die Tagesordnung dringlich zu behandeln.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Cap als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 53 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte. (Abg. Schöls: So dringlich wird sie nicht sein!)

 


15.00.34

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Bevor ich herausgegangen bin, habe ich mit Blickkontakt Herrn Staatssekretär Morak begrüßt. Ich freue mich immer wieder, wenn er da ist. Allerdings ist die Dringliche an den Herrn Bundeskanzler gerichtet. (Abg. Neudeck: Sie werden die Geschäftsordnung kennen!) Mich verwundert es doch sehr, dass der Herr Bundeskanzler nicht persönlich kommt, denn schließlich ist er der „Vater“ dieses ganzen Systems, all dieser Postenverschiebungen, denn ohne sein Wis­sen und ohne seine Zustimmung kann nichts passieren.

Aber, mein Gott, Herr Staatssekretär Morak hat das Rollenfach geändert: nicht mehr das Burgtheater, sondern nur mehr das Theater der Jugend. Mein Name ist Morak – und ich weiß von nichts! Diese Nummer wird er heute wieder abziehen. (Abg. Steibl: Kollege Cap, ist das die Löwingerbühne für Sie?) Der Text wird vom Büro Schüssel verfasst worden sein – und das, was ihm bleibt, ist: Morak kann die Vokale etwas weiter und etwas kürzer gestalten, er kann vielleicht ein bisschen betonen, vielleicht das Timbre etwas verstärken, aber sonst hat er keine Gestaltungsmöglichkeit, denn das macht natürlich das Büro Schüssel.

Im Souffleurkasten sitzt Klubobmann Molterer, aber nicht einmal das ist jetzt der Fall. Sie sind also ganz auf sich allein gestellt, Herr Staatssekretär! Das wird eine schwierige Aufgabe werden, der Sie sich da zu stellen haben. (Abg. Neudeck: Bei der Dringlichen ist das nicht so schwer!) Aber der wahre Verantwortliche ist natürlich der Herr Bundeskanzler! Sie alle wissen, dass es bei den Ministerratssitzungen immer den Tagesordnungspunkt „Personelles“ gibt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Hat es das bei Ihnen nicht gegeben?) – Sie kommen dann noch dran! – Die Vollziehung des Stellen­besetzungsgesetzes ist Sache der Bundesregierung. Es gibt die so genannte Schablonenverordnung, die man im Jahre 1998 beschlossen hat, und sogar ein Antiprivilegiengesetz. Dieses trägt die Unterschrift des damaligen Vizekanzlers Dr. Wolfgang Schüssel. All das ist natürlich in die tiefen Gründe seiner politischen Vergesslichkeit versunken, aber das ist jedenfalls Faktum. (Abg. Neudeck: Wenn man Ihnen zuhört, glaubt man, der Fasching ist noch nicht vorbei!)

Das heißt, nichts kann ohne Einstimmigkeit beschlossen werden. Jede Posten­ver­schiebung in Ressorts oder in ausgegliederte Unternehmen, die der Rechnungshof zu kontrollieren hat, geht durch den Ministerrat. Wenn das jetzt so dargestellt wird, dass das bloß Sache der Orangen sei, in welches Körbchen gerade welche Orangen hineinrollen, dann stimmt das nicht ganz, denn die ÖVP, die die Trägerpartei in dieser Regierung ist, mit Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel an der Spitze, hat Mitver­antwortung dafür zu tragen! Daher frage ich mich: Wo ist er? Wieso kommt er nicht selbst her? Wieso ist er zu feig, die Verantwortung für diesen Postenschacher zu übernehmen? (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Wer hat Folgendes gesagt? – Ich werde jedenfalls mit ganzer Kraft gegen Posten­schacher, politische Packelei und Privilegienwirtschaft auftreten! (Abg. Steibl: Herr Kollege Cap! Was ist mit der Steiermark? Was machen dort die Sozialisten?) Wer war


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das? Folgende Aussage muss schon vorausschauend gewesen sein: Die Vertreter dieser Regierung denken selbst in keiner Weise ans Sparen, sondern sie haben nur ihre Dienstwagen, luxuriösen Büros, Pfründe und Pöstchen im Sinn. Wer war das? – Jörg Haider war das! Jörg Haider hat das einmal gesagt! Damals war er noch nicht in der Regierung, und jetzt müsste er das eigentlich wieder sagen.

Ich habe aber ein Zitat von Jörg Haider hier, und ich will das ausnahmsweise einmal positiv zitieren. Er sagt darin etwas sehr Interessantes: Schüssel hat sich Österreich untertan gemacht. – Das ist der Titel dieser Aussendung.

Ich zitiere weiter Jörg Haider: Man muss den Kanzler zur Ordnung rufen und ihm sagen: Deine Kälte, mit der du Vorteile für dich – per du – und deine Partei zu Lasten des Landes wahrnimmst, muss Grenzen haben! Schüssel hat sich in diesen 5 Jahren Österreich untertan gemacht. Gegen diesen schwarzen Putsch in den Führungs­etagen – danke schön, sage ich dazu – war die damalige SPÖ von geradezu vor­nehmer Zurückhaltung. – Zitatende. So Jörg Haider am 4. Februar 2005.

Ich weiß schon, warum der Herr Bundeskanzler heute nicht da ist. (Abg. Steibl: Wo sind die Roten heute alle?) Er müsste nämlich sonst erklären, was er von dieser Kritik des Kärntner Landeshauptmannes hält, dass er sich Österreich untertan gemacht habe und Haider vom „schwarzen Putsch“ in den Führungsetagen spricht.

Wollen Sie von der Wirtschaft, von den Banken, von der Wirtschaftskammer, vom Wirt­schaftsbund einen Beitrag zu dieser Diskussion leisten? Gehen die Posten­beset­zungslisten über Ihre Schreibtische? (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Missethon.) Haben Sie da mitzureden – oder geschieht das nur im Ministerrat? Wie geht das eigentlich vor sich? Es steht Ihnen nicht an, hier kecke Zwischenrufe zu machen. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber damit man Posten besetzen kann, muss man Posten frei machen. (Abg. Mag. Ikrath: BAWAG!) Herbert Krejci, Ihr Generalsekretär der Industriellenvereinigung, hat einmal etwas Interessantes in einem APA-Interview gesagt; lassen Sie mich das auch zitieren. Und: Ihre Vergesslichkeit ist grenzenlos. Sie können sich nicht einmal daran erinnern, dass Sie mit uns gemeinsam in der Regierung das Stellenbesetzungs­gesetz und Antiprivilegiengesetz beschlossen haben. Mit uns gemeinsam! Wissen Sie das? Sie waren einmal mit uns in einer Regierung! Schauen Sie mich nicht so traum­verloren an, das war wirklich einmal so.

Herbert Krejci sagte Folgendes: Die Säuberungsaktion, die die schwarz-blaue Regierung seit 2000 eingeleitet hat, ist ohne Beispiel in der österreichischen politischen Geschichte. Das hat sich die SPÖ nie getraut. Auch ein Bruno Kreisky hat immer für politisch Andersdenkende gewisse Inseln gelassen – wollen wir den jungen Koren fragen, ob er dazu einen Beitrag leisten kann, oder wollen wir das nicht? –, erinnerte Krejci an den verstorbenen SPÖ-Bundeskanzler. Heute aber würden bis zum Letzten irreversible Fakten geschaffen, sagte Herbert Krejci weiters.

Das zeugt doch von einem Machtwillen, der von einer Brutalität ohnegleichen ist! Daher habe ich bewusst diesen aus dem Ostblock stammenden Begriff „Säuberungen“ übernommen, und ich stehe auch dazu.

Herbert Krejci sagt doch auch nichts anderes, als dass an allen Ecken und Enden gesäubert wurde, dass die Fetzen geflogen sind. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: In der Steiermark!) Selbst ein Schwarzer, der nach schwarz-rot ausgeschaut hat, ist gesäubert worden – koste es, was es wolle!

Auch dem Steuerzahler kam das teuer zu stehen, denn die Verträge aufzulösen, den Posten frei zu bekommen, hat Millionen Euro gekostet! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Franz Voves in der Steiermark!) Das wissen Sie ganz genau, dass der Steuerzahler


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diese Postenbeschaffungen für Sie zu bezahlen hatte! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Franz Voves!) Das waren Säuberungsaktionen, wie es auch Herbert Krejci richtig festgestellt hat!

Sie können sich vor dieser Verantwortung nicht drücken (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Franz Voves!), weil das die Wahrheit ist! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Franz Voves!) – Ich weiß, dass Sie ein Namensgedächtnis haben, aber das sagt noch nichts über die Diskussion aus. (Beifall bei der SPÖ.)

Es freut mich auch – ich schaue jetzt noch einmal sicherheitshalber hinauf –, dass jetzt gerade Präsident Prinzhorn den Vorsitz innehat. Das ist sehr erfreulich, denn ich muss ihn jetzt als Zeugen aufrufen. Er hat am 21. Jänner 2003 die parteipolitischen Beset­zungen der ÖVP kritisiert. Zur Klarstellung: Da gibt es jemanden, der nicht qualifiziert ist, aber die ÖVP über alles liebt und daher einen Posten bekommt – oder ein Freund von jemandem ist und daher einen Posten bekommt. Das wird er gemeint haben, so schätze ich. Präsident Prinzhorn sagte damals: Die ÖVP sei nach dem Prinzip „Haltet den Dieb!“ losgezogen, und er kritisiert die Parteibuchwirtschaft bei den Lehrern und so weiter. Die ÖVP habe das meisterlich gemacht, so Prinzhorn – und uns hat man unterstellt, eigene Leute bei Postenbesetzungen zu forcieren!

Das war damals, als es noch geheißen hat, „Friends of Prinzhorn“ kommen überall hinein, was ja auch gestimmt hat. (Heiterkeit.)

Aber Prinzhorn sagte dann weiters, im Windschatten habe die ÖVP Umfärbung betrieben, etwa beim ORF. – Da wurde ich hellhörig, und ich habe das noch einmal durchlesen müssen. Prinzhorn sagt das, nicht die „üblichen Roten“, sondern Prinzhorn sagt das! – Am Gesichtsausdruck des Abgeordneten Lopatka sehe ich, wie zufrieden und satt er gerade über den nächsten Anruf in irgendeiner ORF-Redaktion nachdenkt; weil gerade Molterer nicht da ist, muss er das selbst machen. Es ist hart, es ist verdammt hart, immer selbst anrufen zu müssen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Weil Sie am Rednerpult stehen, deswegen ist die Leitung frei! – Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich verstehe, dass jetzt der Blutdruck ein bisschen nach oben geht.

Jetzt würde das Kapitel Mück-TV als Quotenschreck folgen. Ich habe mir das aufge­schrieben: Mück-TV! Facheln Sie nicht herum, sondern nehmen Sie einen Bleistift und schreiben Sie: Mück-TV als Quotenschreck! Was ist die Auswirkung dessen? – Es hat einen harten Kampf um das Rundfunkgesetz gegeben. Ein Jahr lang wurde gekämpft. Die ÖVP war sich damals nicht sicher, ob man Gerhard Weis wirklich wegbringt. Daher hat man einen Gesetz gemacht, wonach der Stiftungsrat eine starke Position hat, falls Gerhard Weis bleibt. Es ist aber gelungen Gerhard Weis wegzubekommen – und Frau Monika Lindner wurde Generaldirektorin.

Dann kam der Golf spielende Informationsdirektor, der dafür gesorgt hat, dass Mück kam. (Rufe bei der ÖVP: Elsner!) Nein, wir sind bei Mück! „Mück-TV“ bedeutet: Gleichschaltung der Informationssendungen, Beeinflussung von Themensetzung. (Abg. Amon: Was war Rudas? – Zwischenruf des Abg. Ing. Kapeller.) Zwischen hin und wieder das Handerl heben und Tag und Nacht dort präsent sein, ist ein Unter­schied in der Qualität. Fragen Sie die Journalisten, die heldenhaft für ihren Freiraum kämpfen gegen schwarze Eingriffe im ORF! Ich sage Ihnen, dass es diese nämlich gibt. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Ing. Kapeller.)

Haben Sie einen Wackelkontakt, oder was ist los bei Ihnen? – Ich habe schlicht und einfach nur kurz versucht, Ihnen bewusst zu machen, was sich tatsächlich abspielt! (Ruf bei der ÖVP: Cap, Sie waren auch schon besser!) Es ist notwendig, darauf hinzuweisen, weil das auch etwas mit Demokratie zu tun hat. Es hat auch etwas mit Demokratie zu tun. Ich sage nur: Caro Silvio!“


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Nun nach Rom: Eine Woche vor der Wahl sagte Schüssel: Lieber Silvio, alles Gute! Silvio Berlusconi ist der Hort der Demokratie, das wissen wir. (Abg. Großruck: BAWAG!) Ihm gehört faktisch die Mehrzahl der Printmedien, ihm gehören zwei Fernsehsender, da kommt überhaupt nur mehr Berlusconi bis zum Erbrechen vor, und auf den staatlichen Sender hat er ebenfalls Einfluss gehabt. Jetzt hat er die Wahl verloren – und will nicht gehen. Er sagt: Ich habe die Wahl gewonnen! Alle sagen ihm: Du hast verloren! Er sagt: Nein, ich habe sie gewonnen! (Abg. Murauer: Das war wie bei Ihnen! Sie wollten auch nicht gehen!) Das ist Berlusconis „demokratische“ Einstellung. (Abg. Murauer: Sie haben es auch nicht geglaubt, dass Sie gehen müssen!) Und zu diesem Krebsübel der Demokratie in der Europäischen Union hat Ihr Bundeskanzler gesagt: Silvio, alles Gute, vielleicht packst es du doch noch einmal, denn mir gefällt dieses System Berlusconi so gut! Davon kann man lernen.

Aber die Bevölkerung Italiens hat gesagt: Auch wenn dir die Medien gehören, auch wenn du jetzt als Ministerpräsident Milliarden verdient hast, auch wenn du Minister­präsident bist, wir wählen dich ab!

Und so wird es bei Schüssel auch sein, das sage ich Ihnen! (Heiterkeit sowie Beifall bei der SPÖ.)

Deswegen, weil Schüssel das weiß, aber er es nicht hören will, ist er auch heute nicht auf die Regierungsbank gekommen. Ich bin noch einer der Wenigen, die die Wahrheit sagen. Er hört nicht mehr die Wahrheit, er hört nur: flüster, flüster, Bussi, Bussi, kann ich dir eine Zuckerwatte zum Frühstück bringen? – Ich sage ihm die Wahrheit! Wach’ auf, erwache!, sage ich ihm. Und er kommt nicht, weil er noch schläft. Daher kann er auch nicht kommen, das ist logisch, hilft aber alles nichts.

Es geht Herbert Scheibner zu gut, er ist als Verantwortlicher zu lange nicht dran­gekommen. – Ich traute meinen Augen nicht. Ich war ja bis jetzt gewohnt, dass mittlerweile von dieser Republik Besitz genommen wurde. Man muss unterscheiden: Die ÖVP glaubt, sie kann noch länger Macht ausüben, bei der BZÖ ist es „Rette sich wer kann!“ Es handelt sich um Torschlusspanik, Panik auf der Titanic – je nachdem, welche Überschrift Sie haben wollen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Dem BZÖ – nicht der BZÖ! Sie müssen deutsch sprechen!) – Habe ich das Geschlecht bei euch verwechselt? – Ich werde mich bessern. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Bitte!)

Einfluss auf die Nationalbank, Einfluss auf den Verbund, Einfluss auf die ÖIAG, Einfluss auf die Post, Einfluss auf die ÖBB, die übrigens zu Tode reformiert werden soll, Einfluss auf den Hauptverband der Sozialversicherungsträger – all das wurde erreicht. (Zwischenruf des Abg. Amon.) Dreimal war man im härtesten Clinch mit dem Verfassungsgerichtshof, bis man endlich im alten Stil des Berlusconi Folgendes geschafft hat: 300 000 Arbeitgeber sind so viel wie 3 Millionen Arbeitnehmer.

Wieso verstehen wir das eigentlich nicht? – Das ist doch logisch: 300 000  sind 3 Millionen. Wenn ich mir das länger anschaue, dann glaube ich, dass die Balance tatsächlich so ist. Sie haben so lange reformiert, bis Sie es geschafft haben, dass es überall eine ÖVP-Mehrheit gibt, obwohl es keine ÖVP-Mehrheit bei den Arbeitnehmern gibt. Das ist Demokratie? (Abg. Grillitsch: Und die Jobs? Wie viele Jobs sind 1,4 Milliarden €?)

Die Jobs, die dazu gekommen sind, waren belastet, haben viel Geld gekostet, haben das noch teurer gemacht. Danke für das Stichwort! Grillitsch weiß, wo man teure Jobs findet. Grillitsch weiß, was sie kosten. Sie sind ein konstruktiver Teilnehmer bei einer Oppositionsrede; das freut mich.

Daher muss man sich bewusst sein, wie diese Republik aussieht und dass es auch um eine Art von „Berlusconisierung“ in dieser Republik geht.


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Ich traute meinen Augen nicht, als ich den „Kurier“ aufschlug: Rette sich, wer kann! (Abg. Hornek: Da haben Sie die falsche Seite aufgeschlagen!) Darin wird quasi der Gotha der Postenbesetzung beschrieben, alles, was an Edlem schon einmal in dieser Regierung war oder hier gesessen ist. Das erfolgt ja in Wellenbewegungen. Da hat es immer Fraktionskämpfe und dann eine Spaltung gegeben – und schwups gab es schon wieder „Flüchtlinge“, die man irgendwo unterbringen hat müssen. Das sieht man an Hand der Jahreszahlen, wer wo eingetreten ist oder eingetreten wurde, je nach dem, das ist sehr unterschiedlich. (Abg. Kößl: Redest du von der SPÖ – oder von wem redest du?) Wenn ich mir das so anschaue, muss ich sagen, es muss richtige Multitalente geben.

Zwei, drei Beispiele dazu. Das wird nicht jeder gelesen haben, daher erlaube ich es mir, zu zitieren. Gilbert Trattner: Ex-FP-Finanzreferent (Abg. Schöls: Flöttl!), Chef der ÖBB-Infrastruktur, Herr über Infrastrukturmilliarden der ÖBB, Aufsichtsrat in der Brenner-Eisenbahngesellschaft und in der ÖBB-Immobiliengesellschaft. Wo hat er denn all das gelernt? Als FP-Finanzreferent lernt man, mit Immobilien und Infrastruk­turen umgehen? (Abg. Scheibner: Guter Mann! Er ist Geschäftsführer in einer Finanzgesellschaft!)

Die ASFINAG ist ein richtiges Sammellager. Pressesprecher der ASFINAG wurde der Ex-Sekretär von Dieter Böhmdorfer, Mathias Reichhold – mit einem oder mit zwei harten „t“, ich weiß es jetzt nicht mehr. Er soll dort auch unterkommen. Ich kann mich nicht daran erinnern, aber jetzt fällt es mir ein, dass die ASFINAG ein super gewinnorientiertes Unternehmen ist, bei dem die Milliarden nur so in der Gegend herumfliegen, und man sagt: Drei, vier Vorstände, was soll’s? Das machen wir schon irgendwie. (Rufe bei der ÖVP: BAWAG!)

Es gibt große Probleme bei der ASFINAG. – Sie haben aber lange gebraucht, Sie sind heute nicht in Form. Kaum ist Molterer nicht da, passt es mit den Zwischenrufen nicht mehr. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Elsner!) Die ASFINAG muss ein Sammellager sein. Was sich dort abspielt! (Abg. Amon: Kollege Cap, wie war das mit Praschak?) Oder: Arnold Schiefer, oder wollen wir über Herbert Haupt reden, der zum Behindertenanwalt bestellt wird? Es gab kein Hearing, obwohl es zwölf Kandidaten gegeben hätte. All das gilt dann nicht. (Zwischenruf des Abg. Wattaul.) Bei der ÖIAG hat man auch gesagt: Was interessiert mich die Schablonenverordnung? Grasser hat sofort ein Rechts­gutachten bestellt, und die Bestellungen haben dann ohne Einhaltung all dieser Regeln stattgefunden.

Das Anti-Privilegiengesetz interessiert uns nicht. Viele von den Älteren aus dieser Fraktion haben nie den Anspruch gestellt. Aber Sie sind dahergekommen und haben gesagt: Privilegienabbau! (Abg. Rossmann: Was haben Sie für eine Politikerpension?) Ich kann Ihnen die Zitate bringen, aber das würde meine Redezeit sprengen. Genau dieses satte Lachen ist es! So lacht jemand, der schon im gemachten Nestchen sitzt. Aber Sie werden im Herbst noch aufwachen, das sage ich Ihnen! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Momentan schlafen wir eher ein!)

Jenen, die dann all das nicht mehr interessiert, sei gesagt: Da entwickelt sich eine Vertragskultur ohne Grenzen, ohne Moral – und der Steuerzahler hat das jedes Mal zu bezahlen. Das ist der Oberschadensfall, bei dem ich mir jetzt Ihre Zwischenrufe wün­schen würde. Wir müssen den Schadensfall der Regierung Schüssel, der schwarz-blau-orangen-Regierung endlich einmal sanieren! (Abg. Amon: Praschak, BAWAG!) Das ist entscheidend! (Beifall bei der SPÖ.)

Arnold Schiefer, Burschenschafter, FPÖ-Gemeinderat, Ministersekretär im blau-orangen Infrastrukturministerium, Gorbach-Ministerium, ist jener, der meinte: In meinem Bodensee bin ich Kapitän! Er ist eigentlich geistig schon längst woanders, sitzt


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aber noch immer im Ministerium – Peter Westenthaler klopft schon die ganze Zeit an. (Abg. Neudeck: Was bei Ihnen?) Schiefer wurde Sektionschef und später Projektleiter für den Zentralbahnhof Wien. Das muss man sich vorstellen: Der Zentralbahnhof ist nicht irgendein Bahnhof, wo irgendwelche Hühner verladen werden. (Abg. Scheibner: Den habt ihr bis jetzt vermurkst!) Und es geht weiter: Aufsichtsrat ASFINAG, jetzt könnte er sogar Vorstand der ÖBB-Infrastrukturbau und -betrieb AG werden. Lauter Genies rennen da offensichtlich herum; jeder kann alles machen. (Abg. Hornek: Wie ist das mit den alten Parteisekretären bei Ihnen?)

Ich weiß es eh, wie es bei Ihnen ist. Wenn irgendwo ein Sessel frei ist – Sie sitzen so ruhig da –, und man passt nicht auf, patsch, sitzt schon jemand vom ÖAAB dort. Sie sind sowieso unschlagbar vom Tempo her. Aber das ist die Grundlage. Warum macht man das alles? Warum gibt es diese Postenbesetzungen? – Das macht man, damit die BZÖ mitmacht, damit diese Regierung weiter besteht (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das BZÖ!), damit man sich nicht dem Wähler stellen muss. Das ist der wahre Hintergrund dieses Deals, der auf Kosten der Steuerzahler geht. Das ist ungeheuerlich! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das BZÖ! Sie sind auch nicht die Cap, sondern der!) Das ist der wahre Hintergrund. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das Cap!) Damit diese Koalition stabil ist, macht man all das. Sie wird nur durch diesen materiellen Hintergrund im Endeffekt stabil gehalten.

Somit komme ich zur Quintessenz des Ganzen. Ich möchte wieder mit einem Zitat von Jörg Haider enden, der etwas Interessantes gesagt hat. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie sind am Ende!) Er hat gesagt: Die Bienen sind im Stande, in ihrem Staat sorgfältig hauszuhalten. Sie werfen jeden Herbst die Drohnen hinaus. – Zitatende. (Abg. Rädler: ÖGB!)

Das wird auch Ihnen in diesem Herbst passieren. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Das ist eher eine Anfrage an den Landwirtschaftsminister!)

15.20


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich Herr Staatssekretär Morak zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Öllinger: In Hexametern heute!)

 


15.20.35

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Verehrter Josef Cap, die Frage der Tätigkeit von ehemaligen Politikern und engen Mitarbeitern von Politikern, die jahrelang in Kabinetten tätig waren, ist nicht neu und verdient durchaus eine ernsthafte Betrachtung und Diskussion.

Tatsächlich ist es so, dass ehemalige Mitarbeiter von früheren Bundeskanzlern heute in den Vorstandsetagen von Unternehmen, denen eine gewisse Staatsnähe nicht abgesprochen werden kann, in beträchtlicher Zahl zu finden sind. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Es bekleiden aber auch ehemalige Pressesprecher von Bundeskanzlern etwa Funk­tionen im Stiftungsrat des ORF. (Oh-Rufe bei der ÖVP.)

Oder man findet den ehemaligen Kabinettchef des eines Bundeskanzlers als Vorsit­zen­den des Universitätsrates der Universität Wien. (Neuerliche Oh-Rufe bei der ÖVP.)

Mit ehemaligen Mitarbeitern politischer Kabinette habe ich auch im Rahmen der Bundestheater Holding und ihrer Tochtergesellschaften zu tun. Um nicht missver­standen zu werden: Ich spreche durchwegs von Mitarbeitern von Bundeskanzlern, die in den Jahren vor 2000 im Amt waren. (Aha-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Grillitsch: Das gibt es ja nicht!)


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Ich möchte aber auch die Karrieren von ehemaligen Regierungsmitgliedern erwähnen, so beispielsweise jene des ehemaligen Staatssekretärs Wolfgang Ruttenstorfer. Er bringt ... (Zwischenruf des Abg. Gaál.) – Moment, Moment! Gemach, gemach! (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Ein schlechtes Beispiel!)

Meine Damen und Herren! (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Staatssekretär! Wenn Sie nicht wort­gewaltig sein können – wer dann? (Allgemeine Heiterkeit sowie Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak (fortsetzend): Wolfgang Ruttens­dorfer bringt seine in der Politik gesammelten Erfahrungen heute sehr erfolgreich in der OMV ein.

Oder die Karriere der ehemaligen Staatssekretärin Brigitte Ederer. Sie ist heute sehr erfolgreich bei Siemens tätig. (Beifall bei der SPÖ und demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Auch den ehemaligen Bundesminister Rudolf Scholten, mittlerweile in der Kontrollbank tätig, könnte man in diesem Zusammenhang erwähnen. (Abg. Mag. Johann Moser: Das war er vorher auch schon! – Abg. Gaál: Das ist doch ein dummes Beispiel!)

Ich möchte es ausdrücklich bedauern, dass in der vorliegenden Dringlichen Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap und GenossInnen vielleicht Vermutungen angestellt werden, Behauptungen aufgestellt werden, die sich nicht beweisen lassen und Spekulationen im Hinblick auf künftige Karrieren erhoben werden. Soweit davon einzelne namentlich genannte Personen betroffen sind, wie etwa der nun in der Privatwirtschaft tätige frühere Innenminister Ernst Strasser, ersuche ich um etwas Fairness. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Gaál: Staatsbetrieb!)

Ich glaube, dass jemand, der nach seinem Ausscheiden aus der Politik in der Privat­wirtschaft tätig ist, ein gewisses Maß an Respekt verdient. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Oh-Rufe bei der SPÖ.)

Jedenfalls ist es nicht zu akzeptieren, wenn teils unbegründete Vermutungen im Hinblick auf künftige Tätigkeiten angestellt werden, die für die Betroffenen nachteilige Auswirkungen im Zusammenhang mit ihrer derzeitigen beruflichen Tätigkeit nach sich ziehen können. (Abg. Parnigoni: Das ist aber in der Zeitung gestanden! Das hat keiner erfunden!) Dies gilt insbesondere für die teils pauschalierenden Verunglimpfungen gegenüber den Universitätsräten, die im Übrigen zu einem beträchtlichen Teil von den Universitäten selbst nominiert werden.

Ich möchte erfolgreiche Frauen und Männer erwähnen wie beispielsweise: Dr. Hannes Androsch, Mag. Max Kothbauer, Mag. Inge Scholz-Strasser, Dr. Gertrude Tumpel-Gugerell, Dr. Siegfried Sellitsch oder Thomas Jozseffi, um nur einige zu nennen. (Rufe bei der SPÖ: Was soll das?)

Auch wenn manche von ihnen bereits politische Funktionen unterschiedlicher Art ausgeübt haben mögen oder, um mit Ihren Worten, Herr Dr. Cap, zu sprechen: Meinen Sie, wenn Sie diese Persönlichkeiten nennen, wenn Sie davon sprechen, dass fast die Hälfte der Universitätsräte bereits „einschlägig politisch aufgefallen“ seien? (Abg. Parnigoni: Unglaublich!)

Ich möchte ausdrücklich festhalten, dass ich die Bereitschaft zu politischem Engage­ment, auf welcher Ebene auch immer, für eine wesentliche Voraussetzung zu einer demokratisch verfassten Gesellschaft halte. Daher sind mir solche Äußerungen, die


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politisches Engagement pauschal abqualifizieren, unverständlich und nicht nachvoll­ziehbar. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Gestatten Sie mir, dass ich in einem konkreten Fall die persönliche Integrität einer der von Ihnen angegriffenen Persönlichkeiten in aller Form außer Streit stelle. Dies betrifft die langjährige Landeshauptfrau der Steiermark Waltraud Klasnic. Auf Grund ihrer langjährigen politischen Erfahrung ist sie selbstverständlich in einer besonderen Weise befugt und qualifiziert, die Leitung des Zukunftsfonds und die damit verbundene Verantwortung zu übernehmen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Wattaul.)

Zu den einzelnen Fragen nehme ich wie folgt Stellung:

Zur Frage 1:

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass über den Abschluss von Verträgen nur nach dem Stellenbesetzungsgesetz beziehungsweise der Vertragsschablonenverordnung der Bundesregierung die in den Zuständigkeitsbereich des Bundeskanzleramtes fallende Auskunft erteilt werden kann. In diesem Zusammenhang wird auf die Beantwortung der Anfrage 5042/J durch den seinerzeitigen Bundeskanzler Mag. Klima in der XX. Gesetz­gebungsperiode verwiesen, in der Folgendes ausgeführt wird. Ich zitiere:

„Das Stellenbesetzungsgesetz richtet sich an die Organe der Unternehmen, die für die Bestellung und für den Abschluß des Anstellungsvertrages mit den Leitungsorganen zuständig sind. Soweit der Bund an Unternehmungen beteiligt ist, hat der gemäß dem Bundesministeriengesetz 1986 (...) für die Verwaltung der Anteilsrechte des Bundes zuständige Bundesminister im Rahmen dieser Funktion die Einhaltung der gesetz­lichen Bestimmungen und somit allenfalls die korrekte Anwendung des Stellen­beset­zungsgesetzes durch die Organe der betreffenden Unternehmen (z. B. Aufsichtsrat) wahrzunehmen.“ – Zitatende.

Die Vertragsschablonen wurden durch Verordnung der Bundesregierung erlassen. Zur Auskunftserteilung über Fragen des Stellenbesetzungsgesetzes und der Vertrags­schablonen sind daher grundsätzlich alle Bundesminister berufen. – Da seither in der Rechtslage keine Änderung eingetreten ist, hat diese Antwort uneingeschränkt auch heute ihre Gültigkeit.

Für folgende Einrichtungen, die in den Zuständigkeitsbereich des Bundeskanzleramtes fallen, wurden seit 4. Februar 2000 für die Geschäftsführung Verträge nach dem Stellenbesetzungsgesetz geschlossen:

Künstler-Sozialversicherungsfonds: zwei Verträge, wobei der erste Geschäftsführer aus eigenem Wunsch vorzeitig aus dem Vertrag ausgeschieden ist, sodass die Funk­tion des Geschäftsführers nach dem Stellenbesetzungsgesetz auszuschreiben und mit dem neuen Geschäftsführer ein Vertrag abzuschließen war.

RTR-GmbH: Mit dem für die Rundfunkangelegenheiten zuständigen Geschäftsführer wurde im Jahre 2001 ein Vertrag abgeschlossen, der demnächst durch Fristablauf enden wird. Derzeit läuft das Ausschreibungsverfahren nach dem Stellenbesetzungs­gesetz.

Austria Film und Video GmbH: Diese Gesellschaft wird vom Geschäftsführer des Österreichischen Filmarchivs mit geleitet, wofür der Geschäftsführer kein zusätzliches Entgelt erhält.

Bundesanstalt „Statistik Österreich“: Nach dem Bundesstatistikgesetz 2000 besteht die Bundesanstalt aus einem fachstatistischen und einem kaufmännischen Geschäfts­führer. Die Funktionsperioden beider Geschäftsführer sind mit 31. Dezember 2004 abgelaufen. Die Funktionen wurden nach dem Stellenbesetzungsgesetz öffentlich


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ausgeschrieben und mittels Vertrag nach der Vertragsschablonenverordnung mit 1. Jänner 2005 besetzt.

„Wiener Zeitung“-GmbH: In der angesprochenen Zeit wurde mit 1. Juli 2003 der Geschäftsführer der „Wiener Zeitung“-GmbH nach durchgeführter Ausschreibung nach dem Stellenbesetzungsgesetz für die Funktionsperiode bis 30. Juni 2006 mittels Ver­trages nach der so genannten Vertragsschablonenverordnung bestellt.

Bundessporteinrichtungen GmbH: Mit 31. Dezember 2003 ist die Funktionsperiode des mit 1. Jänner 1999 bestellten Geschäftsführers ausgelaufen. Nach Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens nach dem Stellenbesetzungsgesetz wurde der bis­herige Geschäftsführer für eine weitere fünfjährige Funktionsperiode mittels Vertrages nach der so genannten Vertragsschablonenverordnung bestellt.

Versöhnungsfonds: Durch das Versöhnungsfondsgesetz, BGBl. I Nr. 74/2000, wurde der Versöhnungsfonds mit Sitz Wien ex lege eingerichtet. Das Kuratorium des Fonds hat in seiner konstituierenden Sitzung vom 20. Dezember 2000 den Generalsekretär bestellt. Der Vertrag mit dem Generalsekretär wurde mit entsprechender Vertrags­schablonenverordnung abgeschlossen. Die Funktion hat auf Grund der gesetzlichen Auflösung des Fonds geendet.

Bundestheater Holding GmbH: Die fünfjährige Funktionsperiode des Geschäfts­führers ist mit 31. August 2004 abgelaufen. Der Geschäftsführer wurde mittels Vertrages nach der Vertragsschablonenverordnung für die nächste fünfjährige Funk­tionsperiode ab 1. September  2004 bestellt.

Darüber hinaus wurden die Verträge der künstlerischen Geschäftsführer der Bühnen­gesellschaften Burgtheater und Staatsoper verlängert beziehungsweise 2002 ein Vertrag mit dem künstlerischen Geschäftsführer der Volksoper neu abgeschlossen.

Festgehalten wird, dass im Bereich des Bundeskanzleramtes kein Funktionsträger, der unter das Stellenbesetzungsgesetz fällt, vorzeitig von der Funktion abberufen wurde.

Zur Frage 2:

Da im Bereich des Bundeskanzleramtes keine Verträge vorzeitig aufgelöst wurden, kann hiezu keine Antwort gegeben werden.

Zur Frage 3:

Gemäß § 2 ÖIAG-Gesetz 2000 werden die Eigentümerrechte des Bundes in der Hauptversammlung durch den Bundesminister für Finanzen ausgeübt. – Die Beantwortung dieser Frage fällt daher nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bundes­kanzleramtes.

Zur Frage 4:

Gemäß § 2 ÖIAG-Gesetz 2000 werden die Eigentümerrechte des Bundes in der Hauptversammlung durch den Bundesminister für Finanzen ausgeübt. – Die Beant­wortung dieser Frage fällt daher nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bundes­kanzler­amtes. (Abg. Bures: Er ist für nichts zuständig!)

Zur Frage 5:

Nach dem ASFINAG-Gesetz hat die ASFINAG Informationspflicht nicht gegenüber dem Bundeskanzler, sondern gegenüber dem Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie. (Abg. Bures: Daher keine Zuständigkeit!) Das Bundes­kanzleramt kann daher mangels Zuständigkeit keine Auskunft geben. (Abg. Bures: Er weiß von gar nichts!)


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Zur Frage 6 (Abg. Bures: Weiß er auch nicht!):

Wie ich schon ausgeführt habe, bringt die ehemalige Landeshauptfrau der Steiermark, Waltraud Klasnic, auf Grund ihrer langjährigen politischen Erfahrung als Landesrätin und Landeshauptmann eines großen österreichischen Bundeslandes die notwendigen Voraussetzungen für die verantwortungsvolle Tätigkeit der Kuratoriumsvorsitzenden des Zukunftsfonds mit.

Darüber hinaus möchte ich festhalten, dass sie für diese Funktion nicht vom Bun­deskanzler bestellt, sondern gemäß § 7 Absatz 1 Ziffer 1 Zukunftsfondsgesetz aus der Mitte der Kuratoriumsmitglieder gewählt wurde. (Abg. Bures: Nicht zuständig!)

Zur Frage 7:

Gemäß § 3 Bundesbahngesetz obliegt die Verwaltung der Anteilsrechte namens des Bundes an der ÖBB-Holding AG dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie. – Das Bundeskanzleramt kann daher mangels Zuständigkeit keine Stellungnahme dazu abgeben. Im Übrigen verweise ich auch hier auf meine ein­leitende Bemerkung. (Abg. Bures: Weiß er auch nicht! Was wissen Sie?)

Zur Frage 8:

Im Bereich des Bundeskanzleramtes sind bis zur Nationalratswahl folgende Neu­bestellungen notwendig:

Auf Grund des Zeitablaufes der für Rundfunkangelegenheiten zuständigen Geschäfts­führer der RTR-GmbH. (Abg. Parnigoni: Wozu sitzt er in der Regierung, wenn er für nichts zuständig ist?)

Darüber hinaus sind die Bestellung des künstlerischen Geschäftsführers der Burg­theater GmbH für die Besetzung der fünfjährigen Funktionsperiode ab 1. September 2009 sowie des künstlerischen Geschäftsführers der Volksoper Wien auf Grund der einvernehmlichen Auflösung des Vertragsverhältnisses mit dem derzeitigen Geschäfts­führer ins Auge gefasst. (Abg. Eder: Sie selber wissen auch nichts?)

Zur Frage 9:

Diese Frage fällt in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen. Davon abgesehen kann ich Ihnen davon berichten, dass die Position des Geschäftsführers beziehungsweise der Geschäftsführerin der Gesundheit Österreich GmbH, wie in der Regierungsvorlage vorgesehen, gemäß den Bestimmungen des Stellenbesetzungsgesetzes besetzt und daher ein entsprechend transparenter Bestellungsprozess erfolgen wird. (Abg. Parnigoni: Was wissen Sie überhaupt? – Abg. Eder: Vielleicht weiß der Dolinschek etwas!)

Zur Frage 10:

Nach § 3 Bundesbahngesetz obliegt die Verwaltung der Anteilsrechte im Namen des Bundes an der ÖBB-Holding AG dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie.  Das Bundeskanzleramt kann daher mangels Zuständigkeit keine Stellung dazu abgeben. (Abg. Bures: Keine Zuständigkeit!)

Im Übrigen danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.34


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zukommt.


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Als erster Debattenredner hat sich Herr Abgeordneter Dr. Kräuter zu Wort gemeldet. Ihre Redezeit ist wunschgemäß auf 6 Minuten eingestellt. – Bitte.

 


15.34.59

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär Morak, Sie haben eine „ernsthafte Befassung“ mit dieser Dringlichen angekündigt. (Zwischenruf des Abg. Prinz.) Daher, Herr Staats­sekretär: Wie können Sie hier im Hohen Haus Respekt vor Ex-Innenminister Strasser einfordern, der im Zuge des ADONIS-Skandals davongelaufen ist (ironische Heiterkeit bei der ÖVP) – und der hunderte Parteifärbeaktionen durchgeführt hat?! Das ist doch geradezu unglaublich! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Staatssekretär Morak, das Einzige, was von Ihrer Lesung brauchbar ist, ist das Lob für sozialdemokratische Spitzenrepräsentanten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neugebauer: Und der Hinweis ... zum Salzamt!)

Ich sage Ihnen jetzt Folgendes: Auch nur im Entferntesten einen Zusammenhang zu den „Gorbachs“, „Reichholds“ und „Forstingers“ dieser Welt herzustellen, das richtet sich doch von selbst, Herr Staatssekretär! (Abg. Kainz: Wo ist der Schlögl beteiligt überall?)

Herr Staatssekretär Morak, Sie haben überhaupt keine Antworten gegeben – und das ist klar geschäftsordnungswidrig – darauf weise ich hin –, und das bedeutet natürlich politisch im Ergebnis, dass Sie den schwarz-orangen Postenschacher fortsetzen wollen. Das können ja Sie von der ÖVP am besten, und daher würde ich Ihnen raten, Herr Staatssekretär Morak: Machen Sie bitte in den drei dringendsten Fällen Posten­schacher! Ich ersuche Sie: Schachern Sie endlich den Posten von Herrn Seipel im Kunsthistorischen Museum! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Begründung für diese notwendige Postenschacherei finden Sie im Rech­nungs­hofbericht betreffend Kunsthistorisches Museum. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) – Es ist völlig egal, Kollege Neudeck (Abg. Neudeck: Ich habe gar nichts gesagt!), wer danach kommt, denn es gibt wirklich niemanden auf der Welt, der auf die Idee kommen würde, vor der Weltpresse die „Saliera“, zusammen mit Ministerin Gehrer, in einem Papierl sozusagen wie einen Leberkäse vorzuführen und mit dem Dreizack herum­zufummeln! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Falsche Rede!)

Meine Damen und Herren, Sie erinnern sich sicherlich alle, dass es Direktor Seipel war, der dieses eine Auto gekauft und zugleich verkauft hat. Zwischen „dein“ und „mein“ kennt Herr Seipel offensichtlich nicht viele Unterschiede – und darum, Herr Staatssekretär Morak, ist es eben notwendig, diesen Posten zu schachern. (Abg. Scheibner: Das verwechseln Sie!)

Ich erwähne in diesem Zusammenhang beispielsweise auch Grabbeigaben aus Ägypten: Wenn Seipel eine besonders gut gefällt, nimmt er sie eben mit heim.

Oder ich erinnere weiters daran, wie Herr Seipel in Venedig sozusagen „James Bond“ gespielt hat, was den Steuerzahler 7 000 € pro Tag gekostet hat. – Daher: Schachern Sie von den Koalitionsparteien auch diesen Posten! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Schachner-Blazizek!)

Schachern Sie aber auch den Posten von Herrn Kandlhofer! Auch da gibt es eine wirklich fundierte Begründung in einem Rechnungshofbericht, und zwar zum Projekt e-card. (Abg. Kainz: Themenverfehlung, was Sie da reden!) – Sie erinnern sich sicher­lich, Herr Kollege!

Das ist Postenschacher, denn Herr Bundeskanzler Schüssel hat, und zwar verfas­sungs­widrig, Herrn Kandlhofer in den Hauptverband hineingeschachert. Übrigens hat


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man vom „Hüter des Verfassungsbogens“ da auch nichts gehört. – Und Herr Kandl­hofer hat sich natürlich gedacht: Ei potz, wenn ich jetzt schon verfassungswidrig bestellt bin, dann brauche ich mich auch nicht an Gesetze oder Verordnungen zu halten! (Abg. Steibl: Was macht Voves in der Steiermark ohne Ausschreibung?)

Herr Kandlhofer hat damals wörtlich gesagt, er werde sich nicht an die Maria-The­resiani­sche Kanzleiordnung halten. – So schaut also die „Begründung“ für einen Gesetzesbruch aus.

Im so genannten kleinen Untersuchungsausschuss – das war besonders interessant – hat Herr Kandlhofer zur Vergabe des e-card-Auftrages gesagt, dass das „Chefsache“ sei. „Chefsache“ also im Zusammenhang mit den No-Dates, die in ÖVP-Hinterzimmern stattfinden, wo illegale Preisabsprachen getätigt werden, und so weiter. (Abg. Steibl: Das sagt Voves in der Steiermark auch: „Chefsache“! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie sind nur ..., weil Voves Sie nicht geschachert hat!)

Meine Damen und Herren, gibt es ein noch deutlicheres Geständnis für illegale Preisabsprache, als dass das als „Chefsache“ bezeichnet wird?! Kann man einen objektiven Vergabevorgang als „Chefsache“ titulieren?!

An die Autoren dieses Berichtes im Zusammenhang mit dem so genannten kleinen Untersuchungsausschuss: Es ist schon ein starkes Stück, diese Sache als „Skandalisierungsversuch der SPÖ“ zu bezeichnen!

Meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, schachern Sie bitte auch den Posten von Frau Klasnic im Zukunftsfonds! In diesem Fall habe ich zwar noch keinen Rechnungshofbericht anzubieten, aber es wird einen Bericht des Untersuchungs­ausschusses des Steiermärkischen Landtages geben, aus dem hervorgehen wird, dass Frau Klasnic im Sommer 2004, und zwar wider besseres Wissen und entgegen den Empfehlungen der Finanzabteilung des Landes, Fördermittel für Gräfin Herber­stein freigemacht hat. (Zwischenruf der Abg. Steibl.)

Jetzt soll Waltraud Klasnic mit 20 Millionen € im Zukunftsfonds zur Aufarbeitung der Vergangenheit beitragen – und zeitgleich wird in einem Untersuchungsausschuss in der Steiermark die Vergangenheit in der Causa Herberstein aufgearbeitet?! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: ..., weil Herr Voves Sie nicht geschachert hat!  – Abg. Steibl: Was ist jetzt?)

Frau Steibl, Sie werden sich noch wundern, was da noch alles zutage treten wird! Ich denke da beispielsweise nur an die Privathaus-Renovierungen des „Wahlkampf-Sängers“ des Herrn Bundeskanzlers!

Nochmals: Schachern Sie auch Seipel, Kandlhofer und Klasnic! (Abg. Kößl: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen!)

Auch auf eine andere Art von Postenschacher muss noch hingewiesen werden, und zwar durch Schüssel und Haider gemeinsam, nämlich im Verkehrsressort. Ich rufe in Erinnerung: Schmid, Forstinger, Reichhold, Gorbach – allesamt gescheitert! Ein Desas­ter im Verkehrsbereich, sowohl betreffend Bahn, ÖBB, als auch Straße, ASFINAG: Postenschacher, Schulden, Missmanagement. Offenbar ist das aber kein Problem für die Regierung! Was wird uns von den ÖBB mitgeteilt? – Pleite gehen könne ein Unternehmen, für das der Staat haftet, ohnehin nicht. – So schaut es also offensichtlich aus: Das Geld für den Postenschacher bezahlt der Steuerzahler, aber Kontrolle brauchen wir keine! (Zwischenruf des Abg. Neudeck.)

Meine Damen und Herren! Das wird sich die Bevölkerung Österreichs nicht gefallen lassen, seien Sie versichert! (Zwischenruf der Abg. Steibl.)


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Nun noch ein Ceterum censeo, wenn Sie schon da sind, Herr Staatssekretär: Wie sieht es denn mit den 5 736,88 € plus 4 Prozent Zinsen – wie ich einmal annehme – aus? Sie lachen immer so spitzbübisch, wenn die Rede davon ist, dass Sie endlich die Kosten für Ihre private Geburtstagsparty übernehmen sollen! Ich würde jetzt wirklich bitten: Auf die Dringlichen Anfrage haben Sie keine Antwort gegeben. Geben Sie heute doch wenigstens auf die Frage endlich eine Antwort, ob Sie bereit sind, die Kosten Ihrer Geburtstagsparty zurückzuzahlen, die sonst ja der Steuerzahler bezahlen muss! Wir warten darauf. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Brinek: Die Fragestellung war falsch!)

15.41


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter Kräuter, Sie haben dem Herrn Staatssekretär vorgeworfen, die Dringliche nicht geschäftsordnungskonform beantwortet zu haben. Ich sehe das überhaupt nicht so! Aber der Herr Klubobmann kann das gerne bei der nächsten Präsidiale zur Sprache bringen. Der Vorhalt würde mich sehr interessieren.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Missethon. – Bitte.

 


15.41.34

Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Wenn man Kollegem Kräuter zuhört, können sechs Minuten sehr lange werden. Und wenn man Kollegem Cap zuhört ...  (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.)

Es ist erstaunlich: Ich höre und lese in den Zeitungen, dass Sie ein guter Marathon­läufer sind. Sie müssen aber auch ordentlich dehnen und jeden Tag Gymnastik betreiben! Als Sie nämlich hier über Sanieren und Finanzen geredet haben, ohne den ÖGB, die BAWAG und so weiter zu erwähnen, mussten Sie schon ordentliche Verren­kungen machen. Jeder andere hätte mit einem Bandscheibenvorfall das Rednerpult verlassen müssen, das sage ich Ihnen sehr deutlich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Geschätzte Damen und Herren! Damit sind wir schon beim Punkt: Das, was Sie da heute im Zusammenhang mit Postenschacher inszenieren, ist nicht einmal ein müdes Ablenkungsmanöver von der Causa prima. (Abg. Parnigoni: Na geh!)

Herr Kollege Cap, noch gestern, vor 24 Stunden, haben Sie Kollegem Hundstorfer einen Job hier im Nationalrat angeboten, weil es offenbar ganz einfach zu wenig ist, wenn man Vorsitzender der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten ist, weil es zu wenig ist, wenn man gleichzeitig im Wiener Gemeinderat sitzt, weil es zu wenig ist, dass man auch geschäftsführender ÖGB-Präsident ist. Das ist jetzt ohnehin nicht viel für die SPÖ zu tun, denn mit dem Ganzen hat sie angeblich nichts zu tun. Das heißt: Da ist noch Platz für ein Amterl! – In Anbetracht dessen muss ich sagen: Es ist schon mutig, dass Sie das Thema Postenschacher heute anziehen, Herr Kollege Cap! (Abg. Parnigoni: Fragen Sie einmal Neugebauer, was der alles ist!)

Ich möchte jetzt aber auf die Causa prima der letzten Tage und Wochen zurückkom­men. Klar ist jedenfalls, dass die SPÖ nicht wirtschaften kann. Dafür gibt es genügend Megabeispiele, ich denke etwa an den „Konsum“, an die Verstaatlichte, aber auch an den Bankenbereich. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.) Ich muss wirklich sehr klar sagen: Es ist ein Zufall, wenn bei Banken, die in eurem Einflussbereich stehen, einmal nichts passiert! Die Regel ist ja, dass etwas passiert, wenn ich an die ganzen Banken­debatten in den letzten Jahren hier denke. (Abg. Mag. Darabos: Reden Sie von Raiffeisen?)


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Zunehmend bestätigt sich überdies der Verdacht, dass der ÖGB und die BAWAG offensichtlich sehr wohl von der Löwelstraße aus gesteuert werden. (Abg. Dr. Stummvoll: Natürlich!) Wenn Gusi sagt: Verkaufen wir!, dann verkauft der ÖGB. Wenn Kollege Gusenbauer sagt: Hundstorfer herein!, dann kommt Hundstorfer herein. Wenn Kollege Gusenbauer sagt: Katzian herein!, dann sitzt Katzian herinnen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Johann Moser.)

Es ist schon sehr interessant, wie dieses Zusammenspiel läuft und dargestellt wird. (Der Redner platziert eine Tafel mit einer Graphik und der Überschrift „Der Filz der Gusenbauer-SPÖ“ auf dem Rednerpult.) Hier wird roter Gusenbauer-Filz aufgebaut, und das ist natürlich im Moment im Hinblick auf ÖGB und BAWAG das große Problem. (Abg. Mag. Kogler: Was hat denn das mit der Bundesvollziehung zu tun? –Zwischen­ruf des Abg. Mag. Johann Moser.)

Nach den ersten Reaktionen, Herr Kollege, kann man sagen: Sie lösen ja den Filz nicht auf, der zu dieser Geschichte geführt hat, sondern Sie verstärken ihn! Meine Sorge geht dahin, dass der ÖGB und die BAWAG aus dieser Ecke nicht herauskommen, weil sie in Ihrem Einfluss stehen, geschätzte Damen und Herren. Sie haben in der Vergangenheit hinreichend bewiesen, dass Sie vom Wirtschaften keine Ahnung haben. Überall dort, wo die Sozialisten zu lange reagiert haben, hat es immer Krisen­situationen gegeben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Mag. Kogler: Sie sind fünf Kilometer vom Thema entfernt!)

Ich komme gleich zur ÖIAG. Die ÖIAG war einer der Fälle, die wir von der SPÖ übernommen haben. (Abg. Mag. Kogler: Reden Sie einmal zur Sache!) Die ÖIAG ist ein solcher Fall, Kollege Kogler. (Abg. Mag. Kogler: Sie halten eine Rede von vor drei Wochen oder für den Wahlkampf! Reden Sie nicht herum! Reden Sie einmal über etwas, was das Parlament betrifft!)

Reden wir nicht herum, sondern schauen wir uns die Ergebnisse an, lieber Kollege Kogler! Die ÖIAG ist heute schuldenfrei. Die ÖIAG hat Unternehmen sehr vernünftig und richtig privatisiert. (Zwischenruf des Abg. Mag. Johann Moser.) – Herr Kollege! Du bist ja auch so ein altsozialistischer Ideologe, weit weg von der wirtschaftspolitischen Realität! Du bist ein Theoretiker, aber kein Praktiker. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Deine Expertisen haben unter anderem auch dazu geführt, dass die Obersteiermark in diese Situation gekommen ist, in der sie sich befindet. (Abg. Mag. Kogler: Die steirische ÖVP hat Schlamm bis zu den Ohren!)

Schauen wir uns die erfolgreichen Privatisierungen an! Schauen wir uns an, wie die voestalpine heute dasteht. (Zwischenruf des Abg. Dobnigg.) – Lieber Karl Dobnigg, du bist einer der wenigen, die diese Ämterentflechtung noch nicht gemacht haben! Das einzige Glück ist, dass du dich wenigstens teilkarenzieren lassen hast. Das wird kein Schaden für die voestalpine Donawitz gewesen sein! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Regt euch nicht so auf!

Die voestalpine hat das Geschäftsjahr 2005/2006 sehr erfolgreich abgeschlossen. Nur dass wir wissen, worum es geht: Wir haben in den obersteirischen Betrieben ... (Zwischenruf des Abg. Dobnigg.) – Karl Dobnigg! Ich weiß nicht, ob du bei den Verhandlungen dabei warst. Es gibt für jeden Mitarbeiter 2 400 € Prämie. (Abg. Dobnigg: Dort arbeiten auch die Mitarbeiter und nicht du oder die ÖVP!)

Wir hatten immer Vertrauen zum Management und zu den Mitarbeitern, und insgesamt zeigt sich: Wenn sie nicht unter politischem Einfluss stehen, machen sie ihr Geschäft ganz phantastisch. Die voestalpine ist ein Paradebeispiel für eine gelungene Priva­tisierung. (Abg. Mag. Johann Moser: Verschleudert wurde sie!) Sie ist ein Parade­beispiel für eine gelungene Entflechtung von der Politik. Ein paar Randgrößen haben


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wir noch, aber das ist nicht mehr wirklich entscheidend. Die voestalpine ist ein sehr positives Beispiel dafür, dass diese Entflechtung richtig war. (Zwischenruf des Abg. Dobnigg.)

Lieber Karl Dobnigg! Ich würde mich freuen, wenn du das auch so sehen würdest. Ich glaube, dass heute in Donawitz keiner mehr die Verstaatlichte will. Oder? (Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

Willst du, dass man dort zurück in die Politik geht? Nein! Ich nicht. Und das will wahrscheinlich auch kein Mitarbeiter. Regen wir uns also nicht auf, sondern achten wir darauf, dass wir die Zukunft gut gestalten!

Zum propagierten Wechsel: Wir haben in der Steiermark seit sechs Monaten einen roten Landeshauptmann, und ich sage euch: Ernüchterung ist ins Land gezogen, nicht Erneuerung! Da hat es einiges an Postenschacher gegeben. Wir haben einen – zweifellos erfolglosen – Spitalslandesrat, der eine Großbaustelle hinterlassen hat. Wir untersuchen jetzt in einem Untersuchungsausschuss, und das geht bis hin zum Korruptionsverdacht. Herr Voves hat ihn zum Landesschulratspräsidenten gemacht, und weil das zu wenig war, hat er auch noch ein Bundesratsmandat bekommen. Das heißt: Wenn er Präsident wird, fährt er mit zwei Chauffeuren und mit zwei Dienstautos herum. Das ist Postenschacher!

Schauen wir uns noch einen Herrn an, nämlich den ehemaligen Landeshauptmann-Stellvertreter Schachner-Blazizek: Er ist stellvertretender Vorsitzender des Aufsichts­rates der Steiermärkischen Bank und Sparkassen AG, Aufsichtsratsvorsitzender der Leykam Medien AG, Aufsichtsratsvorsitzender der EStAG, Vorstand-Stellvertreter der Steiermärkischen Verwaltung und, und, und. Das ist der Netzwerker, geschätzte Damen und Herren!

Schauen wir uns auch die Situation beim ARBÖ an, geschätzte Damen und Herren! Lieber Kollege Kräuter, ich höre, dass SPÖ-Landesparteifinanzreferent Heinz Hofer, auch kein unbedeutender Networker in der Steiermark, neuer ARBÖ-Präsident werden soll. Ich hoffe, du hast auf Grund des Postenschachers im SPÖ-Landesparteivorstand dagegen gestimmt und bist ebenso engagiert aufgetreten wie hier jetzt. (Abg. Parnigoni: Der ARBÖ wird doch wählen können, wen er will! Wieso ist das Posten­schacher?) – Herr Kollege Parnigoni, dass du dich zum ARBÖ meldest, finde ich besonders erstaunlich und mutig. Dort verdient ein Präsident nämlich mehr als der Bundespräsident! Du solltest dich schämen und nicht zu laut reden!

In diesem Sinne ist auch nach dieser Debatte klar: Die SPÖ kann nicht wirtschaften! Es wäre ein Schaden, wenn die SPÖ mehr Verantwortung in diesem Land bekäme. Das wäre ein Schaden! Das Land ist bei Wolfgang Schüssel und bei dieser Bundes­regie­rung gut aufgehoben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

15.51


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


15.51.13

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Herren Staats­sekretäre! Meine Damen und Herren! Sie sollten eigentlich sehr zufrieden hier sitzen und sich für den Fall, dass Sie eine gute Dringliche eingebracht haben und dass Ihr Klubvorsitzender hier eine tolle Rede gehalten ist, freuen. – Ihre Aufregung und Nervosität zeigt jedoch etwas anderes: Sie sehen, dass Sie schon wieder einen Rohrkrepierer gelandet haben, so wie mit vielen Dringlichen Anfragen davor auch. (Abg. Riepl: Wie viel hat Herr Gaugg bekommen?)


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Meine Damen und Herren! Ich freue mich immer schon auf die Dringlichen, die von Ihnen kommen, weil sie durchaus immer interessant sind, manchmal für Humor gut sind, oft aber auch Mut verlangen. Auch diese Dringliche zeugt vom Mut Ihrer Fraktion und Ihres Klubvorsitzenden. Wenn nämlich gerade die SPÖ, die ja der Partei gewordene Proporz und Postenschacher ist, sich hier über Postenvergabe aufregt, dann zeugt das wirklich von einer großen Portion an Mut. Das möchte ich durchaus anerkennen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Interessant ist nur, dass Kollege Cap als Beweis für seine These, dass jetzt in der Regierung all diese Posten besetzt und beschlossen werden, dann gleich den Ministerrat, die Tagesordnung und den Punkt „Personelles“ heranzieht. (Zwischenruf des Abg. Faul.) Daran zeigt sich, dass die letzten sechs Jahre halt spurlos am Kolle­gen Cap vorbeigegangen sind! – So etwas ist für uns aber immer ein interessanter Einblick in die Vergangenheit. Das ist so, als ob man mit einem Fernrohr in die Ferne blickt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Die sollten mit dem Fernrohr in die Karibik schauen!) Ja genau!

Ich werde Ihnen mit der Geschichte nachhelfen. Das ist so, als ob man in ferne Galaxien schaut und dann etwas sieht, wovon man glaubt, dass es jetzt stattfindet, in Wirklichkeit ist das Ereignis aber durch die große Entfernung schon um Lichtjahre vorbei. (Zwischenruf des Abg. Mag. Johann Moser.)

So dürfte es auch diesfalls sein. Herr Kollege Cap! Es war vielleicht noch in Ihrer Zeit der Regierungsbeteiligung so, dass man im Ministerrat schön nach Proporz alle die Funktionen in der Verstaatlichten und in den staatsnahen Betrieben besetzt hat. Jetzt verhält sich das aber anders! Zum Punkt „Personelles“ im Ministerrat: Wissen Sie, was da noch beschlossen wird? Es geht dabei nicht um die staatsnahen Betriebe und auch nicht um die Betriebe, die vom Rechnungshof kontrolliert werden, sondern es werden dort nur mehr die Orden und Ehrenzeichen – also auch Ihre Orden und Ehrenzeichen – beschlossen. Ferner werden die Mitglieder des Patentamtes – ich weiß nicht, ob das proporzmäßig besonderes interessant ist –, die Konsuln und die Richter des Verfas­sungs- und des Verwaltungsgerichtshofs bestellt, meine Damen und Herren.

Sie bringen hier also einen Beweis aus der Vergangenheit. Dieser ist für uns historisch sehr interessant, hat aber mit der Realität heute – Gott sei Dank! – nichts zu tun. Und so geht es mit vielen Dingen auch bei Ihrer Dringlichen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es stimmt: Herr Kollege Cap, Sie haben einmal bei einer Podiumsdiskussion in einer Ihrer Institutionen, als ich Ihnen vorgeworfen habe, dass Sie schlechte Regierungs­politik gemacht haben, Ihre Oppositionspolitik aber noch schlechter ist, gesagt, dass Sie die Oppositionspolitik gar nicht können wollen, weil Sie wieder regieren wollen.

Das verstehe ich auch! Sie zeigen immer wieder, dass Sie die Opposition noch nicht gelernt haben. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie werden noch Zeit haben, sie zu lernen!) Aber uns ist auch klar, warum Sie wieder zurück wollen: Weil Sie genau wieder zu dem System, das Sie uns hier unterstellen und das Sie jetzt kritisieren, zurückkommen wollen, dass nämlich Sie der Staat, die Postenvergabe und die Wohnungsvergabe sind! All das wollen Sie, die Partei, sein! Darauf ist man stolz. Und dort, wo man es noch kann wie zum Beispiel in Wien ... (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Moment! Die Partei vergibt die Gemeindewohnungen. Die Partei vergibt die Positionen in der Gemeindeverwaltung. Deshalb ist es ja auch kein Zufall, dass, wie ich glaube, 90 Prozent bei den Personalvertretungswahlen aus Ihren Reihen kommen. Und darauf sind Sie auch noch stolz! (Abg. Zweytick: Freundschaft!)


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Aber das ist halt vorbei, meine Damen und Herren! Das ist vorbei! Die staatsnahen Betriebe sind alle ausgegliedert und zum großen Teil privatisiert, und dort gibt es das nicht mehr. Dort werden die Positionen nicht durch die Regierung oder durch Parteien, sondern durch die Aufsichtsräte besetzt und durch unabhängige Kommissionen bewertet. So ist das, meine Damen und Herren! Aber das ist halt etwas anderes!

Dort, wo Sie es noch können, sieht man es ja, etwa bei der Verflechtung ÖGB – BAWAG – SPÖ: Da wird dann als Retter in der Not Herr Hundstorfer für die unab­hängige Interessenvertretung der Arbeitnehmer aufgestellt, Hundstorfer, der Abgeord­neter der SPÖ und noch dazu Vorsitzender der Gemeindebediensteten ist. Und die Leute, die ihn kennen, sagen: In erster Linie ist er für die SPÖ da und dann erst für die Arbeitnehmerinteressen.

Herr Foglar, der damals, als diese Spekulationen begonnen haben, Aufsichtsrat bei der BAWAG und auch Herr über den Streikfonds – so es ihn noch gibt – war, wird jetzt Finanzchef beim ÖGB. (Abg. Mag. Johann Moser: Und was ist Herr Amon? General­sekretär des Wirtschaftsbundes!)

Herr Kollege, da Sie auch die Gagen kritisieren: Herr Elsner hat eine Belohnung von 300 000 € bekommen, einen Job bei den Lotterien dafür, dass er die Bank fast in den Sand gesetzt hat. Das sind Ihre Reaktionen auf Skandale! Das ist Ihre Posten­besetzung! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da könnte man noch viel erwähnen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) – Oje, der Herr Kollege Matznetter! Wie schaut es denn aus mit dem ARBÖ? Sie kritisieren, dass ein Vorstand der ASFINAG, die jetzt ganz tolle Projekte initiiert und bei der noch nie so viel in die Infrastruktur investiert wurde, 200 000 € verdient. Das ist noch um ein Eckhaus weniger als etwa das Einkommen des ARBÖ-Präsidenten! Aber davon wollen Sie ja nichts mehr wissen. Die ganzen SPÖ-Funktionäre flüchten jetzt aus den ARBÖ-Gremien, damit sie nur ja nichts mehr damit zu tun haben.

Die Steiermark wurde schon angesprochen. Es ist ja wirklich interessant, in welchem Rekordtempo man dort umfärbt, von den Landesschulräten über die Stiftungsräte bis zu den landesnahen Gesellschaften! Das, was Sie uns immer unterstellen, ist in Wirklichkeit nur das, was Sie dort, wo Sie können, praktizieren! (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.)

Schauen wir uns die Dringliche an!

Herr Präsident! Etwas kann mit der Lampe nicht stimmen! Vielleicht ist das Wunsch­denken ...

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Das stimmt schon! Die Uhr wurde wunschgemäß auf 6 Minuten eingestellt. (Abg. Riepl: Die Zeit ist abgelaufen!)

 


Abgeordneter Herbert Scheibner (fortsetzend): Sie schreiben in Ihrer Dringlichen, was man alles nicht machen darf: Man darf keine Aufträge von staatsnahen Betrieben haben, auch als Anwalt nicht. – Wie schaut es denn mit Ihren Anwälten aus, Austrian Airlines, Flughafen, wie schaut denn das aus? Ihre Anwälte von der SPÖ sollen sich hier einmal dazu äußern! Dürfen sie jetzt keine Aufträge mehr aus diesen Bereichen erhalten? Das ist merkwürdig.

Sie haben den Namen Ederer erwähnt und gesagt, dass das etwas ganz anderes ist. – Es ist nichts anderes! Sie macht bei Siemens wirklich tolle Arbeit. Gott sei Dank! Seien wir doch stolz darauf, Herr Kollege Cap, dass Politiker in der Wirtschaft gute Arbeit leisten! Niemandem von uns würde einfallen, dass eine Unvereinbarkeit besteht, wenn Siemens einen Großteil der Großaufträge aus dem staatlichen Bereich oder aus dem


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Gemeindebereich erhält. Das ist doch unsinnig! (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Genau so verhält es sich auch in anderen Bereichen. Was ist mit Kollegem Vranitzky? Er hat einen Beratervertrag bei der WestLB. (Abg. Mag. Johann Moser: Gehabt!) – Ja natürlich, der Vertrag ist jetzt, nach zehn Jahren, ausgelaufen. Aber hatte das etwas damit zu tun, dass man damals, als er noch Bundeskanzler war, die Bank Austria an die WestLB verkauft hat? Und, und, und. Da kann man viele Beispiele bringen. Sie projizieren halt anscheinend all das, was Sie hier herüberbringen, aus dem eigenen Bereich!

Meine Damen und Herren, es wird kritisiert, welche Gehälter bei der ÖIAG gezahlt werden. – Gott sei Dank haben wir dort tolle Manager eingesetzt! Sie hätten vielleicht gerne noch Herrn Streicher und andere dort. Haben auch nichts damit zu tun, waren ja auch nie Minister der SPÖ! Das Management, das dort eingesetzt wurde, hat es aber jedenfalls geschafft, dass die ÖIAG durch Privatisierungen schuldenfrei ist und trotzdem einen höheren Marktwert hat als vor der Privatisierung. Das ist moderne Personalpolitik, die wirklich zukunftsorientiert arbeitet. Und man könnte noch eine ganze Menge an ähnlichen Beispielen bringen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber der Ausgangspunkt für die Reformen und auch für das vom Rechnungshof war ja 1997 ein Selbstmord, meine Damen und Herren, ein Selbstmord, der in Ihrem Bereich verursacht worden ist, weil dort ... (Abg. Gradwohl: Haben Sie es wirklich notwendig, so tief zu werden?) – Na ist das „tief“, Herr Kollege? Kannst du dich nicht mehr daran erinnern, was wir hier diskutiert haben, wo ihr dann selbst ein Fünf-Punkte-Programm ausgearbeitet habt, damit so ein Fall Praschak in der Zukunft nicht mehr möglich ist, damit ein derartiger Druck wie auf Praschak nicht mehr ausgeübt werden kann? Im Jahr 1999 ist das hier aufgelistet worden. Und was ist daraufhin passiert? Eine Postenbesetzung nach der anderen nach Parteischema.

Uns ist es nicht darum gegangen – so wie Ihnen jetzt anscheinend –, zu sagen, dass es unvereinbar wäre, dass jemand nach Ausübung einer politischen Funktion irgend­eine Wirtschaftsposition besetzt oder sonst irgendeine Mitgliedschaft hat. So stellen Sie das jetzt hier dar. Wir haben nur gesagt, es ist für uns nicht tragbar, dass aus­schließlich Politiker von Rot und Schwarz dort hineinkommen und dass es ein Ausschließungsgrund ist, wenn man nicht diesen beiden Parteien angehört.

