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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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74. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Freitag, 9. Juli 2010

 

 


Stenographisches Protokoll

74. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode                             Freitag, 9. Juli 2010

Dauer der Sitzung

Freitag, 9. Juli 2010: 9.05 – 20.50 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft und das Bundesluft­reinhaltegesetz geändert werden und das Bundesgesetz über ein Verbot des Verbren­nens biogener Materialien außerhalb von Anlagen aufgehoben wird

2. Punkt: Bericht über den Antrag 1011/A(E) der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kol­leginnen und Kollegen betreffend historische Fahrzeuge im IG-L

3. Punkt: Bericht über den Antrag 1120/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brun­ner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung des Immissionsschutzgesetz-Luft

4. Punkt: Bericht über den Antrag 899/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Ausnahme von historischen Fahrzeugen aus den Be­stimmungen gemäß IG-Luft

5. Punkt: Bericht über den Antrag 1163/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brun­ner, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Raus aus Öl!

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 (14. Ärztegesetz-Novelle), das Zahnärztegesetz, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das All­gemeine Sozialversicherungsgesetz (72. Novelle zum ASVG), das Gewerbliche Sozial­versicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freibe­ruflich selbständig Erwerbstätiger, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Heb­ammengesetz, das MTD-Gesetz und das MTF-SHD-Gesetz geändert werden (Bundes­gesetz zur Stärkung der ambulanten öffentlichen Gesundheitsversorgung)

7. Punkt: Bericht über den Antrag 999/A(E) der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend flexiblere Arbeitszeitmodelle für Ärzte

8. Punkt: Bericht über den Antrag 1082/A(E) der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend öffentliche Finanzierung der Lehrpraxen

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz 2001 geändert wird

10. Punkt: Bericht über den Antrag 1050/A der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Österreichische Apothekerkammer (Apothekerkammergesetz 2001) geändert wird


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 2

11. Punkt: Bundesgesetz über die Einfuhr und das Verbringen von Arzneiwaren, Blut­produkten und Produkten natürlicher Heilvorkommen (Arzneiwareneinfuhrgesetz 2010 – AWEG 2010)

12. Punkt: Bericht über den Antrag 1159/A(E) der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhau­ser, MAS, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Ermöglichung der Tätigkeit von SportwissenschafterInnen im therapeutischen Bereich

13. Punkt: Bericht über den Antrag 1117/A(E) der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verankerung der SportwissenschafterInnen im MTD-Gesetz

14. Punkt: Bericht über den Antrag 749/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines Gesundheitsförderungs- und Prä­ventionsgesetzes

15. Punkt: Bericht über den Antrag 804/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Studie zur Erhebung der Inzi­denz bei Speicheldrüsentumoren

16. Punkt: Bericht über den Antrag 1149/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kol­legin und Kollegen betreffend Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes zum Mutter-Kind-Jugend-Pass

17. Punkt: Bericht über den Antrag 1131/A(E) der Abgeordneten Dr. Andreas Karls­böck, Kolleginnen und Kollegen betreffend verpflichtende zahnärztliche Untersuchung im Rahmen des Mutter-Kind-Passes

18. Punkt: Bericht über den Antrag 520/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Etablierung von Kompetenzzentren mit assoziier­ten Versorgungsnetzwerken für seltene und chronische Erkrankungen in der Pädiatrie

19. Punkt: Bericht über den Antrag 55/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolle­gin und Kollegen betreffend nachhaltige Absicherung der Finanzierung der Flugrettung

20. Punkt: Bericht über den Antrag 998/A(E) der Abgeordneten Dr. Andreas Karls­böck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung einer Studie über den Abfluss von Sozialversicherungsgeldern ins Ausland

21. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Tierschutzgesetz geändert wird

22. Punkt: Bericht über den Antrag 713/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brun­ner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserungen in der Schweinehaltung

23. Punkt: Bericht über den Antrag 818/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brun­ner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Empfehlung des Tierschutz­rates hinsichtlich der Enthornung von Kälbern

24. Punkt: Bericht über den Antrag 761/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Herstellung der Rechtssicherheit zur Haltung von Ze­henfußkrebsen

25. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung, das Bewährungshilfegesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbli­che Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972 und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden, sowie

Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975 geändert wird


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 3

26. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Ge­werbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das No­tarversicherungsgesetz 1972, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Arbeitsverfas­sungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Angestelltenge­setz, das Gutsangestelltengesetz, das Betriebspensionsgesetz, das Schauspielerge­setz, das Väter-Karenzgesetz, das Mutterschutzgesetz, das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 1989, die Verordnung über die Einführung des Hypothekenbankengeset­zes und des Gesetzes über die Pfandbriefe und verwandten Schuldverschreibungen öffentlich rechtlicher Kreditanstalten im Lande Österreich, das Pensionskassengesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Zahlungs­dienstegesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Gehaltskassen­gesetz 2002, das Aktiengesetz, das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Außerstreitgesetz, das Bauträgervertragsgesetz, das Eigenkapitalersatz-Gesetz, das Einführungsgesetz zur Jurisdiktionsnorm, das EU-Ver­schmelzungsgesetz, die Exekutionsordnung, das Firmenbuchgesetz, das GmbH-Ge­setz, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Allgemeine Grundbuchsgesetz 1955, das Handelsvertretergesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Maklergesetz, die Notariatsord­nung, das Privatstiftungsgesetz, die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarifge­setz, das Scheckgesetz 1955, das Spaltungsgesetz, das Strafgesetzbuch, das Unter­haltsvorschussgesetz 1985, das Unternehmensgesetzbuch, das Unternehmensreorga­nisationsgesetz, das Urheberrechtsgesetz, das Vereinsgesetz 2002, das Versiche­rungsvertragsgesetz 1958, das Vollzugsgebührengesetz, das Wechselgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 2002, die Zivilprozessordnung, die Genossenschaftskon­kursverordnung, das EWIV-Ausführungsgesetz, die Gewerbeordnung 1994, das Bi­lanzbuchhaltungsgesetz, das Wirtschaftskammergesetz 1998, das Wirtschaftstreu­handberufsgesetz, das Ziviltechnikergesetz 1993 und das Rohrleitungsgesetz geändert werden (Insolvenzrechtsänderungs-Begleitgesetz – IRÄ-BG)

27. Punkt: Bericht über die Bürgerinitiative (9/BI) betreffend „Anti-Mobbing-Gesetz“

28. Punkt: Bericht über die Petition (37/PET) betreffend „Einführung eines Gerichtsta­ges in Arbeits- und Sozialrechtssachen am Bezirksgericht St. Johann im Pongau“

29. Punkt: Vereinbarung zwischen Bund und Ländern gemäß Art. 15a B-VG zur Um­setzung der Richtlinie 2006/32/EG über Endenergieeffizienz

30. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird

31. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen und das Mineralrohstoffgesetz geändert werden

32. Punkt: Bericht über den Antrag 1157/A(E) der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Franz Hörl, Mag. Roman Haider, Dr. Gabriela Moser, Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Entzerrung der europäischen Ferienordnung unter Berücksichtigung pä­dagogischer Erfordernisse

33. Punkt: Bericht über den Antrag 1151/A(E) der Abgeordneten Peter Haubner, Her­mann Krist, Herbert Kickl, Dieter Brosz, Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kol­legen betreffend die Schaffung von rechtlichen Rahmenbedingungen für die Zusam­menarbeit zwischen Schulen und dem organisierten Sport bei Bewegungsangeboten im Rahmen von Betreuungsformen in den Schulen außerhalb des Regelunterrichts

34. Punkt: Ersuchen der Staatsanwaltschaft Klagenfurt (GZ 8 St 299/09s) um Zustim­mung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Harald Jannach

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Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 4

Inhalt

Nationalrat

Beschluss auf Beendigung der ordentlichen Tagung 2009/2010 der XXIV. Ge­setzgebungsperiode des Nationalrates mit 12. Juli 2010 ..................................................................................... 253

Schlussansprache der Präsidentin Mag. Barbara Prammer ................................ 254

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 25

Ordnungsruf ................................................................................................................. 252

Geschäftsbehandlung

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des schriftlichen Aus­schussberichtes 866 d.B. gemäß § 44 (2) der Geschäftsordnung ...................................................................................... 50

Antrag der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 945/A(E) der Ab­geordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „gläserne Parteikassen“ gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 21. September 2010 zu setzen ...................................................................................... 51

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kur­zen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 51

Redner/Rednerinnen:

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 155

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 158

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................................... 159

Herbert Kickl ............................................................................................................... 159

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................... 160

Stefan Petzner ............................................................................................................ 161

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ........................................................................ 163

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 51

Antrag der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen, den Be­richt des Umweltausschusses (792 d.B.) über die Regierungsvorlage (782 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft und das Bundesluft­reinhaltegesetz geändert werden und das Bundesgesetz über ein Verbot des Verbrennens biogener Materialien außerhalb von Anlagen aufgehoben wird, an den Umweltausschuss rückzuverweisen – Ablehnung ............................................................................................................  112, 112

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung .................................. 166

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 167

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls die­ser Sitzung durch Präsidentin Mag. Barbara Prammer ........................................................................ 253

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ............................... 253

Abgeordneter Fritz Neugebauer in Erwiderung auf die von Präsidentin Mag. Bar­bara Prammer ausgesprochenen Glückwünsche ............................................................................ ... 255


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 5

Fragestunde (12.)

Verkehr, Innovation und Technologie ...................................................................... 25

Anton Heinzl (79/M); Hermann Gahr, Gerald Grosz, Dr. Harald Walser, Dr. Ger­hard Kurzmann

Dr. Ferdinand Maier (82/M); Sigisbert Dolinschek, Dr. Gabriela Moser, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Mag. Josef Auer

Harald Vilimsky (78/M); Peter Stauber, Johann Rädler, Christoph Hagen, Dr. Ga­briela Moser

Dr. Gabriela Moser (84/M); Carmen Gartelgruber, Mag. Rosa Lohfeyer, Johann Singer, Ing. Robert Lugar, Erich Tadler

Josef Bucher (81/M); Dr. Gabriela Moser, Wolfgang Zanger, Dietmar Keck, Ga­briele Tamandl

Ing. Kurt Gartlehner (80/M); Mag. Karin Hakl, Mag. Rainer Widmann, Dr. Ruperta Lichtenecker, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 25

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 49

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schubhaftzentrum Vordernberg (1234/A)(E) .............................................................................................. 140

Begründung: Dr. Gerhard Kurzmann ........................................................................ 141

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................ 146

Debatte:

Wolfgang Zanger ........................................................................................................ 147

Otto Pendl ................................................................................................................... 148

Dr. Gerhard Kurzmann (tatsächliche Berichtigung) .................................................. 150

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 150

Mag. Alev Korun ......................................................................................................... 151

Gerald Grosz ............................................................................................................... 152

Entschließungsantrag der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Schubhaftzentrum Vordernberg im Lichte der Erfahrungen aus Eberau – Ablehnung  154, 155

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 1234/A(E) ............................ 155

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (782 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft und das Bundesluftrein­haltegesetz geändert werden und das Bundesgesetz über ein Verbot des Verbren­nens biogener Materialien außerhalb von Anlagen aufgehoben wird (792 d.B.) ........................................................................................................................ 51


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 6

2. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1011/A(E) der Abge­ordneten Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend historische Fahrzeuge im IG-L (793 d.B.) ........... 52

3. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1120/A(E) der Abge­ordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellie­rung des Immissionsschutzgesetz-Luft (794 d.B.)           ............................................................................................................................... 52

4. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 899/A(E) der Abge­ordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausnahme von historischen Fahrzeugen aus den Bestimmungen gemäß IG-Luft (795 d.B.) ............................................................................................................ 52

Redner/Rednerinnen:

Mario Kunasek .............................................................................................................. 52

Ing. Hermann Schultes ................................................................................................ 54

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................... 56

Petra Bayr ..................................................................................................................... 59

Ing. Robert Lugar ......................................................................................................... 62

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ..................................................... 64

Johann Rädler .............................................................................................................. 68

Dr. Gerhard Kurzmann ................................................................................................ 69

Mag. Ruth Becher ........................................................................................................ 70

Mag. Christiane Brunner ............................................................................................. 71

Franz Hörl ...................................................................................................................... 73

Mag. Rainer Widmann ................................................................................................. 74

Mag. Josef Auer ........................................................................................................... 76

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ........................................................................................... 78

Peter Mayer ................................................................................................................... 79

Gerald Grosz ................................................................................................................. 80

Peter Stauber ................................................................................................................ 82

Gerhard Huber .............................................................................................................. 83

Konrad Steindl .............................................................................................................. 84

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 85

Walter Schopf ............................................................................................................... 86

Mag. Josef Lettenbichler ............................................................................................. 87

Johann Hell ................................................................................................................... 87

Erich Tadler ................................................................................................................... 88

Annahme des Gesetzentwurfes in 792 d.B. ................................................................ 112

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 793, 794 und 795 d.B. .......................... 113

5. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1163/A(E) der Abge­ordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Raus aus Öl! (796 d.B.) ...................... 89

Redner/Rednerinnen:

Mag. Christiane Brunner ............................................................................................. 89

Ing. Hermann Schultes ................................................................................................ 93

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................... 96

Petra Bayr ..................................................................................................................... 98

Dr. Susanne Winter .................................................................................................... 100

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................... 101

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................... 102

Peter Mayer ................................................................................................................. 105

Mag. Rosa Lohfeyer ................................................................................................... 106

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ......................................................................................... 106

Christoph Hagen ........................................................................................................ 108


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 7

Rudolf Plessl ............................................................................................................... 109

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 110

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Ausstieg aus Tiefseebohrungsprojekten – Ableh­nung .........................  91, 112

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Hermann Schultes, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „zukunftsfähiges Energiesystem“ – Annah­me (E 112) ........................  94, 112

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 796 d.B. ..................................................... 112

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (779 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 (14. Ärztegesetz-No­velle), das Zahnärztegesetz, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kur­anstalten, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (72. Novelle zum ASVG), das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsge­setz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, das Ge­sundheits- und Krankenpflegegesetz, das Hebammengesetz, das MTD-Gesetz und das MTF-SHD-Gesetz geändert werden (Bundesgesetz zur Stärkung der am­bulanten öffentlichen Gesundheitsversorgung) (853 d.B.) ............................................................................. 113

7. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 999/A(E) der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend fle­xiblere Arbeitszeitmodelle für Ärzte (854 d.B.)             ............................................................................................................................. 114

8. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1082/A(E) der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend öf­fentliche Finanzierung der Lehrpraxen (855 d.B.)      ............................................................................................................................. 114

Redner/Rednerinnen:

Dr. Andreas Karlsböck .............................................................................................. 114

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ..........................................................................  115, 133

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 119

Dr. Erwin Rasinger ............................................................................................  121, 134

Ursula Haubner .......................................................................................................... 124

Renate Csörgits .......................................................................................................... 125

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ................................................................... 127

Martina Schenk ........................................................................................................... 128

Dr. Martin Strutz ......................................................................................................... 129

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Er­win Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundesgesetz zur Stärkung der ambulanten öffentlichen Gesundheitsversorgung – Annahme (E 113) ................................................................................................  122, 166

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Er­win Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der Kosten für die Unfallversicherung von Kindern im verpflichtenden Kindergartenjahr – Annah­me (E 114) ..................................................................  123, 166

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Er­win Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung der Sachleis­tungsversorgung – Annahme (E 115)            126, 166


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 8

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kol­legen betreffend angedrohte Spitalsschließungen – Ablehnung (namentliche Ab­stimmung) ..........................  131, 166

Annahme des Gesetzentwurfes in 853 d.B. ................................................................ 165

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 854 und 855 d.B. .............................. 169

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (751 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz 2001 geändert wird (850 d.B.) ............................. 134

10. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1050/A der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Österreichische Apotheker­kammer (Apothekerkammergesetz 2001) geändert wird (851 d.B.)                  134

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ....................................................................... 135

Johann Hechtl ............................................................................................................. 135

Ursula Haubner .......................................................................................................... 136

Anna Höllerer .............................................................................................................. 136

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 137

Annahme des Gesetzentwurfes in 850 d.B. ................................................................ 138

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 851 d.B. ..................................................... 138

11. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (773 d.B.): Bundesgesetz über die Einfuhr und das Verbringen von Arzneiwaren, Blutprodukten und Produkten natürlicher Heilvorkommen (Arzneiwareneinfuhrge­setz 2010 – AWEG 2010) (852 d.B.) ....................................... 138

Redner/Rednerinnen:

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 138

Mag. Gertrude Aubauer ............................................................................................. 139

Bernhard Vock ............................................................................................................ 139

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 163

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ................................................................... 164

Kurt List ....................................................................................................................... 164

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 165

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1159/A(E) der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Ermöglichung der Tätigkeit von Sportwissenschafte­rInnen im therapeutischen Bereich (856 d.B.) ...................... 169

13. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1117/A(E) der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Veranke­rung der SportwissenschafterInnen im MTD-Gesetz (857 d.B.) ...................................................................................................................... 169

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ....................................................................... 169

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................................................... 170


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 9

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 170

Claudia Durchschlag ................................................................................................. 171

Ing. Robert Lugar ....................................................................................................... 172

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 856 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend die Ermöglichung der Tätigkeit von SportwissenschafterIn­nen im therapeutischen Bereich (E 116)               ............................................................................................................................. 172

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 857 d.B. ..................................................... 172

Gemeinsame Beratung über

14. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 749/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaf­fung eines Gesundheitsförderungs- und Präventionsgesetzes (858 d.B.) ................................................................................... 172

15. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 804/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Studie zur Erhebung der Inzidenz bei Speicheldrüsentumoren (859 d.B.)                                                                                                   172

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ....................................................................... 173

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 173

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 174

Oswald Klikovits ........................................................................................................ 175

Ursula Haubner .......................................................................................................... 176

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 858 und 859 d.B. .............................. 177

Gemeinsame Beratung über

16. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1149/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Weiterentwick­lung des Mutter-Kind-Passes zum Mutter-Kind-Jugend-Pass (860 d.B.) ............................................................................................... 177

17. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1131/A(E)
der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend verpflichtende zahnärztliche Untersuchung im Rahmen des Mutter-Kind-Passes (861 d.B.) .................................. 177

18. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 520/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Etablie­rung von Kompetenzzentren mit assoziierten Versorgungsnetzwerken für seltene und chronische Erkrankungen in der Pädiatrie (862 d.B.)                  177

Redner/Rednerinnen:

Dr. Andreas Karlsböck .............................................................................................. 177

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 178

Ursula Haubner .......................................................................................................... 178

Ridi Maria Steibl ......................................................................................................... 179

Martina Schenk ........................................................................................................... 180

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 181

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 860 und 861 d.B. .............................. 182

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 862 d.B. beigedruckten Entschlie­ßung betreffend Verbesserung der Versorgung bei seltenen Krankheiten (E 117) ............................... 182


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 10

Gemeinsame Beratung über

19. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 55/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend nachhaltige Ab­sicherung der Finanzierung der Flugrettung (863 d.B.)               ............................................................................................................................. 182

20. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 998/A(E) der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Er­stellung einer Studie über den Abfluss von Sozialversicherungsgeldern ins Aus­land (864 d.B.) .................................................... 182

Redner/Rednerinnen:

Dr. Andreas Karlsböck .............................................................................................. 182

Erwin Spindelberger .................................................................................................. 183

Kurt List ....................................................................................................................... 184

August Wöginger ....................................................................................................... 185

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 185

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 863 und 864 d.B. .............................. 186

Gemeinsame Beratung über

21. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (672 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Tierschutzgesetz geändert wird (846 d.B.)                                                                186

22. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 713/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ver­besserungen in der Schweinehaltung (847 d.B.) ...................................................................................................................... 186

23. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 818/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Um­setzung der Empfehlung des Tierschutzrates hinsichtlich der Enthornung von Käl­bern (848 d.B.) .......................... 186

24. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 761/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Herstellung der Rechtssicherheit zur Haltung von Zehenfußkrebsen (849 d.B.) ...................................................................................................................... 186

Redner/Rednerinnen:

Bernhard Vock ............................................................................................................ 187

Franz Eßl ..................................................................................................................... 188

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 188

Dietmar Keck .............................................................................................................. 190

Gerhard Huber ............................................................................................................ 191

Anna Höllerer .............................................................................................................. 191

Harald Jannach ........................................................................................................... 192

Maximilian Linder ....................................................................................................... 193

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 193

Annahme des Gesetzentwurfes in 846 d.B. ................................................................ 195

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 847, 848 und 849 d.B. .......................... 195

25. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (772 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung, das Be­währungshilfegesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beam­ten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972 und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden, sowie über die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 11

Regierungsvorlage (685 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessord­nung 1975 geändert wird (839 d.B.) ...................................................................................................................... 195

Redner/Rednerinnen:

Mag. Heribert Donnerbauer ...................................................................................... 196

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 196

Dr. Walter Rosenkranz ............................................................................................... 197

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 198

Mag. Ewald Stadler .................................................................................................... 199

Bundesministerin Mag. Claudia Bandion-Ortner .................................................. 204

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 205

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 205

Christian Lausch ........................................................................................................ 209

Mag. Bernd Schönegger ........................................................................................... 210

Gerhard Köfer ............................................................................................................. 211

Sonja Ablinger ............................................................................................................ 212

Hannes Fazekas .......................................................................................................... 212

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Mag. He­ribert Donnerbauer, Dr. Walter Rosenkranz, Mag. Albert Steinhauser, Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung des Straf­vollzugs durch elektronisch überwachten Hausarrest – Annahme (E 118)               197, 214

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend elektronischen Hausarrest für Menschen, deren Haftunfä­higkeit festgestellt wurde – Ablehnung                209, 214

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 213

26. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (771 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerb­liche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das No­tarversicherungsgesetz 1972, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Arbeitsver­fassungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Ange­stelltengesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Betriebspensionsgesetz, das Schauspielergesetz, das Väter-Karenzgesetz, das Mutterschutzgesetz, das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 1989, die Verordnung über die Einführung des Hypothekenbankengesetzes und des Gesetzes über die Pfandbriefe und ver­wandten Schuldverschreibungen öffentlich rechtlicher Kreditanstalten im Lande Österreich, das Pensionskassengesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Zahlungsdienstegesetz, das Versiche­rungsaufsichtsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteu­ergesetz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Gehaltskassengesetz 2002, das Aktiengesetz, das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Arbeits- und So­zialgerichtsgesetz, das Außerstreitgesetz, das Bauträgervertragsgesetz, das Eigenkapitalersatz-Gesetz, das Einführungsgesetz zur Jurisdiktionsnorm, das EU-Verschmelzungsgesetz, die Exekutionsordnung, das Firmenbuchgesetz, das GmbH-Gesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Allgemeine Grundbuchsge­setz 1955, das Handelsvertretergesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Maklergesetz, die Notariatsordnung, das Privatstiftungsgesetz, die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Scheckgesetz 1955, das Spaltungsgesetz, das Strafgesetzbuch, das Unterhaltsvorschussgesetz 1985, das Unternehmensge­setzbuch, das Unternehmensreorganisationsgesetz, das Urheberrechtsgesetz, das Vereinsgesetz 2002, das Versicherungsvertragsgesetz 1958, das Vollzugs­gebührengesetz, das Wechselgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 2002, die Zivilprozessordnung, die Genossenschaftskonkursverordnung, das EWIV-Aus­führungsgesetz, die Gewerbeordnung 1994, das Bilanzbuchhaltungsgesetz, das


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 12

Wirtschaftskammergesetz 1998, das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, das Zivil­technikergesetz 1993 und das Rohrleitungsgesetz geändert werden (Insolvenz­rechtsänderungs-Begleitgesetz – IRÄ-BG) (840 d.B.)        ............................................................................................................................. 214

Redner/Rednerinnen:

Mag. Ewald Stadler .................................................................................................... 215

Mag. Heribert Donnerbauer ...................................................................................... 215

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 218

Bernhard Themessl ................................................................................................... 218

Mag. Peter Michael Ikrath .......................................................................................... 219

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher .................................................................................. 220

Gerhard Köfer ............................................................................................................. 221

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 221

Gemeinsame Beratung über

27. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Bürgerinitiative (9/BI) betref­fend „Anti-Mobbing-Gesetz“ (841 d.B.) ...................................................................................................................... 222

28. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Petition (37/PET) betreffend „Einführung eines Gerichtstages in Arbeits- und Sozialrechtssachen am Bezirks­gericht St. Johann im Pongau“, überreicht vom Abgeordneten Mag. Johann Maier (842 d.B.) ............................................................... 222

Redner/Rednerinnen:

Ridi Maria Steibl ......................................................................................................... 222

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 223

Rupert Doppler ........................................................................................................... 223

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 224

Martina Schenk ........................................................................................................... 224

Anna Franz .................................................................................................................. 225

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 225

Dr. Susanne Winter .................................................................................................... 226

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 841 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Maßnahmen gegen Mobbing (E 119) ........................................................................... 227

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 842 d.B. ..................................................... 227

29. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regie­rungsvorlage (753 d.B.): Vereinbarung zwischen Bund und Ländern gemäß Art. 15a B-VG zur Umsetzung der Richtlinie 2006/32/EG über Endenergieeffi­zienz (789 d.B.) ............................................................................. 227

Redner/Rednerinnen:

Peter Haubner ............................................................................................................. 227

Wolfgang Katzian ....................................................................................................... 227

Bernhard Themessl ................................................................................................... 228

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 228

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................... 229

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................. 229

Franz Glaser ................................................................................................................ 230

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................... 231

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ........................................................................................... 231

Genehmigung der Vereinbarung .................................................................................. 231


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 13

Gemeinsame Beratung über

30. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regie­rungsvorlage (780 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 ge­ändert wird (790 d.B.) ........... 232

31. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen und das Mineralrohstoffgesetz geändert werden (791 d.B.) .......................................................................................... 232

Redner/Rednerinnen:

Ing. Heinz-Peter Hackl ................................................................................................ 232

Gabriel Obernosterer ................................................................................................. 232

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 233

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................. 234

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 235

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................... 236

Adelheid Irina Fürntrath-Moretti ............................................................................... 236

Franz Kirchgatterer .................................................................................................... 237

Jochen Pack ................................................................................................................ 237

Hannes Weninger ....................................................................................................... 237

Elisabeth Hakel ........................................................................................................... 237

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 790 und 791 d.B. ......................................... 238

32. Punkt: Bericht des Tourismusausschusses über den Antrag 1157/A(E) der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Franz Hörl, Mag. Roman Haider, Dr. Gabriela Moser, Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entzerrung der europäischen Ferienordnung unter Berücksichtigung pädagogischer Erfordernis­se (797 d.B.) ...................................................................................................................... 238

Redner/Rednerinnen:

Maximilian Linder ....................................................................................................... 238

Gabriel Obernosterer ................................................................................................. 239

Heidrun Silhavy .......................................................................................................... 239

Mag. Roman Haider ................................................................................................... 240

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 242

Christoph Hagen ........................................................................................................ 242

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................. 244

Franz Hörl .................................................................................................................... 245

Mag. Rosa Lohfeyer ................................................................................................... 245

Adelheid Irina Fürntrath-Moretti ............................................................................... 245

Elisabeth Hakel ........................................................................................................... 245

Michael Praßl .............................................................................................................. 246

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Heidrun Silha­vy, Franz Hörl, Stefan Markowitz, Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ganzjährige Nutzungsmöglichkeit des Treppelweges für Radfah­rer – Annahme (E 121) ...............................................  241, 246

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend dringende bilaterale Maßnahmen zur Verhinderung des Ver­bots der Abholung von Personen vom Flughafen Zürich-Kloten für österreichi­sche Taxi- und Transportbetriebe – Ablehnung .................  243, 246

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 797 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Entzerrung der europäischen Ferienordnung unter Berück­sichtigung pädagogischer Erfordernisse (E 120)     ............................................................................................................................. 246


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 14

33. Punkt: Bericht des Ausschusses für Sportangelegenheiten über den An­trag 1151/A(E) der Abgeordneten Peter Haubner, Hermann Krist, Herbert Kickl, Dieter Brosz, Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Schaffung von rechtlichen Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit zwischen Schulen und dem organisierten Sport bei Bewegungsangeboten im Rahmen von Betreuungsformen in den Schulen außerhalb des Regelunterrichts (801 d.B.) .................................................................. 247

Redner/Rednerinnen:

Hermann Krist ............................................................................................................ 247

Peter Haubner ............................................................................................................. 247

Ing. Christian Höbart .................................................................................................. 248

Dieter Brosz ................................................................................................................ 248

Gerhard Huber ............................................................................................................ 249

Bundesminister Mag. Norbert Darabos .................................................................. 249

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................................................... 250

Johann Höfinger ......................................................................................................... 250

Claudia Durchschlag ................................................................................................. 250

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 801 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend die Schaffung von rechtlichen Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit zwischen Schulen und dem organisierten Sport bei Bewegungs­angeboten im Rahmen von Betreuungsformen in den Schulen außerhalb des Regel­unterrichts (E 122) ....................................................................................... 251

34. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsan­waltschaft Klagenfurt (GZ 8 St 299/09s) um Zustimmung zur behördlichen Verfol­gung des Abgeordneten zum Nationalrat Harald Jannach (866 d.B.) ...................................................................................................................... 251

Redner/Rednerinnen:

Stefan Petzner ............................................................................................................ 251

Otto Pendl ................................................................................................................... 252

Mag. Harald Stefan (tatsächliche Berichtigung) ........................................................ 252

Annahme des Ausschussantrages .............................................................................. 252

Eingebracht wurden

Bürgerinitiative ............................................................................................................ 50

Bürgerinitiative betreffend „Die jährliche Valorisierung des Pflegegeldes samt Wertausgleich seit der Einführung.“ (Ordnungsnummer 23)

Bericht ........................................................................................................................... 50

III-168: Bericht betreffend Jahresvorschau 2010 auf der Grundlage des Legisla­tiv- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahrespro­gramms des Rates; BM f. Verkehr, Innovation und Technologie

Anträge der Abgeordneten

Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schubhaftzentrum Vor­dernberg (1234/A)(E)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Regierungsinserate (1235/A)(E)

Stefan Markowitz, Heidrun Silhavy, Gabriel Obernosterer, Mag. Roman Haider, Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Attraktivie­rung von (Lehr-)Berufen im Tourismus (1236/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 15

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Weiterführung der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über den Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungsangebots und über die Einführung der verpflichtenden frühen sprachlichen Förderung in institu­tionellen Kinderbetreuungseinrichtungen (1237/A)(E)

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Senkung der horrenden Ko­pierkosten von Gerichtsakten (1238/A)(E)

Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aussetzen der Wehrpflicht unter gleichzeitiger Einführung eines Freiwilligenheeres mit Berufssoldaten und einer freiwilligen Miliz (1239/A)(E)

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend verbesserten Kampf gegen Wirtschaftskriminalität (1240/A)(E)

Mag. Johann Maier, Gabriele Tamandl, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Mag. Birgit Schatz, Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Falschinforma­tionen (Hoaxes) im Internet, insbesondere zur Gesundheit und über Lebensmittelange­legenheiten (1241/A)(E)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Betrug durch Ab­buchungsermächtigungen (1242/A)(E)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufweichung des ös­terreichischen Asylrechtes durch die EU-Kommission (1243/A)(E)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend gesetzliche Verankerung des Frei­willigen Sozialdienstjahrs (1244/A)(E)

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend verbesserte Sicher­heitsbestimmungen bei der Kinderbeförderung in Omnibussen (1245/A)(E)

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer ein­heitlichen ärztlichen Begutachtung durch das Bundessozialamt für die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (1246/A)(E)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ermöglichung der eh­renamtlichen Tätigkeit von Feuerwehrärzten gemäß ihrer Dienstanweisung in vollem Umfang (1247/A)(E)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Besteue­rung von Rücklagen gemeinnütziger Wohnbaugenossenschaften, die die Grenze von 10 Prozent der Bilanzsumme überschreiten (1248/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Walter Schopf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Wechsel von Beamten/Beamtinnen des Bundes, der Länder und der Gemeinden in das ASVG-System (6070/J)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend aktuellen Eierbetrug in der Steier­mark durch eine bäuerliche Genossenschaft – Ursachen, Umfang, Konsequenzen und Lösungsvorschläge (6071/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Verschwendung von AK-Geldern am Beispiel der Kampagne „Müssen wir jede Krot schlucken? – Gerechtigkeit muss sein“ (6072/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 16

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Landeck (6073/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Kitzbühel (6074/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Kufstein (6075/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Lienz (6076/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Reutte (6077/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend die Kriminalitätsentwicklung in Innsbruck Stadt (6078/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Innsbruck Land (6079/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Imst (6080/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Schwaz (6081/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und in­ternationale Angelegenheiten betreffend UN-Vollversammlung zu den Millenniumszie­len im September in New York (6082/J)

Franz Glaser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend Klimaerwärmungsanpassung in den ärmsten Ländern der Welt (6083/J)

Franz Glaser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betref­fend Klimaerwärmungsanpassung in den ärmsten Ländern der Welt (6084/J)

Franz Glaser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Klimaerwärmungsanpassung in den ärmsten Län­dern der Welt (6085/J)

Franz Glaser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Klimaerwärmungsanpassung in den ärmsten Ländern der Welt (6086/J)

Franz Glaser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Sicherung von Eisenbahnübergängen im Burgenland (6087/J)

Franz Glaser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Klimaerwärmungsanpassung in den ärmsten Ländern der Welt (6088/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wis­senschaft und Forschung betreffend die aktuelle Situation der Studierenden (6089/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Verfahren gegen Karl-Heinz Grasser und andere Ex-Minister der ÖVP (6090/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 17

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend FSB-Resident in Wien (6091/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend FSB-Resident in Wien (6092/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Versäumnisse im Strafverfahren „Hypo Alpe Adria“, insbesondere zum Honorar für Herrn B. (6093/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Neonazis von Alpen-Donau Website und Forum (6094/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung betreffend Blitz-Bachelor für Spitzenpolizisten (6095/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend ÖBB-Spekulations-Skandal und Finanzvermitt­ler (6096/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Tiefseebohrungen der OMV (6097/J)

Hannes Weninger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend die Personalsituation in den niederösterreichischen Justizvollzugsanstalten (6098/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend noch immer offene Fragen zur IGGiÖ (6099/J)

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Funktionsausschreibungen im Strafvollzug (6100/J)

Martina Schenk, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend offene Fragen aus dem Rechnungshofausschuss (6101/J)

Peter Stauber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend soziale und arbeitsmarktpolitische Unterstützungs­maßnahmen des Bundes für das Bundesland Kärnten (6102/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend das vom BMI mitfinanzierte Projekt OSETO sowie den Projektträger „Genius“ (6103/J)

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Gewaltandrohungen gegen einen koptischen Gelehrten (6104/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend medizinische Behandlung in der Schubhaft (6105/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Schubhaftzahlen in den Jahren 2007, 2008, 2009 bis Juli 2010 (6106/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend fehlende Mittel und Zuständigkeiten bei der Umsetzung des Nationalen Ak­tionsplans für Integration (6107/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend geheime ÖVP-Pläne für ein Bundesministerium für Integration (6108/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 18

Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend AGES Studien zu Bisphenol A (BPA) in Babyschnullern und Trinkfläschchen (6109/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Rech­nungshofes betreffend Überprüfung der Staatsanwaltschaften durch den Rechnungs­hof (6110/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Erhebung steuerlicher Daten (6111/J)

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Kopierkosten bei Gericht (6112/J)

Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend Konsequenzen aus dem Forschungsbericht 2010 (6113/J)

Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Konsequenzen aus dem Forschungsbe­richt 2010 (6114/J)

Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wis­senschaft und Forschung betreffend Konsequenzen aus dem Forschungsbericht 2010 (6115/J)

Hermann Lipitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Schülerfreifahrt, Heimfahrtbeihilfe und Stand der Ver­handlungen mit den Verkehrsverbünden (6116/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Arbeitsunfälle: Tätigkeit der Arbeitsinspektorate 2009“ (6117/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Vollziehung Weingesetz – Zahlen und Fakten 2009“ (6118/J)

Ing. Norbert Kapeller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Widerruf des Zivildienstes (6119/J)

Fritz Grillitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Strategie „Europa 2020 und ländlicher Raum“ (6120/J)

Fritz Grillitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Strategie „Europa 2020 und ländlicher Raum“ (6121/J)

Fritz Grillitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Strategie „Europa 2020“, Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik (6122/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Über­stunden im Kabinett (6123/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend Überstunden im Kabinett (6124/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Überstunden im Kabinett (6125/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Überstunden im Kabinett (6126/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 19

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Überstunden im Kabinett (6127/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Überstunden im Kabinett (6128/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Überstunden im Kabinett (6129/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Überstunden im Kabinett (6130/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Überstunden im Kabinett (6131/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Überstunden im Kabinett (6132/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Überstunden im Kabinett (6133/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Überstunden im Kabinett (6134/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fa­milie und Jugend betreffend Überstunden im Kabinett (6135/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung betreffend Überstunden im Kabinett (6136/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Förderung des European Women’s Manage­ment Development International Network, Fem Tech und so weiter (6137/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Förderung des European Women’s Management Development International Network, Fem Tech und so weiter (6138/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Förderung des European Women’s Management Development International Network, Fem Tech und so weiter (6139/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Förderung des European Women’s Management Development International Network, Fem Tech und so weiter (6140/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Förderung des European Women’s Management Development In­ternational Network, Fem Tech und so weiter (6141/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Förderung des European Women’s Management Development Inter­national Network, Fem Tech und so weiter (6142/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Förderung des European Women’s Manage­ment Development International Network, Fem Tech und so weiter (6143/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 20

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Förderung des European Women’s Management Development International Network, Fem Tech und so weiter (6144/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Förderung des European Women’s Manage­ment Development International Network, Fem Tech und so weiter (6145/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung betreffend Förderung des European Women’s Manage­ment Development International Network, Fem Tech und so weiter (6146/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Lehr­lingsausbildung in den Bundesministerien (6147/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Lehrlingsausbildung in den Bundesministe­rien (6148/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Lehrlingsausbildung in den Bundesministerien (6149/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Lehrlingsausbildung in den Bundesministerien (6150/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Lehrlingsausbildung in den Bundesministerien (6151/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Lehrlingsausbildung in den Bundesministerien (6152/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Lehrlingsausbildung in den Bundesministerien (6153/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Lehrlingsausbildung in den Bundesministerien (6154/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Lehrlingsausbildung in den Bun­desministerien (6155/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Lehrlingsausbildung in den Bundesministerien (6156/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Lehrlingsausbildung in den Bundesministerien (6157/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fa­milie und Jugend betreffend Lehrlingsausbildung in den Bundesministerien (6158/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung betreffend Lehrlingsausbildung in den Bundesministerien (6159/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend Billigeier-Skandal (6160/J)

Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Flucht eines Häftlings aus der Justizanstalt Graz-Karlau 2 (6161/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 21

Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die Dauer der Sperre der Boltzmanngasse in Wien 9., Alsergrund (6162/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Sozia­les und Konsumentenschutz betreffend ungenügende Beantwortung von Fragen im Ausschuss für Arbeit und Soziales am 30.6.2010 (6163/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Eiserner Vorhang in der Wiener Staatsoper (6164/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend endgültige Einstellung der Thayatalbahn (6165/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wissen­schaft und Forschung betreffend Inseratenkampagne zu Lasten der Universitätsreform (6166/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend EU-Kommissionsurteil zu Temelίn (6167/J)

Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Polizeianhaltezentrum versus Schubhaftzentrum Vordernberg (6168/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend „Trennungsopfer – Anteil leiblicher Väter als Tä­ter bei Kindesmissbrauch“ (6169/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Trennungsopfer – Anteil leiblicher Väter als Täter bei Kindesmissbrauch“ (6170/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Planstellen bei der Polizei im Bundesland Salzburg (6171/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Verpartnerung am Standesamt (6172/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Verpartnerung am Standesamt (6173/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend EU-Kommissionsurteil zu Te­melίn (6174/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend katholischen Religionsunterricht in Österreich (6175/J)

Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend Aufarbeitung von Missständen an der österreichischen Botschaft in Budapest (6176/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Vignette – Qualität und Bestrafung trotz vorhan­dener Vignette (6177/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Kennzeich­nung der Herkunft von Lebensmitteln – Milch (6178/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 22

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für In­neres betreffend Massenschlägerei in Traun/OÖ (6179/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend die Ausstellung neuer e-cards in der Steiermark (6180/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die Überprüfung der gemeinnützigen Wohnbaugenos­senschaft „Sozialbau AG“ (6181/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die personellen Überschneidungen zwischen dem Auf­sichtsrat des GBV und den Verbandsmitgliedern (6182/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Verschwendung von AK-Geldern am Beispiel der Kampagne „Müssen wir jede Krot schlucken? – Gerechtigkeit muss sein“ (6183/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend den Nationalen Aktionsplan „Gleichstellung von Män­nern und Frauen am Arbeitsmarkt“ (6184/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wissen­schaft und Forschung betreffend Personal- und Infrastrukturentwicklung in den Rekto­raten und der Verwaltung der österreichischen Universität seit Inkrafttreten des UG 2002 (6185/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wissen­schaft und Forschung betreffend „Institut für Wissenschaft und Technologie in Maria Gugging (Institute of Science and Technology“ – IST) (6186/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Verkauf gesundheitsschädlicher Wasserspielgeräte (6187/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend
E-Government (6188/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend oststeiri­schen Eierskandal (6189/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Einsatz der Alouette als Rettungshubschrauber (6190/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend „Trennungsopfer – Anteil leiblicher Väter als Täter bei Kindesmissbrauch“ (6191/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Busverkehr auf der Gesäuse-Bahnstrecke (6192/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für In­neres betreffend Handyüberwachung von politischen Aktivisten (6193/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Ski und Snowboardunfälle 2009/2010 – Sicherheit auf Skipisten“ (6194/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend „Ski- und Snowboardunfälle 2009/2010 – Sicherheit auf Skipisten“ (6195/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 23

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Ski- und Snowboardunfälle 2009/2010 – Sicherheit auf Skipisten“ (6196/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend „Ski- und Snowboardunfälle 2009/2010 – Sicherheit auf Skipisten“ (6197/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Ski- und Snowboardunfälle 2009/2010 – Si­cherheit auf Skipisten“ (6198/J)

Dr. Ferdinand Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Verlängerung der S 45 von Handelskai bis Pra­terkai (6199/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend die Aussendung „Don’t Panik!“ der Grünalternativen Jugend Wien (6200/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Aussendung „Don’t Panik!“ der Grün­alternativen Jugend Wien (6201/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Aussendung „Don’t Panik!“ der Grünalternativen Jugend Wien (6202/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend die Aussendung „Don’t Panik!“ der Grünalternativen Jugend Wien (6203/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die Aussendung „Don’t Panik!“ der Grünalternativen Jugend Wien (6204/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend die Aussendung „Don’t Panik!“ der Grünalternativen Jugend Wien (6205/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend die Aussendung „Don’t Panik!“ der Grünalternativen Jugend Wien (6206/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Aussendung „Don’t Pa­nik!“der Grünalternativen Jugend Wien (6207/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Aussendung „Don’t Panik!“ der Grünalternativen Ju­gend Wien (6208/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Aussendung „Don’t Panik!“ der Grünalterna­tiven Jugend Wien (6209/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die Aussendung „Don’t Panik!“ der Grünalternativen Ju­gend Wien (6210/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wissen­schaft und Forschung betreffend die Aussendung „Don’t Panik!“ der Grünalternativen Jugend Wien (6211/J)

Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Ausbau der Infrastruktur in Oberösterreich (6212/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 24

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend Abtreibung (6213/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Kosten des verzögerten Baustopps bei der Verle­gung der 110-kV-Leitung zwischen Graz und Werndorf (6214/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend die kommunistischen Janitscharen des 20. Jahrhunderts in Jugoslawien des Josip Broz alias „Tito“ (6215/J)

Dr. Martin Strutz, Josef Jury, Maximilian Linder, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Umsetzungsstand der elektronischen Ge­sundheitsakte ELGA (6216/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesmi­nister für Gesundheit betreffend Rehabilitation nach Prostataoperationen (6217/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend die Förderung der thermischen Sanierung (6218/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport betreffend Geschäftsführersuche für die SIVBEG (6219/J)

Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wissen­schaft und Forschung betreffend Aufnahmestopp für Psychologie an der Universität Kla­genfurt (6220/J)

Dr. Wolfgang Schüssel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend Steinigungen im Iran (6221/J)

Dr. Wolfgang Schüssel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Steinigungen im Iran (6222/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Tamandl, Kolleginnen und Kollegen (5226/AB zu 5485/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Tanja Windbüch­ler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen (5227/AB zu 5824/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kollegin­nen und Kollegen (5228/AB zu 5323/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (5229/AB zu 5304/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (5230/AB zu 5305/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (5231/AB zu 5309/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (5232/AB zu 5320/J)


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 25

09.05.32Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neuge­bauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 74. Sitzung des Nationalrates.