Sie, meine Damen und Herren, haben das ja selbst auch zum Ausdruck gebracht. Ihr Kollege Gusenbauer hat das in einer Nationalratssitzung zum Ausdruck gebracht, als er gesagt hat (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen): Es wird an der Tages­ordnung sein, dass Politiker nach ihrer Tätigkeit in die Wirtschaft gehen, und wir sollten doch nicht so defensiv sein und so ein mangelndes Selbstbewusstsein haben, dass wir nicht sagen, dass wir hier gute Arbeit leisten.

Es wundert mich, dass Sie das hier kritisieren, aber ich sage Ihnen: Wir wissen, dass wir da objektiviert haben, und daran werden wir weiterarbeiten! Das Glashaus, in dem Sie sitzen, ist so groß, dass Sie Ihre Steine werfen können, aber wir wollen verhindern, dass Österreich zurückkehrt zu dem System, das Sie hier kritisieren, aber in Wirk­lichkeit wieder einführen wollen: zu einem großkoalitionären Proporz, wo aus­schließlich nach Parteibuch in Ihrem Sinn die Posten besetzt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.02


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Matznetter zu Wort gemeldet. 2 Minuten; Sie kennen die Geschäfts­ordnung, Herr Kollege: Fakten gegen Fakten, keine politischen Bewertungen!

 



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16.02.16

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Scheibner hat unter vielem anderen behauptet, dass die Bank Austria an die WestLB verkauft worden wäre.

Zu dieser Form der Objektivierung darf ich tatsächlich berichtigen: Es ist die HVB, eine ganz andere Bank, Herr Kollege! Wie so vieles im Leben: alles falsch! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.02


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Mag. Moser hat sich ebenfalls zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.02.51

Abgeordneter Mag. Johann Moser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Scheibner hat behauptet – auch sein Vorredner Missethon –, die ÖIAG sei schulden­frei.

Richtig ist, dass die ÖIAG in ihrer Bilanz 2005 Verbindlichkeiten in der Höhe von 457 Millionen € aufweist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Amon: Und was steht dem gegenüber?)

16.03


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr kommt Herr Abgeordneter Öllinger mit einer Wunschredezeit von 8 Minuten ans Rednerpult. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) – Am Wort ist Herr Abgeordneter Öllinger!

 


16.03.00

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Missethon, wissen Sie, was das Unerträgliche ist? – Dass Sie zum Beispiel als Vertreter der ÖVP – ich könnte das auch durch andere ersetzen –, die in der Steiermark in der Causa EStAG noch nicht einmal bis zur Nasenspitze aus dem Schlamm heraußen ist, sich hier herstellen und sagen: Ah, da ist noch jemand anderer im Schlamm drinnen! Die SPÖ ist auch im Schlamm! Das freut uns aber! – Das ist die Art und Weise, wie Sie diese Debatte um Parteibuchwirtschaft, um Proporzwirtschaft unerträglich machen! (Beifall bei den Grünen.)

Es geht nicht darum, dass es früher einmal, Herr Staatssekretär, auch Partei­buch­wirtschaft gegeben hat – selbstverständlich, und wir haben das auch immer kritisiert –, aber: Das Ausmaß an Postenschacher, an Privilegienwirtschaft, an Parteibuch­wirt­schaft, an Unfähigkeit von in diese Posten gehievten politischen Günstlingen hat unerträgliche Ausmaße erreicht und war noch nie so arg wie jetzt – nicht einmal zu Zeiten des Proporzes! So schaut es aus, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich sage Ihnen etwas: Austrian Research Center, Austro Control, AUA, ASFINAG, Austria Center Vienna, Austria Wirtschaftsservice, Bundesimmobiliengesellschaft, Bundesheer, Behindertenanwaltschaft, Bundestheater-Holding, BUWOG, Brenner Eisen­bahngesellschaft, Brenner Basistunnel AG, Bundesbuchhaltungsagentur, Bun­des­beschaffungsagentur – jetzt bin ich erst beim Buchstaben B und da noch nicht einmal fertig! Das haben Sie alles in den letzten fünf, sechs Jahren umzufärben und einzufärben versucht! So schaut es aus in dieser Republik. Es gibt ja fast nichts mehr an Institutionen, die staatsnahe sind, die nicht von Ihren Günstlingen bevölkert werden – und das ist das Problem! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Ich sage Ihnen etwas zur „Normalität“ dieser Umfärbung: Kritik an der ÖVP als Partner auf Bundesebene übt der Kärntner FPÖ-Chef Martin Strutz im Zusammenhang mit der Besetzung von Spitzenpositionen. Er spricht von „Postenschacher“. Ob ÖBB, ORF, ÖIAG, Hauptverband, Nationalbank, ja sogar im Gesundheitsbereich hat man den Eindruck, dass diese Positionen hauptsächlich von Repräsentanten der größeren Regierungspartei besetzt werden, sagte Strutz am Montag.

Da regt sich die FPÖ oder das BZÖ auf, dass die ÖVP noch immer mehr an Posten und Besetzungen hat, und natürlich ist die ÖVP dabei etwas vornehmer: Sie regt sich nicht so laut und deutlich auf, sondern sagt relativ wenig dazu, schweigt wie üblich.

Aber es gibt andere, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie den den Regierungsparteien sicher nicht fern stehenden – und darum wurde er ja auch in den Aufsichtsrat geholt – Niki Lauda, der zur Besetzungsorgie, zur parteipolitischen Besetzungsorgie bei den ÖBB Folgendes gesagt hat – ich zitiere –:

„,Politische Intervention bei ÖBB‘

Rund um die Besetzung einiger Spitzenpositionen bei der ÖBB meldete sich nun Kurzzeit-Aufsichtsrat Niki Lauda zu Wort. Lauda erklärte am Montag im ORF-Radio, dass es bei der Besetzung politische Interventionen von ÖVP und FPÖ gebe. So habe ihm, Lauda, Verkehrsminister Hubert Gorbach ... klargemacht“ – jetzt kommt ein schöner Satz –, „,wer zahlt, schafft an‘. Daraufhin habe er seinen Rücktritt eingereicht.“

Lauda weiter: „Über die Arbeitsweise bei den ÖBB sei er ,überrascht‘ gewesen. Der Aufsichtsrat habe sogar einen Brief an die politisch Verantwortlichen geschickt mit der Aufforderung, den Vorstand ,in Ruhe arbeiten‘ zu lassen. Er“, Lauda, „habe die politische Einflussnahme unterschätzt. Als er gemerkt habe, dass der ,Spagat zwischen politischem Interesse und wirtschaftlichen Notwendigkeiten‘ immer größer werde, habe er den Rücktritt eingereicht.“

Ja, was sagen Sie dazu? – Nichts! Sie vergessen es! Na entsorgen wir den Lauda! Und dann kommt doch glatt irgendjemand von den Regierungsparteien her – in diesem Fall Herr Klubobmann Scheibner – und sagt: Wir sind doch parteipolitisch frei! Die Aufsichtsräte bestimmen in den Organen, wer was zu sagen hat.

Ich habe Ihnen jetzt vorgelesen, was Herr Lauda gesagt hat. Der ist von Ihnen als Aufsichtsrat bestellt worden, weil Sie gewusst haben, er steht den Regierungsparteien nahe! (Abg. Scheibner: Das ist ein Widerspruch!) Er war ehrlich genug zu sagen: Nein, mit mir nicht! Das können sie nicht spielen!

Ich könnte Ihnen jetzt Gremien und Aufsichtsräte noch und nöcher aufzählen, die sich angesichts dieser Postenbestellungspraxis der Regierungsparteien abgewandt haben, angewidert abgewandt und gesagt haben: Da machen wir nicht mehr mit! – Das sind die Realitäten der letzten Jahre! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich kann Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, gerne dazu noch etwas sagen. (Abg. Murauer: Nicht pauschalieren, zählen Sie auf!) Reden wir nicht mehr von der Normalität, sondern vom Besonderen: Austria Wirtschaftsservice. – Was fällt Ihnen dazu ein? Zwei Geschäftsführer sind bestellt und hinausgeschmissen worden. Sie sind von Ihnen parteipolitisch bestellt – und hinausgeschmissen worden, weil sie unfähig waren. Die Republik zahlt die Kosten: einerseits die Beratungskosten für die Einstel­lung dieser Geschäftsführer – die waren enorm, haben wir schon diskutiert – und natürlich die Kosten, damit die Geschäftsführer, wenn sie hinausgeworfen werden, nicht den Mund aufmachen, damit sie schweigen, damit sie rasch wieder vergessen und damit man so tun kann, als ob es Normalität gäbe in dieser Republik. – So schaut


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es aus! Austria Wirtschaftsservice: Merken Sie sich das gut! (Abg. Mag. Kogler: Schweigegeld vom Steuerzahler!)

Ernährungsagentur – nächstes Beispiel. Kollege Kogler kann Ihnen aus seiner Praxis als Vorsitzender des Rechnungshofausschusses und auch aus seiner Tätigkeit noch andere Beispiele erzählen! (Abg. Murauer: Die Praxis habe ich erlebt!)

Austrian Research Center. Welche Debatte führen wir denn hier seit Jahren? – Dass dieses Unternehmen fast am Rande der wirtschaftlichen Gestion steht, dass überall im Ausland über Austrian Research Center geschrieben und gespottet wird, weil das in der Hand von Burschenschaftern ist, von schlagenden Burschenschaftern! Und Ihre Konsequenz aus diesem Umstand ist die, dass ein schlagender Burschenschafter von der Olympia durch einen anderen schlagenden Burschenschafter von der Olympia als Geschäftsführer ersetzt wird. – Ja, was glauben Sie denn, wie weit Sie es noch treiben können, meine sehr geehrten Damen und Herren?!

Halten Sie das wirklich für die Zukunft, für eine neue Art des Regierens, mit der Sie vor einigen Jahren angetreten sind? Ist das die neue Art des Regierens, dass man einen Burschenschafter von der Olympia durch einen anderen Burschenschafter ersetzt, weil es mit dem einen nicht mehr länger geht, weil sich die Leute, egal ob Krünes oder Graf, als unfähig herausgestellt haben? Ist das das neue Regieren? Was höre ich denn da von Seiten der FPÖ beziehungsweise des BZÖ? – Nichts höre ich, es ist aber Realität! So schaut es aus, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das ist traurig genug!

Oder reden wir von einem Beispiel aus den jüngsten Wochen: die Familie & Beruf Management GesmbH. Da sitzt doch Herr Staatssekretär Dolinschek – zu dem würde mir gleich auch noch etwas anderes einfallen –, dessen Ministerin gesagt hat: Wir brauchen diese Gesellschaft ganz dringend! – Und wir haben gesagt: Was wollen Sie? Posten! – Nein, nein, da geht es nicht um Posten, überhaupt nicht, das ist ganz dringend notwendig! Wir können nicht länger arbeiten, wenn es nicht diese Gesell­schaft gibt.

Dann haben Sie diese Gesellschaft gegründet – und sie ist mit Ende März noch immer nicht arbeitsfähig! Aber die Versorgungsposten für BZÖ/FPÖ-Gemeinderäte haben Sie mittlerweile geschaffen. Das sind die Realitäten!

Und wenn ich hier FPÖ/BZÖ gesagt habe, heißt das leider nicht, dass die ÖVP in dieser Sache untätig gewesen wäre. Auch dazu gibt es genügend Beispiele aus den letzten Jahren, dass Sie dieses Geschäft des üblen Postenschachers sehr gut und sehr wohl beherrschen.

Uns geht es nicht darum, dass irgendjemand aus einer Partei einen Posten erhält oder nicht erhält, aber fähig sollte er oder sie sein, qualifiziert sollte er oder sie sein, und eine Öffentlichkeit und eine Kontrolle sollte es dafür geben. (Abg. Neudeck: Aber das bestimmen nicht Sie!) Aber Sie sind ja nicht einmal bereit, diese Machenschaften kontrollieren zu lassen. Und das ist der Unterschied zu dem, was wir auch schon vorher in diesem Haus erlebt haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.12


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lapp. Ihre Wunschredezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


16.12.48

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Wir haben heute in der Beantwortung von Herrn Staatssekretär Morak eher eine Osterantwort bekommen. Er konnte immer nur formulieren, dass sein Name Hase ist und dass er nichts dazu sagen kann und nicht zuständig ist.


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Herr Staatssekretär Morak, ich hoffe, Sie geben uns bald eine Antwort, wie sich das mit Ihrer Geburtstagsparty im Kunsthistorischen Museum verhält. Die SteuerzahlerInnen warten noch auf das Geld in der Höhe von fast 6 000 €! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrter Herr Kollege Scheibner, Sie haben hier ein sehr offenes Wort ge­sprochen, als Sie gesagt haben, dass im Ministerrat nicht mehr Personalent­scheidungen getroffen werden, sondern unter diesem Punkt nur mehr über Orden, über Bestellungen und Besetzungen gesprochen wird. – Jetzt frage ich Sie: Macht das der Herr Bundeskanzler Schüssel alleine? Stehen Sie da schon so daneben?

Im „Kurier“ gibt es Aufzählungen über die Versorgungsposten und die Beschaffung der Posten. Meiner Meinung nach ist das der Hauptjob der Regierungsvertreter: Sie müssen ihre eigenen Sessel retten, denn sie wissen, im Herbst sind die vor die Türe gestellt (Abg. Wattaul: Das glaubt ihr aber selber nicht!), und sie müssen auch noch in ihrem Umfeld sehr viele Sessel retten. Das Karussell und die Spirale der Versorgung drehen sich immer schneller.

Es ist auch kein Wunder, dass von Seiten der ÖVP überlegt wird, die Legislaturperiode zu verlängern. Meine Damen und Herren, das heißt ja, dass Ihre Liste noch sehr lang sein muss. – Oder werden die Dienste des BZÖ von der ÖVP honoriert? Deswegen halten Sie still und deswegen werden Ihre Leute versorgt. Vielen Ex-FPÖ- oder BZÖ-Mandataren werden Posten zugeschanzt, damit wird nämlich die Koalitionstreue abgegolten, denn politische Veränderungen sind für das BZÖ nur mehr der Gang in den Privatjob, ins Privatleben. Das ist Ihre politische Perspektive, und deswegen ackern Sie wirklich mit starker Kraft daran, dass Ihre Parteifreundinnen und Partei­freunde unterstützt werden. (Abg. Neudeck: Welche Sektion hat Ihnen diese Rede geschrieben?)

Herr Kurzzeit-Exminister Reichhold: 2001 hat er sich von seiner Funktion im Land Kärnten zurückgezogen. Damals hat er in einem Interview gesagt, er hat sich einen Traktor gekauft und wartet auf die Lieferung von 2 500 Kücken. Jetzt wird er drittes Vorstandsmitglied bei der ASFINAG. Ich frage mich nur: Was hat ihn dafür qualifiziert? Der Traktorkauf oder die Lieferung der Kücken, sehr geehrte Damen und Herren? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Frau Kollegin, die Hendln sind ja schon fünf Jahre alt!)

Wo sind die Qualifikationen, wo sind die Kriterien? – Für Sie gilt das Gegenteil von dem, was für alle Österreicherinnen und Österreicher gilt. Sie wollen sich nicht an Gesetze halten, Sie haben eine Abgehobenheit, die ist unbeschreibbar! In Bezug auf die Schablonenverordnung, die Sie regelmäßig missachten, hat Ihnen auch schon Rechnungshofpräsident Fiedler gesagt, dass diese Missachtung ein Tritt in das Gesicht des Rechtsstaates ist. (Abg. Neudeck: So formuliert der Fiedler nicht!)

Hier zeigt sich das wahre Gesicht dieser Regierung: Bei der ÖIAG wurde um 2,3 Milliarden € mehr Geld verschleudert für die Vorstände, für die Posten. Herr Behindertenanwalt Haupt hat schon, bevor es überhaupt eine Ausschreibung gegeben hat, als damaliger Minister gesagt, dass er am besten für diesen Posten qualifiziert ist. Er war der Minister, der die Ambulanzgebühren eingeführt hat, die Unfallrenten­besteuerung – Maßnahmen, die zahlreiche behinderte Menschen an den Rand ihrer Existenz gedrängt haben. (Abg. Wattaul: Jetzt sind Sie durcheinander!) Hier wurde ein Amt geschaffen.

Dieser Selbstbedienungsladen der Regierung wird von den SteuerzahlerInnen bezahlt, und denen geht es immer schlechter, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Wattaul: Der BAWAG auch!) Die wollen Leistungen sehen, die wollen keinen Posten­schacher sehen! Die bekommen immer weniger Leistungen für ihr Steuergeld, was ja kein Wunder ist, weil sie ja Ihren Postenschacher finanzieren müssen. Es werden den


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Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern nicht nur die WCs auf den Bahnhöfen gesperrt (Abg. Wattaul: Das sind aber eure Eisenbahner-Gewerkschafter!), sondern ihr Ver­mögen wird verschleudert, siehe Austria Tabak Werke. Gegen die Arbeitslosigkeit wird nichts getan, im Bildungsbereich wird nichts getan, und im Gesundheitsbereich herrscht Chaos. Die Leute haben sich Besseres verdient. Treten Sie zurück und hören Sie auf! (Beifall bei der SPÖ.)

16.17

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dolin­schek. – Bitte.

 


16.17.59

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Sigisbert Dolinschek: Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Regierungskollege! Hohes Haus! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Kollegen von der SPÖ! Wer in Sachen Parteibuchwirtschaft und Postenschacher – lassen Sie mich das etwas salopp formulieren – so viel Butter auf dem Kopf hat, sollte zumindest die Sonne meiden, denn die Butter zerrinnt dann sehr, sehr schnell. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Keine Polemik von der Regierungsbank! Was soll das? – Abg. Mag. Kogler: Tragen Sie etwas zur Anfragebeantwortung bei! – Abg. Öllinger: Wir brauchen keine Bütten­reden!)

Wir sollten die ungerechtfertigten und haltlosen Postenschacher-Vorwürfe der SPÖ aus der Vergangenheit genauso wie aus der Gegenwart zu beleuchten versuchen, und da gibt es doch einige. Wir sollten vielleicht auch versuchen, die Missstände im Öster­reichischen Gewerkschaftsbund, die es gegeben hat und gibt, zu beleuchten.

Was die Bestellung des ehemaligen Bundesministers Reichhold in den ASFINAG-Vorstand betrifft, möchte ich Folgendes sagen: Reichhold ist von zehn Bewerbern als der bestqualifizierte Kandidat (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen) nach Bewer­tung durch die international bekannte Personalberatungsagentur Spencer Stuart hervorgegangen. Reichhold ist als ehemaliger Verkehrslandesrat wie auch als ehemaliger Verkehrsminister bestens dafür qualifiziert. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Reichholds Bestellung in den ASFINAG-Vorstand (Abg. Mag. Kogler: Ihre Beratungs­verträge kennen wir!), sehr geehrte Damen und Herren, wurde durch den ASFINAG-Aufsichtsrat einstimmig vorgenommen. (Abg. Mag. Kogler: Ihre Berater sind genauso unfähig, wie die Leute, die Sie ...!) Er wurde einstimmig bestellt – auch mit den drei Stimmen der roten Betriebsratsvertreter, und das sagt doch einiges aus! Und weder bei Spencer Stuart noch im ASFINAG-Aufsichtsrat sind irgendwelche Personen mit einem Naheverhältnis zum BZÖ tätig. (Abg. Mag. Kogler: Ihr Ministerium muss der Rechnungshofpräsident ..., weil es dort so zugeht!) Verkehrsminister Hubert Gorbach war mit diesen Angelegenheiten überhaupt nicht befasst!

Geschätzte Damen und Herren! Im Übrigen: Wie schaut denn die Zusammensetzung der Führungskräfte in den Vorständen der Österreichischen Bundesbahnen aus?

Bei der ÖBB-Holding AG: Mag. Huber von der ÖVP, Mag. Söllinger von der ÖVP.

Vorstände in der ÖBB-Infrastruktur Bau AG: Mag. Trattner, FPÖ, Dr. Vavrovsky, ÖVP, Dipl.-Ing. Türinger, SPÖ – ehemaliger Ministersekretär übrigens (lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ – Abg. Parnigoni: ... ist gestorben! – Das ist ja unglaublich! – Rufe bei der SPÖ: Herr Präsident! Herr Präsident!) –, Dr. Zimmermann von der SPÖ. (Ruf bei der SPÖ: Ihnen ist wirklich überhaupt nichts zu ...! Das ist eine Frechheit, so was! – Abg.


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Dr. Kräuter: Herr Präsident! Das ist unerträglich! – Abg. Parnigoni begibt sich zum Präsidium und spricht mit Präsidenten Dr. Khol.)

Vorstände in der ÖBB-Personenverkehr AG: Dr. Wehinger – der ist parteilos –, Frau Dkfm. Goldmann von der SPÖ, Herr Poschalko von der SPÖ, Schmidt ist wiederum parteilos.

In der ÖBB-Technische Services GmbH: Ing. Seiser von der SPÖ.

Bei der ÖBB-Traktion GmbH: Dipl.-Ing. Wiltberger von der SPÖ.

Bei der ÖBB-Immobilienmanagement GmbH: Frau Mag. Steinacker von der ÖVP.

ÖBB-Dienstleistungs GmbH: Ing. Nigl, parteilos, und Dipl.-Ing. Lindenberger von der SPÖ.

Geschätzte Damen und Herren, im Übrigen bin ich der Meinung, dass hoch qualifi­zierte Leute auch eine verantwortungsvolle Aufgabe übernehmen sollten. Genauso kritisieren Sie auch, dass ein Behindertenanwalt ein ehemaliger Sozialminister ist. Ich muss Ihnen dazu sagen: Wer ist besser qualifiziert für die Funktion eines Behin­dertenanwalts als jemand, der das eben auch lebt, sich dort auskennt und sich besonders für behinderte Menschen einsetzt? – Das ist unser ehemaliger Sozial­minister Mag. Herbert Haupt! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Niemand stößt sich daran, dass es auch Funktionsträger wie einen Volksanwalt Kostelka gibt, der ja seinen parteipolitischen Mantel auch nicht an der Garderobe abgibt, sondern ebenfalls noch fraktionsgebunden ist oder einer Partei angehört, oder auch eine in der Politik tätige Politikerin von den Grünen wie Petrovic, die auch im Wirtschaftsministerium tätig ist. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Das stimmt ja gar nicht! Die ist ja gar nicht im Wirtschaftsministerium ...!)

Herr Kollege Kräuter, da du zuvor gesagt hast, es werde halt so hineingeschachert und es sei Postenschacher in Reinkultur, was in der Gegenwart passiert ist, erinnere ich dich: Bei der Landes-Energie-Holding, der ESTAG, in der Steiermark wurde der gescheiterte SPÖ-Politiker Peter Schachner-Blazizek sozusagen hineingeschachert, der das Ruder jetzt vom zurückgetretenen Johannes Ditz übernommen hat (Abg. Binder-Maier: Hören Sie auf! Jetzt wird es schon peinlich!) und gemeinsam mit dem glücklosen SP-Ex-Finanzminister Ferdinand Lacina und dem Rechtsanwalt Kurt Klein für die SPÖ im Kontrollgremium sitzt. (Abg. Mag. Kogler: Das ist ja unglaublich! Ob Bundesvollziehung oder Staatssekretär, ...!) Die Sozialdemokraten haben dorthin drei, die ÖVP zwei, der französische Miteigentümer EdF zwei und die Belegschafts­ver­tretung vier Mitglieder entsandt.

Geschätzte Damen und Herren! Was da heute im Umfeld der SPÖ so geschieht, das ist oft atemberaubend. (Abg. Öllinger: Das geht aber nicht mehr! Das geht nicht! Sie sind Staatssekretär!) Deswegen bin ich sehr verwundert, dass Sie hier diese Dringliche Anfrage an den Bundeskanzler stellen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.) Zuerst Heuschrecken-Kapitalismus und die Beinahe-Pleite der gewerkschaftseigenen BAWAG (Zwischenruf des Abg. Eder), dann Rücktritte der ÖGB-Spitze und Ermitt­lungen wegen Verdachts von Betrug und Untreue, und jetzt kommen auch noch die Traumgagen der SPÖ-Arbeitnehmervertreter ins Gerede, denn: Wenn ein Interims­präsident Rudolf Hundstorfer (Abg. Dr. Kräuter: Herr Präsident! – Abg. Marizzi: Herr Präsident! Darf er das von der Regierungsbank aus? – Ruf bei der SPÖ: Das ist sogar dem Herrn Molterer schon peinlich!) im ÖGB über 5 000 € verdient, als Vorsitzender des Wiener Gemeinderates 7 200 € verdient, dann macht das unterm Strich 12 400 € aus.


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Aber nicht nur das allein: Auch die ÖGB-Vizepräsidentin, die ja hier im Hohen Haus sitzt, Frau Csörgits, die sich immer wieder darüber beklagt, dass die Leute zu wenig verdienen – weil sie einfach schlecht verhandelt und für die Leute im Handel wenig drinnen ist (Zwischenrufe bei der SPÖ) –, verdient in Form ihrer Funktionsgebühr über 5 000 €, als Nationalratsabgeordnete verdient sie ebenfalls (Abg. Mag. Kogler: Sie haben ja überhaupt nichts mehr zu sagen!), und sie kommt monatlich auf über 13 191 €. – Das ist Tatsache, und Sie reden von Postenschacher!

Beim GPA-Vorsitzenden Wolfgang Katzian ebenfalls: Er verdient als ÖGB-Vorsitzender 5 500 € (Abg. Parnigoni: Wie viel verdienen Sie denn, Herr Dolinschek?), und auch bei anderen Institutionen.

Und so geht das weiter. Der Bestverdienende bei den ÖGB-Funktionären ist übrigens der Eisenbahnergewerkschafter und –vorsitzende, Präsident Wilhelm Haberzettl. Der kommt insgesamt sogar auf 13 400 € im Monat – das sind 187 000 € jährlich.

Erstaunlich hierbei sind auch die SekretärInnen-Karrieren innerhalb der Gewerkschaft. (Abg. Mag. Kogler: ... Staatssekretär für Vereinsrecht, oder was?) Der ÖGB als freiwillige Interessenvertretung der Arbeitnehmer – die auch wichtig ist! – sollte eigentlich überparteilich agieren – auch wenn es dort natürlich Fraktionen gibt –, aber nicht als Hausmacht der SPÖ dienen. (Abg. Öllinger: Sie sind Staatssekretär!) Und die Verstrickung zwischen SPÖ-Vorstand, ÖGB-Vorsitzenden (Abg. Mag. Kogler: ... Ihre Steuer-Inserate!) und auch mit jenen Leuten, die in der BAWAG die Verantwortung hatten, ist abenteuerlich! (Abg. Mag. Kogler: Setzen Sie sich nieder! Das ist ja unverantwortlich! – Abg. Eder: Gott sei Dank sind Sie nicht mehr lang da!)

So ist auch der leitende Sekretär Abgeordneter Richard Leutner mit mehreren gut dotierten Dingen gut bestellt. (Abg. Eder: Man merkt, Sie sind nicht mehr lang da! – Abg. Mag. Kogler: Zurücktreten!)

Das Pensionsprivileg der ÖGB-Funktionäre ist ebenfalls sehr, sehr erstaunlich: Die bekommen zu einer ASVG-Pension eine Betriebspension, die so bemessen wird, dass 80 Prozent des letzten Aktivbezuges erreicht werden (Zwischenrufe bei der SPÖ) – und das wird durch ÖGB-Mitgliedsbeiträge mitfinanziert! Und das ist genau der Grund dafür, dass Sie so einen Mitgliederschwund zu verzeichnen haben! Ich bin selbst ÖGB-Mitglied, und mir tut das im Herzen weh (Abg. Mag. Kogler: Zahlen Sie sofort Ihr Gehalt zurück!), dass Sie sich nie für jene Menschen, für jene Arbeitnehmer, die in Klein- und Mittelbetrieben arbeiten, eingesetzt haben, sondern immer nur für jene, wo Sie organisiert hatten. (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Und jetzt ist es so, dass das Geld dort schon zu wenig wird.

Darüber, sehr geehrte Damen und Herren, sollten wir ebenfalls debattieren, denn das ist für die Österreicher von ganz, ganz großem Interesse. (Abg. Mag. Johann Moser: Zurücktreten!) Das interessiert Tausende von Menschen! (Abg. Mag. Kogler: ... Ihre Parlamentsrede hier! – Abg. Eder: Unfähig bis zum Gehtnichtmehr!)

Herr Kollege Kogler, du solltest ebenfalls dazu beitragen, dass Tausende Österreicher darüber informiert werden, wie es in der BAWAG zu so einem Skandal gekommen ist und wie man so viele Schulden angehäuft hat, und dass auch die Mitgliedsbeiträge der ÖGB-Mitglieder ordentlich verwaltet werden (Abg. Reheis: Das ist unglaublich, was Sie aufführen da draußen! Schämen Sie sich!) und nicht zum Fenster hinausgeworfen, verspekuliert und in eine Stiftung eingebracht werden, wo das einzelne Mitglied dann überhaupt kein Recht mehr hat!

Daher: Nehmen Sie zuerst Ihre Verantwortung wahr, bevor Sie auf andere hinhauen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler:


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Das war ein Inkompetenz-Nachweis der Sonderklasse! – Abg. Dr. Jarolim: Herr Präsident! Sie sind Ihrem Amt nicht gewachsen, Herr Präsident!)

16.28


Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Kollege Öllinger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.28.02

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich weiß, dass es auch unter Ihrer Präsidentschaft immer Vereinbarung zwischen den Fraktionen, zwischen den Parteien war, dass es keine Polemik von der Regierungs­bank aus geben soll.

Ich ersuche Sie deshalb, Herr Präsident, in diesem Sinne auch mit dem Herrn Staats­sekretär zu sprechen, denn das, was wir jetzt erlebt haben, war pure Polemik von der Regierungsbank – jenseits der Vollziehung von Gesetzen, für die der Herr Staats­sekretär zuständig ist und zu der er sich hätte äußern können. Das war nur mehr billige Polemik, Herr Staatssekretär! Das tut mir Leid – auch im Hinblick auf das Ansehen des Amtes. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Eder: Ein Schrottredner ...!)

16.28


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

 


16.28.55

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Wenn wir uns ernst nehmen wollen, dann ist es notwendig, dass hier die parlamen­tarischen Instrumentarien, die von den Parteien, in diesem Fall jetzt von einer Oppositionspartei angewendet werden, auch von Seiten der Regierungsvertreter ernst genommen werden. Das, was sich hier abspielt, hat mit der Dringlichen Anfrage, die wir hier eingebracht haben, nämlich überhaupt nichts zu tun gehabt! Herr Staats­sekretär Dolinschek hat hier eine polemische, skandalöse Position bezogen, die damit überhaupt nichts zu tun hat!

Und wenn man das signalisiert, nämlich dass man hier die parlamentarischen Instru­mentarien und Einrichtungen nicht mehr ernst nimmt, dann brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn uns draußen die Leute alle schief anschauen und letztlich keinen Respekt mehr vor diesem Haus haben! – Dafür sind Sie hauptverantwortlich! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Und der Präsident schaut zu!)

16.29


Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.29.47

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Ich glaube eher, dass das schlechte Image der Politiker (Ruf bei der SPÖ: Genau!) genau durch solche politische Aktionen verursacht ist: dass man unterstellt, dass ein Politiker keine Funktion in der Wirtschaft annehmen kann. Das ist, glaube ich, das Problem.

Wir haben uns darauf verständigt, dass wir sehr darauf achten, dass von der Regie­rungsbank aus keine Polemik gegenüber Abgeordneten betrieben wird – vor allem auf Grund von Erfahrungen aus den neunziger Jahren –, aber es kann nicht verboten sein, hier Fakten und Tatsachen, also die Wahrheit darzustellen. Und das hat Staatssekretär Dolinschek gemacht. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.30



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 142

Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Mag. Molterer. – Bitte.

 


16.30.26

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsi­dent! Ich denke, dass diese Fragestellung, was das Ansehen der Politik betrifft, uns alle berühren sollte. Und, Herr Kollege Cap, ich denke, dass wir alle gut beraten sind, eines nicht in Frage zu stellen: dass auch Politiker, ganz egal, von welcher Couleur, in der Lage sind und qualifiziert sind, Funktionen in der Wirtschaft auszuüben. (Abg. Dr. Kräuter: Das ist aber nicht das Thema!) Das betrifft jede Partei in diesem Haus (weitere Rufe bei der SPÖ: Das ist aber nicht das Thema!) und ich lege Wert darauf: Ich will Politik nicht abgewertet haben und auch Politiker nicht abgewertet haben!

Daher verstehe ich die Motivation der Dringlichen, aber das geht nach hinten los! (Abg. Parnigoni: Ja, für Sie!) Ich respektiere und ich stehe auch dafür, dass Polemik von der Regierungsbank nicht gegeben sein sollte. Ich halte aber fest, dass es selbst­verständlich auch Mitgliedern der Bundesregierung möglich sein muss, Fakten aufzu­zeigen (Ruf bei der SPÖ: „Fakten“!) – und nichts anderes ist geschehen. Es sind Fakten aufgezeigt worden und nichts anderes! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.31


Präsident Dr. Andreas Khol: Ja, meine Damen und Herren im Plenum: Ich habe den Herrn Staatssekretär, wohl wissend, was für eine heiße Debatte es ist, bevor er sich zu Wort gemeldet hat, auch auf die Frage der Polemik von der Regierungsbank hin angesprochen. Und ich habe die Ausführungen sehr genau und aufmerksamst verfolgt.

Ich werde mir aber im Hinblick auf diese Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung noch einmal – weil ich ja nicht den Vorsitz führte – die Anfragebegründung und die nachher folgende Debatte ansehen und, sollte es notwendig sein, darüber in der Präsidialkonferenz einen Meinungsaustausch pflegen. (Abg. Eder: Er kommt eh nicht mehr! Ist eh Wurscht! – Abg. Parnigoni: Es ist eh seine letzte Rede! Das ist das einzig Gute!)

Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mandak. 2 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


16.32.12

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Im Zusammenhang mit der Beantwortung der Dringlichen Anfrage betreffend Posten­schacher hat Herr Staatssekretär Dolinschek einen Vorwurf gegen Grün gerichtet. Er hat behauptet, Madeleine Petrovic sei im März 2000 ins Wirtschaftsministerium ein­getreten, zu einer Zeit, als sie schon Politikerin war.

Ich möchte wie folgt berichtigen: Madeleine Petrovic war von 1984 bis 1990 im Sozialministerium tätig, war danach 10 Jahre lang als Politikerin karenziert und ist ab 2000 Teilzeit wieder ins Ministerium zurückgekehrt. Da in der Zwischenzeit ihre Abteilung vom Sozialministerium ins Wirtschaftsministerium übernommen worden war, war sie damit dann ab 2000 im Wirtschaftsministerium tätig. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Öllinger – in Richtung Staatssekretär Dolinschek –: Informieren!)


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16.33


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Großruck. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


16.33.18

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herren Staatssekretäre! Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ein dreifaches Dankeschön möchte ich an die SPÖ für die heutige Dringliche Anfrage sagen: ein Dankeschön an den Vorsitzenden Gusenbauer, ein Dankeschön an den Klubobmann Cap und auch an Frau Bures, die wahrscheinlich diese Dringliche ausgeheckt haben – in Loipersdorf wahrscheinlich, wo die SPÖ-Fraktion schon für das Baden-Gehen im Herbst geübt hat. (Heiterkeit des Abg. Neudeck.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ, ein herzliches Dankeschön, denn Sie bieten uns heute Gelegenheit, Ihr Befinden, Ihren Zustand ein bisschen zu durchleuchten, aber auch auf die Skandale, auf die Postenschacher, auf die Pleiten (Ruf bei der SPÖ: Dieser Regierung!) der großen Kolonie der SPÖ-Pleitegeier einzugehen. Da sind ja alle anderen Dinge, die Sie heute erwähnen, ein Kolibri dagegen – gegen das, was Sie auf dem Kerbholz haben! Aber es ist recht so. Sie haben die Strategie – und die haben Sie wahrscheinlich in Loipersdorf entwickelt –: Angriff ist die beste Verteidigung! Los­gelassen! Wir hauen drauf los, was es hergibt, um abzulenken von unseren eigent­lichen Problemen!

Und die sind ja nicht gering, meine Damen und Herren: BAWAG-Skandal – ein Dauerbrenner wird das werden! Heute: ORF-Berichte – Sie haben es in der Früh gelesen oder gehört –, dass weitere Klagen in der Höhe von 1,4 Milliarden € aus Amerika kommen (Abg. Mag. Kogler: Sie bringen ja schon die Zahlen durcheinander!), wo die Bank belastet wird, wo letzten Endes der Haftende, nämlich der ÖGB heran­gezogen wird.

Meine Damen und Herren, das ist nichts zum Lachen, sondern das ist traurig – traurig für all jene, die Vertrauen in die Bankenlandschaft Österreichs haben! Und Sie haben mit Ihrer Politik, mit Ihrer Pleitenpolitik Österreich mehr geschadet als alles andere vorher! Da waren die Sanktionen, die Sie befürwortet haben, eine Kleinigkeit gegen das, was Sie jetzt an Schaden für den Bankenstandort Österreich anrichten. Das ist das Traurige, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Dann hier herzugehen und zu sagen: Das hat alles mit uns nichts zu tun! BAWAG – wie Vorsitzender Gusenbauer gesagt hat –, das haben wir nie gehört! Was ist die BAWAG? Was ist der ÖGB? Den kennen wir nicht! Wir sind die SPÖ, wir sind die Partei! Wir haben mit all dem nichts zu tun! – Das ist Ihre Argumentation gewesen! Sie haben eine Kindesweglegung begangen, die seither ihresgleichen sucht. Dabei hat es noch vor kurzem geheißen: Drei Säulen sind es, die die SPÖ tragen, nämlich die Gewerkschaft, der „Konsum“ und die Partei. – Na ja, zwei Säulen sind schon weg. Jetzt warten wir, was mit der dritten los ist.

Meine Damen und Herren, das sind die Skandale! Wir haben heute gehört: ARBÖ. Auch dort haben Sie einen Selbstbedienungsladen. Das ist zwar in Ihrem Bereich, aber trotzdem: Hören Sie einmal hinein, was Ihre Mitglieder sagen! Hören Sie hinein, was Ihre ARBÖ-Mitglieder – vom Arbeiterradfahrbund Österreichs – sagen, wenn sie hören, dass die obersten Funktionäre mehr verdient haben als der Bundeskanzler und der Bundespräsident!

Das müssen Sie selber Ihren Leuten erklären. Gehen Sie an die Stammtische und hören Sie, was dort gesprochen wird! Gehen Sie hin an die Stammtische! Tun Sie nicht in Marbella dinieren und dergleichen, sondern lauschen Sie lieber an den Stamm­tischen in Österreich! Dort hören Sie nämlich, was die Leute denken und was sie empfinden: Sie sind aufgebracht über diese Verschleuderung von Geld! (Abg. Mag. Kogler: Wir sind nicht das ...-Institut, wir sind das Parlament! Reden Sie doch zur Anfrage!) – Und jetzt gehen Sie her und wollen hier unter dem Titel „Postenschacher“


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über die Regierungspolitik polemisieren und sie kritisieren und das als Gegenstrategie anwenden.

Meine Damen und Herren! Das gelingt Ihnen nicht! Das wird Ihnen nicht gelingen, weil die Diskussion in Österreich eine ganz andere ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wenn wir von Postenschacher reden, dann schauen wir einmal: Wie ist es denn im roten Wien, in der Gemeinde Wien? Können Sie mir einige Bedienstete im Magistrat Wien aufzählen – Sie können sie wahrscheinlich an den Fingern einer Hand ab­zählen –, die nicht der roten Reichshälfte zugezählt werden? Da ist ein Indianer ein Bleichgesicht gegen die rote Rathausgesellschaft! Können Sie mir jene Mitarbeiter in den Arbeiterkammern – in Wien, in Oberösterreich – aufzählen, die nicht der SPÖ zugehören? Können Sie mir aufzählen, ... (Abg. Krainer: Die kandidieren zum Teil für andere Parteien zum Nationalrat!) – Was ist? Wer kandidiert? (Abg. Krainer: AK-Angestellte!) AK-Angestellte. (Abg. Krainer: Bei anderen Parteien!) Ach so?

Nein, ich habe nur gesagt, es gibt in der Arbeiterkammer Oberösterreich zum Beispiel nur vier nicht deklarierte SPÖ-ler. Das ist der Wahnsinn! Und dann dürfen sie nicht einmal bei der Personalvertretungswahl wählen, weil sie die Liste nicht zusam­menbringen, weil derart Druck ausgeübt wird (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Skandal!), dass sie keine Befürwortungsliste bekommen. Das ist Tatsache!

Auch die Liste jener SPÖ-Günstlinge, meine Damen und Herren – hier habe ich sie (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe); mangels Redezeit ist es mir nicht möglich, sie hier aufzuführen: was ein Herr Klima war, was ein Herr Lacina war, was alle anderen waren, Herr Rudas und wie sie alle heißen, was sie geworden sind. – Sie gehen heraus, werfen mit Steinen und sitzen selbst im Glashaus! Das passt nicht zusammen!

Gehen Sie in sich und sagen Sie: mea culpa! Wir bedauern alles, was passiert ist! Wir bedauern die Skandale! Wir erklären uns verantwortlich dafür! Es ist in unserem Dunstkreis, in unserem Einflussbereich, aus unserer Schuld passiert! – Dann schaut die Lage anders aus, dann sind Sie wieder seriöser Gesprächspartner. Aber so, wie Sie es machen, nämlich die Skandale am eigenen Leib zu haben und dann hier herauszugehen und andere zu kritisieren, Skandale zu erfinden, wo es keine gibt – das, meine Damen und Herren, ist ein etwas starkes Stück und ein fast noch stärkeres Stück als sonst.

Meine Damen und Herren, jetzt komme ich zum Schluss, und ich habe natürlich einen Vierzeiler vorbereitet, der aber auf Grund der Skandale kein Vierzeiler sein kann, sondern ein Achtzeiler ist (Abg. Dr. Einem: Das auch noch!):

Drei Säulen sind es, die uns tragen,

so hörte man die Sozis sagen:

„Konsum“, Gewerkschaft und Partei.

Mit dieser Weisheit ist’s vorbei.

Zwei davon fielen schon um:

der ÖGB und der „Konsum“.

Und bei den Nationalratswahlen

wird die dritte auch noch fallen.


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Danke schön, meine Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen. – Abg. Mag. Kogler: So viel ... haben sie in ganz Oberösterreich nicht, dass Sie dort niveauvoll auftreten können! Das ist ja selbst in Grieskirchen zu wenig!)

16.39


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Einem zu Wort gemeldet. 2 Minuten. – Bitte.

 


16.40.02

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeord­neter Großruck hat versucht, als Tatsache darzustellen, die SPÖ habe Sanktionen angeregt. (Abg. Großruck: Das wissen wir ja, dass ihr das wart! Wer hat denn Champagner getrunken?) – Herr Abgeordneter, das hat schon einen solch langen Bart – und war noch nie wahr!

Tatsache ist, dass die SPÖ keinerlei Sanktionen angeregt hat. Und wenn man es jemandem unterstellen könnte, weil es ihm genutzt hat, dann könnte das nur Bun­deskanzler Schüssel gewesen sein (Abg. Neudeck: Das ist aber keine tatsächliche Berichtigung!), denn Chirac und Aznar waren die Auslöser. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Wo waren da die Tatsachen?)

16.40


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer. Wunsch­redezeit: 8 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


16.40.41

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! „Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Sie sich die Praktiken in entwickelten Marktwirtschaften ansehen, müssen Sie doch eines ganz klar sehen: In den Vereinigten Staaten von Amerika – aufgrund ihrer Produktivität mit Recht eine sehr gepriesene Marktwirtschaft mit verschiedenen sozialen Schattenseiten – steht es völlig auf der Tagesordnung, daß es ein offenes System zwischen Wirtschaft und Politik gibt und daß Menschen aus der Wirtschaft in die Politik gehen.“ Und wenn sie „aus der Politik wieder aussteigen ...“, zurück in die Wirtschaft gehen.

„Nennen Sie mir nur einen einzigen amerikanischen Politiker, der nach seiner Zeit im Senat, im Repräsentantenhaus oder in der amerikanischen Regierung nicht nahtlos in ein amerikanisches Wirtschaftsunternehmen übergetreten ist, weil es dort völlige Flexibilität gibt!“

„Ich frage Sie alle: Halten Sie sich insgesamt für so unfähig, daß Sie glauben, daß Sie nach Ihrer parlamentarischen Tätigkeit für keine wirtschaftliche Position in diesem Land mehr geeignet sind, meine sehr verehrten Damen und Herren? Wo ist Ihr parlamen­tarisches Selbstbewußtsein?“

„Meine sehr verehrten Damen und Herren! Welches Signal wird denn gesetzt, wenn jeder, der ein Parteibuch hat, keine Funktion im wirtschaftlichen Bereich in diesem Land mehr erhalten soll? – Das heißt doch in Wirklichkeit, daß man die Leute von der politischen Beteiligung weg-bekommen will. Und das ist gegen die Demokratie.“

Zu allen vier Absätzen hat die Sozialdemokratie Beifall gegeben. Warum? – Im Jahr 1999 gab es eine Dringliche Anfrage des Abgeordneten Scheibner, und das soeben von mir Zitierte ist ein Auszug aus der Rede des, sage ich einmal, Vorsitzen­den Abgeordneten Gusenbauer. Und jetzt muss ich fragen: Wo ist jetzt der Applaus für diese Rede? – Bedrücktes Schweigen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeord­neten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Gradwohl.)


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Da würde ich an Ihrer Stelle lieber ruhig sein und nichts dazu sagen, denn wenn das aus einer Rede Gusenbauers ist, dann sollte man zumindest erwarten können, dass die Sozialdemokratie das unterstützt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser.)

Wenn man das Vorgehen der Sozialdemokratie gerade gegenüber einem Minister Reichhold, der sehr angesehen ist, oder gegenüber anderen Ministern hernimmt ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich lasse nicht zu, dass der Bauernstand in Misskredit gebracht wird. Ich hoffe, dass Sie, Herr Abgeordneter, einmal hier heraus gehen und das geraderücken. Bauern sind auch Unternehmer, und wir lassen es nicht zu, dass Sie, gerade Sie, Herr Abgeordneter Kräuter, gerade die Sozialdemokraten als Berufs­politiker hier herinnen den Bauernstand kaputt machen. Wo sind wir denn? (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Landwirt zu sein ist mehr als nur ein paar Kücken zu bestellen (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter) und einen Traktor zu kaufen. Bürgermeister Reheis soll den Bauern einmal sagen, dass sie anscheinend keine unternehmerischen Fähigkeiten haben. (Abg. Dr. Kräuter: Ich rede ja nicht von den Hendln ...!) Sie reden von einem Landwirt, der auch Unternehmer ist. Sie reden von einem Minister, der gute Arbeit gemacht hat. Sie reden von einem Mann, der zwei Jahre bei Magna gearbeitet hat, der dort einen guten Job gemacht hat. Ist es nicht mehr erlaubt, dass Menschen in die Politik und dann wieder zurück in die Wirtschaft gehen? (Abg. Scheibner: Das darf nur der Rudas! – Abg. Dr. Gabriela Moser: Wieso ist er nicht bei MAGNA geblieben, wenn er so gut ist?)

Soll ich Ihnen die Liste zeigen? – Vor der ÖBB-Reform: Schmidt: SPÖ; Wiltberger: Fraktion SPÖ; Moldaschl, Personal: SPÖ; Seiser, Technische Services: SPÖ; SPÖ, SPÖ, SPÖ. – Ich kann es Ihnen zeigen! (Abg. Dr. Matznetter: Wie ist es jetzt, Herr Kollege!)

Dann haben wir einen Wechsel gehabt, und wissen Sie, was der nächste Verkehrs- und Infrastrukturminister getan hat? – Ich sage Ihnen, wer jetzt drinsitzt – entlassen wir sie alle wegen Unfähigkeit? –: Frau Goldmann, die im Vorstand ist; Herr Frey, der bei Postbus ist. Oder nehmen wir Vorstand Dipl.-Ing. Türinger: SPÖ; Vorstand Dipl.-Ing. Klugar, ehemaliger SPÖ-Ministersekretär – entlassen wir sie wegen Unfähigkeit? Wollen Sie das? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Nein, ich sage die Bestellung. Natürlich ist es so.

Gehen wir weiter: Goldmann: SPÖ; Poschalko: SPÖ; Ing. Seiser: SPÖ; Wiltberger: SPÖ; Lindenberger: SPÖ – es finden sich in dieser Liste also, unter der derzeitigen Regierung, sehr viele, die der SPÖ zuzuzählen sind. Wenn es nun eine andere Regierungsform gäbe, würden Sie hingegen keinen Einzigen vom BZÖ in dieser Liste sehen, und wenn es eine Alleinregierung gäbe, keinen Einzigen von der ÖVP. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.45


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Wunschredezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 


16.45.45

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren Staats­sekretäre! Offensichtlich hat der Vorredner jene Namen aufgezählt, bei denen man noch nicht dazugekommen ist, umzufärben (Abg. Neudeck: Die sind erst neu bestellt worden!), denn wie wissen denn alle immer so genau, wer welche Farbe hat? Sei’s drum.

Das Zitat, das Kollege Wittauer zu Beginn seiner Ausführungen gebracht hat, trägt natürlich schon eine gewisse Weisheit in sich. Das ist auch unsere Position. Natürlich


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geht es primär nicht darum, dass jemand, der in die Politik geht, nachher nichts mehr werden darf oder dass jemand, der vorher schon etwas ist, wenn er in die Politik geht, danach nichts mehr werden darf. (Abg. Scheibner: Aber grundsätzlich ist es schon so bei euch, oder?) Da hat Klubobmann Molterer meines Erachtens auch Recht gehabt, obwohl er das in der Geschäftsordnungsdebatte inhaltlich abgesetzt hat.

Das ist ja nicht der Punkt. Wir müssen das doch an bestimmten Kriterien messen, um genau diese Sache aufrechtzuerhalten, wenn das das gemeinsame Prinzip sein soll.

Sie sind angetreten mit „neu regieren“. Ich sage Ihnen, man braucht sich nur die Dichte der Vorwürfe der Rechnungshofberichte über die Zeiträume in den neunziger Jahren anschauen, über das, was jetzt im einschlägigen Sektor stattfindet. Und in welcher Debatte befinden wir uns im Übrigen? – Es geht ums Umfärben, um Postenschacher auf Bundesebene, wohlgemerkt, weil sich da ein paar in mein „Heimat“-Bundesland verstiegen haben, auch von der Regierungsbank. Dazu können wir auch noch etwas sagen, wenn Sie diesbezüglich aufgeklärt werden wollen, Herr Staatssekretär.

Nur: Wenn es um Umfärben und um ordinären Postenschacher geht, haben wir auch neue Qualitäten entdeckt. Jetzt könnten Sie uns sagen – auch das müssten wir zur Kenntnis nehmen –: Die reden sich da leicht! Vielleicht haben Sie Recht, vielleicht ist das in 30 Jahren anders. Kraft Gnade der späten politischen Geburt, und wir sind halt noch in keiner Regierung gewesen. Gut; könnten Sie sagen. Aber wir werden deshalb nicht auf unseren Glaubwürdigkeitsbonus verzichten, weil wir ja bis jetzt nachweislich nicht so gearbeitet haben. Und insofern macht es natürlich schon einen Unterschied, mit welcher Brille hier was betrachtet wird.

Es war natürlich zu erwarten, dass Sie wieder nichts anderes zu tun haben, als der SPÖ, sei es in Wortmeldungen oder in Achtzeilern, ein angebliches Sündenregister vorzuhalten. Aber Sie verweigern die Einsicht darüber oder auch nur das Hinschauen, was seit 2000 passiert ist! Darum geht es hier, und das war auch der Kern der Anfrage. Da hilft es Ihnen nichts, wenn Sie hundert Mal „BAWAG!“ oder sonst etwas schreien.

Im Übrigen muss ich Ihnen, Herr Präsident, was die Auslegung des Interpellations­rechtes betrifft, Folgendes sagen: Es wurde hier minutenlang in Redebeiträgen, wie etwa in jenem von Vorredner Missethon, ausschließlich über Dinge, die nichts mit der Bundesvollziehung zu tun haben, sei es, weil sie steirische Landesvollziehung betroffen haben, EStAG, sei es, weil er nur über die Privatbank BAWAG gesprochen hat, die im 100-prozentigen Eigentum eines Privaten steht, eines privaten Vereins, des ÖGB, schwadroniert, und das unbehelligt.

Sei’s drum, aber wir werden das in Zukunft zur Beurteilung dessen, was alles vom Interpellationsrecht erfasst ist, heranziehen, denn umgekehrt wissen Sie genau, was wir unter „Kontrollnotstand“ hier im Haus verstehen: dass man bei klaren Fragen, die sehr wohl etwas mit der Bundesvollziehung zu tun haben, immer wieder in die Ecke gedrängt wird, dass man zum Schluss keine Antwort bekommt. Und das Präsidium des Nationalrates muss sich da einmal für eine bestimmte Vorgangsweise entscheiden. Wir haben heute wieder sehr viel gelernt. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Scheibner: Das ist schon einmal etwas Gutes! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das haben Sie auch notwendig, dass Sie etwas lernen!) – Da lernen wir gerne dazu.

Wir mussten bei den Umfärbungen jetzt bereits feststellen, dass sie in einer Art und Weise stattgefunden haben wie selten zuvor, in manchen Bereichen flächendeckend, jedenfalls von ganz großer Zahl und bis in die witzigsten und aberwitzigsten Bereiche hinein. Und da muss man natürlich auch einmal festhalten, dass das nicht gratis zu haben ist. Das hat Millionen gekostet! Diese Frage ist klar formuliert worden. Da haben Sie nicht einmal eine Ausrede dafür gesucht, warum Sie die nicht beantworten. Das war nämlich interessant, denn bei allen anderen war irgendeine Begründung dabei, sei


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sie noch so richtig oder falsch gewesen. Das ist offen geblieben, das ist wahrscheinlich auch nicht so leicht auszurechnen, es ist aber vermutlich eine sehr große Zahl.

Ich bringe Ihnen jetzt noch andere Beispiele, solche des klassischen, des ordinären, des simplen Postenschachers, ganz schlichte Dinge, die nicht nur das BZÖ betreffen, das jetzt offensichtlich mit starker Handhabung der schwarzen Regierungsmehrheit die Republik als Komposthaufen für faule Orangen betrachtet, die alle noch irgendwohin gerollt müssen. Denn das gibt es auch im Kleinen, weil man das ja nicht glauben wollte.

Konferenzzentrum, Austria Center Vienna: Sofort wurde dort der Aufsichtsrat ausge­tauscht, weil er offensichtlich nicht gepasst hat, und zwar vom damals noch blauen Grasser – heute wäre er wahrscheinlich bei den Orangen, wenn er mittlerweile nicht schon fast schwarz wäre; aber das muss er selbst mit euch ausmachen. (Zwischen­bemerkung von Staatssekretär Dolinschek.) – Warten Sie, was kommt!

Nächster Punkt: Diese Aufsichtsräte suchen einen neuen Vorstand – das muss ja sein. Man muss aber wissen, dass der neue „Aufsichtsratsmensch“ selbstverständlich ein Golf-Freund von Grasser aus Kärnten geworden ist, mit dem er früher bei irgend­welchen Hotelbauten zu tun hatte. Okay.

Dann wurde gesucht, wer von 50 Bewerbern der Vorstand wird. – Dafür sind auch Personalberatungsbüros um „sauteures“ Steuergeld bezahlt worden. Und wenn das jetzt der Punkt war, dann hören Sie sich an, was jetzt kommt: Dort war es halt wieder einmal Egon Zehnder, der ja bei der ÖIAG schon verhaltensauffällig geworden war im Dunstkreise Prinzhorns und seiner Freunde, hier aber war es ein anderer.

Und was ist herausgekommen? – Dass am Schluss der Aufsichtsratsvorsitzende, der der Golf-Freund Grassers ist, der Vorstand werden muss. Ein absurder Vorgang, massiv kritisiert vom Rechnungshof. Und wer wird neuer Aufsichtsratsvorsitzender – denn diese Position ist ja wieder frei geworden –?  Der nächste Golf-Freund von dem und von Grasser. Er sitzt nur blöderweise in Mallorca, und deshalb sind die Aufwände entsprechend gestiegen, weil er immer eingeflogen werden muss. Und woher kennt er den? – Aus irgendwelchen Zeiten, als die beiden im Tourismusgeschäft gemeinsam als Animateure aufgetreten sind.

Und es wird weiter gleichgefärbt. Das ist überhaupt die neue Art des Nepotismus: Der braucht nicht einmal mehr ein Parteibuch, sondern muss nur mit Grasser golfen. Das ist das neue Parteibuch! (Abg. Neudeck: Der war seit eineinhalb Jahren auf keinem Golfplatz!) Schwarz-orange.

Mittlerweile prognostiziere ich Ihnen, dass auch der Kellner des Lokals, in dem sich die immer treffen, demnächst im Austria Center Vienna einen Job bekommen wird. Sie könnten es überprüfen, denn wahrscheinlich ist es mittlerweile schon so weit. Wir haben glaubwürdige Informationen.

Golfspielen muss man bei Ihnen können – das ist die neue Qualifikation! (Abg. Neudeck: Das war aber die Frau Vranitzky! Nicht bei uns!) Man muss nicht immer in den oberen Chargen und Etagen herumreiten, man kann auch die kleinen feinen Beispiele bringen. Schauen wir einmal nach, was Sie mit dem alten Portier dort gemacht haben; ich vermute, das war nichts Gutes.

Das ist Ihr „neu regieren“? – Ich muss wirklich sagen, an diesen Dingen sollten und müssen Sie sich auch messen lassen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Apropos Kompetenz: Es ist natürlich schon ein wenig kühn, im Kontext mit dieser Sache Reichhold von „besonders kompetent“ zu reden. Das gesamte BMVIT ist doch,


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seit Sie es übernommen haben, ein Hort der seriellen Inkompetenz. Sie haben doch aus genau diesem Grund die Minister nacheinander abgelöst: An Schmidt erinnert sich ja gar niemand mehr, der hat ja gleich gesagt, dass er damit überfordert ist. Frau Forstinger hat es zwar nicht gesagt, aber jeder hat es gesehen, sie auch, und es hat nicht lange gedauert, bis Sie sie wieder abgelöst haben. Dann ist Reichhold kurz dafür zuständig gewesen – dann war er bei MAGNA, er hat dort einen Bereich für die Weltraumforschung bekommen. Jetzt ist der Weltraum bei MAGNA offensichtlich ausreichend erforscht, jetzt wendet sich Reichhold wieder den Straßengräben zu.

Das ist Ihr Bild von Kompetenz! Das stinkt doch zum Himmel, und damit haben Sie sich ein Eigentor geschossen, das seinesgleichen sucht. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Damit haben Sie sich nichts Gutes getan. Sie dürfen sich daher nicht aufregen, wenn Sie solche Dringliche über sich ergehen lassen müssen. Dass Sie dann aber nur Hohn und Spott für die andere Seite übrig haben, zeigt nur, dass Sie überhaupt nichts begriffen haben. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.54


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Reheis. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.54.50

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Teure Mitglieder auf der Bundesregierungsbank! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Ich möchte hier schon einmal feststellen, dass diese Dringliche von ganz besonderer Bedeutung ist und dass sehr, sehr wichtig ist, dass das heute hier besprochen wird.

Aber dieses Thema ist nicht nur wichtig und dringlich, sondern zeitweise auch sehr peinlich. (Demonstrativer Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich habe mir genau angehört, was Herr Staatssekretär Dolinschek hier gesagt hat. Er hat bei seiner Aufzählung von Mitgliedern des ÖBB-Vorstands den verstorbenen Herrn Direktor Türinger hier genannt. Das ist schlichtweg peinlich (Abg. Parnigoni: Unge­heuerlich!) und unangenehm. Sie verfolgen die Menschen bis in den Tod. Das zeigt Ihre Inkompetenz als Staatssekretär! So kann es nicht sein! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Staatssekretär Morak hat hier die Namen Androsch, Ederer, Ruttenstorfer, Scholten, Vranitzky et cetera genannt (Abg. Scheibner: Aber positiv!) und diese Personen als Beispiele von Besetzungen nach dem Ausscheiden aus ihrem Amt gebracht. – Dazu muss ich sagen: Da besteht doch ein wesentlicher Unterschied, und dieser wesentliche Unterschied heißt Qualifikation, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wer Qualifikation beziehungsweise Postenschacher heute sehr treffend dargestellt hat – das kann sonst niemand so schön und gut schreiben –, ist Pammesberger mit seiner Karikatur im heutigen „Kurier“: „Matthias Reichhold Bio-Hendl“, und ein Huhn sagt lächelnd: „Der Bauer wird Minister!“ Das zweite Huhn lacht schon stärker und sagt: „Jetzt wird er FPÖ-Chef!“ Sein Gegenüber lacht: „Haha!“ Dann sagen die beiden Hühner: „Und Spitzenmanager bei Magna!“ „Und ASFINAG!“, und krümmen sich vor Lachen. Und zum Schluss – die beiden Hühner liegen auf dem Rücken, sie können schon nicht mehr – heißt es: „Weil er so qualifiziert ist!!“ – Meine Damen und Herren, das spricht Bände! (Abg. Scheibner: Aber wir sehen das nicht, Sie müssen das herzeigen!) Darüber braucht man gar nicht mehr schreiben und großartig zitieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Situation dieser schwarz-bunten Bundesregierung, die Österreich seit nunmehr mehr als sechs Jahren regiert, kann man auch bildlich darstellen. (Abg. Neudeck: Gut


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regiert!) – Nein, schlecht regiert. – Dazu fällt mir ein schwarzer Supertanker ein, gefüllt mit einigen Orangen in blauen Kisten, und dieser Tanker quert Österreich, belastet die Menschen und die Umwelt unseres schönen Landes, und durch unglaublichen per­sonellen Verschleiß wird Ihr Schiff morsch und ist im Begriff zu sinken. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Scheibner: Hat das auch der Pammesberger aufgeschrieben?)

Was passiert, wenn ein Schiff sinkt? – Es herrscht Chaos in der Mannschaft, der Kapitän schweigt und schaut vielleicht betroffen zu. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das kennt ihr von der BAWAG und vom ÖGB!) Die kleinen grauen Tiere mit den langen Schwänzen verlassen das Schiff – volkstümlich heißt das: Die Ratten verlassen das Schiff! (Abg. Neudeck: Herr Präsident!) –, ein Strudel zieht alles mit sich, und die Menschen springen über Bord. Nur müssen die Günstlinge dieser Bundesregierung nicht übers Meer schwimmen, sondern bringen rechtzeitig ihr Scherflein ins Trockene (Abg. Scheibner: Was meinen Sie mit den Ratten? Wen meinen Sie mit den Ratten?) und werden von der schwarz-bunten Bundesregierung bestens versorgt. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Das ist Postenschacher der übelsten und unanständigsten Art und Weise! Da werden einfach Gesetze geändert, weil aus dem Amt gehievten Managern die entsprechenden Voraussetzungen fehlten. (Abg. Neudeck: Sprechen Sie von der Zeit 1999, im Spätherbst?) Ausschreibungen finden nicht statt oder werden schlichtweg umgangen. Hearings werden als nicht notwendig erachtet (Abg. Neudeck: Oktober, November 1999 war das, oder?); die Qualifikation „schwarz-bunt“ reicht völlig aus, und sollte es zufällig gerade keine passende Stelle oder gut dotierte Position geben, in die man einen gescheiterten Minister oder Parteifunktionär hieven könnte (Abg. Prinz: Wer hat denn diese „sachliche“ Rede geschrieben?), wird schlicht und einfach eine neue Position geschaffen. – Das ist Ihre Politik! (Abg. Prinz: Wer hat dir denn das aufge­schrieben? – Ruf: Du warst schon besser!)

Meine Damen und Herren! Das ist ein ernstes Thema. Auf dieser Seite findet Posten­schacher statt, es wird bestens dotierte Versorgung für Politfunktionäre geschaffen – und auf der anderen Seite haben 400 000 Österreicher keine Arbeit und müssen schauen, wie sie Monat für Monat durchkommen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das Motto dieser Bundesregierung schaut so aus: Gewählt wird erst, wenn der letzte BZÖ-ler versorgt ist. Die ÖVP erkauft sich bis dahin die Zustimmung ihres Regierungs­partners und lässt das zu. – Die Frage ist: Warum wohl?

Das ist derzeit eine Alleinregierung mit Unterstützung eines willfährigen Partners, und das ist das BZÖ. (Beifall bei der SPÖ.)

16.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Auer. Wunsch­redezeit: 5 Minuten. Restredezeit der Fraktion: 10 Minuten. – Bitte.

 


17.00.00

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! An und für sich ist es bekannt, dass ich zu jenen gehöre, die schon eine gewisse Zeit hier im Parlament sind. (Abg. Mag. Kogler: Bis jetzt einer von den Guten!) Daraus ergibt sich, dass ich schon sehr viele derartige Dringliche Anfragen miterlebt habe. Aber die heutige war wohl kein besonderer Meilenstein, Herr Kollege Cap, das wissen Sie selber, denn was heute hier geboten wurde, ist kein Ruhmesblatt.

Meine Damen und Herren, es gibt in Österreich immer wieder eine Umfrage, ein so genanntes Ranking der wichtigsten, glaubwürdigsten Berufsgruppen, Berufsbilder und so weiter. (Abg. Prähauser: Staatssekretäre!) An der Spitze stehen die Feuerwehr-


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leute, die Ärzte, die Krankenschwestern, das Pflegepersonal, auch, wie ich meine, richtigerweise, die Bauern, und zwar an vierter Stelle. Am unteren Ende der Skala finden sich die Politiker, nur mehr übertroffen von den Journalisten. Und offensichtlich beginnt hier ein Wettbewerb: Wer ist schlechter? Und der heutige Tag hat dazu beigetragen – dafür sind Sie verantwortlich –, dass wir in diesem Ranking weitere Stufen nach unten gesunken sind, meine Damen und Herren. Lassen Sie sich das sagen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, und dann wundert man sich, und im vertrauten Gespräch unter vier oder sechs Augen beklagt man sich dann bitter, warum denn das Berufsbild des Politikers, das Image des Politikers so schlecht ist.

Ich kenne keine Firma, ich kenne keine Branche, die auf Dauer auf dem Markt bestehen könnte, wenn sie das Produkt des anderen auf Dauer nur schlecht machte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.) Ich kenne kein Produkt und keine Firma. In der Politik ist das aber offensichtlich so. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! So dilettantisch geht man miteinander nirgends um, und das ist etwas, was ich als jemand, der schon lange hier im Hohen Haus ist, wirklich bedaure.

Denn wenn heute Ihrerseits der massive Vorwurf des Postenschachers erhoben wurde und auch der Vorwurf, alles würde umgefärbelt, dann frage ich mich: Ja welche Farbe hatte dann bisher alles? Denn wenn das ausgewogen der Qualifikation entspräche, dann gäbe es nichts zum Umfärben, meine Damen und Herren. Oder ist Ihrerseits alles eingefärbt gewesen, wenn jetzt die Position, wenn sie verändert wird, umgefärbelt ist? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Sagen Sie uns das, meine Damen und Herren, sagen Sie uns das!

Ich möchte Ihnen nicht die Liste der betreffenden Minister und Staatssekretäre vor­halten. (Zwischenrufe des Abg. Dr. Matznetter.) Ich behaupte, es gibt bei Ihnen, es gibt hier, es gibt bei den Grünen, es gibt aber auch bei uns genau so exzellente, fähige Leute, gleich, ob sie in der Politik waren oder nicht. Und ich will nicht haben, dass der Politiker auf Dauer nichts wert ist. Darunter leiden wir alle. Nehmen wir uns das auch selber einmal ein bisschen vor, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn in der Privatwirtschaft jemand eine leistungsfähige Person ist, weil er ver­schie­denste Funktionen bekleidet, dann ist das im Image eine interessante Führungskraft. Wenn das, meine Damen und Herren ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) – Herr Kollege Jarolim! Bei Ihnen ist es wirklich gescheiter, Sie gehen in sich. Und seien Sie doch ein bisserl ruhiger! Gerade Sie haben es nicht notwendig, hier etwas von sich zu geben. Seien Sie wirklich ruhig! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wenn in der Privatwirtschaft oder auch im Verstaatlichten­bereich früherer Zeiten oder heute im Entstaatlichtenbereich tolle Manager vorhanden sind, dann werden diese gesucht und sind international angesehen. Leistungsfähigkeit wird besonders hervorgehoben.

Wenn in der Politik jemand, gleich wo, Wurscht, welcher Fraktion, mehrere Funktionen bekleidet, dann ist er Ämterkumulierer. Und wenn wir einander das ständig vorhalten, dann wundern Sie sich bitte nicht, dass das Image noch weiter hinuntergehen wird. Wir haben hier etwas anderes zu tun, meine Damen und Herren.

Es kann doch nicht so sein, dass ein ehemaliger Minister, ein ehemaliger Staats­sekretär und von mir aus ein ehemaliger Klubobmann oder ein Bereichssprecher nicht in der Lage wäre, im Management einer privaten Firma tätig zu sein. Ich schätze den


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Kollegen Reichhold, und Sie sollten genau dasselbe tun. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Das Problem liegt darin, dass genau dieser Posten eingespart wurde!)

Frau Kollegin Moser! Denken Sie ein wenig an Oberösterreich! Dann werden Sie sicher hier etwas ruhiger sein, denn da gibt es auch genug nachzudenken, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Gabriela Moser: Überhaupt nichts! Wir haben die Objektivierung dort eingeführt!)

Ich kenne aber einige Journalisten, die in ihrem Beruf Journalismus offensichtlich Star­journalisten waren. Kaum waren sie in der Politik, waren sie Sternschnuppen, politisch gesehen. Weg waren sie! Offensichtlich waren sie doch nicht so gut. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich möchte nichts zum Kollegen Broukal sagen, den schätze ich zu sehr. Er hat hervorragende Vorträge gehalten, war ein Spitzenverdiener, ist heute in Wahrheit, so sagt er selber in einem Interview, eine arme Maus mit seinem Politikergehalt. Ich habe es hier. „Die wollen mich eben nicht“, sagt er über seine Fraktion. Das ist aber sein Problem, das ist nicht etwas, was mich zu kümmern hat.

Meine Damen und Herren! Wenn heute hier eine Fraktion, die selber im Glashaus sitzt, von Postenschacher spricht, dann ist das, so meine ich, ein gefährliches Spiel. Herr Kollege Cap! Ihr Glück war, dass heute so wenig Zuhörer, so wenig Zuseher das mitbekommen haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.06


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Dr. Bleck­mann. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

 


17.06.16

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Werte Staatssekretäre! Hohes Haus! Herr Kollege Reheis hat davon ge­sprochen, dass Menschen bis in den Tod verfolgt werden. Herr Kollege! Ich erinnere Sie an das, was mit Mag. Praschak passiert ist. (Abg. Faul: Oder mit Gauster!) Ich erinnere Sie daran. Und lesen Sie sich noch einmal durch, was er in seinen Briefen geschrieben hat, wie die SPÖ mit Menschen in der Zeit, in der Sie in der Regierung waren, umgegangen ist, um Positionen für ehemalige Minister zu schaffen. (Abg. Reheis: Haben Sie das besser gemacht? So etwas kann man nur machen, wenn man etwas besser macht!)

Ich zitiere aus diesen Briefen aus diesen Bereichen: Direktor Randa sagte, alle Politiker säßen ihm im Genick, um einen Job für Dr. Scholten zu finden. – Ich glaube, der Name kommt Ihnen noch bekannt vor. – Generaldirektor Randa betont, dass er selten in seinem Leben einem derartigen politischen Druck ausgesetzt gewesen sei. Die vier Namhaftesten wären der Alt- und der aktuelle Kanzler sowie der Finanz­minister und der Bürgermeister von Wien gewesen – im Übrigen alle von der SPÖ. – Und  Randa weiter: Ich sollte mir daher wohlweislich überlegen, ob es überhaupt möglich sei, nein zu sagen. – So sagte Randa laut einem der Briefe von Mag. Praschak. Und Sie wissen, was mit Praschak passiert ist. (Abg. Parnigoni: Denken Sie an Ihre private Geschichte, Frau Kollegin!)

Überlegen Sie, was es heißt, politischen Druck auszuüben, und kehren Sie ganz, ganz fest vor der eigenen Tür, bevor Sie sich hier hinstellen und von Postenschacher sprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich nehme Ihre Worte, Kollege Reheis: Sie verfolgen die Menschen bis in den Tod. Ich nehme Ihre Worte, Klubobmann Cap. Ich werde mich mit voller Kraft gegen Posten­schacher einsetzen. – Wenn Sie sich jetzt wirklich ernst nehmen wollen, dann fahren Sie aber ganz rasch und ganz schnell in die Steiermark. Fahren Sie zum Landes-


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hauptmann Voves, Ihrem SPÖ-Voves! Fahren Sie dort hin und sprechen Sie mit ihm, aber ganz rasch, wenn Sie wirklich gegen Postenschacher auftreten. Für Sie ist nämlich nur dann jemand ein guter Geschäftsführer, ein guter Vorsitzender, ein guter Aufsichtsratsvorsitzender, wenn er der SPÖ angehört. Nur dann ist er gut und sonst nicht. Und das ist die falsche Sicht der Dinge. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das ist die einseitige SPÖ-Sicht der Dinge, die Sie hier an den Tag legen, denn Sie wissen genau, was in der Steiermark passiert. Und es muss Ihnen immer wieder gesagt werden. Das Motto lautet: Ditz raus, Schachner und Lacina hinein. „Posten­schachnerei“ nennt sich das inzwischen. Postenschachnerei hat es damals unter Schachner-Blazizek als Landeshauptmannstellvertreter der SPÖ gegeben, und das wird jetzt weiter fortgesetzt. Er ist Aufsichtsratsvorsitzender der Energie Steiermark. Wenn es nach Ihnen ginge, dürfte er als Ex-Politiker dort nicht sitzen. Das sind die Dinge, wie Sie es handhaben.

Es gibt auch in Graz einen Ex-Finanzstadtrat, 1968 bis 1993 Finanzstadtrat, dann nach dieser Zeit – 1968 bin ich geboren, also der war wirklich lange in der Politik – Aufsichtsrat am Flughafen, Aufsichtsrat bei den Stadtwerken seit 1965 und inzwischen Aufsichtsratsvorsitzender der Grazer Stadtwerke. Was glauben Sie, wie alt der Alt-SPÖ-Exfinanzstadtrat und Exvizebürgermeister ist? – 84 Jahre! Ist immer noch Aufsichts­ratsvorsitzender der Stadtwerke! (Abg. Parnigoni: Was haben Sie gegen die alten Menschen?) Sie finden anscheinend keinen Besseren als diesen altgedienten Politiker, der eine beste Politikerpension bekommt, der beste Pensionsbezüge bekommt. Da sollten doch wirklich andere drinsitzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es ist ein langes Register. In die KAGes, an die Spitze des Kontrollgremiums, haben Sie Herrn Joszeffi hineinnominiert, einen Mitarbeiter des Unternehmens von Ex-Minis­ter Androsch; der dürfte ja wohl auch nicht dort sitzen. Und amtierende, hier vertretene Abgeordnete sitzen im Aufsichtsrat der Forschungsgesellschaft Joanneum Research, das wissen Sie. Amtierende Bundesräte werden Amtsführende Landesschulrats­präsidenten. Das sind alles SPÖ-Leute, amtierende Politiker. – Wenn es nach Ihnen ginge, dürften die alle dort nicht drinnen sitzen, denn wenn es nach Ihnen ginge, haben Politiker, Ex-Politiker, auch keinerlei Fähigkeiten, in irgendwelchen Positionen zu sitzen.

Überlegen Sie doch einmal, was Sie tun! Kehren Sie vor der eigenen Türe und werfen Sie nicht mit Steinen, wenn Sie im Glashaus sitzen, denn Sie wissen und Sie merken es jetzt: Es tut weh. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.11


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. 5 Minuten Wunschredezeit; Restredezeit der Fraktion: 8 Minuten. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.

 


17.11.14

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Ich tue mich leicht, ich kehre vor dem eigenen Haus. Ich sitze gerne im Glashaus, denn Sie können keinen einzigen Stein gegen uns Grüne werfen.

Wir haben eine Regierungsbeteiligung in Oberösterreich, aber es gibt keinerlei grünen Postenschacher, es gibt keinerlei grüne Besetzung dort, es wird klar nach Qualifikation ausgeschrieben, Herr Kollege Auer! (Zwischenruf des Abg. Scheibner.)


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Es ist ein mühsam errungenes Objektivierungsverfahren entwickelt worden. Es waren, glaube ich, mindestens sieben Stunden Verhandlungsrunden notwendig, damit klare Verhältnisse herrschen. Und das, bitte, ist für mich die Norm und das ist für mich der Maßstab, den ich an die Vergangenheit und Gegenwart anlege.

Und wenn ich ihn an die Gegenwart anlege, bitte, dann muss ich attestieren, dass derzeit eine derart einseitige Schwarz- oder Blau-Färberei stattfindet, eine Versor­gungsorgie sondergleichen, sowohl in dem einen als auch in dem anderen Bereich, dass der Proporz dagegen ein Lercherl war, sage ich Ihnen, wenn man es genauer untersucht. Ein Lercherl war das früher. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Heute im „Kurier“, das war nur die kleine Spitze des Eisbergs. Ich kann Ihnen acht Seiten vorlesen, acht Seiten Best of Gorbach, denn die ÖVP hat sich entschlossen, zu akzeptieren, dass der Bereich der Infrastruktur, dass der Bereich des Verkehrs­ministeriums, dass der Bereich der Forschungspolitik das Reservat für die Entsorgung oder für die Versorgung von Menschen ist, die aus dem ehemaligen blauen Lager kommen. Das ist anscheinend von der ÖVP toleriert.

Es hat mir so mancher ÖVPler schon gesagt: So getrieben hat es in besten Zeiten der großen Koalition niemand von uns. Das ist eine neue Negativqualität. – Das sagten mir ÖVPler, bitte. (Abg. Scheibner: Die zeigen Sie uns einmal, die ÖVPler!) Und die haben sich auch bei mir gemeldet und gesagt: Bitte, stechen Sie doch hinein in diese Blase. Das ist wirklich verheerend, was dort passiert. (Abg. Scheibner: So eine Märchenstunde!)

Herr Ex-Minister Reichhold ist ja nur sozusagen die Spitze eines Eisberges, und er kann durchaus qualifiziert sein für MAGNA, er kann qualifiziert sein für irgendeine andere Wirtschaftsposition. Er kann von mir aus auch qualifiziert sein für die ASFINAG. Die Frechheit ist allerdings die Tatsache, dass Herr Minister Gorbach die Reduktion der Zahl der Aufsichtsratsposten in der ASFINAG auf zwei als große Einspar­maßnahme verkauft hat, und jetzt, eineinhalb Jahre später, leistet man sich einen neuen Vorstand namens Reichhold, und der verdient dann lockere 250 000 € pro Jahr, die eine hoch verschuldete ASFINAG zahlen muss, die die AutofahrerInnen durch ihre Vignetten-Beiträge zu bezahlen haben, womit normalerweise, ich sage es Ihnen ganz ehrlich, 6 100 Tankfüllungen von Autos bezahlt werden könnten.

Zuerst sagt Gorbach: Einsparen, dann heißt es: Versorgen. Entschuldigen Sie, da lachen ja die Hühner, selbst am Bauernhof des Herrn Ministers, sage ich Ihnen. (Abg. Scheibner: Das war toll!)

Aber jetzt bitte nur zum Register. Erstens: Ausschreibungspolitik. Schauen Sie es sich bei den ÖBB an! Da wird jemand für die ÖBB-Infrastruktur Betrieb gesucht, weil der jetzige Vorstand in die Infrastruktur Bau wechseln muss. Dann wird die Ausschreibung so formuliert, dass eine Ostsprache erforderlich ist. Das müssen Sie sich einmal vorstellen! Im Infrastruktur-Betrieb, der an der österreichischen Grenze endet, ist das Ausschreibungserfordernis eine Ostsprache! Und wissen Sie, warum? – Weil es nur einen gibt, der sich bewirbt und seit Jahren Russisch lernt, nämlich der viel zitierte Arnold Schiefer. So ist es. Da werden Ausschreibungen maßgeschneidert. Natürlich ist er dann qualifiziert mit der Ostsprache beim Infrastruktur-Betrieb.

Gerhard Sailer, extra ein Posten geschaffen im Ministerium. Monika Närr, „Rail Technology Cluster Austria“. Josef Hackl, haben wir schon gehört. Verena Heingärtner, Herbert Rudolph – alle Versorgungsgeschichten BMVIT und Austro Control.

Der Rechnungshofpräsident hat auch einige Menschen aus dem blauen Bereich in den Rechnungshof geholt. Gilbert Trattner – wir haben das heute auch schon vom Herrn Klubobmann Cap gehört – ist auch in verschiedenen Funktionen im ÖBB-Bereich tätig.


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Dann gehe ich in meiner Liste weiter. Reinhard Firlinger wollte Bahn-Post-Bus-Chef werden, ist es Gott sei Dank nicht geworden, war knapp dabei. Elke Nebenführ, „N.N.“, Marc Zimmermann.

Über den ASFINAG-Vorstand haben wir schon gesprochen. Reichhold heißt er seit Neuestem. Der Chef des Patentamtes, eine maßgeschneiderte Ausschreibung für Friedrich Rödler, der vorher Generalsekretär im Ministerium war. Jetzt ist dieser Posten vakant, schon seit längerem vakant, aber er ist nicht gestrichen worden. Man hat nicht jetzt endlich einmal eingespart und den Posten gestrichen, nein, er ist jetzt bereit für Frau Barbara Kappel, eine Vertraute auch des Herrn Nationalratspräsidenten Prinz­horn. Wird die nächste Besetzung sein.

Fürnkranz, wenn ich nur noch einen Namen nennen darf. Dann zum Beispiel: Rumpold sollte Werbeaufträge bekommen. Gott sei Dank haben parlamentarische Anfragen das verhindert.

Monika Forstinger hat Aufträge bekommen, für den Immobilienbereich Bewertungen auszustellen et cetera. (Abg. Scheibner: Die Frau Langthaler haben Sie vergessen!) – Ja, die hat sicherlich auch Aufträge bekommen, nur war die nicht vorher Ministerin. (Abg. Scheibner: Aber Abgeordnete! Alles verboten!) Minister Böhmdorfer, jetzt im Aufsichtsrat und so weiter. Ingolf Schädler. Bei der ÖBB-Reform hat Böhmdorfer mitgewirkt und hat jetzt eine neue Aufsichtsratsfunktion. Helfried Jedlaucnik. (Abg. Scheibner: Was ist mit dem? – Der ist ein Beamter!) Jetzt ist er, glaube ich, bald Sektionschef. (Abg. Scheibner: Was heißt „glaube ich“?! Ja oder nein!)

Peter Franzmayr, Martin Santer, bitte, bei der Schienenverkehr angestellt. Christian Ebner, Helga Thomic-Sutterlüty, im Finanzministerium versorgt worden. Walter Riepler, Michael Gassauer. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Was war der Michael Gassauer für ein Politiker?)

Ich bin noch lange nicht zu Ende. Man muss seinen Mitarbeitern leider sogar Über­stunden zahlen, denn in der regulären Arbeitszeit kommen sie gar nicht mehr damit zurecht, die ganze Liste fertig zu stellen.

Gerhild Hofer, bitte. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Es geht nicht nur um Politiker, es geht um Versorgung. Es geht um Postenschacher und Versorgung von Menschen, die sich aufgrund dessen, dass Sie bald nicht mehr in der Regierung sitzen werden, neu orientieren müssen. (Abg. Scheibner: Jetzt haben Sie alle Blauen aufgezählt!)

Und dass Sie sie jetzt versorgen auf Kosten der SteuerzahlerInnen, alles auf Kosten der ÖsterreicherInnen, bitte, das ist für mich die neue Negativqualität. (Abg. Scheibner: Haben wir die Frau Langthaler versorgen müssen?) Das ist die neue Negativqualität. Die Menschen sind ja fähig, sagen Sie. Bitte, dann sollen sie sich bewerben, wo immer sie wollen. (Abg. Scheibner: Ein solcher Unsinn, den Sie da bringen!) Nur, sie in irgendeine staatliche Funktion zu setzen, nur deshalb, weil sie vorher bei Ihnen, in einem Ministerbüro oder sonst wo gearbeitet haben, das ist für mich eine zu geringe Qualifikation. (Abg. Scheibner: In welchem Büro hat Herr Gas­sauer gearbeitet? – Er war Telekom-Manager! Ihren Mitarbeitern brauchen Sie keine Überstunden zu zahlen! Die arbeiten schlecht! Die sollten besser recherchieren!) Das ist wirklich Postenschacher, Postenorgie der übelsten Art.

Und dann möchte ich noch mit einem Beispiel enden, wo eigentlich die Unvereinbarkeit klassisch ist.

Herr Kollege Scheibner, Sie wissen genau, Herr Plech, im Immobilienbereich sehr erfolgreich, sitzt in zahlreichen Aufsichtsräten und kann sein Wissen, sein Insider­wissen aus diesen Aufsichtsräten der Republik in verschiedenen Immobilienbereichen,


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jetzt zum Schluss auch bei den Kasernen, darum schaue ich Sie an, Herr Kollege Scheibner (Abg. Scheibner: Die können wir eh nicht verkaufen, die Kasernen!), sehr nützlich auch für private Zwecke nutzen. Das ist ein Insiderwissen, das er dort hat. Und das ist an sich eine klassische Unvereinbarkeit, dass man jemanden aus der Immobilienbranche mehr oder weniger in alle Aufsichtsratspositionen, die die Republik im Immobilienbereich besetzen kann, auch hineinsetzt. (Abg. Scheibner: Die Experten kommen halt aus dem Bereich!)

Mit diesem Negativbeispiel muss ich leider schließen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.19


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. 5 Minuten Redezeit; Restredezeit der Fraktion: 10 Minuten. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


17.20.01

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Staats­sekretäre! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Staatssekretär Morak hat zu Beginn seiner Ausführungen einige Beispiele dafür genannt, wie denn aus SPÖ-Politikern auch etwas Großes geworden ist. Er hat gemeint, Herr Ruttenstorfer sei jetzt bei der OMV. Herr Staatssekretär, es dürfte Ihnen entgangen sein, dass Ruttenstorfer auch vorher schon bei der OMV war. (Abg. Dr. Brinek: Das wissen wir!) Wenn ich mir die heutigen Ausführungen des Staatssekretärs anhöre, denke ich, dass es eigentlich schade ist, dass wir Staatssekretäre von der Qualität eines Ruttenstorfer heute nicht mehr haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Ederer ist in keinem staatsnahen Betrieb untergekommen, Herr Staatssekretär, und Scholten war auch schon vorher in der Kontrollbank und nachher wiederum. Das hier als Beispiel zu nehmen ist also wirklich etwas eigenartig.

Es geht eigentlich auch gar nicht so sehr darum, wer denn wo hingehört, sondern es geht darum, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir in staatsnahen Betrieben ein Gesetz geschaffen haben – das so genannte Stellenbesetzungsgesetz oder wie es im Langtext heißt: Bundesgesetz über Transparenz bei der Stellen­besetzung im staatsnahen Unternehmensbereich – mit allem, was heute schon dazu gesagt wurde, bis hin zur Schablonenverordnung.

Jetzt erinnere ich an die Anfragebeantwortung des Staatssekretärs Morak, der auf die dritte Frage gemeint hat, das Bundeskanzleramt sei nicht zuständig. Ich darf sie Ihnen noch einmal nennen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Die dritte Frage hat gelautet: Sind auch Sie der Meinung, dass die Verträge der ÖIAG-Vorstände nicht dem Stellenbesetzungsgesetz unterliegen oder unterscheidet sich Ihre Rechtsmeinung von der des Finanzministers? – Es geht dabei darum, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass man sich dabei einfach nicht an das Stellenbesetzungsgesetz hält und mit einem Gegengutachten begründet, dass man die Privilegienverträge weiter abschließen kann.

Herr Staatssekretär Morak, Sie haben gesagt, Sie sind in dieser Frage nicht zuständig. Das heißt also, Sie, die Bundesregierung, der Bundeskanzler ist nicht zuständig, wenn ein Bundesgesetz, das im Jahr 1998 von allen hier herinnen beschlossen wurde, nicht eingehalten wird. Das ist der wahre Skandal! Es gibt Gesetze, die umgangen werden, nur um einen Postenschacher betreiben zu können, wie man das gerne möchte. Das ist der wahre Skandal, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie darauf keine Antwort haben, dann frage ich mich schon, was denn Aufgabe der Bundes­regierung sein kann!


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 157

Kollege Auer meint, dass wir unser eigenes Nest beschmutzen und dass wir uns gegenseitig schlecht machen und so weiter. Herr Kollege Auer, könnte nicht auch daran, dass die Politiker ganz unten in der Imagereihe stehen, die Tatsache schuld sein, dass sie sich nicht an Gesetze, die sie selbst beschließen, halten? Könnte nicht auch das schuld sein? (Abg. Jakob Auer: Machst du das?)

Das ist ein typisches Beispiel, du hast jetzt nicht aufgepasst: Stellenbesetzungsgesetz ist dann ungültig, wenn derjenige, den man haben will, nicht auf den Posten hinkommt. Das ist das Faktum, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Jakob Auer: Schwertberg!) Apropos Schwertberg, ich sage dir gleich etwas.

Die ÖBB haben jetzt eine große Strukturreform hinter sich. Diese hat dazu geführt, dass sich dort niemand mehr auskennt. Da gibt es eine eigene Immobiliengesellschaft, deren Managerin weit jenseits von all den Zahlen verdient, die heute genannt wurden, nämlich weit über 300 000 € pro Jahr. Diese Umstrukturierung mit diesen teuren Posten hat dazu geführt, dass man in den ÖBB eigentlich nicht mehr weiß, wo hinten und vorne ist und wovon man redet. (Abg. Neudeck: Ihr nicht! Das habt ihr vorher auch nicht gewusst!)

Ich sage euch ein Beispiel. Die Gemeinde Schwertberg hat von der ÖBB einen Grund in Anspruch genommen, hat das ausverhandelt, alles unterschrieben, alles war in Ordnung, und plötzlich flattert mir die Androhung einer Besitzstörungsklage auf den Schreibtisch! Ich war momentan sehr erstaunt, habe mich dann erkundigt. Es wäre alles vorbei, alles erledigt, nur wurde es einfach nicht weitergegeben. Die neue Gesellschaft hat sich da nicht ausgekannt. Sie hat nicht gewusst, welche Grundstücke von anderen in Anspruch genommen werden. Das ist Strukturreform? – Das ist lediglich eine Reform, um die Posten, die man verteilen will, auch dort zu haben, mehr ist das leider Gottes nicht!

Ich zitiere, was in den Koalitionsvereinbarungen dazu gesagt wurde: Personal­entscheidungen haben nach einem objektiven, leistungsorientierten und nachvollzieh­baren Verfahren zu erfolgen. Wir wollen Proporz und Parteibuchwirtschaft abschaffen und den Menschen mehr Mitentscheidungsrecht geben. – Zitatende.

Dieses sagte kein Geringerer als Bundeskanzler Schüssel. Und was macht er? – Er hält sich nicht einmal an Gesetze, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das werden die Wähler im Herbst sehr wohl zu honorieren wissen. Da können Sie monatelang „BAWAG“ und „Gewerkschaftsbund“ schreien – die Wählerinnen und Wäh­ler haben die Nase voll. Das wollen sie sich nicht mehr gefallen lassen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.26


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. 5 Minuten Redezeit; 6 Minuten Restredezeit der Fraktion. – Bitte.

 


17.26.45

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Herr Kollege Gaßner, nicht wir, nicht das BZÖ, nicht die ÖVP brauchen von der BAWAG zu reden. Von der BAWAG redet sowieso ganz Österreich. Gerade jetzt habe ich die neue Zeitungsausgabe erhalten: „US-Justiz greift nach BAWAG“. Das titelt aber nicht nur die „Kronen Zeitung“, auch im „Kurier“ steht: „Nach US-Klage wird Verkauf der BAWAG schwerer“. (Der Redner hält die genannten Zeitungen in die Höhe.) Der wirkliche Skandal passiert ganz woanders, nicht bei Postenbesetzungen, sondern bei der BAWAG, beim ÖGB und bei der SPÖ.

Meine geschätzten Damen und Herren! Sie sprechen andauernd von Mathias Reich­hold: Da kolportiert selbst die SPÖ in der Anfrage die Gage von Mathias Reichhold mit


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zirka 200 000 bis 220 000 €. Darüber, ob das hoch oder niedrig für einen hoch dotierten, wichtigen und sehr zeitaufwändigen Job in der ASFINAG ist, kann man jetzt diskutieren. Nur eines steht fest: Es sind immer noch um mehr als 100 000 € weniger als die über 330 000 €, die Herr Kollege Elsner dafür bekommt, dass er zweimal im Jahr bei einer Sitzung von der Lotto-Toto-Gesellschaft gefehlt hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das sollte man sich vor Augen halten! Davon können Sie nicht ablenken. Man kann nicht davon ablenken, dass der Kollege Elsner noch 3 Millionen € Abfertigung dazu bekommen hat, man kann nicht davon ablenken, dass es ein Penthouse dafür gegeben hat, und man kann schon gar nicht von folgender Tatsache ablenken: Egal ob man Bauern für qualifiziert oder nicht qualifiziert hält, eines hat der Mathias Reichhold im Gegensatz zum Kollegen Elsner und zum Kollegen Flöttl nicht geschafft, nämlich 1,3 Milliarden € zu verspekulieren und in den Sand der Karibik zu versenken.

Wenn das die Qualifikation dafür ist, um einen hoch bezahlten Job zu bekommen, wenn das die Qualifikationen dafür sind, um angesehene Jobs in staatsnahen Betrieben oder auch irgendwo in der Privatwirtschaft zu bekommen, dann stimmt es, dann ist Mathias Reichhold ungeeignet, denn all diese Dinge erfüllt er nicht: Kein Penthouse, keine 3 Millionen € Abfertigung und kein Versenken von über 1 Milliarde € im Sand der Karibik.

Ich möchte gar nicht auf die Vergleiche eingehen, die da zwischen Schwarz und Rot hin und her geworfen worden sind. Ich möchte ein paar Bemerkungen kommentieren, die vorhin gefallen sind.

Kollege Cap ist hier heraußen gestanden, wortgewaltig, wie wir ihn ja kennen – vielleicht bekommt auch er einmal einen Job in einem staatsnahen Betrieb, die Bundestheater würden mir zum Beispiel einfallen, wo es sicherlich einmal eine Ver­wendung für ihn gäbe. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Kasperl!) – Kasperl, das will ich nicht sagen, das weiß ich nicht, aber Bundestheater wäre eine gute Sache. (Abg. Neudeck: Die Urania gehört nicht zu den Bundestheatern!)

Er steht hier am Rednerpult und beschwert sich darüber, dass die ÖVP so einen massiven Einfluss auf den ORF hat. Herr Kollege Cap, ich denke, dass diese Kritik am Einfluss der ÖVP beim ORF wohl nur darauf beruhen kann, dass Sie vielleicht nicht durchkommen, wenn der Herr Molterer so oft anruft. Reden Sie einmal mit den Redakteuren vom ORF, dann werden Sie hören, wie oft die SPÖ dort anruft und sich beschwert und gerne etwas anders hätte!

Ich kann nur einen kleinen Tipp geben, um auch wiederum Freunde in staatsnahen Betrieben zu beurteilen: Sollten Sie einmal nicht direkt beim ORF durchkommen, wählen Sie am besten die Handynummer des Herrn Wrabetz, dem kaufmännischen Direktor beim ORF und Günstling des Herrn Dr. Gusenbauer, der ihn jetzt schon als Generaldirektor haben möchte! Vielleicht kommen Sie bei der Handynummer durch und können so Ihren parteipolitischen Einfluss geltend machen.

Frau Kollegin Moser stellt sich zum Rednerpult und legt dieses Reinheitsgelöbnis der Grünen ab. Frau Kollegin Moser, jetzt lese ich Ihnen etwas aus der Dringlichen Anfrage vor. Da steht als Beispiel Frau Dr. Forstinger, und es wird massiv kritisiert, dass sie in staatsnahen Bereichen auf Honorarbasis arbeiten konnte. – Wissen Sie, wer mir dazu einfällt? – Frau Kollegin Monika Langthaler fällt mir da ein! (Abg. Dr. Gabriela Moser: Aber die war keine Ministerin!) – Ja, aber eine Abgeordnete dieses Hohen Hauses!

Und wissen Sie, wie sich die Referenzliste ihrer Agentur im Internet liest? – Bun­desministerium für Land- und Forstwirtschaft, Bundesministerium für Inneres, Österreichische Bundesforste – eine ganze lange Liste der Frau Monika Langthaler,


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die auch im staatsnahen Bereich als Unternehmerin tätig ist, obwohl sie vorher Politikerin war. (Abg. Mandak: Genau! Obwohl sie’s war!)

Sie sollten irgendwann diese Scheuklappen ablegen, dass Politiker bis zum letzten Tag Politiker sein müssen! Auch Politiker sollen eine Chance haben, danach zu arbeiten! Und auch, wenn es Ihrem Weltbild nicht entspricht, Frau Kollegin Moser: Auch politische Vertreter haben das Recht, nach ihrer politischen Karriere einem normalen Beruf nachzugehen – egal, ob er hoch oder nieder bezahlt ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas – ganz ohne Polemik –: Dass Sie vom Rednerpult aus Frau „N.N.“ als ein Beispiel für den Postenschacher des Herrn Infra­strukturministers nennen, ist so etwas von „tief“ und so etwas von verwerflich! Sie tun das, nur weil diese als einfache Kabinettssekretärin arbeitet, weil sich der Herr Vize­kanzler ein paar Mitarbeiter selbst aussucht, die in seinem Kabinett arbeiten, und zwar auf Kabinettsmitarbeiter-Basis – kein Job, nicht irgendetwas langfristig Abgesicher­tes! – Wissen Sie was? – Dafür sollten Sie sich schämen!

Sagen Sie lieber Ihrem Kollegen Anschober in Oberösterreich, er soll als Landesrat alle Mitarbeiter aus seinem Kabinett hinauswerfen, die er eingestellt hat! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer (den Vorsitz übernehmend): Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

17.32.28Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nunmehr zur Durchführung einer kurzen Debatte. Diese betrifft den Antrag der Abgeordneten Mag. Molterer und Scheibner, dem Ausschuss für Wissenschaft und Forschung zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 21. April 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Uni­versitätsgesetz 2002 geändert wird, eine Frist bis 19. Mai 2006 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Frist­setzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


17.33.52

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Die jetzige Debatte um die Fristsetzung betreffend eine UG-Novelle ist deshalb notwendig, weil mit der Haltung der Opposition im Bundesrat große Verunsicherung betrieben wurde: große Verunsicherung in der Angelegenheit Studien­zugang, Zugang zum Medizinstudium, zu modernen Formen des Doktoratsstudiums und anderen Teilen des Universitätsgesetzes.

Worum geht es im Einzelnen? – Gesicherte Studienplätze für Österreich, das war die Herausforderung nach dem EuGH-Urteil. Die Bundesregierung hat mit dem Vorschlag


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für das Medizinstudium eine praktikable, eine haltbare, eine maßvolle Lösung, einen maßvollen Weg vorgeschlagen, der von der EU-Kommission, von Experten dort – von Rechtsexperten, EU-Experten – auch als solcher beurteilt wurde und hier im Hohen Haus vorgelegt wurde als „Safeguard“-Regelung – wie sie dann geheißen hat – und für ausreichend Studienplätze gesorgt hat und sorgen wird. Trotzdem hat die Opposition dazu nicht positiv Stellung genommen, sondern es war ein Beschluss der Regierungs­parteien.

Sei es darum! In einer Demokratie ist das auch von hohem Wert, und in einem Zwei-Kammern-Parlament hat die zweite Kammer das Recht, sich dieser Materie noch einmal zu widmen und sie zu behandeln.

Dass damit – mit der Behandlung und mit der dann erfolgten Beeinspruchung – in Österreich eine große Verunsicherung entstanden ist, hat offenbar die Opposition – haben die SPÖ und die Grünen – in Kauf genommen: bei den Studierenden, an den Universitäten, in den Elternhäusern, an den Schulen. – Wir wissen, dass die Medizin-Universitäten bereits im Februar mit einer Voranmeldung begonnen haben und gewartet haben, wie sich die Parteien in der zweiten Kammer verhalten, um eine Maßgabe für die nächsten Wochen zu haben, um mit dem Ansturm der deutschen Studierenden nach der Aufhebung der „österreichischen Lösung“ gut zurechtzu­kom­men.

Wie gesagt, diese vom Nationalrat verabschiedete Regelung wurde nicht gutgeheißen, es wurde darauf verzichtet, dass mit dieser Regelung 95 Prozent der EU-Bürgerinnen und Bürger ein Anrecht auf einen Zugang zum Medizin-Studium haben, 75 Prozent davon sollen und werden Österreicher beziehungsweise Inhaberinnen und Inhaber – muss man korrekt sagen – von in Österreich ausgestellten Reifezeugnissen sein, 20 Prozent der Plätze sollten für Nicht-Österreicher reserviert werden.

Das Gute daran ist auch noch gewesen, dass mit einer Aufstockung der Studienplätze um 20 Prozent de facto die bisher verfügbaren Plätze für Inhaber österreichischer Reifezeugnisse zur Verfügung gestellt werden sollen.

Nichts davon hat die Opposition überzeugt! Es ist Ihnen wichtiger gewesen, durch eine Blockade im Bundesrat – wie gesagt – eine Verunsicherung zu erzeugen, obwohl nicht nur die Regierungsparteien von der Richtigkeit dieser Lösung überzeugt waren, son­dern auch die Ärztevertretung – diese hat etwa diese Regelung begrüßt.

Die Rektorenkonferenz hat diese Regelung begrüßt und hat gesagt: Endlich gibt es Sicherheit in der Gestaltung des Universitätszuganges! Die Medizin-Universitäten und ÖH-Vertreter haben begonnen, das als richtige Maßgabe und richtige Lösung zu qualifizieren, und haben gesagt: Es darf nicht auf dem Rücken der Studierenden Verunsicherung betrieben werden. – Wie gesagt: Alles das hat nicht überzeugt und die SPÖ und die Grünen haben ihren Zickzackkurs, den wir ja schon aus anderen Materien kennen, im Bundesrat fortgesetzt.

Wie haben Sie sich im Einzelnen verhalten? Das muss man sich jetzt noch einmal in Erinnerung rufen, um zu sagen: Ist diese Partei qualifiziert in Richtung Regierungs­arbeit, in Richtung Regierungsbeteiligung, überhaupt eine Meldung machen zu kön­nen?

Im September 2005 hat die SPÖ eine zentral koordinierte, objektivierte, nachvoll­ziehbare Fassung von Aufnahmekriterien verlangt. – Gut. Landeshauptfrau Burgstaller hat sich sogar verstiegen und von Studienplatz-Bewirtschaftung à la Fachhochschulen gesprochen – das war ganz neu! Wir waren sehr überrascht, dass so etwas aus einem SPÖ-Mund kommen kann!


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Im Dezember hat Gusenbauer dazu gesagt, wir brauchen eine Rückkehr zur alten Regelung, so als hätte es das EuGH-Urteil nie gegeben. – Ich bin sehr verwundert, wie das ein Staatsmann oder einer, der Staatsmann sein will, überhaupt nur sagen kann.

Dann geht es weiter, gerade noch vor Weihnachten: Wir brauchen europäische Vereinbarungen. – Gut, dagegen muss man nicht wirklich auftreten, das hat wohl Sinn, aber wahrscheinlich geht das nur, wenn es vorher nationale Lösungen auch gibt.

Daher noch einmal der Versuch Kollege Broukals, im Jänner zu sagen: Ja, Herkunfts­landsprinzip, Rückkehr, das ist großartig. – Wie er überhaupt dazu gekommen ist, weiß ich nicht.

Es gibt einen weiteren Schwenk und einen weiteren „Zick“ in der Zickzackkurve: Grenzüberschreitende Studentenströme sollten im europäischen Recht behandelt werden, sagt Broukal für die SPÖ – so, als würde das mit einem kleinen nationalen „Gesetzerl“ leicht möglich sein, so, als würde es nicht Druck geben im Hinblick auf das kommende Studienjahr.

Dann macht Broukal die Zustimmung zur „Safeguard“-Regelung, die ich schon beschrieben habe, von der Zustimmung der Kommission abhängig.

Da sagen die Europaexperten, da sagen die europäischen Fachleute: Das schlägt dem Fass den Boden aus! Das würde man insgesamt sagen, denn noch nie hat sich die Kommission in eine nationale Gesetzgebung eingemischt.

Ich zitiere dazu Europarechtsexperten Rack: „Wenn Broukal eine vorhergehende Zustimmung der EU-Kommission fordert, zeugt das von Unkenntnis der europäischen Abläufe ...“ – Dem ist in Wirklichkeit nicht viel hinzuzufügen.

Ich wiederhole noch einmal: Durch die Verunsicherungspolitik von SPÖ und Grünen ist eine Verunsicherung an den Universitäten entstanden, die sowohl Ärztekammer-Präsident Brettenthaler – er nennt das „parteitaktische Unterwanderung eines not­wendigen Plans auf Kosten der Studenten“ – als auch die Rektorenkonferenz be­dauern.

Dazu Zitat: „Den Einspruch des Bundesrats gegen die UG-Novelle ... und die damit verbundene Verzögerung in der Gesetzwerdung nimmt die Österreichische Rektoren­konferenz (ÖRK) mit großem Bedauern zur Kenntnis.

Die ÖRK bekräftigt ihre Ansicht, dass ... die Möglichkeit der Zugangsbeschränkungen in den Fächern Humanmedizin, Zahnmedizin, Veterinärmedizin sowie Biologie, Psychologie, Pharmazie, Betriebswirtschaftslehre und Publizistik“ – also in den acht Numerus-clausus-Fächern – „schon deshalb aufrecht bleiben muss, weil der bisherige Beobachtungszeitraum keine abschließende Beurteilung ermöglicht.“

Dem schließen sich die Vorsitzende und der Vorsitzende-Stellvertreter der ÖH-Medizin an und sagen: „Die lange Diskussion um die Quotenregelung muss nun ein Ende haben. ... Die politische Diskussion darf nicht auf dem Rücken der Studierenden ausgetragen werden.“

Meine Damen und Herren! Es ist bedauerlich, aber die Fristsetzung ist notwendig geworden, weil die weitere Verunsicherungspolitik der Roten und der Grünen im Bundesrat dazu geführt hat, dass wir Sicherheit an den Universitäten schaffen müssen und daher binnen einer Frist, die im Antrag genannt ist, nämlich bis zum 19. Mai, die Universitätsgesetznovelle beschließen beziehungsweise im nächsten Wissenschafts­ausschuss verhandeln müssen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.) Ja, mit diesen Aussagen, Herr Kogler, müssen auch Sie leben, weil Ihre Fraktion sich im Bundesrat genauso unstaatsmännisch und unsolid verhalten und zur Verunsicherung beigetragen


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hat. (Abg. Mag. Kogler: Mit solchen Staatssekretären dürfen Sie das Wort „Staat“ ja überhaupt nicht mehr in den Mund nehmen!)

Zickzackkurs bringt uns nicht weiter. So ist das, Herr Abgeordneter! Sie können sich der Fristsetzung anschließen und versuchen, einen guten Beitrag im Ausschuss und dann im Plenum zu leisten, damit rasch Sicherheit an den Universitäten einkehrt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass den nun zu Wort kommenden Rednern und Rednerinnen jeweils 5 Minuten Redezeit zur Verfügung stehen.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Dr. Brader. – Bitte.

 


17.42.34

Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Nicht nur, dass das Universitätsgesetz beeinsprucht wurde, auch die Vertagung des Beschlusses zur Errichtung des Institute of Science and Technology in Klosterneuburg ist etwas verwunderlich, um nicht zu sagen Aus­druck einer gewissen Irritation.

Wir haben hier im Haus lange diskutiert. Es hat klare Positionen gegeben. Ich habe mich damals sehr gefreut, dass die SPÖ diesen Beschluss mitgetragen hat, habe mich über die Einsicht vor allem der niederösterreichischen Abgeordneten wirklich gefreut, und jetzt muss ich mit Erstaunen zur Kenntnis nehmen, dass der Zickzackkurs, der vorher so deutlich erkennbar war, wieder begonnen beziehungsweise fortgesetzt wurde. Ich möchte schon in Erinnerung rufen, und tue das als niederösterreichischer Abgeordneter wirklich mit Stolz: Wir haben im Zuge dieser Diskussion das beste Angebot gelegt. Das haben uns alle Experten bestätigt. Wir haben nicht nur die geographische Lage gut überlegt, sondern auch finanziell wirklich Hervorragendes geleistet. Wir haben in der Diskussion viele Argumente ausgetauscht und sind dann letztlich zu dieser Entscheidung gekommen. (Abg. Mag. Kogler: Reden Sie zur Frist­setzung!)

Warum man jetzt sozusagen wieder alles umdrehen will oder zumindest den Versuch startet, hier die Diskussion von Neuem zu beginnen, ist mir ein Rätsel. Das kann – und ich möchte das wirklich sagen – nur zwei Gründe haben. Entweder kann sich Herr Klubvorsitzender Gusenbauer gegenüber seinen Bundesräten nicht durchsetzen oder die Nationalratsfraktion ist mit ihren Argumenten bei der Bundesratsfraktion nicht durchgekommen. Vielleicht ist das Thema einfach nicht genügend ausdiskutiert wor­den. Das würde ich annehmen, dass die Diskussion innerhalb der Fraktion durch andere Probleme überlagert war, was ich auch verstehen würde. (Abg. Dr. Grüne­wald: Auch außerhalb!)

Geschätzte Damen und Herren! Sie können diesem Fristsetzungsantrag heute zustim­men, dann kann alles wieder ins Reine kommen. Ich denke, das wäre auch wichtig, denn dieses Projekt verdient einfach eine gute und eindeutige Beschluss­fassung. Es sollte im Bundesrat nicht parteipolitisches Kleingeld gewechselt werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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17.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser; ebenfalls 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


17.45.19

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Kollege Brader, Ihnen sind zwei Gründe dafür eingefallen, was betreffend Gugging zu diesem Einspruch hat führen können, der dritte und eigentliche Grund ist Ihnen nicht eingefallen. Dieser wäre mir zunächst auch nicht eingefallen, muss ich zugeben, wenn nicht die Auskunftspersonen des Ministeriums im Bundesrats-Ausschuss derart desas­trös agiert hätten, dass die Bundesräte ganz entsetzt waren über die Unwissenheit und über die geringe Information und dann unterbrochen haben, weil man auf diesem Informationsstand keinen Beschluss fassen kann. (Rufe bei der ÖVP: Geh, geh!) – Das war der eigentliche Grund und nicht das, was Sie, Herr Kollege Brader, vermutet haben.

Frau Kollegin Brinek, zur Eile und zur Verunsicherung. – Wenn wir uns die Bilder vom letzten Herbst in Erinnerung rufen, was sich da an den medizinischen Universitäten in Österreich abgespielt hat, dieses Chaos, das da vorhanden war – da reden Sie von Verunsicherung?! (Abg. Dr. Brinek: Na sicher!) Angesichts dessen, was das Bildungs­ministerium unter der Führung von Ministerin Gehrer hier produziert hat, werfen Sie uns Verunsicherung vor?! Sie haben jahrelang nichts getan, wissend, dass diese Ent­scheidung möglicherweise kommen wird – nichts getan, mit niemandem geredet! –, und dann auf einmal ist es sehr eilig geworden. Nachdem der EuGH entschieden hat, haben Sie total überhastet agiert.

Niemand – niemand in der Europäischen Union, niemand in der Europäischen Kom­mission – hätte uns dazu gezwungen, bereits im letzten Herbst eine Regelung zu treffen. Aber nein, das musste von heute auf morgen geschehen, noch vor dem Sommer, innerhalb kürzester Zeit, und dann das Chaos. Und jetzt reden Sie von Verunsicherung? Das ist ja wirklich lächerlich! (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.)

Sie hätten es relativ leicht haben können, wirklich leicht, dass der Bundesrat keinen Einspruch erhebt. Sie hätten nur auf die Forderungen, die wir hier in diesem Zusam­menhang erhoben haben, eingehen müssen. (Abg. Dr. Brinek: Die sind ja unrealis­tisch!) Die Forderungen waren relativ einfach. Wir waren uns darüber einig, dass im Bereich der Medizin eine Sondersituation herrscht und dass hier Begrenzungen notwendig sind, aber weshalb in der Biologie, in der Pharmazie, in der Psychologie, in der Betriebswirtschaft und in der Publizistik nach wie vor die Beschränkungen aufrecht­erhalten werden müssen, das verstehen wir nicht. Das halten wir aus zweierlei Gründen für kontraproduktiv.

Der erste Grund – ich habe Ihnen das schon im Ausschuss gesagt, und Sie müssten fallweise ein bisschen zuhören und nicht nur immer reden, dann täten wir uns vielleicht auch leichter –: Es gibt für die Medizin gute Begründungen, die wir der Europäischen Kommission gegenüber in einem weiteren Verfahren, und damit müssen wir rechnen, durchaus argumentativ vortragen können. Es gibt aber, nach dem, was sich jetzt an den Universitäten abspielt, wo teilweise überhaupt auf diese Aufnahme­beschrän­kun­gen verzichtet worden ist, für die Psychologie, für die Biologie und für andere Fächer diesen Grund nicht. Das heißt, es wird von vornherein provoziert, sodass die Europäische Kommission in diesem Bereich ja agieren muss.

Meine Vermutung, weshalb Sie in diesen Fächern nicht verzichten wollen: Sie wollen auf der einen Seite mit dieser Regelung jetzt kurz vor den Nationalratswahlen wieder über dieses Chaos drüberkommen, das ist verständlich, Sie wollen aber andererseits auch die Zugangsbeschränkungen über die Nationalratswahlen drüberretten, damit Sie sie nämlich dann als Trumpfkarte haben, mit wem immer Sie verhandeln wollen, um sagen zu können: Die Zugangsbeschränkungen haben wir! – Und das ist der Preis für eine Aufhebung der Zugangsbeschränkungen.


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Das ist der wahre Grund, weshalb Sie hier nicht nachgegeben haben. Daher dürfen Sie sich nicht wundern, dass der Bundesrat die Position, die wir im Nationalrat vertreten haben – es war exakt dieselbe –, auch in seinem Einspruch wiederholt hat. Es ist nur verständlich, dass der Bundesrat seine Rechte hier auch wahrnimmt. (Beifall bei der SPÖ.)

17.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Bleckmann. 5 Minuten Redezeit auch für Sie, Frau Abgeordnete. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


17.50.01

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Hohes Haus! Ich beginne auch mit Gugging: Ich bin schon sehr gespannt, wie jetzt im Bundesrat im Endeffekt das Verhalten der SPÖ sein wird. Hier im Plenum wurde ja doch zugestimmt, im Bundesrat wurde vertagt. Wir sind sehr gespannt, wie sich die Bundesräte diesbezüglich verhalten werden, ob sie genau den gleichen Zickzackkurs einschlagen werden wie Sie in der Diskussion um Gugging, wo Sie einmal dafür, einmal dagegen, einmal dafür, einmal dagegen waren. Wir sind sehr gespannt, ob sich das Dafür im Nationalrat – Dagegen im Bundesrat fortsetzen wird oder ob Sie Ihre Bundesratsfraktion doch auf Ihre Seite bringen werden, ob sie sich bei ihrem Abstimmungsverhalten dem der Gesamtfraktion anschließen werden oder nicht. Wie gesagt, es wurde vertagt, wir sind schon sehr gespannt.

Bis zu einem gewissen Grad ist das Abstimmungsverhalten im Bundesrat ja verständ­lich. Auch Sie haben hier einmal dagegengestimmt, also stimmt auch der Bundesrat dagegen. Aber Sie wissen schon auch, dass durch diese Verzögerung, die jetzt statt­findet, die Universitäten die Regelung, die sie so notwendig brauchen, nicht so rasch und so schnell, wie sie sie brauchen würden, erhalten können, Herr Kollege Nieder­wieser. Sie verzögern somit eine notwendige Regelung, und das halte ich für nicht tragbar und den Universitäten zumutbar!

Da Sie noch einmal Ihre Begründung angeführt haben, muss ich Ihnen noch einmal sagen: Für die Medizin – und das wissen Sie genauso gut wie ich – gibt es deshalb die Möglichkeit, diese Regelung zurückzunehmen, weil wir nachweisen können, dass die Homogenität in Österreich gestört ist. Das heißt, es konnte nachgewiesen werden, dass wir, wenn weiterhin so viele ausländische Studierende bei uns Medizin studieren, die medizinische Versorgung in Österreich durch österreichische Ärzte, die dann auch in Österreich bleiben und uns versorgen – wir alle brauchen medizinische Versorgung, damit wir unsere Gesundheit erhalten können –, nicht sicherstellen können. Deshalb ist es möglich, diese Regelung zurückzunehmen.

In den anderen Fächern, das wissen Sie genauso gut wie ich, ist das nicht nachzu­weisen. Auch der Ansturm auf die Psychologie in Salzburg, den Sie prognostiziert haben, ist nicht eingetreten. Das müssen Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen. Deshalb kann man diese Regelung nicht zurücknehmen, weil das eben nicht einge­treten ist. Lassen Sie doch bitte die Dinge dort, wo sie sind! Für die Medizin ist es möglich, deshalb auch diese neue Regelung, bei den anderen Fächern war es nicht möglich.

Es war sehr gut, dass wir hier rasch reagiert haben und sofort nach Eintreffen des EU-Gerichtshof-Entscheides eine Regelung getroffen haben. Die EU hat uns dazu aufgefordert, und es war notwendig, diese Regelung zu treffen. Ich möchte nicht wissen, was Sie gesagt hätten, wenn wir uns jetzt ein Jahr Zeit gelassen hätten mit dieser Regelung. Da hätten Sie wieder gesagt, die Regierung sei säumig, die Regie­rung mache nichts. Jetzt haben wir rasch gehandelt – jetzt werfen Sie uns vor, wir


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haben zu rasch gehandelt! Also wie man es macht, macht man es falsch. Der Opposition und Ihnen kann man es somit nie recht machen; das ist damit auch klargestellt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sehr interessant ist auch, dass Sie sich jetzt schon Gedanken machen über die Regierungsverhandlungen nach der Wahl. Sie stellen somit wirklich fest, Sie sind schon im Wahlkampf. Sie wollen hier auch gar nicht mehr inhaltlich, sachlich arbeiten, sondern Sie überlegen schon ein Zuckerl für die kommenden Regierungs­verhand­lungen, ein Faustpfand, um es gegen etwas anderes einzutauschen, wenn ich Ihre Worte richtig verstehe. Also Sie befinden sich gedanklich schon in Regierungs­verhand­lungen.

Ich sage Ihnen: Schlagen Sie zuerst einmal die Wahl, überlegen Sie, was Sie tun im Zusammenhang mit Postenschacher und anderen Bereichen, und überlegen Sie, wie Sie hier vorgehen, bevor Sie sich schon jetzt über Regierungsverhandlungen Gedan­ken machen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Auch für Sie 5 Minuten Redezeit, Herr Abgeordneter. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim – in Richtung der Abg. Dr. Bleckmann –: Eile mit Verstand, das wäre ein Ziel, das Sie verfolgen sollten!)

 


17.54.17

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Mir ist schon klar, dass man in der Bildungspolitik teilweise noch, zumindest von konservativer Seite, Zensuren austeilt, aber wenn ich jetzt immer höre, die Opposition würde nicht staatsmännisch handeln, dann frage ich Sie schon – und, bitte, geben Sie mir eine Antwort –, wie viele staatsmännische und -frauliche Reden von Regierungs­seite wir hier verfolgen durften. Die Antwort wird mir keinen Grund dazu geben, vor Ihnen in die Knie zu gehen oder auf die Knie zu fallen.

Wer „verunsichert“ – ein zweites übles Schlagwort –? Die Regierung hat seit Jahren gewusst, dass, wenn nur eine Studentin aus der EU gegen Österreich klagt, dieses EU-Gerichtshofurteil negativ für Österreich ausfallen wird. Die österreichische Position war nicht haltbar, das hat das Ministerium mit seinem maßgebenden Sektionschef gewusst.

Wie hat Gehrer argumentiert – und das ist verunsichernd –? Sie hat gesagt, sie könne erst handeln, wenn sie das Urteil schriftlich in der Hand habe, sie arbeite nicht für die Schublade. Sollte da jetzt jemand den Kopf schütteln, dann stellen Sie sich vor, Sie sind angeklagt, holen einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin und der oder die sagt: Ich kann erst handeln, wenn das Urteil gesprochen wird! Da werden Sie sich an den Kopf greifen; es verbietet mir mein Anstand, das nun hier auch zu tun. (Abg. Kößl: Das ist ja kein Vergleich!) Das ist ein sehr passender Vergleich.

Wer hat verunsichert? – Das war die Bundesregierung, indem sie sich für das Urteil ungenügend gewappnet hat.

Darauf folgt das zweite Schlagwort: „Zickzackkurs“. Man kann das Leben nicht in einer Art Abfahrtslauf bewältigen. Das Leben ist zu kompliziert, es ist auch einmal ein Slalom. Wer meint, er könne vom Start bis zum Ziel im Schuss hinunterfahren, reißt eine der so genannten berühmten Brezen – und das haben Sie uns dauernd vorge­spielt.

Ich sage Ihnen jetzt noch etwas. Wir haben die Situation für die Medizin schon erkannt und haben gesagt, in diesen sauren Apfel wird man beißen müssen, weil einem auf Grund der Zeitknappheit nichts anderes übrig bleibt. Aber wir stimmen nicht zu, weil


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völlig grundlos in allen anderen fünf Numerus-clausus-Fächern, die in Deutschland existieren, laut Ministerium in Gesamtösterreich nicht viel mehr als 350 Studienplätze gefehlt hätten. Diese hätte man bezahlen und auftreiben können, das wäre kein Problem gewesen – auch ohne rigide, überhastete Zulassungsbeschränkungen zu bewältigen. Sie wollten das nicht!

Es dreht sich nicht nur um die studierenden Frauen und Männer, sondern auch um deren Eltern, die verunsichert wurden. Können sie noch, dürfen sie noch, müssen sie jetzt lauter Einser haben oder müssen sie gut lächeln können? Wie sollen sie sich anziehen? Ich sage Ihnen etwas, Sie kommen ja von der Pädagogik, Frau Kollegin Brinek! Die Psychologen, viele Psychologen, viele Pädagogen sagen, die nun prakti­zierten Zulassungsverfahren haben eine Treffsicherheit, die zwischen 30 und 70 Pro­zent liegt, und sind, statistisch gesehen, nicht besser als die Maturazeugnisse. Welche Firma, Frau Kollegin, würden Sie als gut bezeichnen, die Leute anstellt mit einer Fehler- und Irrtumswahrscheinlichkeit von 30 bis 70 Prozent? Das ist doch nicht der Weisheit letzter Schluss.

Das waren gute Leute von der medizinischen Psychologie, die sich die Testverfahren angeschaut haben. Welche Eltern hätten Freude daran, würde sich eine wichtige Entscheidung ihrer Kinder wenige Wochen vor oder nach der Matura, also vor Studienbeginn so abspielen und hätte eine derart mangelnde Treffsicherheit? Die Eltern hätten keine Freude damit.

Drittens, wir reden hier immer nur so gescheit: Wo steht Österreich? Weltklasse-Uni? – Wir haben in Österreich verglichen mit der EU zu wenig Studierende und nicht zu viele. Natürlich kann man sagen, wir bewirtschaften Studienplätze, aber wir nehmen nicht hin, dass nicht mehr finanziert werden; um so viel mehr, wie Österreich braucht. Bildung ist eben kein Wert, wenn man sagt: Ich bin nicht bereit, das zu bezahlen.

Ich möchte zumindest europäischen Schnitt bei den Bildungsstandards erreichen, und dazu, Sie wissen es, würden wir 100 000 Studierende mehr brauchen. Um die Be­treuungsverhältnisse im internationalen Vergleich anzuheben, würden wir 25 Prozent mehr Hochschullehrer brauchen. – Das ist die Verunsicherung, der Sie nicht Rechnung tragen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Molterer und Scheibner, dem Ausschuss für Wissenschaft und Forschung zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates gegen den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird, eine Frist bis 19. Mai 2006 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Fristsetzungsantrag ist somit angenommen.

18.00.12Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die Verhandlungen über den Tagesordnungspunkt 4 wieder auf.

Zu Wort kommt als Nächster Herr Klubobmann Scheibner. Wunschredezeit: 5 Minu­ten. – Bitte.

 



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18.00.27

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Frau Außenminis­terin! Meine Damen und Herren! Wir haben schon einige Male hier im Hohen Haus über die Erweiterung der Europäischen Union diskutiert, und heute haben wir hier als Verhandlungsgegenstand die Ratifizierung der Beitrittsverträge für Rumänien und Bulgarien. Ich möchte jetzt nicht alles wiederholen, was ich hier dazu schon gesagt habe, sondern nur noch einmal betonen, dass wir beziehungsweise meine Fraktion dieser Ratifizierung zustimmen wird, weil wir bei dieser Erweiterungsrunde neben den Nachteilen und Problemen, die es hinsichtlich der Einbindung von Rumänien und Bulgarien als Vollmitglied in die Europäische Union geben wird, trotzdem für Österreich mehr Vorteile als Nachteile erkennen.

Österreich ist in beiden Ländern der größte Investor im wirtschaftlichen Bereich. Deshalb wird es für uns, vor allem für unsere Wirtschaft, absolut ein Vorteil sein, wenn diese beiden Länder jetzt auch als Vollmitglieder in die Europäische Union einge­gliedert werden.

Es ist auch im Bereich der Sicherheitspolitik für uns von Vorteil. Wir wissen, dass Österreich mit vielen seiner Sicherheitsprobleme, Kriminalitätsprobleme, die auch durch Kriminaltouristen aus diesen beiden Ländern verursacht werden, als Grenzland von Schengen konfrontiert ist. Deshalb haben wir ein Interesse, mit diesen beiden neuen Mitgliedsländern der Europäischen Union dann intensiver als bisher an der Bewältigung dieser Probleme zu arbeiten.

Es ist für uns auch von Interesse, die Sicherheitsstandards, die Justizstandards und auch die Standards gegen Korruption zu erneuern und zu verbessern. Auch dies­bezüglich ist das Beitrittsverfahren von großer Bedeutung.

Klar ist aber auch – und diese Entscheidung steht noch aus –, dass beide Länder die vorgegebenen Kriterien und auch die Auflagen, die erteilt worden sind, erfüllen müssen, denn sonst – und da gehen wir davon aus, dass da nach objektiven Kriterien vorgegangen wird – muss der Beitritt um ein Jahr verschoben werden. Wir hätten uns durchaus auch damit anfreunden können, dass man die Ratifizierung erst nach der Entscheidung der Kommission macht. Allerdings weiß man heute noch nicht genau, wann diese Entscheidung von der Kommission getroffen wird. Außerdem geht es hier nicht um den Beitritt an sich, denn der ist schon beschlossen, sondern nur um den Zeitpunkt des Beitritts.

Wir wissen, dass in Österreich im Herbst Nationalratswahlen stattfinden werden und dass gar nicht sicher ist, dass noch vor dem Sommer diese Entscheidung der Kommission hier im Plenum verabschiedet werden wird. Das könnte auch noch im Juli sein. Deshalb ist es sinnvoll, es jetzt noch zu machen, ohne große Wahlkampf­aufregung und Diskussion. Und es wird ja hier mit großer Mehrheit beschlossen werden. – Das zum EU-Beitritt von Rumänien und Bulgarien.

Auf der anderen Seite muss man hier auch klar zum Ausdruck bringen, dass die Kriterien für die EU-Erweiterung von Seiten der Europäischen Union noch nicht erfüllt sind, etwa die Europäische Verfassung. Das wäre eigentlich schon die Voraussetzung für die erste große Erweiterungsrunde um weitere zehn Mitglieder gewesen. Diese Erweiterung ist umgesetzt worden, ohne dass die Voraussetzungen, wie etwa die Europäische Verfassung oder die Neuordnung der EU-Strukturen, von der EU erfüllt worden wären.

Ich hoffe – die EU-Ratspräsidentschaft Österreichs hat sich das ja auch zum Ziel gesetzt –, dass man Anstrengungen unternehmen wird, zumindest Ideen zu disku­tieren, wie die Europäische Union noch zu diesen neuen Strukturen, zu den neuen Handlungsweisen kommt und wie sich die Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union


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definiert, denn das wird für die Zukunft von großer Bedeutung sein. Zum einen werden ja weitere Erweiterungen diskutiert, etwa um Kroatien – das unterstützen wir; aber auch da müssen die Kriterien auf beiden Seiten erfüllt werden –, und zum anderen geht es darum, verloren gegangenes Vertrauen bei der Bevölkerung zurückzu­gewin­nen, nämlich in dem Sinne, dass man nicht Kriterien aufstellt, um sie dann gleich wieder zu missachten, sondern dass man in diesem Bereich die Messlatte hoch legt und das auch entsprechend umsetzen muss.

Klar möchte ich hier aber auch zum Ausdruck bringen, dass die EU-Erweiterung ihre Grenzen hat, dass man etwa bei Ländern, die zwar geographisch teilweise zu Europa gehören, bei denen aber absehbar ist, dass sie von ihrem Weltbild her, von ihrer Gesellschaftsordnung her in den nächsten 15, 20, 30 Jahren nie das Wertesystem der Europäischen Union werden erreichen können, ehrlicherweise – ich spreche da von der Türkei – sagen müsste: Verhandlungen für eine Vollmitgliedschaft sind der falsche Weg, denn das dauert 15, 20 Jahre und führt vielleicht gar nicht zu einem Abschluss.

Da wäre es ehrlicher, zu sagen, dass man versucht, mit diesen Ländern andere Kooperationsmöglichkeiten zu schaffen. Ich habe einmal vorgeschlagen eine Art Partnerschaft für Europa, wo man maßgeschneiderte Kooperationen auf bilateraler Ebene für diese Länder sucht.

Es gibt ja in Europa auch noch andere Länder – etwa die Ukraine oder irgendwann einmal später vielleicht auch Weißrussland, dann, wenn auch dort die Demokratie zum Durchbruch kommt –, wo man weiß, dass es auf Grund der Größe und der Strukturen ebenfalls sehr, sehr viele Jahre dauern wird, wenn es überhaupt jemals dazu kommt, bis diese Länder Mitglied werden können. Vielleicht wollen diese Länder das auch gar nicht, aber trotzdem sind das wichtige Staaten in unserem Umfeld, mit denen auch die Europäische Union enge Kontakte pflegen sollte. Aber Vertragsverhandlungen über eine Vollmitgliedschaft wären auch dort der falsche Weg.

Also in dieser Hinsicht wäre der Mut zur Ehrlichkeit auch in der Europäischen Union gefordert, es wäre, um jetzt Probleme beiseite zu schieben, unklug, zu sagen: Jetzt fangen wir halt einmal zu verhandeln an!, obwohl man weiß, dass man erst irgendwann in 20 Jahren zu einem Ergebnis kommen wird – zu einem Zeitpunkt, zu dem die Politiker beziehungsweise die Entscheidungsträger, die heute diese Entscheidung treffen, sicher nicht mehr die Folgen dieser Entscheidung zu verantworten haben wer­den. Es wäre ehrlicher, zu sagen: Nein, das wird nicht gehen, versuchen wir andere, raschere Kooperationen umzusetzen! – Diese Frage wird uns noch einige Zeit begleiten.

Dem EU-Beitritt von Rumänien und Bulgarien stimmen wir zu, denn er bringt sowohl Vorteile für die Union als auch Vorteile für Österreich. Aber auch bei diesen beiden Ländern werden die Kriterien zu überprüfen und einzuhalten sein, und zwar auch, bevor sie Mitglied werden.

Wir hatten mit diesen beiden Ländern schon viele Kontakte auf parlamentarischer Ebene und werden sie auch in Zukunft noch haben. Wir sehen dort durchaus das Bemühen, dass man sich in die europäische Familie einklinkt. Ja ich muss sagen: Ich sehe bei diesen beiden Ländern sogar ein wesentlich größeres Bemühen als bei manchen Ländern, die in der letzten Erweiterungsrunde mit dabei gewesen sind, wo wir diese Bereitschaft leider vermissen mussten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.07

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 



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18.08.04

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, dass wir diesen Vertrag heute hier im Nationalrat ratifizieren werden. Besonders hat mich die Ankün­digung des Kollegen Scheibner gefreut, der gesagt hat, dass seine gesamte Fraktion diesem Ratifizierungsvertrag zustimmen wird. Ich hoffe, dass das auch wirklich der Fall sein wird. Wir werden das ja dann am Ende dieser Debatte sehen. Herr Kollege Scheibner, ich hoffe, dass Ihr Wort für die gesamte Fraktion gilt und nicht nur für einen Teil davon.

Von unserer Seite her, von Seiten der Grünen war es immer klar, dass wir den Beitritts­bemühungen Rumäniens und Bulgariens positiv gegenüberstehen – wohl wissend um die Schwierigkeiten, die es gibt, aber immer in dem Bewusstsein, dass diese beiden Staaten integraler Bestandteil Europas sind und dass es keinen Weg daran vorbei gibt, sie zu integrieren, und dass es auch klar ist, dass es von Seiten der Europäischen Union auch weiterhin, so wie in der Vergangenheit, große Unterstützung geben muss, damit diese Staaten der EU beitreten können, damit sie den Acquis communautaire erfüllen können, damit sie tatsächlich weitere Schritte in die richtige Richtung gehen können.

Vor kurzem hat mich eine bulgarische Journalistin gefragt – wahrscheinlich passiert das auch vielen von Ihnen des Öfteren –, wie es denn dazu kommt, dass in Österreich, einem der Länder, die am meisten, und zwar vor allem wirtschaftlich, von der Ostöff­nung und von der letzten EU-Erweiterungsrunde und auch von der Öffnung Bulgariens und Rumäniens profitiert haben, die Stimmung gegen diese EU-Beitritte so gravierend negativ ist. Wie wahrscheinlich viele von Ihnen versuche auch immer wieder Antworten zu geben, die das zu erklären versuchen. Ein Antwortversuch ist der, zu sagen: Na ja, es ist leider nicht immer so, dass die Gewinne, die die Unternehmen machen, so verteilt werden, dass auch die Beschäftigten oder Leute, die gerade keinen Job haben, merken, dass auch ihnen das zugute kommt, und wenn wir gleichzeitig steigende Arbeitslosenzahlen haben, dann sehen die Leute nicht, was ihnen das jetzt bringt! – Das ist wohl ein Grund dafür.

Ein anderer Grund besteht wohl darin, dass es in den letzten Jahren immer noch zu wenig an tatsächlichem Austausch und an Versuchen des Kennenlernens und des Verstehens gegeben hat. Auf parlamentarischer Ebene hat es viele Reisen, Besuche et cetera gegeben, zum Teil auch im Bereich der Universitäten, aber zu wenig zum Beispiel im Bereich der Schulen.

Es gibt, glaube ich, immer noch zu wenig an tatsächlichem Bemühen, zu erfahren, wie die Leute dort leben, welche Probleme sie haben und welche Schwierigkeiten diese Transformationsprozesse mit sich bringen. Es ist ja nicht so einfach, innerhalb von 15 Jahren von einem System, und zwar einem System, das man sozusagen im Kopf mitgelernt hat, auf ein ganz anderes umzusteigen. Dass es da zu Schwierigkeiten kommt, dass da Reibungsverluste, oder wie immer Sie das nennen wollen, entstehen, ist ja klar.

Gerade Rumänien und Bulgarien zeigen – wie die anderen zehn schon bei der letzten großen Erweiterungsrunde beigetretenen Staaten, nämlich jene, die einem ganz ande­ren System angehört haben – sehr starke Bemühungen in vielen Bereichen, und diese Bemühungen werden, denke ich, durch die Aussicht, dass sie beitreten werden, anerkannt – unabhängig davon, ob es der 1. Jänner 2007 sein wird, für den wir uns einsetzen, oder der 1. Jänner 2008 oder der 1. Juli 2007, über den auch schon gesprochen wurde, das ist, finde ich, nur mehr ein Detail am Rande. Ich wünsche mir, dass es der 1. Jänner 2007 sein wird, aber wir werden sehen, was der Kommissions­bericht aussagt und was die Kommission dann dem Rat empfehlen wird.


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Zu diesem Thema, dazu, was die Kommission dem Rat empfehlen wird, werden wir hoffentlich, wie vereinbart, in einem EU-Unterausschuss oder im Hauptausschuss dann, noch bevor der entsprechenden Rat dazu stattfindet, eine ausführliche Diskus­sion durchführen, diesen Bericht im Detail diskutieren – und nicht nur 10 Minuten zwischen Tür und Angel. Dies sei an Sie alle gerichtet und auch an die Ministerin, nämlich dass es dann auch genügend Zeit geben soll, das im Nationalrat zu diskutieren.

Neben dem Lob für das Erreichte und das Bemühen der beiden Staaten, um die es jetzt geht, möchte auch ich wie viele andere nicht verschweigen, wo es tatsächlich noch Probleme gibt. Da geht es mir genauso wie bei den anderen Staaten, auch jenen des Westbalkans, aber auch wie bei der Türkei, um Folgendes: Der Prozess ist das Wichtige – der Prozess, in dem die Transformation stattfindet und wo wir darauf bauen, dass das Ziel, nämlich eine wirkliche Rechtsstaatlichkeit, ein Ende der Korruption et cetera, auch tatsächlich erreicht wird.