Das Amtliche Protokoll der 72. Sitzung des Nationalrates vom 7. Juli 2010 ist in der Par­lamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Donabauer, Großruck, Ing. Hofer, Neu­bauer, Öllinger, Windbüchler-Souschill und Dr. Spadiut.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Michael Spindelegger wird durch die Frau Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner vertreten.

09.06.15Fragestunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Fragestunde.

Ich gebe bekannt, dass die Fragestunde in der Zeit von 9.05 Uhr bis 10.20 Uhr vom ORF live übertragen wird.

Die Fragestellungen durch die Damen und Herren Abgeordneten werden von den bei­den Redner-/Rednerinnen-Pulten im Halbrund vorgenommen, die Beantwortung durch die Frau Bundesministerin erfolgt vom Rednerpult der Abgeordneten.

Für die Anfrage- und Zusatzfragesteller steht jeweils 1 Minute Redezeit zur Verfügung. Die Zeit für die Beantwortung der Anfrage durch die Frau Bundesministerin soll 2 Minu­ten, jene für die Beantwortung der Zusatzfragen 1 Minute betragen.

Ich werde, so wie üblich, kurz vor Ablauf der Redezeit mit der Glocke darauf hinweisen.

Wir gelangen damit zu den Fragen.

Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich rufe die 1. Anfrage, 79/M, des Herrn Abge­ordneten Heinzl auf. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesmi­nisterin! Moderne Verkehrspolitik muss sich an den Bedürfnissen der Menschen, aber auch an den Bedürfnissen der Wirtschaft orientieren. Gleichzeitig muss dabei dem Schutz der Umwelt volle Aufmerksamkeit geschenkt werden. Die Verlagerung des Ver­kehrs von der Straße auf die Schiene zum Beispiel durch den Ausbau der Rollenden Landstraße ist daher, wie ich meine, unbedingt notwendig.

Betrachtet man aber die jüngsten Entwicklungen der grundsätzlichen Ausrichtung der europäischen Verkehrspolitik, zeigen sich verstärkt Tendenzen, die konkreten verkehrs­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 26

politischen Maßnahmen zur Verlagerung des Güterschwerverkehrs von der Straße auf die Schiene entgegenstehen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) In letzter Zeit kam es immer wieder zu Aussagen, zum Beispiel im Berichtsentwurf des Europäischen Parlamentes, die die Verlagerung des ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, die Frage bitte, Ihre Minute ist um! – Bitte. (Heiterkeit.)

 


Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): ... Schwerverkehrs auf die Schiene als obsolet bezeichnen.

Ich frage Sie daher, sehr geehrte Frau Bundesministerin:

79/M

„Was werden Sie dafür tun, damit vom verkehrspolitischen Grundsatz der Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene auch innerhalb der EU nicht abgegangen wird?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Danke vielmals, Herr Abgeordneter. – Die Frage der Ausrichtung der österreichischen Ver­kehrspolitik ist natürlich ein sehr komplexes Thema, und ich bin sehr froh, dass es hier im Hohen Haus Konsens darüber gibt, dass in Österreich bei der Verkehrspolitik die Zielsetzung klar ist, nämlich dass wir den Verkehr von der Straße auf ein umwelt­freundliches, ökologisches Verkehrsmittel transferieren wollen und daher den Ausbau der Eisenbahn auch in Österreich forcieren.

Diese österreichische Ausrichtung brauchen wir tatsächlich auch in der Europäischen Union, weil wir auch aufgrund der geographischen Lage Österreichs bei dieser Politik der Verlagerung – weniger LKWs auf der Straße, mehr auf der Schiene – auch in Euro­pa die entsprechenden Rahmenbedingungen brauchen. Und es stimmt: In den letzten eineinhalb Jahren hat es auf europäischer Ebene eine eher gegenteilige Entwicklung gegeben. Das war auch der Grund, warum ich unter der schwedischen Präsidentschaft als Einzige nicht mitgestimmt habe bei den Schlussbestimmungen, weil da drinnen stand, dass es einen Güterverkehr ohne Beschränkungen geben soll – das wollen wir in Österreich nicht –, und weil darin auch enthalten war, dass es keine Bevorzugung eines umweltfreundlichen öffentlichen Verkehrsträgers geben soll.

Ich ersuche auch das Hohe Haus diesbezüglich um Unterstützung auf europäischer Ebene, ich ersuche, mich bei unserer vorbildhaften Verkehrspolitik mit der Bevorzu­gung der Eisenbahn zu unterstützen. Das ist aber ein harter Weg. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Heinzl.

 


Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Frau Bundesministerin, das österreichische Par­lament hat sich vor wenigen Monaten einstimmig gegen die Einführung der sogenann­ten Gigaliner, dieser Riesen-LKWs, ausgesprochen – 60 Tonnen schwer, 40 Meter lang.

Ich möchte Sie fragen, Frau Bundesministerin: Wie ist Ihre Haltung zu diesen Monster-LKWs, auch Gigaliner genannt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Es gibt ein klares Nein dazu – aus vielen guten Gründen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Wes­tenthaler: Eine „überraschende“ Antwort!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 27

Erstens einmal würde das genau das konterkarieren, was wir diesbezüglich gesagt ha­ben, nämlich dass wir weniger LKWs auf den Straßen haben wollen, und daher wollen wir natürlich auch keine Monster-LKWs auf den Straßen.

Zweitens: Sie wissen, dass mir das Thema Sicherheit im Verkehr ganz wichtig ist, und alle Untersuchungen zeigen auch, dass natürlich, was die Verkehrssicherheit betrifft, diese Gigaliner massive negative Auswirkungen haben. Man braucht sich nur den Überholweg vorzustellen! Man braucht sich, glaube ich, gar nicht erst vorzustellen, was passiert, wenn es in einem unserer Tunnel zu einem Unfall mit einem solchen LKW kommt, der Frachtgut in einer Größenordnung von 60 Tonnen mit sich führt!

Also ein klares Nein dazu, und da haben wir in Europa ein paar Verbündete. Selbst Deutschland macht jetzt Pilotprojekte mit dem Gigaliner. Das ist nicht etwas, was man auf die leichte Schulter nehmen soll. Ich bedanke mich für den Antrag hier im Hohen Haus, mit dem das Parlament auch gesagt hat, Österreich will keine Gigaliner. Das un­terstützt mich in der Verkehrspolitik. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Gahr, bitte.

 


Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Bundesminister! Österreich braucht auch in Zukunft eine leistungsfähige und umweltfreundliche Verkehrsinfrastruktur. Es geht darum, Schiene und Straße gleichermaßen auszubauen (Abg. Dr. Moser: Eben nicht!), es geht darum, dass die ÖBB ihre Hausaufgaben wahrnehmen (Abg. Dr. Moser: Das ist ja das Problem!) und auch die ASFINAG.

Für uns ist ganz wichtig, dass gerade bei der ASFINAG unpolitisch gearbeitet wird. Hinsichtlich der Führung haben wir klar gemacht, dass eine Verfassungsrichterin als Aufsichtsratsmitglied unvereinbar ist, da der Verfassungsgerichtshof regelmäßig mit Verfahren in Straßenverkehrsangelegenheiten befasst ist.

Was werden Sie unternehmen, Frau Bundesminister, um die Unabhängigkeit der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, die durch die Bestellung eines von Ih­nen politisch abhängigen Verfassungsrichters höchst gefährdet ist, wiederherzustellen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Erstens, Herr Abgeordneter, habe ich keine Gleichrangigkeit der Verkehrsträger in meinem ver­kehrspolitischen Konzept. Das heißt, es gibt keine Gleichwertigkeit im Bereich des Straßenausbaus und der Schiene, sondern es gibt eine klare Bevorzugung der Schiene. Ich glaube, es ist bei allen Diskussionen, die wir um CO2-Reduktionen, Kli­maschutzziele, Klimawandel führen, auch ganz wichtig, dass wir in Österreich sagen: Vorrang hat der Ausbau der Schiene. Und das ist das Ziel, das ich auch in der Ver­kehrspolitik verfolge.

Zum Zweiten, Herr Abgeordneter: Ich glaube, dass es gut und höchst an der Zeit ist, dass bei einem Straßenbauunternehmen nicht nur Männer in den Kontrollorganen sit­zen, sondern dass wir auch eine Frau an die Spitze eines solchen Unternehmens, in den Aufsichtsrat, setzen. Dies auch deshalb, weil es sich um eine handelt, die in ihrer beruflichen Tätigkeit bewiesen hat, dass sie unabhängig ist. (Präsidentin Mag. Pram­mer gibt das Glockenzeichen.) Diese Frau ist eine Top-Juristin, sie ist eine Fachfrau. Es stimmt die Kritik Ihrerseits, sie ist die Kahr, aber das ist kein Kriterium für eine Auswahl. Sie ist kein Mann und sie ist nicht von der ÖVP, sie ist aber eine Top-Juris­tin und wird diese Kontrollfunktion ausgezeichnet wahrnehmen. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: ... von der SPÖ!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Grosz, bitte.

 


Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Das Koralm-Projekt – das ist unbestritten – ist ein wirtschaftliches Jahrhundertprojekt für Ös­


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terreich. 5 Milliarden € an Investition, 45 000 zusätzliche Arbeitskräfte für Südösterreich am Höhepunkt einer Wirtschaftskrise! Die Fertigstellung und Inbetriebnahme sind laut diesem Vertrag, der durch Ihre Vorgänger unterzeichnet worden ist, mit 2018 fixiert. (Abg. Dr. Moser: Der Vertrag ist nicht rechtsgültig!)

Frau Minister, Sie haben voriges Jahr 592 Millionen € aus der Finanzierung bereits he­rausgeholt, und auch beim Baubeginn für das Baulos 2 sind Sie säumig. Baubeginn wäre September 2010 gewesen, und Sie vergeben erst September 2010!

Ich frage Sie jetzt, wie Sie die Inbetriebnahme und die Fertigstellung des Koralm-Pro­jekts, vertraglich fixiert mit 2018, garantieren wollen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Nur zur Information, wer diesen Vertrag ebenfalls unterschrieben hat: Es war nicht der Bundes­kanzler mein Vorgänger, sondern es waren dies Minister Gorbach, Landeshauptmann Haider und Finanzminister Grasser. Die haben zwar einen Vertrag unterschrieben, aber keine Finanzierungsvereinbarung getroffen. Das war einer der Fehler der Vergan­genheit, die wir heute sanieren müssen, Herr Abgeordneter. (Widerspruch bei der FPÖ.)

Aber ich sage es Ihnen auch ganz offen: Ich halte ganz viel davon – und Sie wissen es –, dass wir den Südkorridor ausbauen, da an der Südstrecke genauso viele Men­schen leben wie an der Weststrecke, und dass die Bahn in diesem Bereich der Süd­strecke modernisiert wird. Das hat aber nichts isoliert mit einem Projekt, nämlich mit dem Koralmtunnel, zu tun, sondern mit der gesamten Südstrecke. Daher geht es da­rum, dass wir diese Strecke vom Semmering-Basistunnel bis zum Koralmtunnel aus­bauen, und Sie können sich darauf verlassen, das wird im Zuge des Ausbaus des Kor­ridors auch stattfinden, und nicht um die Umsetzung eines Einzelprojekts, das als Ein­zelprojekt auch nicht sinnvoll ist. (Abg. Grosz: 2018!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Walser, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Ministerin, Sie haben vorhin die Un­terstützung des Parlaments erbeten für Ihren Einsatz für die verkehrspolitischen Grundsätze, also die Verlagerung von der Straße auf die Schiene. Das können Sie von uns Grünen gerne haben. Wir haben allerdings den Eindruck, dass Sie in verschiede­ner Hinsicht vor der Frächterlobby in die Knie gegangen sind, wenn ich etwa an die Be­mautung oder die Nichtbemautung im Unterinntal denke, was nach EU-Recht ja mög­lich wäre.

Meine Frage: Welche Maßnahmen, wirksame Maßnahmen, gedenken Sie gerade im Unterinntal zu setzen, um die Bevölkerung zu entlasten? Haben Sie da daran gedacht, das Schweizer Vorbild nachzuahmen, wo etwa die doppelte Höhe der Maut eingeho­ben wird, die wir in Österreich haben?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, ich glaube, dass man schon auch sehen muss, dass die Transportwirt­schaft in Österreich von der Krise insgesamt schwer geschüttelt ist. Es ist nicht die Fra­ge, ob man vor der Frächterlobby in die Knie geht, sondern man muss das Ganze auch im Hinblick auf die wirtschaftlichen Auswirkungen betrachten. Das hält mich aber nicht davon ab, auch Kostenwahrheit herzustellen. Und daher – das zu Ihrer Information – haben wir seit 1. Jänner auch die Ökologisierung der LKW-Maut eingeführt. Also LKWs mit höherem Schadstoffausstoß, die die Umwelt stärker schädigen, haben auch eine höhere Maut zu zahlen. Ich glaube, das war ein ganz entscheidender Schritt, den wir Anfang des Jahres gesetzt haben.


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Wir haben in gewissen Bereichen eine wesentlich höhere Maut, als das zum Beispiel auch in der Schweiz der Fall ist. Sie kennen, nehme ich an, die Brennermaut: Da sind wir bei rund 1,60 € pro Kilometer, wo wir querfinanzieren für die Schiene, weil das wichtig ist. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Die Schweiz liegt da gerade bei einem Drittel.

Das heißt, all diese Maßnahmen, die dazu führen, dass wir querfinanzieren, werden von mir unterstützt. Ich bin auch für eine Bemautung im Unterinntal, das heißt, es be­trifft auch diese Strecke, und wir müssen alles tun, um Kostenwahrheit zwischen Stra­ße und Schiene herzustellen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann.

 


Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ): Frau Bundesminister! Die Errichtung des Koralmtunnels ist für uns Steirer eine ganz besonders wichtige Angelegenheit, um den Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Vor etwa 14 Tagen haben Sie hier im Hohen Haus erklärt, dass Sie das Tunnelprojekt evaluieren lassen, also noch einmal überprüfen lassen, und haben angekündigt, dass etwa Mitte Oktober Ihre Entscheidung fallen wird.

In der Zwischenzeit haben Sie gesagt: Der Tunnel ist fixiert. Was hat diesen Gesin­nungswandel bei Ihnen ausgelöst? Waren das vielleicht die steirischen Landtagswahlen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Ich lasse mich nicht von irgendwelchen Terminen beeindrucken, sondern nur von den Fakten und Taten. Es ist so, dass wir einen Konsolidierungsbedarf haben, und daher hat sich die Bundesregierung auch entschlossen, im Budget auch einen Konsolidierungsbeitrag zu leisten. Das betrifft auch die Investitionen in die Infrastruktur.

Daher habe ich immer klar gesagt: Es gibt bei allen Projekten, und das betrifft auch den Koralmtunnel, aber es sind 250 Projekte in ganz Österreich, keinen Baustopp, es wird weiter gearbeitet, es wird kein Bagger, kein Arbeiter abgezogen. Es wird weiter gearbeitet und in die Schiene investiert. Und dort, wo es auch schon Vergabeverfahren gibt, gibt es auch einen Anspruch darauf, dass es umgesetzt wird. Das hat das Bau­los 2 beim Koralmtunnel betroffen. Aber wir müssen schauen, dass wir bei allen Pro­jekten kosteneffizient arbeiten, noch einmal jeden Euro umdrehen, um diese Investi­tionen effizienter zu tätigen. Wir müssen schauen, wo wir Einsparungspotenziale nüt­zen können, aber – und das ist mir wichtig – wir investieren auch heute, trotz Konsoli­dierung, doppelt so viel in die Schiene, als das noch in den Jahren 2000 bis 2006 der Fall war. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 82/M des Herrn Abgeordneten Dr. Maier. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Frau Bundesminister! Bei den Österrei­chischen Bundesbahnen droht ein finanzielle Desaster, obwohl die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler jährlich 6,5 Milliarden € dafür zahlen. 6,5 Milliarden € heißt umgerech­net, dass jede Steuerzahlerin/jeder Steuerzahler 2 500 € im Jahr aufbringen muss, ohne nur einen Meter mit der Bahn gefahren zu sein.

6,5 Milliarden € macht das Budget aus, das wir für die Bildung ausgeben, und 6,5 Mil­liarden € beträgt das Budget für die Landesverteidigung beziehungsweise auch jenes für die Wissenschaft.

Dagegen stehen schlechtes Service, überfüllte und schmutzige Züge, Verspätungen. Die Pendler sind im Zugsverkehr mit größten Problemen konfrontiert. Auf der anderen


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Seite gibt es Privilegien, die wir ja alle kennen, ob das die Pensionsregelung, das Dienst­recht oder dergleichen mehr ist.

Ich frage Sie daher, sehr geehrte Frau Bundesminister:

82/M

„Was unternehmen Sie im Wege der von Ihnen bestellten Aufsichtsräte, um zu ver­hindern, dass die ÖBB bzw. Teile dieser insolvent werden, wodurch in der Folge die Steuerzahlerin und der Steuerzahler dafür aufkommen müssen, obwohl der Bund heu­te schon, im Jahr 2010, inklusive Haftung und Pensionen 6.535,66 Millionen € zur Bahn beitragen muss?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, es ist so, dass wir sehr viel in die Infrastruktur und in den öffentlichen Ver­kehr investieren, und ich glaube, dass das auch richtig ist.

Nur ganz kurz zu den 6,5 Milliarden €, von denen Sie gesprochen haben, und ich neh­me an, dass Sie das Verkehrsbudget kennen: Wahr ist, dass ich im gesamten Ver­kehrsbudget 2,3 Milliarden € zur Verfügung habe. Das heißt, die Zahlen, mit denen Sie hier operieren, entsprechen nicht den Tatsachen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich nenne Ihnen gerne die richtigen Zahlen:

Wir investieren eine Milliarde € in die Infrastruktur, vor allem was Erhalt und Wartung der Infrastruktur betrifft.

Dazu kommt die Tilgung der Altschulden. Diese sind entstanden, als die ÖBB im Jahr 2003 ausgegliedert wurde – im Unterschied zur Deutschen Bahn, die entschuldet wurde.

Weiters investieren wir 500 Millionen €, eine halbe Milliarde €, in den Güterverkehr, wo wir vor allem darauf schauen, dass wir gefährliche Güter nicht auf der Straße trans­portieren, sondern vermehrt auf der Schiene.

Darüber hinaus investieren wir 650 Millionen €, damit sich die Menschen das Ticket leisten können, weil wir nichts davon haben, wenn wir eine gute, moderne Bahn haben, aber die Preise so hoch sind, dass es sich die Pendlerinnen und Pendler nicht leisten können.

Alles in allem kann man also sagen: Wir investieren sehr viel in die Bahn, und ich sehe keinen Sinn darin, dass – aus welchen Überlegungen auch immer – dieses Investi­tionsvolumen bei dessen Berechnung verdoppelt oder verdreifacht wird. Denn: Würden Sie die Haftungen, nämlich die Darlehen, die das Unternehmen hat, noch einmal dazu­zählen, dann würden Sie einen Kredit zweimal zurückzahlen. Ich glaube, wenn Sie sich ein Haus bauen, würden Sie das auch nicht tun. Also bleiben wir bei den richtigen Zah­len, und das sind 2,2 Milliarden €.

In Zukunft werden wir noch weitere Einsparungen vornehmen. Und für Optimierungen bin ich eigentlich immer gewesen. Ein bisschen habe ich den Eindruck, Herr Abgeord­neter, dass Sie schon lange nicht mehr mit der Eisenbahn gefahren sind. (Bravo-Rufe und Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Maier.

 


Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Frau Bundesministerin, Sie haben heute auch davon gesprochen, wie wichtig es ist, dass wir Sie auch auf europäischer Ebene


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unterstützen. Nun waren Sie vor wenigen Tagen, am 8. Juni, beim Verkehrsminister­treffen in Saragossa und hatten dort auch eine Aussprache beziehungsweise eine Be­gegnung mit dem EU-Verkehrskommissar und mit Ihrem italienischen Amtskollegen. Diese Besprechung war für eine Stunde angesetzt, doch schon nach einer Viertel­stunde ist dieses Gespräch zu Ende gegangen. Ich glaube, dass wir, wenn wir Lobby­ing für Maßnahmen machen, die Österreich braucht, eine Stunde Gesprächszeit auch dementsprechend nutzen sollten.

Es fand im Vorfeld dazu auch eine Diskussion mit dem EU-Verkehrskommissar und den Verkehrsministern statt. Meine Frage daher an Sie:

Haben Sie an dieser Diskussion teilgenommen, wo Ihr italienischer Kollege eine Brand­rede für den Brenner-Basistunnel gehalten hat? Und mit welchen Argumenten haben Sie im Sinne der Tiroler und Tirolerinnen die Interessen für den Brenner-Basistunnel ver­treten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, ein bisschen bin ich schon überrascht darüber, wie genau Sie meinen Ter­minkalender kennen, sogar auf die Minute, da Sie hier vorgeben, zu wissen, wie viele Minuten ich welche Gespräche geführt habe.

Ich kann Ihnen versichern: Ich führe laufend mit dem EU-Verkehrskommissar Siim Kal­las Gespräche. Und ich habe auch mit dem neuen TEN-Koordinator Pat Cox laufend Gespräche. Aber wir haben nichts davon, Herr Abgeordneter, wenn mein italienischer Regierungskollege Brandreden hält, denn wir brauchen eine europäische Verkehrs­politik, die sich auch zur Verlagerung des Vekehrs von der Straße auf die Schiene be­kennt. (Bravo-Rufe und Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Ferdinand Maier: Haben Sie teilgenommen?)

Herr Abgeordneter, ich stehe zu den Infrastrukturprojekten, ob das die Südstrecke be­trifft oder ob das der Brennerkorridor ist. Ich stehe dazu! Ich sage nicht so wie Sie: Ver­schieben wir das um 40 Jahre! Ich will das rasch machen. (Neuerliche Bravo-Rufe und Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Ferdinand Maier: Haber Sie teilgenommen: ja oder nein?)

Herr Abgeordneter, wichtig ist nicht nur, dass wir Gleise modernisieren und neue bau­en, sondern wichtig ist auch, dass dann Züge darauf fahren, damit die Lkws nicht mehr auf der Straße fahren. Das ist das, was sich die Bevölkerung dort wünscht. Ich will die Bevölkerung dort entlasten (Abg. Dr. Ferdinand Maier: Haben Sie teilgenommen: ja oder nein?), indem ich dafür sorge, dass die PKWs und LKWs von der Straße weg­kommen und wir den Güterverkehr auf die Schiene verlagern. Dazu brauche ich keine Brandreden, sondern dafür bedarf es Taten. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dolinschek, bitte.

 


Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Frau Bundesminister, es ist löblich, dass wir den Transport gefährlicher Güter von der Straße auf die Schiene verlagern, aber wichtig ist auch der Personenverkehr. Da ist es in der jüngsten Vergangenheit bei den Zugsverbindungen zu starken Verspätungen gekommen, was sehr zur Verärgerung der Fahrgäste, vor allem der Pendlerinnen und Pendler, geführt hat. Daher meine Fra­ge, Frau Bundesminister:

Welche konkreten Maßnahmen beziehungsweise Anreize werden von Ihnen gesetzt, damit die Fahrgäste, insbesondere die vielen Pendlerinnen und Pendler, verbesserte An­gebote und Serviceleistungen von den Österreichischen Bundesbahnen erhalten und nicht weiter mit Zugsverspätungen rechnen müssen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 



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Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Abgeordneter, es müssen im Unternehmen ÖBB die größten Anstrengungen gesetzt werden, um diese Dienstleistung zu optimieren. Das heißt, wir müssen noch mehr als bisher darauf schauen, pünktliche, verlässliche Züge zu haben, mit denen unsere Kin­der in die Schule fahren und auch viele Menschen zu ihrem Arbeitsplatz. Unsere oberste Zielsetzung ist daher, die Qualität der Dienstleistung bei den Eisenbahnen noch mehr zu steigern. Aber ich kann nicht garantieren, dass nie wieder ein Zug Ver­spätung hat. Das würde ich nicht tun, denn dann würde ich sozusagen schwindeln, und das habe ich nicht vor.

Investitionen in die Schiene bedeuten Bauarbeiten, und um die Langsamfahrstrecken endlich zu beseitigen, muss gebaut werden. Auf der Straße macht man, wenn gebaut wird, einfach eine Umleitung, und trotzdem hat man einen Stau. Aber auf der Schiene ist das, wie Sie wissen, noch viel komplexer.

Wie gesagt, wenn wir in die Schiene investieren, haben wir auch Baustellen, aber die Abwicklung ist zu optimieren, denn die Menschen müssen sich auf die Bahn verlassen können, und das können sie auch. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Moser, bitte.

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Ministerin, Sie haben jetzt ausführlich dargelegt, dass Sie sehr viel investieren. Das ist auch gut so, denn wir haben einen Nachholbedarf. Sie selber nannten da die Langsamfahrstrecken. Trotzdem meine Frage:

Wie können Sie es akzeptieren, dass trotz dieser Investitionen – oder vielleicht gerade deshalb – das Angebot für die PendlerInnen, für die Fahrgäste im ÖBB-Fahrplan stän­dig ausgedünnt wird? Im August drohen uns wieder Streichungen, und das ist kontra­produktiv! Wir müssen heutzutage den Menschen attraktive öffentliche Verkehrsmittel, und das heißt auch mehr Zugverbindungen, anbieten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Abgeordnete, dass die Leistungen bei den ÖBB in den letzten Jahren ausgedünnt wur­den, entspricht nicht den Tatsachen. Es wurden nämlich in den letzten Jahren um 50 Prozent mehr Güter auf der Schiene befördert als in der Zeit davor. Österreich ge­hört in der Europäischen Union zu den Ländern mit dem höchsten Anteil des Güterver­kehrs auf der Schiene und dem niedrigsten auf der Straße.

Auch im Personenverkehr konnten wir in den letzten 20 Jahren eine Erhöhung errei­chen, und zwar gibt es auf der Bahn um 25 Prozent mehr Fahrgäste.

Das ist also mehr eine Frage: Wo ist das Zielnetz, welche Bahnstrecken und Bahnnet­ze sind verkehrspolitisch sinnvoll? Die Bahn ist ja ein Massentransportmittel und kein Individualfahrzeug. Das heißt, dort, wo Menschen Mobilität brauchen, müssen öffentli­che Verkehrsmittel vorhanden sein. Daher gibt es auch eine neue gesetzliche Rege­lung, was die Zielnetzdefinition betrifft.

Ich bin mit den Ländern in guten Gesprächen und meine, dass dort, wo es um die re­gionale Versorgung mit öffentlichen Verkehrsmitteln geht – da ist auch der Fremden­verkehr zu nennen –, auch die Länder die Aufgabe haben, in den öffentlichen Verkehr zu investieren. Da tragen auch die Länder mit Verantwortung. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek, bitte.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Frau Bundesministerin! Es ist nicht so wie Kollege Maier behauptet hat, dass die absolute Höhe der Schulden das Pro­


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blem bei den ÖBB ist, sondern das Problem ist, dass, wie richtig bemerkt wurde, nach Abzug der Infrastruktur- und Investitionskosten aus dem operativen Bereich trotz der Zuschüsse des Staates für gemeinwirtschaftliche Leistungen noch immer Schulden im operativen Bereich gemacht werden. Und da ist das Problem, dass der Aufsichtsrat bei Aktionen, die man früher unter Schwarz-Blau oder in der schwarz-orangen Koalition „Umfärbelungsaktionen“ genannt hat, Entscheidungen getroffen hat, die den Steuer­zahler extrem viel Geld kosteten, zum Beispiel der neu geschaffene Posten für Herrn Philipp Ita aus dem Kabinett Strasser.

Meine Frage daher: Weshalb stimmt der Aufsichtsrat noch immer solchen unverständ­lichen Personalentscheidungen zu? Man denke da etwa an die zwei höchstbezahlten Positionen, die zuletzt geschaffen wurden.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, die Frage der Bestellung von Personen in Funktionen für den operativen Bereich im Unternehmen der ÖBB obliegt dem Vorstand des Unternehmens.

Und was die Verantwortung des Aufsichtsrates betrifft – das sind jene Personen, die von mir als Eigentümervertreterin zu nominieren sind –, haben wir in Bezug auf die Qualifikation des Aufsichtsrates tatsächlich einen Fortschritt im Vergleich zu den von Ihnen genannten Zeiträumen erzielt.

Um Ihnen ein Beispiel zu nennen: Ich bin stolz darauf, dass es gelungen ist, in den Aufsichtsrat der ÖBB einen Mann von einer Bahn zu bekommen, die für ihn ein Vorbild ist, und zwar den Herrn Blumenthal, der zehn Jahre lang Personenverkehrsvorstand bei der Schweizer Bahn war. Er kümmert sich jetzt in einem Team im Rahmen des Auf­sichtsrates darum, dass genau das gemacht wird, was Sie wünschen und auch ich möchte, nämlich dass im operativen Bereich Optimierungen vorgenommen werden und dass dort alle Einsparungsmöglichkeiten auch wirklich genützt werden.

Ich glaube, der Aufsichtsrat ist durchaus herzeigbar, das sind ausschließlich qualifizier­te Männer und Frauen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Auer.

 


Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Minister! Man hört ja im­mer wieder, dass bei den ÖBB die Notbremse gezogen werden müsste. Aber mit Bremsen werden wir wohl nicht weiterkommen. Gott sei Dank zeigen Sie, Frau Minis­ter, Handlungswillen und Vorwärtsbewegung.

Nach dem allgemeinen Schlachtruf: Weniger Staat, mehr Privat! wurden ja die Schie­nen für die ÖBB viele Jahre lang in die völlig falsche Richtung gelegt. Auch gewaltige Spekulationen hat es da gegeben. Viele fleißige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wur­den in einer Pensionierungsreflexhandlung in die Pension geschickt und werden jetzt pauschal auch noch als Sündenböcke dafür hingestellt. Sie haben also mit den ÖBB ein wirklich schweres Erbe übernommen.

Meine Frage an Sie: Wie stellen Sie sich vor, den Ausbau der Bahninfrastruktur trotz­dem finanzieren zu können?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, ich sage es Ihnen ganz ehrlich, ich empfinde es nicht als schweres Erbe, sondern ich halte die ÖBB für ein so bedeutendes Unternehmen, das für die Menschen in diesem Land, aber auch für den Wirtschaftsstandort so wichtig ist, und freue mich, dafür Verantwortung zu tragen.


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Ich habe heute im „Format“ gelesen, welche Betriebe zu den zehn Top-Unternehmen Österreichs zählen, und darunter finden sich auch die ÖBB. Und da meine ich, dass wir bei aller Notwendigkeit von Verbesserungen dieses Unternehmen stärken sollten, an­statt es immer krankzureden. Es ist ein rot-weiß-rotes Unternehmen, auf das ich sehr stolz bin. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 78/M des Herrn Abgeordneten Vilimsky. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Frau Bundesminister! Im vergangenen Jahr gab es 87 tote und 3 464 verletzte Motorradfahrer. Jeder vierzigste Motorradunfall en­det tödlich. Auch dieses Jahr gab es wieder eine Serie von tödlichen Motorradunfäl­len – zum einen natürlich wegen überhöhter Geschwindigkeit, zum anderen aber we­gen, aus meiner Sicht, politischer Versäumnisse und Defizite.

Ich denke da etwa an ein Verbot von Bitumen oder an die konsequente Räumung von Rollsplit. Ich denke weiters an den Modellversuch „SOBOT“, wo es darum geht, mit einem Rutschvorhang die große Gefahr von Leitplanken für Motorradfahrer zu minimie­ren. In Oberösterreich läuft dazu auch ein Pilotversuch. Ich denke darüber hinaus an das Verbot von Rutschmaterialien zur Bodenmarkierung.

Meine Frage:

78/M

„Welche Maßnahmen haben Sie bislang gesetzt, damit es zu einer Erhöhung der Si­cherheit von Motorradfahrern kommt?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, in den eineinhalb Jahren, in denen ich im Verkehrsressort zuständig bin, habe ich vom ersten Tag meiner Tätigkeit an dem Thema Verkehrssicherheit einen ho­hen Stellenwert beigemessen. Wir haben nur wenige Monate nach meinem Amtsantritt ein großes Verkehrssicherheitspaket geschnürt, das rasch Wirkung zeigte, was Ver­kehrsunfälle betrifft, egal, ob mit Pkw oder mit Motorrädern. Da können wir auf positive Entwicklungen verweisen, und das trotz eines Anstiegs der Zahl der Motorradfahrer, bei denen allein in den letzten Jahren die Zunahme 15 Prozent betrug. Motorradfahren gewinnt immer mehr an Attraktivität. Aber obwohl wir mehr Motorräder im Straßenver­kehr haben, gibt es einen Rückgang vor allem bei den ganz schweren Unfällen, was an der Zahl der im Straßenverkehr getöteten Motorradfahrer ersichtlich ist.

Da ist die Entwicklung ganz klar rückläufig: Während es im Jahr 2008 noch 91 waren – und jeder ist einer zu viel, verbunden mit einem furchtbaren Schicksal –, waren es im Jahr 2009 schon weniger, nämlich 87. Aber es sind – und da bin ich ganz Ihrer Mei­nung – noch weitere Maßnahmen zu setzen, um diese Erfolge noch auszubauen.

Ich habe gemeinsam mit dem Ex-Skirennläufer Matthias Lanzinger das Projekt „Ver­kehrssicherheit auf dem Motorrad“ entwickelt. Wir bieten auch Bremstrainingsseminare an. Weiters wurde mit der „Arge 2Rad“ eine Studie erstellt: Wo können wir ansetzen, um noch mehr Verkehrssicherheit zu erreichen?

Aber viele Punkte, die Sie angeschnitten haben, fallen in den Zuständigkeitsbereich der Länder, etwa was die Fahrbahnbeläge oder die Räumung von Fahrbahnen betrifft. Da haben wir gemeinsam Anstrengungen zu unternehmen.

Aber ich bin eine Verbündete, wenn es darum geht, zusätzliche Maßnahmen zu set­zen, zum Beispiel um den Menschen ins Bewusstsein zu bringen, dass das Motorrad­


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fahren zwar ein enormes Freiheitsgefühl vermittelt, dass es aber auch Grenzen hat, nämlich dann, wenn man sich in die Gefahr begibt, sein Leben aufs Spiel zu setzen. Da müssen wir noch viel Bewusstseinsarbeit leisten. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Vi­limsky.

 


Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Frau Bundesminister, ich möchte Sie nicht so einfach aus Ihrer Verantwortung entlassen, ich wollte jetzt nämlich etwas anderes fra­gen, aber ich nutze meine Zusatzfrage dazu, meine ursprüngliche Frage zu präzisieren.

Ich nenne Ihnen die Hauptursachen für die Motorradunfälle: Bitumen, Rollsplit und Leit­planken. Meine Frage diesbezüglich: Welche konkreten Maßnahmen wollen Sie set­zen – und zwar auch mit einem Zeitbezug –, um diese evidenten Unfallursachen wirk­lich auszumerzen?

Ich bin dafür, dass man das auf parlamentarischer Ebene zu einem Thema macht, dass man dazu einen „Runden Tisch“ der Verkehrssprecher macht.

Ich orte ständig Beteuerungen; die kamen schon von Ihrem Vorgänger Faymann, nun kommen sie auch von Ihnen. Ich nehme Ihnen Ihr Bemühen ab, nur: Es mangelt an konkreten Taten, die gesetzt werden! Daher noch einmal meine Frage:

Innerhalb welchen Zeitraumes wollen Sie die Hauptunfallursachen für Motorradfahrer seitens Ihres Ressorts – aber auch in Zusammenarbeit mit den Ländern – beseitigen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich habe im April 2009, also vor etwa einem Jahr, eine Unfallursachen-Studie betreffend Motorradunfälle gemeinsam mit der „Arge 2Rad“ durchführen lassen, und dabei kam heraus, dass Hauptunfallursache falsches Bremsverhalten, falsches Reagieren ist. Darauf haben wir sofort reagiert und haben zusätzliche Bremstechnik­seminare angeboten. Mi der Aktion „Prämierung des besten Motorradfahrers“ weisen wir darauf hin, dass richtiges Bremsverhalten ganz entscheidend ist. Es zeigt sich näm­lich, dass diese Unfälle ohne Fremdverschulden passieren.