Es gibt noch Schwierigkeiten sowohl in Rumänien als auch in Bulgarien, etwa im Be­reich der Rechtssicherheit oder im Bereich der Korruptionsbekämpfung. Aber ich habe auch ein sehr positives Beispiel gefunden, und zwar bezüglich Bulgarien. Dort hat vor kurzem, Anfang April, der Generalstaatsanwalt in Sofia angekündigt, dass er die Immunität von jenen Abgeordneten, denen gesetzeswidrige Bereicherungen, Schmug­gel, sexueller Missbrauch von Minderjährigen und Amtsmissbrauch vorgeworfen wird, aufheben will. Er hat gesagt, dass das tatsächlich auch geschieht. Es werden nicht die „großen Fische“ unbehelligt gelassen, es ist nicht so, dass denen nichts geschieht, während Korruption im Kleinen sehr wohl verfolgt wird. Gerade im Bereich der Korruptionsbekämpfung ist es wichtig, klar zu machen, dass das auch für ganz oben gilt – wenn man diese Systemen so sehen will, mit einem Oben und einem Unten. Es wird also klar gemacht, dass auch im Parlament Korruption nichts verloren hat und dass auch diese Leute vor Gericht gestellt werden.

Das sind ganz wichtige Schritte, die über die einzelnen Personen hinaus auch noch Symbolcharakter für die gesamte Gesellschaft haben: dass klar ist, dass niemand davonkommt, auch nicht die so genannten Großkopferten. Das sind, wie gesagt, ganz wichtige Schritte.

Im Bereich der Minderheit der Roma haben beide Staaten wirklich noch viel zu tun. Es ist aber auch in anderen, schon der Europäischen Union angehörenden Staaten so, dass da noch nicht alles rosig ist. Ich hoffe sehr, dass der Plan des „Jahrzehnts der sozialen Eingliederung der Roma von 2005 bis 2015“ tatsächlich Fortschritte bringt, etwa im Bereich der Wohnraumverbesserung. Wichtig wären strategische Konzepte, wie diese soziale Eingliederung aussehen könnte, und nicht nur einzelne Aktivitäten.

Der Bereich des Menschenhandels ist einer, der ganz Europa betrifft: jene Länder, die Transitländer sind, jene Länder, die Herkunftsländer sind, und auch jene Länder, die so genannte Empfängerländer sind. Es werden vor allem Frauen und Mädchen massiv gehandelt, zu wirklich sklavenähnlichen Bedingungen; das ist heute schon einmal thematisiert worden.

Es ist zum Beispiel sinnvoll, dass es da gute Zeugenschutzmaßnahmen gibt. Auch in Österreich sind wir noch nicht ganz so weit, dass die Opfer umfassend geschützt werden, dass sie nicht nur, wenn sie aussagen, bis zum Prozess legalen Aufenthalt im Land haben, sondern auch die Möglichkeit, hier Beschäftigung anzunehmen. Das sind Dinge, wo alle EU-Länder mit gutem Beispiel vorangehen müssten.

Sinnvoll wären zum Beispiel: Kooperation mit der Tourismusbranche, Verhaltenskodex gegen Kinderhandel, Handbuch für Behörden im Umgang mit sexuell ausgebeuteten Kindern. Da gibt es gute Ansätze, die in diesen beiden Ländern hoffentlich auch in


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Zukunft weiter vorangetrieben werden. Die Europäische Union muss auch nach dem Beitritt weiterhin eine Monitoring-Rolle haben, wo darauf geschaut wird: Werden diese Kriterien, werden diese Werte tatsächlich eingehalten?

Das ist, denke ich, nicht nur für die neuen Staaten notwendig, sondern so etwas müssen wir uns für die gesamte EU wünschen, denn wenn es um die viel proklamier­ten europäischen Werte geht, dann muss man sagen: Es war die Regierung Berlusconi mit der Beugung des Rechtsstaates, wie dies der zum Glück abgewählte Exregierungs­chef Italiens ständig getan hat, ja auch nicht das, was wir uns unter der „Einhaltung europäischer Werte“ vorstellen. Hier sind positive Beispiele notwendig! (Beifall bei den Grünen.)

Ich wiederhole noch einmal, wie wichtig diese Beitrittsprozesse sind, die Jahre des Transformationsprozesses, wo das Ziel des Beitritts die Motivation auch für die Men­schen in den Ländern selbst ist, das auszuhalten. Es ist nicht einfach, diese Prozesse mitzumachen, zu wissen, dass es sie Sicherheit, die sie früher zum Teil hatten, kostet, dass sie manche Möglichkeiten von früher nun nicht unbedingt mehr haben.

Diese Prozesse sind wichtig, und das gilt nicht nur für Rumänien und Bulgarien, sondern das gilt in den Augen der Grünen für den gesamten Westbalkan, und das gilt auch für die Türkei. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet hat sich nun Frau Bundes­ministerin Dr. Plassnik. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


18.17.17

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Sie befinden heute über einen Schritt hin zur Wiedervereinigung Europas, denn darum geht es letztlich beim EU-Beitritt von Rumänien und Bulgarien.

Die Wiedervereinigung Europas war und ist eines der großen strategischen Ziel­setzungen unserer Außenpolitik. Lange genug sind wir direkt an einer Bruchlinie quer durch den Kontinent gelegen, und wir haben die Nachteile einer Trennung Europas gesehen und selbst hautnah erlebt.

Morgen, am 27. April, jährt sich die Regierungserklärung von 1945. Schon dort finden wir diese Konstante in der österreichischen Außenpolitik. Ich zitiere:

„Österreich will in ungetrübter Freundschaft mit den Völkern des Donauraumes sich selbst leben und mit sämtlichen Nachbarn in Friede und Freundschaft zusammen­arbeiten zum Besten aller.“ – Zitatende.

Rumänien und Bulgarien sind Teil dieses Donauraumes. Von ihnen führen vielfältige Verbindungslinien nach Österreich, nach Wien – menschliche, kulturelle, politische, wirtschaftliche. Dieses Potential können wir erst dann voll nützen, wenn wir die alten Bruchlinien dauerhaft überwinden, wenn wir die europäische Stabilitätszone in den Donauraum ausdehnen und absichern. Das ist das Ziel der EU-Erweiterung um diese beiden Staaten.

Hohes Haus! Der EU-Beitritt Bulgariens und Rumäniens bringt uns Österreichern mehr Sicherheit, mehr Exportchancen und auch mehr Arbeitsplätze. Die Erfolgsstorys öster­reichischer Unternehmen in beiden Ländern kennen Sie: Eine Reihe von Unternehmen konnte eigentlich erst durch Engagements in Südosteuropa ihre europäische Posi­tionierung und damit langfristig österreichische Arbeitsplätze absichern.


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Die Entwicklung der Handelsbeziehungen zeigt diese ungeheure Dynamik und auch das Potential, mit dem wir es zu tun haben. Ein Rückblick auf die letzten 10 Jahre zeigt folgendes Bild:

1995 hat das Außenhandelsvolumen mit Rumänien nicht einmal 300 Millionen €, mit Bulgarien nur etwa 150 Millionen € erreicht.

2005 haben die Werte für Rumänien über 2 Milliarden €, für Bulgarien knapp 700 Millionen € betragen.

Unsere österreichischen Betriebe haben alleine 2005 schon einen Exportüberschuss von über 900 Millionen € erwirtschaftet.

Im Vergleich dazu beträgt der Anteil Österreichs an den EU-Ausgaben für die ersten drei Jahre der Mitgliedschaft Bulgariens und Rumäniens knapp 200 Millionen €. – So weit zu den Kosten der EU-Erweiterung.

Hohes Haus! Die Vorteile beschränken sich aber bei weitem nicht allein auf den ökonomischen Bereich. Die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit sowohl bilateral als auch im europäischen Rahmen, etwa via EUROPOL, wäre ohne Beitrittsaussichten nie so intensiv und insgesamt kooperativ verlaufen. Mehr Zusammenarbeit heißt mehr Sicherheit für alle.

Wie die Kommission in ihrem Zwischenbericht an das Europäische Parlament Anfang April dieses Jahres festgehalten hat, hat gerade Rumänien in diesem Bereich bedeutende Fortschritte gemacht: in der Justizreform, in der Korruptionsbekämpfung. Davon profitieren letztlich auch wir.

Auch die sehr schwierige Annäherung an die Umweltstandards der EU hätte es in diesem Maße ohne Beitrittsaussichten nicht gegeben, und ebenso wenig die völlige Stilllegung der Blöcke 3 und 4 des bulgarischen Kernkraftwerkes Kosloduj. Zum Jahrestag der Tschernobyl-Katastrophe möchte ich diesen Umstand – denn es handelt sich um Reaktoren der Tschernobyl-Bauart – besonders erwähnen.

Ein weiteres Thema, das gerade die österreichische Öffentlichkeit immer wieder sehr berührt hat, ist das Schicksal der Kinder in Rumänien, vor allem jenes der Straßen­kinder. Ich möchte an dieser Stelle den vielen Österreicherinnen und Österreichern danken, die sich für diese Kinder engagiert haben. Ihr Einsatz hat sich gelohnt. Es bleibt noch viel zu tun – und darauf ist hingewiesen worden –, die internationale Hilfe und die Entschlossenheit der rumänischen Regierung haben aber dazu geführt, dass die Lage der Kinder heute deutlich besser als noch vor wenigen Jahren ist. Das hat die Kommission in ihrem Zwischenbericht vor dem Europäischen Parlament ausdrücklich bestätigt.

Die Vorteile und Chancen liegen also auf der Hand. Wir haben es uns trotzdem nicht leicht gemacht. Bulgarien und Rumänien sind zeitgleich mit unseren mittel- und ost­europäischen Nachbarn in Richtung Europäische Union gestartet. Zur Erinnerung: In Luxemburg haben im Dezember 1997 die Staats- und Regierungschefs beschlossen – ich zitiere –, „einen Beitrittsprozess einzuleiten, der die zehn mittel- und osteuro­päischen Bewerberstaaten sowie Zypern umfasst“. – Ende des Zitates.

Der Weg von Rumänien und Bulgarien hat länger gedauert, weil wir, die Union, völlig zu Recht auf einer strikten Erfüllung der Beitrittsvoraussetzungen beharrt haben. Wir haben zu Recht mehr EU-Reife und EU-Fitness verlangt. Rumänien und Bulgarien sind also ein Teil der historischen fünften Erweiterungsrunde; es handelt sich damit keines­wegs um einen neuen, quasi unvermuteten Erweiterungsschub.

Die Beitrittsreife beider Länder war und ist Gegenstand intensiver Überprüfungen. Als zusätzliche Sicherung wurde – erstmals bei einer EU-Erweiterung – die Möglichkeit


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vorgesehen, das angestrebte Beitrittsdatum um ein Jahr zu verschieben. Die Kom­mission wird dazu am 16. Mai 2006 einen Bericht vorlegen, in dem sie, falls sie es für notwendig hält, eine derartige Verschiebung empfiehlt. Dann müsste der Rat, noch unter österreichischer Präsidentschaft, entscheiden.

Auch nach diesem Datum wird die genaue Beobachtung der Beitrittsvorbereitung, das so genannte Monitoring, fortgeführt. Das hat die Kommission angekündigt, und darauf werden wir auch gemeinsam mit unseren Partnern Wert legen.

Selbst nach dem EU-Beitritt wird es Schutzklauseln geben, wie wir sie schon von der Erweiterung 2004 her kennen. In den Bereichen Wirtschaft, Binnenmarkt sowie Justiz und Inneres können Schutzmaßnahmen gesetzt werden, wenn Bulgarien oder Ru­mänien ihren Verpflichtungen nicht nachkommen oder sonst schwere Mängel auf­treten.

Hohes Haus! Wir sind also – ich glaube, das kann man wirklich so sagen – behutsam und verantwortungsbewusst vorgegangen. Wir haben darauf geachtet, dass der EU-Beitritt Rumäniens und Bulgariens bestmöglich vorbereitet ist, und wir wollen diese Chance der Wiedervereinigung Europas nützen.

14 Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben den Beitrittsvertrag bereits geneh­migt. Wenn Sie zustimmen, wird Österreich das 15. Land sein. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dipl.-Ing. Mag. Regler. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


18.24.24

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Mit Bulgarien und Rumänien kehren zwei Staaten heim nach Europa. Es wird damit die unselige Trennung Europas nach dem Zweiten Weltkrieg überwunden.

Die Staaten, die damals durch die sowjetischen Truppen besetzt worden waren, konn­ten ja lange Zeit, über 40 Jahre, nicht an der wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben. Erst 1989, also mit dem Ende des realen Sozialismus, begann dort eine bessere Entwicklung hinsichtlich der Menschenrechte und der Demokratie sowie auch bei der wirtschaftlichen Entwicklung.

Der wirtschaftliche Aufschwung ließ am Anfang noch auf sich warten, weil es sogar einige Zeit dauerte, bis wieder die Wirtschaftskraft des Jahres 1989 erreicht werden konnte. Aber nunmehr haben wir dort ein sehr starkes Wachstum, nicht zuletzt dank der Investitionen aus Österreich.

Der historischen Dimension nach gehören sicher beide Länder zu Europa. Ich möchte das am Beispiel Rumäniens zeigen. Das Großfürstentum Siebenbürgen und der süd­liche Teil des Herzogtums Bukowina gehörten bis Herbst 1918 zu Österreich-Ungarn; wenn ich dann noch dazunehme, dass in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, als Österreich den nördlichen Teil des Balkans von den türkischen Truppen befreite, auch die kleine Walachei zu Österreich gehörte, dann war es so, dass der größere Teil des jetzigen Rumäniens irgendwann einmal zur Habsburger-Monarchie gehörte.

Wie die Frau Bundesministerin schon gesagt hat, begannen Ende der neunziger Jahre Verhandlungen mit insgesamt zwölf Staaten über den EU-Beitritt. Mit fünf Staaten gingen die Verhandlungen rasch voran, ein Jahr später hatten fünf weitere Staaten aufgeschlossen. Das Ergebnis war der „Big Bang“, in dem am 1. Mai 2004 zehn Staaten beigetreten sind.


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Die ganze Zeit wurde daneben mit Bulgarien und Rumänien verhandelt. Auch wenn es langsam voranging, kann man nun mit einiger Vorsicht doch sagen, dass beide Staaten tatsächlich in die Nähe der EU-Reife gekommen sind.

Wir diskutieren jetzt auch immer die Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union; die ist bei diesen beiden Staaten sicher gegeben. Erstens gibt es von der Größenordnung her kein Problem: Bulgarien hat etwa so viele Einwohner wie Österreich, Rumänien hat drei Mal so viele Einwohner wie Österreich; das ist also von der Größenordnung her zu verkraften. Im Vertrag von Nizza ist die Funktionsfähigkeit der Organe der Euro­päischen Union bereits auf 27 Staaten abgestimmt worden. Auch die Zahl der Mitglieder im Europäischen Parlament wurde bereits für diese 27 Staaten festgelegt.

Wie wir gehört haben, haben schon 16 Staaten die Ratifikation beschlossen; auch Bulgarien und Rumänien haben ja die Ratifikation bereits durchgeführt. Es erscheint mir sehr wichtig, dass wir gerade jetzt, da wir die EU-Präsidentschaft innehaben, auch hier dieses Zeichen setzen und diese beiden Staaten innerhalb der EU willkommen heißen.

Nicht verabsäumen möchte ich es aber, bei dieser Gelegenheit noch darauf hinzu­weisen, dass aus unserer und aus meiner persönlichen Sicht auch der Westbalkan zu Europa gehört. Die Staaten von Kroatien im Norden bis Mazedonien im Süden, dazwischen Serbien, Montenegro, der Kosovo, Bosnien-Herzegowina und Albanien, sind sicherlich ein Teil Europas.

Von der Größe her gibt es mit Sicherheit kein Problem, denn alle diese Staaten zusam­men haben etwa so viele Einwohner wie Rumänien. Das Problem liegt in der Funktionsfähigkeit der EU-Organe, die vorher entsprechend angepasst werden müss­te. Dennoch müssen wir, glaube ich, sagen: Die Zielvorstellung für diese Staaten muss der Vollbeitritt zur Europäischen Union sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Schieder. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


18.28.56

Abgeordneter Dr. h.c. Peter Schieder (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Sehr geschätzte Damen und Herren! Meine Fraktion stimmt den beiden Beitritts­verträgen zu. Wir freuen uns für und mit Bulgarien und Rumänien, dass sie in die Europäische Union kommen, und wir sind der Meinung, dass damit gezeigt wird – auch mit der Ratifizierung zum jetzigen Zeitpunkt –, dass unser Interesse an den Ländern nicht nur ein wirtschaftliches, sondern ein menschliches, ein politisches und ein gesell­schaftliches ist.

Wir haben gesehen, wie sich auch in diesen Ländern die Parlamente für die Fort­schritte eingesetzt haben, und wir sollten auch den Parlamenten beider Länder aus diesem Anlass unsere Grüße übermitteln. Die Rolle der Parlamentarier aus beiden Ländern war in diesen vergangenen Jahren eine auch im europäischen Maßstab wirklich beeindruckende. (Allgemeiner Beifall.)

Es haben in diesem Zusammenhang die Frau Bundesministerin von einer „Wieder­vereinigung Europas“ und mein Vorredner von einer „Heimkehr nach Europa“ gesprochen. – Ein bisschen habe ich das Gefühl, dass da etwas nicht ganz zusammenpasst, nämlich: Um 11.30 Uhr haben wir in der Debatte über den Europarat gesagt, all diese Länder sind wirklich in Europa seit der Zeit, als sie dem Europarat beitraten, und das ist das gesamte Europa – um 11.30 Uhr war es so –, aber jetzt, um 18.30 Uhr, wird wieder der Stehsatz verwendet, dass das erst jetzt Europa ist.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 175

Ich glaube, wir sollten uns zu der Lesart durchringen, dass der Weg in die euro­päischen Institutionen für diese Länder schon vor mehr als eineinhalb Jahrzehnten begonnen hat, dass die erste wirklich große Reifeprüfung der Beitritt zum Europarat war und dass jetzt durch den EU-Beitritt auch wirtschaftlich der große Integrations­schritt in dieses Europa erfolgt. Beides ist wichtig, doch das Erste, nämlich die Mitgliedschaft und Arbeit im Europarat, die Reformen, die notwendig waren, um ihm beizutreten, hat geholfen, dass der Weg in die Union nicht so lang gewesen ist.

Was den Zeitpunkt des EU-Beitritts betrifft, weiß ich nicht, wie es ausgehen wird: 2007 oder 2008. Es mehren sich die Zeichen, dass es 2007 heißen wird und dass ein Monitoring oder weitere Auflagen kommen werden. Ich möchte sagen, dass die Erfahrungen im Europarat mit dem Monitoring dort, wo es um technische Dinge geht, sehr gute sind; die kann man leichter drinnen als draußen erfüllen. Wo es um große inhaltliche Brocken geht, dort ist der Druck des Beitritts sicherlich ein besserer, wenn das Land noch nicht drinnen ist. Wir hoffen, dass es für beide Länder sehr rasch geht.

Sicherlich muss es auch unser Interesse sein, dass hier ein faires, rechtlich über­prüfbares Verfahren und nicht irgendeine neue Einrichtung geschaffen wird, die dann eigentlich eine europäische Willkür gegenüber den beiden Ländern darstellt. Es muss auch durch sie erfüllbar und überprüfbar sein, und es muss ihre Mitwirkung gesichert sein, wenn es zu irgendeinem Verfahren kommt.

Wir müssen uns außerdem darüber im Klaren sein, dass, wenn es dazu kommt, ein neues Instrument geschaffen wird, das auch in Zukunft Gültigkeit hat. Man sollte sich daher genau anschauen, was da eigentlich ins Auge gefasst wird. Mir wäre es am liebsten, die Fortschritte erfolgen in beiden Ländern so rasch, dass der Beitritt mit 1. Jänner 2007 ohne ein neues, großes, aufwendiges Verfahren möglich ist.

Beide Länder haben darüber geklagt, dass man jetzt Kriterien anwendet, mit denen man schärfer und härter vorgeht, als es bei anderen der EU beitretenden Staaten der Fall gewesen ist. Es ist auch mein Eindruck, dass es in der Union so ist. Ich glaube, der Schluss daraus müsste allerdings folgender sein: Erstens ist es gut so, wenn die Kriterien schärfer sind; aber zweitens darf das nicht nur für den jeweiligen neuen Beitrittskandidaten gelten, sondern das muss auch ein Maßstab werden, dem von den bisherigen, schon vorhandenen Mitgliedern in Zukunft zu entsprechen ist. Wenn wir strenger sind, dann müssen wir strenger zu allen und auch zu uns selbst sein.

Ein letzter Punkt, den ich erwähnen möchte: Ich glaube auch, dass es stimmt, dass das noch Beitritte aus der anderen Runde sind. Gleichzeitig ist es natürlich auch schon der Beginn der Westbalkan-Frage, des Westbalkan-Beitritts selbst. Daher müssen wir darauf achten, dass kein „Loch“ im Balkan entsteht zwischen denen, die wenige Chancen haben, denen, die drinnen sind, und denen, die hineinkommen werden.

Ich bin daher auch der Meinung, dass wir so viele ausgleichende Maßnahmen setzen müssen, so viel Hilfe für alle in diesem Bereich leisten müssen, dass die gesamte Region Nutznießer davon ist und dass keine neuen Spannungen entstehen. Das ist nicht nur im Interesse des Westbalkans, sondern das ist auch im Interesse unseres Landes und der Europäischen Union insgesamt. (Allgemeiner Beifall.)

18.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


18.34.51

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Chronologie dieser Beitritts­bemühungen, dieses Beitritts der beiden Länder Bulgarien und Rumänien ist bekannt:


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Der Abschluss der Verhandlungen war im Dezember 2004, und der Beitritt ist, wie wir wissen, für den 1. Jänner 2007 vorgesehen; er könnte auch im Juli 2007 oder mit 1. Jänner 2008 erfolgen. Wir wissen noch nicht, wann der Monitoring-Bericht vorliegen wird, aber es ist davon auszugehen, dass, da bis zum jetzigen Zeitpunkt ein Großteil der Kapitel abgeschlossen werden konnte, der Weg ein guter ist und der Beitritt dadurch absehbar ist.

Die Entwicklung der beiden Länder im wirtschaftlichen Bereich ist, wie ich meine, nach anfänglichen Schwierigkeiten eine sehr, sehr positive. Österreich nimmt dabei, was die Wirtschaftsbeziehungen anbelangt, eine besondere Rolle ein. So zeigt sich im Bereich des Handels und der Investitionen, wenn ich die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Bulgarien und Österreich heranziehe, dass 2003 die Einfuhren aus Bulgarien um 32 Prozent gesteigert werden konnten, im Jahr 2004 um weitere 31 Prozent; die Ausfuhr nach Bulgarien wuchs im Jahr 2003 um 11 Prozent, 2004 waren es über 32 Prozent.

Österreichische Unternehmungen sind in Bulgarien die Spitzeninvestoren, und weitere wollen, wie wir wissen, in Bulgarien einsteigen. Die größte Firma in Bulgarien ist im Übrigen ein österreichisches Unternehmen, nämlich der Handybetreiber MTel. Es ist also nachvollziehbar, dass Österreich, was diese Investitionen anbelangt, Platz eins einnimmt; das sind rund 17 Prozent des gesamten Investitionsvolumens von Firmen aller möglichen Länder.

Wir wissen – und wollen das nicht verhehlen –, dass es Problembereiche gibt, wir sind aber voll der Überzeugung, dass durch diesen Beitritt eine beschleunigte Verbes­serung gewisser Situationen im Bereich der Sicherheit, aber auch im Bereich der Wirtschaft eintreten wird. Es gibt Probleme im Gesundheitswesen, auch die Korruption in den Bereichen Wirtschaft und Justiz wurde angesprochen.

Ebenfalls eine sehr positive Wirtschaftsentwicklung ist zu verzeichnen, was Rumänien anlangt. Die Investitionen, der Investitionsboom in Rumänien lautet auf ein Plus von 64 Prozent, die Arbeitslosenquote konnte gesenkt werden. Die Löhne steigen, wenn auch nicht in dem Ausmaß, wie es wünschenswert wäre, weil die Inflationsrate zwar reduziert, aber doch noch entsprechend hoch ist.

Geschätzte Damen und Herren, die Bemühungen dieser beiden Länder sind erkennbar und durch dieses Monitoring, durch Fakten und Zahlen auch belegbar. Der Ratifi­zierung wird unsere Fraktion trotz bestehender Probleme zustimmen. Es bleibt noch zu sagen, dass Österreich durch diesen Beitritt profitieren wird, und genauso wird es für die gesamte Europäische Union und für diese beiden Beitrittsländer sein. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


18.39.20

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne)|: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie schon angemerkt wurde, begrüßen wir selbstverständlich den Beitritt beziehungsweise die heutige Ratifizierung des Beitrittsvertrages mit Bulgarien und Rumänien. Wir erwarten uns auch, dass es noch im Jahr 2007 gelingen wird, diesen Beitritt wirklich zu vollziehen.

Es ist dies, wie schon Kollegin Lunacek angemerkt hat, ein ganz zentrales Signal für die gesamte Region. Letztlich – und das haben auch mehrere meiner Vorredner schon releviert – ist es ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Integration des West-Balkans und zu einer friedlichen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in diesem Gebiet.


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Frau Bundesministerin, Sie haben angesprochen, dass es eine Strategie des Donau­raums gibt. Ich denke, es ist wichtig, dass das auch partnerschaftlich gedacht wird. Das ist nicht eine Strategie Österreichs für den Donauraum – so nehme ich wenigstens an –, sondern eine gemeinsame Strategie der Länder, der Partner in dieser Region. Das ist besonders wichtig im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung. Ein Punkt, den Sie hervorgehoben haben, war, dass im letzten Jahr bereits Exportüberschüsse mit Rumänien und Bulgarien erzielt wurden. Das ist sicher ein erfreulicher Aspekt des verstärkten wirtschaftlichen Austausches.

Das Besondere dieser Länder aber, das auch weiterhin zu berücksichtigen sein wird, und das sollten wir nicht vergessen, ist deren ganz hohe Agrarquote. Nach Polen sind sicherlich Bulgarien und Rumänien die beiden Beitrittsländer mit der höchsten Agrar­quote in der Europäischen Union. Hier werden besondere Maßnahmen für die Entwicklung des ländlichen Raumes notwendig sein. Aus unserer Sicht müssen Pro­jekte gestartet werden, und wir täten gut daran, die wirtschaftlichen Verbindungen und Vernetzungen für diese Projekte zu nutzen, die der bäuerlichen Landwirtschaft dort zugute kommen.

Ich möchte ganz konkret einen Bereich ansprechen, der in Österreich und auf euro­päischer Ebene in den letzten Monaten intensiv und heftig diskutiert wurde, das ist die Frage von gentechnikfreien Futtermittelpflanzen. Rumänien ist eines der wenigen europäischen Länder, die derzeit Gentechnikanbau betreiben. Es wäre sehr wün­schens­wert, Frau Außenministerin, klarzulegen, dass es für die weitere wirtschaftliche Verbindung im Agrarbereich sehr, sehr hilfreich wäre, wenn man verstärkt auf gentechnikfreie Futtermittel setzen würde. Es bestünde die große Chance, dass die österreichische Landwirtschaft in Zukunft ihre Sojaprodukte nicht mehr über Rotter­dam, also international, bezieht, sondern aus dem Donauraum, zum Beispiel auch aus Rumänien und Bulgarien. Das wäre zum Beispiel ein ganz konkretes Projekt.

Ein weiterer Schwerpunkt, der mir ganz zentral erscheint, ist der Bereich der exten­siven Landwirtschaft und der biologischen Produktion. Ich hatte in unserer Region einen Besuch des rumänischen Bio-Verbandes, und das war ein sehr schöner und interessanter, guter Informationsaustausch. Die Kolleginnen und Kollegen brauchen sowohl auf staatlicher Ebene wie auch auf zivilgesellschaftlicher Ebene noch viel Unterstützung in diesem Bereich.

Sie haben den menschlichen und kulturellen Austausch angesprochen. Ich denke mir, gerade das Bild dieser Länder in der österreichischen Bevölkerung ist zum Teil noch von Vorurteilen geprägt. Daher wären in den nächsten Jahren sicherlich Maßnahmen zu wünschen, um den kulturellen Austausch zu intensivieren.

Ich möchte doch auch einige der Probleme ansprechen, vor allem was die Aktivierung der so genannten Schutzklauseln durch den Erweiterungskommissar Olli Rehn betrifft, und zwar in zwei Aspekten. Da geht es um den Bereich der Hygiene- und Tierseuchenstandards. Ich denke mir, es ist im beidseitigen Interesse, dass man hier sehr vorsichtig vorgeht und Rumänien und Bulgarien auch unterstützt, diese Standards wirklich einzuhalten und umzusetzen.

Angesprochen wurde auch die Frage der Energieversorgung. Die Schließung der Blöcke 3 und 4 von Kozloduj im Jahr 2006 ist sicher ein ganz zentraler Schritt und wäre ohne die Beitrittsverhandlungen und den damit verbundenen Prozess nicht denkbar gewesen. Das zeigt, dass es Sinn macht und einem gegenseitigen Kennenlernen von Standards und einem Weiterentwickeln von Sicherheits-Standards dient, was wir sehr begrüßen. Weiters würde ich meinen, dass es auch eine Chance wäre, erneuerbare Energieträger in diesen Regionen zu forcieren, Stichwort erneuerbare Treibstoffe, denn auch auf diesem Gebiet starten neue Projekte in Österreich. Ich denke zum Beispiel an


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die im Ennser Hafen derzeit in Bau befindliche Bio-Dieselanlage, denn ausreichende Mengen von Raps produzieren wir derzeit nicht in Österreich und werden wir auch langfristig nicht produzieren. Auch hier zeichnet sich also wieder ein mögliches Projekt mit diesen neuen Beitrittsländern ab.

In diesem Sinne: Ein richtiger Weg, ein gemeinsames Ziel. Wir wünschen den Beitritts­ländern alles Gute bei ihrem Start! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Lopatka zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


18.44.59

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Außenministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist wohltuend, wenn in einer so wichtigen Frage so etwas wie nationaler Konsens spürbar wird und dass von allen vier Frak­tionen die Situation sehr ähnlich beurteilt wird und dass ein grundsätzliches Einver­ständnis herrscht, dass diese Entscheidung, die wir heute treffen, nicht nur im Inter­esse Österreichs, sondern auch im Interesse der gesamten Europäischen Union liegt und damit natürlich auch einem großen Anliegen der beiden Länder entsprochen wird.

Viele von uns haben Kontakte in diese Länder. Wer weiter zurückliegende Kontakte hat, der wird heute mit umso größerer innerer Genugtuung diesen Beschluss fassen. Ich kann mich noch gut erinnern, als ich noch zu Ceausescus Zeiten im Banater Bergland in Rumänien unterwegs war. Und ich war auch in den Dezembertagen dabei, als das Ende dieses Regimes gekommen war. Dieser Weg von 1989 bis jetzt war sicherlich der größere Teil des Weges, der zurückzulegen war, der notwendig war, um in die Lage zu kommen, dass Bulgarien und Rumänien, wie das schon gesagt worden ist, wieder nach Europa zurückkommen.

Eigentlich waren sie ja immer in Europa. Es ist interessant, noch weiter zurückzugehen in die Geschichte, die in diesem Teil Europas ja auch von Österreich mitbestimmt worden ist. Wenn man bis zur Römerzeit zurückgeht und sich sowohl in Rumänien als auch in Bulgarien die Spuren ansieht, die Baudenkmäler aus dieser Zeit, dann wird einem so richtig bewusst, dass es eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist, dass Rumänien und Bulgarien in diese Europäische Union gehören, und dass wir so vieles gemeinsam haben im Kulturellen, im Sozialen, auch im Politischen. Und natürlich sind hier auch wirtschaftliche Interessen, die bereits angesprochen worden sind, nicht beiseite zu schieben.

Ich bin fest davon überzeugt, dass das, was wir heute hier mit dieser Beschluss­fassung, mit der Ratifizierung machen, ein Beitrag dazu ist, ganz klar zu sagen: Wenn die Kriterien erfüllt sind, dann sollen Rumänien und Bulgarien selbstverständlich Teil dieser Europäischen Union sein. Wann es so weit sein wird? – Hiefür gibt es ohnehin ganz klar geregelte Vorgangsweisen, und der Erweiterungskommissar Olli Rehn hat vor wenigen Tagen im Außenpolitischen Ausschuss des Europäischen Parlaments eine Bilanz gezogen, bei der das Positive klar im Vordergrund stand. Der Beschluss heute ist sicher kein Präjudiz für den Beitrittszeitpunkt, aber ein deutlicher, an die Regierungen dieser beiden Staaten gerichteter Vertrauensbeweis unsererseits und ein Zeichen, dass wir der Auffassung sind, dass der Beitritt der richtige Schritt ist.

Einen Punkt möchte ich noch erwähnen. Ich halte es für ganz wichtig, dass auch den Schwächsten in diesen beiden Ländern damit ganz stark unter die Arme gegriffen wird. Ich meine die Kinder, ich meine auch Kranke und Behinderte. Wenn man weiß, in welchem Zustand dort Kinder- und Behinderteneinrichtungen waren, gerade in diesem


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Jahr 1989 und auch davor, und wo man jetzt schon ist, so hat sich da viel getan. Es gibt aber nach wie vor großen Aufholbedarf. Damit sind auch Minderheiten wie die Roma angesprochen.

Alles in allem ist diese Erweiterung natürlich notwendig. Unwetter- und Hochwas­ser­katastrophen gibt es nicht nur bei uns. Wenn wir jetzt in Richtung Bulgarien und vor allem Rumänien blicken, dann ist es wichtig, dass man als Europäer weiß, dass man in einer großen Solidargemeinschaft lebt. Und so sehe ich diese Europäische Union. Je größer sie wird, umso stärker wird sie auch. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Einem zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


18.49.22

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann, was die Ausführungen zu Rumänien und Bulgarien betrifft, voll an meinen Fraktionsvorredner, Peter Schieder, anknüpfen und möchte das daher nicht verdoppeln. Ich meine, es ist richtig, dass wir heute die Ratifikation vornehmen, und wir stimmen zu.

Ich denke allerdings, dass das durchaus auch Anlass ist, daran zu erinnern, dass wir auch schon vor Jahren, vor fünf Jahren, der Bundesregierung als Oppositionspartei ein Angebot gemacht haben im Hinblick auf die damals noch bevorstehende große Erweiterungsrunde, die letztlich am 1. Mai 2004 realisiert worden ist.

Uns Sozialdemokraten war das europäische Projekt auch damals wichtig. Wir haben uns daher klar dazu bekannt, die Erweiterung mitzutragen. Wir haben allerdings auch damals schon in den Arbeiten vor der Erweiterung und vor der Ratifikation des Beitritts­vertrags für die zehn Mitgliedsstaaten, die am 1. Mai 2004 beigetreten sind, fest­gestellt, dass Österreich und Deutschland als die den Erweiterungsstaaten nächst­gelegenen Nachbarn sicher zu den allergrößten Gewinnern, wirtschaftlichen Gewin­nern der Erweiterung zählen und auch schon des Annäherungsprozesses dieser Staaten an die Europäische Union gezählt haben. Wir haben gesagt und es so eingeschätzt, dass die Vorteile, die dabei erzielt werden und worden sind, nicht gleich verteilt sind.

Gleichzeitig haben wir darauf hingewiesen, dass auch Nachteile mit der Erweiterung verbunden sein würden, insbesondere für schlechter qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich, weil es die sind, die am meisten und am ehesten unter Druck kommen. Erstens sind deren Arbeiten in Betrieben am leichtesten verlagerbar und zweitens sind sie auch substituierbar durch Arbeitskräfte, die nach der Erweiterung im verstärkten Umfang als Grenzpendler aus den Nachbarstaaten zu erwarten waren.

Im März 2001 haben wir daher einen Pakt für Arbeit und Europa innerhalb der SPÖ beschlossen und als Forderungspaket an die Bundesregierung überreicht, in dem wir vorgeschlagen haben, welche vorbereitenden Maßnahmen Österreich ergreifen sollte, um die Erweiterung zu einer Maßnahme zu machen, zu der auch die Bürgerinnen und Bürger Österreichs ja sagen können.

Was uns wichtig war und auch heute noch wichtig ist, ist, dass die Erweiterung in einer Weise stattfindet, dass nicht ein paar wenige sich dabei eine goldene Nase verdienen und ein paar andere, aber ein paar zehntausend andere unter Umständen ihren Job verlieren, dass Maßnahmen des Ausgleichs stattfinden, die dazu beitragen, dass die Vorteile fair verteilt werden und dass die Nachteile so weit wie möglich vermieden werden. Ich denke, dass in den vorangegangenen Jahren auf diesem Gebiet


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tatsächlich zu wenig geschehen ist. Daher habe ich die Gelegenheit heute zum Anlass genommen, noch einmal darauf hinzuweisen.

Frau Bundesministerin, Herr Staatssekretär, Sie sind beide nicht primär und aus­schließlich dafür zuständig, Sie sind nur die beiden Regierungsvertreter, die heute hier auf der Regierungsbank sitzen. Wir haben es damals für notwendig gehalten, und das war unsere erste Forderung, eine Qualifizierungsoffensive für die schlechter qualifi­zierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich vorzuschlagen und dazu sehr konkret auszuführen, welche Maßnahmen wir dabei für notwendig und zweck­mäßig halten.

Warum lege ich darauf auch heute noch Wert, warum sind wir der Meinung, dass immer noch mehr dazu getan werden muss, als bisher dazu getan worden ist? Wenn wir uns die Arbeitslosenzahlen anschauen, insbesondere auch im Bereich der schlech­ter qualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, also etwa jener, die keinen Schulabschluss oder bloß Pflichtschulabschluss haben, so haben wir im Jahre 2001 im Jahresdurchschnitt in diesem Bereich 92 000 Arbeitslose gehabt. Im Jahre 2005 hatten wir im Jahresdurchschnitt in diesem Bereich 116 000 Arbeitslose. Das ist eine Steige­rung um mehr als ein Viertel! Wir wissen, dass im Jahr 2006 diese Zahlen weiter gestiegen sind und dass sie insbesondere in dem Raum, in dem Einpendler leicht an Arbeitsplätze in Österreich kommen können, gestiegen sind.

Frau Bundesministerin, Herr Staatssekretär, ich fordere Sie als Vertreter der Bundes­regierung auf, wenigstens jetzt noch Maßnahmen, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, die dazu beitragen, dass es hier nicht nur einerseits Gewinner und andererseits Verlierer gibt, sondern dass es einen fairen Ausgleich mit den Gewinnern gibt, die dazu beitragen sollen, dass auch diejenigen, die dabei unter Druck kommen, eine Chance bekommen. Und das ist primär eine Chance durch bessere Ausbildung!

Die Forderung und das Problem bleibt aktuell, auch nach dem Beitritt von Rumänien und Bulgarien, von dem auch wir glauben, dass er zweckmäßig ist. Der Beitritt erfolgt zum 1. Jänner 2007, so wie die Dinge jetzt aussehen, und wir unternehmen alles, um den beiden Ländern zu helfen, ihren Beitritt auch bewältigen zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

18.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin kommt Frau Abgeordnete Rosenkranz zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


18.55.14

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Politik ist keine Frage von Sympathien, sondern eine Frage von Interessen. Ginge es nach der Sympathie, so wäre ganz klar, gerade für uns Österreicher: Natürlich ist Rumänien, ist Bulgarien ein Mitglied der europäischen Völkerfamilie, noch dazu Mitglieder, die immer wieder im Laufe der Geschichte mit Österreich in direkter staatlicher Verbindung gestanden sind und mit denen uns auch immer ein gutes Auskommen, eine gute Beziehung verbunden hat. Das allein allerdings heißt noch nicht, dass ein EU-Beitritt unabdingbar ist. Nur nebenbei: Selbstverständlich sind auch Norwegen und die Schweiz Mitglieder der europäischen Völkerfamilie, selbstverständlich verbinden uns mit diesen beiden Staaten vielfältige und beste Beziehungen.

Nun aber weg von den Sympathien hin zu den Realitäten, denn nichts ist fahrlässiger in der Politik, als sich von der Emotion, von Sympathien leiten zu lassen anstatt von der Rationalität, von Interessen, die ja besagen, dass Entscheidungen nach Abwägung


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aller Konsequenzen von Fakten getragen und von Fakten ausgehend getroffen werden müssen.

Der Rat von Brüssel hat 2004 die Beitrittsverhandlungen bereits für vollzogen, für vollendet, für gelungen erklärt. Beitrittsdatum ist entweder der 1. Jänner 2007, wie wir vielfach gehört haben, oder ein Jahr darauf. Ob diese Verschiebungsklausel in Anwendung gebracht wird, wird sich jetzt – am 16. Mai, haben wir eben gehört – entscheiden. Da frage ich mich schon, so wie ich mich beim ersten Teil dieser Ratifizierung schon gefragt habe: Warum die Eile? Warten wir doch den Bericht der Kommission einmal ab. Das wäre doch eine Möglichkeit, die Entscheidung sodann begründeter zu treffen.

Ich sehe die Dinge so wie Sie, Herr Abgeordneter Schieder, nur ziehe ich einen anderen Schluss daraus: Sie haben Recht, wenn es schwer wiegende Mängel gibt, ist natürlich die Erwartung, die Hoffnung, durch Behebung dieser Mängel den Beitritt zu erzielen, eine bessere Maßnahme. Sind es nur leichte Mängel, mag ein Monitoring ausreichen. Allerdings sagen Sie auch, dass Sie hoffen, dass es dazu nicht kommt, denn es wäre doch eine – ich würde es so ausdrücken – demütigende Maßnahme, und so sehe ich es auch. So würde ich nicht vorgehen!

Ich würde wirklich auch im Interesse der Völker, der Bevölkerung dort verlangen, dass ein bestimmtes Niveau erreicht ist, und dann gibt es den Beitritt. Ich würde nicht den Beitritt vollziehen lassen und gleichzeitig sagen, ich schaffe ein Mitglied zweiter Klasse. Ich denke nicht, dass das der Beziehung der Völker untereinander gut tut.

Wie schaut es nun aus in Bulgarien und Rumänien? Jeder weiß – und möglicherweise wird das die Kommission darlegen –, dass die Standards in Justiz und Verwaltung nicht die sind, die wir in Europa gemeinhin haben und haben wollen. Korruption ist dort gang und gäbe, und da nützt natürlich ein Monitoring nicht viel, denn was machen wir dann, wenn sich das nicht bessert? Und dass hier etwas geschieht, das sind wir den Bürgern auf jeden Fall schuldig.

Eine Frage ist auch, inwieweit die Volkswirtschaften bereits darauf vorbereitet sind. Wir wissen, dass allein für Österreich in den nächsten drei Jahren eine Summe von 200 Millionen € fällig sein wird, um die Volkswirtschaften überhaupt den Beitritt verkraften zu lassen. Das ist die eine Seite.

Die zweite Seite der Interessenabwägung ist die Frage der Aufnahmefähigkeit der Euro­päischen Union. Nach jedem Votum gegen Ihre Politik, das Sie von den Bürgern bekommen, nach jeder Abstimmung, die Sie nicht gewinnen, heißt es dann in Sonntagsreden: So, jetzt machen wir wirklich einmal einen Punkt, jetzt überlegen wir uns das, jetzt machen wir einen Stopp, das muss alles erst verdaut werden! – Das wird aber nur gesprochen, getan wird ganz etwas anderes. Das ist eine geschickte Methode und Taktik, das eine zu sagen und das andere zu tun. Das bringen Sie hier hervor­ragend zur Anwendung.

In Wahrheit heißt die Strategie: weitermachen, Fakten setzen, Abstimmungen ver­meiden, wenn es leicht geht. Und so kommen Sie voran. Ich wundere mich, dass sich manche wundern, warum die Bevölkerung das nicht billigt.

Wenn hier von einem nationalen Konsens die Rede ist, verwechseln Sie etwas, bedauerlicherweise, muss man mittlerweile sagen. Sie verwechseln den Konsens Ihrer vier Parteien mit einem nationalen Konsens, doch der findet längst nicht statt.

Ehrlich war auch, dass gesagt wurde, dass das nicht nur das Ende der ersten Erweite­rungsrunde, sondern auch das Aufbruchsignal für die nächste sein wird. Ich meine schon, dass man es nicht mit der Floskel, wir sichern mit der Erweiterung und mit dem Ausbau der EU Frieden, Freiheit und Wohlstand, bewenden lassen kann, denn wenn


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es ganz schief geht und Ihnen misslingt – es muss nicht immer gelingen, nur weil es bislang gelungen ist! –, und die Völker ziehen nicht mit, die wirtschaftlichen Schwie­rigkeiten sind größer als erwartet, und es ist nach wie vor nicht geklärt, wie man das konstitutionell behandelt und wer es zahlt, dann können Sie genau das – Frieden, Freiheit und Wohlstand – durch Ihre Erweiterungen verspielt haben.

Ich meine, diese Ratifizierung kommt zu früh, und ich meine, dass die politische Klasse in Europa bereit sein müsste, die notwendigen Kurskorrekturen vorzunehmen. Mein freiheitlicher Kollege, Herr Abgeordneter Dr. Bösch, und ich werden nicht mitratifi­zieren. (Beifall des Abg. Dr. Bösch.)

19.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Maier. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.00.54

Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich ist es so, dass man sich weder den Nachredner noch die Vorrednerin aussuchen kann. Man sollte aber kurz in Erinnerung rufen, dass das heute sehr wohl ein historischer Tag ist, an dem wir über einen weiteren Schritt der Erweiterung debattieren. Wenn man das Gedankengut der Vorrednerin zurück­projiziert, dann hätte es wahrscheinlich nie eine Erweiterung gegeben. Damit möchte ich es auch schon bewenden lassen, denn es ist zu schade, darüber überhaupt noch Worte zu verlieren.

Ich möchte nur die Jahre 1988 und 1989 in Erinnerung rufen, die wir alle noch im Ge­dächt­nis haben. Damals gab es auch Bedenken betreffend die Frage der Erweiterung. Ich erinnere mich noch daran, wie ein gewisser Bundeskanzler Vranitzky wenige Tage, bevor der Eiserne Vorhang gefallen ist, den Weg Richtung Polen angetreten ist und Jaruzelski getroffen hat, als man schon wusste, dass es zu einer Änderung kommen wird.

Der ehemalige – Gott hab’ ihn selig – ÖGB-Präsident Benya hat gemeint, mit Lech Walesa und seiner Solidarnosc habe man nichts am Hut, und auch da hat man die Änderung erkennen können.

Ich sage das nur dazu. Es ist an sich ein historischer Tag, und wir alle sollten froh darüber sein, dass es einen nächsten Schritt gibt. Herr Abgeordneter Schieder, ein Kenner der Außenpolitik, wird jetzt wahrscheinlich auch die Kritik an seinen Vorfahren erkennen. (Abg. Schieder: Nein! Sie verkennen den Wechsel!) – Ich denke, es ist dies ein historischer Tag, und wir können froh sein, dass es zu diesem Schritt kommt. (Abg. Schieder: Sie verkennen, was dann zum Wechsel beigetragen hat!)

Ich möchte Ihnen Folgendes in Erinnerung rufen: Wenn schon alle meinen, dass das ein kluger Tag ist, möchte ich zu bedenken geben: Wir stehen wieder einmal hier, und ich bin der zwölfte Redner eines Geschäftsstückes, bei dem eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist. – Was hat die Frau Präsidentin als Mitglied des Präsidiums in der letzten Zeit zu folgender Problematik unternommen: Der Herr Präsident hat ja ange­kündigt, dass wir irgendetwas machen werden, damit Reden, das, was uns ein Anliegen ist – insbesondere bei Geschäftsstücken, die allgemeine Zustimmung erfahren –, per Protokoll abgegeben werden können, und alle Interessenten können es nachlesen.

Mich würde das interessieren, denn ich bin es leid. Wir müssen schon wieder hier stehen, der eine 3 Minuten, der andere 4 Minuten oder 5 Minuten, und wir erzählen einander gegenseitig Geschichten über das, wovon wir ohnehin alle überzeugt sind.


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Wenn ich Sie reizen möchte, wie ich es gerade gemacht habe, Herr Schieder, dann kann man ein bisschen diskutieren, aber das bringt nichts.

Was ist im Präsidium geschehen? Mit welchen Chefredakteuren von diesen merk­würdigen Zeitungen und Magazinen wurde gesprochen? Und was ist geschehen, dass es protokollmäßig und von der Geschäftsordnung her möglich ist, dass man die Beiträge bei Geschäftsstücken, die ohnehin mehr als eine Zweidrittelmehrheit garan­tieren, dem Protokoll beifügen kann, ohne dass man hier steht und sich mit irgendetwas gegenseitig anagitiert? (Beifall bei der ÖVP. Abg. Mandak: Weil wir im Parlament sind, und da wird gesprochen!)

19.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, ich würde Ihnen empfehlen, in das vorletzte Präsidialprotokoll zu sehen. Dort ist nachzulesen, was in der Zwischen­zeit geschehen ist. (Abg. Dr. Ferdinand Maier das Rednerpult verlassend : Vielleicht können Sie uns informieren?!) – Das Präsidialprotokoll geht ja Ihnen allen zu. (Abg. Schieder: Da kann ich überhaupt verzichten, auf seinen wichtigen Beitrag!)

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.04.26

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Nach dieser etwas eigenartigen Meldung zur Geschäftsordnung des Nationalrates – wie gesagt, man kann ja auch im Präsi­dialprotokoll nachlesen, was in dieser Angelegenheit geschehen ist – möchte ich wieder zu einer sachlichen Debatte über den EU-Beitritt Bulgariens und Rumäniens zurückkommen.

Ich begrüße die Vorlage, die wir heute behandeln. Ich begrüße den Beitritt dieser beiden Staaten, auch wenn mir bewusst ist, dass es da nach wie vor eine Reihe von Problemen gibt, und auch wenn mir bewusst ist, dass die wirtschaftlichen Vorteile eines Beitritts nicht für alle Österreicherinnen und Österreicher gleich sind. Ich denke, Kollege Einem hat das sehr deutlich zum Ausdruck gebracht.

Ich bin stolz darauf und freue mich darüber, dass österreichische Betriebe sehr gute Geschäfte in Mittel-/Osteuropa machen. Uns muss aber auch bewusst sein, dass nicht alle Menschen davon in gleicher Weise profitieren.

Zu den Problemen, die Rumänien und Bulgarien selbst haben: Ich erinnere mich daran, dass noch vor einem Jahr bulgarische Kolleginnen und Kollegen kritisiert haben, dass sie gemeinsam mit Rumänien behandelt werden, dass es sich hier sozusagen um ein Paket handelt, da sie der Meinung waren, dass sie bereits viel größere Fortschritte gemacht haben. – Das hat zum damaligen Zeitpunkt auch gestimmt. Bulgarien war damals weiter.

Es zeigt sich aber jetzt, dass sich die Situation umgekehrt hat. Es ist kein Zufall, dass Kommissar Rehn den Beitritt Bulgariens für 2007 in Frage gestellt und die Rute ins Fenster gestellt hat.

Das Problem Bulgariens ist der Zustand des Justizsystems. Es war wichtig, dass Bulgarien jetzt durch die Verfassungsänderungen Schritte gesetzt hat, die eine Reform des Justizsystems ermöglichen, die es ermöglichen, zu wirklicher Rechtsstaatlichkeit zu gelangen.

Die spektakulären Morde im Bereich der organisierten Kriminalität deuten auf interne Kämpfe, auf Verteilungskämpfe hin, auch auf eine Verunsicherung innerhalb der OK.


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Es ist wichtig, der Justiz Mittel in die Hand zu geben, diese organisierte Kriminalität zu bekämpfen. Die Bekämpfung der Korruption steht damit ja ebenso in Verbindung.

Rumänien hat in letzter Zeit eindrucksvoll die Bekämpfung von Korruption und das Thema der Verbindung zwischen Teilen der Politik mit der OK in Angriff genommen und wird daher entsprechend gelobt. Nicht wenige Beobachter sind allerdings irritiert von der Machtfülle, die der Präsident inzwischen akkumuliert hat.

Die Justizreform halte ich, wie gesagt, für einen Kernpunkt der Reformen. Sie ist wichtig für die Rechtssicherheit – nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für die Menschen, die in diesen Ländern leben, arbeiten und sie bereisen. Die Rechts­staatlichkeit ist zu Recht einer der Grundpfeiler der Europäischen Union.

Ich möchte allerdings auch anmerken, dass nicht nur Rumänien und Bulgarien die Vorgaben erfüllen müssen, sondern dass – und das muss ich kritisch anmerken – die Europäische Union selbst ihre Hausaufgaben nicht gemacht hat.

Die Institutionenreform ist bis jetzt nicht geglückt, es gibt noch keine entsprechenden Bestimmungen. Die Verfassung ist nicht beschlossen worden, es gibt jetzt eine Phase des Überdenkens. Das ist ein gravierendes Problem, denn ständig kommt es zu Erweiterungen, ohne dass die notwendigen Strukturen, die dafür sorgen, dass die EU effektiv, effizient und demokratisch agieren kann, geschaffen sind. Es ist bedauerlich, dass das bis jetzt nicht geschehen ist.

Es stehen weitere Länder als Kandidaten bereit, vor allem die Länder des West­balkans, die genauso zu Europa gehören wie die beiden Länder, die jetzt aufgenom­men werden, und daher besteht gerade bei der EU selbst dringender Handlungsbedarf. (Beifall bei der SPÖ.)

19.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Fauland. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.10.19

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Frau Bundes­minis­terin – wo auch immer sie ist! Ich möchte ganz kurz auf ein persönliches Erlebnis eingehen, und zwar auf den Besuch des ehemaligen Verteidigungsministers von Bulgarien, des Kollegen Svinarov, der in einem längeren Gespräch mit mir die Probleme, die es in Bulgarien gibt, erörtert hat.

Dieses Gespräch hat vor zirka zwei Monaten stattgefunden, und er ist ganz klar darauf eingegangen, dass der Nachholbedarf, den Bulgarien in sehr vielen Bereichen – vor allem in Bereichen der Justiz – hat, sehr groß ist.

Er hat mir versichert, dass es zwar mit Beschlussfassung vom 1. Mai 2006 zu Ände­rungen des Justizsystems kommen wird, hat aber auch angemerkt, dass die Gewalten­teilung, wie wir sie in der Europäischen Union kennen, noch nicht vollzogen ist, und auch, dass er sich nicht sicher ist, dass die notwendigen Verfassungsmehrheiten, die benötigt werden, um europareif zu werden, auch gegeben sind.

Er hat auch angemerkt – und das hat mich etwas bedenklich gestimmt –, dass doch ein Großteil der Bevölkerung – er hat ihn selbst mit 60 bis 70 Prozent beziffert – der Europäischen Union immer noch sehr kritisch gegenübersteht.

Was mich jetzt zu diesem kurzen Ausflug zu diesem persönlichen Gespräch bewogen hat, war, dass der ehemalige Herr Verteidigungsminister dann auch beim Kollegen Ewald Stadler war. Ewald Stadler hat mit ihm dasselbe Gespräch geführt, sich als großer Vordenker der Freiheitlichen Partei dann auch in der „NFZ“ mit ihm ablichten


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lassen und dort angemerkt, dass die Position der FPÖ, was Bulgarien betrifft, klar sei: Die FPÖ begrüße grundsätzlich den Beitritt Bulgariens.

Heute bei der Ratifizierung geht es nicht um die Festlegung eines Termins, sondern um das Grundsätzliche. – Stadler ist dafür, andere sind dagegen – soll sich jeder seine Meinung bilden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das hat er vielleicht als Volksanwalt gesagt!)

Betrüblich ist aber eine Aussage des Erweiterungskommissars – nachzulesen in einer APA-Meldung von heute um 16.44 Uhr –, der anmerkte, dass ernsthafter Nachhol­bedarf im Kampf gegen das organisierte Verbrechen bestehe, was Bulgarien betrifft, und dass er sich nicht vorstellen kann, dass es zu einer Empfehlung kommen wird, Bulgarien schon 2007 aufzunehmen. – Dem Enthusiasmus, der sich hier kurz breit gemacht hat, was diesen frühen Beitritt betrifft, widerspricht also der Erweiterungs­kommissar. – Man sollte aber eigentlich annehmen, dass gerade er es wissen sollte.

Abschließend: Es freut mich natürlich, dass Kollege Schieder seine Freude über die Ratifizierung und über den Beitritt artikuliert hat und meint, dass der jetzige Zeitpunkt der ideale ist. – Aber auch in der SPÖ dürfte es ja manchmal so und manchmal anders sein. Ich möchte abschließend nur an die Sitzung des Hauptausschusses vom 10. Juni 2005 erinnern, in der es einen Antrag auf Stellungnahme der Kollegen Cap und Einem betreffend den Europäischen Rat vom Juni 2005 gegeben hat, der dann am Ende gelautet hat:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundeskanzler werden schließlich aufge­fordert, sich in der EU mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass die politische Konso­lidierung der EU Vorrang vor jeder künftigen Erweiterung hat. Zuerst muss die EU-25 fähig werden, Politik im Interesse der Menschen in der EU wirksam zu betreiben, bevor an weitere Erweiterungen gedacht werden kann.“

Die Antwort auf diesen Antrag auf Stellungnahme haben Sie heute selbst geliefert. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mikesch. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.14.37

Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Mit dem heutigen Beschluss zur Ratifizierung des Beitrittsver­trages mit Bulgarien und Rumänien geht Österreich einen weiteren wichtigen Schritt im größten Friedensprojekt der Geschichte – und das dürfen wir nie aus den Augen verlieren!

Bei allen Diskussionen und auch Problemen in Europa: Die zentrale Botschaft der Europäischen Union ist: Nie wieder Krieg durch wirtschaftlichen oder sozialen Aus­gleich zwischen den Mitgliedstaaten!

Mit dem Beitritt von Bulgarien und Rumänien reicht dann die Europäische Union vom Atlantik bis zur Schwarzmeerküste. Österreich wird von diesen Beitritten genauso profitieren wie von der letzten Erweiterung um die zehn neuen Mitgliedstaaten. Schon heute ist Österreich in beiden Ländern der größte Investor: Im Jahre 2005 investierten österreichische Unternehmen fast 850 Millionen €.

Dass unser Land ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum im Vergleich zu den anderen alten EU-Staaten hat, ist Ergebnis einer umsichtigen Politik und vieler mutiger Investoren, Unternehmerinnen und Unternehmer, die die neuen Mitgliedstaaten als Chance und nicht als Gefahr gesehen haben.


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Gleichzeitig wird, wie auch schon bei der letzten Erweiterungsrunde, die Möglichkeit geschaffen, sowohl den Arbeitsmarkt als auch bestimmte Dienstleistungsbereiche mit Übergangsregelungen zu schützen.

Allein im ersten Jahr nach dem Beitritt der so genannten zehn Neuen zeigt sich deutlich: Österreich ist Erweiterungsgewinner. Im ersten Jahr betrug der Exportzu­wachs in die neuen Mitgliedsländer 14,4 Prozent, der Gesamtwert der Exporte im Jahr  2004 betrug 11,4 Milliarden €.

Diese positive Entwicklung der europäischen Exportwirtschaft geht weiter: Erst gestern berichtete die Nationalbank über einen Rekordüberschuss in der Leistungsbilanz: 3 Milliarden € oder 1,2 Prozent. Gegenüber 2004 bedeutet das eine Verbesserung um rund 2,5 Milliarden €. Nationalbankpräsident Liebscher führt diese Entwicklung auf den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union im Jahr 1995 zurück.

Meine Damen und Herren! Die EU ist das größte Nachhaltigkeitsprojekt der Ge­schichte – eine nachhaltige, friedliche Entwicklung durch solidarischen Ausgleich, durch wirtschaftliche Kooperation und durch ein Miteinander.

Lassen wir auch zwei weitere Staaten an diesem Projekt teilhaben, und vergessen wir nicht: Wir müssen Europa in die Herzen der Menschen bringen! Der bisherige erfolg­reiche Ratsvorsitz Österreichs ist ein guter Beitrag dazu. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Grander. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.17.38

Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mir einfach das Kapitel 13 des Beitrittsvertrages, also im Speziellen das Soziale angesehen und habe mich bemüht, Bulgarien und anschließend Rumänien in bestimmten Bereichen wie Arbeitsrecht kurz zu betrachten.

Im Bereich Arbeitsrecht wurden in Bulgarien vergleichsweise gute Fortschritte ge­macht, und im Bereich Gleichbehandlung von Frauen und Männern gab es auch bedeutende Fortschritte bei der Umsetzung einer Reihe maßgeblicher Richtlinien – gleiches Entgelt ist zum Beispiel seit 2004 in Kraft.

Im Juni 2004 wurden dann Änderungen des Arbeitsgesetzbuches angenommen. Dabei geht es hauptsächlich um die Vorschriften des Besitzstandes über Elternurlaub, Schutz der schwangeren Arbeitnehmerinnen und so weiter.

Anfang 2004 wurde im Ministerium für Arbeit und Sozialpolitik in Bulgarien eine Sektion Chancengleichheit für Männer und Frauen eingerichtet.

Im Bereich öffentliche Gesundheit – das hat mich wegen meiner beruflichen Situation interessiert – wurden ebenfalls im Februar 2004 Durchführungsvorschriften erlassen, auf Grund derer zum Beispiel, vom Besitzstand vorgeschrieben, eine Liste über­tragbarer Krankheiten aufgestellt wird.

Im Juli 2004 wurde ein nationaler Plan 2004 bis 2007 zur Stärkung des Systems für die Überwachung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten aufgenommen. – Also selbst da passiert einiges; gerade im Gesundheitsbereich bestehen bei diesen Ländern meist Berührungsängste.

In Rumänien steht es so, dass im Zusammenhang mit dem Arbeitsrecht auf Änderun­gen des Arbeitsgesetzbuches im Juni 2005 hinzuweisen ist. Eine weitere Angleichung


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an den Besitzstand wurde mit der Annahme neuer Rechtsvorschriften, insbesondere bezüglich der Europäischen Betriebsräte, erzielt. Die Umsetzung dieser neueren Rechtsvorschriften des Besitzstandes stehen aber noch aus.

Die Verwaltungskapazität der Arbeitsaufsichtsbehörde ist weiter zu verbessern, um die ordnungsgemäße Umsetzung des Besitzstandes zu gewährleisten.

Im Bereich der Gleichbehandlung von Frauen und Männern wurde der Großteil des Besitzstandes umgesetzt.

Die vor kurzem angenommene Strategie zur Verhütung und Bekämpfung häuslicher Gewalt soll insbesondere durch den Aufbau lokaler Netzwerke bald umgesetzt werden.

Im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz muss die Rechts­angleichung noch zum Abschluss gebracht werden.

Im Gesundheitswesen sind für die Umsetzung des nationalen Aktionsplans zur Überwachung und Kontrolle übertragbarer Krankheiten einschließlich des Ausbaus der Kapazität des nationalen Zentrums für übertragbare Krankheiten auch noch Anstren­gun­gen erforderlich.

Der Zugang zur Gesundheitsfürsorge einschließlich der Prävention sollte für alle Bürger sichergestellt werden, um den Gesundheitszustand der Bevölkerung zu verbes­sern. Ferner sind Reformen zur Steigerung der Effizienz und Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens erforderlich.

Das war also der Katalog, der Rumänien betrifft. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Praßl. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.21.17

Abgeordneter Michael Praßl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Inhaltlich ist der Beitrittsvertrag von Rumänien und Bulgarien mit jenen Staaten zu vergleichen, die mit der Osterweiterung in die EU aufgenommen wurden. Dabei wird Österreich das Recht eingeräumt, den Zugang von Arbeitskräften aus den neuen EU-Ländern bis zu sieben Jahre zu beschränken. Weiters wird ermöglicht, das Beitrittsdatum der beiden Länder, 1. Jänner 2007, um ein Jahr zu verschieben, falls die notwendigen Reformen und Verpflichtungen nicht erfüllt werden.

Ebenfalls erwähnenswert ist, wie die Frau Bundesministerin schon angeführt hat, die Schließung zweier Blöcke von Kernkraftwerken. Somit bestätigt sich auch die positive Entwicklung aus der Sicht der österreichischen Anti-Atom-Politik.

Hat sich die bisherige Ostöffnung als sehr positiv für den Gesamtwirtschaftsstandort Österreich erwiesen, so ist dies auch für die Erweiterung um Rumänien und Bulgarien zu erwarten. Ich glaube auch, dass die österreichischen Unternehmen gute Investoren in diesen beiden Beitrittsländern sind. Unsere Betriebe haben seit vielen Jahren schon bewiesen und gezeigt, dass sie die Fähigkeit besitzen, im Bereich der Exportwirtschaft auf ein gutes Volumen zu kommen. Dank der derzeitigen Bundesregierung, die die guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auf den Weg gebracht hat, werden eben die Betriebe ihren Teil dazu beitragen und letztendlich auch einen sehr erfolgreichen Exportprozess fortsetzen und festigen.

Im Bereich Landwirtschaft hat Kollege Pirklhuber schon einige Dinge angesprochen, die ich noch verfestigen möchte. So verfügen Rumänien und Bulgarien über große landwirtschaftliche Flächen, und hier ist eine gute Kooperation im Bereich gentechnik-


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freier Anbau von Soja und auch im Bereich der Erzeugung von Biotreibstoff zur Erreichung einer entsprechenden Beimischrate für ganz Europa anzustreben. Wir werden in Zukunft entsprechend gute Kooperationen mit diesen beiden Ländern eingehen.

Für Österreich gibt es, sehr geehrte Damen und Herren, glaube ich, mehr Vorteile als Nachteile. Ich glaube auch, dass die Europäische Union mehr Vorteile als Nachteile hat. Diese beiden Staaten sind Bestandteile von Europa, und sie gehören ganz einfach zur Europäischen Union. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Vertrages zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Republik Bulgarien und Rumänien über deren Beitritt zur Europäischen Union sowie Protokoll samt Anhängen, Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Bulgarien und Rumäniens und die Anpassungen der Verträge, auf denen die Europäische Union beruht, samt Anhängen und Schlussakte in 1389 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Nach Artikel 1 des Bundesverfassungsgesetzes über den Abschluss des Vertrages über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union ist für diesen Beschluss die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich.

Ich stelle daher zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag, im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes zu beschließen, dass die bulgarische, dänische, englische, estnische, finnische, französische, griechische, irische, italieni­sche, lettische, litauische, maltesische, niederländische, polnische, portugiesische, rumänische, schwedische, slowakische, slowenische, spanische, tschechische und ungarische Sprachfassung dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (Anhaltender allgemeiner Beifall.)

19.26.29 5. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 799/A der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatfernsehgesetz geändert wird (1393 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Tages­ord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 189

Wir gelangen daher zur Debatte.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. Wunsch­redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


19.27.34

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier einen Gesetzesantrag von Kollegem Scheuch und mir vorliegen, der einen weiteren wichtigen Baustein in der Medienpolitik darstellt. Endlich wird Medienpolitik betrieben! Wie Sie alle wissen, hat es jahrelang keine gegeben. Erst seit der Zeit, da Sie verantwortlich sind, Herr Staats­sekretär Morak und Herr Bundeskanzler Schüssel, gibt es in Österreich – Gott sei Dank! – Medienpolitik. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Das freut mich sehr. Erst seit wir die Verantwortung dafür übernommen haben, ist Privatfernsehen möglich gewor­den.

In diesem vorliegenden Antrag geht es um die Frequenzen im analogen Bereich. Die Frequenz im analogen Bereich ist ein knappes Gut. Deshalb wird der ORF in seiner Doppelnutzung – die er nicht notwendigerweise genutzt hat, da er immer das Gleiche ausgestrahlt hat – beschränkt, und er hat diese Frequenzen Privaten zur Verfügung zu stellen, was eine sehr sinnvolle Regelung ist.

Es wird auch eindeutig geklärt, wie die Kostentragung erfolgt, was dem ORF für die Nutzung seiner Frequenzen abgegolten werden muss. Das ist deswegen notwendig geworden, weil der Verfassungsgerichtshof das durch einen Prüfungsbeschluss in Frage gestellt hat.

Die Vorteile bei diesen beiden Punkten sind sehr eindeutig: Erstens wird Rechts­sicherheit für die Betreiber, die es derzeit schon gibt, gewährleistet, und zweitens wird in den Ballungszentren – wie etwa Linz und Salzburg – privates Fernsehen ermöglicht.

Eine weitere Änderung betrifft eine Präzisierung der Must-carry-Bestimmung. Nach Umstellung auf digitale Terrestrik soll auch der Weiterverbreitungsauftrag im Kabelnetz bestehen.

Ich freue mich, dass es gelungen ist, im Verfassungsausschuss diese Änderungen einstimmig zu beschließen, und ich bin auch froh, wenn Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, bei diesem Antrag mitgehen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Prähauser. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


19.30.05

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Damen und Herren den Hohen Hauses! Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer hat gemeint, erst seit Schüssel gebe es eine Medienpolitik in unserem Lande. – Das ist natürlich ein Punkt, den ich so nicht stehen lassen möchte. Aber inhaltlich, Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer, darf ich Ihnen mitteilen, teilen wir die Ansicht, und ich glaube, dass es eine gute Gelegenheit ist, bei Novellierungen über Gesetze nach­zudenken, darüber, ob sie weit reichend genug sind – oder ob man etwas, in die Zukunft blickend, vielleicht noch transparenter machen sollte.

Ich glaube, dass klare Vorgaben für den ORF notwendig sind. Es geht einfach darum: Wir haben auf der einen Seite einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit allen Privilegien einer solchen Institution, aber auf der anderen Seite private Fernseh­betreiber – ich denke da aber auch an die privaten Radiobetreiber –, die eine ungleich schwierigere Ausgangslage haben.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 190

Wenn man die verschiedensten Fernsehprogramme beachtet, anschaut, konsumiert, dann kann man oft sehr schwer nachvollziehen, wer hier einen öffentlich-rechtlichen Auftrag hat und wer in erster Linie für Informationen zur Verfügung steht. Ich glaube, dass die Kommerzialisierung des ORF in einer Art und Weise voranschreitet, dass man auch danach trachten sollte, nachzudenken, ob die Finanzierung des ORF noch zeitgemäß ist beziehungsweise ob das dem Wettbewerb entspricht.

Wenn man sich die Finanzierung der TV-Unternehmen oder Rundfunkunternehmen anschaut, so sieht man auf der einen Seite den ORF, der sich durch Gebühren finanziert, der teilweise staatliche Förderungen konsumiert, der Erlöse aus Werbung erzielt – no na! – und auch durch Mieten von Mitbewerbern noch entsprechende Einnahmen hat. Auf der anderen Seite stehen die Privaten, die ihr Dasein aus­schließlich durch Werbeeinnahmen bestreiten müssen.

Ich glaube, dass es in Zeiten wie diesen Auftrag ist, darüber nachzudenken, ob das so sein muss – oder ob der ORF seine Möglichkeiten als Monopolist weiterhin in der Form nutzen können sollte, wie er das bisher macht.

Dazu ein ganz klares Beispiel: Wenn man heute einem Privat-TV-Betreiber Wissen für die Geschäftsgestaltung mitgibt und ihm sagt, wenn du irgendwo mitsenden willst, einige dich mit dem ORF, dann darfst du seine Einrichtungen benutzen, gibt es keine Einigung, wird in einem Zeitraum von vier Monaten die Regulierungsbehörde mitent­scheiden und festlegen, was die entsprechende Entschädigung dafür ist, dann ist das auf der einen Seite zwar notwendig, aber – und das ist das Eigenartige an der Sache – wenn man praktisch einem Monopolisten die Kraft in die Hand gibt, das zu ent­scheiden, was die Mitbewerber im privaten Bereich zu bezahlen haben, dann ist das in meinen Augen ein Zustand, der so nicht bleiben wird können, wenn wir den Wett­bewerb haben wollen. Daher muss man darüber nachdenken, ob das bisher Praktizierte auch in Zukunft so sein muss.

Meine Damen und Herren, ein weiteres Beispiel hat auch dazu geführt, dass man über den Regionalisierungsauftrag im ORF nachdenken muss. Wir haben das Beispiel Salzburg ja gehört. Es findet bei uns um 19.30 Uhr beim privaten Salzburg TV keine Sendung statt, weil Oberösterreich Zugriff auf das „Salzburg-Fenster“ hat. Das würde weniger auffallen, wäre zu diesem Zeitpunkt ein oberösterreichisches Programm zu sehen, aber nein: Dort sieht man, so wie es vor 40 Jahren im Fernsehen war, wenn ein richtiges Gewitter war, Schnee, Streifen und sonst nichts, um dann nach 20 Minuten das Salzburg TV wieder sehen zu können.

Wenn man die Konkurrenz dazu nützt, den anderen das Leben so schwer zu machen, hat man natürlich in Zukunft Probleme bei einem Wettbewerb, den wir alle wollen. Wir wollen Medienvielfalt haben, aber dann muss man aber auch davon ausgehen, dass eine solche auch möglich ist. Ich glaube, italienische Verhältnisse, wo Private nahezu alle Rundfunkeinrichtungen besitzen, wollen wir nicht. Das ist auch ein Nachteil, es ist immer nur zum „Vorteil“ – unter Anführungszeichen – dessen, der gerade am Ruder ist. Das ist immer gerade für den gut, der vermeintlich dort Einfluss hat, letztendlich aber leiden wir alle darunter, und die Bevölkerung wird dann nachdenken und sagen: Muss ich mir das bieten lassen, für etwas zu bezahlen, was ich nicht sehen möchte?! – Daher unser gemeinsamer Auftrag, darüber nachzudenken.

Diese Änderung dieses Gesetzes werden wir von der SPÖ mitbeschließen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dipl.-Ing. Scheuch. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 191

19.35.06

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Frau Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Wie bereits meine Vorrednerin, Frau Mag. Baum­gartner-Gabitzer, ausgeführt hat, ist das eine notwenige Änderung. Es gab einerseits die Beschwerde beim VfGH, und ich glaube auch, dass es gut, wichtig und richtig ist – es gibt ja auch Konsens darüber –, da etwas zu verändern, um diese Nutzung machbar und auch umsetzbar zu machen.

Wenn Kollege Prähauser über diese Ungerechtigkeit zwischen den Privaten und dem ORF spricht und auch Beispiele aufzeigt, wie das beispielsweise aus Salzburg, so wird man natürlich immer wieder überlegen müssen: Wo gibt es Verbesserungs­möglich­keiten, wo gibt es auch Vorschläge, auch da mehr Gleichberechtigung zu schaffen? Ich denke, das sind halt einfach viele wichtige und richtige Schritte, die man setzt – und das ist jetzt einer davon; es wird nicht der letzte sein. Man kann davon überzeugt sein, dass sich einfach überhaupt durch den Umbruch in der medialen Landschaft in den nächsten Jahren sehr vieles tun wird. Da darf auch der ORF nicht stehenbleiben.

Ich denke – wenn mir das als Gedanke zum Schluss noch erlaubt ist –, das wird generell im ORF so sein, dass man nicht stehen bleiben darf. Wenn man wie in den letzten Tagen und Wochen rund um die Neubesetzung der Führung des ORF diskutiert und hört, welche Wünsche es gibt von allen politischen Parteien, ein Mitspracherecht zu haben, so müssen wir auch in diesem Zusammenhang einmal darüber nachdenken, ob das derzeitige ORF-Gesetz weit reichend genug ist – oder ob wir nicht daran arbeiten sollten, eine Entpolitisierung des ORF voranzutreiben, dafür zu sorgen, dass Einflussnahme, aus welchem Bereich auch immer, weniger wird, dafür zu sorgen, dass einmal eine Publikumsratwahl mehr Qualität hat als die letzten beiden, bei denen in Wirklichkeit wiederum nur parteipolitisch motivierte Organisationen Personen ins Ren­nen geschickt haben.

Diese Neubestellung, die jetzt über den Sommer und in weiterer Folge im Herbst ansteht, bietet, glaube ich, eine gute Chance. Da geht der Appell an alle Parteien, darüber nachzudenken, wie man auch wirtschaftliche Ansätze mehr in den Vorder­grund stellen kann, darüber nachzudenken, wie nicht nur Gebührenerhöhungen dafür sorgen können, dem öffentlichen Auftrag gerecht zu werden, wie man den ORF als solchen moderner gestalten kann, um dann vielleicht am Ende des Tages bei der Gegenüberstellung von privatrechtlichen und von öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehprogrammen diese Gleichstellung sowieso von sich aus zu schaffen.

Dieses Gesetz stellt, wie gesagt, keine Gefährdung für den Versorgungsauftrag dar, stärkt das privatrechtliche Fernsehen, schafft mehr Ausgewogenheit. Meine Fraktion wird dem daher gerne zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Brosz. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.37.44

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Über diese Regelung, die hier getroffen wird, brauchen wir, glaube ich, nicht allzu lange zu diskutieren. Sie war im Verfassungsausschuss einstimmig auf Basis auch eines Entscheides notwendig geworden, und wir tragen diese Veränderung auch gerne mit.

Der Punkt ist: Wenn hier festgestellt wird, dass die ÖVP jetzt Medienpolitik macht und das früher nicht geschehen sei, dann hat das schon einen besonderen Klang, wenn man sich anschaut, wie die Berichterstattung im ORF funktioniert. Eine gewisse Form von Medienpolitik betreibt die ÖVP offensichtlich, das wird niemand in Abrede stellen – und was diese Medienpolitik für den ORF bedeutet, das ist eine andere Frage.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 192

Wenn man sich anschaut, wie vor allem Informationssendungen, wie politische Sen­dungen im ORF zurzeit besetzt sind, wie sie ablaufen, wie denn die Entscheidungs­politik stattfindet, wer dort eingeladen wird, wie Minister momentan auch sehr stark mitbestimmen dürfen, wer zu Diskussionen eingeladen wird und es im ORF dann auch stillschweigend zur Kenntnis genommen wird (Abg. Mag. Regler: Ach so?) – ach so, das ist eine gute Frage; da können Sie mehrfach Beispiele haben, die dort laufend stattfinden –, dann stellt sich schon die Frage, ob diese Form, wie die ÖVP mit dem ORF umgeht, nicht letztlich dazu führen wird, dass die wirtschaftliche Situation des Unter­nehmens massiv gefährdet wird.

Wir kennen die Einschaltquoten, wir kennen die Entwicklungen im Bereich Nach­richtensendungen, wir kennen sie vor allem bei den Jungen, wo es mittlerweile massivste Einbrüche bei den Nachrichtensendungen gibt. Ich weiß nicht, ob Ihnen das so bewusst ist, dass es mittlerweile genau eine Nachrichtensendung des ORF gibt, die mehr als ein Drittel der bis 29-Jährigen verfolgt, das ist die „ZiB 1“; bei allen anderen Sendungen ist der ORF mittlerweile massiv eingebrochen. Das hat zum Teil sicher auch mit sich änderndem Medienverhalten zu tun, keine Frage, das Internet ist wichtiger geworden, aber es allein darauf zurückzuführen, wäre zu einfach.

Wenn man sich anschaut, dass spannende Diskussionen kaum mehr ermöglicht werden, dass heikle Themen, vor allem, wenn sie für die Regierung heikel sind, nicht behandelt werden dürfen, dass Sendungen teilweise in einer Form ausgestrahlt werden, dass eigentlich Pflichtberichterstattung stattfindet – ich denke nur daran, wie die EU-Präsidentschaft dargestellt wird –, dann stellt sich schon die Frage, ob die ÖVP da einen Weg geht, der für den ORF verträglich ist.

Wir meinen, dass es da einen Kurswechsel geben muss und dass eine Form der Unabhängigkeit, die von den ÖsterreicherInnen massiv eingefordert wird, dem ORF die Sicherheit für die Zukunft geben würde.

Wir können nur Novellen beschließen, wie sie da sind, aber die Frage ist, was mit dem Unternehmen passiert, wenn das so weitergeht wie in den vergangenen Jahren, wo das Desinteresse steigt. Diese Frage sollten sich alle politischen Parteien stellen, insbesondere auch die ÖVP. (Beifall bei den Grünen.)

19.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Höllerer. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.40.39

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staats­sekretär! Der ORF verfügt mit seinen Medien Fernsehen, Radio und Internet über ein sehr breites und vielfältiges Angebot und ist selbstverständlich, wenn es darum geht, auch umfangreiche Informationen weiterzugeben, immer voll im Trend der Zeit – und nicht so, wie Sie von der SPÖ das sehen, immer nur von Parteipolitik geprägt. Das stimmt einfach nicht, sondern das ist etwas, was Sie auf Grund Ihrer Ideologie da hinein verfrachten.

Der ORF ist natürlich auch, was Kultursendungen, Sportsendungen, Unterhaltungs­sendungen, aber auch Beiträge bezüglich Wirtschaft, Bildung und Wissenschaft betrifft, immer sehr nah am Geschehen und immer vorne mit dabei. Der ORF wird natürlich auch seinem Auftrag im Sinne des Föderalismus gerecht und unterhält daher die Landesstudios in den Bundesländern. Es sind dies neun Landesstudios, die Regional­programme aussenden, die ganz spezifisch auf die Regionen ausgerichtet sind. Das sind Sendungen wie „Bundesland heute“, „Österreich-Bild“, „Land und Leute“, auch Sendungen für die slowenische Volksgruppe in Kärnten und für die kroatische oder die


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ungarische Volksgruppe im Burgenland. Es sind dadurch natürlich wichtige Kultur­trägeraufgaben vom ORF wahrzunehmen.

Gerade diese Regionalprogramme werden meistens am Abend ausgestrahlt, und dadurch entstehen freie Übertragungskapazitäten, die von privaten Anbietern dement­sprechend genutzt werden können. Genau da greift diese Gesetzesnovelle, denn sie regelt die Nutzung bestimmter freier Kapazitäten und stellt selbstverständlich auch die Versorgung der Bevölkerung mit den bundesweiten Programmen und den Regional­sendungen im Sinne des öffentlich-rechtlichen Auftrages sicher.

Es wird in dieser Novelle auch die Kostenabgeltung festgeschrieben, wie sie zwischen den privaten Zulassungsinhabern und dem ORF künftig gehandhabt werden soll.

Der ORF ist aber auch ein sehr erfolgreiches Medienunternehmen. Mit Jahres­ende 2005 konnte bei den Fernseh- und Radioteilnehmern sogar ein neuer Höchst­stand erreicht werden. Es ist also sehr wohl so, dass sich die Menschen für die Programme des ORF interessieren und natürlich auch die Sendezeiten entsprechend wahrnehmen.

Der ORF konnte 2005 auch seinen Umsatz steigern, und es ist ihm gelungen, wieder dieses wirtschaftliche Ziel einer schwarzen Null zu erreichen. (Abg. Gradwohl: „Schwarze Null“?!) Es ist schon so, dass es dank der medienpolitischen Maßnahmen dieser Bundesregierung unter Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel und vor allem unter Staatssekretär Franz Morak seit dem Jahre 2000 eine dynamische Wetterent­wicklung und auch einen Liberalisierungsschub im Bereich der österreichischen Me­dien gegeben hat.

Mit der vorliegenden Novelle wird genau dieser positive Weg weitergegangen und diese gedeihliche Entwicklung des ORF weiter forciert. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Franz. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

19.45.00

 


Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Bereits im Jahre 2001 wurde ein wesentlicher Schritt gesetzt, eine effizientere Nutzung des nur beschränkt zur Verfügung stehenden analogen Rundfunkfrequenzspektrums zu gewährleisten. Es wurde die Möglichkeit einer Nutzung analoger Übertragungskapazitäten des ORF durch Inhaber einer nicht bundesweiten Privatfernsehzulassung geschaffen. Die Absicht bestand darin, die bestehenden Doppelversorgungen des ORF zugunsten der Entwicklung eines privaten terrestrischen Fernsehmarktes in Ballungsgebieten aufzugeben. Das ist damit gelun­gen.

Allerdings stellte auf Grund einer anhängigen Beschwerde der Verfassungsgerichtshof fest, dass mit der in § 13 getroffenen Regelung eines angemessenen Entgelts für die zeitweise Nutzung keine definitive Aussage gegeben ist. Durch die Klarstellung im Gesetzestext werden dem ORF die ihm tatsächlich entstandenen Kosten bezie­hungsweise entstehenden Kosten zu ersetzen sein. Andererseits sind die ORF-Über­tragungskapazitäten auch nicht dessen Eigentum, sondern dienen der Erfüllung seines gesetzlichen Auftrages.

Die Regelung des Kostenersatzes für die Überlassung analoger Übertragungs­kapa­zitäten schafft nicht nur Rechtssicherheit, wie wir schon gehört haben, sondern bringt auch Vorteile sowohl für den ORF als auch für die privaten regionalen Fernseh­betreiber.


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Im Gegensatz zu den Kollegen von der Opposition möchte ich abschließend betonen, dass der ORF als zentraler Bestandteil der österreichischen Medienlandschaft seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag hervorragend erfüllt, und wir danken den Verantwort­lichen im ORF dafür. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.) Aber auch das regionale Privatfernsehen hat sich in den letzten Jahren großartig entwickelt und trägt dazu bei, das Informationsbedürfnis der Österreicherinnen und Österreicher zu stillen. Diese Regionalisierung ist ein wesentlicher medienpolitischer, aber auch demo­kratiepolitischer Erfolg. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1393 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

19.47.57 6. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 792/A (E) der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ent­hebung von Mag. Herbert Haupt von der Funktion des Behindertenanwaltes (1361 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen damit in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Lapp. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


19.48.31

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! In diesem Entschließungsantrag bitten wir die Frau Ministerin, den Herrn Behin­dertenanwalt seiner Funktion zu entheben. Das ist ja eine längere Geschichte. Herr Mag. Herbert Haupt hat ja schon Interesse angemeldet, bevor noch das Gleichstel­lungsgesetz beschlossen wurde und die Behindertenanwaltschaft zur Disposition gestanden ist, indem er gemeint hat, er hätte die besten Voraussetzungen dafür.

Es gab dann eine Ausschreibung, und es erhielt – ohne Hearing – der Herr Ex-Vize­kanzler die Funktion des Behindertenanwalts. Die Frage des Versorgungspostens haben wir schon am Nachmittag diskutiert.

Und nun kommen wir zur entscheidenden Sache: In einem ersten Interview in einer Tageszeitung hat der Herr Behindertenanwalt davon gesprochen, dass er dafür


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kämpfen werde, dass das BZÖ im Parlament bleiben könne, dass er mit „wahl­kämpfen“ werde.

Sehr geehrte Damen und Herren, das ist eine Drohung gegenüber behinderten Menschen, denn im Behindertengleichstellungsgesetz ist festgeschrieben, dass der Behindertenanwalt seine Aufgabe unabhängig zu erfüllen hat! Aber in einem Interview gibt der Behindertenanwalt offen zu, dass er für eine politische Partei kämpfen werde. Das können sich behinderte Menschen nicht gefallen lassen, denn das riecht sehr danach, dass sie benachteiligt sind, wenn sie einer anderen politischen Partei angehören!

Außerdem setzt Herbert Haupt das Amt als Behindertenanwalt der Kritik aus, ein wichtiges Amt, denn behinderte Menschen haben nicht sehr viele Lobbies, die für ihre Anliegen eintreten. Dieses Amt sollte Haupt eigentlich mit Würde ausüben, mit großem Verantwortungsbewusstsein und großem Pflichtgefühl, aber diese Aussage in einem Interview in der „Kleinen Zeitung“, wo er gemeint hat, er werde dieses Amt dazu benützen, wahlzukämpfen, zeigt, dass nicht auf die Rechte und Anliegen der Men­schen, insbesondere der behinderten Menschen, eingegangen wird, sondern dass alle Institutionen in unserem Staat seitens des BZÖ dazu verwendet werden, ihren Verbleib hier im Hohen Haus zu sichern.

Haupt kann Unabhängigkeit nicht garantieren, denn behinderte Menschen können nicht gleich behandelt werden.

Frau Ministerin, machen Sie Schluss mit dieser Parteilichkeit – und entheben Sie den Behindertenanwalt seiner Funktion! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in diesem Interview wurden von Seiten des Behindertenanwaltes höchstens 10 Prozent der Zeit für die Anliegen der behinderten Menschen verwendet, der Rest für parteipolitischen Fragen. In diesem Interview geht es weiter damit, dass sich Herr Mag. Haupt in der Ortstafelfrage Haider anschließt, denn – das ist jetzt ein wörtliches Zitat – der ist so gut, dass man ihn „nicht mit Tricks von Taschenspielern und Winkeladvokaten los wird“.

Diese Aussage, sehr geehrte Damen und Herren, ist eine ganz eklatante Gefährdung der Demokratie, denn da werden geltende Rechtsübereinkommen missachtet und oberste Verfassungsrichter desavouiert und beschimpft. Auch da zeigt sich wieder, dass Mag. Herbert Haupt seine Funktion missbraucht und daher dieser Funktion enthoben werden soll. Jemand, der sich nicht an demokratische Spielregeln und an demokratische Vereinbarungen halten kann, kann nicht für behinderte Menschen eintreten. – Frau Ministerin, Sie sind gefordert: Entheben Sie den Behindertenanwalt seiner Funktion! (Beifall bei der SPÖ.)

19.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Marek. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


19.52.57

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herbert Haupt ist jetzt seit fast vier Monaten als Behindertenanwalt im Amt – und ich glaube, man kann sagen, dass er eine durchaus beachtliche Bilanz vorzuweisen hat. Er hat ja vor kurzem 100 Tage Behindertenanwaltschaft präsentiert und eine Bilanz vorgelegt, die sich durchaus sehen lassen kann. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Darauf komme ich aber später noch etwas näher zu sprechen.

Frau Kollegin Lapp, ich möchte zunächst auf Ihren Entschließungsantrag auch im Detail eingehen. (Abg. Mag. Lapp: Das ist auch Ihre Aufgabe!) – Danke, dass Sie mich


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an meine Aufgaben erinnern, das ist sehr nett! – Sie agieren mit diesem Antrag einmal mehr nach dem Prinzip: Wir behaupten halt jetzt einfach einmal irgendetwas, ohne jede sachliche Rechtfertigung, und es wird schon etwas hängen bleiben. – Kann sein, dass das politische Taktik ist, es ist aber ein denkbar schlechter Stil. Aber gut, wir kennen das ohnehin; das zieht sich ja durch wie ein roter Faden.

Genauso kommt mir nämlich auch die Begründung in Ihrem Antrag vor. Sie unterstellen Herbert Haupt darin, dass allein durch sein Bekenntnis zu einer politischen Partei die objektive Erfüllung seiner Aufgabe als Behindertenanwalt nicht gewährleistet sei, und Sie haben dabei sogar die Chuzpe – das haben Sie jetzt auch in Ihrer Rede wiederholt –, zu behaupten und ihm zu unterstellen, dass er behinderte Menschen, die nicht dem BZÖ nahe stehen, schlechter behandeln werde. – Das ist etwas, was ich mit aller Schärfe zurückweisen muss, denn das ist eine unglaubliche Unterstellung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber, Frau Kollegin Lapp, selbst Sie – ich habe heute zwei Stunden im Internet gesurft und habe nach Aussagen von Ihnen gesucht – finden keinerlei sachliche Argumente, die gegen Herbert Haupt als Behindertenanwalt sprechen. Das einzige „Argument“, das Sie in der Diskussion immer wieder anführen, ist das der „parteipolitischen Motivation“. Ich glaube, das ist das Problem, das Sie selber haben: Sie selber schauen offenbar nur durch die „Parteibrille“. Ich denke, hier gilt ein Sprichwort, das ich Ihnen gerne ins Stammbuch schreiben möchte: „Wie der Schelm denkt, so ist er!“ (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Parteipolitische Tätigkeiten und die Zugehörigkeit zu einer Partei sind doch wohl per se nichts Schlechtes. Ich warne davor, wenn wir eine derartige Diskussion führen, grundsätzlich parteipolitische Zugehörigkeit oder parteipolitisches Zugehörigkeitsgefühl zu verbieten oder madig zu machen, denn: Das lässt sich durchaus vereinbaren mit einer objektiven Tätigkeit, einer überparteilichen Tätigkeit, wie etwa eben der als Behin­dertenanwalt. Das hat etwas mit Professionalität zu tun, Frau Kollegin, auch wenn Sie dieses Wort beziehungsweise die Bedeutung dieses Wortes vielleicht nicht kennen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Festhalten möchte ich auch, dass es unbedingt möglich sein muss, dass eine Person – egal, in welcher Funktion sie ist – auch als Privatperson Stellung zu etwas beziehen kann. Und das kann doch nicht heißen, dass diese Person grundsätzlich in jeder Funktion in Frage gestellt wird.

Das Engagement für behinderte Menschen, meine Damen und Herren, ist etwas, was Herbert Haupt seit vielen Jahren, konkret – ich habe mir das angesehen – bereits seit 1978, ganz besonders auszeichnet, und das, seit er in der Politik tätig ist. Das hat selbst Kollege Öllinger im Sozialausschuss dem Herrn Behindertenanwalt Haupt zugestanden: Engagement im Sinne der Behinderten und für die Behinderten. Das habe ich heute im Protokoll nachgelesen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Na bitte! Der Öllinger muss es wissen! Hin und wieder sagt er die Wahrheit!)

Ich kann hier nur noch einmal feststellen: Ich habe nirgends auch nur einen Kritikpunkt gefunden, der es in irgendeiner Weise sachlich rechtfertigen würde, Herbert Haupt als Behindertenanwalt zu kritisieren.

Ein paar Punkte, die Herbert Haupt als Behindertenanwalt auszeichnen:

Als Gemeinderat hat er sich durch die Integration und Gleichberechtigung behinderter Menschen ausgezeichnet. Die Förderung des Behindertensports war für ihn ein wichtiges Thema. Und: Er hat immer wieder zahlreiche Aktivitäten und Initiativen zur Bewusstseinsförderung für die Probleme behinderter Menschen gesetzt. Ich glaube, dass das etwas sehr Wichtiges ist, dass das etwas ist, was ein Behindertenanwalt tun


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soll: In der Bevölkerung entsprechendes Bewusstsein zu schaffen für die Anliegen und Probleme behinderter Menschen.

Als Minister hat Herbert Haupt die Beschäftigungsoffensive, die so genannte Behin­dertenmilliarde zur Eingliederung von Menschen mit Behinderungen in den Arbeits­markt initiiert, und zwar mit dem Ziel der beruflichen Integration. Neben zahlreichen weiteren Initiativen im Sinne der Behinderten wurde in seiner Zeit als Sozialminister schließlich das Behindertengleichstellungsgesetz beschlossen. Ich glaube, es wird selbst Ihnen nicht gelingen, dieses schlecht zu reden, denn das ist sicher einer der größten Erfolge von Herbert Haupt in seiner Funktion als Sozialminister.

Ich kann Ihnen versichern, dass Herbert Haupt als Regierungsmitglied durchaus hart­näckig sein konnte in seinem Einsatz für die behinderten Menschen in unserem Lande, wenn es etwa um die Schaffung eines entsprechenden Bewusstseins gegangen ist. Herbert Haupt zu unterstellen, dass er auf Grund seines Bekenntnisses zu einer Partei nicht objektiv für behinderte Menschen arbeiten könne, das entbehrt wirklich jeder Grundlage – und sollte eigentlich sogar Ihnen von der Opposition zu billig sein! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Haidlmayr. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


19.58.49

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich zu meinem eigentlichen Debattenbeitrag komme, möchte ich doch feststellen, dass ich etwas besonders erwähnenswert finde – ich weiß nicht, wem es noch aufgefallen ist –: Ich bin erstaunt, dass zu diesem Thema von der ÖVP nicht als Erstredner der Behindertensprecher ans Rednerpult rollt, sondern eine andere Abgeordnete. (Abg. Großruck: Es gibt immer Überraschungen im Leben!) Was steckt da dahinter? Was sagt das aus? (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich hätte gedacht, wir sind schon einen Schritt weiter und Menschen mit Behin­derungen können sich auch in der ÖVP selbst vertreten. – Tatsächlich ist es aber nicht so, und darüber sollten Sie nachdenken, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist wirklich erstaunlich, dass Kollege Huainigg erst als Zweitredner reden darf, obwohl es um die Problematik von Menschen mit Behinderungen geht. Aber vielleicht gibt es eine Erklärung, die auch für mich schlüssig ist. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Jetzt zum Themenschwerpunkt: Frau Ministerin Haubner, es ist kein Geheimnis, dass Sie den Posten des Behindertenanwaltes beziehungsweise der Behindertenanwältin nicht ausschreiben hätten müssen. Es steht nirgends im Gleichstellungsgesetz, dass Sie die Stelle ausschreiben müssen. Sie haben es aber getan. Es gab zwölf Bewer­bungen, eine davon war die von Herbert Haupt. Wir alle haben es gewusst, und zwar nicht deshalb, weil die anderen das Wissen nicht hatten (Abg. Walch: Weil er der Beste ist!) oder die Qualität, den Behindertenanwalt/die Behindertenanwältin zu stellen, sondern es war immer klar, wenn sich Herbert Haupt offiziell zum BZÖ bekennt, dann wird er Behindertenanwalt. Macht er das nicht, wäre es jemand anderer geworden. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich kann mich noch gut daran erinnern: Zwei Tage bevor der Behindertenanwalt von Ihnen nominiert worden ist, ist medial die Entscheidung gefallen, Herbert Haupt hat sich zum BZÖ bekannt. Zwei Tage später war er Behindertenanwalt. So ein „Zufall“, Frau Ministerin, dass angeblich eine Kommission die Unterlagen der zwölf Bewer­berInnen entsprechend beurteilt hätte. Nichts haben sie getan, sondern ausschließlich drei Leute – jemand von Ihrer Partei, jemand vom Ministerium und ein Vertreter der


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ÖAR – haben die Bewerbungen nach formellen Gesichtspunkten gesichtet, und das war’s! (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Sie, Frau Bundesministerin Haubner, haben entschieden, ohne jemanden zu fragen, und Ihre Entscheidung kennen wir! Es ist unehrlich, Frau Ministerin, dass Sie elf andere Leute die Bewerbung schicken lassen, obwohl Sie sowieso wissen, dass es Herbert Haupt wird, wenn er sich zum BZÖ bekennt.

Es wurde jetzt von Frau Abgeordneter Marek erwähnt, dass niemand über das Behindertengleichstellungsgesetz schimpfen könne, dass sich niemand finden werde. Doch: Wir Grüne – und nicht nur wir! Es hat vor wenigen Tagen eine Pressekonferenz mit dem Titel „100 Tage Herbert Haupt“ gegeben. Ich habe geglaubt, ich höre und lese schlecht: Alles, was wir in all den Jahren bei der Entstehung dieses Behinder­ten­beistellungsgesetzes bemängelt und praktisch verachtet haben, hat jetzt auch der ehemalige Minister Haupt mit uns mit bemängelt. Er hat auch gesagt, dass die Übergangsfristen zu lange sind, dass die Beweislastumkehr fehlt und die Unterlassung von Diskriminierungen fehlt. – All das stimmt, ja!

Herr ehemaliger Minister Haupt, Herr Behindertenanwalt Haupt: Guten Morgen, jetzt haben Sie es auch begriffen, was wir Ihnen schon seit Jahren sagen! Ich gebe Ihnen Recht: Ja, es ist ein zahnloses Gesetz, aber Sie als damaliger Minister haben gesagt: Wir sind so gut! 100 Tage später im Amt sagen Sie, dass das Gesetz nicht gut ist, im Gegenteil, dass es sehr schlecht ist. – Und da stimme ich Ihnen zu: Ja, es ist ein schlechtes Gesetz, und wir hätten uns etwas anderes erwartet. Aber Sie als damaliger Minister haben uns dieses Gesetz vorgesetzt und gesagt: Es ist gut! Was habt ihr denn? – Jetzt sind Sie munter geworden. Es ist leider zu spät, weil wir dieses schlechte Gesetz nun am Hals haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich kann jeder politisch stehen oder sitzen, wo er will, das ist jedermanns Sache, aber: Ein Behindertenanwalt hat über den Dingen zu stehen! Es ist für viele Menschen, die mit dem BZÖ oder den Freiheitlichen oder wo immer man hin- und herschaukelt, nichts zu tun haben wollen, ein per­sönliches Problem, zu jemandem gehen zu müssen, der öffentlich sagt: Ich bin vom BZÖ, und ich werde mich für das BZÖ zur Gänze in den Wahlkampf schmeißen! – Das ist ein Problem!

Herr Haupt, ich ersuche Sie, davon Abstand zu nehmen und das zu unterlassen, wenn Sie tatsächlich ein Anwalt für alle behinderten Menschen sein wollen, denn damit schaffen Sie sich kein Vertrauen, sondern nur Ablehnung! Das wäre genauso, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn die Volksanwälte auf parteipolitischen Bühnen herumtummeln würden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Was ist mit Stadler?)

Bei Stadler habt ihr alle es mit Recht bekrittelt, aber in diesem Fall wäre es plötzlich okay. Das ist auch nicht okay, und es darf auch nicht sein. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Haupt, ich erwarte mir von Ihnen, dass Sie ein Behindertenanwalt sind, der nichts mit Parteipolitik zu tun hat und zu dem alle Menschen mit Behinderungen den gleichen Zugang haben sollten!

Noch etwas, meine sehr geehrten Damen und Herren: Ob der Behindertenanwalt Haupt gut oder schlecht ist, können wir noch nicht bewerten, das kann kein Mensch jetzt schon tun. Es hat noch keine einzige Klage gegeben, die der Herr Minister durchgezogen hat, weil nämlich die Verfahrensdauern zu lange sind, daher hat er es überhaupt noch nicht können. Wir wissen noch nicht, was sich alles mehr oder weniger schon angesammelt hat und was man jetzt versucht, mit 400 € Schmerzensgeld oder


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Beleidigung oder wie man es immer nennt, abzuschieben und keine Klagen durch­zuführen.

Herr Haupt, Sie haben den Beweis noch nicht angetreten, ob Sie gut sind, das wird sich zeigen. Im Juli werden wir vielleicht mehr wissen. Eines sei Ihnen gesagt: Nehmen Sie Abstand von der Parteipolitik und versuchen Sie, ein Behindertenanwalt zu sein, der alle Menschen mit Behinderungen vertritt, auch wenn diese nicht Ihrer Partei zugehörig sind – und das sind fast alle, das möchte ich auch dazu sagen! (Beifall bei den Grünen.)

Ich ersuche Sie, Herr Minister Haupt, das, was Sie nach Ihren 100 Tagen festgestellt haben, nämlich dass das Gesetz ein „Schaß“ ist, wie man bei uns landläufig sagt – das habe nicht ich gesagt, sondern der Herr Minister Haupt (Abg. Mag. Tancsits: Schön sprechen!) –, zu bereinigen. Ich sage nur, er hat Recht. Setzen Sie Initiativen, damit wir endlich eine Novellierung und ein Behindertengleichstellungsgesetz bekommen, das diesen Namen tatsächlich verdient. Dieses ist es nicht, Sie haben sich ordentlich geirrt, Ihr Gesetz ist ein Schmarr’n, Ihr Gesetz ist schlecht. Gehen Sie zu Ihrer Frau Ministerin, die Ihnen diesen Posten gegeben hat, und sagen Sie ihr, dass das Gesetz novelliert werden muss, und zwar nicht irgendwann, sondern sofort.

Das wäre der erste Beweis dafür, ob Sie, Herr Haupt, tatsächlich im Interesse der Menschen mit Behinderungen arbeiten – oder ob es Ihnen ausschließlich um Ihre Versorgung und um Postenschacher geht.

Herr Behindertenanwalt Haupt, ich gebe Ihnen die Chance. Sie haben jetzt Zeit, das zu nutzen und zu handeln. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeord­neten der SPÖ.)

20.07


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

 


20.07.41

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche)|: Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Haidlmayr, es steht Ihnen überhaupt nicht zu, die Rednerliste zu zensurieren. Jede Partei kann die Redner reihen, wie sie das möchte. Nächstes Mal sagen Sie, bei uns muss dieser oder jener reden. Sie wollen auch nicht, dass wir uns in die Reihung Ihrer Rednerliste einmischen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Außerdem glaube ich, dass Kollege Huainigg Ihre Unterstützung überhaupt nicht notwendig hat, er kann sich selbst rühren, davon bin ich hundertprozentig überzeugt. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Noch etwas, Frau Abgeordnete Haidlmayr: Sie haben Herrn Behindertenanwalt Haupt vorgeworfen, erst jetzt habe er begriffen, dass das Gesetz – ich verwende nicht das Wort, das Sie verwendet haben – nichts tauge. – Wir haben doch immer davon ge­sprochen, dass das Behindertengleichstellungsgesetz so, wie es von uns beschlossen wurde, ein Anfang ist. Es war im Augenblick nicht mehr durchzusetzen. Wir haben Nahziele angepeilt – und selbstverständlich war immer die Rede davon, dass es auch verbessert wird. Ich habe auch schon in meiner Rede zum Behinderten­gleichstellungs­gesetz gesagt, dass die Übergangsfristen verringert werden sollten; das ist doch vollkommen klar. Herbert Haupt jetzt als Dummerl hinzustellen, der damals nicht gewusst habe, dass man noch vieles verbessern müsse, ist doch ganz einfach lächerlich.


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Frau Abgeordnete Haidlmayr, mir ist lieber, dieses Gesetz „am Hals“ zu haben, als überhaupt kein Behindertengleichstellungsgesetz zu haben. Dieses Bundesbehin­der­ten­gleichstellungsgesetz ist unter Minister Haupt zuwege gebracht worden.

Frau Abgeordnete Lapp, nun zu Ihnen, denn Ihren Antrag behandeln wir ja. Ich gestehe Ihnen zu, dass Sie Interesse für Behindertenangelegenheiten haben, dass Sie auch Verständnis dafür haben. Ich nehme Ihnen ab, dass Sie das tatsächlich ernst meinen. Das war aber früher nicht so, denn früher hat es in der SPÖ, bevor Sie, Frau Abgeordnete Lapp, hier her gekommen sind, niemanden gegeben, der sich mit Behindertenfragen auseinander gesetzt hat. Das muss man auch einmal feststellen, und das habe ich damals oft kritisiert. Aber mit diesem Antrag, Frau Abgeordnete Lapp, zeigen Sie, dass Ihnen billige Polemik wichtiger ist als Angelegenheiten der Behin­derten – und das verurteile ich!

Es geht Ihnen offensichtlich darum, politisches Kleingeld zu schlagen und in geradezu bösartiger Weise den Behindertenanwalt anzugreifen, ihm Dinge zu unterstellen, die überhaupt nicht passiert sind. Und das finde ich wirklich unseriös – und auch unfair! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

So zum Beispiel verstehen Sie auch § 13 Behindertengleichstellungsgesetz völlig falsch. Darin steht eindeutig, dass der Bundesbehindertenanwalt weisungsfrei und unabhängig ist. Selbstverständlich wird ihm aber nicht abgesprochen, eine ideolo­gische Meinung zu haben, und selbstverständlich kann er diese Meinung auch äußern. Das ist genau so wie bei einem Richter. Ein Richter ist unabhängig, er muss objektiv sein, aber selbstverständlich hat er – wie jeder andere Mensch auch – eine eigene Ideologie, eine Weltanschauung, nur muss er diese Weltanschauung bei seiner Urteilsfindung zurückstellen. Das ist wichtig! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das verstehen die Roten nicht!)

Weisungsfrei ist ja das Allerwichtigste. Das heißt, er muss keine Weisungen entgegen nehmen, und das macht er auch nicht. Ich bin überzeugt davon, dass Frau Ministerin Haubner überhaupt nicht die Absicht hat, ihm eine Weisung zu geben. Was soll sie ihm sagen? – Geben Sie dem einen Behindertenverein keinen Gesprächstermin? Oder soll sie sagen, das musst du ablehnen? – Ich weiß überhaupt nicht, wovor Sie so große Angst haben, dass Weisungen erteilt werden könnten. Ich finde, diesbezüglich sollten Sie schon ein bisschen Ihre Meinung revidieren.

Ich weiß nicht, wieso Sie auf die Idee kommen, dass Nicht-BZÖ-Behinderte schlechter behandelt werden als andere. Frau Abgeordnete Lapp, in welchen Kategorien denken Sie?! – Das ist doch eigentlich beängstigend! (Abg. Mag. Tancsits: Gemeinde Wien!) Ich kann mir nur vorstellen, dass das das eingeprägte sozialistische traditionelle Denken ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In Wien hat jemand nur eine Wohnung bekommen, der Sozialist ist. Es hat jemand nur einen Job bei der Gemeinde bekommen, der Sozialist ist. Und bei der Polizei ist man, als alles noch sozialistisch dominiert war, nur dann aufgenommen worden, wenn man Sozialist war. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist immer noch so! – Abg. Reheis: Das ist ein Blödsinn!)

Das ist für Sie, Frau Abgeordnete Lapp, offensichtlich noch immer der Leitfaden, denn anders kann ich mir nicht vorstellen, wieso Sie solch skurrile Behauptungen aufstellen, dass jemand benachteiligt werde, weil er nicht dem BZÖ angehört. – Das ist doch bitte an den Haaren herbeigezogen! Wie gesagt, ich kann das nur auf Grund Ihrer sozialistischen Vergangenheit – „Vergangenheit“ kann man gar nicht sagen – bezie­hungsweise auf Grund Ihres sozialistischen Denkens ableiten.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 201

Frau Haidlmayr hat gefragt: Wieso soll jemand zu einem Behindertenanwalt gehen, der dem BZÖ angehört? Aber die Volksanwälte werden laut Gesetz ... (Abg. Faul: Sie sind selbst unter Druck gesetzt worden vom BZÖ!) Ich bin über nicht unter Druck geraten, nein, das stimmt überhaupt nicht. Ich bin vom BZÖ überhaupt nicht unter Druck gesetzt worden! (Abg. Faul: Warum sind Sie dann ausgetreten?) – Nein, das haben Sie völlig falsch verstanden, Sie haben wieder einmal etwas nicht richtig verstanden!

Nun zu den Volksanwälten: Es gibt einen SPÖ-Volksanwalt Kostelka, es gibt eine ÖVP-Volksanwältin Bauer, und es gibt den FPÖ-Volksanwalt Stadler. Zu diesen Anwälten kommen auch Leute hin – wahrscheinlich ist es die Mehrheit –, die nicht dieser Partei angehören. Ich glaube, das sollte man schon richtig sehen – und nicht nur durch die polemische Brille. (Zwischenruf des Abg. Faul.)

Sie von der SPÖ haben Herbert Haupt auch vorgeworfen, er halte sich nicht an demokratische Spielregeln. – Herbert Haupt hat nicht einmal einen Ansatz gesetzt, sich nicht an die Spielregeln zu halten oder gegen demokratische Grundregeln zu ver­stoßen. Frau Abgeordnete Lapp, wenn so etwas vorläge, dann hätten Sie sagen müssen, der Herr Behindertenanwalt Haupt hat gegen die demokratischen Regeln, hat gegen das Gesetz verstoßen! Das hätten Sie ihm aber wirklich dezidiert sagen müssen. Aber so etwas nur zu behaupten, weil es Ihnen in den politischen Kram passt, das ist unseriös! Das ist Ihrer nicht würdig, Frau Abgeordnete Lapp! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nun zur Person des Behindertenanwaltes Herbert Haupt: Ich kenne niemanden, der besser als er für diese Tätigkeit geeignet wäre. (Abg. Haidlmayr: Ich schon, ich kenne mehrere!) Herbert Haupt  hat als Minister bewiesen, dass ihm Behinderten­angele­genheiten wichtiger sind als alles andere.

Herbert Haupt hat als Sozialminister weit reichende Aufgaben gehabt, aber die Behinderten hatten und haben  immer Vorrang bei ihm. Er hat auch die Behin­derten­milliarde eingeführt, weitergeführt und zum ersten Mal nach Jahren das Pflegegeld erhöht! Herbert Haupt ist sensibel, ist geduldig – und äußerst verständnisvoll.

Ich war irgendwann einmal bei der Frau Justizministerin und habe mit ihr wegen des Sachwalterschaftsgesetzes verhandelt. Nach mir ist der Herr Behindertenanwalt Haupt gekommen, weil er im Justizbereich etwas für Behinderte machen wollte. Ich war bei Frau Innenministerin Prokop. Nach mir kam der Behindertenanwalt, weil er im öffent­lichen Bereich bei der Exekutive etwas für die Behinderten machen wollte. Ich habe eine Einladung vom Verein Morbus Bechterew bekommen. Und wer war dort als Hauptredner geladen? – Der Herr Bundes-Behindertenanwalt Herbert Haupt! Ich weiß von vielen Interventionen, denen er nachgekommen ist. (Zwischenruf des Abg. Faul.) – Sie wissen’s doch selbst ganz genau, ich brauche Ihnen überhaupt nichts mehr aufzuzählen!

Herbert Haupt bringt meiner Überzeugung nach nach die besten Voraussetzungen für diese Tätigkeit mit. Ich bin überzeugt davon, dass alle Behinderten – egal, welcher ideologischen Geisteshaltung – bei ihm bestens aufgehoben sind. Ich sehe überhaupt keinen Grund dafür, dass die Frau Ministerin Herbert Haupt absetzen oder abberufen beziehungsweise dass er zurücktreten sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 202

20.16


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. – Bitte.

 


20.16.38

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Partik-Pablé, ob Herr Haupt die besten Voraussetzungen hat, das können wir sehr schwer feststellen, da es kein Hearing gegeben hat. Das Sein bestimmt das Bewusstsein – und das wird kaum so deutlich wie bei Ihrer ehemaligen selbsternannten Saubermannpartei. Dass Sie Parteibuchwirtschaft ankreiden, ist wohl ein starkes Stück, denn: Postenschacherei hat sich wie ein schwarz-blauer, jetzt -oranger Faden durch Ihre Regierungszeit gezogen! Aber jetzt in der Stimmung der Torschlusspanik fallen offensichtlich alle Hemmungen bei Ihnen.

Wie in der Dringlichen Anfrage schon erörtert wurde, ist Haupt nur einer von vielen Politgünstlingen, die, so lange es geht, in lukrative Positionen gehievt werden. Um Ihre Leute möglichst langfristig zu versorgen, bringen Sie alle Ihre Kreativität auf. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Man merkt, dass das nicht Ihr Fachgebiet ist! Man merkt das! Sonst eine gute Rednerin!) Da werden Kernaufgaben der Ministerien ausgelagert, um Ihnen Nahestehende mit privatwirtschaftlichen Verträgen abzusichern, die auch dann noch nachfolgende Regierungen binden sollen. So geschehen ist das auch bei der Familien-GesmbH des Sozialministeriums oder jetzt bei der Gesundheits-GesmbH des Gesundheitsministeriums.

Haupt sticht aber insofern aus der Riege der Versorgungskinder hervor, als er eben ein sehr hoch sensibles Amt besetzt, an das schon vom Gesetz her – und das ist das Gute daran – hohe Ansprüche an die Unabhängigkeit, insbesondere an die politische gestellt werden. Dass Sie das so eigenartig interpretieren, ist auch ein sehr starkes Stück, denn das schon viel zitierte Interview in der „Kleinen Zeitung“ und auch sonstige Äuße­rungen des ehemaligen Ministers Haupt zeigen ganz deutlich, dass er gar nicht daran denkt, sein Amt unpolitisch auszuüben, sondern alles, wie er selbst gesagt hat, dazu tun wird (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Reine Polemik!), damit die BZÖ wieder ins Par­lament, ja sogar in die Regierung kommt. Und da nimmt er sich sehr viel vor. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das BZÖ! Das BZÖ!)

Gut, dass Sie das BZÖ geschlechtsneutral sehen, weil dann können Sie sich wenigstens nicht weiter vermehren – aber diese Gefahr ist bei Ihnen ohnehin gebannt. (Beifall bei der SPÖ.)

Herbert Haupt wird diesen politischen Auftrag auch mit bekommen haben, um den Dank seiner Partei und auch seines Koalitionspartners zu rechtfertigen, der ihm während seiner Regierungstätigkeit sehr oft versagt wurde. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Bei dieser Wortmeldung qualifiziert sich der Rest der Rede selbst!) Wir erinnern uns: Wenn es brenzlig wurde, hat sich Haupt hingesetzt und wie ein begossener Pudel die Kritik der Opposition einzustecken gehabt – auch für den Koalitionspartner. Er hat nach dem Knittelfelder Putsch die Partei übernommen, was Herbert Haupt übrigens mit dem ebenfalls sehr gut versorgten Mathias Reichhold verbindet.

Sie mögen Ihre Gründe haben für Ihre Personalpolitik, aber: Für eine Allianz der Notnägel ist uns dieses Land wirklich zu schade! (Beifall bei der SPÖ.)

20.19


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Haubner. – Bitte.

 


20.20.01

Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich begrüße heute bei diesem Tagesordnungspunkt den auf der Galerie anwesenden Behindertenanwalt


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 203

Herbert Haupt, der diese hier Diskussion verfolgt. Ich möchte auch feststellen, dass er keinerlei Versorgung bedarf, wie sich das die Kolleginnen und Kollegen von der sozial­demokratischen Fraktion vorstellen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mag. Herbert Haupt ist seit 1. Jänner dieses Jahres als Behindertenanwalt für die Belange der Menschen mit besonderen Bedürf­nissen zuständig. (Abg. Haidlmayr: Wir haben keine „besonderen Bedürfnisse“!) Und diese Einrichtung ist ein besonderes Element zur Durchsetzung der Rechte, die auch im Behindertengleichstellungsgesetz aufgelistet sind.

Erlauben Sie mir, die Aufgaben des Behindertenanwaltes, so, wie sie im Bundes­behindertengesetz stehen, noch einmal darzustellen: Der Behindertenanwalt ist für die Beratung und Unterstützung von Personen zuständig, die sich im Sinne des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes oder der Anti-Diskriminierungsbestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes diskriminiert fühlen. Er kann zu diesem Zweck Sprech­stunden und Sprechtage im gesamten Bundesgebiet abhalten.

Der Behindertenanwalt ist in Ausübung seiner Tätigkeit selbständig, unabhängig und an keine Weisungen gebunden. Der Behindertenanwalt kann Untersuchungen zum Thema Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen durchführen sowie Berichte veröffentlichen und Empfehlungen zu allen die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen berührenden Fragen abgeben.

Der Behindertenanwalt hat jährlich einen Tätigkeitsbericht an den Bundesminister/an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz zu legen sowie dem Bundesbehindertenbeirat, dessen Mitglied er auch ist, mündlich zu berichten.

Die Bestellung durch die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz ist gesetzlich an keine Formerfordernisse gebunden. Die Funk­tionsperiode beträgt vier Jahre. Die Bundesministerin hat den Behindertenanwalt von seiner Funktion zu entheben, wenn dieser die Enthebung beantragt oder die Pflichten seiner Funktion vernachlässigt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herbert Haupt hat 20 Jahre lang für diese Republik in den verschiedensten Funktionen ausgezeichnete Arbeit geleistet. Ich denke, gerade auch in seiner Tätigkeit als Bundesminister für soziale Sicherheit hat er sich über Parteigrenzen hinweg in der Behindertenarbeit einen untadeligen Ruf erwor­ben, und zwar als jemand, dem die Probleme der Menschen mit Behinderungen ein Herzensanliegen sind.

Herbert Haupt erfüllt seine Aufgaben erstklassig! Seine bisherige Bilanz, diese 100 Tage Behindertenanwaltschaft, spricht eine positive Sprache. (Abg. Haidlmayr: ... Eigenvorsorge!)

Ich weise darauf hin, dass sich bis dato 470 Personen an die Behindertenanwaltschaft gewandt haben, dass Herbert Haupt als seine Schwerpunkte Beratungs- und Infor­mationstätigkeit macht, dass er in diesen 100 Tagen vor allem auf besondere Themen hingewiesen hat, dass im Bereich der Sachwalter-Rechtsnovelle verschiedene Ände­run­gen vorgenommen werden sollen, dass er sich sehr intensiv für das hier im Parlament zu beschließende Bündelgesetz einsetzt, dass er sich sehr intensiv mit dem Benachteiligungsverbot befasst, dass er das Problem, das es immer wieder mit Einstufungen bezüglich der Sachverständigen gibt, ganz in den Vordergrund stellt, dass er bundesweit eine Kooperation mit Behindertenorganisationen macht, dass er über Projekte, deren Finanzierung und deren Durchführung berät und dass er, wie ich schon gesagt habe, Bürgersprechtage in den Landesstellen der Bundessozialämter abhält.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 204

Das Ergebnis dieser 100 Tage zeigt, dass wir es bei Herbert Haupt mit einem Behindertenanwalt zu tun haben, der höchste Pflichterfüllung zeigt, der höchste Ver­ant­wortung und Sensibilität zeigt – und vor allem auch sehr intensives menschliches Engagement. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nun zu diesem Antrag, sehr geehrte Frau Kollegin Lapp. Ich möchte diesen Antrag mit der darin enthaltenen Forderung zum Anlass nehmen und zu bedenken geben, dass wir in einer Demokratie – jeder von uns – das Recht der freien Meinungsäußerung haben. Somit kann jeder seine politische Meinung vertreten. Und das gilt für alle. Das ist Gott sei Dank ein Bestandteil unserer Demokratie. Das gilt für alle!

Das gilt auch, meine Damen und Herren, für meine Beamten im Sozialministerium, die allen Fraktionen angehören, für die Beamten in den höchsten Funktionen, die wichtige Entscheidungen zu treffen haben. Ich habe rote Beamte, ich habe schwarze Beamte, ich habe grüne Beamte, Beamte, die Gemeinderäte sind, die Landtagsabgeordnete sind. Ich hatte bisher keinen Grund, an deren Amtsführung, an deren objektiver Amts­führung zu zweifeln, auch wenn sie sich im Rahmen einer Wahl für eine Position bewerben. Und was für Rot, für Schwarz und für Grün gilt, gilt auch für den Behin­dertenanwalt, auch wenn er keiner dieser Parteien angehört. (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Was, wie ich gesagt habe, für diese Beamten gilt, die sehr wohl Entscheidungen zu treffen und auch das Sozialministerium nach außen zu vertreten haben, gilt auch für Herbert Haupt, vor allem dann, wenn es seine Freizeit betrifft. Das ist, so glaube ich, ganz klar herausgekommen und das hat Herbert Haupt auch in einem Interview gesagt, als er um seine politische Meinung gefragt wurde. Er wurde nicht nur gefragt, wie er sein Amt anlegt, sondern er wurde ganz dezidiert um seine politische Meinung gefragt und dieser politischen Meinung hat er Ausdruck verliehen.

Daher bitte ich Sie wirklich: Beenden Sie diese polemischen Unterstellungen und sehen Sie Herbert Haupt als jemanden, der letztendlich in seiner Arbeit für eine Gruppe von Menschen Partei ergreift, nämlich für Menschen mit Behinderungen, für Menschen, die besonders unsere Unterstützung und unsere Begleitung und vor allem auch gleiche Rechte brauchen!

Wenn Sie das so sehen, dann werden Sie auch sagen, dass Herbert Haupt die richtige Wahl ist. Ich sehe keinen Grund, Herbert Haupt von seiner Funktion abzuberufen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.27


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. – Bitte.

 


20.27.27

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Es ist nett, dass sich meine Kollegin Sorgen um meine Stellung in der Rednerliste macht. Nur: Ich habe kein Problem damit, als Zweiter meiner Partei zu reden, und überlasse als Gentleman gerne einer engagierten Kollegin den Vortritt. Es ist schon vieles gesagt worden, das ist die Schwierigkeit, wenn man später drankommt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich muss sagen, dass an Herbert Haupt, an seiner Kompetenz und an seinem Wissen wirklich nicht zu zweifeln ist. Allein wenn man mit ihm spricht, merkt man, dass er stundenlang aus dem Nähkästchen plaudern könnte. Herbert Haupt hat ein großes Wissen, was den Sozialbereich betrifft, das er sich auch als sehr engagierter Sozial­minister aneignen konnte.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 205

Herbert Haupt hat die Behindertenmilliarde und die persönliche Assistenz am Arbeitsplatz eingeführt. Er hat das Gleichstellungsgesetz mit eingebracht. Es ist sehr viel durch ihn passiert. Auch die Art und Weise, wie er jetzt die Behinderten­anwalt­schaft angeht und durchführt, lässt sehr viel erwarten, denn allein in dieser kurzen Zeit hat er alle Bundesländer, alle Behindertenorganisationen abgeklappert und hat viele Gespräche sowie Beratungen durchgeführt.

Herbert Haupt hat auch – das zeigt sein Engagement, das sich in seiner Aufgabenliste findet – alle Landeshauptleute angeschrieben mit der Bitte, doch Ambulanzen für gehörlose Menschen in den Landeskrankenhäusern einzurichten. Und angeblich gibt es da auch Interesse von Seiten einiger Bundesländer. Ich glaube, dass er auch auf diese Art und Weise Überzeugungsarbeit leistet und wichtige Impulse setzt. Dieses Amt passt sehr gut zu ihm.

Da an dieser Funktion kritisiert worden ist, dass er nicht weisungsfrei sei, muss ich sagen, das stimmt nicht, denn es steht im Gleichstellungsgesetz drinnen, dass dieses Amt weisungsfrei ist. Natürlich hätte man es auch in den Verfassungsrang heben können, aber dazu bedarf es einer Mehrheit im Parlament, die jedoch beim Gleich­stellungsgesetz bedauerlicherweise nicht gegeben war. (Abg. Scheibner: Eben!)

Auch die ersten Ergebnisse, wie das Gleichstellungsgesetz umgesetzt wird, liegen vor: Es gibt über 20 Schlichtungsverfahren, die auch sehr positiv laufen sollen. Es gibt eine hohe Bereitschaft auch seitens der Wirtschaft, rasch Lösungen zu finden und nicht zu warten, bis man vor Gericht geht. Es kommt teilweise auch gar nicht zu Schlichtungs­verfahren, weil die Probleme schon im Vorfeld gelöst werden. Ich glaube, dass das Gleichstellungsgesetz eine große Signalwirkung hat und auch vieles bewirken wird. Barrierefreiheit ist ein Thema geworden. Es passiert landauf, landab sehr viel in diese Richtung.

Ich möchte auch sagen, dass dem Behindertenanwalt Herbert Haupt etwas gelungen ist, nämlich dass gerade er diese Funktion innehat, mit dem Hintergrund, dass er Sozialminister war. Dieser Umstand verleiht diesem Amt quasi einen sehr hohen Stellenwert. Der Behindertenanwalt ist zu einer wichtigen Funktion geworden, auch als Ombudsfunktion.

Bezüglich Wahlkampf muss man sagen, dass er sicher nicht in seinem Büro Wahlzettel verteilen wird. Ich sehe es als selbstverständlich an, dass er nur in seiner Freizeit Wahlkampf führt. Es ist nicht fair, solche Behauptungen anzustellen, nur um eine Person madig zu machen, weil er sich eben zu einer politischen Funktion bekennt. Das ist einfach billige Polemik.

Herbert Haupt ist Behindertenanwalt; er ist ein guter Anwalt. Er wird das sicherlich gut machen. Behinderte Menschen können sich vertrauensvoll an ihn wenden. – Dies „in aller Klarheit“. – Danke. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen.)

20.34


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. Ich erteile es ihm.

 


20.34.15

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollegin Marek war der Meinung, sie enthülle ein Geheimnis, als sie sagte: Selbst der Öllinger hat im Sozialausschuss das Engagement des Kollegen Haupt nicht bestritten. – Ich bestreite es auch hier im Plenum nicht. Ich bestreite es nicht, denn es ist ein Faktum. Aber: Reicht dieses Argument in einer Würdigung des Antrags aus? Ich bestreite es nicht, es stimmt: Herbert Haupt ist engagiert.


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Frau Kollegin Marek, schauen wir vielleicht noch einmal die Umstände seiner Bestellung an und kommen wir zu dem, was sonst noch zu einem Behindertenanwalt Haupt zu sagen ist, der gerne und mit allem Einsatz für das BZÖ wahlkämpfen will.

Zur Bestellung. Herbert Haupt hat als Minister das Behindertengleichstellungsgesetz vorbereitet, hat auch die Behindertenanwaltschaft vorbereitet. Ich gehe davon aus, er hat das nicht gemacht – und davon gehe ich wirklich aus –, um sich damit selbst einen Posten zu schaffen.

Aber was ist passiert, Frau Kollegin Marek und meine sehr geehrten Damen und Herren? – Herbert Haupt tritt als Minister des BZÖ ab, wird wieder Abgeordneter, und seine nachfolgende Ministerin – auch vom BZÖ – setzt ihren Amtsvorgänger als Behindertenanwalt ein. Von einer Auswahl, von einem Vergleich mit den anderen Personen, die sich beworben haben, kann man da beim besten Willen nicht reden.

Okay, das ist ihre Entscheidung; da hat sich die Frau Ministerin zu rechtfertigen. Dafür ist sie zu kritisieren (Abg. Mag. Molterer: Oder nicht!) und wurde auch von unserer Seite kritisiert. Und wurde auch kritisiert! (Abg. Scheibner: Sie haben eine Aus­schreibung verlangt! Und die ist erfolgt!) – Was regen Sie sich auf? Das ist etwas, was meiner Meinung nach nicht in Ordnung ist, weil hier ganz klare Vorgaben, auch Versprechen gemacht wurden – auch in der Anfragebeantwortung wurde noch so getan –, als ob da ein Auswahlverfahren stattgefunden hätte. Und dieses hat es beim besten Willen nicht gegeben, ausgenommen eine Auswahl durch die Frau Ministerin, aber sicher nicht durch die angebliche Bewertungskommission. – Aber das ist nur der eine Punkt. (Abg. Scheibner: Die Bewertungskommission hat nichts entschieden!)

Der zweite Punkt ist: Frau Ministerin, Sie haben gesagt, Herbert Haupt braucht keinen Versorgungsposten. – Okay, aber dann frage ich Sie, Frau Ministerin: Warum ver­schweigen Sie uns nach wie vor, was der Herr Behindertenanwalt an Einkommen hat? Es ist die einzige Funktion im öffentlichen Bereich, die ich kenne – es gibt eine Bezügepyramide, eine Gehaltsoffenlegung –, bei der sich die zuständige Ministerin weigert, auch nur ein Detail des Einkommens offen zu legen. Es gibt sonst kein anderes Einkommen, bei dem das auch so ist. Wir wissen, wie viel ein Volksanwalt verdient. Die Frau Ministerin schreibt in der Anfragebeantwortung nur: Na ja, er verdient ungefähr so viel wie ein Anwalt, wie andere Anwaltschaften.

Aber warum sagen Sie es nicht, Frau Bundesministerin? Warum verschweigen Sie die Höhe des Gehalts, wobei uns zusteht, dass Sie dies offen legen?

Und dann sagen Sie auf der anderen Seite, es sei kein Versorgungsposten. – Bitte, das eine steht zu dem anderen auch in einer Beziehung, wenn auch nicht in einer sehr direkten.

Aber jetzt frage ich trotzdem weiter: Herbert Haupt war auch ein engagierter Politiker. Ja, für das BZÖ steht ihm – darin haben Sie völlig Recht, daran würde ich nicht rütteln – natürlich auch als Behindertenanwalt eine politische Meinung zu. Das ist überhaupt keine Frage. (Abg. Scheibner: Gut, dass Sie uns das zugestehen!)

Der Punkt ist doch der, ob jemand, der von einer BZÖ-Ministerin als BZÖ-Mann zum Behindertenanwalt in dieser Funktion bestellt wird, dann öffentlich erklärt, ich werde für das BZÖ wahlkämpfen und das Beste für dessen Erfolg machen. – Dann bekommt die ganze Sache eine leichte Schlagseite. (Abg. Neudeck: Ist das ein 24-Stunden-Job?)

Sie können sich erinnern, wir hatten eine ähnliche Debatte, und niemand bestreitet, dass wir bei der Volksanwaltschaft, bei der Auswahl der Volksanwaltschaft auch politische, parteipolitische Besetzungen vertreten können und vertreten wollen. Wir hatten aber eine politische Debatte über den Volksanwalt Stadler, weil dieser unserer Meinung nach mit bestimmten Gesetzen und auch politischen Traditionen dieser


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Republik in einen gewissen Widerspruch geraten ist (Abg. Scheibner: Das ist aber ein Unterschied!), und zwar öffentlich, und sich darüber hinaus noch massiv parteipolitisch betätigt hat. Auch wenn das damals Ihre gemeinsame Partei war, Kollege Scheibner, ich akzeptiere, Sie waren anderer Meinung als er; trotzdem haben Sie ihn in der Öffentlichkeit verteidigt und haben gesagt, er habe das Beste gemacht. (Abg. Scheibner: Was habe ich gesagt?)

Na selbstverständlich! Wir hatten hier eine Debatte, in der wir den Rücktritt von Stadler verlangt haben, und da waren Sie alle der Meinung: Nein, der Stadler ist super! (Abg. Scheibner: Keine „Lex Stadler“!)

Kommen wir zurück: Ich will Haupt nicht mit Stadler vergleichen, aber: Herbert Haupt erklärt als Behindertenanwalt öffentlich, dass er will, dass das BZÖ einen Wahlsieg einfährt. In dem gleichen Interview hat er, so wie der Kärntner Landeshauptmann Haider, den VfGH kritisiert. Das hat er auch noch als Parlamentarier hier in diesem Hause gemacht. Ich kann mich mit ihm aber nicht mehr politisch auseinandersetzen, weil ich dazu als Parlamentarier nicht die Möglichkeit habe – ausgenommen über einen Abwahlantrag. Für seine Bestellung ist seine Amtsnachfolgerin zuständig, und auch für seine Abberufung ist seine Amtsnachfolgerin zuständig. Da arbeitet eine Hand der anderen zu. Daher bleibt in einem solchen Fall und bei einer solchen Massierung von Verdachtsmomenten nicht viel anderes übrig.

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas: Ich habe nicht den Verdacht, dass Kollege Haupt irgendeinen Nicht-BZÖler anders behandeln wird. Nein, diesen Verdacht habe ich nicht! Ich glaube nicht, dass Haupt fragen wird: Bist du oder sind Sie vom BZÖ, von der SPÖ, von den Grünen oder von sonst einer anderen Partei? – Diesen Verdacht habe ich nicht! Aber mir reicht auch schon das Problem, dass der Einsatz des Kollegen Haupt, den ich nicht bestreite, unter Umständen in eine Aktivität des dahinsiechenden BZÖ umgemünzt werden könnte, und zwar bezahlt auf Kosten der Republik. (Zwi­schenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.) Dass es so dargestellt wird, dass das BZÖ Behindertenpolitik macht, obwohl Ihnen Kollegin Haidlmayr bereits deutlich dargestellt hat, dass zu der Zeit, als Kollege Haupt als Minister Behinderte zu vertreten hatte, gesetzlich genauso wenig weitergebracht wurde wie durch andere. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wie der Schelm denkt, so ist er!)

Der Punkt ist: Seinen Einsatz bestreite ich nicht. Was Herbert Haupt weiterbringt und wie Erfolge oder eine gut bezahlte Arbeit für die Republik im Interesse von Behinderten letztlich für das BZÖ umgemünzt werden, ist allerdings eine Frage, die uns zu interes­sieren hat.

Seien Sie mir deshalb nicht böse, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich sage: Bei entsprechenden Äußerungen muss ein Behindertenanwalt Haupt genauso aufpassen wie ein Volksanwalt Kostelka oder eine Volksanwältin Bauer, die das aber auch tun. (Beifall bei den Grünen.)

20.42


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Walch. – Bitte.

 


20.42.21

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Bundesminister! Werter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Öllinger, du weißt ganz genau, dass Herbert Haupt, der über 20 Jahre lang hier in diesem Hause Sozialpolitiker war, überparteilich beste Arbeit geleistet hat, und ich glaube, davon gibt es nur wenige hier.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 208

Was mich besonders persönlich schmerzt, ist, dass Frau Kollegin Haidlmayr hier wie ein Rohrspatz darüber schimpft, wie schlecht Herbert Haupt gewesen sei! – Ich weiß jedoch, wie oft Kollege Haupt mit Kollegin Haidlmayr persönliche Gespräche über Probleme oder über Hilfestellung für Menschen mit Behinderungen geführt hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Frau Kollegin Haidlmayr, gehen Sie heraus und entschuldigen Sie sich, denn das hat wirklich mit dem Charakter eines Menschen zu tun! (Abg. Öllinger: „Gehen Sie heraus“ ...?)

Etwas muss ich jetzt wirklich sagen: Ich verstehe nicht, wie Kollegin Lapp jetzt einen Antrag auf Abwahl stellen kann, nachdem ihre Partei jahrzehntelang die Regierungs­verantwortung gehabt und fast nichts oder nur wenig für behinderte Menschen in Österreich getan hat! Kollege Haupt hingegen hat als Sozialminister eine Behinderten­milliarde in Österreich eingeführt. Er hat wirklich veranlasst, dass für Menschen mit Behinderungen etwas getan und ihnen Hilfe angeboten wird. Er hat persönliche Hilfe, Hilfe am Arbeitsplatz, Unterstützungen und vieles mehr initiiert. Kollegin Lapp! Was ihr nicht gemacht habt, hat Kollege Haupt erledigt! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Und das war viel!)

Jetzt unterstellen Sie ihm, dass er in einem Interview, in dem er als Privatperson Haupt gesprochen hat, in etwa gesagt hat, dass er jetzt in seiner Tätigkeit als Behin­dertenanwalt für das BZÖ Aktivitäten setzen wird. Ich fordere Sie auf: Entschuldigen Sie sich für diese Behauptung, denn das hat er nie gesagt! Ich bin stolz auf das, was Herbert Haupt als Privatperson macht und dass er meiner Gesinnung angehört, denn er ist ein Mann, der Leistungen erbringt, das hat er bewiesen!

Kollegin Haidlmayr hat gesagt, dass er bis heute kein Gerichtsverfahren durchgeführt hat. Frau Kollegin Haidlmayr, ich bin seit 37 Jahren in einem Betrieb und seit 1976 Betriebsrat. Ich war jedoch mit dem Chef nicht sehr oft vor Gericht. Wenn man Durchsetzungsvermögen hat und Argumente bringen kann, dann braucht man kein Gericht! Wenn man immer gleich ein Gericht braucht, dann ist man auf gewisse Art und Weise schwach. Nur wenn es nicht mehr geht, dann muss man das Gericht ein­schalten.