Die Beispiele, die Sie genannt haben, sind Maßnahmen, bei denen wir mit den Län­dern und Gemeinden eng zusammenarbeiten müssen. Denn: Bitumen haben wir nicht auf den Autobahnen, wo der Bund zuständig ist. Auch das Problem mit den Leitschie­nen, das ich gut kenne und wo ich froh bin, das es da schon finanzierbare Lösungen für die Gemeinden und Länder gibt, haben wir nicht auf den österreichischen Autobahnen.

Aber was die rechtlichen Voraussetzungen betrifft, um zum Beispiel bei den Leitschie­nen Vorrichtungen anzubringen, um mehr Sicherheit zu erreichen, sind die Vorkeh­rungen schon getroffen worden. Das war Teil des Verkehrssicherheitspaketes. Und jetzt müssen alle, die dafür verantwortlich sind, das auch umsetzen, damit wir mehr Si­cherheit erreichen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Stauber.

 


Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Eine der schwächsten Gruppen unter den Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilneh­mern ist sicherlich jene der Mopedfahrer und Mopedfahrerinnen. Da betrifft es zum Großteil unsere Jugendlichen.

Welche Verbesserungsmaßnahmen zum Schutz unserer Jugendlichen gab es bis jetzt und welche sind für die Zukunft geplant?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 



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Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, Sie haben ohnehin schon gesagt, dass Mopeds immer beliebter werden. Da gibt es eine massive Zunahme bei der Zahl der Anmeldungen von Mopeds.

In dieser Verkehrssicherheitsstudie ist eben herausgekommen, dass das Hauptpro­blem jene Mopedfahrer sind, die zu wenig Fahrpraxis haben. Das heißt, dass die häu­figste Unfallursache eine nicht vorhandene Fahrpraxis ist und es in den ersten sechs Monaten wirklich zu ganz extrem hohen Unfallzahlen kommt. Daher haben wir dafür gesorgt, dass nicht nur eine theoretische Ausbildung oder jene auf einem Übungsplatz erfolgt, sondern dass auch im fließenden Verkehr Einheiten stattfinden, also zwei Stun­den im fließenden Verkehr gefahren werden muss. Ich glaube, das war wichtig.

Die theoretische Ausbildung wurde auch ein wenig gekürzt, weil die jungen Leute in der Regel nicht so viel Geld haben. Also wir wollten die Ausbildung nicht nur teurer und länger machen (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), sondern wir wollten schauen, dass das finanziell leistbar bleibt, für die Jungen sicherer wird und ihnen ins Bewusstsein gerufen wird, wie man sich im fließenden Verkehr in Zukunft zu verhalten hat, damit man auch wieder gut nach Hause kommt. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Rädler.

 


Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Frau Bundesminister, im heurigen Jahr wurden bedauerlicherweise bereits 30 Fußgänger im innerörtlichen Verkehr getötet. Es hat weitere schreckliche Unfälle auf Zebrastreifen gegeben. In meiner Gemeinde habe ich als Bürgermeister aufgrund dieser Vorkommnisse einen Schülerlotsendienst zusätzlich zur Absicherung der Zebrastreifen vor den Schulen eingesetzt.

Wir haben uns in Niederösterreich auch an die Aktion „Schutzengel“ gewandt, um viel­leicht noch eine Verbesserung durch Tempolimits et cetera zusätzlich zu erreichen.

Welche Maßnahmen seitens des Bundes sind diesbezüglich geplant?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie als Bürgermeister wissen, dass wir mit der StVO oder mit legisti­schen Maßnahmen einen Rahmen in der Frage der Sicherung von Schutzwegen ge­ben können.

Es liegt in der Entscheidung der Gemeinden, wo und in welcher Ausstattung diese Schutzwege errichtet werden. Und da gibt es gesetzlich jede Möglichkeit mit zusätzli­chen Sicherungsmaßnahmen – auch was die Schutzwege betrifft. Sie haben recht, dass diese Schutzwege oft so konstruiert sind, dass sie nur vermeintlichen Schutz bie­ten. Oft glauben vor allem Kinder, die Kleinsten, am Zebrastreifen sicher zu sein.

Daher müssen alle Begleitmaßnahmen getroffen werden, um die Schutzwege tatsäch­lich sicher zu machen, ob das zusätzliche Leuchtstreifen sind oder ob das auch die Möglichkeit der Videoüberwachung von Schutzwegen ist, die wir eben gesetzlich ge­schaffen haben.

Das war in der Vergangenheit nicht möglich. Es war auch ein Teil des Verkehrssi­cherheitspakets, dass die Videoüberwachung möglich ist, um in Folge solche Delikte, wo der Vorrang des Schutzwegs missachtet wird, zu ahnden.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Hagen.

 


Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Sehr geehrte Frau Bundesminister, Sie ha­ben kürzlich von der Arge2Rad den Verkehrs-Award für Verdienste um die Sicherheit im Zweiradwesen bekommen.


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Ich bin seit über 20 Jahren selbst begeisterter Motorradfahrer und komme im In- und Ausland herum. Ich stelle fest, dass im Ausland verschiedene Verkehrssicherheits­maßnahmen, die zum Vorteil der Motorradfahrer oder der Zweiradfahrer auf besonders gefährlichen Strecken sind, sehr wohl getroffen werden. In Österreich vermisse ich diese stark. Es gibt ganz wenige Strecken, die sicherheitsmäßig entsprechend ausge­baut sind.

Jetzt meine Frage: Wie hoch waren in den letzten Jahren die Investitionen im Bereich der Sicherheit von Motorradfahrern mit welchen Auswirkungen auf die Unfallzahlen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Im Detail lasse ich Ihnen im Zusammenhang mit den Maßnahmen bei den Motorrad- und Mo­pedinvestitionen, die wir gesetzt haben, gerne Unterlagen zukommen. Aber ich kann Ihnen insgesamt sagen, dass dort, wo der Bund Straßenerhalter und Straßenbauer ist, bei der ASFINAG rund ein Drittel der Investitionen ausschließlich für Verkehrssicher­heitsmaßnahmen verwendet werden.

Das heißt Verbreiterung der Pannenstreifen, Sicherung bei den Leitschienen, das heißt, auch was die Straßenbeläge betrifft, nicht nur gegen Lärm Maßnahmen zu setzen, sondern auch Sicherheitsmaßnahmen zu treffen. Das bedeutet, dass tatsächlich ein or­dentlicher Betrag, nämlich ein Drittel aller Straßeninvestitionen, für die Verkehrssicher­heit aufgewendet wird. Es ist wahrscheinlich bei Straßenbelägen schwierig auseinan­derzurechnen, wie sich das zwischen Vierrad und Zweirad aufteilt. Aber ich werde mich gerne bemühen, Ihnen das nachzureichen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Moser.

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Ministerin! Verkehrssicherheit sollte uns doch allen ein prinzipielles Anliegen sein. Wöchentlich sterben Menschen im Um­fang einer Kleinfamilie auf der Straße, das wird einfach hingenommen.

Meine Frage: Was machen Sie jetzt konkret beim Vormerksystem, damit endlich die Hauptursache für Verkehrsunfälle, nämlich überhöhte Geschwindigkeit, bekämpft wird?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Abgeordnete! Sie wissen, dass wir jetzt nach fünf Jahren Vormerksystem auch mit wirklich breiter Einbindung von Expertinnen und Experten diese Evaluierung vorge­nommen haben. Da gibt es seitens dieser Expertenrunde eine Reihe interessanter Vor­schläge.

Ich habe diese allen Fraktionen des Hauses zukommen lassen. Und wir haben auch die Möglichkeit einer legistischen Umsetzung dafür vorgeschlagen. Um das offen zu sagen, ich halte die Idee dieser Arbeitsgruppe von Experten für gut, dass ab einer ge­wissen Tempoüberschreitung, wo man tatsächlich nicht von ein bisschen schnell fah­ren, sondern von rasen reden kann – also wenn man 40, 50 km/h über der vorge­sehenen Geschwindigkeitsbeschränkung ist –, dies auch in das Vormerksystem aufge­nommen wird.

Dafür braucht es eine gesetzliche Änderung. Daher müssen wir im Hohen Haus da­rüber diskutieren. Deshalb habe ich auch alle Parlamentsfraktionen über die Vor­schläge der Experten informiert. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur 4. Anfrage. Frau Abge­ordnete Dr. Moser, Sie sind schon wieder am Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 38

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Ministerin, Sie selber und wir alle sind ja Zeugen dieser verheerenden Katastrophe im Golf von Mexiko. Tiefseebohrun­gen führen dazu, dass ganze Landstriche ruiniert werden, dass Menschen zu tausen­den arbeitslos werden, dass wir mit unserer Abhängigkeit von Öl bei der Mobilität prak­tisch auch indirekt mit schuld an diesem verheerenden Unglück sind. Jetzt ist es unser Anliegen, glaube ich, und unser Auftrag, nicht nur in der Mobilität raus aus Öl zu kom­men, sondern entsprechende Maßnahmen zu setzen.

Meine Frage, Frau Ministerin, lautet:

84/M

„Mit welchen konkreten verkehrspolitischen Maßnahmen und Gesetzesvorschlägen werden Sie dafür sorgen, den Menschen günstige und attraktive öffentliche Verkehrs­mittel anzubieten, damit sozial und ökologisch nachhaltige sowie vom Erdöl unabhängi­ge Mobilität sichergestellt wird?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Ab­geordnete, ich bin da ganz bei Ihnen, wenn Sie sagen, dass uns diese Ölkatastrophe im Golf von Mexiko noch einmal aufgerüttelt hat, weil schon seit Jahren die Diskussion über Ressourcenverknappung und Erdölreserven geführt wird und auch darüber, wie sich das auf Wirtschaft und Mobilität auswirken wird. Aber in dieser Deutlichkeit hat diese Katastrophe noch einmal gezeigt, dass man schauen muss, was Energie betrifft, vom Erdöl unabhängiger zu werden.

Mein Bereich ist die Mobilität. Daher ist alles, was ich vorhin in dieser Fragestunde zu Investitionen in die Eisenbahn, in den öffentlichen Verkehr, in die Förderung der Ticket­preise gesagt habe, eine Mobilitätsförderung unabhängig vom Erdöl, denn die Eisen­bahn ist die größte Elektroflotte, die wir überhaupt haben, und ein öffentliches Ver­kehrsmittel. Deswegen ist sie auch, was die Ökobilanz betrifft, natürlich das Verkehrs­mittel der Zukunft.

Darüber hinaus werde ich in Zusammenarbeit mit anderen Regierungsmitgliedern die Frage der Elektromobilität noch einmal schärfen. Also wir haben unmittelbar zu Beginn der Krise schon damit begonnen, in Forschung und Entwicklung zu investieren, auch Elektromobilität zu unterstützen.

Wir haben hier eng mit dem Automobilzulieferbereich und den Firmen zusammenge­arbeitet. Es geht darum, dass wir Elektromobilität auch mit Leuchtturmprojekten tat­sächlich vom Preis, von den technischen Möglichkeiten her marktfähig machen. Da müssen wir noch in Forschung und Entwicklung investieren; gerade das hat einen Schwerpunkt. Wir haben auch einen Masterplan Elektromobilität, denn es braucht die Infrastruktur.

Das heißt, die Antwort, um von Erdöl unabhängiger zu werden, lautet: Investieren in öf­fentliche Verkehrsmittel, die umweltfreundlich sind, und in die Eisenbahn und investie­ren in Forschung und Entwicklung, um Elektromobilität auch Realität und marktfähig werden zu lassen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Moser.

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Ministerin, Sie sagen es ja selber, Elektromobilität gibt es schon in breitem Ausmaß. Das ist der öffentliche Verkehr. Da brauchen wir ein besseres Angebot. Schauen Sie sich das an: Es sind ja die Pendler­züge völlig überlastet! Es gibt zu wenig Angebot, gerade in den regionalen, in den länd­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 39

lichen Gebieten. Da müssen wir raus aus Öl, unabhängig werden von diesen Tiefsee­bohrungen, unabhängig werden von dieser Ölpest.

Da hätte ich von Ihnen gerne eine konkrete Antwort auf die Frage: Wie viel zusätzli­ches Geld werden Sie budgetär in die Hand nehmen, damit wir mehr Bestellerleistun­gen, mehr Busse, mehr Züge, bessere Fahrpläne bekommen? (Abgeordnete der Grü­nen entrollen ein Transparent, auf dem ein Stopp-Schild abgebildet und „Stoppt Tief­seebohrungen!“ zu lesen ist.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wie üblich, das gezeigte Transparent bitte zu entfernen! – Danke schön.

Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Abgeordnete, was die Frage betrifft, wie viele Züge auf den Gleisen fahren, die wir modernisieren, wie viel wir investieren, damit sich die Menschen den Ticketpreis auch leisten können, wie viel wir in den Ausbau der Schiene investieren, da kann ich Ihnen sagen, da können wir gar nicht genug Geld haben, aber auch da muss man sich nach der Decke strecken. Während wir auf der einen Seite immer darüber diskutieren, wir wollen alle Tunnel bauen, wir wollen alle Investitionen – auch ich will das –, wir wollen noch mehr Züge, wir wollen noch niedrigere Preise – auch ich will das –, gibt es auf der anderen Seite ein finanzielles Korsett, das man auch zur Kenntnis nehmen muss.

Ich würde auch die um Unterstützung bitten, die immer – zu Recht – sagen, die Leis­tungen sollen ausgebaut werden. Wenn man sagt, das muss finanziert werden, da muss das Unternehmen ÖBB am Finanzmarkt die Investitionsmittel aufnehmen, kann man nicht sagen: Investieren ja, zahlen nein. – Das funktioniert nicht. Wenn man etwas baut, muss man dafür auch zahlen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung Grüne, da das Transparent der Grünen von der ORF-Kamera groß aufge­nommen wurde –: Bravo, ORF! Pius Strobl ...! Applaus!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Gartelgruber, bitte.

 


Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Frau Minister, auch der FPÖ ist die Elek­tromobilität ein großes Anliegen. Wir haben dazu inzwischen einige Anträge hier im Hohen Haus eingebracht. Einerseits umfasst das die Nutzung von Elektrofahrzeugen auch bei großen Unternehmen. So können wir uns auch vorstellen, dass die Post mas­siv auf Elektromobilität umsteigen könnte. Und andererseits besteht die Forderung nach einer Strategiekonferenz auch mit Deutschland, sodass man auch im Hinblick auf das Normwesen einen einheitlichen Richtsatz und eine einheitliche Infrastruktur ge­meinsam mit Deutschland erarbeitet.

Meine Frage lautet: In welcher Form können Sie sich vorstellen, dass der öffentliche Verkehr in den kommenden Jahren verstärkt auf Elektromobilität umsteigen kann?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Auf der Eisenbahn haben wir zu 90 Prozent Elektromobilität. Das könnte ich mir in anderen Bereichen auch vorstellen. Beim öffentlichen Verkehr kommt auch den Gemeinden eine Vorbildfunktion zu. Ich bin davon überzeugt, dass es wichtig ist, dass wir auch Busflotten so umstellen, dass wir den geringsten Schadstoffausstoß haben. Wir haben mit vielen Gemeinden Leuchtturmprojekte, wo wir gemeinsam auch in Modellregionen den Umstieg auf Elektromobilität fördern.

Aber das ganz Entscheidende, was wir heute machen müssen, ist, noch in Forschung und Entwicklung bei der Elektromobilität zu investieren. Ich halte nämlich nichts davon,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 40

dass man zwar heute schon ein Elektroauto kaufen kann, nur kann sich das niemand leisten. Und ich bin nicht dafür, dass wir dann von der öffentlichen Hand her den Preis stützen (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), sondern ich bin dafür, dass in die Elektromobilität so investiert wird und die Produktion so erfolgt, dass sich die Menschen das Auto auch leisten können und nicht auf Subventionen angewiesen sind. Außerdem sichern wir Arbeitsplätze, wenn wir in Forschung und Entwicklung in­vestieren. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Lohfeyer, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Auch im Güterverkehr geht es ja um die Ökologisierung. Gerade die Verlagerung des Gütertransports auf die Schiene ist eine große Chance, die CO2-Emissionen massiv zu verringern.

Wie hoch ist derzeit der Anteil von Gütertransporten auf der Schiene beziehungsweise auf der Straße? Wie kann beziehungsweise soll dieses Verhältnis in den nächsten Jah­ren verändert werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Abgeordnete, ich habe heute schon einmal darauf hingewiesen, dass aufgrund der Wirtschaftskrise gerade die Transportwirtschaft – Import-Export – schwere Einbrüche zu verzeichnen hat. Sie kennen diese Zahlen. Das trifft natürlich nicht nur Transport­unternehmen mit LKWs auf der Straße, sondern auch auf der Schiene. Das heißt, wir haben insgesamt, was den Güterverkehr betrifft, einen Rückgang von LKWs auf der Straße, aber auch von Containern auf der Bahn.

Das Entscheidende ist das, was Sie auch gefragt haben, nämlich das Verhältnis, wie viel Prozent der Güterverkehr beträgt. Trotz dieser schwierigen wirtschaftlichen Situa­tion und der Dumpingpreise von Frächtern, die natürlich auch wirtschaftlich überleben müssen – ich habe auch Verständnis dafür –, trotz dieser Entwicklung ist der Anteil auf der Straße höher. Gegenteilig für die Bahn haben wir den höchsten Modal Split, näm­lich Anteil auf der Schiene, von allen EU-Mitgliedstaaten. In der EU sind im Schnitt 15 Prozent der Güter auf der Schiene, Österreich hat doppelt so viel. Wir liegen bei 30 Prozent und sind daher jenes Land mit dem höchsten Anteil an Gütertransport auf der Schiene von den EU 27. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Singer, bitte.

 


Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Frau Bundesministerin, ich möchte auf die Luft­fahrt zu sprechen kommen. Das Regierungsübereinkommen sieht auch eine Roadmap Luftfahrt vor, welche als strategisches Konzept für den optimalen Ausbau einer ent­sprechenden Infrastruktur entwickelt werden soll.

Wie steht es mit dieser Roadmap Luftfahrt auch im Lichte einer vom Erdöl unabhängi­gen Mobilität? Es hat die Lufthansa angekündigt, Serientests mit alternativen Treibstof­fen durchzuführen. Bei der Internationalen Luftfahrtmesse in Berlin wurde Biotreibstoff aus Algen präsentiert.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, ich habe in einer der letzten Sitzungen darauf hingewiesen, dass es mir bei der Roadmap Luftfahrt ganz wichtig ist, alle aus diesem Bereich – ob das die Luft­fahrtgesellschaften, der Flughafen, die Austro Control sind –, also alle Stakeholder mit einzubeziehen. Wir sind da in intensiven Gesprächen. Ich gehe davon aus, dass wir Ende des Jahres einen ersten Entwurf vorlegen werden.


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Das ganz Entscheidende in der Luftfahrt ist natürlich jetzt, dass wir aufgrund der wirt­schaftlichen Situation schauen, dass wir alle möglichen – aus Umweltgründen, wie Sie erwähnt haben, aber auch aus ökonomischen Gründen – Einsparungsmaßnahmen vornehmen und ausloten. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Daher ist zum Beispiel der Luftraum über Europa von 35 Lufträumen auf neun zu redu­zieren. Dieses Projekt wird schneller umgesetzt werden als die Solarflieger, die wir in den letzten Tagen in den Zeitungen gesehen haben, und dazu führen, dass es wirt­schaftlicher ist, weil es weniger Kerosin braucht und für die Umwelt besser ist, wenn wir diesen Single European Sky bald umsetzen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Lugar, bitte.

Ich muss Sie, Frau Bundesministerin, ebenso wie die Abgeordneten darauf aufmerk­sam machen, diese kurze Redezeit einzuhalten. Wir werden sonst heute mit der Fra­gestunde nicht fertig. – Bitte.

 


Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Vor einigen Jahrzehnten war es noch so, dass eine Bahnreise auf vielen Strecken immer günstiger war als eine Flugreise. Mittlerweile hat sich das komplett ins Gegenteil ver­kehrt. Es ist so, dass eine Flugreise oft den Bruchteil einer Bahnreise kostet. Jetzt fra­ge ich mich, was da bei den ÖBB schiefläuft, dass die Preise immer weiter steigen, während die Preise im Flugverkehr in den letzten Jahren stark gesunken sind. Jeder Betriebswirtschaftler kann Ihnen bestätigen, dass die Bahn an und für sich günstiger anbieten müsste als eine Fluglinie – von der Logik her. Offensichtlich gelingt das nur bei den ÖBB nicht.

Daher: Was läuft in diesem Bereich falsch? Wo versickert das Geld? Wo wird inef­fizient gearbeitet, dass die ÖBB überhöhte Preise verlangen müssen und deshalb eine ökologische Fehlentwicklung stattfindet, die korrigiert werden muss?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, Ihr Klubobmann hat mir zugeflüstert, dass Sie heute Geburtstag haben. Ich gratuliere Ihnen dazu recht herzlich! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und BZÖ.)

Was das Preisniveau zwischen Schiene und Luftfahrt betrifft, ist es so, dass wir natür­lich bei den Preisen auf der Schiene nicht annähernd kostendeckend sind, sondern im Schnitt nur rund 30 Prozent der Kosten über Ticketpreise getragen werden. Die an­deren 70 Prozent sind jene Maßnahmen – ob das Seniorenkarten, Vorteilskarten für Familien und für Junge sind –, wo das Ticket, vor allem auch bei Pendlerinnen und Pendlern, gefördert wird.

In der Luftfahrt haben wir eine ganz andere Entwicklung. Und Sie wissen genau, die Austrian Airlines kämpfen zum Beispiel damit, dass es auf diesem Markt natürlich auch Billigbieter gibt. Und ich glaube, dass dieser Wettkampf und diese Dumpingpreise im Bereich der Luftfahrt eine kurzweilige Erscheinung sind und sich auch – weil Sie ge­fragt haben, ob das ökonomisch ist – ökonomisch nicht rechnen. Daher, so meine ich, ist es gut, wenn es stabil gestützte Preise gibt, wie wir sie bei der Bahn haben, und die­se auch fördern, weil die Kosten von den Passagieren nicht getragen werden könnten. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Tadler.

 


Abgeordneter Erich Tadler (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Bundesministerin! Die An­zahl an anlagebedingten Langsamfahrstellen stieg im Zeitraum 2005 bis April 2009 von 204 auf 336, also um 65 Prozent, die kumulierte Gesamtlänge an Langsamfahrstellen wuchs im gleichen Zeitraum von 273 auf 395 Kilometer, also um 45 Prozent.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 42

Sie haben ja schon dazu, dass Sie diese Abwicklungen optimieren wollen, Stellung ge­nommen. Aber welche Maßnahmen werden Sie setzen, Frau Minister, um die Sub­stanz der bestehenden Schieneninfrastruktur zu verbessern?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, Sie haben recht: In den letzten Jahren ist zu wenig in die Infrastruktur in­vestiert worden, was dazu geführt hat, dass wir so einen massiven Anstieg der Zahl von Langsamfahrstrecken haben. Das muss sich natürlich ändern, daran besteht ja kein Zweifel. Wir können nicht tolle Taurus-Loks kaufen, die 200 Stundenkilometer fahren, aber auf Grund der Gleisanlage, der veralteten Infrastruktur auf 40 km/h herunterbrem­sen müssen. Aber das Problem ist, dass eigentlich schon seit vielen Jahren investiert hätte werden müssen. Somit investieren wir jetzt trotz Konsolidierung doppelt so viel in die Schiene, als das noch in den letzten Jahren der Fall war. Oberste Priorität hat da­bei die Sanierung der Langsamfahrstrecken. Diese werden sukzessive abgearbeitet mit dem Ziel, dass wir 2014 in ganz Österreich keine Langsamfahrstrecke mehr haben. (Abg. Tadler überreicht Bundesministerin Bures ein Erfrischungstuch mit der Aufschrift „ÖBB“.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 5. Anfrage, der des Herrn Klubobmannes Bucher. – Bitte.

 


Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Sehr geehrte Frau Bundesminister, Sie haben heute im Rahmen Ihrer Anfragebeantwortung mehrmals auch Expertenmeinungen zi­tiert, von denen Sie etwas halten. Eine Expertenmeinung, die wir immer wieder verneh­men, ist, dass das Pensionssystem in Österreich nicht zukunftsfit ist, unter anderem deshalb, weil es eine Reihe von Privilegien gibt, und zwar, wie wir wissen, bei der Oes­terreichischen Nationalbank, aber auch bei den ÖBB. Wir wissen seit geraumer Zeit, im Durchschnitt geht ein ÖBB-Bediensteter mit 52 Jahren in Pension. Der österreichische Steuerzahler zahlt pro Jahr 2 Milliarden € für 50 000 ÖBB-Pensionisten. Das ist schlicht nicht mehr finanzierbar und hinnehmbar.

Daher meine Frage an Sie: Wann gedenken Sie endlich etwas gegen diese Privilegien zu unternehmen und dafür zu sorgen, dass auch ÖBB-Bedienstete dem ASVG-Pen­sionsgesetz gleichgestellt werden? (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Die Frage 81/M hat folgenden Wortlaut:

„Sind Sie meiner Meinung, dass weitere Pensionsreformen im Bereich der Sozialversi­cherung unzumutbar sind, solange die Steuerzahler für die 50.000 ÖBB-Pensionisten, die durchschnittlich schon mit gut 52 Jahren in Pension gehen, rund 2 Mrd. Euro – also ,eine Steuerreform‘ – pro Jahr zahlen müssen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Klubobmann, Sie wissen, dass ich als Eigentümervertreterin der Österreichischen Bun­desbahnen – dies im Unterschied zu den letzten Jahren – eine klare Weisung an das Management gegeben habe, was das Pensionsantrittsalter betrifft. Es ist in allen Be­reichen, ob das das ASVG oder die ÖBB betrifft, notwendig, dafür zu sorgen, dass sich das tatsächliche Pensionsantrittsalter dem gesetzlichen annähert, was eine Anhebung des tatsächlichen Pensionsantrittsalters bedeutet, um so das Pensionssystem finanzie­ren zu können. Ich habe das Unternehmen angewiesen, dafür zu sorgen.

Ich mache das aber vor allem auch deshalb, um das ganz offen zu sagen, weil diese Frühpensionierungen bei den Österreichischen Bundesbahnen – das war damals unter Minister Gorbach und Staatssekretär Kukacka – bewusst erfolgt sind, um die Bahn von Personalkosten zu befreien. Sie alle kennen zig Zeitungsartikel aus diesen Jahren, aus


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denen hervorgeht, dass viele ÖBB-Beschäftigte in Pension gemobbt und geschickt wurden. Es ist nicht lustig, mit 52 und Abschlägen spazieren zu gehen.

Ich möchte, dass die ÖBB ein guter Arbeitgeber sind, wo man einen sicheren Arbeits­platz hat, gute Leistungen erbringt und auch länger Arbeit vorfindet. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Bu­cher.

 


Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Bundesministerin, Sie sind seit zwei Jahren für die Österreichischen Bundesbahnen zuständig. Wie kann es dann sein, dass trotz Weisung im letzten Jahr, also 2009, 1 000 Frühpensionierungen noch im Dezember er­folgt sind und gleichzeitig 1 000 neue Mitarbeiter bei den ÖBB eingestellt wurden? Die sind auch frühzeitig in Pension gegangen. (Abg. Ing. Westenthaler: Skandalös!)

Wann beginnen Sie endlich mit der Entpolitisierung der ÖBB? Wann hören Sie endlich damit auf, dass der ÖGB beziehungsweise die Gewerkschaft das Unternehmen führt und nicht die Spitzenmanager und der Generaldirektor? (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, wir haben uns jetzt fast eine Stunde lang großteils mit diesem wichtigen Unternehmen befasst. Und ich habe schon den Eindruck gehabt, dass die Bedeutung dieses Unternehmens für alle damit noch deutlicher geworden ist.

Was die Frage der Pensionen, Herr Abgeordneter, und den Personalstand bei den Ös­terreichischen Bundesbahnen betrifft, muss ich darauf hinweisen, dass wir in den letz­ten 20 Jahren um 50 Prozent mehr Güter und um 25 Prozent mehr Menschen im Un­ternehmen transportiert haben. Aber wir haben in den letzten 20 Jahren, vor allem in den letzten Jahren (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler) – hören Sie mir kurz zu! –, den Personalstand von 65 000 auf 42 000 abgebaut.

Das heißt, ein Mehr an Leistung mit in Wirklichkeit 23 000 Menschen weniger, was be­deutet, dass dieses Unternehmen hervorragende Leistungen erbringt. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Mo­ser.

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Ministerin, Stichwort Privilegien. Sie wissen ja selber, der Flugverkehr ist privilegiert im Vergleich zu den ÖBB: keine Kero­sinsteuer, keine Grundsteuer bei den Flughäfen, keine Mehrwertsteuer bei den Tickets. Die ÖBB müssen da überall zahlen, zusätzliche Steuerleistungen erbringen.

Zweites Privileg: der Straßenverkehr. Externe Kosten im Umfang von 10 Milliarden € pro Jahr sind im Straßenverkehr nicht durch Steuereinnahmen bedeckt.

Und jetzt zu den Privilegien der ÖBB. Meine ganz klare Frage lautet: Wie kann es ge­schehen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖBB in Pension gehen, teilweise müssen, wo wir gleichzeitig merken, dass in den Zügen immer weniger Schaffner sind und dass es auch bei den Lokführern einen Engpass gibt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Ja, das ist sozusagen der Widerspruch in der Frage, wie offensichtlich ein Teil des Hohen Hau­ses zu dem Unternehmen steht. Ich bin auch der Auffassung, dass es keine unbe­gleiteten Züge geben sollte. Ich möchte auch nicht Bahnhöfe haben, wo niemand mehr


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sitzt. Deshalb gibt es auch neue Projekte mit Bahn-Stores, die Multifunktionen über­nehmen können.

Nichtsdestotrotz ist es natürlich auch so, dass es bei den Personalkosten soweit wie möglich Einsparungen gibt, ohne dass die Leistung darunter leidet. Aber das ist das, an dem der Vorstand und das Management gemessen werden. Und die arbeiten mit Hochdruck daran, dieses Unternehmen, wie gesagt, noch effizienter aufzustellen. Da­ran haben alle ein Interesse, der Bund als Eigentümer, der Vorstand, der das Unter­nehmen wirtschaftlicher organisieren kann, und die Beschäftigten bei der Eisenbahn, denn nur ein gut aufgestelltes Unternehmen ist auch eines mit Zukunft. Und jeder möchte in einem Unternehmen arbeiten, das auch in Zukunft einen sicheren Arbeits­platz zur Verfügung stellt. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Zanger, bitte.

 


Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Guten Morgen, Frau Bundesminister! Die Kri­tik am Pensionsantrittsalter bei den ÖBB ist sicherlich gerechtfertigt und geht ja auch schon über einige Jahre. Das wissen wir. Wenn man auf der anderen Seite die Struktur bei den ÖBB betrachtet, dann sieht man, dass es eine Schicht gibt, die nicht in den Ge­nuss dieser vorzeitigen Pensionierung kommt, das sind jene, die im Schichtbetrieb ar­beiten, nämlich Fahrdienstleiter und Schaffner, und erst später in Pension gehen, als es ihnen eigentlich auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen zustehen würde. Da hat man den Eindruck, dass die Gewerkschaft ausschließlich auf die Bürohengste schaut und nicht auf jene, die tatsächlich schwer und verantwortungsvoll arbeiten. (Beifall bei der FPÖ.)

Was werden Sie tun, um es möglich zu machen, hier rechtzeitig einen adäquaten Er­satz für jene zu schaffen, die eben in diesen Bereichen arbeiten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Noch einmal, Herr Abgeordneter: Erstens einmal stimme ich Ihnen völlig zu und bin auch der Auffassung, dass es wichtig und richtig ist, dass wir das Pensionsantrittsalter bei den Österreichischen Bundesbahnen an das gesetzliche Alter heranführen und somit erhö­hen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens, Herr Abgeordneter: Die Beurteilung der Gewerkschaftsvertreter, die demo­kratisch legitimiert sind, weil sie von den Beschäftigten gewählt werden, und deren Tä­tigkeit obliegt jenen Menschen, die die Personal- und Gewerkschaftsvertreter wählen. Das ist im öffentlichen Dienst beim Kollegen Neugebauer genauso, wie das auch in der Privatwirtschaft der Fall ist.

Ich gehe davon aus, dass die Beschäftigten, die die Menschen in diese wichtige Funk­tion wählen, diesen auch vertrauen. Ansonsten würden diese auch keine Mehrheit be­kommen. Der Betriebsrat, die Personalvertretung der ÖBB ist, wie ich meine, mit sehr hohem Vertrauen ausgestattet. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Keck, bitte.

 


Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Minister! Jährlich versuchen Hunderte Men­schen, ein Lehrverhältnis bei den ÖBB zu beginnen, und tun dies auch. Gerade vorhin haben Lehrlinge der Österreichischen Bundesbahnen mit ihren Betreuern dieser Fra­gestunde gelauscht, haben aber leider schon die Galerie verlassen müssen, weil die Zeit zu Ende war. Sie haben mir eine SMS geschickt, die ich hier jetzt wörtlich wie­dergebe. Sie haben gesagt: Sag ihnen, wir sind stolz darauf, Leistungsträger in einem Unternehmen zu sein, auf das wir stolz sind, und wir liegen keinem Steuerzahler auf der Tasche. (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich richte Ihnen das aus, Frau Minister. Ich kann Ihnen auch sagen, die Lehrlinge dürfen stolz sein.

Meine Frage, Frau Minister: Seit wann sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Österreichischen Bundesbahnen nur mehr laut ASVG versichert?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Das eine ist, dass ich mich freue, dass sich junge Leute wie die Lehrlinge bei den Österreichi­schen Bundesbahnen, die in einem so wichtigen Unternehmen eine fundierte und gute Ausbildung bekommen, mit ihrem Unternehmen identifizieren, denn das ist für die Moti­vation ganz wichtig.

Es sind über 800 junge Leute, die einen Ausbildungsplatz bei den ÖBB, dem zweit­größten Ausbildner in ganz Österreich, haben. Da übernimmt das Unternehmen auch tatsächlich Verantwortung für die Jungen.

Was den Bereich des ASVG betrifft: Seit 1996, das heißt seit 14 Jahren, wird bei den ÖBB jeder nach den ASVG-Regeln, wie jeder Arbeiter und Angestellte in einem priva­ten Unternehmen auch, aufgenommen. Das heißt, auch die Pensionen werden gemäß dem ASVG ausbezahlt. Das bedeutet, heute sind vier von zehn Eisenbahnern im ASVG, sozialrechtlich, pensionsrechtlich, also mit vielen anderen Arbeitnehmern in die­sem Land gleichgestellt, und es werden natürlich von Jahr zu Jahr mehr. Das heißt, das Modell der beamteten Pension läuft aus. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Ta­mandl.

 


Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Frau Bundesministerin, laut vorliegendem Rechnungshofbericht explodieren beim Prestigeprojekt Cable-Liner des Wiener Bür­germeisters die Kosten, nicht nur die Kosten der Anschaffung des Systems von 25,4 Millionen auf 32 Millionen, sondern es ist auch eine Verdoppelung bei den laufen­den Betriebskosten zu erwarten.

Was werden Sie unternehmen? Werden Sie hier die Notbremse ziehen und dafür sor­gen, dass dieses fehlgeplante Wiener Prestigeprojekt Cable-Liner abgedreht wird, da­mit es nicht zu einem Flop kommt und das nicht dann wieder die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler letztendlich ausbaden müssen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Ab­geordnete, ich kenne den Wiener Bürgermeister sehr gut. Ich kann Ihnen sagen, der genießt so hohes Vertrauen in der Wiener Bevölkerung, dass er nicht irgendeine Seil­bahn als Prestigeprojekt braucht, sondern es geht um verkehrliche Anbindungen im Bereich des neuen Hauptbahnhofs. Und da gilt das, was für alle Infrastrukturprojekte gilt, auch für den Cable-Liner, dass das im Zuge der Evaluierung noch einmal überprüft wird.

Was die Investitionen betrifft, da haben wir nicht nur den Hauptbahnhof in Wien, son­dern wir bauen ja intensiv auch andere Bahnhöfe aus, damit sie behindertengerecht, barrierefrei sind, und nehmen dort auch eine thermische Sanierung vor. Beim Haupt­bahnhof hat das IHS klar festgestellt, dass den Investitionen in den nächsten 30 Jah­ren – so lange zahlen wir den nämlich zurück – eine Wertschöpfung von 5,7 Milliarden gegenüberstehen wird und ein Steuerrückfluss von 1,8 Milliarden. Das sind die Berech­nungen des IHS. Daher kann ich Ihnen sagen – das gilt nicht nur für den Haupt­bahnhof, sondern für alle Bahnhöfe Österreichs –, es rechnet sich auch ökonomisch, in die Infrastruktur zu investieren und diese zu attraktivieren, nicht nur weil dies heute Be­


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schäftigung schafft, sondern weil es morgen eine große Wertschöpfung und Attrakti­vierung des Wirtschaftsstandorts Österreich bedeutet. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 80/M, der des Herrn Abgeordneten Ing. Gartlehner.

Ich beabsichtige, nach der Anfrage 80/M die Fragestunde zu beenden, weil um 10.25 Uhr die Fernsehübertragung enden wird. (Abg. Ing. Westenthaler: Fernsehparlament!) – Bitte kurz fassen, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Ja, ganz kurz. – Sehr geehrte Frau Bun­desministerin, Sie sind ja nicht nur für Verkehr, sondern auch für Forschung, Techno­logie und Innovation zuständiges Regierungsmitglied, und ich möchte Sie fragen:

80/M

„Welche Maßnahmen bzw. Schwerpunkte setzen Sie im Bereich Forschung & Entwick­lung im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, Sie wissen aufgrund auch des Beschlusses hier im Hause, was den Fi­nanzrahmenplan betrifft, dass wir trotz notwendiger Einsparungen gesagt haben, bei Forschung und Entwicklung darf nicht gespart werden. Wir müssen in Forschung und Entwicklung auch investieren, weil wir im europäischen und globalen Wettbewerb als Forschungs- und Wirtschaftsstandort Österreich die Nase weiter vorn haben möchten. Daher investiert das BMVIT 400 Millionen € jährlich in Forschung und Entwicklung, und wir werden das in dieser Größenordnung auch in den nächsten Jahren halten. Wir för­dern da auch in vielen Bereichen Klein- und Mittelbetriebe, damit sich diese in schwie­rigen wirtschaftlichen Situationen nicht zurückziehen, sondern weiter auch in innovative Produkte investieren.

Wir haben vier große Bereiche mit Schwerpunktsetzungen: den Bereich Energie, Um­welt, den Bereich Verkehr, Mobilität, Informations- und Kommunikationstechnologie und Produktionsverfahren. In diesen vier Bereichen wird schwerpunktmäßig auch tat­sächlich investiert, gemeinsam mit der Wirtschaft, mit der Industrie, mit Klein- und Mit­telbetrieben, mit dem Ziel, dass jeder Fördereuro in Forschung und Entwicklung zwei Euro an zusätzlichen Investitionen seitens der Wirtschaft auslöst. Das kann ein Volu­men darstellen, das uns hilft, aus der Krise besser als andere Länder herauszukom­men. Diese klare politische Entscheidung haben wir getroffen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Gart­lehner.

 


Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Zum Thema Elektromobilität. Da gibt es ja unterschiedliche Meinungen. Es gibt Leute, die meinen, das ist ein Nischenthema. Sie setzen darauf, es ist ein Zukunftsthema, und ich würde Sie um Ihre Ausführungen dazu bitten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Elek­tromobilität wird nicht alle Probleme der Mobilität lösen, wie wir wissen. Durch in­dividuelle Elektromobilität lösen wir das Problem der Verkehrssicherheit noch nicht, noch nicht die Frage von Raumnot in Ballungszentren, Parkplätzen et cetera, aber wir können durch Elektromobilität natürlich auch einen Beitrag, was unsere CO2-Bilanz be­trifft, leisten.