Herbert Haupt hat Überzeugungskraft und Durchsetzungsvermögen. Er hat auch entsprechend Kritik geübt. Das hat man etwa bei seiner Abschiedsrede gesehen, bei der er einigen Parteien hier im Haus gleich mitgegeben hat, dass er, wenn er wieder in dieses Haus kommt, sehen will, dass hier inzwischen vieles behindertengerecht ist. Das hat er bei der einen und der anderen Partei gemacht, und genau so wird er es auch bei uns machen, und das ist der Beweis dafür, dass er ein überparteilicher Behin­dertenanwalt ist! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ihr von der Opposition schaut lieber, dass eure BAWAG- und eure SPÖ-Skandale in Ordnung kommen! Und die Grünen würde ich ersuchen, ein bisschen mehr bei der Wahrheit zu bleiben! Wir werden Herbert Haupt von niemandem abschießen lassen, er ist einer der besten Behindertenanwälte in Österreich! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.45


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung von ihrem Sitzplatz aus hat sich Frau Abgeordnete Haidlmayr zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.46.02

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Walch hat behauptet, nur ich hätte über dieses Behindertengleichstellungsgesetz geschimpft. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Nein, über Haupt!) – Das ist unrichtig!


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In der so genannten 100-Tage-Pressekonferenz des Herrn Behindertenanwaltes Haupt hat er selbst über sein eigenes Gesetz geschimpft, über die zu langen Übergangs­fristen, über die Nichteinklagbarkeit, darüber, dass es keine Beweislastumkehr gibt und, und, und. (Abg. Scheibner: Das ist nicht wahr!) All das ist in der APA-Aussen­dung nachzulesen.

Ich finde es übrigens gut, dass Minister Haupt jetzt endlich kapiert hat, dass sein eigenes Gesetz, das er gewollt hat, ein schlechtes Gesetz ist. – Danke schön. (Abg. Scheibner: Ungeheuerlich! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

20.46

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lackner. (Abg. Neudeck: Das ist endlich einer, der eine Lanze für Haupt brechen wird! Das ist ein ehrlicher Mensch!)

 


20.46.59

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Genau, das ist richtig! – Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Herr Kollege Walch (Abg. Walch: Hier!), bevor Sie ans Rednerpult treten, sollten Sie wirklich einmal versuchen, Ihren wirklich sehr guten Vorsätzen – Sie kennen sie: Lesen, denken, sprechen! – gerecht zu werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie hier herausgehen und den Herrn Ex-Bundesminister und Behindertenanwalt Herbert Haupt glorifizieren, so ist das Ihr gutes Recht. Ich darf Sie aber doch daran erinnern, dass da auch Negativa stehen. Ich darf etwa daran erinnern: Die Ambulanzgebühr war ja nicht gerade ein Riesenerfolg. Die Hauptverbands-Reform war auch nicht ... (Abg. Scheibner: War das nicht vor Haupt?)

Kollege Scheibner, Sie müssen zuhören lernen! Wenn Sie Haupt glorifizieren, dann nennen wir eben auch ein paar Negativa. (Abg. Scheibner: Sie sollten sich besser informieren!) Die Hauptverbands-Reform, Herr Kollege Scheibner, war nicht überparteilich. Das war einfach ein Reinfall und wurde vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben. (Abg. Scheibner: Die war aber doch nicht von Haupt!) Na sicher, er war Sozialminister! (Abg. Scheibner: Das war unter Sickl!)

Dann folgte die Bestellung oder Fast-Bestellung des Kollegen Gaugg in die Pen­sionsversicherungsanstalt. – Als Direktor wirklich kein Highlight, dass muss man sagen, auch die Qualifikation hat nicht gestimmt. – Es gibt einfach auch sehr viele Negativa auf der Seite des Kollegen Haupt.

Herr Kollege Scheibner, wenn Sie heute bei der Dringlichen hier mit weinerlicher Stimme darüber geklagt haben, wie bös’ wir zu Ihnen sind, so darf ich Sie doch erinnern, dass ungefähr acht Jahre zurück, als Sie noch in der Opposition waren, vieles anders gewesen ist. (Abg. Scheibner: Weder weinerlich noch bös’!) – Weiner­lich sind Sie herausgegangen, und dann haben Sie uns erklärt, wie bös’ wir doch sind. – Vor acht Jahren war das aber ganz anders, Herr Kollege Scheibner. Da sind Ihre Damen und Herren herausgegangen – Stadler, Haider und auch Sie – und haben alles, was von uns gekommen ist, heruntergezogen. Ich hatte manchmal das Gefühl – ich bin dort gesessen –, dass Sie, wenn Sie über Herren und Damen von uns gesprochen haben, meinten, dass diese bis vor kurzem noch Analphabeten waren. So haben Sie das damals offenbar verstanden.

Das hat sich allerdings schnell geändert, Herr Kollege Scheibner: In dem Augenblick, als Sie Regierungsverantwortung innehatten und Regierungspartei waren, war alles auf einmal ganz anders! Zuerst hehre Vorsätze: Enthaltsamkeit bei Posten­beset­zungen, es wurden schon fast Armutsgelübde abgelegt. Kaum waren Sie jedoch in Regierungsverantwortung, Kollege Scheibner, da waren Sie auch schon am Futtertrog!


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Sie haben sehr viel gelernt vom Regierungspartner, der das zugegebenermaßen etwas subtiler macht. Sie waren da nicht immer ganz so erfolgreich, das muss man Ihnen zugestehen. Das haben Sie noch nicht so richtig perfekt beherrscht, das können Sie noch nicht. (Abg. Scheibner: Ich werde bei Ihnen noch in die Schule gehen!) Nein! Das müssen Sie nicht mehr, das ist eh vergebens, denn das nächste Mal sitzen Sie nicht mehr hier herinnen! Deswegen wäre das sinnlos! Es wäre eine totale Fehl­investition, wenn ich Ihnen jetzt noch irgendwelche Ratschläge gebe! Was soll denn das? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Beim Postenschacher kann man noch immer etwas von Ihnen lernen!)

Herr Kollege Scheibner, Faktum ist: Immer dann, wenn einer der Ihren zu versorgen ist, dann funktioniert diese Job-Maschine. So schnell kann es gar nicht gehen, dass nicht Posten geschaffen werden: In der ASFINAG, die Position des Behin­derten­anwalts, und es gibt viele andere Posten! (Abg. Neudeck: Posten bei der asfinag hat es schon immer gegeben!) Da sind Sie wirklich kreativ und innovativ, das muss man Ihnen lassen! Da sind Sie top drauf, das ist wirklich etwas!

Frau Ministerin Haubner, das muss man Ihnen einfach sagen: Sie führen mittlerweile Ihr Ministerium wie einen Selbstbedienungsladen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie glauben doch selbst nicht, was Sie jetzt sagen!) Selbst die Zeitungen – etwa der „Kurier“ – schreiben, dass in Ihrem Ministerium Zustände herrschen, die geradezu sensationell sind! (Staatssekretär Dolinschek: Habt ihr schon vergessen, was ich vorhin gesagt habe, wo ihr überall drinnen sitzt?)

Da werden Postenbesetzungen vorgenommen, da wird – natürlich mit Steuergeldern! – Wahlwerbung gemacht und so weiter. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Haubner.) Ja, Frau Bundesministerin, das ist eben so!

Meine Damen und Herren, es ist einfach eine Tatsache, dass Sie in letzter Kon­sequenz – wir haben das heute schon mehrmals festgestellt – zu einer reinen Posten­beschaffungspartei verkommen sind. Inhaltlich haben Sie allerdings relativ wenig zu bieten. Das wird aber auch eine der letzten Aktionen sein, die Sie noch in diesem Hause setzen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.51


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mittermüller. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Jetzt kommen wir wieder zur Sache!)

 


20.52.14

Abgeordnete Marialuise Mittermüller (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es war heute schon in der Debatte nach der Dringlichen Anfrage klarer Tenor aller Fraktionen, dass niemand etwas dagegen hat, wenn qualifizierte Menschen auch nach ihrer politischen Tätigkeit Funktionen erhalten.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, Sie sollten daher endlich zur Kenntnis nehmen, dass Mag. Herbert Haupt nach Ausschreibung der Stelle des ersten Behindertenanwalts Österreichs unter zwölf Bewerbern als bestqualifizierter hervor­gegangen ist. (Abg. Haidlmayr: Das stimmt nicht!) Selbstverständlich stimmt das so! (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Seine Leistungsbilanz nach mehr als 15 Jahren Tätigkeit als Abgeordneter hier im Parla­ment und nach mehr als vier Jahren als Sozialminister sucht allein im Behin­dertenbereich ihresgleichen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich erinnere an Herbert Haupts Vorarbeit zum Behindertengleichstellungsgesetz und an die Einführung der Behindertenmilliarde. Wir haben es heute schon gehört: 20 000


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 211

Arbeitsplätze wurden damit gesichert und geschaffen. (Abg. Silhavy: Es ist nicht um Haupt gegangen, sondern um die Art und Weise, wie eine Stelle besetzt wurde!)

Weiters nenne ich die Verbesserung der Einstellungsquote von Behinderten in den Ministerien, die Förderung Behinderter im Kunstbereich – auch das hat Haupt eingeführt – sowie die Zertifizierung behindertengerechter Gemeinden, die Einrichtung von Bürgerbüros und seine Leistung beim Heimvertragsgesetz und beim Muster-Heimvertrag. Unter Herbert Haupt wurde das Pflegegeld ab Geburt eingeführt und auch eine Pflegegeld-Erhöhung vorgenommen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich erinnere auch – und selbst, wenn es noch so laut ist unter den ZuhörerInnen – an den Fonds für Auszeit für pflegende Angehörige, und mache darauf aufmerksam, wie wichtig es ist, dass auch pflegende Angehörige Urlaub nehmen können. Auch das war seine Leistung!

Ich erinnere an die freiwillige Mitversicherung pflegender Angehöriger, den Härtefonds, die Hospizbewegung und den Job-Oscar. – All das wurde unter Herbert Haupt ein­geführt.

Herbert Haupt hat auch 50 Prozent Zuschlag für Schwerstversehrte, den Ausbau der Akut-Geriatrie sowie die persönliche Assistenz und die Ausbildungsassistenz erreicht, den Hepatitis C-Fonds gegründet und noch vieles mehr geleistet.

Ich erinnere weiters daran, dass Herbert Haupt nach seinem Ausscheiden als aktiver BZÖ-Politiker von allen Seiten höchste Anerkennung bekommen hat.

Geschätzte Damen und Herren! Mehr als 470 menschliche Schicksale sind in Form von bearbeiteten Akten seit Jänner durch seine Hände als Behindertenanwalt gegan­gen. Sein Einsatz gilt dabei besonders der Barrierefreiheit für Behinderte in allen Bereichen des täglichen Lebens, und er pflegt enge Kontakte mit allen relevanten Stellen bis hin zu den Behindertenverbänden. (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr.)

Schon lange ist Herbert Haupt auch Garant dafür, dass wir heute Menschen mit Handicaps besser fördern und unterstützen und als gleichwertig ansehen.

Sein Engagement für Menschen mit Behinderungen resultiert wahrscheinlich letzt­endlich auch aus eigener leidvoller Erfahrung mit einer schweren Erkrankung, die ihn sogar in den Rollstuhl gebracht hat: Er hat selbst Barrieren erlebt, und ich glaube, auch das qualifiziert ihn sehr für seine Aufgabe.

Daher ist der Antrag auf Enthebung von Mag. Haupt völlig unverständlich! Wir haben nämlich allen Grund, froh zu sein, dass er als ehemaliger Sozialminister jetzt seine ganze Kraft, Zeit und Erfahrung den Menschen mit Behinderungen widmet und als erster österreichischer Behindertenanwalt zur Verfügung steht. Seine Qualifikationen sind unbestritten.

Geschätzte Kolleginnen Lapp und Haidlmayr: Mag. Haupt Verantwortung, Pflichtgefühl und Unparteilichkeit in seiner Tätigkeit abzusprechen – und das ohne Grund! – ist ungeheuerlich und aufs Schärfste zurückzuweisen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.56


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Faul.)

 


20.56.44

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Ich verteidige niemanden! Das hat Herbert Haupt nicht notwendig! Und diesen Vorwurf mache ich hier ja: Auch ihr wisst es ohnedies, denn ihr kennt Herbert Haupt!


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 212

Ich habe nicht nur einmal erlebt, dass auch Leute von der Sozialdemokratischen Partei zu Herbert Haupt gehen und ihm sagen, welch klasse Arbeit er leistet und was er für Menschen ... (Zwischenruf des Abg. Marizzi.) – Selbstverständlich, lieber Kollege Marizzi! Dann hast du hier nicht zugehört, was die Leute deiner Fraktion Herbert Haupt persönlich vorgeworfen haben, und das ist das Ungeheuerliche! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – in Richtung SPÖ –: Das ist wirklich ungeheuerlich!)

Wenn man persönlich der Meinung ist, dass Herbert Haupt für diese Funktion nicht geeignet sei, dann soll man das hier sagen! (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Dass man aber im persönlichen Gespräch – nicht du, aber deine Kollegen! – sagt, dass er klasse ist, dass all das super ist und dass er tolle Leistungen erbracht hat – und sich dann hier herausstellt und so tut, als ob er ein Parteipolitiker wäre, der sein Amt missbraucht und für diese Funktion nicht befähigt ist, das ist wirklich ungeheuerlich, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Kollege Lackner, wenn Sie schon ... (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) – Seien Sie bitte einmal ein bisschen leise! Sie könnten ja nachher hier am Rednerpult auch noch etwas sagen!

Wenn Sie Kollegen Walch schon seinen Spruch vorhalten – „lesen – denken – sprechen!“ –, dann bitte ich Sie, das auch selbst zu beherzigen! Wenn Sie nämlich dem ehemaligen Abgeordneten und Minister Haupt vorwerfen, er hätte die Ambulanz­gebühr und die Unfallrentenbesteuerung als Minister zu verantworten gehabt, dann liegen Sie falsch, Herr Kollege, denn das war die Vorgängerin, die das gemeinsam mit dem Finanzminister so vorgeschlagen hat, meine Damen und Herren.

Kollege Öllinger hat gesagt, es hat kein Verfahren gegeben: Es war Ihre Forderung, dass diese Funktion ausgeschrieben werden soll, und die Sozialministerin hat diese Funktion ausgeschrieben – ganz ordnungsgemäß! Und Herbert Haupt ist einstimmig als Bestgereihter in der Bewertungskommission beurteilt worden! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Haidlmayr: Das stimmt nicht!) Das sind Tatsachen! Und da können Sie jetzt noch fünfmal aufzeigen!

Wenn Kollege Lackner sagt, die Funktion des Behindertenanwaltes sei nur deshalb eingerichtet worden, weil man wieder Postenschacher betreibt und eine Versorgung braucht, so ist ja gerade das das Problematische, denn Sie versuchen, nicht nur Herbert Haupt, sondern auch diese Funktion zu diskreditieren!

Herr Kollege Lackner! Meine Damen und Herren von der SPÖ! Sind Sie wirklich der Meinung, dass wir hier in Österreich diese Funktion des Behindertenanwalts nicht brauchen, dass die Behinderten in Österreich diese Vertretung nicht brauchen? – Dann machen Sie sich das mit Ihrem Gewissen aus! Wir sind der Meinung, dass diese Funktion notwendig ist und dass Herbert Haupt mit seinem Wissen, mit seiner Erfah­rung und mit seiner persönlichen Integrität sehr wohl und hundertprozentig für diese wichtige Funktion geeignet ist. – Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn dann Kollege Öllinger sagt, man wolle Herbert Haupt persönlich nichts vor­werfen, aber es könnte ja jemand, der den Herbert Haupt als Behindertenanwalt wahr­nimmt und dann weiß, er ist vom BZÖ, glauben, das ist jetzt ein Vorteil fürs BZÖ: Herr Kollege Öllinger, so weit sind wir also schon! Das ist ja „wunderbar“, damit offenbaren Sie Ihr Demokratieverständnis.

Nicht der Umstand, dass jemand parteipolitisch sein Amt missbraucht, ist Ihrer Ansicht nach also Kriterium dafür, dass er in seiner Funktion untragbar ist, nein, es reicht der Verdacht, dass irgendjemand in der Republik möglicherweise eine Verbindung zwischen der Funktion und der parteipolitischen Meinung herstellen könnte, dass er


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untragbar ist. Das haben Sie gesagt, meine Damen und Herren, und das ist ein merk­würdiges, ein bedenkliches Demokratieverständnis. (Abg. Öllinger: Ich habe Ihnen Fakten genannt!)

Ich kann mir gut vorstellen, was Sie sagen würden, wenn es sich dabei um einen Ihrer Leute handeln würde: Die Meinungsfreiheit, die politischen Rechte und so weiter werden hier mit Füßen getreten! Sie wissen, dass es in der Verfassung verankert ist, dass öffentlich Bedienstete nicht nur für politische Funktionen kandidieren können, sondern dass sie sogar die Zeit freibekommen, um dieses Amt auszuüben. Das heißt, es ist sogar gewünscht, dass öffentlich Bedienstete ihre Funktionsausübung von der parteipolitischen Zugehörigkeit trennen.

Und das ist es, meine Damen und Herren: Herbert Haupt wird wie jeder andere, ob das der Herr Bundespräsident ist, ob das ein Volksanwalt ist oder sonst jemand, selbst­verständlich zu seiner politischen Meinung stehen können. Er hat aber genauso wie jeder andere Funktionsträger die Verpflichtung – und da können Sie sich bei ihm sicher sein –, dass diese parteipolitische Meinung, seine Gesinnung keinen Einfluss auf seine Amtsausübung haben wird. Das ist es, und keine andere Grenze ist hier relevant.

Sie sollten sich wirklich überlegen, ob es das wert ist, nämlich mit diesem partei­politischen Schauspiel, das Sie hier liefern, das Amt dieses Behindertenanwalts zu diskreditieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.02


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Haidlmayr zu Wort gemeldet.

Frau Abgeordnete, auf Grund Ihrer letzten tatsächlichen Berichtigung erinnere ich Sie: Eine tatsächliche Berichtigung hat mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behaup­tung zu beginnen und hat dieser Behauptung den berichtigten Sachverhalt gegen­überzustellen. – Ich ersuche Sie, das zu beachten!

 


21.02.29

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Scheibner hat zum wiederholten Male behauptet, Herbert Haupt wäre nach einem Hearing einstimmig gewählt worden. – Diese Aussage ist unrichtig!

Es gab keine Hearings! Es wurde außer Herbert Haupt niemand eingeladen; Frau Ministerin Haubner kennt alle anderen Bewerber nur von den Bewerbungen. Es hat kein Hearing gegeben, und alle elf anderen Bewerber wurden niemals eingeladen! (Bei­fall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Ich habe nichts von einem Hearing gesagt! Ich habe gesagt, die Kommission hat entschieden!)

21.03


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1361 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein beja­hendes Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 214

21.03.40 7. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht (III-171 d.B.) des Rechnungshofes, Reihe Bund 2005/9 (1399 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte.

 


21.04.04

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren von ÖVP und BZÖ, sofern Sie nicht gerade das Fußballspiel den Berichten des Rechnungshofes vor­ziehen! Ich möchte Sie nur auf Folgendes aufmerksam machen: Bevor Sie sich heute artig bedanken, einmal mehr beim Rechnungshof, den Beamten, beim Präsidenten, sollten Sie einmal überlegen, ob Sie überhaupt die Berichte des Rechnungshofes, die Ergebnisse, die Erkenntnisse, die Empfehlungen des Rechnungshofes ernst nehmen. Beispiel e-card: Der kritische Bericht ist Ihnen vollkommen egal. Es wird als Weltsensation gefeiert. Beispiel Kunsthistorisches Museum, heute schon erwähnt: Sie sagen, alles paletti. Oder wenn der Rechnungshof Richtlinien einfordert, was die Regie­rungswerbung betrifft, interessiert das natürlich niemanden von Ihnen.

Wenn wir schon beim Grundsätzlichen sind, einige Worte zum Ständigen Unter­ausschuss, zum Thema Geldrabatte und e-card. Das, was Sie als Bericht hier dem Hohen Haus zumuten, das ist ja nicht einmal ein Pamphlet. Ich muss schon sagen: Wenn klar ist, dass von Professor Dr. Rebhan ein sehr kritisches Gutachten existiert, und Sie es mit einem Satz bewenden lassen, nämlich dass so ein Gutachten beauf­tragt wurde, und mit keinem Wort erwähnen, dass darin in Grund und Boden kritisiert wird, was die Ministerin und Sie dann in weiterer Folge bei den Geldrabatten gemacht haben, dann spricht das ja für sich.

In dieser Reihe weiter argumentiert – Kollege Gahr schaut schon ganz entsetzt –: Sie haben auch einen geschäftsordnungswidrigen Antrag eingebracht zur Prüfung der Finanzmarktaufsicht, wie Sie es nennen. Und Sie haben es sogar geschafft, den Finanzminister Grasser in diesem Antrag zu loben, das ist ja wirklich unglaublich. Wie gesagt: Dieser Antrag ist geschäftsordnungswidrig.

Das Verlangen von Molterer, Kolleginnen und Kollegen wurde am 5. April um 16.25 Uhr eingebracht. Schlagen wir einmal nach bei Zögernitz, das ist ja der Kommentierer der Geschäftsordnung des Parlaments. (Abg. Dr. Brinek: Das ist die Autorität!) Herr Kollege Regler, was sagt uns der Kommentierer der Geschäftsordnung des National­rates Werner Zögernitz? – Ein weiteres Verlangen ist erst dann „zulässig, wenn der Unterausschuss über die auf Grund eines früheren Verlangens durchgeführten Erhe­bungen einen Bericht an den RH-Ausschuss erstattet hat“ (§ 32e Abs. 4 GOG). (Abg. Mag. Regler: Den haben wir beschlossen!)

Es tut mir Leid, Kollege Regler, aber das ist nicht passiert um 16.25 Uhr am 5. April, und darum ist dieses Verlangen geschäftsordnungswidrig. (Abg. Mag. Regler: Wir haben ja den Bericht beschlossen!)

Was das Ganze ja nicht gerade charmant macht: Zögernitz, der gleichzeitig, sollte das irgendjemand nicht wissen, ÖVP-Klubsekretär ist, sagt natürlich tags darauf: Das ÖVP-Verlangen ist geschäftsordnungskonform. – Also wie hätte man es denn gerne? So als Kommentierer oder so als ÖVP-Sekretär? (Der Redner hält zwei Schriftstücke in die Höhe. – Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 215

Es tut mir schon sehr Leid, aber Sie brauchen nur zuzuhören und nachzulesen, es ist glasklar, was der Geschäftsordnungs-Kommentierer Zögernitz dazu sagt. (Abg. Mag. Regler: Ich habe den Antrag gestellt, den haben wir beschlossen! – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.)

Frau Kollegin Brinek, Sie haben sehr wenig Sachkenntnis in diesen Dingen, fürchte ich (Abg. Dr. Brinek: Aber nein, ich kenne den Zögernitz!), sonst würden Sie sich da jetzt nicht derartig äußern.

Sie wollten natürlich einen Antrag zur Überprüfung des ganzen Kampfflugzeug-Wahn­sinns, den Sie zu verantworten haben, verhindern. Es ist die Frage, ob das der Höhe­punkt oder der Tiefpunkt ist, wie Sie mit dem Interpellationsrecht, mit der demo­kratischen Kontrolle umgehen. Bekannt ist ja, dass Sie schriftliche Parlamentsanfragen einfach nicht beantworten – der Bundeskanzler zeichnet sich hier sehr aus, der Vize­kanzler zeichnet sich hier aus – oder dass bei Dringlichen Anfragen von der Regie­rungsbank aus die glatte Unwahrheit behauptet wird. Finanzminister Grasser ist dafür ein typisches Beispiel. (Abg. Ellmauer: Das beste Beispiel sind Sie selbst!) Oder: Schärfste Rechnungshofkritik wie zum Beispiel zur e-card wird umgedeutet zu Lob. Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen lehnen Sie ständig ab. Parla­mentarische Vereinbarungen brechen Sie; Frau Kollegin Baumgartner wäre hier ein Beispiel. Staatsunternehmen entziehen Sie durch Mehrheitsbeschlüsse der Kontrolle, und Sie versteigen sich auch dazu, ein Recht, das an sich einem Viertel der Abgeord­neten des Nationalrates zusteht, sonst würde es ja nicht in der Geschäftsordnung so definiert sein, an sich zu ziehen.

Meine Damen und Herren, summa summarum ist es eine Schande, und Sie spekulieren darauf, dass das der Bevölkerung verborgen bleibt. Was die Details betrifft, könnte Ihre Rechnung vielleicht sogar aufgehen. Diese ganz feinen Tarierungen der Geschäftsordnung, die Sie bei solchen Gelegenheiten brechen, sind der Bevölkerung in weiten Teilen nicht bekannt. (Abg. Mag. Regler: Die wird nicht gebrochen! Wir brechen keine Geschäftsordnung!) Allerdings: Die Bevölkerung hat ein sehr, sehr feines Gespür dafür, was demokratische Kontrolle und den Rechtsstaat betrifft – und das, meine Damen und Herren, wird Ihnen zum Verhängnis werden! (Beifall bei der SPÖ.)

21.09


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Regler zu Wort gemeldet.

 


21.09.18

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Mein Vorredner Kräuter hat behauptet, wir hätten die Geschäftsordnung gebrochen, weil das neue Prüfungsverlangen nur zugelassen werden darf, wenn das vorher­gehende vom Unterausschuss abgeschlossen wurde.

Ich berichtige tatsächlich, dass ich selbst den Antrag gestellt habe, den Bericht des Unterausschusses zur Kenntnis zu nehmen. Der Unterausschuss hat dies beschlossen, und erst nachher wurde das Prüfverlangen der ÖVP eingebracht. (Beifall bei der ÖVP.)

21.09


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


21.10.00

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Kollege


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Kräuter hat, wie schon so oft, wieder einmal in einer Generalrede alle Themenbereiche angegriffen, zur Tagesordnung hat er überhaupt nicht gesprochen. Seine Anschuldi­gungen sind bekannt, sie sind für die Medien eigentlich nicht mehr interessant. Und damit, glaube ich, ist es heute an der Zeit, dass wir die Rechnungshofberichte disku­tieren und nicht auf die Anschuldigungen vom Kollegen Kräuter eingehen.

Der Rechnungshof hat Einschau gehalten bei der Bundespolizeidirektion Salzburg, und dieser Rechnungshofbericht ist ein Beispiel dafür, dass man in rascher Zeit und um­gehend auf den Rechnungshofbericht reagiert hat. Es hat einen klaren Auftrag gegeben. Der Rechnungshof hat Mängel in der Organisationsstruktur aufgezeigt und hat klare Empfehlungen abgegeben. Ich muss sagen, dieser Bericht ist sehr toll gegliedert, es gibt klar erkennbar acht Punkte, die der Rechnungshof als Verbes­serungen und Anregungen aufgezeigt hat.

Man darf aber auch feststellen, dass gerade diese Punkte in das Projekt team04 Ein­gang gefunden haben und vieles bereits umgesetzt wurde. Dieser Bericht zeigt auch, inwieweit eine Effizienzsteigerung in der öffentlichen Verwaltung dazu beitragen kann, Kosten zu senken und Doppelgleisigkeiten abzubauen.

Einer der acht Punkt betrifft die Organisationsmängel in der Gliederung der Sicher­heitswache Salzburg. Diese im Rechnungshofbericht aufgezeigten Organisations­män­gel fanden bereits im team04 Berücksichtigung.

Zum Zweiten: Es wurde aufgezeigt, dass 23 Sicherheitswachebeamte ausbildungs­fremd eingesetzt wurden, und der Rechnungshof hat hier Optimierungsmöglichkeiten im Ausmaß von 763 000 € festgestellt. Diese Optimierungen wurden mit team04 umgesetzt: mehr Beamte vor Ort, weniger Beamte in der Verwaltung.

Das Nächste war die Vielfalt der Kraftfahrzeugmarken, ich glaube, über 20 waren es, welche mit hohen Kosten in der Verwaltung und mit Folgekosten verbunden ist. Das BMI hat mitgeteilt, dass man zukünftig versuchen wird, effizienter zu wirtschaften und die PKW-Marken auf weniger Typen und Marken zu konzentrieren.

Das Nächste waren die Zusatzvergütungen für amtsärztliche Gutachten, die in der Dienstzeit erledigt wurden. Hier hat die Frau Bundesministerin Prokop im Ausschuss klar festgestellt, dass im Zuge der nächsten Führerscheingesetz-Novelle vorgesehen wird, dass diese Amtsärztegutachten sehr wohl in der Dienstzeit gemacht und dann nicht mehr mit 25 Prozent extra entschädigt werden müssen.

Der nächste Punkt sind die tatsächlichen Kosten pro Hafttag. Hier hat der Rech­nungshof festgestellt, dass keine Weiterverrechnung an die Gebietskörperschaften möglich ist. Dies wurde vom BMI aufgegriffen, und es wurden in der Zwischenzeit die tatsächlichen Kosten erhoben.

Die integrierte Vollzugsverwaltung wurde nicht umgesetzt. Hier hat der Rechnungshof festgestellt, dass man die digitale Datenaufnahme umsetzen soll. Das BMI wird das aufgreifen.

Der Unfalldatenspeicher ist einer der Punkte in diesem Rechnungshofbericht, zu dem es unterschiedliche Meinungen zwischen Rechnungshof und BMI gibt. Der Rech­nungs­hof sagt, aus Gründen der Verkehrssicherheit sollte dieser im vollen Ausmaß umge­setzt werden. Hingegen ist das BMI der Meinung, dass es auf Grund der rascheren Absetzung der Fahrzeuge und der kürzeren Intervalle durch die Leasingmodelle keine Notwendigkeit für die umfassende Einführung des Unfalldatenspeichers gibt.

Der letzte Punkt bezog sich auf die Verpflegung der Insassen des Polizeianhalte­zentrums. Hier wäre es natürlich ideal, wenn die Justizanstalt Salzburg als Partner


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 217

fungieren würde, aber es ist derzeit nicht möglich, dass die Justizanstalt Salzburg alle Insassen des Polizeianhaltezentrums verpflegt.

Zusammenfassend kann man zu diesem Bericht aus dem Jahre 2004 Folgendes sagen: Es wurden bereits viele Anregungen und Empfehlungen des Rechnungshofes umgesetzt. Der Rechnungshof hat durch das Aufzeigen von Schwachstellen einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet hat, dass viele Punkte Eingang in das Projekt team04 gefunden haben und umgesetzt wurden.

Im Bereich Sicherheit wurde vieles bewegt. Es gibt aktuelle Bedrohungen, neue Anforderungen und Herausforderungen, aber insgesamt, glaube ich, kann man auch in diesem Rahmen sagen, dass Österreich ein sicheres Land ist und dass es wichtig ist, dass der Rechnungshof die öffentliche Verwaltung entsprechend kontrolliert und Män­gel aufzeigt, damit die öffentliche Verwaltung angehalten wird, effizient und kosten­günstig zu arbeiten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.15


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler.

 


21.15.22

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! In seltener Übereinstimmung kann ich mich dem Vorredner anschließen, was die Darstellung des Berichtes betrifft. Es war wenig bis gar nicht kontroversiell im Ausschuss, alles richtig, alles schön. Ich kann mich auch dem Dank anschließen, der indirekt ausgedrückt wurde für die notwendige und richtige Arbeit des Rechnungshofes

Aber andererseits hat Kollege Kräuter hier ein nicht uninteressantes Thema releviert. Es ist heute schon den ganzen Tag üblich, nur im weitesten Sinne „Artverwandtes“, wenn überhaupt, zu besprechen, und so darf ich doch bei den Usancen des Nachmittags anknüpfen – und damit vielleicht eh noch näher am Thema dranbleiben – und auch darauf näher eingehen, was den Rechnungshofausschuss und den dort angesiedelten Ständigen Unterausschuss betrifft.

Natürlich können alle Abgeordneten alles Mögliche einbringen, das ist jetzt gar nicht mehr das Thema für mich, aber hier geht es um ein Prüfverlangen, über das wir schon demnächst diskutieren werden. Heute ist schon den ganzen Tag herum­verhandelt worden, ob wir uns ja morgen nach Ende der Haussitzung bereits treffen können. Man wird damit ständig konfrontiert, nämlich mit folgendem Wunsch der ÖVP-Fraktion – mindestens 45 Abgeordnete oder ein bisschen mehr müssen sich ja gefunden haben, das zu unterschreiben –:

Angesichts der verschiedenen Banken-Skandale – und sei’s drum, dass der BAWAG-Skandal der größte ist – sind Sie sich nicht zu schade, zu ungeschickt oder zu eingebildet – ich weiß gar nicht, wie man das nennen soll –, herzugehen und dieses Haus mit einem Prüfverlangen zu behelligen, das im Falle der BAWAG-Krise in erster Linie oder eigentlich nur die Jahre 1994/95 bis 1999 beleuchten soll, und für die Zeit ab dem Jahr 2000 haben Sie eine ganz fragwürdige Formulierung gefunden.

Ich gehe zuerst einmal auf den Prüfgegenstand ein. Ihnen ist schon klar, dass Sie im Prinzip nur das Wirken der Finanzmarktaufsicht beziehungsweise ihrer Vorgänger­aufsichten prüfen können und keine private Bank?! Und schon gar nicht ein Ständiger Unterausschuss! Noch dazu angesichts des Umstandes, dass Sie uns fünf Jahre lang vor Augen geführt haben, dass dieser Ausschuss in Wahrheit ohnehin nichts darf. Das war Ihre Linie! Und ich werde mir das mit Genuss ab morgen Abend anschauen,


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welche Wirkungsmöglichkeiten dieser Ausschuss dank Ihrer wunderbaren Mehrheit plötzlich entfalten wird. Das werde ich mir ganz genau anschauen.

Mit den Prüfaufträgen brauchen Sie aber nicht zu glauben, dass Sie in der BAWAG herumstierln können. Von mir aus machen wir das – da bin ich noch gespannt. Ich bin auch gespannt, wie die Finanzmarktaufsicht in diesem Fall von ihren ansonsten doch relativ strengen Verschwiegenheitspflichten entbunden wird. Wir werden das alles zum Präzedenzfall machen. Also freuen Sie sich nicht zu früh! – Umgekehrt bin ich ja selbst daran interessiert, Herr Vorsitzender Hornek, dass die Möglichkeiten dieses Ausschus­ses ausgedehnt und die Bestimmungen so ausgelegt werden, dass man dort einmal etwas zusammenbringen kann.

Aber: Sie haben offensichtlich für den Fall, dass in dem Ausschuss vielleicht wirklich welche sitzen und im Zuge dieser Aufklärung etwas zusammenbringen, insofern vor­bauen wollen, als dass der Prüfauftrag im letzten Halbsatz eine weitere, wirklich beachtenswerte Zusatzformulierung erfahren hat: Ab dem Jahr 2000 soll zwar schon auch untersucht und geprüft werden, aber nur mehr unter dem Aspekt, dass zu dieser Zeit ein Finanzminister zu werken begann, der sofort die beste aller Finanz­markt­aufsichten eingeführt haben will.

Ich mache Sie bei dieser Gelegenheit im Übrigen darauf aufmerksam, dass das ein Akt des Parlaments war, und zwar in Teilen mit verfassungsrelevanten Bestimmungen, und nicht ein Akt des Finanzministers. Es ist doch eine Schande für den Klubobmann Molterer, der ganz vorne auf diesem Antrag steht, so zu tun, als ob ein Finanzminister dazu gebraucht würde, dass hier etwas beschlossen wird. Das ist ausschließlich Parla­mentskompetenz! So einen wirren Antrag bringen Sie ein, nur um Ihr politisches Kleingeld bis zur Wahl hier zu wechseln, weil dieser Ausschuss genau mit einem halben Jahr limitiert ist, wie Sie wissen. (Abg. Hornek: Das war aber bis jetzt jeder!) Ja, anschnallen, Herr Vorsitzender! (Abg. Hornek: Blas dich nicht gar so auf!)

Und dann schauen wir uns an, was ab dem Jahr 2000 passiert ist. Der Finanzminister und sonst niemand ist zuständig für die Finanzmarktaufsicht und deren Vorgänger. Im Übrigen – apropos Vorgängerbehörde –: Bis die Finanzmarktaufsicht als solche mit diesem Namen eingeführt wurde, war die Bankenaufsicht separiert (Abg. Hornek: Wer zu spät kommt, den bestraft die Geschichte!), damals noch unter der vollen Verant­wortung des Ministeriums – jetzt ist sie ja eine teilautonome Behörde –, also dieses segensreichen Finanzministers. Und Sie wollen mit einer derartig lächerlichen Formulierung vorbauen, dass wir das auch untersuchen?! – Aber da werden wir Ihnen einen Strich durch die Rechnung machen!

Selbstverständlich ist ab dem Jahr 2000 auch zu untersuchen, was die Finanzmarkt­aufsicht gemacht hat oder nicht und was der Herr Finanzminister gemacht hat oder nicht – insbesondere vor dem Hintergrund, dass er sich ja ursprünglich selbst damit rühmte, ein Prüfteam sozusagen der BAWAG auf den Hals gehetzt zu haben. Da ging es aber um einen anderen Zusammenhang. Dann kommt der Notenbankbericht, und dann steht dort wortwörtlich drinnen, dass es Geschäfte, wenn man so will, in der Karibik gibt; eine bestimmte Formulierung wurde in diesem Prüfbericht verwendet.

Hier, bei der Beantwortung Ihrer Dringlichen Anfrage, hat der Herr Finanzminister diese Formulierungen aus diesem Notenbankprüfbericht, den er ja selbst veranlasst hat, fast wortwörtlich wiedergegeben und hat vorne nur ein Nein hinzugefügt. (Abg. Dr. Kräuter: Ja, klar! Das ist ein Wahnsinn!) Es gab also die Aussage von Grasser hier: Karibik-Geschäfte sind im Prüfbericht nicht aufgeschienen. – Ich verkürze das jetzt sinngemäß. Aber wenn man es sich wortwörtlich anschaut, ist es noch viel frappierender.

Wissen Sie, was? Er hat das Parlament wieder beschwindelt von oben bis unten, denn es ist doch völlig undenkbar, dass er seine Berichte nicht liest, die er selber in Auftrag


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gibt! Und auf diese billige und schäbige Art und Weise wollen Sie ihn aus der Prüfung herausnehmen! – Das geht aber nicht! (Abg. Hornek: Hast du die ganze Problematik der letzten Tage verschlafen?) – Entschuldige! (Abg. Hornek: Hast du alles ver­schlafen? – Sei mir nicht bös’!) Was hat das damit zu tun? Euer Prüfverlangen ist vor Wochen eingebracht worden, und dieses hat den Zusatz, dass der Finanzminister ab 2000 so toll die Finanzmarktaufsicht eingerichtet hat und dass dieser Umstand beleuch­tet werden möge. Ich sage Ihnen: Beleuchten Sie lieber, was die Aufsicht und Herr Grasser in den letzten fünf Jahren alles verschlafen haben!

Kommen wir zu einem weiteren Punkt: Wie war es denn bei der Hypo Alpe-Adria? Was war denn da? Wessen Staatskommissäre sitzen denn dort überall herum in den Ban­ken, wo es im Übrigen auch schwarze Bankenskandale gibt? – Die, die der Grasser hinschickt! (Abg. Dr. Pirklhuber: Ja, genau!) Wer denn sonst? Und wo kommen die her? – Samt und sonders aus seinem Kabinett. Nicht alle; aber alle, die im Kabinett waren, sitzen irgendwo dort herum! (Abg. Dr. Pirklhuber: So schaut es aus!) Die haben nicht die Befähigung dazu!

Reden Sie mit der Finanzmarktaufsicht: Die wollen schon längst einen Fit-and-Proper-Test nicht nur für die Aufsichtsräte, sondern für Ihre Parteifreunde, die Sie da überall in der Gegend herumfuhrwerken lassen! – Und das sollten wir uns alles anschauen. (Abg. Hornek: Das ist Arroganz bis zum Gehtnichtmehr!) Und Sie werden sich mit der Formulierung, dass ein Finanzminister irgendetwas unternommen hätte, was nicht einmal seine Kompetenz ist, nicht vor dieser Prüfung davonschleichen können, die Sie selber eingefädelt haben. Aber möglicherweise geht sie an dieser Stelle auch nach hinten los.

Eines kann nämlich nicht sein: dass wir ein Gremium, das an sich ein Unter­suchungs­gremium – Sie haben das, wie wir wissen, über die Jahre zu etwas anderem degradiert – des Parlaments ist (Abg. Hornek: Haben Sie die letzten Tage verschlafen, Herr Kollege? Haben Sie das verschlafen?), zu einem Heiligsprechungsorgan Ihrer scheinheiligen Politik machen. Das wird nicht gehen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Hornek: Das ist ja lächerlich!)

Das ist eigentlich ohnedies der schönste Schlusssatz: Gehen Sie in sich und schauen Sie sich das einmal an! – Dass Sie den Kontrollnotstand, der hier herrscht, zu verant­worten haben, ist ja nichts Neues mehr. Aber dass Sie sich auch noch anschicken, ein Untersuchungsinstrument des Nationalrates dazu herzunehmen, um andere wie den Herrn Finanzminister, der bis über beide Ohren in dem Sumpf mit drinnen steckt, für irgendwelche besonders positiven Wirkungsweisen mit Ansage und Anlauf freizu­sprechen (Abg. Mag. Regler: Jetzt sind wir schuld! Jetzt sind wir noch schuld am BAWAG-Skandal, gell?), das können Sie mit jemand anderem machen!

Und wir werden uns hier zum Schiedsrichter machen, denn wir waren bis jetzt in diese Dinge noch nicht involviert. Sie sitzen doch selber mitten im Schlamm der Banken­skandale drinnen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Regler: Also! – Abg. Faul: Der kennt sich aus, der Herr Kogler!)

21.24


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Fauland zu Wort gemeldet. – Bitte.

21.25.00

 


Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Dass sich Kollege Kogler jetzt schon anmaßt, sich hier als der Strafverteidiger für die BAWAG-Problematik zu äußern, ist recht amüsant. Ich freue mich wirklich schon auf den Unterausschuss, denn es wird dann


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recht witzig werden (Abg. Dr. Pirklhuber: Witzig ist das gar nicht!), weil das an­scheinend ja kein besonderer Skandal ist, dass eine Bank, wenn man es zusam­menrechnet, einmal so zirka 1,7 Milliarden € vernichtet und dann noch zu einer möglichen Klage über 1,2 Milliarden kommt, wogegen sich – weil das Lieblingsding des Kollegen Kräuter ja Flügel hat und fliegt und sich Eurofighter nennt und anscheinend ja der Ruin der Republik ist – der Eurofighter mit seinem Kaufpreis ja schon fast als billiges Produkt darstellt.

Was Kollegen Kräuter betrifft: Wir sollten hier eigentlich über den Rechnungs­hof­bericht, Band 9, sprechen. Kollege Kräuter mit seiner selektiven Wahrnehmung stellt sich hier heraus und zitiert die drei bis vier Prüfberichte, die er zumindest einmal oberflächlich überflogen hat – denn wenn man sich seine Ausführungen gerade betreffend den Eurofighter so anhört, dann muss man sagen, dass sich die Dinge, die er von sich gibt, wirklich nicht durch besondere Fachkenntnis auszeichnen. Kollege Kräuter, vielleicht lesen Sie einmal die Tagesordnung und die Dinge, die wirklich zur Diskussion stehen! Dann könnten wir in eine konstruktive Arbeit eintreten. Aber wir wissen ja beide, dass das gar nicht Ihr Ziel ist.

Zum Bereich der Bundespolizeidirektion Salzburg: Kollege Gahr hat zumindest einmal versucht, hier sachlich darzulegen, worum es geht. Ich möchte jetzt gar nicht mehr so besonders auf den Inhalt dieses Prüfberichtes eingehen, sondern nur anmerken, dass das, was der Rechnungshof als Organ des Nationalrates eigentlich tun sollte, nämlich eine Prüfung durchführen, wobei diese Prüfung dann ein Ergebnis nach sich ziehen sollte, dieses Ergebnis dann beurteilt werden sollte und Konsequenzen aus diesem Ergebnis gezogen werden sollten, hier bestens geschehen ist: Das Innenministerium hat die Empfehlungen umgesetzt, soweit dies aus seinem Bereich heraus möglich war. Das team04 beziehungsweise die Zusammenlegung der Wachkörper ist natürlich dem Ganzen positiv entgegengekommen, was die Problematik der Doppelverwendungen betrifft. Und die Frau Bundesminister konnte uns auch im Ausschuss glaubhaft ver­sichern, dass die anderen Kritikpunkte – bis auf jenen, der dieses Essen betrifft – abgearbeitet worden sind.

Aus diesem Grund kann man sagen: Das sollte die Arbeit des Rechnungshofes sein, und das ist auch die Aufgabe des Rechnungshofes, nämlich solche Punkte aufzu­zeigen, und das sollte dann abgearbeitet werden, die Regierung hat dann die Verpflich­tung, das bestmöglich einzuarbeiten. Aber der Rechnungshof beziehungsweise seine Berichte sollten nicht dazu dienen, nur aus einer populistischen Motivation heraus Thematiken andauernd hochzuziehen – Thematiken, die sich eigentlich schon längst durch die Ergebnisse des Rechnungshofes dargelegt haben und auch beurteilt wurden und in Stellungnahmen der Ministerien eingeflossen sind –, denn gerade diese Art der Vorgangsweise konterkariert die Aufgabe des Rechnungshofes und ist eigentlich dieses Hauses nicht würdig. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.28


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Becher.

 


21.28.05

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Gahr hat gesagt, in diesem Land ist die Sicherheitspolitik verändert worden und die Organisation des team04 hat viel bewegt. – Ich kann von dieser wundersamen Vermehrung, die bei den Polizistinnen und Polizisten in den Grätzeln stattgefunden haben soll, nichts merken, denn wenn der systemisierte Sollstand zum Beispiel in der Donaustadt jetzt 256 BeamtInnen beträgt und 186 tatsächlich auf der Straße stehen, dann ist von den Umsetzungen dieser Kritik nichts zu merken. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 221

Was die Personalentwicklung, die hier bei der Bundespolizeidirektion Salzburg ange­geben wird, betrifft, so lässt sich ja auch nachvollziehen, dass die Zahl Jahr für Jahr gesunken ist: von 551 PolizistInnen im Jahr 2000 auf 489 BeamtInnen im Jahr 2004. Noch dramatischer ist aber der Rückgang im Kriminaldienst mit einem Minus von 28 Prozent. Und wenn man sich den Bericht zur Kriminalprävention und kriminal­polizei­lichen Beratung ansieht, so kann man darin nachlesen, dass die Straftaten enorm angestiegen sind, nämlich österreichweit um 23 Prozent, und die Zahl der Beamten gesunken ist und gleichzeitig auch die Aufklärung um 10 Prozent gesunken ist. Und das kommt einem vernichtenden Zeugnis schwarz-blauer Sicherheitspolitik gleich! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Eigentumsdelikte sind in Österreich von 2001 bis 2004 um 26 Prozent ange­stiegen. Der Rechnungshof verweist aber auch auf den Schaden, der aus diesem Anstieg der Eigentumsdelikte entstanden ist, dieser hat sich nämlich um 73 Prozent erhöht. Würden all die Maßnahmen, die im Rechnungshofbericht vorgeschlagen wurden, umgesetzt, so könnte der Schaden doch enorm begrenzt werden.

Ihre Politik sieht aber anders aus. Im Budget für 2006 gab es wieder einen Rückgang an PolizistInnen: 902 Planstellen wurden eingespart, und insgesamt fehlen in Österreich 3 000 PolizistInnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, entweder sind Sie nicht willens oder nicht fähig, gegen dieses Problem etwas zu tun, auf jeden Fall ist dies sehr fahrlässig, und die Österreicherinnen und Österreicher merken das. Und man hört es auf der Straße, man braucht dazu keine Umfragen: Diese Politik wird nicht goutiert! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.31


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeord­neter Steindl. – Bitte.

 


21.31.40

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Finanzstaatssekretär! Meine Damen und Herren! Wir behan­deln heute die Bundespolizeidirektion Salzburg als eines der Themen des vorliegenden Rechnungshofberichtes. Mein Kollege Hermann Gahr hat im Wesent­lichen die hiezu ergangenen Empfehlungen bereits ausgeführt; es handelte sich ja überwiegend um geringe Mängel, die festgestellt wurden, und das Bundesministerium für Inneres ist den Empfehlungen auch entsprechend nachgegangen.

Aber ich möchte mich inhaltlich heute damit auseinander setzen, dass Kollege Kräuter eingangs die ÖVP, vor allem unseren Klubobmann angegriffen und bezüglich der Einbringung des Verlangens auf Prüfung durch den Unterausschusses behauptet hat, dass dieses gegen die Geschäftsordnung verstoßen würde. Hiezu ist festzustellen, dass die Frage betreffend den Zeitpunkt der Einbringung als Verlangen auch von der SPÖ am 19. September 2005 genauso behandelt wurde. (Abg. Dr. Kräuter: Aber das stimmt doch nicht!) Natürlich stimmt das! (Abg. Hornek: Na sicher stimmt’s, Kräuter!) Sie haben also damals dieselbe Vorgangsweise gewählt (Abg. Dr. Kräuter: Der Vor­sitzende Kogler hat es nicht zur Kenntnis genommen – das ist der Unterschied!), und es ist daher irrelevant, wenn Sie heute uns beziehungsweise unserem Klubobmann anlasten, dass wir auch eine ähnliche Vorgangsweise wählen. (Abg. Dr. Kräuter: Das ist anders!) – Nein!

Darüber hinaus ist, da im Zitat des Geschäftsordnungskommentars davon ausgegan­gen wurde, dass die letzte Sitzung dieses Unterausschusses auch am letzten Tag dieser Sechsmonatsfrist abgehalten werden kann, was auch der bisherigen Praxis der


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 222

Parlamentsdirektion entspricht, klar, dass in einem solchen Fall die Berichterstattung mit dem Sitzungsende zusammenfallen würde. Alles andere wäre eine unzulässige Fristverkürzung. (Abg. Dr. Kräuter: Das ist Rechtsbeugung, die Sie da zitieren!) – Nein, das ist keine Rechtsbeugung! (Abg. Dr. Pirklhuber: Linksbeugung!) Sie haben das genauso gehandhabt, und darüber hinaus wurde dieses Thema auch in der Präsidiale entsprechend lange debattiert, und hiezu wurde dann auch ein gemein­sames Protokoll verfasst, das ich im Wesentlichen hier noch zitieren darf:

„Da im gegenständlichen Fall mit der Wahl des Berichterstatters in der Sitzung des Ständigen Unterausschusses am 5. April 2006 vor 16.25 Uhr die inhaltliche Beratung abgeschlossen wurde, war damit kein früheres Verlangen in Durchführung begriffen.“ (Abg. Dr. Kräuter: Ihr Zögernitz sagt genau das Gegenteil!) „Die Stellung eines neuen Verlangens war damit ab diesem Zeitpunkt zulässig.“ (Abg. Mag. Regler: So ist es!)

Meine Damen und Herren! Ich glaube schon, dass wir die parlamentarische Arbeit alle mit den gleichen Instrumenten verrichten sollten und dass man nicht, wenn es einem gerade passt, sagen sollte: Nein, das ist eigentlich unzulässig! (Abg. Dr. Puswald: Das sollten Sie dem Präsidenten Khol einmal sagen, was die ...gleichheit betrifft!), während man sich selbst aber die Geschäftsordnung sehr wohl entsprechend zunutze macht. – Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

21.34


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

 


21.35.09

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte mich mit jenem Teil des Rechnungshofberichtes beschäftigen, der die Medizinuniversität Graz zum Gegenstand hat.

Jetzt kann man sagen, da ist einiges Graz-spezifisch, ... (Abg. Faul: Das ist der nächste Bericht!) Der nächste Bericht, ja. (Abg. Faul: Der ist im nächsten Tages­ordnungspunkt! – Du bist ein bisschen früh!) Oh! – Ich werde es trotzdem machen, denn ich bin als Redner so gemeldet worden. Man kann darüber hinwegsehen; der Rech­nungshof wird das prüfen und es hoffentlich für gut befinden. – Okay. Die entscheidenden BeamtInnen des Ressorts sind ja anwesend, daher sollte das kein Problem sein.

Ich glaube, es gibt da einiges Graz-Spezifisches, aber das ist die Minderheit. Ent­scheidend ist, was der Rechnungshof ganz zu Beginn feststellt: Kostenneutralität als Grundsatz eines Gesetzes – oder als Floskel, wenn man es kritisch sagen will – ist nicht gegeben. Das steht nüchtern, aber nicht banal da. Und es steht auch da: ist nachvollziehbar nicht gegeben. – Das heißt, die Loslösung der Medizinischen Fakultät aus dem Gesamtverband der Universitäten hat mehr Kosten verursacht.

Versprochen wurde, dass diese Mehrkosten abgegolten werden. Das ist nur zu einem Teil geschehen. Wie groß dieser Teil war, darüber streiten sich die Geister – die Opposition und die Regierung –, was üblich ist.

Aber was hat das für Folgen? – Man sollte sich einmal anschauen, wie man zu dieser Entscheidung gekommen ist.

Jetzt berichte ich nicht aus einem privaten Gespräch, sondern aus einem offiziellen Gespräch mit der Frau Bundesministerin, in dem ich ihr klargemacht habe, dass üblicherweise international die Positionen so sind, dass die medizinischen Fakultäten Teil einer Universität sind und alles andere – eine eigene Medizinische Universität – international eher eine Ausnahme von der Regel ist.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 223

Das spielt keine Rolle – man gebraucht das Wort „Internationalität“ eher mit „Welt­klasse“, ob es stimmt oder nicht –, aber es hat Gründe, und wenn man sich das anschaut, dann stellt man fest, dass diese Teilung letztlich vom Ministerium so begründet wurde: Wir können im neuen Gesetz für einzelne Fakultäten keine Ausnahmen machen, wir wollen vielleicht gar keine Fakultäten mehr und wollen diese durch Departments ersetzen und daher die Sonderbestimmungen in Medizin, die jahr­lang gegolten haben und Sinn gemacht haben – weil die Medizin neben Forschung, Lehre und Verwaltung noch die Aufgabe der Krankenversorgung hat und somit an den Universitäten ein Alleinstellungsmerkmal, um das so zu formulieren, aufweist; das ist jetzt nicht etwas Edles, sondern nur etwas Atypisches, um da nicht im Selbstlob der Mediziner unterzugehen –, nicht weiter aufrechterhalten.

Das hatte seine Gründe. Frau Bundesministerin Gehrer hat das verweigert, und somit waren die Fakultäten eigentlich gezwungen, für eine eigene Universität zu plädieren. Sie wollten es ursprünglich nicht.

Bundesministerin Gehrer sagte mir weiters – und das ist politisch schon interessant –, dass es zwei Personen aus meiner hochheiligen Heimatstadt Innsbruck gegeben hat, die ihr das nahe gelegt und schmackhaft gemacht haben. Eine dieser beiden Personen war jene, die in einem Rechnungshofbericht sehr prominent vorkommt: der Vorstand des Instituts für Hygiene, der gleichzeitig auch Leiter der Bakteriologischen Unter­suchungsanstalt Innsbruck war und in dieser Doppelfunktion kritisch, zu Recht kritisch, geprüft und – ich sage jetzt einmal: vielleicht ein bisschen grob, für den Rech­nungshof – auch beanstandet wurde.

Ein Unikat war schon, dass dieser Chef es sich leisten konnte, diese Bakteriologische Untersuchungsanstalt mit seinem privaten Geld zu kaufen, um seine Gewinne in der Höhe zu halten, wie sie vorher waren. Also wie auch immer, da sind einige Dinge passiert, und ich glaube, dass die Medizin an allen drei Universitäten einer gründ­licheren Prüfung bedürfte, als dies in dieser einzelnen Untersuchung erfolgt ist.

Ein meiner Ansicht nach bezeichnendes Beispiel: Die Medizin macht in etwa bereits über 40 Prozent der gesamten Kosten aller Universitäten aus, aber kaum ein Prozent des Personals in der Geschäftseinteilung des zuständigen Ressorts beschäftigt sich mit diesem Thema oder darf sich damit beschäftigen. Das halte ich für grob fahrlässig!

Die Mär, dass die Loslösung der Medizinischen Fakultät die Position gegenüber dem Träger gestärkt habe, halte ich schlichtweg für falsch. Ich kann jetzt gar nicht mehr auflisten, was ich da an Unzulänglichkeiten weiß, die im Rechnungshofbericht nicht stehen, aber ich würde ganz gerne einmal die Gelegenheit ergreifen, Ihnen das persönlich darzulegen, zum Wohle, nicht zum Schaden der Medizin, aber auch zum Wohle des Ministeriums. Wenn ich denke, was da an Geld ausgegeben wird ohne Zusammenarbeitsverträge mit den Ländern und den Trägern, dann, muss ich sagen, ist das schon an der Grenze des Erträglichen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

21.40


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Präsident des Rechnungshofes Dr. Moser. – Bitte.

 


21.40.51

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich glaube, es ist Abgeordnetem Grüne­wald nicht zu verübeln, dass er ein Prüfungsergebnis vorgezogen hat, das erst unter dem nächsten Tagesordnungspunkt aufgerufen wird. Der Grund ist der, dass der Rechnungshof in den letzten zwei Monaten insgesamt zehn Berichte mit 36 Prüfungs-


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ergebnissen hier in diesem Plenum behandelt erhalten hat. Auf der heutigen Tagesordnung stehen insgesamt drei Berichte mit 15 Prüfungsergebnissen. Ich hoffe, Sie haben daher Verständnis dafür, nachdem bisher zwei Berichte herausgegriffen worden sind, dass ich im Hinblick auf die Bedeutung einige Berichte besonders erwähnen möchte.

Einen der Berichte, der angesprochen worden ist, der auch im Ausschuss behandelt worden ist, betraf die Bundespolizeidirektion Salzburg, wo es sehr positiv ist, dass die Empfehlungen des Rechnungshofes in größtem Ausmaß aufgegriffen und umgesetzt worden sind. Es ist auch in diesem Zusammenhang positiv zu erwähnen, dass durch die Umsetzung der Polizeireform mit 1. Juli 2005 ineffiziente Strukturen bei der Bundespolizeidirektion Salzburg beseitigt worden sind, indem die Wachkörper Gendarmerie und Polizei zusammengeführt wurden.

Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass gerade im Hinblick auf die Bedeutung, die die Sicherheit genießt, der Rechnungshof eben diesen Bereich einer Vollprüfung unterziehen wird und insbesondere die Umsetzung der Polizeireform im Hinblick auf die Aufbauorganisation und natürlich – auch das ist ein neuer Ansatz des Rech­nungshofes – die Überprüfung, ob die zugesagten Empfehlungen des Rechnungshofes auch tatsächlich umgesetzt worden sind.

Ein Punkt, der dabei besondere Bedeutung hat – und das ist auch im Zusammenhang mit der Sicherheit immer wieder zu erwähnen –, ist die ausbildungsfremde Verwen­dung von Exekutivbeamten. Da zeigt gerade das Beispiel Salzburg, welche Ein­sparungs­effekte damit erzielbar sind. Es ist nämlich so, dass alleine durch die Um­wandlung von Exekutivplanstellen in Verwaltungsplanstellen, wie es bei der Bundes­polizeidirektion Salzburg möglich ist, ein Einsparungspotential von 760 000 € erzielt werden kann und man sich darüber hinaus durch die Rückführung – auch das ist vom Abgeordneten Gahr angesprochen worden – von 23 Sicherheitswachebeamten in den exekutiven Außendienst die Grundausbildung für neue Bedienstete ersparen kann. Das macht bei 23 Bediensteten alleine ein Ausmaß von 1,96 Millionen € aus. – Also sicherlich ein Bereich, in dem man weiter arbeiten muss und wo es zweckmäßig ist, auch in die Sicherheit zu investieren und die Leute im exekutiven Außendienst auch tatsächlich zu verwenden.

Damit leite ich über zu einem weiteren Prüfungsergebnis des Rechnungshofes, das die Kriminalprävention und die kriminalpolizeiliche Beratung betroffen hat. Auch das ist von der Abgeordneten Becher kurz angesprochen worden. Ich glaube, auch ein Bereich, der von volkswirtschaftlicher Bedeutung ist und wo massive Einsparungseffekte mög­lich sind, wenn man da Maßnahmen setzt. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass alleine die Rückführung des Schadens durch Diebstahl- und Raubdelikte auf das Niveau des Jahres 2001 ein Einsparungsvolumen von 180 Millionen € möglich machen würde.

Der Rechnungshof hat auch hier gemäß seinem Beratungsansatz und dem Ansatz, aus Prüfungen zu lernen und so weiterzuleiten, dass man beraten und seinen Beitrag leisten kann, ein Maßnahmenbündel vorgelegt, wie man in die Richtung gehen kann, um Prävention zu betreiben und schadensminimierend tätig zu sein. Ich darf Sie vielleicht noch ersuchen, im Bericht das näher nachzulesen, weil ich glaube, eine Umsetzung dieser Empfehlungen würde in diesem Bereich sehr viel bringen, auch im Interesse der Sicherheit.

Ein weiterer Aspekt ist heute noch nicht angesprochen worden, aber er ist dement­sprechend wichtig: Wir haben auch die Erfassung forschungsförderungsrelevanter Daten geprüft. Und es hat sich gerade in diesem Bereich gezeigt, wie wichtig es wäre,


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die Forderung des Rechnungshofes, nämlich auf Einführung einer österreichischen Förderungsdatenbank, umzusetzen.

Wenn man sich nämlich diese Förderungsdatenbank anschaut, dann zeigt sich, dass es im Bereich des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur und des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie eben keine IT-unter­stützte Forschungsförderungsdatenbank gibt, die sämtliche Förderungsnehmer als solche erfasst. Darüber hinaus werden die Daten nur in Teilbereichen erfasst.

Das führt natürlich dazu, dass unerwünschte Mehrfachförderungen nicht ausge­schlossen sind und dementsprechend Förderungsmittel nicht so eingesetzt werden, wie man sie allenfalls einsetzen kann, hätte man diesen Überblick. Aus diesem Grund glaube ich, dass es notwendig wäre, dass man tatsächlich hier Maßnahmen setzt, um eben diese vorhandenen Schwachstellen zu beseitigen. Es war nämlich auch so, dass wir keine flächendeckende Erhebung von Forschungsförderungsdaten zwischen Bund und Ländern haben.

Es gibt keine österreichweite Gesamtschau gegliedert nach geförderten Projekten oder Förderungsnehmern. Aus diesem Grund wäre es gerade in dem Bereich im Hinblick auf die Effizienzsteigerung – die Steiermark wurde heute angesprochen – zweckmäßig, eine diesbezügliche Förderungsdatenbank einzurichten. Dazu ist auch noch zu erwäh­nen, wenn man sich die Förderungslandschaft anschaut, dass es keinen einheitlichen Förderungsbegriff gibt. Es gibt unterschiedliche Bestimmungen zum Thema For­schungsförderungen und zahlreiche Parallelerhebungen von Forschungsförderungs­daten. Es erfolgt die Erfassung von Forschungsprojekten sowie des jeweiligen For­schungs­förderungsnehmers dezentral und von den Förderstellen jeweils nach unter­schiedlichen Kriterien. – Das ist sicher ein Punkt, der abgestellt werden sollte.

Überdies fließen da auch von Seiten der EU Förderungen und ich glaube, man braucht einen Gesamtüberblick, um langfristig eine effiziente Gestaltung des österreichischen Förderungssystems bewerkstelligen zu können.

Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass der Rechnungshof in seinem Tätigkeitsbericht 2004 Leitlinien und grundsätzliche Empfehlungen in Richtung Förderungsziele, Förderungsrichtlinien und Förderungsentscheidungen festgehalten hat. Eine Umsetzung dieser Empfehlungen würde sicherlich dazu führen, dass ein effizienterer Mitteleinsatz möglich ist.

Ich möchte aber auch hier im Hinblick auf die Ausgeglichenheit der Empfehlungen beziehungsweise der Vorgangsweise des Rechnungshofes anführen, dass bereits Maßnahmen in diese Richtung gesetzt worden sind, und zwar neben einer Verbes­serung des Berichtswesens über Forschungsaktivitäten und zur Einführung eines bundesweiten Forschungsprojekts Datenbank. Darüber hinaus ist auch zu erwarten, dass durch die neu gegründete Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft einfachere Strukturen, mehr Transparenz und eine verstärkte Koordination stattfinden. Es ist auch positiv, dass von dieser Gesellschaft in das Arbeitsprogramm aufgenom­men wurde, eine gemeinsame Forschungs- und Technologieentwicklungsdatenbank einzuführen.

Am Schluss möchte ich auf etwas hinweisen, weil das ein Aspekt ist, der zum einen positive als auch negative Beispiele hat. Das ist, dass mit 1. Juli 2002 das Wett­bewerbsgesetz in Kraft getreten ist beziehungsweise auch die Novelle zum Kartell­gesetz 1988, wo auch die wettbewerbliche Struktur in Österreich einer Modernisierung zuführt worden ist und damit auch Empfehlungen der OECD beziehungsweise der EU umgesetzt wurden. Gleichzeitig ist aber auch zu bemerken, dass es in diesem Bereich parallele Strukturen zwischen der Bundeswettbewerbsbehörde und dem Bundeskartell­anwalt gibt, dass nach wie vor Regelungen da sind, die nicht internationalen


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Gepflogen­heiten entsprechen, und darüber hinaus, dass neben der weisungsfreien Bundeswettbewerbsbehörde und dem weisungsgebundenen Bundeskartellanwalt auch weitere Behörden Aufsichts- beziehungsweise Regulierungsmaßnahmen setzen, wo­durch das One-Stop-Shop-Prinzip, das gewünscht ist, für den Kunden nicht in vollem Ausmaß umgesetzt wurde.

Also auch ein Bereich, wo es der Rechnungshof im Hinblick darauf als erforderlich erachtet, dass die Tätigkeitsschwerpunkte der zwei Bereiche, nämlich der Bundes­wettbewerbsbehörde und des Bundeskartellanwaltes auf der einen Seite, aufeinander abgestimmt werden, darüber hinaus die Zusammenarbeit forciert wird und nicht zuletzt auch Kennzahlen und Indikatoren entwickelt werden, die in eine Richtung gehen, um den Wettbewerb beziehungsweise den Wirtschaftsstandort Österreich so zu erhalten und so zu gestalten, dass er wettbewerbsfähig ist.

Ich hoffe, ich habe Sie mit meinen Ausführungen nicht zu lange hingehalten, aber ich glaube, es sind in den Berichten Punkte da, die positiv sind, indem die Tätigkeit des Rechnungshofes auch zu Verbesserungen, Modernisierungen und zu Einsparungen geführt hat, und es sind sehr wohl noch Punkte da, wo weitergearbeitet werden sollte im Hinblick auf eine Effizienzsteigerung, insbesondere in Blickrichtung Einrichtung einer einheitlichen Förderungsdatenbank. Ich glaube, damit wäre allen gedient, und man könnte tatsächlich das Ziel erreichen, dass der Förderungsgeber zumindest den gleichen Überblick hat wie der Förderungsnehmer, um dadurch Transparenz und effizienten Mitteleinsatz zu gewährleisten. – Ich danke Ihnen. (Allgemeiner Beifall.)

21.49


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Sieber. – Bitte.

 


21.49.11

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Der Rechnungshof hat in der Zeit von 19. April bis 7. Mai 2004 und in der Zeit von 4. bis 6. Oktober 2004 eine Gebarungsprüfung der Bundespolizeidirektion Salzburg durchgeführt und kam in seinem Ergebnis zu folgenden Empfehlungen.

Der Forderung, die aufbauorganisatorische Gliederung der Sicherheitswache nach einer entsprechenden Evaluierung neu zu gestalten, kam man im Zuge der Zusam­menführung der Wachkörper „team04“ nach. Die vorliegende Empfehlung wurde bei der Projektarbeit berücksichtigt, und überdies ist eine Überprüfung und Bewertung der Umsetzung vorgesehen.

Eine weitere Empfehlung des Rechnungshofes betreffend Wartungsaufwand für den Fuhrpark der Sicherheitsexekutive wurde mit der Einführung eines neuen Leasing­modells umgesetzt.

Hiebei ist vorgesehen, in Zukunft nur noch Fahrzeuge mit aufwändigen Aufbauten, das sind zum Beispiel Radargeräte, Videoanlagen oder Teileinrichtungen, anzukaufen, die in polizeieigenen Werkstätten oder in Markenwerkstätten auf Kosten des BMI gewartet werden müssen.

Eine Empfehlung des Rechnungshofes lautete: Die gemäß § 23 Abs. 2 der Führer­scheingesetz-Gesundheitsverordnung vorgesehene Vergütung von Amtsgutachten der Amtsärzte der Gebietskörperschaften auf eine Doppelbesoldung zu überprüfen, wurde aufgegriffen, und es wird nun, gestützt auf die Ansichten des Rechnungshofes, bei der nächsten Novellierung der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung der Entfall der doppelten Vergütung der amtsärztlichen Gutachten realisiert.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 227

Auch der Anregung, das Projekt „Integrierte Vollzugsverwaltung“ umzusetzen, wurde umgehend nachgekommen. Mit der Installierung dieses Projektes soll die digitalisierte Einmalerfassung aller angehaltenen Menschen ermöglicht und die Verfügbarkeit im Netzwerkverbund in ganz Österreich mit Sicherheitsportalen für die Sicherheits- und Fremdenbehörden sowie in Landespolizeikommanden sichergestellt werden.

Bezüglich der Anregung des Rechnungshofs, die Insassen des Polizeianhaltezentrums zur Gänze durch die nahe gelegene Justizanstalt Salzburg mit Mahlzeiten versorgen zu lassen, ist anzumerken, dass die Polizeidirektion bereits versucht hat, einen Vertrag mit der Justizanstalt Salzburg zu erwirken. Es sind aber zurzeit die Kapazitäten der Justizanstalt zu gering und auch das Angebot zu wenig flexibel, um auf die jeweiligen Ernährungsbedürfnisse der Insassen des Polizeianhaltezentrums reagieren zu können. Im Zuge der Erweiterung und des Umbaus der Küche der Justizanstalt werden aber sicher weitere Gespräche über dieses Thema geführt werden.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass wir hier wieder ein Beispiel dafür haben, wie ernst die Ministerien die Empfehlungen des Rechnungshofes nehmen und stets bemüht sind, diesen Empfehlungen im Interesse der Bevölkerung ehestmöglich nachzukommen und dieselben auch umzusetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

21.52


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel.

 


21.52.29

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Meine Herren Präsidenten! Herr Staats­sekretär! Meine Damen und Herren! Nachdem Vorredner schon mehrfach auf den Bericht betreffend Bundespolizeidirektion Salzburg hingewiesen haben, nun ein paar wenige Bemerkungen meinerseits dazu.

Der Bericht ist, wie ich meine, ein weiteres Element einer immer länger werdenden Liste des Missmanagements und der Steuergeldverschwendung dieser Bundes­regie­rung. Wenn die betroffene Einrichtung im Vergleich mit vielen anderen spektakulären Verschwendungsaktionen der Regierung eine eher kleinere Dimension aufweist, so zeigt dies doch sehr deutlich, wo diese Bundesregierung die öffentliche Verwaltung hin entwickelt.

Die Kritik des Rechnungshofes zeigt auch, dass der frühere Shootingstar der ÖVP, Minister Strasser, sein Ministerium nicht im Griff hatte. Es ist mehrfach auf die Beispiele hingewiesen worden, wie vorhin auch erwähnt, auf den Einsatz der gut ausgebildeten Sicherheitswachebeamten, die für einfache Tätigkeiten herangezogen werden, Schaden 760 000 €, oder die unwirtschaftliche Verpflegung der Insassen des Polizeianhaltezentrums, jährlicher Schaden etwa 77 000 €. Da passt auch ins Bild, dass das Ministerium die tatsächlichen Kosten pro Hafttag nicht kennt und daher auch nicht in Rechnung stellt.

Es ist auch bezeichnend, dass im Ausschuss die Frau Bundesminister wiederholt zu diesem Punkt befragt wurde und sie auch wiederholt Antworten gegeben hat, allerdings jeweils ganz konträre Antworten. Schaden aus diesem Punkt 960 000 €.

Auch das Beispiel des Fuhrparks: 78 Kraftfahrzeuge bestehend aus elf Marken und 24 Typen – eine Situation, die wirtschaftlich nicht administrierbar ist.

Es ist an Hand dieser Beispiele doch wohl erschreckend, wie gleichgültig diese Regie­rung mit Steuergeld umgeht, und ich denke, dass die Regierung gut beraten wäre, sich weniger um Postenschacherei und mehr um ihre eigentlichen Aufgaben zu kümmern. Ich denke, dass die Bevölkerung auch ein Recht darauf hat. (Beifall bei der SPÖ.)

21.55



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 228

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber.

 


21.55.35

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne)|: Meine Damen und Herren! Herr Präsident des Rechnungshofs! Ich möchte auf einen Aspekt des Berichtes eingehen, den Sie bisher in Ihrem Redebeitrag nicht dargestellt haben, der aber relevant ist, und zwar auf die Prüfung der AMA Marketing GmbH.

Ich finde diesen Teil des Berichtes wirklich sehr, sehr spannend, weil er meines Wissens die erste Prüfung der AMA Marketing GmbH überhaupt ist. Kurze Erläuterung: Die AMA Marketing GmbH ist zuständig für das Agrarmarketing in Österreich und speist sich wesentlich aus Mitteln, die die Bäuerinnen und Bauern beziehungsweise die Verarbeitungsbetriebe über die Vermarktung an die AMA abliefern müssen.

Da besteht seit Jahren, spätestens seit 1999, ein intensiver Streit um diese Beiträge. Es gibt Unternehmungen gerade im Fleischbereich, die nicht bereit waren, diese Bei­träge zu zahlen. Und es laufen Verfahren, Sie haben das auch gut dargestellt im Bericht, beim Verwaltungsgerichtshof beziehungsweise beim Europäischen Gerichts­hof. Teilweise gibt es bereits die Entscheidungen, teilweise noch nicht, also zumindest im Bericht ist es so dargestellt. Es wird zu Recht darauf hingewiesen, dass die AMA Rückstellungen tätigen muss, um hier Vorsorge zu treffen, falls diese Rückforderungen eben nicht erfolgreich sind und diese Firmen von diesen Beiträgen befreit sind. Es ist auch ein politisches Problem damit verbunden, weil damit die gesamte Marketing­tätigkeit der AMA gefährdet ist.

Im Kern war ein zentraler Kritikpunkt, dass die derzeitige Ausrichtung der AMA der Bewerbung inländischer Produkte für den inländischen und auch für den ausländischen Markt nicht gemeinschaftskonform ist und daher eine Novelle dieses § 21a dringend erforderlich ist. Also das ist ein klares Ergebnis des Berichtes. Es gibt bereits eine Novelle, einen Vorschlag für eine Novelle zum AMA-Gesetz in einem Bündel von anderen Agrargesetzen, die Begutachtungsfrist hat am Montag geendet. Wir werden in diesem Haus noch heftig über diese Themen diskutieren.

Aber interessant ist, dass die Kritik des Rechnungshofes in einigen Kernpunkten wirklich unglaubliche Dinge ans Licht gebracht hat, nämlich dass die Unternehmungen, die das AMA-Gütesiegel, so nehme ich an, verwenden, über die Probenziehung selbst entscheiden können. Die AMA hat sich hingestellt und gesagt, wir haben das beste Qualitätssicherungssystem. Ich erinnere mich an viele Debatten: Ja, wir machen die besten Kontrollen! Und jetzt stellen wir über diesen Bericht fest, dass nicht einmal die AMA-Organe die Proben ziehen, sondern die Unternehmen selbst die Proben auswählen können. Das entspricht ja überhaupt keinem Standard in einer Qualitäts­sicherung. Ich bin ein wenig überrascht über die – ich will nicht Verharmlosung sagen, aber über die relativ extrem sachliche Formulierung. Ich hätte mir erwartet, dass im Bericht schon klar formuliert ist, das ist nicht konform mit Qualitätssicherungssystemen, wie sie auf dem Markt und wie sie in der Praxis üblich sind. Sie entsprechen nicht den Zertifizierungsnormen. Es wird einmal kurz auf die europäische Norm 45011 Bezug genommen.

Die Kontrollen sind teilweise unwirksam, das wird auch direkt angeführt. Besonders relevant im Rahmen des Marketings ist, dass die Vergabepraxis der AMA völlig intransparent und nicht konform mit Bundesrecht ist. Die AMA vergibt etwa ein Drittel der Aufträge, ohne die Bundesvergabevorschriften einzuhalten. Das ist nicht eine Kleinigkeit, das steht im Bericht wörtlich so drinnen. Ich danke dem Rechnungshof für diese Klarheit. Es ist eindeutig, dass hier offensichtlich – und das vermute ich jetzt einmal – bestimmte Unternehmungen ganz einfach ausgewählt werden, weil sie, wem


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immer, genehm sind oder weil sie bestimmte Leistungen exklusiv erbringen oder für zusätzliche – da kann man mutmaßen – Dinge auch herangezogen werden können oder sollen. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ein weiterer Punkt ist die Sache mit der Steuer. Es ist so, dass die AMA Einnahmen hat und Vorsteuer abzugsberechtigt ist. Der Rechnungshofbericht sagt, es ist eigentlich nicht nachvollziehbar, warum von den Einnahmen keine Mehrwertsteuer abgeliefert wird. Das ist doch interessant, der Rechnungshof konnte nicht nachvollziehen, auf welcher Basis das so geregelt ist. Ich habe das so gelesen, vielleicht stellen Sie das noch einmal klar, Herr Präsident des Rechnungshofes, das war für uns so sichtbar.

Ein Punkt, der für uns seit Jahren ein Thema ist, wird auch vom Rechnungshof auf­geworfen, nämlich dass die Marketingbeiträge aus den einzelnen Branchen nur für diese jeweiligen Branchen wieder verwendet werden konnten, das heißt, Einnahmen aus dem Fleischsektor konnten nur wieder für Fleischwerbung verwendet werden. Und das widerspricht gewissen Empfehlungen in Bezug auf Gesundheit und Zweck­mäßigkeit.

Gerade im Biobereich haben wir seit Jahren diskutiert, dass es sinnvoll wäre (Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer) – derzeit im Gesetz, korrekt, Herr Kollege Molterer –, eine Gesetzesänderung vorzunehmen. Es sagt auch das Ministerium zu, dass hier eine Änderung des AMA-Gesetzes notwendig ist, und ich erwarte mir in Kürze eine entsprechende Vorlage.

Abschließend – das soll nicht unter den Tisch gekehrt werden –: Es gibt eine Reihe von sonstigen Feststellungen, und hier vermisse ich wirklich die Klarheit zu diesen Aussagen. Es wird formuliert, dass es unklare Vereinbarungen zwischen der AMA Muttergesellschaft und der AMA Marketing gibt. Bitte können Sie erläutern, worin die Unklarheiten zwischen diesen Organisationen bestehen?

Auch die Gehälter der Geschäftsführer und die Aufsichtsratsbezüge wurden geprüft. Ich würde auch darum ersuchen, Klarheit zu schaffen, wie hoch diese Bezüge sind, denn es ist durchaus relevant und es sollte einmal auf den Tisch kommen, wofür welche Beträge eigentlich bezahlt werden. – Danke schön, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.02


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Schön­pass. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


22.02.19

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn die Bundesregierung mit schlechtem Beispiel vorangeht, dann darf man sich nicht wundern, wenn auch bei den nachgeordneten Dienststellen nicht gut gewirtschaftet wird.

Am Beispiel der Bundespolizeidirektion Salzburg beleuchtet der Rechnungshof einige symptomatische Aspekte im Umgang mit öffentlichen Geldern, so etwa ineffiziente Verwaltungsstrukturen, ineffizienten Personaleinsatz und Einsparungen an den falschen Stellen.

Zu den Einsparungen möchte ich ein konkretes Beispiel erwähnen. Die Bundes­polizeidirektion Salzburg hat gemeinsam mit dem Evangelischen Hilfswerk ein Konzept für einen offenen Vollzug erarbeitet. (Abg. Scheibner: Das haben wir schon gehört!) Dieser offene Vollzug würde eine deutliche Verbesserung der Haftbedingungen für Schubhäftlinge bringen. Laut Rechnungshof wurde aber mangels ausreichender Budgetmittel dieser Vorschlag noch nicht umgesetzt und damit auch noch nicht


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begonnen. Der Budgetmangel bei einem so wichtigen Thema wie menschenwürdige Haftbedingungen liegt letztendlich bei der Bundesministerin für Inneres.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch kurz auf das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen zu sprechen kommen. Auch hier hat der Rechnungshof Mängel festgestellt, die typisch für die Regierungsarbeit dieser Bundesregierung sind. Im Bereich Öffentlichkeitsarbeit wurde zum Beispiel das Bundesvergabegesetz völlig ignoriert. Für Öffentlichkeitsarbeit gab das Ministerium für Gesundheit und Frauen in den Jahren 2001 bis 2003 rund 2 Millionen € aus.

Rund 581 000 € davon hätte man den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern ersparen können, denn diese Summe wurde an eine Firma bezahlt, damit sie Inserate in Tageszeitungen schaltet. Inserate zu schalten ist normalerweise eine Aufgabe, die eine hausinterne Pressestelle ohne weiteres erledigen kann und soll.

Beispiele für sinnvollere Investitionen innerhalb des Ministeriums liefert der Rech­nungshofbericht gleich mit. Ein durchdachtes Gesamtkonzept für Maßnahmen der Gesundheitsförderung fehlt nämlich zur Gänze, ebenso eine funktionsfähige interne Revision im Gesundheitsressort.

Ich danke dem Rechnungshof für seinen Bericht und für die hervorragende Arbeit, aber, geschätzte Damen und Herren, Regierungsmitglieder, die derart sorglos mit öffentlichen Geldern umgehen und die ihr Ressort derart unkoordiniert führen, haben das Vertrauen der Bevölkerung nicht verdient. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Wenn Sie den letzten Satz nicht gesagt hätten, hätte ich geklatscht!)

22.05


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Krist. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.05.53

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Der Rech­nungshof hat in seiner Kritik an der Bundespolizeidirektion Salzburg den ausbildungs­fremden Einsatz von Sicherheitswachebeamten bemängelt sowie die unzureichende IT-Ausstattung oder die Abschaffung von Unfalldatenspeichern in Dienstkraftfahr­zeugen durch das Bundesministerium für Inneres, obwohl in den vergangenen Jahren durch diese Datenspeicher eine deutliche Verbesserung der Verkehrs- und Betriebs­sicherheit erzielt werden konnte.

Der extreme Anstieg an Diebstahl- und Raubdelikten mit einem Schaden von rund 420 Millionen € zeigt einmal mehr die fehlende Präsenz von ExekutivbeamtInnen, schon beginnend im Bereich der Kriminalprävention. Und das gilt auch für ganz Österreich, genauso wie unzweifelhaft zur Kenntnis genommen werden muss, dass ein signifikanter Anstieg bei Eigentumsdelikten und gleichzeitig ein starker Rückgang bei der Aufklärungsquote zu verzeichnen ist.

Meine Damen und Herren, da helfen keine Schummeleien mit den Statistiken, und das Verändern von Kontrollparametern hilft auch nichts. Es ist eine Tatsache, dass sich alles zum Schlechteren wendet.

Meine Damen und Herren, wirklich unglaublich und ein besonderes Schmankerl und ein weiterer Beweis für ungezügelten und hemmungslosen Postenschacher ist die Personalpolitik bei der Neuausschreibung von Posten, und hier insbesondere bei einem in der Bundespolizeidirektion Salzburg.

Dass beim Zusammenlegen von Bereichen und Organisationseinheiten neue Posten zu besetzen sind, ist nicht wirklich etwas Ungewöhnliches. Wenn allerdings, meine


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 231

Damen und Herren, die ÖVP ihre Finger im Spiel hat, dann wird es, wie so oft, zum Skandal. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Da schlägt der Salzburger Polizeidirektor für einen leitenden Verwaltungsposten einen sehr verlässlichen, einen sehr erfahrenen und auch den bestqualifizierten Beamten vor. Da er halt nicht in das Farbenspiel der ÖVP passt, gibt es eine Weisung aus dem Innenministerium, meine Damen und Herren, an den Polizeidirektor, einen anderen, farblich besser Passenden dem Vorgeschlagenen vorzuziehen. Die Personalvertretung hat nichts dagegen, wird noch freundlicherweise dazu erwähnt. – No na, wenn die schwarz dominiert ist.

Schwarz auf weiß belegt, meine Damen und Herren, in einer parlamentarischen Anfrage unseres Abgeordneten Jacky Maier und in der darauf folgenden Beantwortung durch die Innenministerin.

Beamte, meine Damen und Herren, welche die Wahrheit sagen – das ist leider eine traurige Erkenntnis der letzten Jahre dieser Bundesregierung –, werden versetzt. Wer nicht spurt, wird gemobbt und, wenn es nur irgendwie geht, in die Wüste geschickt, egal, ob höchstqualifiziert oder langjährig erfahren. Wenn die Farbe nicht stimmt, spielt das keine Rolle. Objektivierung und Fairness nach dem Geschmack der ÖVP, das ist menschenverachtend. Die erste Rechnung haben Sie bei den Personalvertretungs­wahlen bekommen und die zweite folgt im Herbst. (Beifall bei der SPÖ.)

22.08


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Reheis. 3 Minuten. – Bitte.

 


22.09.01

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Teure Mitglieder der Bundesregierung! Herr Präsident des Rechnungs­hofes, ich denke, manchmal wäre es für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rechnungshofes deprimierend, wenn man Empfehlungen abgibt und weiß, eigentlich wird das, was im Bericht wirklich hervorragend ausgearbeitet wurde, maximal zur Kenntnis genommen, aber mehr passiert nicht.

Wenn ich mir den Bericht anschaue – ich werde wieder ganz kurz auf die AMA zu sprechen kommen –, was das Vergabewesen betrifft und die Abläufe bei der Beschaf­fung von Produkten, erkennt man auch da wieder: Die Nichtbeachtung der Vergabe­richtlinien, die Nichtbeachtung der Bundesvergaberichtlinien und Verfahren, die Per­sonalentscheidungen, die Ausschreibungsverfahren, alles zieht sich eigentlich durch mehrere Berichte des Rechnungshofes durch, und es bleibt nur übrig, dass die Empfehlung drinnen steht, aber grundsätzlich erkennt man nicht, dass etwas geschieht.

Als Vertreter einer Gemeinde sage ich: Wenn sich eine Gemeinde nicht an die Ver­gabe­richtlinien hält, wird sie von den Firmen sehr wohl zur Kasse gebeten, zu Recht natürlich, aber auf Bundesebene scheint es offensichtlich kein Kriterium zu sein, da passiert nichts.

Wenn man sieht, dass der Rechnungshof bei der AMA bei fünf von 16 überprüften Vergabefällen Mängel feststellt, dass die AMA-Marketing nur ausgewählte Unter­nehmen zur Präsentation einlud und unterließ, die in der Vergabevorschriften vorge­sehene öffentliche Bekanntmachung durchzuführen, dass fallweise nur Ein-Jahres-Verträge ausgemacht wurden, obwohl deutlich länger angelegte Werbemaßnahmen und Vorgaben der Geschäftsführung Drei-Jahres-Verträge vorsehen, so ist das unver­ständlich. Der Rechnungshof macht zu Recht die Empfehlung, dass das abgestellt wird, aber in den Berichten bleibt es stets bei der Empfehlung, und deshalb – so sage


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 232

ich – ist es deprimierend oder hoffentlich nicht, weil die Aussagen und die Arbeit des Rechnungshofes sehr gut sind.

Zu den Vertragsabschlüssen ist hier ebenfalls noch vermerkt, dass das Auswahl­ver­fahren bereits fünf oder sechs Jahre zurücklag, und in einem Fall die AMA-Marketing, ohne einen neuen Angebotsvergleich herzustellen, auf einen Bieter zurückgriff, der zwei Jahre zuvor zu einem wesentlich geringeren Auftrag ausgewählt wurde.

Eine konsequentere Beachtung der Vergabevorschriften ist dringend notwendig, und ich denke, dass sich die Regierungsparteien mehr an den Empfehlungen des Rech­nungshofes orientieren sollten. Sie würden gut daran tun! (Beifall bei der SPÖ.)

22.12


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen daher sogleich zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshof­ausschusses, den vorliegenden Bericht III-171 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

22.12.37 8. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht (III-174 d.B.) des Rechnungshofes, Reihe Bund 2005/10 (1400 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht (III-179 d.B.) des Rechnungshofes, Reihe Bund 2005/11 (1401 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zu den Punkten 8 und 9 der Tagesordnung, worüber die Debatte in einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte wird von Herrn Abgeordnetem Faul eröffnet. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


22.13.19

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Sehr verehrte Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Kollege Grünewald hat leider einen Tagesordnungspunkt zu früh über diese Thematik der Medizinuniversitäten ge­sprochen, Frau Bundesministerin. Ich möchte seinen Aspekt, den er aus dem Innenverhältnis eines Professors dort kennt, noch einmal aufgreifen und die Defizite, die durch diese Ausgliederung entstanden sind, aus wissenschaftlicher Hinsicht bekritteln.

Wenn man den europäischen Vergleich hat, wenn man einen weltweiten Vergleich heranzieht, dann weiß man, dass das nicht unbedingt eine glückliche Maßnahme gewesen ist. Der Kollege Grünewald hat berechtigterweise gesagt, dass man erst später draufkommen wird, wie viele Synergien man dadurch verlieren wird, wenn man die Universität aus der Universität ausgliedert und diese Zusammenhänge verliert.


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Frau Bundesministerin, ich habe die finanziellen Aspekte zu kritisieren. Sie sind mit einer Kostenneutralität angetreten, und der Rechnungshof hat sehr wohl zu Recht festgestellt – da hätten Sie keinen wissenschaftlichen Mitarbeiter in Ihrem Ministerium gebraucht, um das zu erkennen –, dass diese Ausgliederung nicht kostenneutral sein kann, sondern dass sich die Kosten dort vervielfachen werden.

Da fragt man sich, Frau Bundesministerin: Welchen Sinn hat denn die Ausgliederung gehabt? Was waren denn die Aspekte dafür? Was war wirklich nur mehr politisch motiviert? – Wenn man sich diese Postenbesetzungen, über die wir heute schon den ganzen Tag hier diskutieren, anschaut, dann weiß man, dass halt doch ein gut Teil politischer Lenkung dahinter gestanden ist. Wenn man sich die Auswüchse dort anschaut, sieht man, dass an der Medizinuniversität Zustände herrschen wie beim Kunsthistorischen Museum, bei der Post, beim ORF, beim Konferenzzentrum und letztlich auch bei der Bestellung des Behindertenanwaltes.

Es gibt ein Gremium, das bestellt. Letztlich bestimmt das Gremium dann ein Jahr später die Höhe der Gehälter dieses Vorstandes. Diese Gehälter – das haben wir in jedem Fall gesehen – explodieren, werden verdoppelt und verdreifacht, und Sie sagen: Na gut. Sie entziehen sich jeder Verantwortung und sagen, das hat letztlich der Aufsichtsrat getätigt. Und Sie haben in der Folge diese Posten ohne Ausschreibung vergeben. Die gesetzlichen Bestimmungen außer Acht lassend, werden einfach Posten geschaffen, und Sie sagen: Es ist halt passiert. – So kann es nicht sein!

Wenn man dann die Verträge anschaut, sieht man, dass in dieser Ausgliederungs­situation zu diesen tollen Gehältern, Frau Bundesministerin, penetrante Zusatzförde­rungen kommen: Wohnbeihilfen, Heilkostenbeihilfen und lauter Dinge, die sich in einem unverstellbaren Bereich abspielen und die man nicht beeinflussen kann.

Das Schlimmste in der Medizinuniversität Graz war, dass sich der Rektor ein Erfolgshonorar gegönnt hat – ich meine, das schlägt dem Fass den Boden aus! –, ohne dass man überhaupt den Erfolg definiert! Das heißt, wenn der Rektor dort gesagt hätte: Dieses Jahr war ich besonders erfolgreich!, hätte er schon sein Erfolgshonorar kassieren dürfen. Diese Verträge sind von Ihrer Beamtenschaft einfach angenommen oder übersehen worden.

Das, was Kollege Grünewald ganz besonders kritisiert hat, sind diese Auswüchse an den Universitäten, wo sich Universitätsprofessoren, Vorstände der Einrichtungen der Universitäten bemächtigen, wo sie für Arbeiten für die Universitäten und in ihrem Auftrag zehnmal so lange brauchen wie für die privaten Aufträge, wo sie Dienstnehmer benutzen, um diesen privaten Beschäftigungen nachgehen zu können, und dort ein Vielfaches dessen verdienen, was sie als Vorstand verdienen. Die einzige Argumen­tation von Ihrer Seite, Frau Bundesministerin, ist: Das sind wohl erworbene Rechte, da kann man nicht eingreifen.

Frau Bundesminister, ich fordere Sie auf: Machen Sie mit diesen Missständen Schluss! (Beifall bei der SPÖ.)

22.17


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Dernoscheg. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.17.38

Abgeordneter Dr., MBA Karl-Heinz Dernoscheg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Frau Minister! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Ich könnte es mir jetzt sehr leicht und einfach machen. Dazu, was Kollege Faul, der ja nur – so denke ich – ein einfacher Abgeordneter ist und sonst keine Nebenbeschäfti­gung hat, über Nebenbeschäftigung ausgeführt hat, könnte ich sagen: Das ist akzep-


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tiert, passt. Wenn Herr Kollege Kräuter zu Beginn des vorigen Tagesordnungspunktes gemeint hat, wir sollen dem Rechnungshof ein Lob aussprechen, dann tun wir das gerne: hervorragende Arbeit. Wenn wir ein Lob für gelungene Umsetzungen einer Strukturreform aussprechen wollen, dann tun wir das auch gerne, nämlich an die leitenden Bediensteten der Medizinischen Universität und an alle Dienstnehmer.

Die Sache ist einfach. Worum ist es gegangen? – Die medizinische Fakultät ist aus der Karl-Franzens-Universität ausgegliedert worden, und es ist eine eigenständige Medizinische Universität gemacht worden. Der Rechnungshof stellt in seinem Rech­nungshofbericht dar, dass es insgesamt eine taugliche Lösung sei, er bezeichnet den Übergang in die Selbständigkeit als – ich zitiere – „besondere Herausforderung“ für die Mitarbeiter, und sagt weiter:

„Ungeachtet der im folgenden Bericht getroffenen Feststellungen anerkennt der Rech­nungshof, dass es der Leitung und den Mitarbeitern der Verwaltung der Medizinischen Universität Graz gelungen war, die Abspaltung erfolgreich zu bewältigen.“

Nun darf ich noch auf einige der Feststellungen des Rechnungshofes eingehen: Solche sind natürlich bei einer derartigen Umgestaltung, in so einem Riesenprojekt, wie es eine Neugründung einer Universität darstellt, erwartbar. Das weiß jeder, der mit Wirt­schaft zu tun hat. Wenn man mit dem Rektor der Medizinischen Universität spricht, dann sagt er: alles akzeptiert, vieles, fast alles schon umgesetzt. Die Satzungs­gestal­tung ist gemacht, die interne Revision wird eingerichtet, Ausschreibung von Reini­gungs- und Wartungsvertragen und ähnliche Fragen sind in Arbeit.

Das wäre also alles nichts Aufregendes und würde nur zeigen: Der Rechnungshof arbeitet seriös, die Verantwortlichen arbeiten seriös, und sie nehmen die Kritik auch ernst.

Nicht überraschend für uns ist auch, dass jetzt natürlich alles, was ein Erfolg der Frau Bundesminister ist, nämlich die Universitätsreform insgesamt, das Universitätsge­setz 2002, wozu immer mehr Leute, immer mehr Betroffene auch sagen: Es macht Sinn, selbständig arbeiten zu lassen, autonom handeln zu lassen!, von Seite der Op­position kritisiert wird. Das ist natürlich, das muss ich – wahrscheinlich zu Ihrem Leidwesen – auch sagen, unserer Ideologie entsprechend positiv, für Sie ist es viel­leicht ein bisschen schwieriger zu verstehen, wenn diese Ideologie diese Erfolge bringt. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Ärgerliche – da bin ich wirklich persönlich schon ein wenig betroffen – ist, dass man bei der Frau Bundesminister tatsächlich aber bei jeder Aktion, die sie setzt, immer nur nach dem Haar in der Suppe sucht, obwohl die betroffenen Leute sagen, das ist vernünftig, das bringt etwas! – Natürlich: Im Bildungs- und Wissenschaftsbereich – Herr Kollege, Sie wissen das – dauert alles ein bisschen länger. Maßnahmen brauchen Zeit, bis sie Wirksamkeit zeigen. Das sind keine Kleinstbetriebe, die da zu lenken sind. Da tut man der Wissenschaft, den Studierenden und den Lehrenden nichts Gutes, wenn man rasche Ergebnisse erwartet.

Aber jetzt muss ich etwas erwähnen, was mich wirklich am meisten geärgert und was mich überrascht hat. Nach der Ausschusssitzung ist Kollege Kräuter – ich muss Sie direkt ansprechen – aus dem Ausschusslokal gekommen und hat unmittelbar eine unverständliche Aktion gesetzt. Er hat schon im Ausschuss diesbezügliche Fragen an die Frau Ministerin gestellt, hat gefragt: Sollen wir das Geld für die neue Medizinische Universität Graz, diese 165 Millionen für einen neuen Campus bezahlen, sollen wir nicht die Chirurgie sanieren? (Abg. Dr. Kräuter: Wer zahlt’s denn?) – Herr Kollege, ich wäre froh, wenn Sie anschließend eine tatsächliche Berichtigung machen, in der Sie sagen: Ich bin für den Campus für die Medizinische Universität Graz. Man soll die 165 Millionen investieren.


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Ihr müsst euch vorstellen, die jetzigen medizinischen Institute sind über ganz Graz verstreut. Mit dem neuen Campus könnte man Synergieeffekte erzielen, die Lehrenden hätten es einfacher, und vor allem käme das den Studentinnen und Studenten zugute. Man könnte endlich den Medizincluster in der Steiermark ein wenig begleiten, der wirtschaftlich wichtig ist. (Abg. Silhavy: Der Klubobmann zeigt auf die Uhr! – Abg. Mag. Molterer: Nein!) – Entschuldigung! – Frau Minister Gehrer sagt Mittel in der Höhe von 165 Millionen € für den Neubau eines medizinischen Campus in Graz zu, und Sie als steirischer Abgeordneter sagen darauf: Nehmen Sie das Geld, um die Chirurgie zu renovieren!

Wissen Sie, welche Auswirkungen das hätte? – Dann haben wir keine Medizinische Universität und keinen Campus in Graz. Reden Sie bitte mit den Studentinnen und Studenten dort! Ich habe mit ihnen geredet. Die sagen, sie verstehen das überhaupt nicht.

Und das sei mir bitte als letzter Satz gestattet: Sie wissen, ich bin kein Polemiker. Aber die Klärung dieses Problems, die Sanierung der Chirurgie, ist Angelegenheit des Lan­des Steiermark, des Herrn Landeshauptmannes Voves, der wirklich einmal zeigen muss, dass er auch etwas tut. (Rufe bei der ÖVP: Ah! – Abg. Dr. Fekter: Typisch! – Abg. Dr. Kräuter: Es gibt einen einstimmigen Beschluss!) Die Sanierung der Chirurgie ist von der KAGes. vorzunehmen.

Wir haben jetzt auch einen Rohbericht des Rechnungshofes zur KAGes vorliegen. Ich hoffe nicht, dass Ihr Redebeitrag deswegen kam, weil die KAGes auch kein Geld mehr hat, dass da wieder eine Misswirtschaft stattgefunden hat, denn dann können wir die Chirurgie nicht sanieren. Die Studentinnen und Studenten würden Ihnen in diesem Fall „danke“ sagen, ebenso alle Angehörigen.

Ich aber sage danke an jene Leute, die diese Medizinische Universität gegründet haben und erfolgreich sind, die die Anmerkungen des Rechnungshofes zur Kenntnis genommen haben und die Veränderungen durchführen. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

22.22

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Dr. Zinggl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

 


22.22.48

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Werte Präsidenten! Frau Minis­terin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich beziehe mich auf die Prü­fungen des Rechnungshofs zu den beiden Kunsthallen in Krems und in Wien und auch zum Kunsthaus in Bregenz.

Herr Abgeordneter Scheuch, kurz zuhören! Sie können ja dann, wenn jemand anderer redet ... (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Noch tue ich das, was ich will!) – Ich würde Sie bitten, dass Sie mir kurz zuhören. Sonst dauert es noch länger.

Ich beziehe mich also auf den Prüfungsbericht zu den drei Kunsthallen und möchte dazu sagen: Es gibt Schlimmeres. Es ist wirklich halb so wild. Wenn ich an den Rechnungshofbericht von einem halben Jahr davor zum Kunsthistorischen Museum denke, dann kann ich nur sagen: Wenn alle so wenig Dreck am Stecken hätten, wie diese drei Kunsthallen, dann bräuchten wir wahrscheinlich gar keinen Rechnungshof mehr. (Abg. Neudeck: Wieso? Wollen Sie den Rechnungshof abschaffen? Haben Sie etwas zu verbergen?)

Wir können froh sein, dass diese Ausstellungshäuser nur an wenigen Krankheiten leiden, zum Beispiel an der Katalogkrankheit. Es ist sehr auffällig, dass alle drei zu


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viele Kataloge produzieren. Das ist übrigens ein Symptom, das wir immer wieder in Kunstinstitutionen antreffen, das sollte man einmal tiefenpsychologisch untersuchen.

Eine andere Geschichte ist natürlich die Kunsthalle Wien, die mit ihren Statistiken, was die Besucherzahlen betrifft, manchmal tatsächlich dem Fass den Boden ausschlägt. Was Direktor Matt mit allerhand synthetischen Tricks aufführt, ist ja mehr als hoch­trabend. Auch da sage ich nur: Wir treten immer dafür ein, dass auf der einen Seite für alle Institutionen zunächst einmal definiert werden muss, was überhaupt Besucherin­nen und Besucher sind, und zweitens einmal eine gemeinsame Methode des Zähl­systems gewählt werden muss, damit die Daten miteinander verglichen werden können und aussagekräftig werden.

Auch das MuseumsQuartier liefert uns ja Jahr für Jahr ganz eigenartige Zahlen. Ich kann mich noch erinnern, wie ich, als ich selbst dort gearbeitet habe, 20 Mal am Tag an Zähltagen gezählt worden bin, als ich ein- und ausgegangen bin. Da kann man auf ganz eigenartige Werte kommen. Aber das sind letzten Endes Dinge, die halb so wild sind, verglichen mit dem Kunsthistorischen Museum. (Abg. Neudeck: Tibetanische Gebetsmühlen!) – Ja, tibetanisch, das mag schon sein, aber, Herr Kollege Neudeck, haben Sie sich die letzten Wirtschaftsdaten angeschaut? Das ist nämlich interessant. Sie beobachten das offensichtlich zu wenig, sonst müssten Sie das selbst ständig kritisieren. (Abg. Neudeck: Wir haben im Ausschuss schon lange darüber geredet!)

Die Wirtschaftsdaten – Jahresabschluss 2004 – besagen, die Erlöse aus den Eintritten sind rückläufig, und wenn ich sage rückläufig, dann beziehe ich mich wieder auf den Rechnungshofbericht, denn damals hat der Rechnungshof schon gesagt, dass sie rückläufig sind – sie sind also zu den rückläufigen noch rückläufiger geworden –, und das Gleiche gilt für die rückläufigen Einnahmen – nämlich 15 Prozent, ein neuer Rekord (Abg. Neudeck: Aber Sie wissen schon, wenn wir gar nichts mehr verlan­gen ...!) – vom Museumsshop, Kollege Neudeck, und auch die sonstigen Einnahmen sind zurückgegangen.

Mit einem Wort: Die Wirtschaftsdaten sind ein Wahnsinn, und im Jahresabschluss schreibt der Herr Seipel ja selbst – jetzt hören Sie einmal zu! –, dass das auf Grund mangelnder Sonderausstellungen der Fall ist.

Jetzt habe ich eine Anfrage gestellt, wie viele Dienstreisen Herr Dr. Seipel im vergan­genen Jahr gemacht hat, und Frau Ministerin Gehrer hat mir freundlicherweise geantwortet: 26 Dienstreisen ins Ausland. Und auf meine Frage, wofür, schreiben Sie, Frau Ministerin: Auf Grund der Vorbereitungen von Sonderausstellungen. Gleichzeitig berichtet uns Direktor Seipel aber, dass er keine Sonderausstellungen oder fast keine mehr machen kann, weil er zu wenig Geld hat. Warum gibt er dann Geld für seine Reisen aus, die Sonderausstellungen vorbereiten? Es hört ja nicht auf! Das heißt, es wird dieser Rechnungshofbericht über das Kunsthistorische Museum überhaupt nicht ernst genommen.

Frau Ministerin, Sie kündigen uns an, dass es einen zweiten Direktor geben soll, einen Finanzdirektor. Das haben Sie vor einem Jahr gemacht, das haben Sie vor einem halben Jahr gemacht, das haben Sie vor drei Monaten gemacht und auch vor zwei Wochen, und es gibt dort noch immer keinen kaufmännischen Direktor. Ich kann nur sagen: Der heute diskutierte Rechnungshofbericht zeigt, dass es auch möglich ist, sehr gut zu wirtschaften und gute Ergebnisse zu erzielen, was das Künstlerische betrifft, ohne dass es zu solchen Pleiten kommt, wie es beim Kunsthistorischen Museum der Fall war. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)


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22.27


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Dr. Bleck­mann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


22.27.35

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Herr Rechnungshofpräsident! Hohes Haus! Meine Rede handelt über die Medizinische Universität Graz, die vom Rechnungshof geprüft worden sind. Der Prüfbericht bezeichnet die Herauslösung der medizinischen Fakultäten aus den Stammuniversitäten und die Bildung einer eigenen Medizinischen Universität als sehr taugliche Lösung. Es freut uns sehr, dass das UOG 2002 somit ein guter und richtiger Weg ist.

Es ist natürlich auch klar, dass die Kostenneutralität in der Anfangsphase sehr schwie­rig aufrechtzuerhalten ist und dass es da natürlich Übergangskosten gibt. Es ist der Medizinischen Universität binnen weniger Monate gelungen, den Erfordernissen des UOG 2002 im Rechnungs- und Berichtwesen zu entsprechen, und auch das Monitoring ist in einer sehr guten Phase. Das heißt, hier ist alles auf einem guten Weg, wenn auch mit gewissen Anlaufschwierigkeiten in einzelnen Bereichen.

Einen Punkt möchte ich auch zu der Nebenbeschäftigung anmerken, die der Kollege Faul aufgezeigt hat: Ich finde es sehr bezeichnend, dass das seitens eines SPÖ-Kollegen kommt, denn Sie wissen auch, dass es sehr schwierig ist, wohl erworbene Rechte, die in früheren Zeiten einmal zugestanden und zuerkannt worden sind, abzu­schaffen, wenn man schon eine große Reform macht, und Sie wissen auch, dass diese Form der Nebenbeschäftigungen nicht von der jetzigen Regierung und der Regierung ab dem Jahr 2002 zugelassen worden ist, sondern das geht noch auf Ihre Zeit zurück. Melden Sie sich bei den Leuten, die das ermöglicht haben, dass es diese Form der Nebenbeschäftigungen vor allem im Bereich der Medizinischen Universitäten für die dort amtierenden Ärzte und Professoren gibt.

Sie hätten es in vielen Jahren ändern können – aber Sie haben es nicht geändert. Insofern ist das also etwas, was schon da ist. Das ist eine große Last, die jetzt auch auf diesem Bereich liegt. Ich kann nur das am Vormittag Gesagte wiederholen: Kehren Sie da vor der eigenen Türe! Hätten Sie früher die Dinge ordentlich gemacht! Wir haben jetzt eine sehr gute Reform gemacht, wo es natürlich Übergangsschwierigkeiten gibt, aber auch der Rechnungshofbericht zeigt, wir sind am richtigen Weg – und wir werden so weiter arbeiten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.30

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Gehrer. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


22.30.05

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Faul hat hier ausgeführt, es gebe Aus­wüchse an den Universitäten. – Ich stelle dazu Folgendes fest: Die Universitäten in Österreich und die Medizinische Universität in Graz haben kein Geld in die Karibik getragen – das bleibt der BAWAG vorbehalten. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Die Universitäten in Österreich und die Medizinische Universität in Graz haben nicht spekuliert – das bleibt der BAWAG vorbehalten. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Universitäten in Österreich und die Medizinische Universität haben kein billiges Penthouse am Dach einer Bank. (Abg. Reheis: Weit haben Sie es gebracht!)

Ich stelle fest: Es gibt keine Auswüchse. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Und ich stelle auch fest: Diejenigen, die an den Universitäten arbeiten, haben keine zusätzliche Abgeltung im Rahmen einer Lotto-Gesellschaft. – Das bleibt denen vor­behalten, die der SPÖ nahe stehen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Niederwieser: Letztklassig ist das!)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 238

Meine Damen und Herren! Wer den Rechnungshofbericht genau gelesen hat, stellt Folgendes fest:

Im Rechnungshofbericht zur Medizin-Uni Graz wird der Erfolg der Universitäts­auto­nomie vom Rechnungshof bestätigt. Der Rechnungshof beurteilt die Bildung eigener Medizinischer Universitäten als positiv. Der Rechnungshof hebt positiv hervor, dass durch die im Universitätsgesetz 2002 festgelegte Budgetverteilung an die Universitäten ein wichtiger Schritt für transparente Mittelverteilung gemacht wurde.

Ich weiß, dass es die Opposition stört, dass sich die Universitäten so gut entwickelt haben. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Broukal: Welche meinen Sie im Besonderen, Frau Minister?) Wir haben mehr Studierende, wir haben mehr Studienanfänger, und wir haben mehr Absolventen.

Wer den Rechnungshofbericht zur Medizinischen Universität wirklich gelesen hat, der sieht, dass in der Zusammenfassung genau eine Empfehlung an das Bundes­minis­terium für Bildung, Wissenschaft und Kultur abgegeben wurde – eine Empfehlung! –, die da heißt:

„Zur vollständigen Erfüllung seiner Aufgaben wäre das Amt der Medizinischen Univer­sität Graz weiterhin fachlich durch das BMBWK zu unterstützen.“

Meine Damen und Herren, dabei handelt es sich um Unterstützungen bei der Berech­nung von Ruhegenuss-Vordienstzeiten. Und wir befolgen diese Empfehlung. Wir machen es, wir unterstützen das Amt der Medizinischen Universität in Graz.

Die anderen Empfehlungen sind an die Medizinische Universität in Graz ergangen, und die Medizinische Universität in Graz hat berichtet, dass sie diese Empfehlungen teilweise schon umgesetzt hat oder diese Empfehlungen in Umsetzung begriffen sind.

Ich darf mich für diese Prüfung des Rechnungshofes herzlich bedanken. Sie hat be­stätigt, dass die Ausgliederung der Universitäten richtig war und dass auch die Schaf­fung der Medizinischen Universitäten richtig war. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Eine Peinlichkeit von der Regierungsbank aus!)

22.33

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Prähauser. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.33.30

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Geschätzte Damen und Herren! Ich gehöre zu jenen, die froh sind, dass die Frau Ministerin ist, wie sie ist – und dadurch unsere Wahlchancen weiter am Kochen, hin zum Positiven gehalten werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich habe mir einen ganz kleinen Punkt herausgesucht, nämlich die Vereinigten Altösterreichischen Militärstiftungen. Das hört sich ein bisschen antiquiert an, ist aber etwas ganz Aktuelles und eine sehr, sehr gute Einrichtung und dafür vorgesehen, in Not gekommene Heeresangehörige zu unterstützen, ihnen Erho­lung oder auch finanzielle Unterstützung zu gewähren, wenn in Not.

Warum habe ich mir das ausgesucht? – Aus dem Grund, weil am 5. Mai in Salzburg ein großes Benefizkonzert der Militärmusik Salzburg im Festspielhaus stattfindet, veranstaltet von der Kameradschaft Kameradschaftshilfe, und die freuen sich immer wie Schneekönige, wenn 7 000 € übrig bleiben, um ihren Kameradinnen und Kame­raden helfen zu können.


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Wenn ich dann in dem Bericht hier lese, dass zum Beispiel aus Zweckmitteln, aus Zweckvermögen die so genannten Anteile mangels Bedürftiger nicht ausgegeben werden – ich glaube aber, die sind leicht festzustellen – oder dass Erholungshäuser nicht entsprechend genutzt werden, um den Militärangehörigen oder deren Familien Erholung zu bieten, dann habe ich Probleme damit. Wenn ich gleichzeitig weiß, dass für diese Militärstiftungen sechs Mitarbeiter hauptamtlich tätig sind, zwei Direktoren dafür vorgesehen sind, 13 Mitarbeiter in früherer Zeit, jetzt sechs vom Ministerium zur Verfügung gestellt werden, dann würde ich mir doch mehr Effizienz erwarten wollen.

Wenn der Herr Präsident formulieren lässt, „für Erholungszwecke nicht voll in An­spruch“ genommen, die Auslastung nicht zu 100 Prozent, dann ist das sehr vornehm artikuliert, wenn man weiß, dass er eine Auslastung von 33 bis 48 Prozent meint.

Meine Damen und Herren! Da ist einiges verbesserungsfähig. Man könnte diese Kameradschaft wirklich unterstützen, die sich – ich will es so sagen – den Hintern aufreißt, um Geld aufzutreiben! Es ist Geld vorhanden, es sind Mittel da, die man in Anspruch nehmen sollte!

Die Anregung des Rechnungshofes, das in Zukunft besser zu bewerben, wurde scheinbar aufgenommen. Wenn das der Fall sein sollte, hat das schon einen Erfolg gebracht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.36


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Lentsch. Auch sie spricht 3 Minuten zu uns. – Bitte.

 


22.36.17

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Der uns vorliegende Bericht des Rechnungshofes zur Medizinischen Universität in Graz bestätigt den Weg unserer Bildungsministerin Elisabeth Gehrer. Wie in Wien und in Innsbruck wurde auch in Graz die Medizinische Fakultät von der Stamm-Uni abgespalten – und das war gut so!

Erst seit dem Jahr 2002 wissen die Universitäten wirklich, wohin die Mittel fließen, und jetzt können die Universitäten selbst bestimmen, wie sie diese Mittel einsetzen. Das war für alle Beteiligten sicherlich nicht einfach beziehungsweise ein äußerst schwie­riges Unterfangen; man musste schließlich das gesamte Rechnungswesen umstellen, streng nach dem Handelsgesetzbuch. Das ist nach Ansicht des Rechnungshofes sehr, sehr gut gelungen, und man kann allen Beteiligten nur gratulieren.

Die einzige Kritik, nämlich dass es zu einer Erhöhung der Verwaltungskosten gekom­men ist, sollte man nicht überbewerten, geschätzte Damen und Herren, schließlich sagen die Prüfer des Rechnungshofes selbst, dass man die Daten vor und nach der Ausgliederung nicht wirklich vergleichen kann. Für eine richtige Beurteilung müsste man auch andere Kosten durchleuchten.

Wirtschaftlich betrachtet ist eines klar, geschätzte Damen und Herren: Manager sind nicht dann gut, wenn sie nichts kosten, Manager sind nur dann gut, wenn sie die Kosten auch vielfach hereinspielen. Das ist eine Tatsache, die auch Ihnen bewusst sein sollte. Ich glaube, wir sollten jetzt die nötige Geduld aufbringen, zumal 3 Prozent plus bei den Verwaltungskosten nicht Besorgnis erregend sind. Der beste Beweis dafür, dass unsere Medizin-Unis funktionieren, ist der Ansturm ausländischer Studen­ten. Oder glaubt denn irgendjemand von Ihnen, dass die deutschen Studenten des­wegen zu uns kommen, weil unsere Unis so schlecht sind? (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)


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Schlecht machen Sie unsere Unis, unser Schulsystem, unsere Lehrerinnen und Lehrer und somit auch unsere Schülerinnen und Schüler! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Nein, Sie müssen einmal hinaus an die Basis und mit den LehrerInnen sprechen. Die Rechnung dafür werden Sie im Herbst bekommen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der ÖVP.)

Bei allen Problemen, die es in jedem System gibt, ist es offenbar immer noch sehr, sehr attraktiv, in Österreich zu studieren. Ich bin überzeugt davon, dass die neue Selbständigkeit der heimischen Unis ihnen weiterhin gut tun wird. (Beifall bei der ÖVP.)

22.39


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. Auch er wünscht 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.39.24

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Frau Kollegin Lentsch, in erster Linie kommen die Studenten aus Deutschland zu uns, weil sie zu Hause keinen Platz an ihren Universitäten haben. Das ist der wahre Grund! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Das war eine schlechte Politik in Deutschland! – Abg. Lentsch: Die rot-grüne Regierung in Deutschland hat das bewirkt, wissen Sie!)

Sehr geehrter Herr Rechnungshofpräsident, Sie und Ihr Team wurden heute wieder vielfach gelobt für die hervorragende Arbeit. Ich bewundere Sie und Ihr Team natürlich auch für die hervorragende Arbeit – und auch dafür, dass Sie immer wieder bereit sind, solch hervorragende Arbeit zu leisten, denn kaum ist ein Bericht da, sucht sich jede der geprüften Stellen jene Teile aus dem Bericht heraus, die für sie positiv sind, aber all das, was von Ihnen vom Rechnungshof kritisiert wird (Abg. Neudeck: Das bringen Sie!), wird eher zurückzuhalten versucht. Da heißt es dann, das wird abgearbeitet, dazu wird Stellung genommen, aber: Was bringt das tatsächlich? Wird das wirklich beachtet? (Abg. Neudeck: Ihr versteckt ja auch den Gusenbauer!)

Was mich dabei wirklich auch sehr verwundert, ist, dass Gesetze einfach nicht ein­gehalten werden. Heute Nachmittag wurde hier ja beispielsweise auch zum Stellen­besetzungsgesetz etwas gesagt, zu einem Bundesgesetz, das ganz einfach nicht eingehalten wird. Mein Kollege Reheis hat hier zum Beispiel auch über die einzelnen Vergabegesetze gesprochen. Und in jedem RH-Bericht kommt klar zum Ausdruck, dass die Vergabegesetze nicht eingehalten wurden.

Daher nochmals: Das bewundere ich wirklich an der Arbeit des Rechnungshofes, dass Sie trotzdem immer wieder darauf hinweisen, obwohl das ja eigentlich nichts fruchtet, nichts bringt. (Abg. Neudeck: Das sind sie ja schon gewohnt! Das ist seit 30 Jahren so!)

So ist beispielsweise betreffend die Oesterreichische Banknoten- und Sicherheits­druck GmbH ein wenig schmeichelhafter Bericht vorliegend. Der Rechnungshofbericht darüber beinhaltet da einige nicht gerade schmeichelhafte Feststellungen, so zum Beispiel die, dass die Produktionskapazitäten nicht ausgelastet sind, dass die interne Revision nicht funktioniert; verlustbringende Beteiligungen werden kritisiert. Weiters wird kritisiert die unverhältnismäßig hohe Gesamtabgeltung bei der Auflösung des Dienstverhältnisses des Geschäftsführers et cetera.

Weiters heißt es im RH-Bericht, dass diese Notenbank-Druckfirma ganz „schöne“ Verluste in den letzten beiden Jahren erwirtschaftet: Die Verluste dieser Firma sind von 15 Millionen € auf 21 Millionen € in die Höhe geschnellt, obwohl die Ergebnisse in den Jahren zuvor durchaus positiv waren; dafür gibt es ja die verschiedensten Erklärungen. In diesem RH-Bericht wird genau aufgezeigt, was da alles nicht funktioniert.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 241

Dazu lese ich, dass das Ganze in den Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Finanzen fällt, also in Ihr Ressort, Herr Staatssekretär Finz – und dann lese ich im RH-Bericht weiters, dass der Bundesminister für Finanzen dem Rechnungshof im Juli 2005 bekannt gab, dass die Oesterreichische Nationalbank weisungsfrei und vom Bund unabhängig sei und der Bundesminister für Finanzen folglich keine rechtliche Möglichkeiten habe, in die Geschäftspolitik der OeBS einzugreifen.

Herr Staatssekretär Finz, warum, wenn Sie schon vom Rechnungshof darauf auf­merksam gemacht werden, dass in dieser Firma einiges nicht funktioniert, dass da einiges abzustellen wäre, erklären Sie dann, dass das Bundesministerium deshalb nicht eingreifen könne, weil die OeBS weisungsungebunden sei? Das kann ich mir nicht vorstellen, dass dem so ist! Ja, bei währungspolitischen Maßnahmen kann ich mir das vorstellen, aber doch nicht in dem Fall, wenn es ganz offensichtliche Fehl­entwicklungen in dieser Firma gibt. – Aber so war es ja auch mit dem Bericht über die BAWAG, den Herr Finanzminister Grasser bekommen hat. Auch in diesem Bericht sind diese ganzen Dinge gestanden, Dinge, über die Sie heute hier – jetzt höre ich gar nichts mehr von Ihnen – immer wieder Zwischenrufe gemacht haben.

Der Herr Finanzminister hat nichts gemacht, der Herr Finanzminister hat nicht darauf reagiert. Im Grunde genommen ist es ihm eigentlich egal, wie es in seinem Wirkungs­bereich zugeht. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Das war aber schon der Edlinger, 1998, das wissen Sie schon!)

22.44


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist der Herr Präsident des Rech­nungshofes Dr. Moser. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) – Am Wort ist der Herr Präsident des Rechnungshofes!

 


22.44.22

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Bei einem früheren Tagesordnungspunkt hat Herr Abgeordneter Grünewald eigentlich zum jetzt zu behandelnden Tagesordnungspunkt gesprochen. Jetzt möchte ich daher auch Fragen, die Herr Abgeordneter Pirklhuber in der vorigen Debatte an mich gerichtet hat, kurz beantworten. Herr Abgeordneter Pirklhuber hat die Frage aufge­worfen, wie es aussieht mit der Nachvollziehbarkeit in Bezug auf den Vorsteuerabzug, und ob ich ihm aus Sichtweise des Rechnungshofes erklären könne, was da gemeint ist, warum das nicht nachvollziehbar ist.

Ganz kurz dazu: Wie wir in unserem Bericht festgehalten haben, ist es so, dass die Marketingbeiträge, die die AMA-Marketing bezieht, nicht steuerbare Umsätze sind. Auf der anderen Seite sind jedoch die Ausgaben sehr wohl steuerpflichtige Umsätze, was dazu führt, dass in diesem Bereich die AMA-Marketing Vorsteuer geltend machen kann, dass aber, was die Einnahmen betrifft, nicht steuerbare Umsätze vorliegen.

Dazu haben wir vom Rechnungshof festgehalten, dass aus der Sichtweise des Rech­nungshofes nicht nachvollziehbar ist, wie es zu dieser Regelung gekommen ist. – Das also zu dieser Frage.

Ein zweiter Punkt im Zusammenhang mit der Kontrolle beziehungsweise mit den Proben, dass wir das zu wenig klar definiert hätten. – Ich möchte in diesem Zusam­men­hang hinweisen auf Seite 91 unserer Kurzfassung, wo wir vom Rechnungshof unter anderem festgehalten haben, dass in einigen Bereichen eine wirksame Kontrolle auf Grund der gewählten Methodik und der geringen Sanktionierung nicht gewähr­leistet war. – Ich glaube, klarer kann man das Ganze gar nicht ausdrücken.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 242

Nun zu unserem jetzt auf der Tagesordnung stehenden Bericht, wobei ich kurz er­wähnen möchte – dankenswerterweise hat ja auch schon Herr Abgeordneter Faul darüber gesprochen –, was die Kritikpunkte hinsichtlich der Medizinischen Fakultät betrifft. Auf der anderen Seite hat ja Herr Abgeordneter Dernoscheg dazu die Positiva, die der Rechnungshof gleichfalls erwähnt hat, dargestellt.

Ich möchte in diesem Zusammenhang sagen, dass aus der Sichtweise des Rech­nungshofes, vor allem dann, wenn man sich anschaut, welch kurze Zeit für die Abspaltung der Medizinischen Fakultät von der Stammuniversität zur Verfügung stand, jedenfalls zwei Fakten sehr positiv waren: dass erstens einmal in diesem Bereich die Medizinische Fakultät in äußerst kollegialer und partnerschaftlicher Weise mit der Stammuniversität zusammengearbeitet hat.

Darüber hinaus muss man auch sagen – trotz aller Kritik, die es in unserem Bericht gibt –, dass sowohl die leitenden Bediensteten als auch die Mitarbeiter in sehr kurzer Zeit ein Reporting- und Kontrollsystem aufgebaut und auch die ersten Schritte in Richtung eines universitätsweiten Reportings gesetzt haben. Ich meine, das ist schon zu würdigen und den dortigen Bediensteten hoch anzurechnen, denn das darf angesichts der Schwierigkeiten bei dieser ganzen Angelegenheit keinesfalls als selbstverständlich betrachtet werden.

Ein Prüfungsergebnis, das jetzt auch in diesem Tagesordnungspunkt beinhaltet ist, betrifft das Bundesschulzentrum Linz-Auhof, wobei gerade dieser Punkt zeigt, dass es im Schulbereich sehr viele Einsparungspotentiale gibt, eben gerade dann, wenn man auch in diesem Bereich bereit ist, weiter reichende Kooperationen einzugehen bezie­hungsweise auch dann, wenn die Lehrerinnen und Lehrer von Verwaltungstätigkeiten entlastet werden können.

Einen Punkt, den wir in unserem Bericht angeführt haben, ist, dass bei einem Einsatz von Verwaltungsbediensteten als Administratoren, anstelle von Lehrerinnen und Leh­rern, aus Sicht des Rechnungshofes eine bundesweite Einsparung von zirka 6,9 Mil­lionen € möglich wäre. Darüber hinaus haben wir vom Rechnungshof auch darauf hingewiesen, dass beim Bundesschulzentrum Linz-Auhof drei Schulen untergebracht sind, nämlich eine Bundeshandelsakademie, eine Allgemeinbildende Höhere Schule sowie eine Höhere Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Frauenberufe, wobei es so ist, dass diese drei Schulen gemeinsam pro Jahr ein Ausgabenvolumen von rund 13 Millionen € haben; davon sind 90 Prozent Personalausgaben.

Dessen ungeachtet gibt es dort eine Kooperation, die im Wesentlichen jedoch nur auf gebäudebezogenen Angelegenheiten beschränkt ist, wobei ich meine, dass es zweckmäßig wäre, mehr Möglichkeiten zur Kooperation zu nützen, eine gezielte Aufgabenaufteilung vorzunehmen, um so das Einsparungspotential zu erhöhen.

Für diesen Bereich hat der Rechnungshof – im Sinne einer Beratungstätigkeit – ein Reorganisationsmodell entwickelt, das sowohl für diesen Schulstandort als auch für andere Schulstandorte anwendbar ist, getreu dem Motto: Man soll Einsparungs­potentiale aufzeigen und Einsparungen zu erhöhen versuchen, auch wenn – und das ist uns durchaus bewusst – die derzeitigen Rahmenbedingungen hiefür nicht unbedingt als optimal zu bezeichnen sind.

Weiters zu unserem Bericht über die Oesterreichische Banknoten- und Sicher­heits­druck GmbH, OeBS, wobei auch da zu erwähnen ist, dass es aus Sicht des Rechnungshofes sowie in Ihrem Interesse, denke ich, notwendig ist, dass der Rech­nungshof die Möglichkeit hat, öffentliche Unternehmungen einer Überprüfung zu unter­ziehen. Und ich glaube, es hat sich gerade auch in diesem Punkt gezeigt, dass der Rechnungshof in der Lage ist, die Fakten rechtzeitig auf den Tisch zu legen und er mit seinen Empfehlungen – selbstverständlich auch im Zusammenwirken mit der geprüften


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Stelle – zu Ergebnis verbessernden Maßnahmen beiträgt, dass eben solche dann oft bewirkt beziehungsweise tatsächlich gesetzt werden.

Erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang auch, dass das bei der OeBS der Fall war. Dort war es nämlich so, dass zum Zeitpunkt unserer Prüfung die Zielsetzungen, die man sich bei der Nationalbank gesetzt hat, nämlich eine kostendeckende Bank­notenproduktion zu marktüblichen Preisen herbeizuführen und sich darüber hinaus im Wettbewerb zu positionieren, in nicht ausreichendem Maße angestrebt wurden. Obwohl es in diesem Bereich zu einem Preisverfall kam, ist es seitens der OeBS zu keinen rechtzeitigen Rationalisierungsmaßnahmen gekommen, um auch dieses Unter­nehmen zu einem wirtschaftlichen Erfolg zu führen.

Wenn man von Wettbewerb spricht, ein Punkt, den man in diesem Zusammenhang auch betrachten muss: Es ist doch so, dass gerade die Notenbankdruckerei – bei einem Vergleich mit anderen in der Privatwirtschaft tätigen Unternehmen – wesentlich begünstigter als andere Unternehmungen war.

Ich möchte darauf hinweisen, dass es bereits bei der Gründung oder Errichtung im Jahr 1998 mit sehr hohem Eigenkapital von mehr als 55 Millionen € ausgestattet worden ist, dass die Nationalbank eine neue Banknotendruckerei errichtet hat mit Neubaukosten von 225 Millionen €. Die hat man der Druckerei um 0,07 € übergeben, wodurch die Druckerei in der Folge keine Abschreibung mehr vornehmen musste.

Die Nationalbank hat auch die Vorsteuer, die für die Errichtung des Gebäudes ange­fallen ist, an die Druckerei übertragen, wodurch außerordentliche Erträge bei der Druckerei bis zum Jahr 2004 im Ausmaß von mehr als 32 Millionen € geltend gemacht werden konnten. Darüber hinaus hat man auch die Banknoten von der Druckerei bis zu 65 Prozent über dem Marktpreis abgekauft. Das heißt, man hat Bedingungen geschaffen, die es ohne weiteres möglich machen müssten, das an erfolgreichen Unternehmen bewerkstelligen zu können.

Das war aber nicht der Fall, sondern im Gegenteil: Es waren nicht nur die sinkenden Marktpreise, die zu negativen Betriebsergebnissen geführt haben, sondern insbe­son­dere ineffiziente Kostenstrukturen, Schwächen im Produktionsprozess, die ab dem Jahr 2002 natürlich auch zu einer verschlechterten Wirtschaftsbilanz und zu Verlusten geführt haben.

Die Erwartungen der Nationalbank, sich auf dem Markt etablieren zu können, sind nicht in ausreichendem Maße erfüllt worden. Die Synergien wurden nicht ausreichend genützt. Kooperationen, auch mit eigenen Tochtergesellschaften, wurden nicht aus­genützt. Darüber hinaus hat man auch ein Management und Führungsstrukturen in der Druckerei gehabt, die massive Schwächen aufgewiesen haben.

Dessen ungeachtet hat man gerade bei der Geschäftsführung, insbesondere den Geschäftsführer für den kommerziellen Bereich, äußerst großzügig abgefunden. Man hat das Vertragsverhältnis nach fünf Jahren aufgelöst. Gesamtkostenpunkt: 856 000 €.

Auch das Personalmanagement hat nicht rechtzeitig die notwendigen Maßnahmen ergriffen, um die Strukturen anzupassen, wodurch auch ein enormer Wettbewerbs­nachteil für die OeBS entstanden ist.

Der Rechnungshof hat dann im Rahmen der Prüfung aufgezeigt, wo die Probleme sind, wo Empfehlungen zu befolgen sind, was man vornehmen kann, und das ist dann auch in positiver Weise von der Nationalbank und der OeBS aufgegriffen worden, und das hat dazu geführt, dass im Jahr 2005 eine erhebliche Ergebnisverbesserung erzielt werden konnte. Dessen ungeachtet wird das aber für die Zukunft nicht ausreichen, um die Notenbankdruckerei tatsächlich wirtschaftlich beziehungsweise erfolgreich führen


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 244

zu können. Es werden also weitere Maßnahmen, die auch der Rechnungshof aufgezeigt hat, notwendig sein.

Das sind Punkte, die ich heute extra erwähnen möchte, um Ihnen zu zeigen, dass es notwendig wäre, dass der Rechnungshof nicht nur eine Prüfkompetenz bekommt, weil er sich hier bewährt hat, weil er Fakten aufgezeigt hat – die Bank Burgenland ist ein weiteres Beispiel, die ÖBB sind auch ein Beispiel –, also dass man dem Rechnungshof nicht nur die Möglichkeit gibt, ab einer Beteiligung der öffentlichen Hand von m mindestens 50 Prozent ein Unternehmen zu überprüfen, sondern dass bereits ab einer Beteiligung von 25 Prozent der öffentlichen Hand eine Prüfkompetenz des Rech­nungshofes Platz greifen soll.

Damit bin ich bei einem Punkt angelangt, den Herr Abgeordneter Gaßner erwähnt hat, als er gesagt hat: Wie kann der Rechnungshof immer wieder so motiviert sein und gute Berichte bringen? – Ich möchte nur erwähnen, dass, wie ich heute schon aufgezeigt habe, der Rechnungshof doch sehr viel bewirkt, dass er damit , was er macht, schon sehr viel an Einsparungen gebracht hat.

Ich nehme den Nationalrat sehr ernst, ich bin dem Nationalrat als Organ des National­rates verhaftet. Sie, meine Damen und Herren, haben die Kontrollhoheit. Sie haben Interpellations- und Resolutionsrechte. Wir im Rechnungshof haben nicht die Sank­tions­gewalt, wir zeigen die Fakten auf, um Ihnen die Möglichkeit zu geben, die richtigen Schlüsse zu ziehen und die nötigen Maßnahmen zu setzen, damit die Mittel effizient eingesetzt werden.

Ich glaube, im beiderseitigen Zusammenwirken – und Sie sind genauso motiviert wie ich – wird es gelingen, Schwachstellen aufzuzeigen beziehungsweise Stärken, die da sind, noch mehr zu forcieren, um die Mittel effizient einzusetzen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen sowie demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)

22.53


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.

 


22.53.57

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Ministerin! Sehr verehrter Herr Rechnungshof­prä­sident! Die Oesterreichische Nationalbank ist aus gutem Grund auf Grund des Nationalbankgesetzes eine unabhängige Einrichtung, und dem Finanzministerium steht selbstverständlich vor allem im operativen Bereich keinerlei Möglichkeit zu, dort Weisungen zu erteilen oder einzugreifen. Daher haben die Organe auch das dort selbst zu vertreten.

Hinsichtlich der Bankenaufsicht möchte ich ausführen, dass der Rechnungshof bereits in den neunziger Jahren wiederholt die Organisation der Bankenaufsicht kritisiert hat. Sie wurde unter sozialdemokratischen Ministern personell total ausgehungert. (Abg. Dr. Puswald: Da war Ihre Partei dabei!) Sie war schon jahrzehntelang nicht in der Lage, vor Ort Prüfungen selbst durchzuführen. Vor-Ort-Prüfungen sind immer im Auftrag der Bankenaufsicht durch die Nationalbank erfolgt. Dass dieses Doppelspiel nicht gut getan hat, zeigt zum Beispiel der Fall der Rieger Bank und sonstige Banken-Skandale auf. (Abg. Dr. Fekter: Welche meinen Sie, Herr Staatssekretär?)

Zum Beispiel die BAWAG; darauf werden wir noch zu sprechen kommen. (Abg. Dr. Puswald: Das fällt Ihnen aber spät ein, Herr Staatssekretär!) Es wird in einem Rechnungshofunterausschuss genau aufgezeigt werden, was damals von den Banken­prüfern bestätigt wurde, was tatsächlich von der Nationalbank an das Finanz­minis-


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terium gemeldet wurde und ob der Finanzminister hätte erkennen können, dass hier ein Milliardengrab verschüttet wird.

Tagtäglich erfahren wir neue Dinge darüber, und ich bin froh, dass es einen Rech­nungshofunterausschuss geben wird, der diese Dinge detailliert aufzeigen wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Puswald: Da werden wir endlich die Rolle des Finanzministers klären! – Staatssekretär Dr. Finz: Auch diese Rolle werden wir klären!)

22.56


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Regler. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.56.09

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Seit Anfang der neunziger Jahre wurde in Österreich die Frage diskutiert, ob die medizinischen Fakultäten von den universellen Unis abgespalten werden sollen. Ziel war – und das möchte ich den Kollegen von der SPÖ sagen – eine Stärkung der Stellung der Universitäten gegenüber den Krankenanstaltenträgern, denn es ist völlig klar, dass es sehr schwierig ist, sowohl die Erfordernisse der Ausbildung als auch die Betreuung der Kranken unter einen Hut zu bringen, sowohl in der Organisation als auch im finanziellen Bereich.

Es wurde längere Zeit das Schuh-im-Schuh-Modell diskutiert, dass nämlich eine möglichst selbständige Medizinische Fakultät im Schuh der universellen Universität drinnen ist. Das hat sich aber als nicht praktikabel erwiesen, und damit kam man eben zum Modell der Trennung. Das hat sich als gute Lösung erwiesen, und auch die Befürchtung, dass durch die Abspaltung der Medizinischen Unis von den Stamm­universitäten ein Rückgang der Forschungstätigkeit eintreten könnte, hat sich nicht bewahrheitet.

Nun auch eine Bemerkung zur Frage der Kostenneutralität: Aus meiner Sicht ist es sehr zu loben, dass das Bildungsministerium bei der Ausgliederung das Ziel angestrebt hat, dass Kostenneutralität gegeben sein soll – eine sehr ehrgeizige Vorgabe, wenn auch der Rechnungshofpräsident jetzt gesagt hat, dass diese Vorgabe nicht realistisch ist. Denn: Nach der Theorie der Betriebswirtschaftslehre ist, wenn bei Zusammen­schlüssen Synergien vor allem in der Verwaltung gehoben werden können, klar, dass bei Abspaltungen höhere Verwaltungskosten anfallen müssen. (Abg. Dr. Puswald: Das ist nicht klar!) Diese konnten in diesem Fall mit 3 Prozent doch in einem sehr engen Rahmen gehalten werden. (Abg. Broukal: Das ist ja nicht einmal vergleichbar!) Vielleicht finden sich noch Einsparungspotentiale, die gehoben werden können.

Zusammenfassend kann man jedenfalls auch nach diesem Rechnungshofbericht sagen, dass die Schaffung der selbständigen Medizinuniversitäten eine Erfolgsge­schich­te unserer Bildungsministerin Elisabeth Gehrer ist. (Beifall bei der ÖVP.)