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Das heißt, wir brauchen eben beides. Wir brauchen weiter in den Ballungszentren und im Zielnetz die Investitionen in den öffentlichen Verkehr. Bei Elektromobilität gehe ich davon aus, dass wir schrittweise zuerst mit Hybridmotoren und modernen Antriebs­systemen in den nächsten Jahren eine Flotte von doch 200 000 Autos, die mit Elektro­motoren betrieben sind, auf Österreichs Straßen haben werden und dann eine bessere Klimabilanz.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Hakl.

 


Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Frau Bundesminister, Sie sehen mich heute ein bisschen betroffen aufgrund Ihrer Anfragebeantwortung, weil ich schon das Gefühl ha­be, gerade im Bereich Forschung und Innovation, die ÖBB fressen unsere Zukunft auf.

Ich hoffe aber trotzdem – und da geht es um einen Bereich, wo Sie auch Geld ver­dienen können –, dass Innovatives angegangen wird. Ich rede von der sogenannten di­gitalen Dividende, Funkfrequenzen, die frei geworden sind, als die Leute mit dem Kastl auf digitales Fernsehen umgestiegen sind.

Da gibt es Vorfragen zu klären. Man muss zum Beispiel bei den Funkmikrofonen ein neues Frequenzband finden. Letztlich ist es aber für unglaublich viele Menschen wich­tig, endlich einen Breitbandzugang zu haben. Gerade am Land, wo junge Menschen jetzt mit den neuen Smartphones mit einem explodierenden Datenvolumen weder ein Festnetz-Breitband noch mobiles Breitband haben, ist es ganz wichtig, dass Sie diese Frequenzen versteigern. Werden Sie das endlich 2011, wie angekündigt, schaffen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Abgeordnete, Sie wissen, was die digitale Dividende betrifft, dass wir da klare Aussa­gen gemacht haben, auch was den Ausbau für die Mobilfunkbetreiber betrifft. (Abg. Mag. Hakl: Zeitlich!) Da sind wir in engstem Kontakt.

Da geht es darum, dass wir nicht nur bei Informations- und Kommunikationstechnolo­gie einen Fortschritt durch den Glasfaserausbau und dann mit den Frequenzen bis zur Wohnungstür erreichen, sondern da geht es auch darum, dass wir als Land einen ho­hen volkswirtschaftlichen Nutzen daraus ziehen wollen. Daher sind viele der Fragen, die Sie selbst angeschnitten haben, auch noch nicht so beantwortet, dass wir den höchsten volkswirtschaftlichen und ökonomischen Nutzen haben. (Abg. Mag. Hakl: Ar­beiten Sie daran!)

Daher wird die Versteigerung dieser Frequenzen dann erfolgen, wenn das auch sicher­gestellt ist, denn das ist wichtiger als Zeitdruck. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Wid­mann, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Sehr geehrte Frau Minister, Ihr Ministe­rium prognostiziert für 2010 eine F & E-Quote von 2,76 Prozent des BIP.

Meine Frage: Werden Sie das erreichen können? Und insbesondere: Welche Maßnah­men werden Sie setzen, um die 3-Prozent-Quote, die ja im Regierungsübereinkommen verankert ist, letztlich zu erreichen? Und wie schätzen Sie das Verhältnis zwischen öf­fentlicher Förderung und privater Förderung ein, insbesondere im Hinblick auf die Kri­se, wodurch ja die F & E-Ausgaben der Betriebe, der Unternehmen prozentuell zurück­gehen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, wie Sie richtig sagen, das Ziel einer F & E-Quote von 3 Prozent wird vor al­


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lem auch deshalb nicht zu erreichen sein – nicht, weil wir die Förderungen gekürzt ha­ben, denn wir haben in den letzten beiden Jahren mit den Konjunkturpaketen sogar noch einmal einen Impuls gegeben und höhere Förderungen sichergestellt –, weil es auch die Kombination mit Investitionen der Wirtschaft in F & E gibt. Daher werden wir – davon gehen die Prognosen jetzt einmal aus – heuer 2,76 Prozent F & E-Quote errei­chen.

Zielsetzung bleibt für mich, wie das im Regierungsübereinkommen auch vereinbart wurde, 2020 eine F & E-Quote von 4 Prozent. In dieser Hinsicht ist die Steiermark ein gutes Vorbild für uns, dort gibt es jetzt schon 4,3 Prozent F & E-Quote, das ist wirklich ein Forschungs- und Wirtschaftsstandort geworden. (Zwischenruf des Abg. Weinzin­ger.) Das würde ich mir in ganz Österreich wünschen.

Aber das Ziel ist derzeit deshalb nicht ganz erreichbar, weil die wirtschaftliche Krise auch hier ihre Spuren hinterlässt. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Lichten­ecker, bitte.

 


Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Völlig richtig: Forschung und Wissenschaft sind wichtig, damit man zu­kunftsfähige Produkte hat, damit der Standort gesichert ist, damit man marktfähig ist und natürlich auch die Arbeitsplätze sichert und Arbeitsplätze schafft. Andere Länder haben das erkannt, Unternehmen haben das erkannt. Beispielsweise Deutschland in­vestiert zusätzlich 12 Milliarden € in Forschung in den nächsten Jahren, und das zum richtigen Zeitpunkt, denn gerade in der Krise ist das wichtig.

Dagegen plant Österreich, die Ausgaben für Wissenschaft und Forschung um 1,3 Pro­zent zu kürzen.

Und da stellt sich natürlich die große Frage: Frau Ministerin, was werden Sie tun, um diese angekündigten Kürzungen in dieser schwierigen Zeit zu verhindern? Welche Maßnahmen werden Sie setzen, damit die Budgets für Wissenschaft und Forschung sogar erhöht werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Ab­geordnete, was Grundlagenforschung betrifft, ist, wie Sie wissen, Kollegin Karl zustän­dig. In meinem Bereich, dort, wo es um die wirtschaftsnahe und die angewandte For­schung geht, haben wir keine Kürzungen vorgenommen, vor allem nicht in den letzten Jahren.

Da wir vorher über Elektromobilität gesprochen haben: Dafür haben wir die Mittel um 50 Prozent erhöht. Die Förderungen für Elektromobilität wurden von 40 Millionen € auf 60 Millionen € hinaufgesetzt – das müssen uns die Deutschen einmal nachhüpfen!

Ich bin ganz Ihrer Meinung: Es ist für die Zukunft des Wirtschafts- und Forschungs­standortes entscheidend, wie viel wir da investieren. Wir müssen aber darauf achten, dass die eingesetzten finanziellen Mittel dann auch wirklich das bewirken, was wir ha­ben wollen. Und wir wollen ein Verhältnis von 1 : 2 haben, nämlich dass jeder öffent­liche Euro, der in angewandte Forschung investiert wird, 2 € an zusätzlichen Investi­tionen auslöst, denn erst in diesem Gesamtvolumen werden wir dieses Ziel einer F&E-Quote von 4 Prozent auch erreichen können.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dei­mek, bitte.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Frau Bundesminister, vor Kurzem wurde der Forschungs- und Technologiebericht präsentiert und diskutiert, und dabei ha­


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ben sich zwei Themenkreise aufgedrängt. Das eine sind die Synergien der durchaus guten Bundesförderung durch die FFG einerseits und Förderung durch Länder ande­rerseits. Diese Synergien werden eigentlich nicht wirklich genützt. Das heißt, es entste­hen auf der einen Seite manchmal Doppelgleisigkeiten, auf der anderen Seite können Projekte durch den Rost fallen.

Das Zweite, das aufgefallen ist: Im Bereich der geförderten Projekte gibt es nur erfolg­reiche Projekte. Wenn man aber weiß, wie Forschung stattfindet, dann weiß man auch, dass mindestens 50 Prozent der Projekte eigentlich gestoppt oder unterbrochen wer­den müssen.

Meine Frage an Sie: Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um einerseits diese Sy­nergien zu heben und andererseits zu schauen, was wirklich an Projekten zu stoppen oder unterbrechen wäre?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, wir haben die Ergebnisse der Evaluierung der Forschungsförderung auch schon im Parlament diskutiert. Es zeigt sich, dass wir mit diesem Mix an steuerlichen, direkten und indirekten Fördermitteln sehr gut aufgestellt sind, dass es da und dort Optimierungsbedarf gibt und dass die Ratschläge des Rechnungshofes von der For­schungsförderungsgesellschaft bereits umgesetzt wurden.

Das ganz Entscheidende bei der Forschungsförderung im angewandten Bereich, für den ich zuständig bin – in der Grundlagenforschung ist das natürlich offener –, ist die klare Zielsetzung, dass wir in ein Produkt gemeinsam investieren, nämlich die Wirt­schaft und die öffentliche Hand, damit morgen ein innovatives Produkt auf dem Markt ist.

Das heißt, es geht darum, in Entwicklung zu investieren, damit wir morgen ein Produkt haben, das auf dem Markt ist, das uns stärkt, was den Export betrifft. Im Bereich der Elektromobilität sind wir da sehr weit vorne und liegen im europäischen Spitzenfeld. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Es geht daher darum, Investitionen auch mit Schwerpunktsetzungen vorzunehmen, wenn wir davon ausgehen können, dass es sich um ein marktfähiges Produkt handelt, mit dem Firmen dann zu Recht Geld verdienen. Aber es muss ein Produkt sein, das für jeden Einzelnen einen Mehrwert bringt. Dann werden Investitionen in die Forschung vorgenommen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich beende an dieser Stelle die Fragestunde.

Ich bedanke mich bei der Frau Bundesministerin und den Fragestellerinnen und Frage­stellern.

10.26.19Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsge­genstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsord­nung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Anfragebeantwortungen: 5226/AB bis 5232/AB.

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:


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Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Bürgerinitiative Nr. 23 betreffend „Die jährliche Valorisierung des Pflegegeldes samt Wertausgleich seit der Einführung.“.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Gesundheitsausschuss:

Antrag 1228/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Nationaler Aktionsplan Bewegung;

Ausschuss für Konsumentenschutz:

Antrag 1233/A(E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Gabriele Tamandl, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Standardisierte Produktinformation (Klipp-und-Klar-Infor­mationen) für alle Versicherungskunden“;

Ausschuss für Sportangelegenheiten:

Antrag 1227/A(E) der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Nationaler Aktionsplan Bewegung;

Unterrichtsausschuss:

Antrag 1229/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Herauslösung von Bewegungserziehung und Sport aus der Schulautonomie,

Antrag 1231/A(E) der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung Stundenkontingent für Kinder mit sonderpädagogischem Förder­bedarf;

Verfassungsausschuss:

Antrag 1232/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Entfall des Pensionssicherungsbeitrages bis zur Höhe der ASVG Höchstpen­sion;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Verkehrsausschuss:

Bericht der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Jah­resvorschau 2010 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kom­mission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates (III-168 d.B.).

*****

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Um den Punkt 34 der Tagesordnung in Ver­handlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erfor­derlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des Ausschussberichtes abzuse­hen. Dabei handelt es sich um den Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersu­chen der Staatsanwaltschaft Klagenfurt um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Harald Jannach (866 der Beilagen).

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der Aufliegefrist für die­sen Ausschussbericht ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.


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Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 bis 4, 6 bis 8, 9 und 10, 12 und 13, 14 und 15, 16 bis 18, 19 und 20, 21 bis 24, 27 und 28 sowie 30 und 31der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen. – Dagegen sehe ich keinen Einwand.

Ankündigung eines Dringlichen Antrages

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Abgeordneten Dr. Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen haben vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 1234/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schubhaftzentrum Vordernberg dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird der Dringliche Antrag um 15 Uhr behandelt werden.

Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich wei­ters mit, dass Herr Abgeordneter Mag. Kogler beantragt hat, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 945/A(E) betreffend „gläserne Parteikassen“ eine Frist bis 21. September 2010 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung ge­stellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen.

Da für die heutige Sitzung die Behandlung eines Dringlichen Antrages verlangt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss an diese stattfinden.

Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird nach Schluss dieser Debatte durch­geführt.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonfe­renz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. (Unruhe im Saal.) – Meine Damen und Herren, ich mache darauf aufmerksam, dass wir mit dem Abstimmungs­procedere zu Beginn der Sitzung noch nicht fertig sind.

Es wurde eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich fol­gende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 126 Minuten, FPÖ 113 Minuten, Grüne 99 Minuten sowie BZÖ 95 Minuten.

Weiters schlage ich vor, gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit jedes Abgeordneten ohne Klubzugehörigkeit auf 10 Minuten pro Debatte zu beschränken.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die dargestellten Redezeiten.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig an­genommen.

10.30.041. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (782 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft und das Bundesluftreinhalte­


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gesetz geändert werden und das Bundesgesetz über ein Verbot des Verbrennens biogener Materialien außerhalb von Anlagen aufgehoben wird (792 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1011/A(E) der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend historische Fahrzeuge im IG-L (793 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1120/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung des Immissionsschutzgesetz-Luft (794 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 899/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausnahme von histori­schen Fahrzeugen aus den Bestimmungen gemäß IG-Luft (795 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangen wir zu den Punkten 1 bis 4 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kunasek. Ich stelle die Uhr wunschge­mäß auf 5 Minuten. – Bitte.

 


10.31.21

Abgeordneter Mario Kunasek (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Ich darf vorwegnehmen, dass wir dieser Vorlage nicht zustimmen werden; ich werde das auch entsprechend begründen.

Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen, selten zuvor haben wir ein Gesetz erle­ben müssen, das so viele negative Stellungnahmen erfahren hat wie diese Änderung des Immissionsschutzgesetzes-Luft, die über weite Strecken unsozial, unausgewogen und in Wirklichkeit ein Anschlag auf die Wirtschaft und auf die sozial Schwächeren un­seres Landes ist. (Abg. Zanger: Ein schwarzer Minister einen Anschlag auf die Wirt­schaft!)

Ich möchte nur einen kurzen Auszug aus den interessanten Stellungnahmen wiederge­ben. (Abg. Kopf: Dann hast du das Gesetz nicht gelesen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Toni Heinzl, der jetzt leider nicht im Saal ist, der 20 Jahre lang Obmann des ARBÖ in seiner Heimatgemeinde war, spricht von einem Schnellschuss sowie von einer nicht durchdachten Novelle und sammelt in der Steiermark Unterschriften gegen diese Maßnahme.

Der ÖAMTC sagt kurz und knapp: Den Maßnahmen fehlt der Sinn. Es trifft die Fal­schen.

Ich möchte Ihnen auch eine Aussage unseres Kollegen Matznetter in einer Stellung­nahme des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes bringen. Er schreibt – ich zi­tiere –:


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Aus Sicht des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes Österreich ist dieses Vor­haben auf das Schärfste abzulehnen, weil damit verbundene Belastungen insbeson­dere die sozial Schwachen in der Bevölkerung und die kleinen Unternehmen in der Wirtschaft treffen und zu einer mittelbaren Diskriminierung führen. – Zitatende.

Abgeordneter Matznetter ist leider nicht im Saal. Ich erinnere mich daran, wie er am Mittwoch unseren Abgeordneten Kurzmann an die Redlichkeit erinnert hat. – Solche Stellungnahmen zu schreiben und dann heute solch ein Gesetz zu beschließen, das ist auch nicht redlich und sollte in diesem Haus ebenfalls keinen Platz finden. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Bundesministerin Bures ist leider nicht mehr hier – auch das Verkehrsministerium hat Stellungnahmen zu diesem Gesetz abgegeben und spricht von massiven Ein­schränkungen der individuellen Mobilität und wörtlich von einem „schlampigen Gesetz“.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist auch interessant, was die Wirtschafts­kammer sagt – auch hier im Nationalrat haben wir ja hochrangige Funktionäre, Herr Abgeordneter Steindl ist Spartenobmann, Herr Abgeordneter Obernosterer ebenfalls –: Die Wirtschaftskammer spricht schlichtweg von einem Horrorszenario und sieht das Gesetz als inakzeptabel an.

Auch die Herren Bürgermeister – Kollege Stauber wird ja noch zu Wort kommen – soll­ten bei diesem Gesetz intensiv darüber nachdenken, ob das die richtige Maßnahme ist, um auch die regionale und kommunale Entwicklung zu fördern. Meine geschätzten Bürgermeister, ich glaube, Sie wissen, was dieses Gesetz für unsere Gemeinden, die in diesen Sanierungsgebieten massiv betroffen sein werden, bedeuten wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man diese Stellungnahmen liest, be­kommt man fast den Eindruck, niemand außer den beiden Regierungsparteien hier im Haus, SPÖ und ÖVP, möchte dieses Gesetz haben. Nicht einmal Ihre Landeshaupt­männer wollen das Gesetz in dieser Form. Die Landeshauptleutekonferenz lehnt die­ses Gesetz auf das Schärfste ab!

Es ist für mich auch unverständlich, wie man vor einer Landtagswahl in der Steiermark als Landeshauptmann-Partei – also Noch-Landeshauptmann-Partei! –, diesem Gesetz in dieser Form die Zustimmung geben kann (Zwischenruf des Abg. Grosz), etwa auch, was die Umweltzonen betrifft – ich weiß, der Herr Bundesminister hört diesen Begriff nicht gerne, aber ich bleibe bei der „Umweltzone“ (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlako­vich: Sie haben die falsche Rede!), weil das doch der Begriff ist, den die Menschen kennen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie wissen, dass die Umweltzone in Deutschland keinen Effekt erzielt hat und dass diese Fahrverbote, die auch in Graz und in den Umlandgemeinden angedacht werden, keinen Effekt erzielen werden. Mir ist es wirklich unverständlich, wie Sie als Landeshauptmann-Partei dieser Maßnahme hier im Hohen Haus die Zustimmung geben können. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischen­bemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich.)

Sehr geehrter Herr Bundesminister, das ist nicht die falsche Rede, sondern dieses Ge­setz zielt auf falsche Maßnahmen ab. Man muss berücksichtigen, dass der Pkw nur zu 9 Prozent Feinstaubverursacher ist und der Hausbrand beispielsweise zu 19 Pro­zent. Da muss man schon auch überlegen, ob wir da in die richtige Richtung gehen.

Von den Kosten, die auf die Bürger zukommen, möchte ich gar nicht sprechen. Wir re­den da von 11,7 Millionen €, die allein die Kennzeichnungspflicht der Fahrzeuge kosten wird und die auf den Bürger direkt abgewälzt werden wird. Meine sehr geehrten Da­men und Herren, allein in der Steiermark wären 260 000 Kraftfahrzeuge davon betrof­fen. (Zwischenruf des Abg. Zanger.)


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Die Gebrauchtwagenbranche rechnet mit einem Vermögens- und Wertverlust von 70 Millionen €, und die Wirtschaftskammer, Herr Abgeordneter Steindl, rechnet für Graz mit einem Kaufkraftverlust von 35 Millionen €. Ich bin schon sehr gespannt, wie Sie das heute hier argumentieren werden und wie Sie das gegenüber Ihren Funktionä­ren vertreten können.

2 500 Betriebe in der Steiermark überlegen abzuwandern, abzusiedeln aus diesen Sa­nierungsgebieten, weil sie mit diesen Maßnahmen nicht mehr zurechtkommen.

Ich hätte mir größeren Widerstand auch der Behindertenvertreter hier im Haus ge­wünscht. Frau Abgeordnete Jarmer, Herr Abgeordneter Huainigg, ich habe von Ihnen nichts darüber gehört, dass es in diesem Gesetz keine Ausnahmen für Behinderte gibt. Es gibt keine Ausnahme für jene, die das Fahrzeug am dringendsten benötigen, um in diese Zonen einfahren zu können. (Zwischenruf des Abg. Schopf.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, abschließend: Die FPÖ ist der Meinung, dass es sich da um ein Husch-Pfusch-Gesetz handelt. Dieses Gesetz gehört unbedingt re­pariert. Deshalb werden wir heute auch noch den Antrag stellen, dieses Gesetz an den Umweltausschuss rückzuverweisen, um die notwendigen Maßnahmen sicherzustellen.

Ich fordere Sie wirklich eindringlich auf, heute hier diesem Umweltzonen-Wahnsinn ein Ende zu setzen! (Beifall bei der FPÖ.)

10.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Ing. Schultes zu Wort. – Bitte.

 


10.37.25

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Geschätztes Hohes Haus! Das war jetzt wieder ein Musterbeispiel dafür, wie Politik ausschauen würde, wenn Herr Kunasek regieren wür­de: Ein Abschiebebefehl für die schlechte Luft, den Feinstaub ins Ausland, und die Ge­schichte ist erledigt! – Wenn es so einfach wäre! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, wir alle leben gerne in frischer und guter Luft. Österreich ist ein Fremdenverkehrsland – wir verkaufen das sogar so. Wir wissen, dass gute Luft ein Gesundheitsfaktor ist und dass die Feinstaubbelastung, die Stickoxidbelastung ein Thema für die Gesundheit der Erwachsenen, aber insbesondere der Kinder ist. Das ist schon lange bekannt.

In Österreich werden seit 1998 unter Verantwortung der Landeshauptleute gesetzlich vorgesehene landesweite und bundesweite Messungen durchgeführt. Wir haben den IG-Luft-Bericht 2006-2008 erst vor Kurzem diskutiert, und wir sehen, Maßnahmen sind möglich, aber gute Maßnahmen wirken besser.

Die Landeshauptleute haben in den letzten Jahren immer wieder intensiv verlangt, dass sie andere und neue Maßnahmen besser abgestimmt anwenden können.

Wir alle haben erlebt, dass gute Maßnahmen gute Wirkungen haben. Wir haben den sauren Regen weggebracht, wir haben den Schwefel weggebracht. Es ist uns gelun­gen, die FCKWs loszuwerden. Es ist nichts ausgebrochen. Alle Leute haben sich daran gewöhnt. Es ist einfach kein Problem. Es ist daher auch nicht notwendig, die Proble­matik, die mit dem IG-Luft geregelt wird, hochzuspielen, sondern wir müssen das, was da auf uns zukommt, einfach nüchtern abarbeiten.

Wir haben bis jetzt das Problem, dass wir die Schadstoffwerte in der Luft in den kriti­schen Zeiten nur unzureichend in den Griff bekommen, weil wir zu wenig Instrumente haben und mit den vorhandenen Instrumenten viel zu intensiv eingreifen müssten, so­dass einzelne Gruppen sehr stark in ihrer Wirtschafttätigkeit, in ihrer Lebensgewohn­heit beeinträchtigt wären.


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Das IG-Luft, das wir heute vorlegen, wird sehr viel mehr an Maßnahmen ermöglichen, wird mit diesen Maßnahmen auch einen weichen und fließenden Übergang in alle Be­reiche der Wirtschaft, des täglichen Lebens zulassen, sodass es gravierende Eingriffe möglicherweise überhaupt nur an sehr wenigen Tagen im Jahr geben wird oder wir sie, wenn die Maßnahmen wirksam sind, gar nicht brauchen werden.

Das Wichtigste ist, dass wir heute mit diesem Gesetz etwas beschließen, das Maßnah­men in großer Breite zulässt und daher die Tiefe der einzelnen Maßnahmen, die Inten­sität des Eingriffes reduziert. Auf gut Deutsch gesagt: Wenn alle ein bisschen etwas tun, muss man niemandem wehtun. – Das ist in Wirklichkeit das Prinzip dieses Ge­setzes.

Es bedeutet natürlich für alle miteinander eine Veränderung, und es muss berücksich­tigt werden, dass es zwischen Bund und Ländern eine gute Arbeitsaufteilung gibt. Für viele Bereiche sind die Länder zuständig. Da können wir ihnen gar nichts auftragen. Der Hausbrand zum Beispiel ist ein Thema, das die Länder selbst zu regeln haben.

Wenn Graz große Probleme hat, weil die geografische Situation so ist, dass bei be­stimmten Wetterlagen die Luft aus Graz in Graz bleibt und dann zum Problem wird, dann wird man das Problem wahrscheinlich auch nur in Graz lösen können. Es gibt mit diesem Gesetz neue Instrumente, aber der Beitrag des Hausbrandes zur belasteten Luft in Graz wird nur wieder über Landesgesetz zu regeln sein.

Die gesamte Wirkung wird in Graz nur erreicht werden können, wenn ähnliche Maß­nahmen gesetzt werden wie in Wien. In Wien zum Beispiel ist es gelungen, das Heizöl aus der praktischen Verwendung weitestgehend herauszubringen. Heizöl zum Heizen ist schlecht: für die Handelsbilanz, für die Klimabilanz und für die Luftreinhaltung.

In Wien ist es gelungen, durch Umstellung auf Fernwärme, auch durch Umstellung auf Erdgas, die Verwendung von Heizöl und dadurch auch die Belastung deutlich zu redu­zieren. Das ist in Wirklichkeit der Punkt: weg vom Öl. Das wird aber heute noch Thema sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, die Landeshauptleute sind bei der praktischen Umsetzung dieses Gesetzes aktiv dabei und intensiv gefordert, zu messen, zu analysieren, he­rauszufinden, wo welche Maßnahmen notwendig sind, dann in kluger Weise aus dem möglichen Maßnahmenmix die richtigen Maßnahmen zu wählen und diese zeitgerecht am richtigen Ort mit der zeitlichen Begrenzung, die notwendig ist, auch umzusetzen.

Das heißt: zur richtigen Zeit vor Ort. Ich glaube sehr an die Subsidiarität, und ich glau­be auch sehr an den Föderalismus. Natürlich ist klar: Näher beim Bürger heißt auch, dem Bürger sehr verantwortlich. Daher glaube ich, dass die Landeshauptleute keine dieser Maßnahmen länger einsetzen werden, als es unbedingt notwendig ist.

Generelle Maßnahmen mit drei Monaten Begrenzung im Verkehrsbereich sind oft nur stundenweise oder oft nur zu Tagesteilzeiten notwendig. Das muss den Menschen dann auch gesagt werden. Deshalb gibt es jetzt eine neue Regelung für die Verkehrs­beeinflussungsanlagen, also die Anzeigen, an denen wir sehen, was wir zu tun haben und was gilt. Das ist für die Länder eine neue Möglichkeit. In der Finanzierung war das eine interessante Diskussion.

Meine Damen und Herren, nicht alle Fragen werden wir mit diesem Gesetz lösen kön­nen. Der Ferntransport spielt eine Rolle, gerade was den sehr feinen Feinstaub betrifft. Da müssen wir alle miteinander in der Messung besser werden, damit man auch in­ternational die richtigen Maßnahmen setzen kann.

Sehr gerne wird der Verkehr als das Problem dargestellt. Tatsache ist aber, dass das deswegen bis jetzt im Zentrum der Diskussion stand, weil wir für andere Bereiche keine guten Maßnahmen hatten. Es ist in diesem Gesetz vorgesehen, dass zum Bei­


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spiel Anlagen, die besonders stark emittieren, jetzt vom Landeshauptmann besonders herausgegriffen werden können, und dass Problemstoffe, die verwendet werden und eben für die Luft schlecht sind, vom Landeshauptmann herausgenommen werden können.

Dadurch wird in einer Luftraumsituation Platz für Neuinvestitionen geschaffen, die um­weltschonend sind, die die Umwelt nicht belasten und für unsere Wirtschaftsleistung und die Wirtschaftszukunft wichtig sind. Wertschöpfung kommt nur aus dem Fortschritt und nicht aus der Verteidigung der alten Stinker, und daher ist es notwendig, Maßnahmen zu schaffen, damit auch neue, gute Anlagen Platz haben und genehmigt werden können.

Das ist auch der Grund, warum die Wirtschaft das Gesetz in dieser vorliegenden und von uns eingebrachten Form unterstützt – weil dieses Gesetz vieles von dem berück­sichtigt, was im Begutachtungsverfahren an Einwendungen erhoben wurde. (Beifall bei der ÖVP.)

Damit das Ganze in der Abwicklung einfacher wird, hat man von vornherein versucht, einzelne Bereiche aus der Diskussion herauszunehmen: alles, was notwendig ist, um die Lebensfunktionen aufrechtzuerhalten, alles, was notwendig ist, um die Infrastruktur aufrechtzuerhalten, die primären Lebensfunktionen. Darüber hinaus ist vieles möglich.

Wir wissen, dass wir in dieser wunderbaren Materie – muss ich schon sagen – alle Fa­cetten, die diese Republik zu spielen hat, angreifen mussten. Es ist über alle Themen geredet worden, und es war schon eine große Leistung, dass Bundesminister Berla­kovich so viele Interessen in die Formulierung hereingebracht hat und auch so viele In­teressen abfragen konnte.

Ich will gerne zugeben, dass es auch ein interessantes Verfahren war, denn wir konn­ten in diesen Gesetzentwurf auch sehr viel von der parlamentarischen Arbeit einbrin­gen. Ich darf mich bei Kollegin Bayr bedanken. Mit ihr und mit den Experten, die wir beide mitbringen konnten, war eine sehr konstruktive Diskussion möglich. Auch die Be­amten des Ministeriums mussten in dieser Situation Spitzenleistungen erbringen, weil wirklich eine hochwertige Diskussion gelaufen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, der eine oder andere versucht, mit dem Gesetz Panik zu machen. In Wirklichkeit geht es nur um das Geschäft: Der eine will Autos verkaufen, der andere etwas anderes. Das alles ist in dieser Republik natürlich erlaubt.

Wir sollten uns aber eines nicht ausreden lassen: Gute Luft in einer guten, florierenden Wirtschaft ist möglich, und der Standort Österreich kann Wohlstand, gute Luft und Ge­sundheit anbieten.

Mit diesem Gesetz werden wir deutliche Verbesserungen zustande bringen. Geduld ist notwendig, auch Beharrlichkeit. Bundesminister Berlakovich hat dies. Wir unterstützen ihn, und ich bitte Sie um Ihre Unterstützung! (Beifall bei der ÖVP.)

10.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Klubvorsitzende Dr. Glawischnig-Piesczek. – Bitte.

 


10.46.23

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geduld hat Kollege Schultes einge­fordert. – Geduld braucht die Bevölkerung mittlerweile seit über zwölf Jahren. Das erste Immissionsschutzgesetz-Luft, also die ursprüngliche Fassung, ist im Jahr 1998 beschlossen worden. Das sind mittlerweile fast zwölf Jahre, die ein Gesetz in Kraft ist, das es nicht schafft, auch nur ansatzweise das Problem zu lösen, mit dem es sich be­schäftigt.

Trotz dieser Laufzeit werden die Grenzwerte zum Schutz der Gesundheit nach wie vor überschritten, die Konzentration ist immer höher geworden, die Flächen, die von dem


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 57

Problem bedroht sind, haben zugenommen. Wir haben zusätzlich auch noch andere Probleme: Blei, Kadmium et cetera. Seit zwölf Jahren ist ein Gesetz in Kraft, das sehr viel Geduld von der Bevölkerung erfordert, denn bis zum heutigen Tag wurde keine einzige der Zielsetzungen erreicht.

Da geht es um Gesundheitsschutz, vorwiegend um den Schutz der Kindergesundheit, und um Lungenerkrankungen, die nachweislich auch die Lebenszeit der Menschen in Österreich verkürzen.

Aber das ist nicht das einzige Problem, das Sie haben, Herr Umweltminister! Die ÖVP bestimmt ja seit über 20 Jahren sowohl im Umweltministerium als auch im Energie­ministerium – also auch den Klimaschutz betreffend – die Politik. Sie schaffen es nicht oder Sie wollen es, so glaube ich, nicht schaffen – das ist meine Analyse –, die Proble­me ernsthaft anzugehen.

Es ist bedauerlich, dass Sie sich bis zum heutigen Tag zur größten Umweltkatastro­phe, die wir im Moment als Zeuginnen und Zeugen mit tiefer Betroffenheit beobachten müssen, in keiner Weise diesbezüglich geäußert haben, welche Konsequenzen das auch in Österreich haben muss: nämlich zur fürchterlichen Umweltkatastrophe am Golf von Mexiko, der größten Umweltkatastrophe, die es je gegeben hat – vielleicht mit Aus­nahme von Tschernobyl. (Abg. Rädler: Haben Sie das schon bemerkt?) – Sie haben vielleicht etwas anderes noch nicht bemerkt, Herr Kollege, nämlich wie tief Österreich und auch österreichische Unternehmen in dieser Frage mit drinstecken! Da würde ich mir von Ihnen auch einmal erwarten, dass Sie die Firmen, die sich an solchen Dingen immer noch beteiligen, einmal kritisch betrachten und hinterfragen, ob sie weiter ihr Geschäft mit diesem dreckigen Ölgeschäft machen sollen. Eine dieser Firmen ist näm­lich die OMV! (Beifall bei den Grünen.) Und Sie sind, so glaube ich, aus Niederöster­reich, wenn es mich nicht täuscht!

Wir werden Zeuginnen und Zeugen, wie einer der größten Konzerne der Welt und die größte Wirtschaftsmacht der Welt es nicht schaffen, dieses Problem zu lösen. Das ist für alle Menschen, so glaube ich, mit einer extremen, negativen Emotion verbunden – auch für mich, auch für Sie.

Herr Umweltminister, ich hätte mir von Ihnen erwartet, dass Sie dieses internationale Problem, in dem Österreich mitten drinhängt, einmal ansprechen und mit uns in einen Dialog treten, welche Konsequenzen diese Katastrophe auch für Österreich hat.

Ich fange einmal an. Ich beginne mit dem, was wir uns vorstellen. Alles, was die Wis­senschaft sagt, ist eindeutig, nämlich: Die Tiefseebohrungen sind nicht beherrschbar, man muss über das neu nachdenken. Es ist nicht beherrschbar, es sind Bedingungen wie am Mond. Es ist unvorstellbar, was man im Moment für Bohrtiefen angeht, man geht drei Kilometer unter die Meeresoberfläche, manchmal sogar noch tiefer, und bohrt dann noch sieben oder acht Kilometer in die Erdkruste hinein.

Das war vor wenigen Jahren noch völlig unvorstellbar. Der einzige Grund dafür ist eine unendliche Gier, diesen Rohstoff, der extrem wertvoll ist, einfach weiter zu ver­brennen – auch in Österreich –: in den Ölheizungen, im Verkehr, in der Wärmever­sorgung. Diese Gier nach Öl treibt die Weltwirtschaft zu solch wahnwitzigen Projek­ten – und sie sind wirklich wahnwitzig, sie sind nämlich nicht beherrschbar und gehö­ren abgestellt.

Für mich ist allerdings Folgendes überraschend: Ich habe gedacht, österreichische Un­ternehmen sind an dem nicht beteiligt – es sieht aber ganz anders aus.

Der Generaldirektor der OMV hat zwar behauptet – ich zitiere –: „Wir sind vorwiegend onshore tätig“, das heißt, am Festland. Und weiters hat Herr Ruttenstorfer behauptet:


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„Wir haben derzeit keine Tiefwasserbohrungen geplant. Wir sind an einigen beteiligt, aber unsere Stärke liegt auf onshore-Produktion“, also beim Festlandbohren. „Das un­terscheidet uns vom Fall, der eine Tragödie ist“, sagte er.

Demgegenüber stehen aber die Zitate seines Explorationschefs, der am laufenden Band Interviews gibt und die Tiefseefunde, die Hoffnungsgebiete der OMV preist.

„Der Trend geht bei uns – so wie bei allen internationalen Konzernen – in Richtung Tief­see: In die britische Nordsee, Norwegen, das Mittelmeer vor Nordafrika, das Schwarze Meer und Australien sowie Neuseeland. Wir bohren dort in Tiefen bis zu 2 500 Meter.“

Und dann geht es weiter: „Wir müssen jetzt in immer schwierigere Gegenden, bohren immer tiefer, gehen immer weiter hinaus in Meeresgebiete mit Tiefen um die 3 000 Me­ter“, erklärt Explorationschef Langanger in einem Hintergrundgespräch.

Dann freuen sie sich über die ersten Funde, Offshore-Ölfunde in Libyen, Offshore-Öl­funde mit einer Gesamtbohrtiefe von 4 800 Meter.

Die OMV ist nach wie vor ein Konzern, der über die ÖIAG zu 30 Prozent im öffentli­chen Eigentum steht.

Ich glaube, dass ein Unternehmen, das mit dem Begriff „Verantwortung“ wirbt, auch die Verantwortung hat, sich an diesem Geschäft nicht mehr zu beteiligen. (Beifall bei den Grünen.) Ein Unternehmen mit Verantwortung!

Erklären Sie mir vielleicht – Sie haben dann auch die Gelegenheit dazu –, wie eine OMV, ein österreichisches Unternehmen, eine Technologie beherrschen soll, die Shell nicht beherrscht, die BP nicht beherrscht, die viele anderen Ölkonzerne nicht beherr­schen. Wir haben eine ganze Reihe von Ölunfällen quer durch die letzten Jahrzehnte beobachtet (Abg. Dr. Kurzmann: Sie sind im falschen Tagesordnungspunkt!), und wir verlangen auch von Ihnen Konsequenzen und dass Sie darüber nachdenken, was Österreich beitragen kann. Einer der ersten Schritte ist, dass ein öffentlicher Konzern aus diesen Geschäften aussteigt. Ich glaube, das wünschen Sie sich auch. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Weinzinger: Es ist interessant, aber es ist der falsche Tagesord­nungspunkt!) – Das macht gar nichts.

Ich finde es immer schade: Den Umweltminister erwischt man ja nicht oft, wenn ich Ih­nen das einmal so offen erzählen darf. (Abg. Mag. Kogler: Richtig!) Der Umweltminis­ter ist einer der wenigen Minister, der sich noch nie getraut hat, mit mir in eine öffent­liche Diskussion zu gehen – noch nie in seinem Leben, bis zum heutigen Tag nicht, seit er im Amt ist! (Zwischenrufe bei der ÖVP.– Sie sagen Diskussionen ab, wenn Sie ins Fernsehen eingeladen werden!

Wir können jetzt hier einmal diskutieren und eine Generalumweltdebatte über die Um­weltpolitik in diesem Land führen, die die ÖVP seit 20 Jahre zu verantworten hat. Das ist eine wichtige Diskussion. Die Reihen der ÖVP sich zwar vorwiegend leer – Umwelt­politik interessiert sie nicht mehr so wahnsinnig –, aber es ist wichtig, das hier einmal mit einem Umweltminister auszustreiten, der nichts als eine Versagensbilanz zu ver­antworten hat: vom Klimaschutz über den Feinstaub über unsere Kyoto-Bilanz bis zum Ökostrom-Gesetz. Letztendlich erwarte ich mir von einem Umweltminister auch ein ordentliches Konzept, um aus der Ölwirtschaft auszusteigen, und nicht, dass man sich hinter einem Tagesordnungspunkt verkriecht, wo es um das Immissionsschutzgesetz-Luft geht. (Beifall bei den Grünen.)

Die Konsequenzen in Österreich: Die österreichische Wirtschaft ist extrem ölabhän­gig – insbesondere der Verkehr, zu 80 Prozent. Sehr, sehr viel Geld fließt jedes Jahr ins Ausland. 11 Milliarden € werden hier an Energieimporten eigentlich verschleudert, anstatt dass man sie in österreichische Wertschöpfung, in österreichische Unternehmen, in österreichische Arbeitsplätze investiert.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 59

Es ist die Aufgabe einer Umwelt- und Wirtschaftspartei – und so sehen wir als Grüne uns –, solche Konzepte zu propagieren, die nicht nur im Gesundheits- und Umwelt­schutz einen Schritt vorankommen, sondern auch Arbeitsplätze bringen und uns in der Wirtschaftspolitik einen Schritt weiterbringen. Wir können uns diese Ölwirtschaft ein­fach nicht mehr leisten. Das kostet Milliarden an Euro jedes Jahr, nicht nur Umwelt­schäden, sondern wirklich handfestes Steuergeld, das in Österreich abhandenkommt.

Sie verstecken sich immer hinter Ihren Aussagen, Sie seien ja eh für die erneuerbaren Energieträger. – Ich muss Ihnen sagen, sie sind ein sehr, sehr kleines Feigenblatt, ein winziges Feigenblatt. Ich würde mich nicht trauen, mit diesem Feigenblatt auf die Stra­ße zu gehen, das sage ich Ihnen ehrlich. Das ist sehr klein.