22.58


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Puswald. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.58.31

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Es ist wirklich erfreulich, dass man diese Rechnungshofberichte diskutieren kann, weil sich immer wieder das Sittenbild, das man von dieser Bundesregierung seit Jahren gewöhnt ist, verfestigt.


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Frau Bundesministerin, ein Beispiel, weil Sie es angesprochen haben: die Medizinische Universität Graz. Was passiert dort? – Etwas grundsätzlich Positives, wie es der Rechnungshof zu Recht hervorgehoben hat, wird zu einer Erfolgsgeschichte für Ihre Freunde und Freunderln. Es wird auf einmal die Verwaltung aufgeblasen – natürlich nicht dort, wo man es vielleicht brauchen könnte, etwa im wissenschaftlichen Bereich. Nein, es werden eigene Leitungsorgane geschaffen. Die Administration wird aufgeblasen. Die Zahl der Beschäftigten in der Verwaltung steigt dadurch enorm.

Aber was ist auffällig? – Es werden die erbrachten Beraterleistungen nicht ordnungs­gemäß ausgeschrieben. Es gibt keine Verträge dafür und so weiter und so fort, das, was wir seit Jahren kennen.

Weil die Frau Bundesministerin – oh, wie originell!; wir konnten uns vor Lachen kaum halten – dann die BAWAG ins Spiel gebracht hat: Den Vergleich brauchen wir nicht zu scheuen! Ich möchte Sie, Frau Bundesministerin, in diesem Zusammenhang fragen: Wer hat einen Raiffeisen International-Vorstand vorgeladen, um mögliche mafiotische Verbindungen zu durchleuchten? – Das war das US-Justizministerium! Und es ist bekanntlich beim Raiffeisensektor nicht so, dass er gerade der SPÖ zuzurechnen ist.

Oder: Wenn der Herr Staatssekretär Finz – besonders originell, wenn auch erst verspätet – über Zuruf (Abg. Dr. Jarolim: Hochpfiffigen Zuruf!) – hochpfiffigen Zuruf; Danke, Kollege Jarolim – der Kollegin Fekter endlich auch wieder auf die BAWAG zu sprechen kommt, dann muss man ihm sagen: Herr Staatssekretär, wenn Sie die Finanzmarktaufsicht so ins Kreuzfeuer der Kritik nehmen, dann muss ich Ihnen sagen: Unter Ihrem Herrn Finanzminister müsste sie eigentlich funktioniert haben, als er im Jahr 2000 der Finanzmarktaufsicht die Prüfungsgebarung für die BAWAG übertragen hat. Als er im April 2001 ... (Abg. Scheibner: Kollege, der Kragen ist schief! Das macht sich nicht gut!) – Danke schön, sehr freundlich, Herr Kollege Scheibner! – Als er dann den Bericht hatte, konnte er entweder nicht lesen oder er wollte ihn nicht verstehen.

Ich muss sagen: Beides disqualifiziert ihn als Finanzminister, was einmal mehr be­stätigt, wie überflüssig er und mit ihm auch weite Teile dieser Bundesregierung sind. Aber das wird im Herbst ohnedies der Wähler entscheiden – wie der Wähler auch sicher, Herr Präsident des Nationalrates, sehr wohl auch ansehen wird, wie Sie hier in diesem Hohen Haus die Sitzungen führen:

Wenn die Frau Bundesministerin uns mit irgendwelchen weit hergeholten Vergleichen zu verhöhnen versucht, dann wäre es eigentlich angebracht, dass Sie hier die Geschäftsordnung in Bezug auf die nicht notwendige Verhöhnung des Nationalrates etwas mehr beachten. Ich würde bitten, dass man dieser „Verdollfußung“ des Parlamentarismus entgegenwirkt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Rufe bei der ÖVP: Hallo!)

23.01


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Puswald, ich erteile Ihnen wegen Kritik an der Vorsitzführung einen Ordnungsruf. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Puswald hat uns aus der Seele gesprochen! – Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Der Präsident steht unter einem Glassturz!)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hornek. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


23.01.21

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Meine Herren Präsidenten! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der Rechnungshof überprüfte im Oktober und im November 2004 die Oesterreichische Banknoten- und Sicherheitsdruck GmbH. Schwerpunkte der Gebarungsprüfung waren die Geschäfts-


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 247

politik, die wirtschaftliche Entwicklung, die Produktionsprozesse sowie die Beteiligun­gen.

Die Oesterreichische Nationalbank stattete die Oesterreichische Banknoten- und Sicherheitsdruck GmbH bei der Gründung reichlich mit Eigenkapital aus, übergab die neue Banknotendruckerei zum Buchwert und überließ das zur Verfügung gestellte Personal zu branchenüblichen Konditionen. Trotzdem gelang es der Oesterreichischen Banknoten- und Sicherheitsdruck GmbH vor dem Prüfungszeitraum nur unzureichend, wesentliche strategische Ziele zu erreichen. Die Unternehmensentwicklung war nach der Phase der Euro-Erstausstattung zunächst durch Unterauslastung der Produktions­kapazitäten und später durch fehlende Wirtschaftlichkeit bei der Abwicklung von Fremdbanknotendrucken gekennzeichnet.

Zu der vom Rechnungshof festgestellten Kritik an der Entwicklung der Oesterreichi­schen Banknoten- und Sicherheitsdruck GmbH stellte die Geschäftsführung fest, dass der vom Rechnungshof betrachtete Zeitraum eine für das Unternehmen zweifellos schwierige Phase war. Nach dem Auftragsboom anlässlich der Euro-Einführung befanden sich alle Banknotendrucker in den Jahren danach in einem Auslastungstief.

Herr Rechnungshofpräsident Moser hat schon darauf verwiesen, dass dieses Unter­nehmen eines ist, das sich nach anfänglicher Kritik durch den Rechnungshof sehr wohl an die Vorgaben gehalten hat, den Turn-around zwischenzeitlich geschafft hat und hoffnungs­froh in die Zukunft blicken kann. Ich würde mir ein solches Unternehmen privat auch wünschen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

23.03


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reheis. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


23.03.42

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes Dr. Moser, Sie haben uns noch einmal darauf aufmerksam gemacht, dass der Nationalrat die Möglichkeit der Kontrolle hätte. Das stimmt im Wesentlichen. Aber wenn man sich an die letzte Diskussion im Rechnungs­hofaus­schuss erinnert, dann weiß man, dass das nur bis zu den Eurofightern beziehungs­weise den Kampffliegern stimmt, denn dafür gibt es nämlich keine Kontrollmöglichkeit in diesem Ausschuss, weil da die Regierungsparteien nach der bewährten Methode, Decke heraus und zudecken, agieren. Das ist nämlich ihre Methode! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, machen immer dann eine Kontrolle, wenn sie Ihnen dienlich ist. Der Unterschied zu der heute vielfach zitierten BAWAG ist der, dass meine Fraktion der Untersuchung und dem Unterausschuss zugestimmt hat, während Sie überall dort, wo es etwas zu untersuchen gibt, die Decke drüberstülpen. Die Vorgangsweise der Bundesregierung, das Parlament komplett von der Eurofighter-Debatte auszuschließen, widerspricht demokratischen Prinzipien und ist ein Skandal, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Das sagt nicht Gerhard Reheis, der jetzt hier heraußen steht, sondern das ist die Meinung von Universitätsprofessor Dr. Öhlinger, der sagt, es können zwar einzelne militärisch wichtige Vertragsteile unveröffentlicht bleiben, aber das Parlament komplett von der Kontrolle auszuschließen, halte er mit den Grundprinzipien der parlamen­tarischen Demokratie nicht vereinbar. – Aber so agiert diese Bundesregierung! (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 248

Nun ganz kurz zur Medizinischen Fakultät der Universität Graz: Auch dort zieht sich der rote Faden durch, was den Postenschacher und die Besetzungen betrifft. (Ruf bei der ÖVP: Ein roter Faden!)

Wenn man sich da die aufgeblähte Verwaltung anschaut, dann sieht man, dass auch da bei mehreren im Jahre 2003 erbrachten Beratungsleistungen schriftliche Verträge fehlten, eine ausreichende Darstellung der Leistungsinhalte unterblieb und auch keine Ausschreibung erfolgte. Was ist da passiert? – Es werden wahrscheinlich wiederum Leute beschäftigt worden sein, die aus dem Dunstkreis dieser Bundesregierung kom­men.

Der Herr Rechnungshofpräsident hat hier bereits die großzügigen Vereinbarungen in Bezug auf einen anderen Bereich angesprochen, was die Oesterreichische National­bank betrifft. Das ist in Wirklichkeit wieder ein Skandal, nämlich dass die großzügigen Vereinbarungen mit dem Geschäftsführer für den kommerziellen Bereich zu einer unverhältnismäßig hohen Gesamtabgeltung bei der Auflösung seines Dienstverhält­nisses, seines Anstellungsverhältnisses führten. Insgesamt hat der Herr Präsident von 856 000 € Kosten gesprochen.

Das ist ein Skandal! Und der reiht sich ein in die Reihe der Postenbeschaffung, des Postenschachers und der Bereicherung von Günstlingen! (Beifall bei der SPÖ.)

23.06


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Neudeck. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


23.06.57

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Meine Herren Präsidenten! Frau Minister! Herr Staatssekretär! Ich finde es sehr interessant, dass Kollege Reheis jetzt hier von Postenschacher redet in Bezug auf einen Anstellungsvertrag, der 1998 ge­macht wurde. Die OeBS wurde nämlich am 25. September 1998 errichtet und ins Firmenbuch eingetragen, und im August 1998 war diese Banknotendruckerei schon fertig.

Kollege Reheis, Geschichte! Wer war denn damals ... (Abg. Reheis: ... 2003!) Nein! Der Vertrag wurde 1998 begründet. Es wird hier auch kritisiert, dass er auf fünf Jahre begründet wurde und sich dann automatisch verlängert. Also ihr habt ein Kuckucksei gelegt, das dann irgendwer ausgebrütet hat, und jetzt schreit ihr: Das war Posten­schacher! – So kann es nicht sein, Herr Kollege Reheis! (Abg. Reheis: Sie müssen nur genau lesen: 2003 und 2004! Da ist diese Bundesregierung schon im Amt gewesen!)

Die Schandtat, dass dort nichts weitergeht, ist 1998 begangen worden. Damit hatten wir einen Vertrag, den wir nur um viel Geld hätten ändern können. (Abg. Reheis: Genau lesen!) Kollege, lesen Sie es noch einmal, dann reden wir im Ausschuss drüber! Ihre Ansicht ist jedenfalls falsch. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Reheis.)

Ich möchte aber eines sagen: Was richtig ist, ist das Lob, das Sie alle dem Rechnungshofpräsidenten und den Rechnungshofbeamten zollen. Ich finde es auch sehr mutig, dass der Rechnungshof kontinuierlich Prüfungen vorlegt und den Unter­nehmen und den staatlichen Stellen, die er prüft, Anleitungen gibt. Diese befolgen auch in großen Linien, was der Rechnungshof aufzeigt, dass nicht ganz richtig und zu ändern ist.

Eines kann man allerdings nicht schönreden – und dafür kann man sich auch nicht bedanken –: das, was Sie aus den Rechnungshofberichten im Ausschuss machen wollen. Dort, wo der Rechnungshof etwas positiv aufzeigt, wollen Sie noch 95 Leute befragen, bis vielleicht doch einer kommt, der ein Haar in der Suppe findet.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 249

Also ich würde mich an Ihrer Stelle bei den Rechnungshofbeamten für ihre Berichte bedanken. (Abg. Dr. Puswald: Haben wir schon gemacht!) Und ich ersuche Sie, dass Sie sich für das entschuldigen, was Sie im Ausschuss daraus machen wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

23.09


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-174 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungs­hofaus­schusses, den vorliegenden Bericht III-179 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

23.10.2610. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 750/A der Abgeordneten Mag. Dr. Andrea Wolfmayr, Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die vorübergehende sachliche Immunität von Leihgaben zu Ausstellungen der Bundesmuseen, BGBl. I Nr. 133/2003, geändert wird (1396 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 667/A (E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend freier Eintritt in die Bundesmuseen (1397 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zu den Punkten 10 und 11 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Mag. Muttonen gemeldet. Ihre Wunsch­redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


23.11.18

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Auf der Tagesordnung des Nationalrates stehen heute zwei Punkte, die wir im Kulturausschuss am 5. April behandelt haben. Abseits jeglicher inhaltlicher Debat­ten freuen wir uns immer, über kulturelle Angelegenheiten im Nationalrat diskutieren zu können. Allzu oft schaffen es ja Anträge zum Beispiel gar nicht bis ins Plenum, weil sie fortwährend vertagt werden.


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Wir haben einen Antrag aus dem Jahr 2003 liegen, der bisher nicht behandelt worden ist. (Abg. Mag. Wurm: Mit der „Saliera“ ...!) Wir hoffen, dass unser Antrag, den wir letztens eingebracht haben, nämlich der Antrag zur kulturellen Bildung, der ebenfalls auf der Tagesordnung stand und vertagt wurde, nicht ein ähnliches Schicksal erleidet.

Nicht besprechen können wir heute hier auch den Kulturbericht 2004. Dieser stand ebenfalls auf der Tagesordnung der letzten Ausschusssitzung und wurde enderledigt. Seit Jahren fordern wir, dass die Berichte im Nationalrat diskutiert werden. Das brächte die Möglichkeit, grundsätzliche kulturpolitische Debatten und Auseinandersetzungen hier im Plenum zu führen.

Dabei könnte auch die Museumspolitik der Regierung angesprochen und besprochen werden. Allerdings stelle ich mir in diesem Zusammenhang durchaus die Frage, ob es eine solche Museumspolitik überhaupt gibt und ob es ein Konzept für eine Museums­politik gibt beziehungsweise ob nicht die politische Verantwortung mit der Ausglie­derung der Bundesmuseen abgegeben wurde. Diesen Eindruck hat man nämlich, wenn man sich die Missstände anschaut, die zum Beispiel im Kunsthistorischen Museum immer wieder vorkommen. (Abg. Dr. Wolfmayr: Sie sind viel besser geworden ...!)

Nach all dem, was eben nicht auf der Tagesordnung steht und was wir uns wünschen würden, nun zu den Punkten, die hier behandelt werden sollen: Zum ersten Punkt, den Änderungen beim Bundesgesetz zur vorübergehenden sachlichen Immunität von Leihgaben, möchte ich nur ganz kurz anmerken, dass wir diesem Regierungsvorschlag zugestimmt haben und zustimmen, da unserer Meinung nach die Vorteile des Gesetzes die durchaus existierenden Nachteile überwiegen. Die vorgeschlagenen Änderungen sind zu begrüßen, weil sie eine Präzisierung vornehmen.

Komplizierter ist es schon beim Antrag der Grünen betreffend freien Eintritt in die Bundesmuseen. Dazu muss ich sagen: Wir haben lange überlegt, und schlussendlich haben wir uns dazu entschlossen, nicht zuzustimmen, und zwar aus zwei Gründen.

Erstens kann man die Frage der kulturellen Partizipation nicht ausschließlich aus dem Blickwinkel der Eintrittspreise sehen. Darüber müssen wir einfach eine breitere Diskussion führen. Die Frage ist: Was hält denn die Menschen davon ab, in ein Museum zu gehen? – Studien zeigen, dass es hiefür mehrere Gründe gibt. Was wir also brauchen – das kann ich nur wieder betonen (Abg. Dr. Jarolim: Man braucht keinen Seipel!) –, ist ein umfassendes Konzept und ein Maßnahmenpaket, das auf einer breiten Basis diskutiert wird.

Der zweite Grund für unsere Ablehnung ist die Tatsache, dass die Grünen den freien Eintritt nur für die ständigen Schausammlungen vorsehen, nicht aber für die Sonder­ausstellungen. Warum diese neue Differenzierung? – Das verstehen wir nicht ganz: Wenn du kein Geld hast, dann kannst du dir die ständigen Schausammlungen anschauen, du kannst dir aber nicht die Sonderausstellungen anschauen, die vielleicht in der Öffentlichkeit gerade diskutiert werden.

Ein genereller freier Eintritt in die Bundesmuseen wäre teuer. Aber gerade wenn man von beschränkten Mitteln ausgeht, wäre es umso wichtiger, dass eben zunächst einmal ein Gesamtkonzept vorliegt.

Selbst wenn ich nur den Fall der Eintrittspreise beachte: Gäbe es hier nicht andere Modelle, die zu bedenken und zu prüfen wären? – Ich persönlich wäre eher dafür, beispiels­weise den freien Eintritt an einem Tag in alle Sammlungen in allen Bundesmuseen zu testen. Darüber gibt es ja in einigen Museen bereits Erfahrungen.

Wir haben also im Ausschuss nicht zugestimmt, sondern einen eigenen Antrag einge­bracht. Trotzdem können wir heute dem negativen Ausschussbericht nicht zustimmen,


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 251

denn das Thema kulturelle Partizipation ist ein so wichtiges für uns, dass wir auch in Zukunft darauf dringen werden, dass es nicht in Vergessenheit gerät.

So einfach, wie es sich die Regierungsparteien zu machen versuchen, geht es nicht. Es ist nicht alles wunderbar und auch nicht alles paletti! Es müssen Maßnahmen gesetzt werden, die es Personen aller Bevölkerungsgruppen erleichtern, am kulturellen Leben tatsächlich teilzunehmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

23.16


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wolfmayr. Sie wünscht, 4 Minuten zu sprechen. – Bitte.

 


23.16.34

Abgeordnete Mag. Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundes­minis­terin! Meine Damen und Herren! Es ist schon sehr spät, und deshalb gehe ich nur kurz auf unseren Antrag betreffend Immunität von Leihgaben ein. Es ist ein notwendiger Antrag, der auch einem Wunsch der Landeskulturreferenten folgt, die die bereits geltenden Bestimmungen für Bundesmuseen auf andere Ausstellungsorte ausgedehnt haben wollen.

Für die Dauer einer Ausstellung soll es keinen Zugriff Dritter auf das ausgestellte Kulturgut geben können. Das heißt, bis zur Rückgabe des Kulturgutes an den Verleiher gibt es keine Klagen auf Herausgabe, Beschlagnahmung oder sonstige Exekutions­maßnahmen. Das verhindert nicht, dass, sollten im Rahmen einer Ausstellung An­sprüche auftauchen, später der Rechtsweg beschritten werden kann, wie dies bisher schon der Fall ist.

Meine Damen und Herren! Das Wichtigste ist, dass dem ausführenden Land garantiert wird, dass es die verliehenen Stücke wieder zurückbekommt. Das ist eine Erleichte­rung für die moderne Museumspraxis, in der Kunstwerke ebenso wandern wie die Kunstfreunde und -kenner. Es ist eine Erleichterung für unsere hervorragenden Landesmuseen, zum Beispiel das Landesmuseum Joanneum in Graz, das Nieder­österreichische Landesmuseum oder die Kunsthalle Krems, eine erforderliche Voraus­setzung dafür, dass ausländisches Kulturgut ohne unverhältnismäßige Kostenbelas­tung in Österreich gezeigt werden kann. Das ist eine weitere Förderung moderner Museumspraxis.

Zum Gratis-Eintritt werden die KollegInnen, die nach mir sprechen, noch einige Gründe nennen, warum wir den Zinggl-Vorschlag vernachlässigenswert finden. Für uns sind Museumseinnahmen nun einmal notwendige Mittel für besseres Wirtschaften. Dass der eingeschlagene Weg richtig ist, belegen Zahlen, aber mehr noch der Museums­boom der letzten Jahre – leicht schwankende Besucherzahlen sind da kein Gegen­beweis. Die deutlich wachsende Beliebtheit von Museen als lebendige und inspirie­rende Kulturorte, insbesondere bei jungen Menschen und im städtischen Bereich, spricht ja für sich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir sind also ganz ausdrücklich nicht für einen Gratis-Eintritt, wir sind hingegen für akzentuierte und gezielte Bewerbung ohne Nivellierung. Weiteren kreativen Vor­schlä­gen zur Attraktivierung unserer Museen steht ja nichts im Weg, weder in Wien noch in den Bundesländern.

Kunst ist etwas wert, und auch das Betrachten von Kunstwerken muss etwas wert sein. Der wachsende Besuch unserer modernen Museen, die wachsenden Einnahmen und die dadurch ständig verbesserte Ausstattung und Bewirtschaftung gibt uns Recht. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

23.19



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 252

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Dr. Zinggl. 10 Minuten Wunschredezeit; Restredezeit der Fraktion: 16 Minuten. – Bitte.

 


23.19.26

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ich möchte zuerst auf meinen eigenen Antrag eingehen, mit dem der freie Eintritt in die Bundesmuseen hätte bewerkstelligt werden können oder bewerkstelligt werden könnte, und möchte darauf hinweisen, dass seit der Ausgliederung der Bundesmuseen im Jahr 2000 – es war ja ein langfristiger Prozess – die Eintrittspreise radikal gestiegen sind.

Damals konnte noch jeder von uns mit 21 € ein Jahr lang alle Museen besuchen. Wenn heute eine Familie mit einem Kind in die Albertina geht, dann zahlt diese Familie an einem einzigen Tag auch 21 €. Und beim Kunsthistorische Museum gibt es seit der Ausgliederung eine Preissteigerung um 300 Prozent.

Da fragt man sich schon irgendwann einmal: Wozu haben wir überhaupt die Museen? (Abg. Murauer: Wo kommen die Leute her?) Was ist die Aufgabe der Museen? (Abg. Murauer: Da fragt ihr: Wo kommen die Leute her?) – Die kann doch nur darin bestehen, dass unser kulturelles Gut – und da meine ich, dass wir Österreicherinnen und Österreicher ja die Besitzer dieses kulturellen Gutes sind – didaktisch aufbereitet wird, sodass wir hingehen können und diese Objekte studieren können.

Dafür gibt es seitens des Bundes auch Geld; die Basisfinanzierung dient ja genau dazu. Jede Eintrittskarte in österreichische Museen – meine Damen und Herren, das wissen Sie wahrscheinlich – kostet den Steuerzahler 20 €. Es ist eigentlich überhaupt nicht einzusehen (Abg. Neudeck: Man hat ein schlechtes Gewissen, wenn man ins Museum geht, wenn man dir zuhört!), dass zu dieser Grundsubventionierung jeder oder jede, die daran interessiert ist, sich das tatsächlich anzusehen, noch einmal etwas drauflegen muss, also mit einem Wort: noch einmal zur Kasse gebeten wird. So gesehen (Abg. Neudeck: Wie ist das mit den Touristen?) – das könnte man sich ganz leicht überlegen (Abg. Neudeck: Dann überlege es einmal!) – müsste eigentlich auch jeder Park zum Beispiel 5 € Eintritt verlangen, oder es müssten Schulgelder ein­gehoben werden. (Abg. Murauer: Das darf nicht wahr sein!)

Genau wie die Schulen sind ja auch die Museen Bildungseinrichtungen. Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, dass meine Eltern mit uns Kindern insbesondere im Winter jeden Sonntag in die Museen gegangen sind. So bin ich zu einem Teil sozialisiert und kulturalisiert worden. Und das, meine Damen und Herren, kann sich eine Familie, können sich viele Eltern heute überhaupt nicht mehr leisten! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Das heißt, die Eintrittspreise verhindern also eine breite Bildung, weil für die finanzschwächeren Bevölkerungsgruppen da Barrieren geschaffen worden sind. Wir sehen das Ergebnis tatsächlich an den sinkenden Besucherzahlen, seit die Preise gestiegen sind.

Es ist ganz eigenartig: Selbst in Ländern mit extrem liberaler Wirtschaftspolitik, also in den USA oder in Großbritannien, gibt es Museen, in denen der Eintritt frei ist – übrigens für die ständige Sammlung. Und siehe da, genau diese Museen haben internationale Rekord-Besuchsergebnisse! Man muss sich da schon einmal fragen: Was will man eigentlich?

Ich weiß nicht, ob Sie das waren, Herr Kollege Neudeck, aber irgendjemand hat im Ausschuss gesagt (Abg. Neudeck: Wenn es etwas Schlechtes war, war ich es!): Was nichts kostet, ist nichts wert! Erstens einmal ist dieser Spruch schon sehr eigenartig! Da dürfte man überhaupt niemandem etwas schenken, weil dann alle Geschenke nichts wert sind. Aber davon abgesehen: Wir zahlen ja dafür! Wir haben mit dem Steuergeld, mit dem die Museen überhaupt erhalten werden, ohnehin schon gezahlt.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 253

Das heißt, die Museen sind natürlich etwas wert. (Abg. Mag. Molterer: Warum soll ich dann eigentlich in der Oper etwas bezahlen? Im Theater etwas bezahlen?)

Die Erlöse der Eintritte zu den ständigen Schausammlungen in Österreich, Herr Kol­lege Molterer, belaufen sich heuer auf maximal 10 Millionen €. (Abg. Mag. Molterer: Das ist eine groteske Argumentation! Wenn ich mit der Bundesbahn fahre, bezahle ich auch ...! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Bei freiem Eintritt müssten also die Basisabgeltungen um diese 10 Millionen € erhöht werden; das ist relativ wenig.

Wenn man bedenkt, dass allein das Kunsthistorische Museum heuer fast 3 Millionen € zusätzlich zur Basisabgeltung bekommt, weil Direktor Seipel nicht wirtschaften kann (Abg. Dr. Jarolim: Absolut richtig! Absolut richtig!), dann kann man sich überlegen (Abg. Dr. Jarolim: Eine Unfähigkeitsprämie ...!), dass mit diesen 3 Millionen € natürlich auch alle bei freiem Eintritt hineingehen könnten, und das wäre mir viel lieber. (Abg. Mag. Molterer: Der Platz des Jarolim hat gewechselt, aber nicht die Qualität seiner Rufe! Die ist gleich schlecht!) Das heißt, ein Direktor, der besser wirtschaften kann, würde diese 3 Millionen € nicht notwendig machen, die zusätzlich aus dem Budget zu tragen sind, und wir alle könnten kostenlos in die Museen hinein. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Neudeck: „Frenetischer“ Applaus bei den Grünen – fürs Protokoll!)

Jetzt noch ein paar Worte zu dem Antrag, mit dem Ausstellungsexponate am Recht vorbeigeschleust werden sollen: Wir sind, wie auch schon 2003, mit dieser ethisch wenig vertretbaren Sonderstellung von Kunstwerken nicht einverstanden. Wir wissen, dass es so etwas wie eine exzessive Ausstellungspolitik gibt; das ist international der Fall, aber auch bei uns. Daher gibt es immer spektakulärere Shows, und dafür müssen jetzt Gesetze geschaffen werden, um eine Sonderstellung der Kunst zu rechtfertigen. Es sind Ausnahmegesetze, und ich habe im Ausschuss einige Beispiele dafür gebracht, warum das ethisch nicht wirklich zu vertreten ist.

Ich bringe jetzt noch ein ganz anderes Beispiel. Wir wissen, dass zuletzt im Irak-Krieg in Bagdad zahllose Kunstschätze aus dem alten Babel geraubt wurden. Nun könnten wir uns doch vorstellen, dass Direktor Seipel, sage ich jetzt einmal, eine Ausstellung „Gold in Babel“ für Leoben erstellt, dort sehen wir plötzlich all diese geraubten Kunstschätze, und niemand kann irgendetwas dagegen tun. (Abg. Dr. Wolfmayr: Das ist an den Haaren herbeigezogen!)

Nicht genug damit, dass es das Gesetz jetzt ermöglicht, dass diese Kunstwerke nicht mehr beschlagnahmt werden können (Abg. Murauer: Was Ihnen alles einfällt! ... ein Märchenerzähler!), werden diese Exponate zusätzlich durch jede öffentliche Präsen­tation (Ruf bei der ÖVP: Keine Märchenstunde!) natürlich noch einmal legitimiert und sanktioniert. So ein Gesetz, meine Damen und Herren, ist meiner Meinung nach auch verfassungsrechtlich einigermaßen in Frage zu stellen und bedenklich, weil damit meiner Ansicht nach auch das Grundrecht auf Eigentum attackiert wird. Ich bin schon gespannt darauf, was geschehen wird, wenn das erste Mal ein Fall auftritt, dass jemand genau das einklagt.

Ich sehe jedenfalls nicht ein, warum für Kunstobjekte andere Gesetze, andere Rechte gelten sollen als für jedes Objekt sonst. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Grünen.)

23.26


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


23.26.21

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche)|: Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Muttonen, ich teile Ihre Freude darüber, dass


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 254

wir im Parlament über die Kultur sprechen, aber da wir schon im Ausschuss sehr intensiv über diese Tagesordnungspunkte gesprochen haben, kann ich mich hier eigentlich sehr kurz halten, noch dazu in Anbetracht der vorgerückten Zeit. (Beifall des Abg. Dipl.-Ing. Hofmann.)

Zuerst einmal hinsichtlich der Frage der Immunität, der Immunisierung: Herr Abge­ordneter Zinggl, was Sie hier erwähnt haben, ist an den Haaren herbeigezogen. Es geht darum, dass die Landeskulturreferenten einen intensiven Wunsch nach einem solchen Gesetz geäußert haben, und zwar deshalb, weil sie sonst Schwierigkeiten hätten, Objekte für Sonderausstellungen zu bekommen. Wir wollen auf keinen Fall solche Sonderausstellungen verhindern, zumal sonst Sie wieder der Erste sind, der sagt: Es ist in den Museen nichts los! – Deshalb glaube ich, dass es sinnvoll ist, wenn man dieses Gesetz beschließt.

Zu Ihrem Antrag hinsichtlich der kostenlosen Museumsbesuche möchte ich sagen: Wie stellen Sie sich das eigentlich vor? – Beim vorherigen Tagesordnungspunkt haben Sie die schlechte finanzielle Situation und die mangelnden Einnahmen der Museen be­klagt, und beim nächsten Tagesordnungspunkt verlangen Sie, dass die Museen auf wesentliche Einkünfte verzichten sollen. Wenn Sie sagen: Na ja, es ist eigentlich nichts dabei, dann erhöhen wir eben die Basisförderung!, dann müssen Sie einmal sagen: Woher kommt das Geld? Wie soll das bedeckt werden? (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.) – Solche Forderungen kann man nur aufstellen, wenn man in Opposition und für nichts verantwortlich ist.

Wenn Sie sagen, man könnte Seipel die 3 Millionen € wegnehmen ... (Abg. Dr. Jarolim: ... Seipel zum Beispiel!) Ich sage es Ihnen ja; wenn Sie mir zuhören würden, könnten Sie sich diesen Zwischenruf ersparen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) – Die 3 Millionen € sind ja nicht bezahlt worden, weil Seipel untüchtig ist, sondern weil zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen notwendig sind, die dem jetzigen Standard entsprechen. (Abg. Dr. Zinggl: Das sind jetzt noch einmal 5 Millionen!) Daher müssen die 3 Millionen € auf alle Fälle zugeführt werden.

Frau Abgeordneten Muttonen, es ist nicht alles paletti; das hat aber auch kein Mensch behauptet. Aber wir machen hier eine Politik, insbesondere was die Museen anlangt, die Schritt für Schritt eine Verbesserung der Situation erreichen soll. (Abg. Dr. Jarolim: Soll! Aber das Gegenteil ist der Fall!) Ihre Vorschläge sind nicht dazu geeignet, diesen Fortschritt wirklich zu gewährleisten.

Deshalb sind wir gegen den Zinggl-Vorschlag, und den anderen Vorschlag begrüßen wir, weil wir ordentliche Ausstellungen in Österreich haben wollen. (Beifall bei Abge­ordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

23.29


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Bundesministerin Gehrer. – Bitte.

 


23.29.13

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich verstehe schon, dass es die Opposition nicht gerne sieht, dass sich die Museen gut entwickelt haben. (Abg. Reheis: Das ist falsch!) Ich darf Ihnen auch Nachhilfe geben, damit Sie wissen, was alles geschehen ist:

2001: Neueröffnung des Technischen Museums; 2001: Eröffnung des Museums­quartiers; 2001: Neueröffnung des MUMOK; 2003: Neueröffnung der Albertina; 2005: Neueröffnung des Globenmuseums im renovierten Palais Mollard; 2007 wird das Völ­ker­kundemuseum neu eröffnet; 2005: Neueröffnung der neu gestalteten Antikensamm­lung im Kunsthistorischen Museum; 2007: Neueröffnung der Kunstkammer im Kunst­historischen Museum. Wir haben dazugeschaut, dass sich die Museen nach jahre-


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 255

langer Vernachlässigung gut entwickeln! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Wolfmayr: Ja, so ist es! – Abg. Dr. Jarolim: Wie lange sind Sie Ministerin?) Wir haben die Museen gut weiterentwickelt. Jahrzehnte vorher wurden sie vernachlässigt.

Wir haben jetzt rund 3,5 Millionen Besucher in den Bundesmuseen, das ist um 1,2 Millionen mehr als 1995, als ich die Museen übernommen habe. (Abg. Krainer: Busek?)

Wer den Kulturbericht, den Kunstbericht liest, der sieht, was sich im Bereich der Forschung, im Bereich des Ausstellungswesens, im Bereich der Museumsdidaktik alles entwickelt hat. Ich möchte noch eines feststellen auf Ihren Zwischenruf hin: Kollege Busek hat bereits mit der Generalrenovierung und -sanierung der Museen begonnen. Jahrzehnte vorher sind sie gröblichst vernachlässigt worden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Krainer: 1945?)

Zur Frage des freien Eintritts möchte ich eine klare Feststellung machen: Wir haben bei unserer großen Museumsbefragung die Menschen gefragt: Was denken Sie, was ein Museumsbesuch wert ist? Und wissen Sie, was uns die Menschen, die wir befragt haben, gesagt haben? Sie meinen, dass ein Museumsbesuch im Durchschnitt zwischen 9 € und 10 € wert ist. (Abg. Mag. Muttonen: Wen haben Sie da gefragt?) Die Menschen haben also ein besseres Gefühl als die Opposition, denn die Bürger und Bürgerinnen wissen, dass ihnen etwas geboten wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Der derzeitige Durchschnitt der Eintrittspreise der österreichischen Bundesmuseen beträgt 8 €. Es gibt Ermäßigungen für Familien, für Schüler und Schülerinnen, es gibt Ermäßigungen für Senioren, für Behinderte. Wir werden diese Politik weiter führen, wir werden den Gruppen, die es brauchen, Ermäßigungen geben. Wir werden aber diejenigen, die es sich leisten können, auch dazu bringen, dass sie etwas beitragen, dass für die guten Ausstellungen, für die guten Sonderausstellungen in den Museen auch ein gewisser Betrag hereinkommt. Das finde ich richtig und das finde ich gerecht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


23.32.17

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Bundesministerin Gehrer, Ihre Aussage, die Opposition würde es nicht gerne sehen, dass sich die Bundesmuseen gut entwickeln – so ähnlich haben Sie das am Anfang Ihrer Ausführungen formuliert –, erinnert mich ein wenig an die zahlreichen Schuldebatten, die wir hier mit Ihnen im Hohen Haus führten, in denen Sie, wenn wir Ihre Politik kritisierten, uns vorgeworfen haben, dass wir die Schulen und die Arbeit der Lehrer und die Arbeit der Schüler schlecht reden. (Die Abgeordneten Mag. Dr. Fekter und Dr. Wolfmayr: Das tun Sie auch!) – Ja, die Reflexe funktionieren. (Abg. Mag. Muttonen: Das war ein Test!)

Die Wahrheit ist: Sowohl im einen als im anderen Fall reden wir nicht die Institutionen schlecht, nicht die Handelnden in den Schulen, sondern wir bedauern sehr, dass sehr wichtige politische Schritte von Ihnen unterlassen werden. (Abg. Dr. Jarolim: Der Rücktritt! – Abg. Mag. Dr. Fekter: Da müssten aber viele zurücktreten, wenn Bundes­ministerin Gehrer zurücktreten soll! – Abg. Dr. Jarolim: Was für ein Zeugnis stellen Sie damit Ihrer Regierung aus?)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 256

In diesem Sinne möchte ich mich auch mit dem Antrag der Grünen auseinander setzen, den ich, und vor allem das Anliegen, das dieser Antrag aufgreift, im Gegensatz zur Kollegin Wolfmayr nicht als vernachlässigungswert empfinde. Ganz im Gegenteil: Ich halte dieses Anliegen für besonders dringlich und wichtig! Es ist natürlich, wenn man sich in einer finanziell gut situierten Situation befindet, sehr leicht, zu sagen: Kultur muss etwas wert sein! Was wert sein bedeutet, das ist natürlich durchaus von der jeweiligen Einkommenssituation abhängig und damit sehr unterschiedlich.

Ich denke, dass das Beispiel, das Kollege Zinggl hier genannt hat, mit dem früheren Museumsjahreseintritt um 21 €, während das heute ein einziger Museumsbesuch für eine Familie mit einem Kind ist, recht bezeichnend ist. Und Sie gehen ja wahrscheinlich oder hoffentlich auch öfters ins Museum. Und einmal ehrlich: Schlucken Sie nicht auch ein bisschen, wenn Sie dann zum Beispiel für drei Karten zahlen? Mir geht es schon so, und natürlich müssen sich Familien mit einem geringeren Einkommen das sehr genau überlegen.

Wir haben im Ausschuss einen anderen Antrag eingebracht, weil wir uns denken, es sollten Wege gefunden werden, allerdings sind wir uns nicht so sicher gewesen, ob der von den Grünen vorgeschlagene Weg der einzig richtige ist. Wir denken aber, dass es dringend notwendig ist, entsprechende Modelle zu prüfen, und werden daher dem negativen Ausschussbericht nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

23.34


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Neudeck ist der nächste Redner. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


23.34.49

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Kollege Zinggl hat ja schon im Ausschuss gemeint, dass die Einnahmen bei den Museen rückläufig sind. Auf der anderen Seite ist er aber dafür, dass die Museen gratis besichtigt werden dürfen oder die Eintrittskarten gratis sein sollen. Er hat uns nicht erklären können, wie das dann ausschaut. Das gilt natürlich auch für die Touristen, also nicht nur für die österreichische Bevölkerung, denn das würden wir ja in der Realität nicht durchbringen. Nach der Logik Ihres Arguments, dass wir die Museen ja sowieso schon fördern, dürften wir ja weder bei der Straßenbahn in Wien noch bei den ÖBB und wahrscheinlich auch nicht bei Kanal und Wasser etwas verlangen, denn das wird ja auch gefördert. (Abg. Dr. Fekter: Das sollte man in Wien einmal machen!)

In Wien ist es beim Kanal anders. Die heben dort nämlich so viel ein, dass sie fast 100 Millionen € Gewinn haben. Also das ist dort ganz etwas anderes, und etwas gratis zu tun, wird Häupl sicher nicht wollen. (Abg. Dr. Fekter: Aha! Das könnte man ja den Museen übergeben!) Nein, da müsste man den Häupl erst einmal umbauen auf etwas Gescheiteres, als er jetzt ist.

Ich habe es auch im Ausschuss schon gesagt, und ich sage es Ihnen hier noch einmal. Ich habe es Ihnen dort vorgelesen, aus zeitökonomischen Gründen tue ich es hier nicht. Es ist sowieso bei den Museen bereits so, dass ein Großteil der Eintrittskarten begünstigt oder Freikarten sind für Familienermäßigung et cetera. Also ich weiß nicht, wo Sie hinwollen, und ich stehe zu dem Satz: Was nichts kostet, ist nichts wert! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 257

23.36


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Krist. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


23.36.27

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Das vorliegende zu ändernde Bundesgesetz, mit dem die vorüberge­hende sachliche Immunität von Leihgaben zu Ausstellungen der Bundesmuseen geregelt wird, gewährleistet künftig den Leihgebern von Exponaten eine Garantie, die die Rückgabe des Kunstwerkes sichert.

Damit wurde ein Brückenschlag geschaffen, der den internationalen Austausch von Kulturgütern fördert und unserem kulturellen Bildungsauftrag noch mehr gerecht wird. Der manchmal geäußerte Einwand, dass mit diesem Gesetz Eigentumsrechte einge­schränkt werden, ist im Hinblick auf die zu erwartenden Erleichterungen beim Zu­standekommen von Ausstellungen zu vernachlässigen. Eine öffentliche Ausstellung der Kulturgüter würde jedenfalls bei Unklarheiten in der Eigentumsfrage ohne Zweifel eine Hilfestellung beim Auffinden oder Rückverfolgen der jetzigen Eigentümer bieten. Auch den Anregungen der Landeskulturreferentenkonferenz wurden mit diesem Gesetz nachgekommen. Auch das ist positiv festzuhalten, und daher steht einer Zustim­mung nichts im Wege.

Zweiter Bereich: Der freie Eintritt in die Bundesmuseen ist eine Angelegenheit, die für uns unmittelbar mit dem Thema „kulturelle Partizipation“ verknüpft ist. Hier ist schon immer unsere Forderung gewesen, dass allen unabhängig von Einkommen und sozialer Schicht eine möglichst gerechte Teilnahme am kulturellen Leben ermöglicht wird. Freier Eintritt ist gut, aber zu wenig, um Hemmschwellen und Vorbehalte abzubauen. Es müssen auch noch andere Maßnahmen getroffen werden. Dazu haben wir schon mehrere Vorschläge eingebracht. (Abg. Neudeck: Man könnte ja den Museumsbesuchern noch etwas zahlen!)

Der Antrag der Grünen ist grundsätzlich positiv, geht uns aber doch ein bisschen zu wenig weit beziehungsweise fehlen, wie das meine VorrednerInnen schon erwähnt haben, für uns wichtige Bereiche. Wir fordern daher insbesondere von Ihnen, Frau Ministerin, zu wiederholtem Male ein Gesamtkonzept zur Verbesserung der kulturellen Partizipation, aber auch die Schaffung von leichteren Zugangsmöglichkeiten zu kultureller Infrastruktur, um auch das eigene Kreativitätspotential entfalten zu können. Dies muss in allen Bereichen der Ausbildung vom Kindergarten bis zur Universität möglich sein. (Beifall bei der SPÖ.)

23.38


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Felzmann. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


23.38.37

Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es gibt in Österreich 1 800 Museen, und wir sprechen jetzt von 13 Bundesmuseen. (Abg. Dr. Jarolim: Wir reden von Seipel!) 1998 wurden die Museen in die Vollrechtsfähigkeit entlassen, und damit wurde ihnen die Möglichkeit gegeben, ihr eigenes Profil nachzuschärfen. Es wurde ihnen zugesagt, dass sie eine Basisabgeltung bekommen, aber es wurde ihnen auch gesagt, dass sie für ihre zusätzlichen Erlöse selbst zu sorgen haben.

Wir können nicht auf der einen Seite ein System etablieren, das sehr erfolgreich funk­tioniert – bis zu 40 Prozent werden da erwirtschaftet! –, und auf der anderen Seite dieses System nach wenigen Jahren wieder kippen und sagen: Freier Eintritt in Museen für alle!

Außerdem haben wir gesehen, dass das ja nicht so angenommen wird. Wir würden uns auch wünschen, dass noch viel, viel mehr Menschen aus Österreich die Museen besichtigen. Wir haben aber Beispiele, dass selbst bei freiem Eintritt, wie es ihn zum


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 258

Beispiel im MAK jeden Samstag gibt, die Ergebnisse nicht stimmen. Das MAK hat im ganzen Jahr zirka 180 000 Besucher. Das Technische Museum, das sein Angebot nicht so formuliert hat, hat über 200 000 Besucher.

Wir sind also gegen diesen Vorschlag. – Ich bin überzeugt davon, dass der Weg, den die Museen eingeschlagen haben, ein Erfolgsweg ist: ein erweitertes Angebot, viele Ermäßigungen auf der einen Seite, ein funktionierendes System auf der anderen Seite. In Wien könnten Sie anregen, vielleicht ein Museumsticket einzuführen. Wien tut es nicht, aber wie auch immer: Wir haben eine gute, eine ausgezeichnete Museumspolitik. Es wäre schön, wenn Sie in einer anderen Form daran teilhaben würden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.40


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Reheis 2 Minuten zu uns. – Bitte.

 


23.41.01

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Teures Mitglied der Bundesregierung! Kollegin Wolfmayr hat gesagt, Kunst sei dieser Bundesregierung etwas wert. – An der Tageszeit, besser gesagt: der späten Nachtzeit, in der diese Kulturdebatte jetzt stattfindet, erkennt man den Stellenwert, den diese Bundes­regie­rung der Kultur beimisst. (Abg. Mag. Molterer: Der Tagesordnung habt ihr doch zuge­stimmt!)

Ich denke, dass die Bundesregierung nicht nur eine Debatte des Kulturberichtes hier im Plenum verhindert hat, sondern sie versetzt mit dieser mitternächtlichen Kultur­debatte Kulturthemen in eine wenig repräsentative Zeit. Ich denke, dass das hier quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet. Eine Diskussion zu einer repräsen­tativeren Zeit, vielleicht einmal während der TV-Übertragung hier im Plenum, könnte hier stattfinden. (Abg. Mag. Molterer: Ich werde das an Cap weiterleiten!)

Das wäre sicherlich einmal eine Aufwertung im Sinne dessen, was Kollegin Wolfmayr gesagt hat, dass nämlich Kultur dieser Bundesregierung etwas wert ist, sodass das auch umgesetzt werden kann.

Frau Innenministerin Prokop hat gesagt: Die „Sally“ ist wieder zu Hause! – und hat damit die „Saliera“ gemeint. Das ist sehr erfreulich. Wenn man es allerdings genau nimmt, ist das Zuhause der „Saliera“ eigentlich Innsbruck, wenn man in Betracht zieht, dass – und da zitiere ich jetzt Landeshauptmann Herwig van Staa – das wertvolle Salzfass, wie bekannt ist, als Geschenk König Karls an Erzherzog Ferdinand II von Tirol gelangte. Der Landeshauptmann Herwig van Staa sagte auch, dass er die „Saliera“ gerne in Tirol hätte. (Abg. Neudeck: Ich hätte sie gerne bei mir!)

Wir, Kollegin Wurm, Niederwieser und ich, haben das unterstützt und möchten gerne, dass eine Ausstellungsteilung bei der „Saliera“ zwischen Innsbruck, im Schloss Ambras, und dem Kunsthistorischen Museum ermöglicht wird. Ich würde gerne wissen, was Sie zu diesem Anliegen von Herrn Landeshauptmann Herwig van Staa sagen und was Sie von unserem Entschließungsantrag halten und ob Sie das unterstützen können, weil ja das tatsächliche Zuhause der „Saliera“ eigentlich das Schloss Ambras in Tirol ist. Und dort wäre die „Saliera“ mit Sicherheit sicher. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Vielleicht wäre die Frau Minister dort auch sicher!)

23.43

Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Freund ist der nächste Redner. Auch er spricht 2 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 259

23.43.50

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir verhandeln heute den Entschließungsantrag des Abgeordneten Zinggl für freien Eintritt zu den Schausammlungen der Bundesmuseen.

Wir von der ÖVP können dazu nicht ja sagen. Sie behaupten: Familien könnten sich einen Museumsbesuch in den österreichischen Bundesmuseen nicht leisten. Dazu möchte ich Ihnen mitteilen, dass die Mehrheit der zahlenden österreichischen Museums­besucher Ermäßigungen nutzt. Vollzahler sind lediglich 28 Prozent der Besucher. Und wie Erhebungen gezeigt haben, liegt der Anreiz für Museumsbesuche nicht im Gratiseintritt. Es gibt Museen, die, wie schon erwähnt wurde, an Samstagen freien Eintritt haben, aber trotzdem nicht mehr Besucher anziehen als andere Häuser.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die österreichischen Bundesmuseen bieten eine Vielzahl von abwechslungsreichen, besucherorientierten Ausstellungen. Vom Staat kommen zur Führung der Museen jährlich 70 Millionen € an Grund­subvention. Darüber hinaus werden mit privatwirtschaftlichen Methoden Eigenmittel erwirtschaftet. Gleich mehrere Bundesmuseen erwirtschaften über 40 Prozent ihres Budgets selbst.

Frau Bundesministerin Gehrer hat den Bundesmuseen diese moderne Art des Wirt­schaftens ermöglicht, und das hat, wie sich gezeigt hat, großen Erfolg: Den Museen stehen heute etwa doppelt so viele Mittel zur Verfügung als noch vor zehn Jahren. Das Angebot von Museen hat sich wesentlich verbessert, ist spannender, lebendiger geworden und spricht jährlich ein Millionenpublikum an. 83 Prozent der Touristen geben an, wegen des kulturellen Angebots nach Wien zu kommen. Im Jahr 2004 zählten die Bundesmuseen 3,5 Millionen Besucher; das ist ein Plus von 1,2 Millionen Besuchern im Vergleich zum Jahr 1995. Das sind Zahlen, die sich sehen lassen können.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich halte es für wichtig, dass bereits im Elternhaus oder in der Schule das Interesse für Museumsbesuche geweckt wird. Einen wertvollen Beitrag leisten da die Museen, indem sie umfangreiche Programme für Kinder und Jugendliche anbieten. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

23.45


Präsident Dr. Andreas Khol: Nun spricht Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. Auch Sie hat eine Wunschredezeit von 2 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


23.45.10

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Auf Grund der späten Stunde ein paar Gedanken auch dazu: Ich finde es schade, dass die Kultur wieder einmal so spät behandelt wird. Das finde ich wirklich schade. (Ruf bei der ÖVP: Der Cap hat das so gewollt!)

Ich finde es auch schade, dass der Kulturbericht nicht im Plenum behandelt wird, dass er wieder enderledigt worden ist. Ich kann das nicht ganz verstehen, denn angesichts der Reden beziehungsweise Beiträge der KollegInnen von den Regierungsparteien zum Kulturbericht im Ausschuss denke ich mir, dass Sie alle ein Interesse daran haben müssten, dass wir hier darüber sprechen, damit Sie die Frau Ministerin wieder einmal loben können. Sonst lassen Sie ja auch keine Gelegenheit aus, Ministerinnen und Minister der Bundesregierung zu loben. Daher verstehe ich nicht ganz, warum wir das hier im Plenum nicht besprechen können. Vielleicht ist es die Angst, dass man auch eine kritische Auseinandersetzung um den Kulturbericht hier im Plenum haben könnte. Der andere Schluss könnte sein, dass es seitens der Regierungskollegen und


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 260

Regierungskolleginnen kein Interesse gibt, über Kultur zu reden, was ich sehr schade fände. (Abg. Neudeck: Wir sind sehr interessiert!)

Nun zum Tagesordnungspunkt betreffend freien Eintritt in die Museen: Kollegin Muttonen hat unsere Vorbehalte schon angeführt. Wir sind der Meinung, dass kulturelle Partizipation mehr braucht als nur freie Eintritte, eben ein Gesamtkonzept, das meiner Meinung nach vor allem auch berücksichtigen muss, dass auch das Interesse von jenen Kindern geweckt wird, deren Eltern nicht so großes Interesse an Kultur haben. Ich bin der Meinung, dass man allen Kindern die Möglichkeit geben soll, an Kultur teilzuhaben, um in ihrem späteren Erwachsenenleben Kulturinteresse leben zu können.

Ich fände es auch wichtig, wenn man die eigene Kreativität der Kinder noch viel mehr fördern würde, als das jetzt der Fall ist, aber gerade in diesem Bereich, Frau Ministerin, haben Sie in Ihrer Zuständigkeit als Bildungs- und Unterrichtsministerin massiv eingespart. Es gibt leider tatsächlich Einsparungen beim kreativen Unterrichtsangebot, auch wenn Sie das immer verneinen. Es ist aber so, und das ist sehr schade, denn ich denke, dass über die eigene Kreativität auch das Interesse an Kultur geweckt werden kann, dass man Zugangsbarrieren in den Köpfen der Menschen abbauen kann, dass man vor allem auch Hemmschwellen abbauen kann.

Genau in diese Richtung würde unser Antrag über die Förderung und Stärkung der kulturellen Bildung abzielen, und ich hoffe doch sehr, dass wir diesen Antrag noch beschließen können, weil wir ja alle von der kulturellen Partizipation sprechen, auch die Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien – und wenn nicht mehr in dieser Legislaturperiode, dann sicher nach den Wahlen im Herbst, denn dann werden wir die Bildungs- und Kulturministerin stellen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Ich glaube, die Frau Ministerin versucht eher, das Gegenteil zu erreichen!)

23.47


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hütl. 1 Minute Redezeit. – Bitte.

 


23.47.50

Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! In den vergangenen Jahren haben zahlreiche Staaten, vor allem die großen Staaten Europas, gesetzliche Regelungen geschaffen, die es ermöglichen, Leihgebern von internationalen Projekten eine rechtsverbindliche Zusage über die Rückgabe von Leihgaben zu erteilen, der keine Ansprüche Dritter entgegengehalten werden können.

Es gibt nun seit zwei Jahren ein derartiges Bundesgesetz für die Bundesmuseen Österreichs. Und wir beschließen heute ein Bundesgesetz, das neben den Bun­desmuseen auch jenen Institutionen zugute kommt, die sich mit der Präsentation internationaler Kultur- und Kunstausstellungen befassen. Das war auch der große Wunsch der Länder, auch des Landes Niederösterreich beziehungsweise der Kunst­halle Krems, nicht zuletzt wegen des gravierenden Wettbewerbsnachteiles und der Gefährdung der Internationalität von Ausstellungsvorhaben, die außerhalb der Bun­desmuseen stattfinden.

Durch diese Änderung des Bundesgesetzes wird nunmehr diesem Umstand Rechnung getragen und eine Gleichstellung aller österreichischen Institutionen bewirkt, die Ausstellungen durchführen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

23.48


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Mag. Grossmann 2 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 261

23.49.14

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die größte Herausforderung für Kulturpolitik ist es wohl, Kultur unter die Menschen zu bringen. Über den Preis eine Selektion zu betreiben, ist natürlich das Dümmste, was man tun kann, zumal man sich dann ja auch künftigen Besuchergruppen verschließt. Das heißt, moderate Preise sind unumgäng­lich.

Allerdings, Frau Ministerin, kann man den Wert eines Museumsbesuches nicht mit dem Eintrittspreis gegenrechnen. Ich bin davon überzeugt, dass ein Museumsbesuch wesentlich mehr als 9 € wert ist. Da schätze ich anscheinend unsere Museen mehr als Sie, Frau Ministerin. Allerdings kann man den tatsächlichen Wert vom Publikum eben nicht verlangen.

Wer in ein Museum will, soll auch in ein Museum gehen können. Der Preis kann und darf kein Kriterium sein, aber es muss nicht gleich der Nulltarif für den Generaldirektor und die Arbeitslose gleichermaßen gelten.

Im Bereich der darstellenden Kunst gefällt mir das Projekt „Hunger auf Kultur“ am Wiener Schauspielhaus sehr gut, wo sozial Bedürftige gratis Vorstellungen besuchen können. In der Steiermark hat Landesrat Kurt Flecker ein ähnliches Projekt ins Leben gerufen. – Da könnte man sich auch für die Museen etwas abschauen.

Es gehören natürlich aber auch solche Hemmschwellen abgebaut, die nichts mit Geld zu tun haben. Wenn Jugendliche lange Gesichter machen, wenn in der Schule ein Museumsbesuch angedroht wird, muss man sich natürlich überlegen, ob unsere Museen noch zeitgemäß gestaltet sind oder das richtige Image haben. Museums­pädagoginnen und -pädagogen haben wirklich tolle Ideen, aber sie brauchen natürlich auch die Mittel für deren Umsetzung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Andockstelle für kulturelle Bildung ist die Schule. Insbesondere die Kreativfächer Bildnerische Erziehung und Musik haben die Aufgabe, das Feld für die lebenslange Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur aufzubereiten und überhaupt das kreative Potential zu entfalten. Aber genau diese Fächer waren in den letzten Jahren besonders von Stundenkürzungen betroffen, wie Kollegin Königsberger auch schon ausgeführt hat.

Offensichtlich erachtet man diese Fächer als Orchideenfächer, die wirtschaftlich nicht verwertbar und daher wertlos sind, wobei man dazu sagen muss, dass das derzeitige Schulsystem mit Frontalunterricht im 50-Minuten-Takt dem Anspruch einer kulturellen Bildung ohnehin nur sehr schwer gerecht werden kann. Ein Ganztagsschulsystem mit abwechselnden Unterrichtseinheiten in Theoriefächern, Sport und natürlich auch Kreativ­einheiten wäre sicherlich besser geeignet. Aber wir wissen, dass die Herr­schaften auf der rechten Seite dieses Saales das anders sehen, aber das wird wohl nicht mehr lange von Relevanz sein. (Beifall bei der SPÖ.)

23.52


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kainz. Eine Minute Wunschredezeit. – Bitte.

 


23.52.10

Abgeordneter Christoph Kainz (ÖVP): Sehr verehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Hohes Haus! Es ist interessant, dass man in der Kulturdebatte auch wieder über die Ganztagsschule diskutiert. Ich habe auch ein schönes Beispiel dafür, dass wir einerseits stolz auf das Bildungssystem in diesem Land sein können, aber zweifellos auch auf diese Museumslandschaft.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 262

Das Land Niederösterreich war auch im Rahmen der Konferenz der Landeskultur­referenten ein Fürsprecher für diese Immunität von Kunstwerken – deshalb, weil wir in Niederösterreich über eine hervorragende Museumslandschaft mit sehr gut besuchten Ausstellungen verfügen, und wir können zweifellos stolz darauf sein, dass auch diese Ausgliederung der Bundesmuseen und die Vollrechtsfähigkeit zweifellos eine beson­ders erfolgreiche Linie waren.

Ich glaube, wir können stolz auf die Museumslandschaft in dieser Republik sein. Die Bundesmuseen, die Länder, aber auch die Kommunen machen viel. In diesem Zusam­menhang darf ich jetzt auch alle in meine Heimatgemeinde einladen: Am kommenden Wochenende ist eine Sonderausstellung mit dem Thema Schwarzwild – das Wildschwein. Sie sind allerherzlichst eingeladen, und wir können stolz darauf sein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

23.53


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Walther. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


23.53.34

Abgeordnete Heidrun Walther (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich ganz kurz fassen und auf etwas zurückkommen, was natürlich im Kulturausschuss schon eine Rolle gespielt hat, und zwar die Vorgangsweise beim Behalten oder beziehungsweise dann Nicht-Behalten der Schiele-Bilder. Ich habe es sehr bedauert, dass man die goldene Adele nicht behalten konnte. (Bundesministerin Gehrer: Klimt-Bilder, nicht Schiele!) – Der Klimt-Bilder, ja. Ich habe sehr bedauert, dass man einen solchen Publikumsmagneten, den sie ja im Belvedere dargestellt hat, so weggehen hat lassen, wo es doch wirklich Möglichkeiten gegeben hätte, da Akzente zu setzen. (Abg. Neudeck: Wenn die BAWAG das Geld nicht in die Karibik gesteckt hätte, hätten wir sie kaufen können!)

Weiters möchte ich darauf hinweisen, dass mittels Sponsoring auch ... (Abg. Neudeck: Vielleicht kauft sie sich der Flöttl junior!) – Jetzt seien Sie bitte einmal still, ich möchte ausreden! In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf den erweiterten Antrag der Grünen und der SPÖ hinweisen, beim Kunstrückgabegesetz den Rechtsanspruch der Erben auf Entschädigung und den Anspruch auf aktive Nachforschungen zu ver­stärken, beziehungsweise dass auch für die Restitutionsdatenbank, von der auch im Kunstbericht, der leider wieder einmal enderledigt wurde, schon gesprochen wurde, ein Termin genannt wird und dass diese Datenbank möglichst bald umgesetzt wird.

Uns geht es um ein umfassendes Konzept zur Förderung und Stärkung kultureller Bildung und Partizipation, und das müsste wirklich alle Schichten betreffen, vom Schüler, der keine reichen Eltern hat, bis zum alten Menschen, sodass auch Pen­sionisten mit einer kleinen Pension hoch stehende kulturelle Veranstaltungen be­suchen können.

Es ist wichtig, dass bildungsferne Schichten daran teilnehmen und teilhaben können und dass sie wirklich einen Gusto auf Kultur bekommen. Dafür, uns wirklich neue Konzepte zu überlegen und zu schauen, wie man den Zustrom zu den Museen und den kulturellen Einrichtungen verstärken könnte, sollten uns die Zeit nicht zu kurz und die Anstrengungen nicht zu hoch sein. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 263

23.56


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Pack 1 Minute. – Bitte.

 


23.56.46

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Geschätzte Damen und Herren! Mit diesem Antrag können wir das Kulturniveau und die Sonderausstellungen der Länder sichern – ein internationaler Standard, der nun auch in unseren österreichischen Bundesländern möglich ist. Österreich ist ein sehr guter Kulturstandort, und zwar nicht nur in den Zentren, sondern vor allem auch in den Regionen und in den Ländern, und das ist sehr wichtig.

Sollten wirklich einmal die Besucherzahlen in unseren Museen rückläufig sein, dann ist daran sicher teilweise die Opposition schuld, die durch ihr ständiges Schlechtreden dem Museumsstandort und den Museen selbst immer wieder die Qualität abspricht, was einfach nicht der Wahrheit entspricht.

Wenn man den Antrag des Herrn Zinggl anschaut und seine Rechnung betrachtet, dann könnte man ja auch sagen, jeder Steuerzahler müsse nun 200 € bezahlen, damit Touristen gratis in österreichische Museen gehen können, und das kann es auch nicht sein! (Beifall bei der ÖVP.)

23.57


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schultes. 1 Minute Redezeit. – Bitte.

 


23.58.05

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Die sachliche Immunität von Leihgaben haben wir diskutiert und werden wir einführen. Es war ein dringender Wunsch auch von Niederösterreich, das auch schon die landesgesetzlichen Voraussetzungen vorbereitet hat, um das auch wirklich rasch umsetzen zu können.

Es ist uns ein Anliegen, weil das unsere hochwertigen Sammlungen in Nieder­österreich – das Landesmuseum, die Landesausstellungen, die Kunsthalle, die Samm­lung Essl – natürlich im internationalen Austausch brauchen.

Zur Frage des Eintritts: Auch da kann man in Niederösterreich durchaus den aktuellen Stand anschauen. Es gibt bei uns die Niederösterreich-CARD. Das ist eine besondere Geschichte: Da zahlen Sie einmal den Gegenwert einer Stange Zigaretten – 39 € ist für jeden Menschen zumutbar, 19 € sind es für Kinder – und können damit ein ganzes Jahr lang 150 Ausflugsziele besuchen.

Sie können da zum Beispiel, wenn Ihnen danach ist, in die Renner-Villa in Gloggnitz gehen, Sie können aber auch das Figl-Museum besuchen, Sie können sich, wenn Sie möchten, die Kunsthalle anschauen, Sie können in die Sammlung Essl gehen, ins Landesmuseum, Sie können das niederösterreichische Museum für Volkskultur in Großschweinbarth besuchen, dort können Sie die wunderschöne Ausstellung 100 Jahre Bauernbund sehen.

Sie können, wenn Sie wollen, auch Schloss Hof besichtigen – auch großartig, mit viel Bundesgeld gemacht. Sie können ins Nonseum nach Herrnbaumgarten gehen, da können Sie viel für die Oppositionsarbeit lernen. Sie können mit der Seilbahn oder mit dem Schiff fahren, ja Sie können sogar ins Bad gehen und trainieren, wie das so ist, wenn einem das Wasser bis zum Hals steht. – Gute Nacht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

23.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 264

0.00.01

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Frau Mag. Grossmann hat mir eigentlich den Bericht im „profil“ über die SPÖ-Kulturpolitik bestätigt.

Er ist nachzulesen, und ich zitiere:

„Nach Jahren der Entfremdung besinnt sich die SPÖ einer alten Qualität und wirbt um die Gunst der Kulturschaffenden. Doch statt Sympathie zu ernten, schlägt ihr Zorn entgegen.“ – Zitatende.

Wenn zum Beispiel André Heller – ja nicht gerade ein bürgerlicher Künstler – sagt, die SPÖ hat auf Kultur keine Rücksicht mehr genommen, oder Robert Schindler als Schriftsteller sagt, es gab offenbar kein Interesse und es ist nicht so gut, wenn man damit erst im Wahljahr beginnt, dann zeigt das eigentlich, welche Kulturpolitik die SPÖ momentan verfolgt. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum generellen Gratis-Eintritt ist zu sagen: Es ist eher ein linker Ansatz. Er würde auch die Handlungsfähigkeit der Museen einschränken. Wenn ich mir anschaue, dass 83 Prozent der Touristen wegen des kulturellen Angebotes nach Österreich kommen und 1,7 Milliarden € umgesetzt werden, dann wäre es sicher kulturpolitisch der falsche Ansatz, auch für all diese Personengruppen den Eintritt gratis zu machen.

Die Erhöhung der Besucherzahlen um 50 Prozent von 2,3 Millionen Besuchern auf 3,5 Millionen Besucher ist ein ganz tolles Ergebnis und bestätigt die Richtigkeit der Kulturpolitik, die Vollrechtsfähigkeit der Museen. Es hat sich das Budget in den letzten zehn Jahren verdoppelt, und die Grundsubvention beträgt derzeit 70 Millionen €.

Die Museen genießen Weltruf, und wir können sehr stolz auf diese Kulturpolitik sein. Ich glaube, es ist nicht gut, wenn diese Kulturpolitik letztendlich immer wieder kritisiert wird und nicht zur Kenntnis genommen wird, dass sie von der Bevölkerung – überhaupt von den Touristen aus der ganzen Welt! – hervorragend angenommen wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

0.01


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Rednerin ist Frau Abgeordnete Turkovic-Wendl. Auch sie spricht 2 Minuten zu uns. – Bitte.

 


0.02.04

Abgeordnete Ingrid Turkovic-Wendl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mir ja eingebildet, ich bin eine Museumsgeherin, aber was ich jetzt von Hermann Schultes gehört habe – da habe ich noch einiges einzuholen und nachzuholen!

Der internationale Kunstbetrieb lebt davon, dass verschiedenste Exponate verliehen werden. So kommt die Kunst zu den Menschen und wird damit eine Bereicherung. – Wir haben das in Österreich gerade in den letzten Jahren erlebt und sehr stark davon profitiert. Ich erinnere an die Ausstellungen: an Dürer, an Goya oder an die Rubens-Ausstellung – allesamt Publikumsmagneten. Sie wurden auch mit einem entsprechen­den Engagement der unterschiedlichsten Museen, der unterschiedlichsten Häuser ermöglicht.

Das Verleihen von Kunstgegenständen bringt aber auch rechtliche Risken mit sich, wie gerade in unserer Republik in der jüngsten Vergangenheit erfahren werden musste. Darum ist es notwendig, zur Sicherung dieses Leihbetriebes entsprechende rechtliche Schritte zu setzen. Eine sachliche Immunität für Leihgaben, die den Schutz vor Beschlagnahmung und Exekutionsmaßnahmen garantiert, ist somit der Inhalt des vorliegenden Antrags.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 265

Jetzt aber auch noch ein Wort zum freien Eintritt in die Bundesmuseen: Dafür bin ich wirklich nicht! Ich bin aber sehr dafür, dass die Gratis-Besuche für Kinder und Jugendliche ausgeweitet werden – sie sind ja die Besucher von morgen –, und ich bin auch dafür, dass es Ermäßigungen gibt: 45 Prozent der Besucher nützen ja diese Angebote. Bei völlig freiem Eintritt entziehen wir den Museen 13,5 Millionen €, und das wären – umgelegt auf die Albertina zum Beispiel – 26 Prozent des Gesamtaufwandes.

Gegenbeispiel: In den Jahren 1988 bis 1998 gab es niedrigere Eintrittspreise und teilweise freien Eintritt am Sonntag. Was hat es gebracht? – Knapp eine Million weniger Besucher als zum Beispiel im Jahr 2004!

Die Entwicklung der österreichischen Museenlandschaft ist in den letzten Jahren großartig, vorbildhaft – das Ausland beneidet uns darum. Unterstützen wir also die Museumsleiter auf ihrem Erfolgskurs und geben wir ihnen auch die entsprechenden finanziellen Mittel dazu! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

0.04


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die vorübergehende sachliche Immunität von Leih­gaben zu Ausstellungen der Bundesmuseen geändert wird, samt Titel und Eingang in 1396  der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung zustimmt, möge ein Zeichen geben. – Auch in dritter Lesung wird der Gesetzentwurf mit Mehrheit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Kulturausschusses, seinen Bericht 1397 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Bericht ist mehrheitlich ange­nommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

00.05.45 Abstimmung über Fristsetzungsanträge

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Molterer und Scheibner, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 21. April 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 2. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ÖIAG-Gesetz 2000 geändert wird, eine Frist bis 19. Mai 2006 zu setzen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 266

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Mol­terer und Scheibner, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 21. April 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 29. März 2006 betreffend das Übernahmerechts-Änderungsgesetz 2006 eine Frist bis 19. Mai 2006 zu setzen.

Wer mit dieser Fristsetzung einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.

00.06.41 Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 820/A bis 825/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 4165/J bis 4177/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Donnerstag, den 27. April, im Anschluss an die Gedenksitzung gegen Gewalt und Rassismus, welche um 9 Uhr stattfinden und vom Fernsehen live übertragen wird, ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Ich wünsche Ihnen allen eine gute Nacht!

Diese Sitzung ist geschlossen. 

00.07.01 Schluss der Sitzung: 0.07 Uhr

 

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1017 Wien