Die richtige Politik der ÖVP ist eine Politik, die ausschließlich weiterhin Milliarden in den Infrastrukturausbau der Fossilwirtschaft steckt: neue Gaskraftwerke, neue Pipe­lines, neue Straßenprojekte. Ausschließlich in diesem Bereich nehmen Sie die Milliar­den in die Hand – wirklich die Milliarden! Die werden auch nicht hinterfragt. Trotz Bud­getnotstands wird das überhaupt nicht hinterfragt: business as usual.

Das ist so wie früher bei der Wasserkraft: Am Wasser muss was weitergehen! – Das war früher die Hainburg-Philosophie. Und das ist jetzt im Öl so. In der Fossilwirtschaft muss es einfach weitergehen! Milliarden werden dort weiter hineininvestiert, anstatt das einmal umzudrehen, diese winzigen Sümmchen, die Sie jedes Jahr ausgeben, wo Sie stolz darauf sind und dann Inserate schalten, zum Beispiel über die Photovoltaik-Förderung. (Abg. Mag. Kogler: Steuergeld!) Das ist nicht einmal so viel, wie die Regie­rung insgesamt an Werbeinseraten schaltet. Das ist weniger, als die Regierung, um sich selbst zu bewerben, jedes Jahr zur Verfügung stellt – 35 Millionen €. Die Photo­voltaik-Förderung liegt in dieser Größenordnung.

Das ist lächerlich! Das ist wirklich lächerlich. Hören Sie auf mit diesem Satz: Wir wollen eh raus aus dem Öl! – Das ist einfach nicht wahr. Es ist einfach nicht wahr. Wir verlan­gen von Ihnen endlich einen Umstieg, endlich ein Umdenken. (Beifall bei den Grünen.)

Das Problem wird schöngeredet. Das Problem wird weggeredet: Wir tun ja eh! (Zwi­schenruf des Abg. Zanger.) Nur, damit verurteilen Sie nicht nur die österreichische Be­völkerung, sondern viele Menschen, die sich eine andere Politik wünschen, weiterhin vor den Fernsehapparaten zu sitzen und vor den Bildern, die wir hier sehen, zu wei­nen – wirklich zu weinen, weil es unerträglich ist, wie wir mit unserem Ökosystem um­gehen. Und Österreich ist da mittendrin.

Ich möchte Sie heute noch einmal bitten: Geben Sie eine Garantieerklärung für die OVM ab, dass nicht einmal die OMV in so eine Situation kommt und vielleicht ein öster­reichisches Unternehmen eine derartige Katastrophe verursacht! Also: Steigen wir recht­zeitig aus!

Vorgestern gab es übrigens eine sehr spannende Initiative vom EU-Kommissar für Energiefragen, der ein Moratorium eingefordert hat: keine neuen Lizenzen für Tiefsee­bohrungen! Da könnte ein Umweltminister, der ein bisschen größer als ein Feigenblatt ist, sich vielleicht einmal hinter diese Initiative stellen, eine österreichische Bundesre­gierung das unterstützen und europaweit vorantreiben, dass wir aus dem aussteigen. Aber der erste Schritt ist, dass die eigenen Unternehmen saubere Hände haben und Verantwortung tragen. (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der SPÖ: Es geht ums IG-Luft!)

10.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Bayr gelangt nun zu Wort. –Bitte.

 


10.56.37

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich werde mir jetzt erlauben, zur Frage betreffend Alternativen zu


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 60

fossilen Brennstoffen beim nächsten Tagesordnungspunkt zu reden und jetzt zum IG-Luft (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP), weil ich glaube, dass es eigentlich so geplant war.

Ich bin der Meinung, diese Novelle des IG-Luft ist ein guter und ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, ein Schritt, mit dem wir auf die Bedenken der Bevölkerung, was ihre Gesundheit betrifft, die zu Recht bestehen, eingehen und diesen auch dement­sprechend gerecht werden.

Einer der wichtigsten Kerne in dieser Novelle ist für mich der Punkt, dass wir künftig den Landeshauptleuten mehr und bessere Kompetenzen geben. Es war ziemlich ver­trackt, dass in Wirklichkeit bei notwendigen Maßnahmen zur Luftreinhaltung der Bund die Kompetenzen den Ländern gegeben hat, aber gleichzeitig gesetzlich so viele Ein­schränkungen und Ausnahmen gemacht hat, dass es den Landeshauptleuten sehr schwer gefallen ist, konkret wirkliche Maßnahmen zu setzen und dann auch umzu­setzen. Dass wir von diesen Ausnahmen wegkommen und diese sehr einschränken, halte ich für wichtig.

Ich möchte das an einem Beispiel, das – wie ich finde – sehr drastisch ist, zeigen. In Wien sind im Jahresschnitt etwa 400 Baumaschinen im Einsatz. Aufgrund dieser gan­zen Ausnahmen im Gesetz, die bestanden haben, war der Wiener Landeshauptmann genau für sieben davon zuständig. Alle anderen waren ausgenommen. Dass Bauma­schinen Maschinen sind, die die Luft immens verschmutzen, ist bekannt. Diese unend­lich vielen Ausnahmen wird es in Zukunft nicht mehr so geben.

Was es in Zukunft auch nicht mehr geben wird, ist, dass diese Baumaschinen, diese Offroad-Maschinen einfach vor sich hin stinken und ohne irgendwelche Überprüfungen immer so weiter eingesetzt werden können. Es wird auch künftig für alle Offroad-Ma­schinen über 18 Kilowatt eine regelmäßige Überprüfung geben, und man wird schau­en, wie sich diese schadstoffmäßig entwickeln und Verbesserungen vorschreiben kön­nen. Das halte ich für einen guten und wichtigen Schritt.

Apropos: Ich glaube, das ist auch einer der Punkte, die wir umsetzen, die aus dem grü­nen Antrag stammen. Wenn man sich den grünen Antrag und das, was im neuen Ge­setz steht, anschaut, dann kommt man drauf, dass weit mehr als die Hälfte davon in dieser Novelle erfüllt ist. Das ist fein. Darunter sind auch ganz, ganz entscheidende Dinge. – Also, ich halte es für gut, dass wir in diesem Bereich der Offroad-Maschinen einiges machen.

Und apropos vor sich hin stinken, wie das Offroad-Maschinen tun: Was wir mit diesem Gesetz auch geschafft haben, ist – und das ist mir sehr wichtig –, dass wir mittelfristig EURO-0-Lkw komplett aus Belastungszonen verbannen können. Das ist ein wichtiger Schritt auch dafür, dass wir der Wirtschaft, der Industrie einen eindeutigen Fingerzeig geben, wohin es geht. Es ist höchst an der Zeit, dass man anfängt, diese alten Fahr­zeugflotten – und Lkw der Klasse EURO 0 sind immerhin Lkw, die an die 20 Jahre alt sind – auszutauschen, und da sehr bewusst auf neuere, schadstoffärmere Fahrzeuge umsteigt.

Die Umweltzonen sind viel diskutiert worden und sind im Vorfeld viel kritisiert worden. Es wurde so getan – vor allem von den meisten Autofahrerorganisationen –, als wür­den wir jetzt mit einem Federstrich allen Autos dieser Republik das Fahren verbieten. Das ist mitnichten so.

Mit diesem Gesetz schaffen wir nur die technische Voraussetzung dafür, dass Fahr­zeuge unterschiedlich färbige Pickerln kriegen, je nachdem wie viel Schadstoff sie aus­stoßen. Das gibt den Landeshauptleuten die Möglichkeit, einerseits Umweltzonen zu erlassen, und andererseits auch zu kategorisieren, welche Fahrzeuge in belastete Ge­biete fahren dürfen und welche nicht. Also, ich denke mir, das ist durchaus etwas sehr


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 61

Sinnvolles. Und es bleibt Landessache, schlicht und ergreifend, weil wir davon ausge­hen, dass die Landeshauptleute diejenigen sind, die am besten für ihre Belastungsge­biete einschätzen können, was die schlauesten Maßnahmen sind. (Präsident Neuge­bauer übernimmt den Vorsitz.)

Nicht Landessache, was Ausnahmemöglichkeiten betrifft, werden in Zukunft Behinder­tenfahrzeuge sein. Es ist natürlich auch uns aufgefallen, dass es da Handlungsbedarf gibt.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ing. Schultes, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft und das Bundesluftreinhaltegesetz geändert werden und das Bundesgesetz über ein Verbot des Verbrennens biogener Materialien außerhalb von Anlagen aufgehoben wird (782 der Beilagen); in der Fassung des Umweltausschussberichtes (792 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

„1. In Artikel 1 Z 33 entfällt in § 14 Abs. 2 Z 6 die Wortfolge ‚Fahrzeuge, die von Inha­bern eines Ausweises gemäß § 29b StVO 1960 selbst gelenkt oder als Mitfahrer be­nutzt werden, sowie‘

2. in Artikel 1 Z 33 lautet der § 14 Abs. 2 Z 7 und 8:

‚7. Fahrzeuge, die zur Aufrechterhaltung des ordnungsgemäßen Betriebs auf Flugplät­zen, für die Betriebspflicht besteht, erforderlich sind,

8. Fahrzeuge, die von Inhabern eines Ausweises gemäß § 29b StVO 1960 selbst ge­lenkt oder als Mitfahrer benutzt werden.‘“

*****

Damit sind künftig generell Behindertenfahrzeuge, die nur einen sehr, sehr kleinen Teil zur Belastung beitragen, klar, eindeutig und bundesweit von Fahrverboten aufgrund des IG-Luft ausgenommen. Das ist, denke ich, durchaus angemessen.

Es freut mich sehr – und das ist eine wichtige, auch internationale Aufgabe –, dass wir es mit dieser Novelle des IG-Luft schaffen, Feinstaube der Größe PM2,5 zu regeln, die künftig extra gemessen werden. Es sind dementsprechend auch Maßnahmen zu tref­fen, wenn es Belastungen von mehr als 25 Milligramm pro Messstelle im Jahr gibt.

Ich halte auch die zweistufige Phase für durchaus okay. Wir haben strengere österrei­chische Grenzwerte, ab deren Überschreitung wir aktiv werden, erheben und auf Zu­sammenhänge schauen, und eine höhere Schwelle europäischer Grenzwerte, ab de­nen dann wirklich drastische Maßnahmen gesetzt werden. Ich finde es auch sehr, sehr fein, dass die Landeshauptleute künftig die Möglichkeit haben, Industrie- und sonstigen Anlagen in Belastungs- und Sanierungsgebieten, die nicht mehr dem Stand der Tech­nik entsprechen, Maßnahmen vorzuschreiben, damit sie dann die Grenzwerte einhalten.

Luftschutz ist ebenso wie der Schutz von Klima und Wasser eine internationale Aufga­be, und ich bin überzeugt, dass wir mit dieser Novellierung des IG-Luft sehr wohl ein österreichisches Scherflein zur Lösung dieser weltweiten Aufgabe beitragen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.02



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 62

Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Abänderungsantrag steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ing. Schultes, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft und das Bundesluftreinhaltegesetz geändert werden und das Bundesgesetz über ein Verbot des Verbrennens biogener Materialien außerhalb von Anlagen aufgehoben wird (782 der Beilagen); in der Fassung des Umweltausschussberichtes (792 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

1. In Artikel 1 Z 33 entfällt in § 14 Abs. 2 Z 6 die Wortfolge „Fahrzeuge, die von Inha­bern eines Ausweises gemäß § 29b StVO 1960 selbst gelenkt oder als Mitfahrer be­nutzt werden, sowie“

2. In Artikel 1 Z 33 lautet der § 14 Abs 2 Z 7 und 8:

„7. Fahrzeuge, die zur Aufrechterhaltung des ordnungsgemäßen Betriebs auf Flugplät­zen, für die Betriebspflicht besteht, erforderlich sind,

8. Fahrzeuge, die von Inhabern eines Ausweises gemäß § 29b StVO 1960 selbst ge­lenkt oder als Mitfahrer benutzt werden.“

Begründung:

Durch diese klare Regelung wird sichergestellt, dass der Gebrauch von Fahrzeugen, die oft aufwendig und kostenintensiv für die Verwendung von und für Menschen mit Behinderungen adaptiert wurden, durch keine Verkehrsmaßnahmen gemäß § 14 IG-L betroffen sein werden. Diese Fahrzeuge leisten einen geringen Beitrag an der Immis­sionssituation. Es liegt im gesellschaftlichen Gesamtinteresse, dass diese Fahrzeuge ungehindert verkehren können. Weiteres kommt es zu Einsparungen bei den Verwal­tungskosten, da mit dieser Regelung keine Verfahren für Individualausnahmen gemäß § 14 Abs. 2 Z 3 nötig sind.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 


11.03.04

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Herr Präsident! Herr Umweltminister! Zu Sommerbeginn werden ja immer Zeugnisse verteilt, deshalb will ich auch heute hier Bi­lanz ziehen über die österreichische Umweltpolitik und Ihre Leistungen in den fast zwei Jahren, die Sie jetzt Minister sind.

Schauen wir uns einmal an, was sich in Österreich bewegt hat: Wir in Österreich sind von einem Vorzeigekind zu einem Sorgenkind in Europa geworden. Wir haben es ge­schafft, zum Schlusslicht in Europa zu werden, was die Kyoto-Ziele betrifft. Wir haben es geschafft, von einem Musterland – wie Sie das immer bezeichnen – zu einem ab­schreckenden Beispiel zu werden.

Sie sind jetzt seit fast zwei Jahren Minister, Herr Berlakovich, und ich kann mich noch daran erinnern, als Sie hier zum ersten Mal gestanden sind und von Ihren Visionen gesprochen haben. Ich muss ehrlich sagen, das war für mich ein schöner Moment. Ich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 63

habe mir gedacht: Nach so vielen Jahren gibt es endlich einen Minister – sogar aus der ÖVP –, der weiß, worauf es ankommt im Umweltbereich. Endlich ein Minister, der die Dinge angeht, der sich auch gegen innere Widerstände in der ÖVP durchsetzt. (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Endlich einer, der weiß, was in der Umweltpolitik zu tun wäre.

Herr Minister, Sie haben vom Ausbau der erneuerbaren Energien gesprochen, Sie ha­ben sogar von der Energieautarkie gesprochen, die erstens für viele von der Öl-Lobby ein rotes Tuch ist, und betreffend die zweitens immer noch von vielen bezweifelt wird, ob sie überhaupt umsetzbar ist. Sie haben davon gesprochen, und ich habe mir ge­dacht: Endlich jemand, der weiß, was hier passieren muss.

Was ist seither passiert? Was ist passiert, seit Sie so vollmundig von Ihren Visionen gesprochen haben? – Sie haben uns jetzt ein ganzes Jahr lang hingehalten und uns eine Energiestrategie versprochen. Sie haben sie uns versprochen, und als Sie sie uns geliefert haben, ist nichts drinnen gestanden: eine Energiestrategie, in der letztlich nur Absichtserklärungen drinnen stehen, so wie im Aktionsplan Erneuerbare Energien, in dem Sie auch nichts anderes tun, als Beruhigungspillen zu verteilen – in diesem Fall für die EU, nicht für uns. Darin steht, dass Sie die Energieeffizienz erhöhen wollen, die erneuerbaren Energien ausbauen und die Sicherheit im Energiesektor gewährleisten – no na!

Eines ist auch sicher: Wenn wir von einer Strategie sprechen und Sie von Zielen spre­chen, dann ist das nicht das Gleiche. Ich habe Ihnen im Umweltausschuss schon eini­ge Male gesagt, dass in einer Strategie nicht nur enthalten sein darf, was man will, es muss auch drinnen stehen, wie man es erreicht – und das fehlt mir. Das habe ich Ihnen im Umweltausschuss schon einige Male gesagt. (Beifall beim BZÖ.)

Ich glaube, Sie verstehen es nicht. Sie verstehen diesen Unterschied nicht, und um Ih­nen das noch etwas plausibler zu machen, bringe ich ein kleines Beispiel: Stellen Sie sich vor, eine Firma steht schlecht da. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Die Eigentümer kommen zu Ihnen als Manager, und wollen, dass Sie ein Konzept, eine Strategie ent­wickeln. Nach einer sehr langen Zeit – sagen wir, einem Jahr – kommen Sie mit einer Strategie, in der dann drinnen steht, Sie wollen mehr Umsatz, Sie wollen mehr Kunden, und Sie wollen Einsparungen machen. Glauben Sie, dass sie Freude mit Ihnen haben werden? – Das ist das Ziel! Das Ziel ist es, mehr Umsatz zu machen und einzusparen, aber nicht die Strategie. Die Strategie muss uns sagen, wie wir dort hinkommen, und genau das fehlt mir.

Es fehlt mir in Ihren ganzen Strategien ein konkreter Plan, wie wir dort hinkommen. Was wollen wir in welcher Zeit erreichen? Wie wollen wir es erreichen? Das sind Sie alles schuldig geblieben. Alles! (Ruf bei der ÖVP: In Kärnten sind die Abgase ...!) Es gibt überhaupt nichts, was Sie hier konkret ansprechen. Wenn Sie dann im Ausschuss sa­gen, Sie könnten keine konkreten Gesetze hineinschreiben, und das müsse alles be­sprochen werden (Ruf bei der ÖVP: ... genau ...! In Kärnten!) – Herr Minister, das ist zu wenig.

Ich muss sagen, es gibt sehr, sehr viel Schatten in Ihrer Amtszeit, aber es gibt auch ein bisschen Licht, das muss ich offen zugestehen. Es gibt und gab ein bisschen Licht, und dieses Licht war die thermische Sanierung. Die thermische Sanierung war eine Sache, die wirklich gut war, die funktioniert hat, die dem Finanzminister sogar noch zusätzliche Einnahmen gebracht hat, die für alle von Vorteil war. Was ist passiert? – Abgedreht! Herr Mitterlehner hat Ihnen das abgedreht. Sie haben es im Umweltausschuss noch nicht einmal gewusst; ich habe es Ihnen sagen müssen, dass Herr Mitterlehner sie ab­gedreht hat.

So funktioniert das nämlich bei Ihnen, Herr Minister Berlakovich: Herr Mitterlehner hat Sie als Entertainer vorgeschickt, um überall gute Laune zu verbreiten – im Umweltaus­


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schuss, hier. Sie stehen auf, erzählen uns das Blaue vom Himmel, erzählen von Ener­gieautarkie und was Sie alles erreichen wollen – aber es passiert nichts. Sie werden vorgeschickt, Herr Mitterlehner pfeift Sie zurück. Das ist genau der Punkt. Das heißt, wenn das so weitergeht, würde ich sogar dafür plädieren, dass wir das Umweltministe­rium wieder dorthin geben, wo es hingehört – nämlich ins Wirtschaftsministerium –, weil Sie ohnehin nur das Feigenblatt sind, das Herr Mitterlehner vorschickt. (Bun­desminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Das ist originell, ja!) Dann können wir mit ihm per­sönlich darüber reden und schauen, ob vielleicht etwas weitergeht, aber so funktioniert das anscheinend nicht.

Wenn Sie ein Umweltminister sein wollen, der auch etwas hinterlässt, der auch etwas Positives hinterlässt (Ruf bei der ÖVP: Er ist es!), dann stellen Sie sich auf die Beine! Stellen Sie sich auf die Beine! Gehen Sie einmal zu Herrn Mitterlehner und sagen Sie ihm, was Sie alles umsetzen wollen! Kämpfen Sie gegen die Widerstände, die anschei­nend da sind, weil wir eine aktive Umweltpolitik brauchen! Was wir vor allem brauchen, ist ein Umweltminister, der das Heft in die Hand nimmt und nicht nur gute Laune ver­breitet, sich herstellt und alles Mögliche von Energieautarkie erzählt – wobei wir davon Lichtjahre entfernt sind. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Nennen Sie einmal den nächsten Schritt! Sagen Sie einmal, was Sie ganz konkret als Nächstes zur Erreichung der Kyoto-Ziele in Angriff nehmen wollen! Sagen Sie das ein­mal, ganz konkret! (Beifall beim BZÖ.)

Erzählen Sie uns nicht, wie gut wir in manchen Bereichen sind! Wir sind das Schluss­licht in Europa, das ist eine Tatsache. (Ruf bei der ÖVP: Geh, hör auf!) Und jetzt wollen wir wissen, was Sie machen wollen, damit das besser wird.

Wenn wir schon dabei sind, Ihnen ein Zeugnis auszustellen, Herr Minister: Es ist ein­deutig ein „Nicht genügend“. Das Zeugnis ist eindeutig ein „Nicht genügend“. Normaler­weise würden wir Sie jetzt wiederholen lassen. Wir könnten Sie jetzt wiederholen las­sen – das funktioniert leider nicht, das letzte Jahr ist verloren. Ich hoffe, dass es im nächsten Jahr besser wird.

Eines ist auch ganz sicher, Herr Minister: Wenn das so weitergeht, müssen wir sogar einen Misstrauensantrag stellen, weil ein Umweltminister, der nichts für die Umwelt tut, fehl am Platz ist. Reden Sie mit Ihrem Chef, Herrn Mitterlehner, damit endlich etwas wei­tergeht in der Sache, denn so ist das eindeutig ein „Nicht genügend“. (Beifall beim BZÖ.)

11.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Berla­kovich. – Bitte.

 


11.10.27

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Man sieht ihn nicht, er ist aber hochgefährlich: Die WHO, die Weltgesundheitsorganisation, hat festgestellt, dass der Feinstaub zu jenen Umwelteinflüssen gehört, die die größte Auswirkung auf die Gesundheit der Menschen – jedenfalls in den westlichen Industrie­ländern – haben.

Zahlreiche Studien – gerade in der letzten Zeit – zeigen den Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Feinstaub auf – und auch schwersten gesundheitli­chen Schäden. Die Auswirkungen reichen von vorübergehenden Beeinträchtigungen der Lungenfunktion bis zu zuordenbaren Todesfällen, vor allem bei Herz-Kreislauf- und bei Atemwegserkrankungen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das wissen wir!)

Das heißt, es ist unsere Pflicht, die Gesundheit unserer Bevölkerung zu schützen. Das vorliegende Gesetz – das IG-Luft – ist das zentrale Gesetz, um den Schutz der Bevöl­


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kerung sicherzustellen. Mit der Novelle dieses Gesetzes erreichen wir mehrere positive Effekte, nämlich dass wir die Gesundheit der Menschen schützen, dass wir aber gleichzeitig eine wirtschaftliche Entwicklung ermöglichen – das ist in Krisenzeiten ganz wichtig –, und dass wir drittens insgesamt Verkehrserschließungen ermöglichen und Prosperität sicherstellen – und gleichzeitig die Bevölkerung schützen vor negativen Umwelteinflüssen.

In vielen Ballungsräumen sehen wir, dass es einen Anstieg von Feinstaub gibt und dass das zu einem echten Problem wird, vor allem in besonderen Gebieten mit Inversions­wetterlagen. Die Luftreinhaltung ist kraft Bundesverfassung Angelegenheit der Landes­hauptleute, die dafür sorgen müssen, in ihren Gebieten der Bevölkerung ausreichend Schutz zu geben.

Meine Aufgabe als Umweltminister ist es, den Landeshauptleuten entsprechende Maß­nahmen zur Verfügung zu stellen, einen sogenannten Werkzeugkasten, aus dem sie sich jene Werkzeuge herausnehmen, die in den Regionen und Bundesländern sinnvoll sind, um Luftreinhaltung zu gewährleisten und die Bevölkerung zu schützen.

Mit der Novelle dieses IG-Luft, die hier vorliegt, ist ein Meilenstein in der Umweltpolitik in Österreich gelungen, denn es hat jahrelange Verhandlungen und eine sehr schwie­rige Themenlage gegeben. Es gibt unterschiedlichste Ansprüche: einerseits den Schutz der Bevölkerung vor Feinstaub – lassen Sie mich anmerken, dass es in den Verhandlungen Leute gegeben hat, die sagen, dass der Feinstaub überhaupt kein Pro­blem sei, die Gesundheit überhaupt nicht beeinträchtige; machen Sie sich einen Reim darauf! –, andererseits die wirtschaftliche Entwicklung, wobei wir gerade in wirtschaft­lich intensiven Gebieten eine hohe Feinstaubbelastung haben und es de facto einen Ansiedlungsstopp für Betriebe gegeben hätte. Auch zusätzliche Verkehrserschließun­gen, die in gewissen Regionen notwendig wären, wären unmöglich gemacht worden, und andere Dinge. Gerade in der Wirtschaftkrise ist das ein schwieriges Thema.

Ich sage, dass es mit diesem Gesetz gelungen ist, alle diese Interessen unter einen Hut zu bringen, nämlich alle Interessen der Menschen, der Wirtschaft, der Umwelt, der Verkehrserschließung – Österreichs insgesamt. Dafür danke ich allen Beteiligten. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte schon eines sagen in Richtung Opposition: Es ist Ihr gutes Recht, das ab­zulehnen, aber Sie müssen sich bezüglich der Konsequenz dieser Ablehnung im Kla­ren sein. – Dies ist ein Meilenstein in der Umweltpolitik, bei dem es um den Schutz der Gesundheit geht, der von allen begrüßt wird, auch von der Wirtschaft. (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.)

Herr Kollege Kunasek, ich weiß nicht, welche Rede sie hier gehalten haben, welche Stellungnahmen Sie hier zitieren. Zitieren Sie die Stellungnahmen aus der Endphase, als das allgemein begrüßt wurde – von den NGOs, von der Wirtschaft, von den betrof­fenen Bundesländern?

Frau Glawischnig, Herr Kollege Lugar, ich nehme zur Kenntnis, dass Sie zum IG-Luft gar nichts gesagt haben – das ist ja auch bezeichnend. (Abg. Dr. Moser: Das kommt schon noch!) Ich finde es kurios, dass Sie als Hauptdebattenredner über die Ölkrise reden, dass Sie über die thermische Sanierung reden. Dass Sie sich, Herr Kollege Lu­gar, als Oberlehrer der Nation gerieren, ist Ihr gutes Recht (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ), aber hier gar nicht auf das IG-Luft einzugehen, halte ich für eine bemerkenswerte Aktion, die ihresgleichen sucht. (Abg. Grosz: Zu dieser ... re­de ich auch noch! – Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.)

Ihnen, Frau Kollegin Glawischnig – weil Sie sagen, ich habe mich nicht zur Ölkatas­trophe im Golf von Mexiko gemeldet –, darf ich Folgendes sagen: In der Debatte „Im Zentrum“ sind Sie auf keinen grünen Zweig gekommen. Mein Vorschlag wurde dort je­


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denfalls diskutiert, nämlich dass wir einen Ökofonds einrichten auf europäischer Ebe­ne, in den die Ölindustrie einzahlt, und damit gleichzeitig Sicherheitsmaßnahmen fi­nanziert werden beziehungsweise auch der Ausstieg aus der fossilen Ölwirtschaft be­trieben wird – sozusagen selbst mitfinanziert – in Richtung mehr erneuerbare Energie.

Mich freut es, dass dieser Vorschlag auch auf der europäischen Ebene diskutiert wird, weil ich ihn nächste Woche im Umweltministerrat auf europäischer Ebene einbringen werde, um das Rad voranzutreiben, was diesen Ökofonds anlangt.

Wenn Sie hier sagen, für die erneuerbare Energie werde nichts getan: 35 Millionen € für die Photovoltaik. Welche Vorstellungen von Dimensionen haben Sie, bitte? 35 Mil­lionen € für die Photovoltaik! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das sind die Regie­rungsinserate!) Die größte Photovoltaik-Förderaktion, die es jemals gegeben hat, und Sie stellen sich hin und sagen, das sei nichts? (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner. – Abg. Grosz: Wie viel haben Sie ...?)

Ich meine, Sie brauchen eine ordentliche Beziehung zu einer vernünftigen Summe Geld. 35 Millionen € sind wahrlich viel, viel Geld. Natürlich könnte es immer mehr sein, aber wir bringen damit ordentlich etwas weiter im Bereich der Photovoltaik und der Nut­zung der Sonnenenergie.

Herr Kollege Lugar, wie gesagt, was ich jedenfalls ablehne, ist ein Schlechtmachen Österreichs, nämlich dass Sie sagen, Österreich sei kein Umweltmusterland. Objektiv gesehen liegen Sie absolut falsch. Österreich ist ein Umweltmusterland (Abg. Dr. Gla­wischnig-Piesczek: Wir müssen über die zentralen Geschichten reden!), denn Sie müssen schon feststellen, dass wir nicht auf die Kernenergie setzen, wie drei Viertel der Länder Europas, die damit ihre Klimaschutzziele erreichen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek. – Zwischenruf beim BZÖ.)

Österreich ist gentechnikfrei. Wir haben eine ordnungsgemäße Trinkwasserversor­gung, eine Abwasserentsorgung und und und. Ich sage das deswegen, weil es Ihnen ja freisteht, Österreich schlecht zu machen. (Abg. Grosz: Klassische Themenverfeh­lung auf der Regierungsbank! Klassische Themenverfehlung!) Ich stehe nicht dafür, weil mit viel Steuergeld – und im Laufe der Jahrzehnte durch den Einsatz der Gemein­den, der Länder und des Bundes – Österreich zu einem Umweltmusterland geworden ist. Eindeutig! Und das ist objektiv belegbar. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum IG-Luft: Die Novelle verfolgt zwei Stoßrichtungen – zum einen, dass die Ver­pflichtungen aus der EU-Luftqualitätsrichtlinie umgesetzt werden, und zum anderen, dass es auch Anpassungen und Erleichterungen im Vollzug des Gesetzes gibt, damit sich eben die Landeshauptleute, die das Gesetz umsetzen müssen und für die Luft­reinhaltung verantwortlich sind, leichter tun.

Daher ist in diesem Werkzeugkoffer diese Flexibilität vorgesehen, dass viele Ausnah­men gestrichen werden, damit nicht jeder mit irgendeiner Ausnahme kommt, wie wir es ja im Umweltbereich oft erleben. Sei es beim Klimaschutz – aber auch beim Fein­staub –: Jeder sagt, das sei ganz wichtig, das müssten wir schützen. Aber bei der kon­kreten Maßnahme heißt es: Ja, aber ich nicht, ich nicht. Der andere soll das machen! – So wird es nicht gehen, und daher haben wir sehr viele Ausnahmen beseitigt.

Es ist gut, dass jetzt noch die Ausnahmeregelung für Fahrzeuge von Behinderten da­zukommt. Das ist eindeutig notwendig. Aber auf jeden Fall ist dieses Gesetz ein wich­tiger Schritt. Wir regeln erstmals auch Feinststaub-Themenbereiche. Das wurde bisher noch nicht behandelt und findet sich erstmals im Gesetz, um auch hier die Bevölke­rung ausreichend zu schützen.

Wichtiger Punkt: wirtschaftliche Entwicklung. Wir haben sogenannte Sanierungsgebie­te, in denen die Feinstaubbelastung dermaßen hoch ist, dass es zu keiner Neuansied­


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lung von sauberen Betrieben kommen könnte. Hier haben wir eine wirklich großartige Lösung erzielt, nämlich dass wir in Altanlagen eingreifen können, die älter als zehn Jahre sind und nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen, die angepasst werden müssen und damit sauberer werden – ein wichtiger Punkt –, und auch regelmäßig an den Stand der Technik angepasst werden sollen. Im Gegenzug ermöglichen wir auch in Sanierungsgebieten, die oftmals wirtschaftlich stark genutzte Gebiete sind, die An­siedlung von neuen Betrieben, die eben dem neuen Stand der Technik entsprechen und sauberer sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Damit sage ich als Umweltminister eindeutig: Ja, ich will auch, dass die Menschen einen Arbeitsplatz haben – einen sauberen Arbeitsplatz –, und das ist damit gewähr­leistet, dass wir eben auch die Ansiedlung neuer Betriebe ermöglichen – gerade in der Wirtschaftskrise.

Baustellen – das wurde schon andiskutiert – sind eine wesentliche Emissionsquelle. Daher wird es eine Verordnung zur Verwendung von Offroad-Maschinen und ‑Geräten in Sanierungsgebieten geben, damit man auch dieses Thema in den Griff bekommt. Es wird, zum Beispiel, Maßnahmen geben bei den Heizungsanlagen, bei der Eisenbahn – es gibt beispielsweise keine Generalausnahme mehr. Sie sehen: Viele Ausnahmen wurden gestrichen.

Weil Sie beklagt haben, dass gerade die kleinen Unternehmer benachteiligt werden: Das Gegenteil ist der Fall. Klein- und Kleinstunternehmer bekommen Ausnahmemög­lichkeiten, wenn bis zu vier Lkw im Werksverkehr eingesetzt werden, gerade in Sanie­rungsgebieten. Das zu dem von Ihnen beschworenen Schützen der Kleinbetriebe. Ja, ein Sozialausgleich geschieht, und zwar mit diesem Gesetz.

Im Verkehrsbereich, sind, wie gesagt, ansonsten viele Maßnahmen vereinheitlicht wor­den. Wir werden auch dem Wunsch mancher Bundesländer – insbesondere der Stei­ermark mit Graz – Rechnung tragen. Dort will man sogenannte Umweltzonen einfüh­ren. De jure gibt es die Umweltzonen nicht, das muss ganz klar gesagt werden, son­dern Sanierungsgebiete – im Volksmund als Umweltzonen bezeichnet.

Worum es mir geht, ist Folgendes: Wenn eine Region sagt, sie will Derartiges einfüh­ren, dann hat es einen Sinn, dass wir die Autos nach Abgasklassen mit einem Pickerl versehen, und das soll nicht in Graz ein grünes sein, in Wien ein rotes und in Salzburg ein gelbes, sondern es soll österreichweit einheitlich gekennzeichnet werden.

Ob dann eine Region ein derartiges Sanierungsgebiet, eine Beschränkung von Fahr­zeugen gewisser Abgasklassen durchführt, soll der Region überlassen sein. Hier bietet das Gesetz Flexibilität, dass man sich verschiedene Maßnahmen herausnehmen kann. Das halte ich für ganz wichtig.

Es wird auch eine vereinfachte Kundmachung der Verkehrsbeschränkungen geben. Die Gräuelpropaganda, die hier verbreitet wurde, dass man hinkünftig Geschwindig­keitsbeschränkungen nur im Internet ablesen kann, ist absolut lächerlich. Das war me­dial hochgespielt. Das war nie vorgesehen, sondern dass man Sanierungsgebiete klar ausweist. Aber Sie wissen genau, es hat Probleme in Graz gegeben, weil hier keine ordnungsgemäße Kundmachung stattgefunden hat. Und daher haben wir hier entspre­chende Regelungen vorsehen müssen, um das hinkünftig besser zu gestalten.

Auch beim Verkehr, bei der Verkehrserschließung, beim Straßenbau ist es jetzt mittler­weile so, dass nicht nur die Emissionen beim Bau einer neuen Straße, sondern auch die zu erwartenden Emissionen bei zukünftigem Verkehr auf dieser Straße bei der Neugenehmigung Berücksichtigung finden. Das soll auch dazu dienen, dass Men­schen, die dort leben, geschützt werden, gesundheitlich geschützt werden – das steht über allem.


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Letztendlich geht es auch darum, dem Wunsch der Länder Rechnung zu tragen, näm­lich die Option einer Amtsbeschwerde gegen Strafbescheide des UVS für den Landes­hauptmann vorzusehen. Das war ein Wunsch der Bundesländer, dem tragen wir hier Rechnung.

Abschließend: Ich bedanke mich ausdrücklich beim Verhandlungsteam, bei den Mitar­beiterinnen und Mitarbeitern des Lebensministeriums, meines Hauses, bei vielen, die hier etwas dazu beigetragen haben, insbesondere auf parlamentarischer Ebene – Kol­lege Schultes, Kollegin Bayr, die sich hier in der Schlussphase sehr eingesetzt haben, dass wir das Gesetz abrunden können. Es ist damit gelungen, eine Materie schwierigs­ter Art, mit unterschiedlichsten, divergierenden Interessen unter einen Hut zu bringen: Wirtschaft, Verkehr und vor allem – über all dem – das Anliegen der Bevölkerung, Ge­sundheit für die Bevölkerung sicherzustellen.

Ich danke allen und ersuche, hier zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

11.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rädler. – Bitte.

 


11.22.15

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Frau Ab­geordnete Glawischnig! Ich war es nicht! Ich habe Sie nicht aus der Lethargie gerissen in den letzten Tagen und Wochen, sondern das war Freda Meissner-Blau! Aber ich ha­be natürlich Verständnis aufgrund der Situation der Grünen in Wien: Ihr habt momen­tan andere Sorgen als Umweltpolitik. Da nützt auch das Drehen an den Haaren nichts, das ist so. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber auch Herr Kollege Kunasek und Herr Ing. Lugar, der Oberlehrer der Nation aus dem BZÖ, und auch Herr Kollege Matznetter haben so ihre Befürchtungen, dass durch dieses Gesetz, das IG-Luft – und der Herr Bundesminister hat es, glaube ich, sehr ausführlich erklärt und sehr breit dargelegt –, ein Schaden für die Wirtschaft, ja bis hin zu einem Anschlag zu erkennen wäre. Es ist „furchtbar“! – Und, Herr Oberlehrer Ku­nasek, Sie haben ein Zeugnis verteilt, aber Sie haben anscheinend ... (Abg. Weinzin­ger: Wer ist jetzt der Oberlehrer? Der Kunasek oder der Lugar?) – Herr Lugar ist der Oberlehrer! Das habe ich ja gesagt! (Ruf: Sie haben gesagt, Kunasek!) – Ach so! Nein, nicht Kunasek, sondern der Herr Oberlehrer Lugar: Er hat einige Fächer vergessen! Sie haben anscheinend den Umweltkontrollbericht von 2005 bis 2008 nicht gelesen, denn da drinnen steht genau, dass wir etliche Reduzierungen feststellen können: bei NOx, bei SO2. – Das ist Ihnen alles entgangen. Ich weiß nicht, worauf Sie sich bezogen haben. Sie haben geschlafen in den letzten Jahren. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Wieso regen Sie von der FPÖ sich so auf? Habt ihr euch schon wieder vereinigt, dass Sie Herrn Lugar schützen müssen? (Abg. Weinzinger: Sie sind ein Lustiger!) – Das ist ja abenteuerlich.

Kommen wir zum Schluss: Es ist ein gutes Gesetz. Es wird eure Zustimmung erwar­tet – sie wird nicht kommen. Ihr habt euch umweltpolitisch wieder woandershin, in die Opposition, begeben, dort findet ihr euch sicher. Es wird euch aber nichts bringen, auch nicht vor der Sommerpause.

Dieses Gesetz – und da spreche ich gerade als Bürgermeister – bringt uns im kommu­nalen Bereich sehr viel. Weil hier angesprochen wurde, dass es auch ein Anschlag auf die Gemeinden wäre: Nein! Die Entlastung durch jene Möglichkeiten, die die Bürger­meister jetzt haben, Betriebsansiedlungen auch in Sanierungsgebieten herbeizuführen, bringt uns als Gemeinden etwas. Den Kleinunternehmern bringt es etwas, den Fuhr­werksunternehmern mit bis zu 4 Lkw. Es gibt natürlich auch Maßnahmen, die die Bau­


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maschinen betreffen und somit auch das Baugewerbe – das müssen wir zur Kenntnis nehmen –, aber ansonsten ist das hier vorliegende Gesetz ein Gesetz, das ökologisch ausgerichtet ist und das auch der Wirtschaft dient.

Daher: Ihre Zustimmung kann ich nicht erbeten, aber vielleicht eine Nachdenkphase. (Beifall bei der ÖVP.)

11.25


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. – Bitte.

 


11.25.19

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit diesem Gesetz wird den Ländern die Möglichkeit eingeräumt, in Zukunft per Verordnung Umweltzonen einzuführen. Die sogenannte Umweltzone Graz wird wahrscheinlich das erste Experimentierfeld in Österreich sein, und wir sind als Steirer, als Grazer davon überzeugt, dass wir damit ähnlich schlechte Erfahrungen machen werden, wie das die deutschen Städte mit der Einführung ihrer Umweltzonen eigentlich schon hinter sich haben. Wir Freiheitliche lehnen deshalb aus leicht nachvollziehbaren, plausiblen Gründen die Einführung dieser Umweltzonen ab.

Es sind zum einen soziale Gründe, die uns daran hindern, diesem Gesetz zuzustim­men: Die Pendler, meine Damen und Herren, und die Mehrheit der Autofahrer können es sich im Regelfall nicht leisten, ein vier Jahre altes Dieselfahrzeug aufzugeben und sich dafür ein neues anzuschaffen. Für mehr als 50 Prozent der Personenkraftwagen – das hat mein Vorredner, Herr Abgeordneter Kunasek bereits angemerkt – würde das in der Steiermark bedeuten, dass sie nicht mehr in die Landeshauptstadt Graz hineinfah­ren können, dass damit Graz zu einer Art Sperrzone würde. Für die Pendler wäre das ein glatter Rauswurf, denn die sind ja auf das Kraftfahrzeug angewiesen, um überhaupt zu ihrem Arbeitsplatz zu kommen. Aber auch Tausende Grazer wären von einer sol­chen Maßnahme direkt betroffen, und das in Zeiten kurz nach oder mitten in einer schwe­ren Wirtschaftskrise.

Meine Damen und Herren, es sind aber auch wirtschaftliche Gründe, die wir für unsere Überzeugung ins Treffen führen. Eine Umweltzone Graz wäre ein weiterer schwerer Schlag gegen den Wirtschaftsstandort Steiermark. Der Handel in der Innenstadt von Graz wäre massiv betroffen, ein weiterer Kaufkraftverlust die logische Folge.

Die Wirtschaftskammer in der Steiermark hat sich deshalb schon vor Monaten klar da­gegen ausgesprochen. Allein in Graz und Graz-Umgebung würden die Kraftfahrzeug­besitzer unter einem Wertverlust ihrer Fahrzeuge von etwa 70 Millionen € leiden.

Der dritte und ebenso wichtige Grund ist die fehlende Kosten-Nutzen-Rechnung, meine Damen und Herren. Die Umweltzonen in deutschen Städten haben eines ganz deutlich gezeigt: Die Feinstaubbelastung ist etwa in Stuttgart oder in Bremen nach der Einfüh­rung dieser Umweltzonen kaum zurückgegangen. Wenn man aber die Verwaltungs­kosten aufrechnet, die explodiert sind – für Plaketten, für die Überwachung –, dann er­gibt das allein für Bremen einen Mehraufwand von 70 000 €.

Wir sind der Überzeugung, dass es sinnvoller ist, den Hausbrand – den Hauptverursa­cher für den Feinstaub – durch gezielte Maßnahmen weiter zurückzudrängen. Wir brauchen keine Fahrverbote in unseren Städten, die die Mobilität, die in dieser Zeit dringend notwendig ist, weiter einschränken. Wir lehnen auch Alibimaßnahmen ab, die die Arbeitnehmer belasten, hohe Verwaltungskosten verursachen und letztlich auch der Umwelt nichts bringen.

Wie sehr dieses Thema die Menschen in unserem Land bewegt, meine Damen und Herren, zeigt das Ergebnis einer Unterschriftenaktion, die wir Freiheitliche vor wenigen


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Monaten ins Leben gerufen und in der Steiermark durchgeführt haben. Innerhalb kur­zer Zeit haben wir über 10 000 Unterschriften zusammengehabt, haben 10 000 Men­schen in unserem Land eine Petition gegen die Umweltzone Graz unterschrieben.

Das zeigt ganz deutlich, wie die Bevölkerung denkt. Das zeigt, wer die Interessen der Pendler vertritt – nämlich die Freiheitliche Partei –, wer die Interessen der weniger Be­güterten in diesem Land, die sich nicht ständig ein neues Kraftfahrzeug leisten können, vertritt, wer die kleinen Gewerbetreibenden, die kleinen Wirtschaftstreibenden vertritt (Abg. Dr. Stummvoll: Die ÖVP!) und wer nicht zuletzt die Autofahrer vertritt, die wieder einmal als Melkkuh der Nation herhalten müssen. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher werden wir dieser Gesetzesvorlage nicht unsere Zustimmung geben können. (Beifall bei der FPÖ.)

11.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


11.30.07

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen leider zur Kenntnis nehmen, dass es bei der Anwendung des IG-Luft bezie­hungsweise bei der Umsetzung der Luftqualitätsrichtlinie permanent zu größeren Pro­blemen gekommen ist. Das lag zum Teil eben an den großzügigen Ausnahmen für Verkehr und für die Anlagen. Es ist kein Geheimnis, dass Industrie und Verkehr ja jene Bereiche sind, die am stärksten zur Umweltproblematik, insbesondere zur Luftver­schmutzung beitragen. Dazu hat es seitens des Umweltministeriums eine Analyse ge­geben, um auch entsprechend darauf reagieren zu können.

Was sind jetzt die wesentlichen, wichtigen Neuerungen im IG-Luft, um die europäische Luftqualitätsrichtlinie auch ordnungsgemäß umzusetzen und unsere nationalen Um­weltzielsetzungen schneller zu erreichen?

In Bezug auf die Umsetzung der Luftqualitätsrichtlinie werden künftig die Feinstaubbe­lastungen aus der Winterstreuung herausgerechnet, zugleich wird aber auch ein neuer Grenzwert für die Feinstaubklasse PM2,5 eingeführt. Damit werden neue, sehr ambi­tionierte Verpflichtungen für diesen Grenzwert geschaffen.

Aus unserer Sicht ist – das wurde auch schon erwähnt – eine sehr wichtige Verände­rung jene, dass die Möglichkeit für die Landeshauptleute gegeben sein wird – denn das IG-Luft steckt ja nur die Rahmen ab, der Hauptteil fällt ja in den Wirkungsbereich der Länder –, Maßnahmen im Bereich Ziel- und Quellverkehr zu setzen, dass konkrete Maßnahmen gegen zu hohe Luftbelastungen gesetzt werden können. Dafür wurden schon Beispiele genannt. Den Effizienzerwartungen wird dieses Gesetz auch nur dann entsprechen, wenn in den Bundesländern besonders restriktive Maßnahmen ergriffen werden.

Die Novelle wird auch die Feinstaubbelastung deutlich senken. Eine Möglichkeit hat in der Diskussion im Ausschuss Kollegin Moser aufgegriffen, als sie gemeint hat, eine Veränderung des Modal Split wäre hier wünschenswert und müsste gefördert werden. Gerade bei Fahrten von bis zu 5 Kilometern, also innerhalb geringer Distanzen, ist das eine gute Möglichkeit, und da ist man auch am schnellsten unterwegs. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur erwähnen, dass der Fahrradverkehr in Wien zurzeit 5 Prozent beträgt, und das Ziel ist, den Anteil bis 2015 auf 8 Prozent zu steigern. Damit müssen natürlich auch die Radwege weiter ausgebaut werden. Das Netz umfasst jetzt 1 200 Kilometer. Heuer werden wieder 25 Kilometer hinzukommen.

Was mich in diesem Zusammenhang auch beeindruckt hat, ist das Gratis-Radsystem: Es hat im Vorjahr allein 400 000 Citybike-Fahrten gegeben, bei denen über 1,3 Millio­nen Kilometer zurückgelegt wurden – also auch ein beachtlicher Beitrag.


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Aber lassen Sie mich auch etwas zu den Kritikern der Novelle sagen: Es wurde sehr wohl versucht – und der Herr Minister hat es ja auch gesagt –, alle Akteure mit ins Boot zu holen. Weil Herr Matznetter mit seinem Beitrag bei der öffentlichen Auflage erwähnt wurde – denn der Wirtschaftsverband hat hier Einwendungen gemacht, und die wurden sehr wohl berücksichtigt –: Das waren Einwendungen verfahrenstechnischer Natur, und natürlich wird das Gesetz unterstützt. (Abg. Weinzinger: Das ist ein Braver!)

Viele Verbesserungen im IG-Luft stehen außer Streit – ich denke da an die Neurege­lung für PM2,5 gemäß der Luftqualitätsrichtlinie oder auch an die Plakettenregelung. Es ist eine deutliche Verbesserung für den Umweltschutz, eine Regelung für bessere Luft, und die Novelle wurde von allen, auch von vielen Umweltorganisationen sehr be­grüßt.

Kritisiert wurde der Ausnahmenkatalog im § 14. Aber da ist es sehr schwierig. Was würden Sie herausnehmen, wenn Sie sagen, das ist zu extensiv? – Ich sage zum Bei­spiel, die Ausnahme, dass die Land- und Forstwirte in Ausübung ihrer Haupttätigkeit teilweise alte Fahrzeuge verwenden dürfen, ist für mich nachvollziehbar. Das kann aus meiner Sicht auch so sein.

Wir werden jedenfalls die Verkehrsemissionen weiter senken und mit verschiedenen Maßnahmen Anreize schaffen, um baulich veraltete und klimapolitisch bedenkliche Be­triebe an den Stand der Technik heranzuführen.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass diese Novelle einen ganz wesentlichen Fort­schritt gegenüber der bisherigen Rechtslage darstellt. (Beifall bei der SPÖ und bei Ab­geordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Matznetter: Richtig!)

11.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


11.35.35

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Landwirt­schaftsminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde zum Immissions­schutzgesetz-Luft sprechen, möchte aber zuerst schon noch ein bisschen etwas Allge­meines sagen.

Herr Minister, ich verwahre mich dagegen, dass Sie allen, die kritisch zur Umweltpolitik in Österreich Stellung nehmen, zu unterstellen versuchen, dass sie Österreich schlecht­machen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des BZÖ.)

Österreich ist leider kein Umweltmusterland mehr. Sie machen Österreich zum Müllim­portland! Wir haben das schlechteste Ökostromgesetz in Europa, und wir sind Klima­schutzschlusslicht. Sie können mir glauben, das ist nichts, worüber ich mich freue. Österreich als Umweltmusterland war etwas, worauf man wirklich stolz sein konnte, und es ist wirklich schmerzhaft, dass wir davon abgehen und immer schlechter und schlechter werden. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hornek: Der Wahlkampf ist vorbei!)

Es ist unser Ziel, wieder Umweltmusterland zu werden, und da werden Sie sich auch Kritik anhören müssen!

Und im Übrigen, wenn Sie jetzt sagen, Sie haben schon wieder einen Vorschlag ge­macht, dass es einen Ökotopf für Ölkonzerne gibt: Schön, wenn Sie Vorschläge ma­chen, schön, wenn Sie unsere Vorschläge zwei Tage, nachdem wir sie gemacht ha­ben, aufgreifen und weitertransportieren. Nur, was ich gerne einmal von Ihnen hören möchte, ist nicht, welchen Vorschlag es gibt und was gemacht werden sollte, sondern was tatsächlich gemacht wird! Also: Maßnahmen setzen und umsetzen – und nicht nur immer versprechen, inserieren, diskutieren. Wir müssen endlich handeln! Und das er­warte ich mir von Ihnen. (Beifall bei den Grünen.)


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Jetzt zum IG-Luft. – Wir werden auch nicht zustimmen, aber aus anderen Gründen als zum Beispiel die FPÖ. Die FPÖ sagt, dieses Gesetz ist eine Belastung für die Bevölke­rung. Wir finden, es ist jetzt schon die Belastung für die Bevölkerung zu groß, nämlich die Gesundheitsbelastung (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Zwölf Jahre lang die Grenzwerte ...!), und dieses Gesetz ist nicht ausreichend, um die Gesundheitsbelas­tung für die Bevölkerung einzudämmen. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Bun­desminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Sie stimmen gegen Verbesserungen! – Das ist un­geheuerlich!)

Das Gesetz besteht bereits seit zwölf Jahren, und es hat nicht ausgereicht, um die Be­lastung einzudämmen. Heuer, 2010, gibt es bereits 18 Orte in Österreich, an denen im Frühjahr schon die für das ganze Jahr zuträglichen Werte überschritten waren, und das war nicht nur 2010 so (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Jedes Jahr!), sondern auch in den Jahren zuvor. Und die Belastung steigt. In Österreich – man muss es leider sa­gen – sterben mehr Menschen an den Folgen von Feinstaub als direkt im Straßenver­kehr. Das zeigt, wie dringend notwendig es ist, da mehr Maßnahmen zu setzen. (Bun­desminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Wo ist da die Logik? ...!)

Was Österreich gemacht hat, nachdem wir die Grenzwerte nicht einhalten können, war, um eine Fristerstreckung anzusuchen, dass wir die Grenzwerte eben erst später, im Juni 2011, einhalten möchten. – Das ist nicht ausreichend, um die Bevölkerung in ihrer Gesundheit zu schützen.

Und wenn Sie sagen, Sie stellen jetzt den Landeshauptleuten einen Werkzeugkoffer zur Verfügung, Herr Minister: Es stimmt schon, die Landeshauptleute haben unzurei­chende Maßnahmen oder zu wenige Maßnahmen gesetzt, aber Sie sind oberste Be­hörde nach dem Immissionsschutzgesetz-Luft, und Sie hätten sehr wohl die Möglich­keit, hier auch einzugreifen. (Beifall bei den Grünen. – Bundesminister Dipl.-Ing. Berla­kovich: Wenn Sie das Gesetz nicht mit beschließen, wie kann ich dann?)

Wir würden sehr gerne dieses Gesetz mit beschließen, wenn es ausreichend Schutz für die Umwelt und für die Bevölkerung böte. Wir haben deswegen ja auch einen An­trag eingebracht – schon frühzeitig, weil Sie ja wieder mit dem Gesetz in Verzug sind; wir hätten das ja schon vor einem Monat umsetzen sollen –, in dem genau die For­derungen aufgelistet waren, die zum Schutz der Bevölkerung und der Umwelt eben notwendig sind. Kollegin Bayr hat es gesagt: Einige sind übernommen worden, aber leider nicht alle; und viele wesentliche nicht.

Ich finde es positiv, dass es einen Grenzwert für den sogenannten PM2,5 gibt, also für den Feinststaub, der noch gefährlicher ist als der Feinstaub. Es ist auch positiv, dass es diese Plakettenpflicht für die sogenannten Umweltzonen – oder besser: Sanierungs­gebiete – gibt und es da eben zu verkehrsbeschränkenden Maßnahmen kommt.

Was uns aber fehlt – und das ist negativ –, ist endlich einmal ein Plan, ein Luftqualitäts­plan, in dem man sich das auch übergreifend anschaut, im Zuge dessen man sich auch andere Gesetze anschaut, um auch ordentlich Maßnahmen treffen und diese um­setzen zu können. Es gibt wieder eine Reihe von Ausnahmen bei den verkehrsbe­schränkenden Maßnahmen, bei den Betriebsgenehmigungen – das haben Sie selbst erwähnt –, und ich denke, wenn es Ausnahmen, Ausnahmen, Ausnahmen gibt, dann wird einfach jeder Grenzwert zur Farce und die Bevölkerung wird wieder nicht ge­schützt.

Wenn wir schon unsere Grenzwerte nicht einhalten und die Belastung steigt und nicht nur Ballungsräume, sondern auch ländliche Regionen betroffen sind, dann verstehe ich auch nicht, warum Sie das sogenannte Janecek-Urteil nicht umsetzen, das der EuGH gesprochen hat, das nämlich, wenn die Behörden nicht ausreichend Maßnahmen set­zen, der Bevölkerung das Recht zuerkennt, dass sie dann einen Maßnahmenplan, einen


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Aktionsplan einklagen kann. Das ist notwendig: Wenn die Behörden säumig sind, untä­tig sind, dann muss zumindest die Bevölkerung das Recht haben, ihr Recht auf Ge­sundheit auch gerichtlich durchsetzen zu können, und das vermissen wir in diesem Ge­setz und können ihm deshalb auch nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

Wir bleiben daher bei unseren Forderungen, die Schutz der Bevölkerung, Schutz der Umwelt lauten. Von Ihnen, Herr Minister Berlakovich, als für die Umwelt zuständigem Minister würde ich mir auch erwarten, dass Sie nicht nur unterschiedlichste Inter­essen – bis hin zur Wirtschaft, haben Sie gesagt – unter einen Hut bringen, sondern sich vor allem für die Umweltinteressen einsetzen und dafür kämpfen. Und ich bin der Meinung, Österreich braucht ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umweltmi­nisterium. (Beifall bei den Grünen.)

11.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hörl. – Bitte.

 


11.41.35

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Was lange währt, wird endlich gut, kann man sagen. Ich bin ganz ent­täuscht, Frau Kollegin Brunner: Den Ausführungen Ihrer Frau Dr. Glawischnig hätte ich eigentlich entnommen, dass Sie dem Gesetz zustimmen und das Gesetz auch super finden (Zwischenrufe bei den Grünen), weil sich Frau Dr. Glawischnig ja nicht zum Gesetz geäußert hat, sondern zu den Tiefseebohrungen – hinsichtlich derer ich übri­gens ihre Sorgen teile. Bei den Tiefseebohrungen haben Sie recht, die allgemeine Kri­tik an einem erfolgreichen und fleißigen Minister betreffend aber natürlich keineswegs. (Abg. Brosz: Wo ist der Minister, den Sie angesprochen haben?)

Ich bedanke mich auch bei Frau Bayr und bei dir, Hermann Schultes, für die viele Ar­beit, bei den Experten, die hier mitgearbeitet haben, auch bei Ihnen, Herr Minister, dass Sie an diesem Gesetz mitgewirkt haben, und ich bedanke mich auch dafür, dass Sie sich nicht zu jedem Problem auf dieser Welt äußern, sondern Ihre Arbeit machen und hier nicht auch noch durch Äußerungen glänzen, wenn es um Katastrophen geht. (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.)

Dieses Gesetz ist gerade für uns in Tirol sehr wichtig. In den letzten 20 Jahren ist in Ti­rol mit dem Instrument Sanierungsgebiet aus anderen Gründen, nämlich wegen des überbordenden Transitverkehrs im Inntal, sehr großzügig umgegangen worden, und wir haben heute in Tirol ein Sanierungsgebiet zwischen Kufstein und Telfs. – Damit um­fasst dieses Sanierungsgebiet das gesamte Tiroler Industriegebiet. Wenn die ursprüng­liche Intention der Novellierung dieses Gesetzes oder gar Ihre Forderungen, Frau Brunner, durchgegangen wären, wäre das für uns in Tirol eine Katastrophe (Zwischen­ruf der Abg. Mag. Brunner), weil wir gerade im Inntal immer noch große Probleme mit den Arbeitsplätzen haben, und gerade dort, im ehemaligen Wohlstandsgebiet, darauf angewiesen sind, dass wir einen anderen Firmenmix ansiedeln können. Ich danke da­für, dass man darauf Rücksicht genommen hat, damit auch wir im Inntal eine Chance haben, Arbeitsplätze zu schaffen und auch neue Firmen zu gründen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich denke auch, dass dieses Gesetz sozial sehr ausgewogen ist. Härtefälle bei kleinen Unternehmern wurden berücksichtigt, die landwirtschaftlichen Betriebe, die ausgenom­men sind, fallen bei der kleinen Struktur unserer Landwirtschaft kaum ins Gewicht. Dass Traktoren jetzt dem gewerblichen Verkehr gleichgestellt sind, finde ich eine Frage der Gerechtigkeit, und mit dem Abänderungsantrag – es werden ja auch die Behinder­tenfahrzeuge berücksichtigt – ist das alles in allem eine gelungene Novellierung, die Chancengleichheit bietet, den Gesundheitsschutz verbessert, die Eingriffsmöglichkei­ten des Landeshauptmanns im Sanierungsgebiet bei sogenannten Stinkern massiv verschärft, technische Spitzenleistung fördert, soziale Härten berücksichtigt und auf die lokale Wirtschaft Rücksicht nimmt.


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Und betreffend Herrn Kollegen Lugar – er ist jetzt nicht im Saal (Abg. Ing. Lugar – win­kend –: Doch!) –: Ich würde ihn mit dem Ausdruck Oberlehrer nicht bedenken, mit Rücksicht auf den Ruf der Lehrerschaft, die man nicht so leichtfertig schlechtmachen sollte. (Abg. Stauber: Bravo!) Ich würde einfach sagen: Umwelt-Miesepeter. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.44


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte. (Abg. Mag. Widmann begibt sich zum Rednerpult und stellt dort eine Tafel mit dem Verkehrszeichen für Umweltzone, darunter einem Istgleichzeichen und darunter der Aufschrift „BÜRGERSCHIKANE“ auf.)

 


11.44.44

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Hohes Haus! Es ist ja wirklich bezeichnend für die ÖVP. Wenn man die ÖVP einmal so richtig in die Wunde trifft, dann überreagiert sie derart. (Beifall beim BZÖ.) Und wenn man dann den Minister kritisiert und sagt, dass auch die Op­position – ob FPÖ, Grüne oder Orange – in der Sache andere Ideen hat, Herr Minister, dann sind wir die Bösen, dann machen wir Österreich schlecht. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich.)

Ganz im Gegenteil: Wir stehen hinter diesem Österreich, denn die umweltpolitischen Leistungen, die bisher in diesem Land erbracht wurden, sind nicht von dieser Regie­rung gekommen, sie sind von den Unternehmen und den Bürgern in diesem Land ge­kommen – und das sollten Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen. (Beifall beim BZÖ.)

Diese Regierung schläft umweltpolitisch! Herr Minister, ich habe hier ein Zitat eines ganz prominenten Ministers zum Nationalen Aktionsplan Erneuerbare Energien: Dieser Minister hat gesagt, dieser sei äußerst wenig ambitioniert. – Und wissen Sie, wer das war, Herr Minister? – Das waren Sie, Herr Minister! Das heißt, Sie selbst haben Ihrem eigenen Ministerkollegen Mitterlehner letzte Woche über die Presse ausrichten lassen, dass er bei den erneuerbaren Energien, bei der Windkraft, aber auch bei der Biomasse und bei der Photovoltaik eigentlich völlig versagt. Also bitte schön, hacken Sie da nicht auf Kollegen Lugar hin und schimpfen Sie nicht auf die Opposition, nehmen Sie sich selbst beim Wort!

Zum IG-L selbst: Das IG-L wird jetzt verspätet umgesetzt; wir hätten es am 11. Juni umgesetzt haben sollen. Es gibt natürlich auch da einige Lichtblicke, das gebe ich ja zu: Da geht es um die Durchgriffsrechte der Landeshauptleute in Sanierungsgebieten zum Beispiel, da geht es um kleine Unternehmen. – Es gibt Lichtblicke, das gestehe ich Ihnen auch gerne zu.

Es gibt aber auch sehr viel Schatten, sehr viel Saures, sehr viel Topfen – umweltpoliti­schen Topfen – in diesem Gesetz, sehr vieles, was wir nicht unterstützen. Denken Sie zum Beispiel an diese ganz konkrete Sache. Wir sind jetzt zu Folgendem in der Lage, weil wir bei den Genehmigungen die Grenzwerte an jene der EU angepasst haben: Bisher waren wir immer EU-Musterschüler, was ja eigentlich nicht notwendig gewesen wäre, aber wir behalten die Grenzwerte in Österreich trotzdem bei, und wir verpflichten auch die Behörden, sogenannte Statuserhebungen zu machen, die dann an die Ge­meinden hinausgeschickt werden. Die Gemeinden müssen allfällige Maßnahmen, Ge­genäußerungen abgeben und belasten damit die Bürokratie – und das Ganze ohne Ef­fekte. Das ist ein Bürokratismus, durch den in jedem Bundesland zwei bis drei Mitar­beiter beschäftigt sind – plus die in den Gemeinden –, den man eigentlich abschaffen könnte. – Das fehlt mir hier.

Ein zweiter Punkt, der mir auch wichtig zu erwähnen ist, ist, dass zwar Klein- und Mit­telbetriebe in Belastungsgebieten, in Sanierungsgebieten angesiedelt werden dürfen,


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aber was ist mit den großen? Ich frage einmal ganz konkret: Wenn Sie einen neuen Betrieb ansiedeln wollen, einen größeren Betrieb, ist es gescheit, ihn auf die grüne Wiese zu stellen, wo die Luft noch in Ordnung ist, oder wäre es nicht gescheiter, die­sen Betrieb in Gebiete hineinzustellen, wo ohnehin nichts mehr zu holen ist und wo auch sonst, sage ich einmal, die Bevölkerung keinen Schaden nimmt? – Das wäre auch zu überlegen.

Dem Entwurf sind ja einige Giftzähne gezogen worden, nicht zuletzt dank der zahlrei­chen Stellungnahmen. Darunter gibt es ja auch die Stellungnahmen der Autofahrer­clubs ARBÖ und ÖAMTC, und der ÖAMTC hat etwa im Zusammenhang mit der Um­weltzone wörtlich davon gesprochen, dass es scharfe Einschnitte in die Grundrechte geben wird – dazu komme ich dann noch.

Wie gesagt, einige Dinge sind gut gelungen: die Rechte der Landeshauptleute, auch dass man bei EU-Grenzwertüberschreitungen strengere Maßnahmen setzen kann oder etwa auch die Einführung des PM2,5-Grenzwertes.

Aber der erste Husch-Pfusch hat ja schon letzte Woche begonnen. Da hat Ihnen der ARBÖ ausgerichtet, dass die Behinderten bei den Umweltzonen nicht berücksichtigt wurden, dass sie also nicht ausgenommen sind. Dann haben Sie das zunächst einmal bestritten und haben gesagt, das sei ganz klar im Gesetz geregelt. – Dann frage ich mich, warum wir heute hier einen Abänderungsantrag von ÖVP und SPÖ haben: weil es offensichtlich nicht ganz klar geregelt war. (Zwischenbemerkung von Bundesminis­ter Dipl.-Ing. Berlakovich.) – Ich sage einmal, es ist gut, dass es so kommt. Diesen Abänderungsantrag werden wir auch unterstützen.

Zu Ihren Umweltzonen gibt es sehr viel Kritik – das habe ich hier hergeschrieben. (Der Redner weist auf die Tafel, die er zuvor am Rednerpult aufgestellt hat.) Der Hauptkri­tikpunkt ist wohl jener, dass diese Umweltzonen de facto kaum etwas oder gar nichts bringen. Das sind die Erfahrungswerte aus Deutschland. (Abg. Dr. Lichtenecker: Geh!) – Und ich frage mich jetzt Folgendes: Wenn man weiß, dass sie nichts bringen, warum führt man sie trotzdem sehenden Auges, Kollegin Lichtenecker, ein? – Das be­deutet einen riesigen Aufwand an Bürokratie, neue Verkehrszeichen, der Bürger muss sich über das Internet informieren, ob die Umweltzone gerade aktiv ist oder nicht, und wir bekommen neue Verkehrsschilder und neue Plaketten, weil wir ja viel zu wenige in Österreich haben. Wir haben die Autobahnvignette, wir haben das § 47a-Pickerl, und jetzt kommt noch das Pickerl für die Umweltzone. (Abg. Dr. Lichtenecker: ... für die In­nenstadt Erleichterungen!)

Dabei ist es gar nicht sicher, wie das dann mit dem Tourismus ist. Wie wissen denn die Bürger, die dann zu uns kommen – nach Graz, nach Wien, nach Linz –, ob sie jetzt hi­neinfahren dürfen oder nicht? Wird das ausgeschildert? Wie viele Pickerln bekommen wir denn noch? – Also dieser Pickerlwahnsinn ist an sich abzulehnen! (Beifall beim BZÖ.)

Umweltpolitisch pervers wird es dann, wenn sich Menschen ein Auto nach EURO-Klas­se 4 gekauft haben, vielleicht sogar noch mit Förderungen von den Umweltlandesräten und von den Umweltstellen, und dann feststellen müssen, dass sie ein, zwei Jahre später mit diesen Autos nicht mehr in Umweltzonen einfahren dürfen, weil wir ja wis­sen, dass bei der neuen Technologie der PM10-Staub zwar geringer wird, aber die ganz kleinen Teilchen des PM1 wesentlich mehr werden. – Also das ist doch eigentlich nicht schlüssig und auch nicht nachvollziehbar!

Daher meine ich Folgendes: Wenn Sie dieses Gesetz schon beschließen, evaluieren Sie es auf jeden Fall in zwei bis drei Jahren hinsichtlich der Umweltzonen, was diese wirklich gebracht haben!

Ich komme zum Hauptproblem dieser Umweltzonen – abgesehen davon, dass sie nichts bringen, und zwar messbar nichts bringen –: Es fehlen die Alternativen! Haben Sie da­rüber schon einmal nachgedacht?


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Bis auf Wien – und selbst Wien hätte da große Schwierigkeiten – ist es doch so, zum Beispiel in Graz, in Linz oder in Salzburg, dass es für die Menschen geradezu unmög­lich ist, in die Stadt zu kommen, wenn Sie diese Städte für den PKW-Verkehr sper­ren. – (Abg. Dr. Moser: Ja, mit dem öffentlichen Verkehr!) – Eben nicht, Frau Kollegin Moser, weil das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln dort – ich sage das jetzt auf gut Mühlviertlerisch – unterm Hund ist. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Moser: Darum sind wir ja ständig dafür!)

Das heißt, Sie müssen zuerst dort ansetzen, müssen zuerst die Voraussetzungen schaf­fen – und dann können wir über Umweltzonen diskutieren, die aber eigentlich nichts brin­gen. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Moser: ... öffentliche Verkehrsmittel!)

Das heißt, die Umweltzone ist eigentlich eine Bürgerschikane, sie bringt nichts, da­durch mobbt man lediglich die Bürger – und die Alternativen in Bezug auf öffentliche Verkehrsmittel fehlen.

Im Zusammenhang mit dem IG-L beschließen wir ja auch sozusagen ein Brauchtums­verbot für die Landeshauptleute, denn diese müssen in Zukunft entscheiden, ob das Osterfeuer, ob das Sonnwendfeuer und vielleicht auch noch die Silvesterraketen star­ten dürfen oder nicht.

Dazu kann ich nur ganz klar sagen: Wir vom BZÖ sind gegen Verbote im Zusammen­hang mit dem Brauchtum! (Zwischenruf des Abg. Mag. Josef Auer.) Wir wollen auch in Zukunft Brauchtumsfeiern haben, wir wollen Sonnwendfeuer haben – und wir wehren uns dagegen, dass man es den Landeshauptleuten überlässt, im Verordnungswege fest­zulegen, ob so etwas stattfinden kann oder nicht, ob dieser das für gut befindet oder nicht. (Beifall beim BZÖ.)

Ein Schmankerl zum Schluss: In den Erläuterungen zum Gesetz steht sogar drinnen, dass man beim Grillen nicht Holzkohle verwenden sollte. – Ich bin schon gespannt, wie das kontrolliert und umgesetzt wird – und ich stelle die Frage, ob wir dann die Schre­bergarten-Grillpolizei in sämtlichen Gärten Österreichs vorfinden werden und diese dann Bericht zu erstatten hat. (Abg. Ursula Haubner: Die Garten-Sheriffs werden wieder kom­men! Die Garten-Sheriffs!)

Herr Minister – auf den Punkt gebracht –, auch wenn SPÖ und ÖVP das Gesetz vom umweltpolitischen Standpunkt aus schönzureden versuchen: Ein umweltpolitischer Topfen bleibt das allemal. Wir stimmen daher nicht zu. (Beifall beim BZÖ.)

11.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Auer. – Bitte.

 


11.51.54

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Wir haben ja schon zwei Oberlehrer hier im Haus, also darf ich mich nicht dazugesellen (Abg. Mag. Wurm: ... besser!), aber ich möchte der Opposition doch Folgendes sagen: Als Bürgermeister und langjähriger Gemeindemandatar bin ich es gewohnt – ich habe das immer so gemacht –, objektiv an die Lösung eines Pro­blems heranzugehen, und zwar in Zusammenarbeit mit den Menschen, sozusagen mit einem Hineinhorchen in die Menschen.

Und genau das wird bei diesem Gesetz gemacht, das hat sich ja auch schon in der Zeit der Entwicklung dieses Gesetzes gezeigt. In der Begutachtungsphase hat es – was heute zum Teil bekrittelt wurde – Stellungnahmen zu dieser Gesetzesvorlage gegeben. Herr Kunasek, das, was Sie gesagt haben, hat sich auf Aussagen in der Begutach­tungsphase bezogen – und da kann man doch jetzt nicht so tun, als wäre das der Letzt­stand der Dinge. Das ist nicht ganz ehrlich.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 77

Unterm Strich: Mit diesem Gesetz gelingt wirklich ein Spagat. Denken wir doch nur an die Problematik, an dieses Spannungsfeld zwischen dem Schutz der Umwelt, dem Schutz der Luft einerseits und einer prosperierenden wirtschaftlichen Entwicklung an­dererseits! Das betrifft doch auch jeden von uns: Wenn wir zu Hause im Garten sitzen, dann wollen wir gute Luft, eine schöne Umwelt – wenn wir aber im Auto sitzen, wollen wir möglichst schnell von A nach B kommen. Sind wir selber Wirtschaftstreibende, dann wollen wir möglichst uneingeschränkt unseren wirtschaftlichen Aktivitäten nach­gehen, damit wir natürlich möglichst viel Profit machen können.

Nochmals: Mit diesem Gesetz gelingt uns dieser Spagat. In Zusammenarbeit innerhalb der Koalition ist dieser Spagat gelungen. Viele Dinge wurden ja schon genannt: Die Luftqualität wird verbessert; sinnvolle EU-Richtlinien werden schonend umgesetzt. Nach dem ersten Entwurf wären zum Beispiel Betriebserweiterungen sehr schwierig beziehungsweise sogar unmöglich gewesen. Ich selbst lebe in Tirol, und zwar im Inn­tal, in einem sogenannten Sanierungsgebiet, wo es sehr schwierig wäre, neue Betriebe anzusiedeln – Kollege Hörl hat ja schon darauf hingewiesen –, und ich bin daher sehr froh darüber, dass es diesbezüglich zu Änderungen gekommen ist.

Das Wort „Sanierungsgebiet“ – das muss ich als langjähriger Touristiker sagen – ge­fällt mir übrigens nicht, und auch viele potenzielle Gäste stoßen sich an diesem Wort, wenn sie Zeitungen lesen, wenn sie sich über sonstige Medien informieren, und mei­nen, wer weiß, wo sie denn da hinfahren würden. Daher wäre es sicher besser, ein an­deres Wort für „Sanierungsgebiet“ zu verwenden. (Abg. Weinzinger: ... stellt Kräne hin und saniert!) – „Immissionsschutzgebiet“ zum Beispiel würde besser klingen.

Damit eine gute wirtschaftliche Entwicklung weiterhin möglich ist und wir aber trotzdem eine gute Luftqualität haben, genügt natürlich das IG-Luft alleine nicht. Nach so man­chen Debattenbeiträgen heute könnte man ja meinen, dass das IG-Luft das einzige Gesetz wäre, mit dem man alles lösen könnte. So ist das nicht.

Zu Ihrem Beispiel mit dem Werkzeugkoffer, Herr Minister: Das IG-Luft ist ein Werk­zeugkoffer, aber es gibt viele verschiedene Werkzeugkoffer. Daher: Was ist da alles zu machen? – Zum Beispiel müssen wir mehr Verkehr auf die Schiene bringen. Oder, da im Ausschuss über die Solarenergie gesprochen wurde: Die Solarkonstante ist ja allen ein Begriff, 1 370 Joule pro Sekunde und Quadratmeter werden am Rande der Erdatmosphäre an Energie eingestrahlt. Das ist doch ein enorm großes Energiepaket, das wir uns sozusagen nur mehr abholen müssen.

Bei der Freiheitlichen Partei hat mich schon gewundert – aber eigentlich auch nicht; ich habe jetzt nicht die Zeit, das so genau auszuformulieren –, dass Kollege Deimek sogar beim IG-Luft ein Ausländerthema gefunden hat: Vom Türkengrill hat er gesprochen. Al­so wenn es nicht so traurig wäre, würde ich es lächerlich finden. (Abg. Dipl.-Ing. Dei­mek: Ich werde es nachher erklären!)

Lassen Sie mich noch ganz kurz die Tiroler Situation anschneiden: Tirol hat in den letz­ten Jahren sehr viele Anstrengungen unternommen, was das IG-Luft anbelangt, wir sind aber natürlich noch nicht am Ziel. Und eines möchte ich auch noch erwähnen: Die Landesregierung hatte Probleme bei der Vorbereitung des Gesetzes und hat auch den Konsultationsmechanismus eingeleitet. Ich finde, dass es diesbezüglich in Zukunft viel­leicht Verbesserungen geben sollte.

Insgesamt glaube ich aber, dass wir auf einem guten Weg sind, und vielleicht stimmen auch Teile der Opposition zu. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

11.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dei­mek. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 78

11.56.47

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren im Hohen Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Dicke Luft hier, könnte man fast sagen – in Verkennung des Wortes IG-Luft, aber trotzdem: Als ich heute in der Früh nach dem Aufstehen den Fernseher aufge­dreht habe, hat mir der Nachrichtensprecher einer Privatsenders freundlich entgegen­gelächelt und gesagt: Heute beschließt der Nationalrat Maßnahmen, mit denen die Landeshauptleute etwas für die Gesundheit tun können.

Ich habe mir gedacht. Na bumm, da muss ich sofort ins Parlament gehen, denn bei einer solch guten Aktion möchte ich dabei sein. (Zwischenrufe bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Moser.) – Tatsache ist: Wir haben leider das IG-Luft zu diskutieren und zu be­handeln – und das ist wirklich eher dicke Luft als IG-Luft beziehungsweise dieser posi­tivistische Ansatz, was denn nun die Landeshauptleute alles machen können.

Kurz zur Entstehung dieses Gesetzes: Dazu gab es einen Ministerialentwurf mit 63 Stellungnahmen, die großteils negativ waren – das muss man qualitativ auch einmal hinbringen –, wobei sich einige dieser Stellungnahmen gar nicht auf den Inhalt, son­dern auf die Ausführung des Gesetzes bezogen haben. Daher: Jene Damen und Her­ren im Ministerium, die diesen Gesetzentwurf geschrieben haben, sollten vielleicht auch einmal ein Qualitätssicherungsseminar besuchen. (Zwischenruf des Abg. Ing. Schultes.)

Zum Inhalt: Wenn zum Beispiel, wie heute schon öfters besprochen, Kollege Matz­netter in seiner Stellungnahme sagt, Belastungen und Maßnahmen treffen die ärmeren Einkommensschichten überproportional, kann ich nur erwidern, dass das ganz klar ist, denn wer kauft denn gebrauchte Autos, die fünf, zehn oder 15 Jahre alt sind? – Sicher nicht Kolleginnen und Kollegen hier herinnen! Jene, die wenig verdienen, kaufen sich solche Autos und haben nun all diese negativen Maßnahmen zu schlucken.

Nun noch ein paar Sätze zum Luftreinhaltegesetz. Die Landwirtschaftkammer – diese dürfte Ihnen ja bekannt sein, Herr Bundesminister Berlakovich – sagt, das Verbrennen biogener Materialien im Winter wird für Bauern in exponierten Lagen schwer werden. Ich kann dazu nur sagen: Ja, die werden einige Probleme haben, und ich hoffe, dass dann nicht der „IG-Luft-Blockwart“ vorbeischaut und denen lauter „nette“ Dinge aus­richtet.

Nun zu einem besonderen „Gustostückerl“, was den Bereich Wein- und Obstbau in die­sem Zusammenhang anlangt: Ein Weinbauer müsste gemäß diesem Entwurf – und da geht es nicht um irgendeinen Ministerialentwurf, sondern um jene Gesetzesvorlage, die heute hier zur Debatte steht – sein Rebholz im Weingarten in schwer zugänglicher La­ge zuerst einmal bis zu 500 Meter mit der Hand transportieren – und dann kann er es mit dem Traktor transportieren! Gott sei Dank ist der jetzt befreit, weil sonst hätte er mit dem Traktor mit Klasse 1 und 2 auch noch einmal Probleme! Also ein ganz besonderes Gustostückerl.

Und das gilt nicht nur für den Weinbau, sondern auch für den Obstbau. Wenn in dem Holz dann noch Draht drinnen ist, wie das im Wein- und Obstbau der Fall sein kann, dann hat der Bauer wieder ein Problem.

Taxativ aufgezählt als Ausnahmen vom Verbrennungsverbot sind aber sehr wohl La­ger- und Grillfeuer.

Das heißt, auf der Donauinsel darf in dem Bereich, in dem es keine normierten Grill­stellen gibt, mit Braunkohlenbriketts „wunderbar“ die ärgste Luftverpestung erzeugt wer­den.

Auf der anderen Seite müssen die Leute jetzt wegen der Brauchtumsfeuer – Sie ken­nen ja die Osterfeuer, Sonnwendfeuer, Silvesterfeuer; alle mit einer ordentlichen Men­ge Holz – zum Landeshauptmann gehen und fragen, ob sie das eh machen dürfen. Das


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nenne ich wirklich ausbremsen von Brauchtumsfeuern, während auf der anderen Sei­te – Kollege Josef Auer hat schon erwähnt, dass ich darauf eingehen werde – einfach eine Türkengrill-Förderung stattfindet. – Das ist eigentlich der falsche Weg. (Beifall bei der FPÖ.)

Kommen wir zur Industrie und zu Graz. Ich nehme einmal an, einige Kolleginnen und Kollegen werden nicht wissen, dass mitten in Graz ein Elektrostahlwerk steht, und die­jenigen, die sich mit der Stahlerzeugung auskennen – ich weiß nicht, ob sich Kollege Keck auskennt, aber er ist zumindest Betriebsrat in der Voest (Abg. Riepl: Na ganz sicher kennt sich der aus! Ganz sicher!), schauen wir einmal –, wissen, dass ein Elek­trostahlwerk im Unterschied zu einem Blasstahlwerk wie in Linz und Donawitz eine der größten Dreckschleudern ist.

Ich freue mich schon auf die Inversionswetterlagen, wenn das Elektrostahlwerk Marien­hütte entsprechende Emissionen hat und auf der anderen Seite dafür mit diesen „wun­derbaren“ Zonen der Privatverkehr eingeschränkt wird. Ein Traum von Gesetz, das wir hier beschließen! (Ruf bei der FPÖ: Wir eh nicht!)

Wenn es heute – auch wieder mit diesem positivistischen Ansatz – heißt, wir haben den Landeshauptleuten und den Ländern Berechtigungen gegeben, dann muss ich sa­gen: Wenn man sich deren Reaktionen anschaut, dann muss man hinzufügen: Berech­tigungen schon  aber Berechtigungen zum Zahlen. Nimmt man zum Beispiel die Stel­lungnahme des Landes Kärnten her – und ich hoffe, Sie kennen diese –, dann findet man darin folgende Passage:

Eine Neuerung in der nun übermittelten Regierungsvorlage stellt der Passus über die Kostenerstattungspflicht der Länder gegenüber der Bundesstraßenverwaltung dar. – Zitatende.

Das heißt, für all diese schönen neuen Überkopf-Wegweiser und Überkopf-Regler dür­fen die Länder zahlen, aufgestellt werden sie jedoch von ASFINAG und Bund. Da freu­en sich die Länder „sehr“! Auf die Spitze bringt es jedoch das Bundeskanzleramt, das Sie wahrscheinlich auch kennen werden, denn das teilt mit, dass die Länder Tirol – schwarzer Landeshauptmann – und Vorarlberg – auch kein roter Landeshauptmann – den Konsultationsmechanismus verlangt haben – also im Prinzip das Höchste, was die Bundesländer machen können. Das ist die Spitze dessen, was bei der Gesetzgebung im Vorhinein passieren kann. Das ist eigentlich das, was wir hier ausschließen sollten und was nicht die Regel sein sollte.

Was verlangen Sie eigentlich von den Landeshauptleuten noch? Was sollen sie noch machen? Sollen sie mit ihren Mercedes, mir ihren Dienstautos eine Sternfahrt zum Bundesministerium machen, um dort das Ministerium biogen abzufackeln? Das kann doch wirklich nicht der Sinn der Sache sein! (Abg. Dr. Moser: Wenn Sie wüssten, was Sie sagen! Der Konsultationsmechanismus ...! Zwischenbemerkung von Bundesmi­nister Dipl.-Ing. Berlakovich.)

Herr Bundesminister, am allerbesten wäre es, wir würden die ganze Materie von vorne noch einmal diskutieren und alle Fehler, die schon passiert sind, ausschließen. Das ist auch der Grund dafür, dass wir einen Rückverweisungsantrag gestellt haben. Ich hoffe, dass diesem die Zustimmung erteilt wird. Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.02


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 


12.02.58

Abgeordneter Peter Mayer (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Bundesminister Niki Berlakovich! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Gesundheit ist unser höchstes Gut und muss deshalb nach bestem Wissen und Gewissen geschützt werden. Es ist be­


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kannt, dass gerade die Feinstaubproblematik ein gesundheitsgefährdender Faktor ist. Dazu kommt auch noch der Umweltaspekt, der verdeutlicht, wie wichtig ein funktionie­rendes IG-Luft ist.

Mit der Vereinheitlichung der Maßnahmen im Sanierungsfall haben die Landeshaupt­leute eine breite Palette an Möglichkeiten, um die Luftqualität effizient und mit einem Höchstmaß an Verwaltungsvereinfachung zu verbessern. Den Ausgleich zwischen Ökologie und Ökonomie zu schaffen, ist sicher nicht einfach, aber gerade in dieser Ge­setzesmaterie ist diese Gratwanderung sicherlich sehr gut gelungen.

Viele Immissionsverursacher muss man natürlich genauer betrachten, um strategische Fehler zu vermeiden. Man kann nicht einerseits den Ausbau der Biomasse und der er­neuerbaren Energie fordern und andererseits gesetzliche Barrieren schaffen, die dies verhindern. Ich glaube, darauf ist auch dementsprechend Rücksicht genommen wor­den. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir alle wünschen uns mehr Energieunabhängigkeit. Darum ist es wichtig, dass das auch in dieser Gesetzesmaterie verfolgt wird.

Tatsache ist, dass es viele Wünsche nach Ausnahmen gegeben hat, speziell aus dem Hobby- und Freizeitbereich, immer mit dem neidvollen Querverweis zu Land- und Forstwirtschaft, wo es Ausnahmen gibt, wenn es sich um den Traktoreneinsatz in der bäuerlichen Produktion handelt – Ausnahmen, die übrigens nicht mehr gelten, wenn die Maschinen gewerblich eingesetzt werden. Da ersuche ich, zu unterscheiden, ob es darum geht, eine heimische bäuerliche Lebensmittelproduktion abzusichern, oder da­rum, Spaß- und Freizeitbetätigungen zu regeln.

Gerade das Immissionsschutzgesetz-Luft zeigt, dass es möglich ist, praktikable, flexi­ble und effektive Maßnahmen im Umweltbereich anzubieten. Es wäre wünschenswert, wenn dies in anderen Gesetzesmaterien auch so einfach wäre. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.05


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. – Bitte. (Abg. Ing. Schultes: Ist die Hose schon geflickt? – Abg. Grosz – auf dem Weg zum Rednerpult : Wenn das dein einziges Problem ist, dann gratuliere ich dir!)

 


12.05.22

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Bundesminister, Sie sind doch eine besondere politi­sche Spezies, denn Sie sitzen dort oben auf der Regierungsbank in Ihrer Selbstherr­lichkeit, verteilen quer durch die Fraktionen Haltungsnoten an Abgeordnete, die Sie als Oberlehrer bezeichnen, gaukeln uns vor, dass Sie die Weisheit morgens täglich mit dem Silberlöffel verspeisen – dabei sind Sie mit Abstand der schlechteste Landwirt­schafts- und Umweltminister in der Geschichte der Zweiten Republik! (Abg. Grillitsch: Wie sprichst du?! Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. Abg. Grillitsch: Oberleh­rer! Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich.– Ich würde sagen, das ist objektiv beurteilbar. Ich hoffe, Sie verstehen meine Worte trotz der Dol­metschschwierigkeiten von einem Steirer zu einem Burgenländer, ansonsten können wir ja einen Zwischendolmetsch einschalten. Ich weiß, das ist ziemlich schwierig, bis das die Burgenländer verstehen. (Beifall beim BZÖ. Abg. Dr. Bartenstein: Was soll diese Polemik?!)

Sehr geehrter Herr Bundesminister, Sie legen uns heute hier de facto ein Gesetz vor, das schlussendlich verantwortungslos ist (Abg. Grillitsch: Warst du im Ausschuss?) – nämlich auch deshalb, weil Sie mit diesem IG-Luft den Menschen in Österreich vorgau­keln, dass Sie das Feinstaubproblem in irgendeiner Weise in den Griff bekommen wür­den.


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Sie wissen ganz genau – und meine Vorredner haben es alle gesagt –, dass der Pkw-Verkehr in Österreich nur zu 15 Prozent Feinstaubverursacher ist. Das heißt, Sie schütten das Kind mit dem Bade aus. Noch einmal, zum Zuhören: Der Pkw-Verkehr ist nur zu 15 Prozent Feinstaubverursacher, und Sie machen ein Gesetz, in dem Sie sich ausschließlich auf diese 15 Prozent der Feinstaubverursachung konzentrieren, und gaukeln Gott und der halben Welt vor, dass damit in Österreich das Feinstaubproblem gelöst wäre. (Beifall beim BZÖ. Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber auf Abg. Grosz wei­send : ... Autofahrer!)

Sie lassen den Hausbrand außen vor, Sie lassen die Industrieemissionen außen vor (Abg. Ing. Schultes: Hast du schon wieder nicht zugehört?) und beschränken sich da­rauf, dem Parlament ein kommunistisches Gesetz vorzulegen, mittels dessen Sie über Nacht 800 000 Pkws in Österreich für wertlos erklären – denn das ist ja der Punkt.

Ich habe einen unverdächtigen Unterstützer, der dasselbe sagt. Der ehemalige Lan­desgeschäftsführer der Sozialdemokratie der Steiermark, Hans Marcher, warnt gestern in einer zwei Seiten langen OTS-Meldung Sie von der Sozialdemokratie davor, diesem gesetzespolitischen Pfusch zuzustimmen. – Im Übrigen plant er zur Stunde gerade ge­meinsam mit Merkur-Generaldirektor Sundl und Ex-Landesrat Dörflinger die Nachfolge von Franz Voves, also schon die Post-Voves-Ära; er ist also Ihr künftiger Landespartei­vorsitzender.

Ich würde daher die Damen und Herren Genossinnen und Genossen der SPÖ bitten, doch durchaus noch einmal zu überdenken, ob es denn gescheit ist, ein Gesetz zu be­schließen, das 800 000 Pkws für wertlos erklärt, den Menschen vorgaukelt, dass damit das Feinstaubproblem gelöst wäre, wo das doch schlussendlich der gleiche Gesetzes­pfusch ist wie zum Beispiel der in der Steiermark – bei mir in Graz – von Landesrat Wegscheider verordnete „Luft-Hunderter“ auf den Autobahnen, den ich vor drei Jahren mit einem Einspruch beim Unabhängigen Verwaltungssenat gekippt habe. (Beifall beim BZÖ.)

Sie werden sich in diesem Fall, bei diesem Gesetz, das Sie da dem Parlament vorle­gen, gleich schwer tun wie alle anderen, die meinen, mit so einer kurzsichtigen Aktion in Österreich in irgendeiner Form etwas zu bewegen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Wurm und Stauber.)

Zu den Äußerungen von Herrn Abgeordnetem Kurzmann möchte ich noch Folgendes sagen: Herr Abgeordneter Kurzmann, der jetzt nicht im Saal ist, hat davon gesprochen, dass er vor mehreren Monaten eine Unterschriftenaktion eingeleitet hat, „Nein zur Um­weltzone“, die 10 000 Unterschriften gebracht hat und die er 5 Monate geplant hat. – Ich habe damals in Graz allein bei dem Thema der organisierten Bettelkriminalität in­nerhalb von 9 Tagen 15 000 Unterschriften gehabt, aber mit folgendem Unterschied: Ich habe das Thema „Nein zu Umweltzonen in Graz“ beziehungsweise das Thema „Ja zu einem Verbot der Bettelkriminalität in Graz“ nicht in St. Georgen ob Judenburg pla­katiert.

Wenn jemand nämlich Nein zu Umweltzonen in Graz in St. Georgen ob Judenburg – ich hoffe, es wissen einige von Ihnen, wo das liegt – plakatiert, wo es dann wütende Proteste der dort ansässigen Bevölkerung gegeben hat, weil dort alle gesagt haben: Warum bekommen wir jetzt auch eine Umweltzone in St. Georgen ob Judenburg?, dann halte ich das durchaus auch für ein Vorgaukeln von direkter Demokratie, die es zumindest im obersteirischen Bereich im Bereich der Umweltzonen nicht gibt. (Abg. Mag. Gaßner: Sie werden trotzdem nicht in den Landtag kommen! Abg. Mag. Wurm: Oberlehrer!)

Aber ich weiß schon: Abstimmungspannen, Klatschpannen, Pannen mit Unterschriften­aktionen – ihr steht halt derzeit unter einem sehr schlechten Stern. Ihr solltet vielleicht


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„Paul“, die Orakel-Krake, befragen, ob es euch in Zukunft besser geht, denn er ist beim Voraussagen der WM-Ergebnisse ja sehr zielsicher – im Gegensatz zu euren po­litischen Erfolgen. (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich ersuche Sie daher, diesem Gesetz dieses Umwelt- und Landwirtschaftsministers – vulgo auch Lebensministers; das steht aber im Übrigen nicht einmal im Bundesministeriengesetz – Ihre Zustimmung nicht zu ertei­len. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

12.11


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Stauber. – Bitte.

 


12.11.05

Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzter Herr Kollege Grosz, würdest du ein bisschen mehr Zeit darauf verwenden, dieses Gesetz näher zu studieren, und dir weniger Sor­gen machen, wie es der SPÖ in der Steiermark geht oder wie es dort weitergeht, dann würdest du nicht so einen Blödsinn daherreden. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Scheib­ner: Nein, wir machen uns wirklich Sorgen!)

Ich muss zwar nicht den Herrn Minister verteidigen, aber ich muss dir wirklich sagen, das, was du da jetzt gebracht hast – du hast ja nur von Pfusch und so weiter geredet –, geht wohl weit über das hinaus, was mit diesem Gesetz eigentlich gemeint ist. (Abg. Scheibner: Das Rednerpult ein bisschen höher! Abg. Grosz: Das Rednerpult ein bisschen höher! Wir hören nichts! Abg. Scheibner: Otto Pendl meint das auch!) – Das macht nichts. Du verstehst mich schon, wenn du willst und wenn du kannst.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Werte KollegInnen! Der Schutz der Ge­sundheit ist für uns alle ein wichtiges Gut – für uns Bürgermeister ganz besonders. Ich bin ja selber Bürgermeister einer sehr stark feinstaubbelasteten Gemeinde und weiß daher, was das heißt. Alle Studien haben ergeben, dass in erster Linie der Hausbrand an der Feinstaubbelastung schuld ist, dann kommt die Landwirtschaft, und dann kommt erst der Verkehr.

Also liegt es mir zwar auch ganz besonders am Herzen, dass der Hausbrand in ver­stärktem Maße in die Überlegungen mit einbezogen wird – da bin ich selbstverständ­lich bei dir, das ist ganz klar –, aber dass das nicht so leicht zu machen ist, wissen wir alle. In der Praxis schaut es einfach so aus, dass wir den Leuten am Land nicht verbie­ten können, dass sie mit Holz heizen – das ist nun einmal so –, und mit dem Ausbau der Fernwärme in den ländlichen Regionen ist es halt auch sehr schwierig, wirksame Maßnahmen zu setzen. – Ich glaube, darin sind wir uns einig.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, es ist positiv, dass den Landeshauptleu­ten mehr Durchgriffsrechte und mehr Verantwortung übertragen werden, auf der ande­ren Seite muss ich auch dazusagen, dass wir in den Ländern keine so große Freude damit haben, dass wir wieder mehr Kosten hinübergewälzt bekommen. Das ist Tatsa­che, aber trotzdem wird den Landeshauptleuten doch ein Instrumentarium in die Hand gegeben, um verstärkt Maßnahmen zu ergreifen.

Kollege Widmann, auch wir sind selbstverständlich für die Brauchtumsveranstaltungen, und dass wir keine Osterfeuer mehr haben wollen und so weiter, das ist ja Mumpitz! (Abg. Grosz: Wie steht es mit dem Sonnwendfeuer? Sonnwendfeuer!) Selbstver­ständlich wollen wir das auch in Zukunft haben, und die Landeshauptleute haben da auch die Möglichkeit, Ausnahmen zu machen. Dann sollen sie halt Ausnahmen über längere Zeiträume beschließen und nicht jeden einzelnen Osterhaufen extra genehmi­gen lassen. (Abg. Grosz: Sonnwendfeuer, nicht Osterfeuer!) Ich glaube, das ist eine Selbstverständlichkeit.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 83

Was für uns auch sehr positiv ist, ist, dass die Behindertenfahrzeuge von der Regelung ausgenommen sind, denn ich glaube, diese Menschengruppe, die ohnehin Schwierig­keiten bei der Mobilität hat, soll nicht verstärkt belastet werden. Das ist eine sehr wich­tige Sache. Deswegen war es uns Sozialdemokraten sehr wichtig, dass diese Ausnah­mebestimmungen für die Behindertenfahrzeuge in dieses Gesetz aufgenommen wurden.

Alles in allem ist das, glaube ich, doch eine sehr positiv Geschichte, und ich hoffe, dass auch Herr Kollege Grosz und seine Kollegen zustimmen werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Grosz: Ja, die Hoffnung stirbt zuletzt! Was bleibt, sind Hoffnung, Glaube und Auferstehung! Die Liebe habe ich vergessen, aber das ist eher unpassend! Glaube, Liebe, Hoffnung!)

12.14


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


12.14.31

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Diese Novelle – die Umsetzung der neuen Luftqualitätsrichtlinie der EU – hätte eigentlich schon im Juni stattfinden sollen, aber es gibt wieder eine Verspätung. Ziel dieser Novelle sollte sein, dass es Erleichterungen und Anpassungen im Vollzug des IG-Luft gibt. Nun wissen wir aber aus Deutschland, dass es nur zu massiven Verwal­tungskosten kommt und dass die Vorteile für den Umweltschutz nur marginal sind. Die­ses Gesetz ist wirklich ein Irrsinn, und ich glaube, das ist wieder reiner Nepp, reine Ab­zocke, und der Bürger und die Bürgerin bleiben auf der Strecke.

Die Schaffung sogenannter Umweltzonen, die darauf abzielen, abgasreiche Fahrzeuge einzuschränken, bedeutet auf gut Deutsch gesagt nichts anderes, als dass – wie es Gerald Grosz schon gesagt hat – 800 000 Fahrzeuge weg vom Markt müssen, die von Leuten gefahren werden, die kein Geld haben, sich neue Autos zu kaufen. – Es ist wirklich ein Wahnsinn!

Wenn man dann davon spricht, dass das so viel Einsparungen bringen wird und dass das so gut ist, kann ich nur sagen: Im Jahr 2008 hat das Max-Planck-Institut eine Stu­die veröffentlicht, in der eindeutig steht, dass diese neuen modernen Motoren – Herr Bundesminister, das ist leider wahr – sehr feine Partikel ausstoßen. Dass diese Fein­partikel viel gefährlicher und viel schädlicher sind, ist ein Faktum, das man auch an­sprechen muss, anstatt davon zu sprechen, dass alle zufrieden seien.

Herr Bundesminister, Sie haben gesagt, die Wirtschaft, die Industrie – alle sind zufrie­den mit dieser Novelle. No na ned, das glaube ich schon! Die haben ja alle Ausnahmen bekommen. Als Zahler bleibt ja wieder einmal nur der kleine Bürger übrig.

Heute, am 9. Juli, steht auf „www.orf.at“: „Protest der Landesräte gegen das IG-Luft-Gesetz“. Also ich bin mir noch nicht so sicher, ob die Länder so von Ihrem Gesetz über­zeugt sind.

Ihr Kollege Gschwentner – der SPÖ-Verkehrslandesrat in Tirol – hat heute die Taube abgeschossen, denn er spricht heute schon davon, das Gesetz zu brechen. In Tirol gibt es nämlich sehr viele Fälle von Leuten, die sich Elektroautos oder Gasautos ge­kauft haben und die dadurch alle massiv bestraft wurden. Für diese Leute werden wir uns einsetzen.

Klar ist aber: Landesrat Gschwentner sagt bezüglich dieser Ausnahmeregelung, die der Nationalrat heute noch beschließen wird und gegen die wir stimmen werden, dass sich auch diese Leute der Beschränkung unterwerfen werden müssen. Ihm sei der flie­ßende Verkehr lieber, schreibt er. – Er bricht also das Gesetz.

Wie soll man das verantworten, wenn heute schon der Landesrat davon spricht, dass die Gesetze gebrochen werden? Im Gegenteil, jeder Alternativantrieb muss da ausge­nommen sein, und kein Landesrat hat das Recht, das einzuschränken. (Beifall beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 84

Weiters sind schon auch noch die historischen Fahrzeuge anzusprechen. Herr Bun­desminister, bitte nehmen Sie diese sofort aus, denn es ist ein Wahnsinn, dass diese sogenannten Oldtimer, die nicht einmal 1 Prozent aller Fahrzeuge ausmachen, nicht mehr fahren dürfen, nicht mehr in die Städte einfahren dürfen. – Das ist einfach ein Wahnsinn. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Die dürfen eh fahren! Die Oldtimer dürfen eh fahren! Abg. Dr. Moser: Nicht generell ...!  Zwischenrufe bei der ÖVP. – Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Die dürfen eh fahren! Die dürfen ja fahren!) – Das ist ein Antrag von uns! Da müssen Sie einmal das Gesetz lesen! (Zwischenrufe bei der ÖVP. Abg. Grosz: Das Problem ist, dass das Gesetz seine Beamten schreiben und er es nicht einmal selber gelesen hat!) Es ist aber wirklich so: Wenn es die Beamten schreiben, dann müssen Sie es einmal selber lesen.

Herr Bundesminister, diese Novelle trägt für mich eindeutig die Handschrift der ÖVP, und das beweist wieder einmal: Ökonomie und Ökologie sind in schwarzen Händen in den falschen Händen. (Beifall beim BZÖ.)

12.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steindl. – Bitte.

 


12.19.22

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminis­ter! Meine Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist wirklich ein Spannungsfeld, einerseits saubere Luft – Luft, die nicht krank macht – zu haben und auf der anderen Seite auch eine prosperierende Wirtschaft vorzufinden.

Wir haben heute in den vielen Redebeiträgen zum Beispiel von Frau Kollegin Brunner gehört, dass Herr Bundesminister Berlakovich ihrer Meinung nach in dieser Novelle zum IG-Luft viel zu wenig gekämpft und viel zu wenig weitergebracht hat.

Vielfach gab es Debattenbeiträge dahin gehend, dass diese Novelle viel zu weit gehe, dass man es gerade mit diesen Schadstoffzonen und Umweltzonen überzogen habe. – Ich meine, der Herr Bundesminister hat den goldenen Mittelweg gefunden. Es liegt aus meiner Sicht ein ausgewogener und guter Kompromiss vor. Man kann es sicher nicht allen recht machen, wenngleich ich aus Sicht der Wirtschaft zufrieden bin, zufrieden deswegen, weil wir in diesen Sanierungsgebieten jetzt doch die Möglichkeit haben, Be­triebe, vor allem Altbetriebe, wieder entsprechend zu etablieren, mit neuer Technik auszustatten und somit vielleicht auch in diesen Gebieten neue Betriebsansiedelungen durchführen können, was für viele Regionen ein ganz essenzieller Punkt ist.

Wir haben auch für die klein- und mittelständische Wirtschaft, für Unternehmer, deren Lastkraftwagenflotte maximal vier Lastkraftwagen umfasst, entsprechende Ausnahmen vorgesehen, damit sie in solche Zonen einfahren können. Das ist aus meiner Sicht auch ein wichtiger Punkt.

Wir setzen mit diesem Gesetz auch eine EU-Richtlinie, die Luftqualitätsrichtlinie, um, die zur Durchsetzung vor allem für die Landeshauptleute ein entsprechendes Instru­mentarium darstellt.

Abschließend noch zu den heute vielfach zitierten Abgaswerten bei Kraftfahrzeugen in solchen Umweltzonen oder in schadstoffbelasteten Gebieten. Hier haben die KFZ-Her­steller in der Vergangenheit wirklich eine gute technische Arbeit geleistet – wenn ich daran denke, dass wir vor etwa 20 Jahren mit der Schadstoffklasse EURO 0 begonnen haben, EURO 0 mit 100 Prozent Schadstoffausstoß. Heute ist Stand der Technik EURO 4. Es wird demnächst EURO 5 kommen. Wir haben heute bei EURO 4 in etwa 15 Prozent Schadstoffausstoß im Vergleich zu EURO 0. Wir werden mit EURO 5 den Ausstoß auf in etwa 13 Prozent absenken.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 85

Ich bin froh, Herr Minister, dass wir hier entsprechende Übergangszeiten bis 2015 vor­gesehen haben. Vielleicht kann man dann noch evaluieren, ob wirklich EURO 4-Kfz von diesen belasteten Gebieten ausgeschlossen werden sollten, wenn man sieht, dass die EURO 5-Klasse oder noch höhere Klassen keine wesentlichen Verbesserungen der Schadstoffemissionen mit sich bringen.

Aber insgesamt ist das, glaube ich, ein sehr ausgewogenes Gesetz und eine gute No­velle, um Österreich die saubere Luft und vor allem die besonders gute Umwelt weiter zu sichern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


12.22.52

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Herr Umweltminister! Mei­ne Damen und Herren! Herr Minister, ich gebe Ihnen ja teilweise vollkommen recht: Sie haben jetzt endlich eine EU-Richtlinie umgesetzt, die Verbesserungen bringt, was Fein­staub anlangt. Ich gebe Ihnen auch recht, Sie geben jetzt den zuständigen Behörden mehr Instrumente in die Hand, um Beschränkungen vornehmen und den gesundheitli­chen und den rechtlichen Aspekten entgegenkommen zu können. Ja, das machen Sie. Nur, Sie machen es unseres Erachtens viel zu halbherzig. Sie haben nämlich leider einige Dinge nicht umgesetzt.

Bei Betriebsanlagen werden die Grenzwerte massiv aufgeweicht. Der Streusand er­zeugt auf einmal keinen Feinstaub, der ist nicht umfasst. Und ein wesentliches Recht wird den Bürgerinnen und Bürgern nach wie vor vorenthalten, wir haben es ja als Bei­spiel in Graz erlebt: große Belastungen, Grenzwertüberschreitungen en suite – aber die Bürgerinnen und Bürger haben bis jetzt kein Recht auf einen Aktions- oder Maß­nahmenplan. Ich kann mich nicht bei der Behörde beschweren, kann meinen Anspruch nicht rechtlich geltend machen, dass endlich etwas gegen meine Gesundheitsbelas­tung, gegen die Umweltbelastung, gegen die Feinstaubbelastung unternommen wird. Das haben Sie uns vorenthalten, und darum, aber nur darum, werden wir dieses Ge­setz ablehnen.

In anderer Hinsicht, Herr Minister, stärke ich Ihnen den Rücken – einerseits gegenüber den Ländern, denn Sie haben ja ganz recht, wenn Sie sagen, dass die Einnahmen, die möglich sind, wenn Verstöße gegen das IG-Luft vorliegen, nicht nur den Sozialvereinen in einem Bezirk zugutekommen sollen. Das ist die jetzige missliche gesetzliche Lage, dass, wenn Strafgelder kassiert werden, diese nur der Sozialeinrichtung in diesem einen Bezirk, wo der Verstoß vorgekommen ist, zugutekommen. Da gibt es Sozialein­richtungen, die können sich mit diesen Einnahmen teilweise die Wasserhähne vergol­den lassen – und andere Sozialeinrichtungen, ich bleibe bei diesem Metier, im selben Bundesland gehen völlig leer aus. Das geht nicht, das ist anachronistisch! Und da ha­ben Sie sehr wohl recht, dass Sie da etwas ändern.

Da verstehe ich Tirol, Vorarlberg et cetera nicht, dass sie da den Konsultationsmecha­nismus in Gang setzen, noch dazu zehn Tage, nachdem die Frist dafür abgelaufen ist. Entweder sind die nicht à jour mit ihrer Arbeit und verschlafen die Fristen, oder sie ma­chen im Nachhinein eine eigenartige Lobbyismuspolitik, die wirklich allen Grundsätzen zuwiderläuft: dem ökologischen, dem ökonomischen und auch dem sozialen Grundsatz der gleichmäßigen Streuung der Mitteleinnahmen.

Zum Schluss noch, Herr Minister: Ich stärke Ihnen ja durchaus auch den Rücken ge­genüber dieser Opposition, die wirklich völlig schizophren ist. (Widerspruch bei der FPÖ.) Wir haben einen neuen Umweltkontrollbericht, eine Auflistung der Belastung durch das Verkehrswesen. Wir haben den neuen Klimaschutzbericht vom Umweltbun­


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desamt. Hier sind seitenweise Forderungen, Vorschläge aufgelistet, was getan wer­den muss, damit wir endlich beim Verkehr mit den Belastungen für Klima und Gesund­heit herunterkommen.

Der Herr Minister nimmt jetzt ein Instrument in die Hand, das IG-Luft, verbessert es et­was. Und was machen Sie? Sie sagen sofort: falsch, zurück, Umweltzonen grauslich, nein, geht nicht, womöglich nicht rechtskonform, Brauchtumsfeuer gefährdet et cetera! Ich meine, das ist ja lächerlich! Das ist ja wirklich lächerlich, kann ich nur sagen. (Bei­fall bei den Grünen.)

Entweder Sie sind für Klimaschutz, entweder Sie sind für Gesundheitsschutz – oder Sie sind dagegen! Was Sie heute an Argumentation vorgelegt haben, ist ja mehr als hanebüchen. Ich würde Ihnen raten, lesen Sie einmal die Fachliteratur, informieren Sie sich, bilden Sie sich, lassen Sie sich ein bisschen beraten, und reden Sie erst dann, bevor Sie hier so einen Schmarren erzählen!

Deshalb werden wir die Sachlage durchaus differenziert beurteilen – im Gegensatz zu anderen –, Ihnen teilweise recht geben, Herr Minister, aber insgesamt das Paket aus den drei anfangs genannten Gründen ablehnen – mit dem Hinweis darauf, dass Sie, Herr Umweltminister, jetzt wirklich konkret etwas machen müssen, damit wir aus der Erdölabhängigkeit rauskommen, im Sinne Ihres Anliegens: des Klimaschutzes, des Umweltschutzes und auch des Gesundheitsschutzes. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schopf. – Bitte.

 


12.27.44

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kollegin­nen, liebe Kollegen! Es ist schon vieles gesagt worden. Noch ein paar Punkte. Ich den­ke, dass diese Vorlage trotz Kritik, die es bei Umweltgesetzen immer gibt, ein großer und wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist. Dadurch wird eine deutliche Verbes­serung der Luftreinhaltung ermöglicht und somit eine wichtige Maßnahme für den Um­welt- und Gesundheitsschutz gesetzt. Gesundheitsschutz ist für uns alle sehr wichtig, insbesondere für die zukünftigen Generationen, vor allem für unsere Kinder.

Die neue Regelung, auch schon erwähnt, gibt den Ländern, den Landeshauptleuten, den Landesregierungen mehr Möglichkeiten, die Menschen schneller und effektiver vor gesundheitsschädlichen Luftbelastungen insbesondere durch Stickoxide und Feinstaub zu schützen. Die Landeshauptleute erhalten damit ein optimales und wichtiges Instru­ment, dass die verpflichtenden Grenzwerte tatsächlich auch eingehalten werden. Sie können, das ist ebenfalls erwähnt worden, eine Reihe von Schutzmaßnahmen für ganz bestimmte gefährdete Gebiete, für Regionen, für Städte, aber auch für Gemeinden zwingend verordnen.

Man kann effizienter gegen sogenannte umweltschädigende Altanlagen, gegen um­weltbelastende LKWs vorgehen, und davon gibt es sicher eine ganze Reihe. Man den­ke nur daran, welcher Verkehr von der tschechischen Seite nach Linz geführt wird, da gibt es doch einige Schwierigkeiten. In Zukunft wird man gegen diese LKWs mit schäd­lichen Abgaswerten entsprechend vorgehen können. Das ist ein ganz wichtiger und entscheidender Punkt.

Meine Damen und Herren, eines steht fest: Die Grenzwerte müssen eingehalten wer­den! Und ich sage es noch einmal: Stickoxide, Feinstaub und Feinststaub machen uns und vor allem unsere Kinder krank.

Trotz dieser komplizierten Materie wurde nach langen und sehr schwierigen Verhand­lungen ein vernünftiges Ergebnis erzielt. Und an dieser Stelle muss man auch sagen, dass letztendlich auch die Wirtschaft zu dieser Vorlage Ja gesagt hat.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 87

Ich möchte mich daher an dieser Stelle bei den Verantwortlichen der ÖVP und insbe­sondere der SPÖ, bei der Umweltsprecherin Petra Bayr und beim Kollegen Hermann Schultes, für ihren unermüdlichen Einsatz bedanken. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.29


Präsident Fritz Neugebauer: Meine Damen und Herren, ich kündige jetzt schon an, dass infolge von gestellten Verlangen auf getrennte Abstimmung das Croquis neu er­stellt werden muss und daher die Abstimmung über die Punkte 1 bis 4 nach Erledigung des Tagesordnungspunktes 5 durchgeführt wird.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Lettenbichler. – Bitte.

 


12.30.45

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Minister! Hohes Haus! Mit der Beschlussfassung des Immissionsschutz­gesetzes-Luft ist es eindrucksvoll gelungen, die europäischen Vorgaben für die weitere stetige Verbesserung der Luftqualität umzusetzen, ohne dabei die Perspektiven der Wirtschaft massiv einzuschränken. Dazu darf ich Minister Berlakovich herzlich gratulie­ren. (Beifall bei der ÖVP.)

Denn gerade für die Wirtschaft ist es wichtig, dass die Richtwerte der EU nicht noch zusätzlich verschärft werden, bestehende Anlagen geschützt sind und somit Betriebs­erweiterungen möglich sein werden. So sind etwa Anlagen, die in den letzten zehn Jahren dem Stand der Technik angepasst wurden, vor strengeren Auflagen geschützt, sofern sie keine Grenzwerte überschreiten.

Mit dieser Regelung wurde aber auch ermöglicht, dass unseren Betrieben gerade jetzt, in Zeiten, in denen ein zarter Aufschwung zu verspüren ist, nicht neue und natürlich mit Kosten verbundene Auflagen aufgebürdet werden, damit die Wettbewerbsfähigkeit ver­schlechtert und Wachstum unterbunden wird – Wachstum, das wir dringend brauchen. Hier darf ich Bundeskanzler Faymann zitieren, der am Mittwoch von der Ministerbank aus gemeint hat – ich zitiere – : Wachstum ist notwendig, „denn ohne Wirtschaftswachs­tum keine Beschäftigung, ohne Beschäftigung und ohne Wirtschaftswachstum keine ausreichenden Einnahmen.“ (Abg. Dr. Lichtenecker: Genau, Herr Kollege! Daher brau­chen wir Forschung, und Sie streichen Forschung!)

Ich hoffe, diese Worte beherzigt auch unser Koalitionspartner dann im Herbst, wenn es gilt, die Budgetkonsolidierung umzusetzen, denn mit täglich neuen Steuerideen, wie man die Wirtschaft, den Mittelstand sowie die Vermögenden schröpfen kann, kommen wir keinen Schritt weiter und schaffen es auch nicht, das vom Bundeskanzler so herbeige­sehnte Wachstum zu erreichen. (Beifall bei der ÖVP.)

Auf schöne Worte müssen auch Taten folgen. Nur so kommen wir weiter! Wir werden Sie hier beim Wort nehmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Lichtenecker: Wir auch!)

12.32


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hell. – Bitte.

 


12.32.51

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr ge­schätzte Damen und Herren! Liebe Besucherinnen und Besucher! Es wurden in der laufenden Debatte bereits wesentliche Punkte dieser Novelle hier angesprochen. Wo liegen die Schwerpunkte? – In der Umsetzung der EU-Luftqualitätsrichtlinie, in der Re­duzierung von Feinstaub, in der Einführung von Sanierungsgebieten, sogenannten Umweltzonen, in klaren Regelungen für Ausnahmegenehmigungen und in mehr Kom­petenz für die Länder beim Setzen von Maßnahmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 88

Meine Damen und Herren, wenn wir von Luftschadstoffen, von Bedrohung für die Men­schen sprechen, dann, muss man sagen, haben vor allem der Feinstaub und CO2-Wer­te einen ganz besonderen Stellenwert. Wie auch aus dem 9. Umweltkontrollbericht, der erst vor einigen Tagen veröffentlicht wurde, hervorgeht, wurden bei zwei Dritteln aller Messstellen im Berichtszeitraum Grenzwertüberschreitungen festgestellt.

Viele Studien wurden zum Thema Feinstaub bereits durchgeführt und veröffentlicht und ergeben eines: Feinstaub ist Verursacher von Asthma und Lungenkrankheit. Es gibt keine unschädlichen Feinstaubkonzentrationen. Einer EU-Studie zufolge sterben jährlich 65 000 Menschen in der Europäischen Union durch zu viel Feinstaub in der Luft. Wer sind die Hauptverursacher dieser Entwicklung? Das Österreichische Umwelt­bundesamt hat im jährlichen Trendbericht beim Überblick über die Verursacher von Luftschadstoffen festgestellt: Industrie, Hausbrand, Verkehr und Feinstaubbelastung sind in Österreich für diese Entwicklung verantwortlich.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Der heute vorgelegte Entwurf ist ein Kompromiss aller Beteiligten; es wurde bereits mehrfach darauf hingewiesen. In vielen Stellungnah­men wurden positive Beurteilungen durchgeführt. Es gab aber auch Kritik, und sehr viele Kritikpunkte wurden berücksichtigt und in das Gesetz entsprechend eingearbeitet.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, sorgen wir gemeinsam für die Erreichung unserer umweltpolitischen Ziele! Setzen wir entsprechende Maßnahmen zum Schutze der Menschen in diesem Lande und vor allem unserer Kinder! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Tadler. – Bitte.

 


12.35.28

Abgeordneter Erich Tadler (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist Ferienbeginn in Westösterreich, und somit wird der IG-Luft-Hunder­ter an diesem Wochenende in Salzburg und in Tirol wahrscheinlich permanent leuchten.

Zu diesem Gesetz gingen in der Begutachtungsphase immerhin 63 Stellungnahmen ein, das haben wir schon gehört. Vor allem von den Autofahrerklubs wurde der Vorwurf der Unausgewogenheit dieses Gesetzes in den Raum gestellt.

Die Probleme, die man aus diesem Bundesgesetz heute schon ersehen kann, entste­hen einerseits dadurch, dass die Einordnung der Fahrzeuge in entsprechende Emis­sionsklassen äußerst lückenhaft ist. Dadurch verlagert sich das Problem auf die Voll­ziehungsebene der Landeshauptleute, welche bei der Umsetzung massive Probleme zu erwarten haben. – Herr Bundesminister, Sie haben gesagt, Sie geben ihnen einen Koffer mit, aber der wird für die Landeshauptleute ziemlich leer sein.

Ein weiteres Problem sehe ich bei der Verwendung der Bußgelder, welche den Län­dern zukommen. Hier vermisse ich die entsprechende Widmung dieser Strafgeldein­nahmen. Diese Einnahmen fließen nicht, wie man annehmen sollte, in den Umwelt­schutz, sondern werden wahrscheinlich wieder einmal irgendwo anders in den Ländern versiegen.

Im Vorblatt der Regierungsvorlage kann man nachlesen, dass es keine Alternativen gibt, da die EU-Luftqualitätsrichtlinie umgesetzt werden muss. Damit nimmt Österreich wieder einmal eine Vorreiterrolle im europäischen Vergleich ein. Wir sind wieder einmal die Umsetzungskaiser, und wahrscheinlich wird dasselbe wie bei der Umsetzung des Postmarktgesetzes daraus entstehen: ein Management by Chaos.

Es genügt offenbar nicht, die Richtlinie umzusetzen, nein, Österreich hat sich wieder einmal für strengere Lösungen entschieden. Dabei muss betont werden, dass weder em­pirisch noch wissenschaftlich erwiesen ist, dass eine strengere nationale Umsetzung er­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 89

forderlich ist, um das Ziel der EU, nämlich das nationale Gesundheitsniveau zu heben, zu erreichen.

Ein weiteres Thema, Herr Minister, ist dieser „Pickerlwald“. Ich kenne das von unseren bayrischen Nachbarn: Da klebt da ein Pickerl oben und dort ein Pickerl oben. Es wird jedem Bundesland selbst überlassen, wie die Zonen umzusetzen sind, in denen Fahr­verbote errichtet werden. Der einzige gemeinsame Nenner in Europa sind dann die Farben: dieses rote, dieses grüne und dieses gelbe Pickerl.

Abschließend sollten aber noch die Auswirkungen auf den Tourismus in Österreich, speziell heuer auf den Sommertourismus, beleuchtet werden. Österreich als klassi­sches Tourismusland kann es sich meines Erachtens in Zeiten wie diesen – und wir sprechen immer wieder von Krisenzeiten – nicht leisten, auf Touristen, welche vorzugs­weise mit dem Pkw anreisen, zu verzichten. Der Gast müsste ja fast permanent IG-L-online sein, um sich über die Fahrverbotszonen zu informieren.

Herr Minister, mein Fazit daher zu dieser Vorlage: Hier wird eindeutig wieder einmal in unsere Mobilität und in die Mobilität unserer Gäste eingegriffen, was mit Klimaschutz und Umweltschutz nicht gar so viel zu tun hat. (Beifall beim BZÖ.)

12.38


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist ge­schlossen.

Da ein Verlangen auf getrennte Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 1 vorliegt und eine kurze Unterbrechung der Sitzung zur Vorbereitung der Abstimmung nicht ausreicht, verlege ich die Abstimmung zu den Tagesordnungspunkten 1 bis 4 auf den Zeitpunkt nach der Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 5.

Wir fahren daher in der Erledigung der Tagesordnung fort.

12.39.125. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1163/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Raus aus Öl! (796 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


12.40.05

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Landwirtschafts­minister! Wir haben es alle im Fernsehen gesehen: Am 20. April ist die Ölbohrinsel Deep­water Horizon explodiert. Das ist jetzt fast drei Monate her, und seither treten täglich 16 Millionen Liter Öl im Golf von Mexiko aus – eine unsagbare Umweltkatastrophe mit unermesslichen ökologischen Schäden, auch unermesslichen Schäden für die Bevöl­kerung, die dort lebt, für die Fischerei, für den Tourismus. Es ist ein Super-gau für die Umwelt.

Ich finde es einfach ungeheuerlich, es macht mich wirklich wütend, dass Konzerne, die über Jahre und Jahrzehnte mit dem Ölgeschäft, mit diesen riskanten Tiefseebohrungen Milliarden Profite gemacht haben, diese Profite einheimsen (Abg. Petzner: Sie haben ja nichts gemacht!), aber dann, wenn es zu Unfällen kommt, nicht fähig sind, entspre­chend zu reagieren. Sie haben drei Monate keinen Plan gehabt, sie sind nicht fähig, mit dem Problem Unfall umzugehen und die Schäden zu beheben. (Abg. Petzner: Sie haben ja nichts gemacht!)


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Ich weiß nicht, warum Sie sich jetzt so aufregen, aber: Finden Sie es okay, dass die Konzerne die Gewinne einheimsen und die Bevölkerung dann die Kosten zu tragen hat, die Kosten für die Behebung der Umweltschäden? Die Konzerne haben vorge­sorgt, haben Haftungsobergrenzen eingeführt, und die anfallenden Kosten werden auf die Allgemeinheit aufgeteilt. Ich finde, die Regierungen dieser Welt tragen Verantwor­tung dafür, das Vorgehen dieser Konzerne in die Schranken zu weisen, und haben da­für zu sorgen, dass diejenigen, die die Profite machen, dann auch die Nachteile zu tra­gen haben und die Kosten für die Schadensbekämpfung übernehmen müssen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich finde es ebenso ungeheuerlich, dass auch österreichische Unternehmen bei die­sem Geschäft mitmachen, Tiefseebohrungen in Kauf nehmen. Ich finde es ungeheuer­lich, dass auch ein Unternehmen, das von sich selbst behauptet, Verantwortung zu übernehmen, weiterhin diese risikoreichen Technologien unterstützt und Unfälle, wie wir sie derzeit im Golf von Mexiko erleben, in Kauf nimmt. Man kann aus verschie­denen Stellungnahmen klar erkennen, dass kein Konzern der Welt diese Technologie im Griff hat. Und die OMV hängt mit drin, in der Nordsee, in Australien, im Mittelmeer, und nimmt damit in Kauf, dass derartige Unfälle passieren, nur um selbst Gewinne ma­chen zu können.

Deshalb ist jetzt auch die österreichische Bundesregierung gefordert, denn die österrei­chische Bundesregierung, das Finanzministerium, hat über die ÖIAG Anteile – 31,5 Prozent –, und diese Anteile müssen jetzt dazu genutzt werden, die OMV zu zwin­gen, aus diesen riskanten Tiefseebohrungen auszusteigen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Brunner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Ausstieg aus Tiefseebohrungsprojekten

Der Nationalrat wolle beschließen:

„1. Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, in ihrer Eigenschaft als Eigentümervertreterin der OMV (via ÖIAG) ihren Einfluss geltend zu machen, um einen Ausstieg der OMV aus Tiefseebohrungsprojek­ten voranzutreiben. Dazu zählen insbesondere:

Die Suche nach und die Förderung aus Erdölvorkommen unterhalb einer Meerestiefe von 200 Metern sowie in ökologisch sensiblen Meeresgebieten zu beenden;

für die Suche und die Förderung von Erdöl in Meeresgebieten weder öffentliche Mittel bereitzustellen noch Bürgschaften oder Investitionsgarantien zu gewähren;

für die Zukunft auch andere Fördermethoden auszuschließen, die unverantwortlich ho­he Risiken oder Umweltzerstörungen nach sich ziehen, wie z. B. die Förderung von Öl­sanden oder Ölschiefer.

2. Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert, den Vorschlag von EU-Energiekom­missar Oettinger zu unterstützen und sich auf EU-Ebene für ein Moratorium von Tief­seebohrungen einzusetzen.“

*****

So wie die Katastrophe in Tschernobyl ein Super-gau war, ist auch dieser Ölunfall ein Super-gau in der Umweltpolitik. Der einzige Weg, so etwas konsequent auszuschlie­ßen, ist: Raus aus dem Öl! Wir haben daher im Umweltausschuss einen Antrag einge­


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bracht, der heute auch zur Abstimmung steht. Es geht darum, wirklich konsequent Wei­chen in Richtung: Raus aus Öl! zu stellen.

Wenn ich mir anschaue, was Sie tun, was die Bundesregierung tut, dann sehe ich In­serate, dann sehe ich Image-Kampagnen, dann sehe ich irgendwelche Vorschläge. Wenn es aber darum geht, wirklich Entscheidungen zu treffen, Weichen zu stellen: Rein in erneuerbare Energie, raus aus Öl!, dann stellen Sie sich jedes Mal auf die Seite der Ölkonzerne und gegen die Umwelt und gegen die Bevölkerung.

Wir werden Ihrem Antrag, den Sie heute einbringen, zwar zustimmen, aber es ist nur ein sehr, sehr kleiner Schritt – es geht in die richtige Richtung, aber es ist nur ein sehr kleiner Schritt –, und es ist kein Plan, weg vom Öl zu kommen. Das heißt, dieser An­trag entbindet Sie nicht der Verpflichtung, endlich einen Plan vorzulegen: Raus aus Öl! Die ÖVP hat es ja nicht einmal geschafft, Ölheizungen von den Ölförderungen dezidiert auszunehmen. Also dieser Ihr Schritt ist sicher zu wenig.

Wenn ich mir die Bilder anschaue, die uns jetzt täglich im Fernsehen geboten werden – und ich glaube, so geht es vielen Menschen –, dann werde ich einerseits sehr traurig, weil ich mir des unglaublichen Ausmaßes bewusst werde, aber andererseits auch sehr wütend, weil man einfach auch gezwungen ist, weiterhin Öl zu verwenden. Es läge so­wohl in Ihrer Verantwortung, Herr Minister, der Sie für Umweltangelegenheiten zustän­dig sind, als auch in jener der Bundesregierung insgesamt, die Menschen endlich da­bei zu unterstützen, von dieser Ölabhängigkeit wegzukommen.

Wir müssen Weichenstellungen vornehmen, das heißt, beim nächsten Budget wird es auch darum gehen, ob Ölinfrastrukturprojekte weiterhin gefördert werden, was uns für Jahrzehnte in diesem Ölgeschäft gefangen halten würde, oder ob konsequent die Wei­chen in Richtung erneuerbare Energie gestellt werden. (Beifall bei den Grünen.)

Das vermisse ich bis jetzt. Es hilft auch nicht, irgendetwas schönzureden, sondern jetzt ist die Zeit, Konsequenzen zu ziehen, klare Entscheidungen zu treffen. Das vermisse ich – das erwarte ich mir aber von Ihnen. Das ist die Aufgabe der Bundesregierung. Wenn wir nicht mit drinhängen wollen in dem dreckigen Ölgeschäft und nicht mit Ver­antwortung tragen wollen für Katastrophen wie im Golf von Mexiko, dann müssen jetzt die Weichen richtig gestellt werden. Dazu fordere ich Sie auf.

Im Übrigen bin ich der Meinung, Österreich braucht ein starkes, engagiertes und unab­hängiges Umweltministerium. (Beifall bei den Grünen.)

12.46


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Brunner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Ausstieg aus Tiefseebohrungsprojekten

eingebracht im Zuge der Debatte über Bericht des Umweltausschusses über den An­trag 1163/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Raus aus Öl! (796 d.B.)

Begründung

Vor dem Hintergrund der wahrscheinlich größten Umweltkatastrophe der Geschichte im Golf von Mexiko werden Tiefseebohrungen jetzt grundsätzlich in Frage gestellt, nicht


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nur von Umweltorganisationen und den Grünen sondern auch von Experten bzw. Ver­tretern der Ölkonzerne:

„Unglücke wie das im Golf von Mexiko zeigen, dass wir die Sache nicht im Griff haben. () Das sind die Folgen der Anwendung von Techniken, die man nicht beherrscht.“ (Wolfgang Blendiger, Professor für Erdölgeologie, fokus.de, 20.5.2010)

„Die Bedingungen ähneln eher der Arbeit auf dem Mond als auf der Erde. Das Risiko wurde unterschätzt. Man dachte es sei minimal, obwohl es in Wahrheit maximal ist.“ (Robert Bea, Professor für Marine-Technolgie, Berkeley, Stern.de, 4. Juni 2010)

„Ich glaube, über Tiefseebohrungen muss nach diesem Fall neu nachgedacht werden.“ (Lamar McKay, BP-Chef USA, BR-online, 16.6.2010)

Auch die EU zieht jetzt die Konsequenzen aus der Ölkatastrophe und fordert ihre Mit­gliedstaaten auf, vorerst keine neuen Genehmigungen für Ölbohrungen in europäi­schen Meeren mehr zu erteilen. EU-Energiekommissar Günther Öttinger spricht sich für ein europäisches Moratorium für Ölbohrungen in Ozeanen aus:

„[] any responsible government would at present practically freeze new permits for drilling with extreme parameters and conditions.“

(Günther Oettinger, EU-Energiekommissar, www.euractiv.com, 8.7.2010)

Größte Ölkatastrophe mit unvorstellbaren Schäden

Die BP Ölkatastrophe im Golf von Mexiko stellt alles bisher Dagewesene in den Schat­ten. Seit nunmehr elf Wochen sprudeln tagtäglich gigantische Mengen Öl unkontrolliert ins Meer. Die ökologischen Schäden für die Flora und Fauna der Region sind uner­messlich und werden die Ökosysteme auf lange Zeit, wenn nicht gar dauerhaft zer­stören. Fischerei- und Tourismusindustrie in der gesamten Region stehen vor dem Aus.

Gier nach Öl lässt Risiken vergessen

Die Weltöffentlichkeit ist seit zwei Monaten Zeuge, wie eines der finanzkräftigsten Un­ternehmen der Welt - BP - und die größte Wirtschaftsmacht der Erde - die USA – unfä­hig sind, den Ölaustritt am Meeresgrund zu stoppen. Beide sind Opfer der eigenen Gier nach Öl zur Deckung des Energiehungers der USA geworden, die offensichtlich jedwede Zurückhaltung und Risikoversorge beim Ausbau der Tiefseeförderung hat in den Hintergrund treten lassen.

Auch die Republik Österreich hängt am Tiefseeöl

„Der Trend geht bei uns – so wie bei allen internationalen Konzernen – in Richtung Tiefsee. [] Wir bohren dort in Tiefen bis zu 2500 Meter.“ (Helmut Langanger, damali­ger Explorationschef der OMV, KURIER 14.3.2010)

Die österreichische OMV ist im Bereich „Deep-Offshore“ aktiv und investiert weltweit beträchtliche Summen in den Ausbau dieses Geschäftsfelds. Die Republik Österreich ist – über die von der ÖIAG gehaltenen OMV-Anteile (31,5% des Aktienbesitzes) – an diesen Tiefseebohrungen beteiligt.

Allein in Nord- und Westeuropa fördert die OMV in der Tiefsee der Barentsee, der Nordsee, im Gebiet der Faröer Inseln und in den als besonders gefährlich geltendem Gebiet westlich der Shetland Inseln. Dazu kommen Offshore-Lizenzen in Nordafrika, im Mittleren Osten, Australien/Neuseeland und Russland/ Kaspische Region.

Stopp der riskanten Tiefseebohrungen

Die Grünen treten seit Langem für einen Ausstieg aus der Ölwirtschaft ein. Nur so las­sen sich Katastrophen wie die im Golf von Mexiko auf Dauer vermeiden. Nur so wird die Klimaerwärmung auf ein für den Menschen verträgliches Maß begrenzt werden kön­


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nen. Österreich darf sich an den riskanten Tiefseebohrungen nicht beteiligt. Die Förde­rung in Meeresgebieten unter 200 Metern Meerestiefe ist technisch nicht zu beherr­schen und müssen gestoppt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„1. Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, in ihrer Eigenschaft als Eigentümervertreterin der OMV (via ÖIAG) ihren Einfluss geltend zu machen, um einen Ausstieg der OMV aus Tiefseebohrungsprojek­ten voranzutreiben. Dazu zählen insbesondere:

Die Suche nach und die Förderung aus Erdölvorkommen unterhalb einer Meerestiefe von 200 Metern sowie in ökologisch sensiblen Meeresgebieten zu beenden;

Für die Suche und die Förderung von Erdöl in Meeresgebieten weder öffentliche Mittel bereit zu stellen, noch Bürgschaften oder Investitionsgarantien zu gewähren;

Für die Zukunft auch andere Fördermethoden auszuschließen, die unverantwortlich ho­he Risiken oder Umweltzerstörungen nach sich ziehen wie z. B. die Förderung von Öl­sanden oder Ölschiefer.

2. Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert, den Vorschlag von EU-Energiekom­missar Oettinger zu unterstützen und sich auf EU-Ebene für ein Moratorium von Tief­seebohrungen einzusetzen.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte.

 


12.46.50

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätztes Hohes Haus! Wir haben diesen Gegenstand heute auf der Tagesordnung, weil die Grünen einen Antrag zu diesem Thema gestellt haben. Im Ausschuss gibt es üblicherweise immer einen Vertagungsantrag, aber wir haben gesagt: Nein, wir wollen nicht vertagen, wir wollen das Thema im Plenum haben. Natürlich haben wir es ableh­nen müssen, damit es ins Plenum kommt, aber jetzt haben wir es auf der Tagesordnung.

Ich freue mich sehr, dass Frau Abgeordnete Brunner angekündigt hat, unserem ge­meinsamen Entschließungsantrag, der mit Kollegin Bayr ausgearbeitet wurde, zustim­men zu wollen. Habe ich das richtig verstanden? (Abg. Mag. Brunner: Bitte?) – Habe ich das richtig verstanden? (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ja!) Danke. (Abg. Dr. Gla­wischnig-Piesczek: Ja, wir stimmen zu! Wir sind ja konstruktiv im Gegensatz zu Ih­nen! Sie stimmen nie zu bei uns!)

Frau Glawischnig, Ihre Vorschläge werden noch viel besser werden, wenn Sie auch in Zukunft auf meiner Homepage nachschauen, welche Stellungnahmen zum Öl gerade aktuell sind. Auf „www.hermann-schultes.at“ steht alles, was Sie wissen müssen. Ich bedanke mich, dass Sie das gerne und immer wieder zitieren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Auf der Homepage! Wir hätten es gerne hier im Par­lament! Auf der Homepage hilft es uns nichts!)

Meine Damen und Herren, auch ich darf einen Entschließungsantrag einbringen – und leider nicht in diesen Dialog einsteigen, weil wir nur so wenig Zeit haben. Der Entschlie­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 94

ßungsantrag wird verteilt, ich muss ihn nicht zur Gänze erklären. Wichtig ist nur, dass wir die Umsetzung der Maßnahmenvorschläge der zu beschließenden Energiestrategie rasch sehen wollen. Darin sind wir uns hier im Haus, glaube ich, einig. Es haben sehr viele wirklich hoch qualifizierte Wissenschafter, Praktiker an der Erarbeitung der Ener­giestrategie mitgearbeitet. Der Entwurf wird jetzt noch in einigen Bereichen von den Verantwortlichen in der Koalition gecheckt und verbessert. Er wird bald im Parlament aufliegen, und ich hoffe sehr, dass wir dann sehr rasch die darin vorgeschlagenen Maß­nahmen umsetzen können.

Als Ergebnis dieser Überlegungen werden auch ökologische Aspekte angeführt, die bei Steuerreformen berücksichtigt werden können.

Wir werden 2012 einen Fortschrittsbericht über die Entwicklung der erneuerbaren Ener­gieträger bekommen.

Es wird von uns verlangt, dass die rechtlichen und sonstigen Barrieren gegen den Aus­bau der nachhaltigen und erneuerbaren Energieversorgung abgebaut werden.

Es gibt so vieles, wo man sich fragt, wer das alles erfunden hat.

Wir wollen selbstverständlich erreichen, dass öffentliche Investitionen in nicht effiziente Technologien, die das Verbrennen von fossilen Energieträgern begünstigen, nicht mehr stattfinden. – Beim Bund ist es derzeit so, dass Ölkessel, die getauscht werden, nicht gefördert werden, in einzelnen Bundesländern ist das noch der Fall. Eine Diskussion darüber möchten wir mit diesem Punkt anregen. Das ist einfach nicht mehr in Ordnung und auch aus der Zeit. Ölkessel dürfen beim Tausch nicht gefördert werden, sie müs­sen durch anderes ersetzt werden. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Dr. Gla­wischnig-Piesczek.) – Es darf keine öffentliche Förderung geben, wir wollen, dass die öffentlichen Förderungen dieser Programme auch in den Ländern aufhören.

Wir wollen selbstverständlich, dass die Klimaverhandlungen im Kyoto- oder Post-Kyo­to-Verfahren genauso vehement weitergeführt werden, wie das vor Kopenhagen der Fall war. Wir wollen damit in Erinnerung rufen, dass der Fünf-Parteien-Entschließungs­antrag aus der Zeit vor Kopenhagen auch weiterhin gültig sein soll.

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass der heutige Entschließungsantrag für die Frage der Positionierung unserer Umwelt-, Wirtschafts-, Energie- und Klimapolitik durchaus wichtig ist. Ich bin sehr froh, dass Sie (in Richtung Grüne) mitstimmen; das meine ich ehrlich. Ich glaube auch, dass man auf den heutigen Antrag noch oft Bezug nehmen wird, weil das eben wichtig ist. (Abg. Mag. Brunner: Aber nur ein kleiner Schritt!) – Bei großen Schritten sind schon viele gestolpert, die kleinen Schritte sind diejenigen, die zum Ziel führen. – Meine Damen und Herren, gehen Sie mit! (Beifall bei der ÖVP.)

12.50


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag wird in Kürze zur Verteilung gebracht, ist ordnungsgemäß eingebracht, in seinen Schwerpunkten er­läutert worden und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Schultes, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „zu­kunftsfähiges Energiesystem“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 5, Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1163/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Raus aus Öl! (796 d.B.) in der 74. Sitzung des Nationalrates am 9. Juli 2010


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In den vergangenen Jahren bewirkten menschliche Aktivitäten einen bislang unerreich­ten Höchststand des Gehalts an Treibhausgasen in der Erdatmosphäre. Dies wurde hauptsächlich durch die Verbrennung von fossilen Energieträgern verursacht. Unsere Wohlstandsgesellschaft in den heutigen Industrienationen beruht im Wesentlichen auf der Tatsache, dass die fossilen Energieträger es in den entwickelten Ländern allen Be­völkerungsschichten ermöglicht haben, Energie zu beziehen. Wie zB Russland 2008, geben immer mehr ölfördernde Länder bekannt, dass sie den Punkt der maximalen Öl­förderungkapazität erreicht oder überschritten habe. Die Zeit des billigen Öls ist vorbei

Weltweit sind die meisten Staaten dieser Erde in ihrer Energieversorgung abhängig von wenigen, meist krisengeschüttelten Regionen. China – vor wenigen Jahren noch Erdöl Exporteur – zählt heute als Land mit der größten Einwohnerzahl zu einen der größten Erdöl-Importeure. Der Kampf um die letzten fossilen Reserven hat längst be­gonnen. Daher verwundert es nicht, dass Ölkonzerne heute ein immer höheres Risiko eingehen müssen und in immer teurere – oft unsinnige – Technologien investieren, um an die letzten großen Öl- oder Gasreserven der Erde zu gelangen. Die jüngste Ölka­tastrophe im Golf von Mexiko führt uns vor Augen, dass die Menschheit bereits heute an die Grenzen der technischen Fördermöglichkeiten gehen muss, damit wir an unse­rem bisher gewohnten Lebensstil festhalten können. Und ist das Öl oder das Gas erst einmal gefördert, beginnt ein beinharter Verteilungskampf. Die jüngsten ukrainischen-russisch-weißrussischen Gaskrisen liefern schon heute eine Vorstellung, was passiert, wenn auch die Gasreserven schrumpfen.

Als eines der reichsten Länder dieser Erde ist Österreich heute zu 70 Prozent abhän­gig von Öl und Gas, obwohl Österreich 2008 mit 29 Prozent im Spitzenfeld bei der Er­zeugung aus Erneuerbaren Energien in Europa liegt. Die Bekämpfung des Klimawan­dels ist inzwischen zur größten Herausforderung der globalen Verteilungs- und Um­weltpolitik geworden. Vor allem in den Sektoren Industrie, Energieerzeugung, Land- und Forstwirtschaft Verkehr und Raumwärme müssen die Anstrengungen zur Treib­hausgas-Einsparung verstärkt werden. Im Bereich der Raumwärme muss eine Steige­rung der Energieeffizienz und eine nachhaltige Energieversorgung konsequent weiter­verfolgt werden.

Österreichs Umwelttechnikunternehmen sind in vielen Bereichen Technologieführer. Daher müssen wir die Chance ergreifen, die heimische Energieversorgung auf ein zu­kunftsweisendes, effizienteres und erneuerbares System umzustellen. Damit erhöhen wir die heimische Wertschöpfung, sichern und schaffen viele neue Arbeitsplätze und verhindern einen weiteren Kaufkraftabfluss durch Verringerung der fossilen Energie­importe. Schon heute verliert Österreich Milliarden Euro an Kaufkraft durch Öl- und Gasimporte. Ohne Energieeinsparung und ohne Ausbau der erneuerbaren Energieträ­ger erhöht sich das österreichische Handelsbilanzdefizit im Energiebereich von rund 10,3 Mrd. Euro im Jahr 2008 auf 27,6 Mrd. Euro im Jahr 2020 – bei einem angenom­menen Ölpreis von 120 Euro je Barrel.

Das bedeutet, wenn wir die Ziele der Maßnahmenvorschläge für eine Energiestrategie verfehlen, droht uns eine Verdreifachung des Kaufkraftabflusses auf rund 30 Mrd. Eu­ro; Geld, das wir längst in heimische Umwelttechnologien investieren hätten können.

Eine nachhaltige Energieversorgung - ebenso wie das intelligente Sparen von Energie - ist daher von existenzieller Bedeutung und eine zentrale Voraussetzung für die Absi­cherung einer hohen Lebensqualität in Österreich.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


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„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht:

1. Rasche Abstimmung, Präzisierung, Bewertung sowie gegebenenfalls Ergänzung so­wie baldige Umsetzung der Maßnahmenvorschläge der zu beschließenden Energie­strategie Österreich und Forcierung der Unterstützung im Bereich Energieeffizienz und einem kosteneffizienten, umwelt- und ressourcenschonenden sowie leistbaren und zu­kunftsfähigen Ausbau erneuerbarer Energieträger;

2. Berücksichtigung ökologischer Aspekte bei zukünftigen Steuerreformen unter Einbe­ziehung sozialer Kriterien, der Wirksamkeit, der Arbeitsplatzsicherung, sowie der Ver­teilungsgerechtigkeit;

3. Dem Nationalrat 2012 einen Fortschrittsbericht über die Entwicklung der Erneuerba­ren Energieträger vorzulegen;

4. Alle rechtlichen und sonstigen Barrieren gegen den Ausbau einer nachhaltigen und erneuerbaren Energieversorgung in Österreich klar aufzuzeigen und rasch zu beseiti­gen.“

5. Vorlage eines Energieeffizienzgesetzes zur Umsetzung der Vorgaben der 2020 Ziele der europäischen Union;

6. Verzicht auf öffentliche Investitionen in nicht effiziente Technologien, die das Ver­brennen von fossilen Energieträgern begünstigen;

7. Fortsetzung der Förderung der thermischen Sanierung mit wirksamen und sozial treffsicheren Förderkriterien;

8. Eine offensive Position auf Basis des Entschließungsantrages 837/A (E) bei den in­ternationalen Klimaverhandlungen zu vertreten.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Klubobfrau Dr. Glawischnig-Piesczek. – Bitte.

 


12.51.07

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Herr Umwelt­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Schultes, dass Sie heute überhaupt einen Regierungsantrag einbringen und abstimmen können, mit unse­rer Unterstützung, ist nur darauf zurückzuführen, dass Sie davor einen Antrag der Grü­nen im Umweltausschuss abgelehnt haben, was, wie ich finde, ziemlich traurig ist, weil dieser nämlich einige sehr konkrete Punkte beinhaltet, bezüglich derer ich Sie jetzt noch einmal fragen will, warum Sie eigentlich dagegen sind.

Ich lese Ihnen die wesentlichen Dinge, die man jetzt im Kontext mit dem Golf von Mexi­ko eigentlich diskutieren sollte, noch einmal vor.

Ich weiß nicht, ob Sie das im Detail wissen, aber wir haben im Moment extreme Privile­gien für Ölkonzerne, zum Beispiel den Ausschluss jeglicher Haftung. Würde ein ver­gleichbarer Unfall in der Nordsee passieren, wäre es völlig ungeklärt, wer für die Schä­den aufkommt. Das hat im Übrigen im Europaparlament und in Deutschland schon für Debatten gesorgt. Deswegen gibt es jetzt die Idee, ein Moratorium auszurufen. Die Haftungsfrage ist völlig ungeklärt. Sie können de facto machen, was sie wollen. In der Nordsee zum Beispiel gibt es keine Rechtsgrundlage für irgendeinen Schadenersatz.

Zweitens: In den USA gibt es zwar eine Haftungsgrundlage, aber das kann man nicht mehr als Haftung bezeichnen. Das ist ein Privileg. Die Höchstgrenze sind nämlich 65 Millionen Dollar, und das ist nichts angesichts der Milliarden.


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Wir haben im Umweltausschuss beantragt – alle anderen haben übrigens auch dage­gengestimmt; es würde mich interessieren, warum –, dass man diese Haftungsober­grenzen, die ein echtes Privileg darstellen, ebenso wie für die Atomwirtschaft auch für die Ölkonzerne abschafft, dass man sich dafür einsetzt. – Was spricht dagegen? Was haben Sie dagegen? Warum schützen Sie Privilegien von Konzernen, die wie BP im ersten Quartal dieses Jahres noch 6 Milliarden Dollar Gewinn schreiben und dann nicht einmal bereit sind, mehr als 100 Millionen Dollar an Haftungsentschädigungen zur Ver­fügung zu stellen? Was haben Sie dagegen? Das verstehe ich nicht, vielleicht können Sie es noch einmal erklären.

Ich nenne noch einen weiteren Punkt, Herr Kollege Schultes, denn Sie sind, glaube ich, im Innersten Ihres Herzens auch nicht glücklich mit der Ölförderpolitik der ÖVP. Das glaube ich von Ihnen, das ist eine sehr hohe Meinung, die ich von Ihnen habe.

Wir verlangen die Abschaffung der Subventionen aus Steuergeld für die Ölwirtschaft, insbesondere die Streichung von Subventionen. – Warum lehnen Sie das ab? Warum wollen Sie, dass die Ölwirtschaft mit Steuergeld in Österreich weiterhin gefördert wird? Warum lehnen Sie das ab? Sie sind bis jetzt jegliche Begründung dafür schuldig ge­blieben.

Nächster Punkt: Ich meine, darin sollten wir uns einig sein, dass Tiefseebohrungen ein­fach ein wahnwitziges Projekt sind, das nicht beherrschbar ist. In internationalen Zei­tungen liest man jetzt Meldungen über die Arktis, im Meer vor Grönland beginnt man die ersten Projekte. Das ist wirklich aberwitzig, und ich will mir nicht vorstellen, was in solchen Gewässern, bei diesen Temperaturen, passiert, wenn man zuerst die Eiskrus­te aufbohrt, dann durchs Wasser geht und dann in die Erdkruste. Das sind wirklich Ver­brechen an der Zukunft unserer Kinder, wenn man das weiter zulässt (Beifall bei den Grünen), aber das lehnen Sie genauso ab. Warum?

Warum fällt Ihnen nicht auf, dass das derart widersprüchlich ist? Ein kleiner Entschlie­ßungsantrag, okay, wird unterstützt. Aber was dann, wenn es darum geht, eine Mei­nung dazu zu äußern, ob man als österreichischer Nationalrat zu diesen Tiefseeboh­rungen der Bundesregierung eine Position mitgeben möchte, wenn dieses Thema im Rahmen der Europäischen Union zur Diskussion steht? Unsere Position ist: 200 Meter sind genug, alles, was darunter ist, gehört international untersagt und verboten! – Wa­rum lehnen Sie das ab? Erklären Sie mir, warum Sie das ablehnen! (Abg. Dr. Pirklhu­ber: Sie verstehen es nicht!)

Wenn ich auf die Straße gehe und das irgendjemandem erzähle, glaubt man mir gar nicht, dass die Regierung, aber auch die anderen Oppositionsparteien derartige Anträ­ge ablehnen. Sie sehen ja auch im Fernsehen, wie sich das alles abspielt.

Noch einmal: Ich glaube, man muss die nötigen Konsequenzen aus dieser Katastrophe auch hier im Nationalrat einmal zum Ausdruck bringen. Wir müssen diejenigen, die europaweit und international für andere Regeln arbeiten, unterstützen. Man muss Kom­missar Oettinger unterstützen in seinem Vorstoß „Moratorien für Tiefseebohrungen“.

Wenn Sie sich weiterhin so verhalten, müssen Sie sich leider den Vorwurf gefallen las­sen, dass Sie Handlanger der Öllobby in Österreich sind, nach wie vor.

Ich führe noch ein Beispiel an: Im Moment läuft eine Förderaktion der Wirtschaftskam­mer, gemeinsam mit einem sehr dubiosen Institut. „Heizen mit Öl“ – dahinter verbergen sich BP, Shell und andere Ölkonzerne, und wir sind gemeinsam mit diesen eine GmbH. Sie schenken Menschen, die bereit sind, ihren Kessel herzugeben, eine neue Ölhei­zung. Das heißt, diesen Menschen werden Handschellen angelegt, sie werden für die nächsten 20 Jahre abhängig von BP und Shell. – Und das unterstützt die Wirtschafts­kammer gemeinsam mit Leitl auf der Homepage, das unterstützt der Wirtschaftsminis­


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ter mit diesem absurden Argument „Eine gute Ölheizung ist immer noch besser als eine schlechte Ölheizung!“ (Abg. Dr. Lichtenecker: Unglaublich!) Ich sage Ihnen, keine Öl­heizung, Pelletskessel, Solarenergie, das ist die einzige Alternative. (Beifall bei den Grü­nen. – Abg. Dr. Pirklhuber: Richtig!)

Stellen Sie dieses Programm ab! Sorgen Sie dafür, dass der Wirtschaftsminister dieses Programm abstellt! Das ist ja wirklich unerträglich, dass man weiterhin de facto die Leute in die Abhängigkeit „hineinschenkt“. Man schenkt ihnen Abhängigkeit, und das ist alles andere als fair und alles andere als ein konsistentes „Raus aus Öl!“-Konzept, das wir ganz dringend bräuchten. (Beifall bei den Grünen.)

12.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


12.56.25

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Abgesehen von Problemen, die es mit Tiefseebohrungen gibt, und es ist gar keine Fra­ge, dass es sie gibt, und das ist eine Katastrophe ... (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Können wir den Antrag zum Beispiel gemeinsam abstimmen!) – Darf ich etwas dazu sagen, bevor ich abstimme? Ich habe noch nicht einmal einen einzigen Satz gesagt. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Bitte!) Das ist ganz lieb und fair, danke.

Abgesehen davon, dass Tiefseebohrungen bekannte Probleme mit sich bringen, glau­be ich, dass das Problem nicht nur die Tiefseebohrungen sind, sondern dass das Pro­blem um einiges weiter geht. Wir alle wissen, dass auch Bohrungen im Festlandsockel, im Schelf, Probleme mit sich bringen, und zwar nicht nur wegen des Methans, das da­bei austreten kann, und dass darüber hinaus auch Bohrungen auf dem Festland un­endliche Katastrophen verursachen.

Raus aus Öl! – aber nur, wenn es unter 200 Meter liegt, das halte ich für ein bisschen komisch, diese Geschichte hinkt ein bisschen. Wenn: Raus aus Öl!, wie es die Grünen fordern, dann doch raus aus allem Öl!

Ich habe vor ein paar Jahren die Möglichkeit gehabt, mir anzusehen, wie sich die Erd­ölförderung im Amazonasgebiet, in Ecuador auswirkt auf die Menschen, auf die Um­welt, auf das Wasser, und zwar auf Jahrzehnte, auf Jahrhunderte hinaus auswirkt. Es gibt eindeutige Zusammenhänge, was erhöhte Krebsraten von Kindern betrifft, was auf ewig verunreinigtes Grundwasser betrifft. Daher würde ich dieses Thema gerne umfas­sender und in der Komplexität diskutieren, die diesem Problem auch angemessen ist. Mit Verlaub, aber ich glaube, dass der Entschließungsantrag der Grünen, ich will nicht sagen, zu kurz greift, aber jedenfalls das Thema nicht wirklich umfassend sieht, nicht so, wie ich das gerne sehen würde. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Grü­nen.)

Abgesehen davon, dass Öl in der Tat eine Risikotechnologie ist, aus der man raus muss, gibt es auch noch andere Risikotechnologien, bei denen ich das genauso gerne sehen würde; so zum Beispiel Atomenergie, so zum Beispiel Gentechnik – Agrokon­zerne setzen nicht nur auf Dauer GMOs aus, die in der Natur bleiben, die nicht mehr zurückzuholen sind, sondern nehmen auch Bauern auf immer und ewig in Geiselhaft –, so zum Beispiel Nanotechnologie et cetera.

Ich glaube, dass es wichtig wäre, generell darüber zu diskutieren, erstens einmal Haf­tungsregelungen zu schaffen, die streng haften, die wirklich das Verursacherprinzip im­plementieren und eindeutig festschreiben. Zum Zweiten wäre es aus meiner Sicht not­wendig, Haftungsdeckelungen zu Fall zu bringen; es gibt Deckel, das ist der Wahnsinn in dieser ganzen Geschichte. Ich glaube außerdem, dass es – und das hat uns das Bun­des-Umwelthaftungsgesetz in einem anderen Kontext, für andere Fälle ja schon vorge­


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schrieben – höchst an der Zeit ist, eine Kostendeckungsvorsorge vorzusehen für Fir­men, die solche Risikotechnologien betreiben, denn in Konkurs geht man schnell ein­mal, das geschieht möglicherweise auch mit großen Firmen, von denen man es vor ein paar Wochen oder Monaten noch gar nicht geglaubt hätte.

Wir sehen, dass die USA beim Versuch, die Tiefseebohrungen jetzt juristisch in den Griff zu bekommen, offensichtlich bei ihren eigenen Gerichten nicht erfolgreich sind. Ich hof­fe, dass wir auf europäischer Ebene erfolgreicher sind, dass in der Tat die Europäische Kommission ein Moratorium für Tiefseebohrungen voranbringen kann. Wir werden da­zu international, auf EU-Ebene, aber auch national Beschlüsse brauchen, das ist keine Frage.

Ich glaube nur, dass die Materie zu komplex ist, um das jetzt schnell in einem Ent­schließungsantrag mit zu behandeln. Ich würde das wirklich, wirklich gerne diskutieren, aber in einer umfassenderen Art als jetzt in diesem Entschließungsantrag, der auf ein Thema eingeht. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Für mich und für die ganze Sozialdemokratie ist es klar (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Er war ja im Ausschuss, der Antrag! Das ist im Ausschuss diskutiert worden ...!): Es kann nicht sein, dass wenige Profite damit machen, dass alle darunter leiden, dass we­nige die Natur, die Umwelt, die Ressourcen ausbeuten, und diejenigen, die dann die Schäden zu tragen haben, auch noch mit ihren Steuergeldern dafür zahlen sollen, dass die Schäden wieder repariert werden. Das kann es aus meiner Sicht nicht sein, das kann es aus unserer Sicht nicht sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Da bin ich zu jeder Diskussion bereit, und ich hoffe, dass wir auch in Sachen Förde­rungspolitik etwas zusammenbringen. Wenn man sich anschaut, dass weltweit ein Viertel der staatlichen Förderungen in fossile Technologien geht, dann ist das verrückt, schlicht und ergreifend verrückt! Ich bin da absolut zu jeder Diskussion bereit. (Abg. Dr. Pirklhuber: Darum machen wir in Österreich weiter wie bisher?)

Was den Entschließungsantrag der Koalitionsparteien betrifft, freut es mich, dass die Grünen zustimmen werden. Vielleicht nur noch ein, zwei Sätze dazu: Mir ist es sehr wichtig, eine anstehende Steuerreform wirklich nach ökologischen Grundsätzen zu ge­stalten, also eine Steuerreform zu betreiben, die auch ein umverteilendes Element hat, die nicht einfach nur irgendwo singulär Steuern einsetzt, und das war es dann, sondern die auch darauf schaut, dass es einen sozialen Ausgleich gibt, nach dem Motto: „Tax what you burn, not what you earn.“

Mir ist es ausgesprochen wichtig, dass wir in diesem Antrag wirklich auf kosteneffizien­te Technologien setzen, dass wir ihnen den Vorrang geben, dass wir Mittel dort effektiv einsetzen, wo sie wirklich schnell und gut wirken. Mir ist ein Energieeffizienzgesetz sehr, sehr wichtig! Ich glaube, dass das Energiesparen unser potenziell größtes Kraft­werk überhaupt ist und dass wir das nicht ungenutzt lassen können. Wir brauchen da­zu ein Bundes-Energieeffizienzgesetz.

Mir ist es sehr, sehr wichtig, zu schauen, dass es keine öffentlichen Förderungen und keine öffentlichen Investitionen gibt für Technologien, die uneffizienterweise fossile Energieträger verbrennen. Für mich gehört aber auch Carbon Capture and Storage als eine absolute Sackgassentechnologie dazu, genauso wie der angesprochene Öl­kesseltausch.

Es ist mir ausgesprochen wichtig, eine thermische Sanierung fortzusetzen, von der wir wissen, dass ein investierter Euro dem Staat 2 € zurückbringt. Aber diese würde ich mir mit anderen Förderregelungen, mit anderen Maßnahmen wünschen, mit einem Re­gime, in dem es darum geht, dass nicht nur Ein- und Zweifamilienhäuser in den Ge­nuss einer solchen Förderung kommen, sondern auch der mehrgeschossige Wohnbau, auch Leute, die sozial schwächer sind, denn ich habe nichts davon, wenn ich 10 000 €


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an Investitionsmaßnahmen setze und davon 2 000 € gefördert bekomme. Da brauche ich immer noch 8 000 € selber, und ich kenne unendlich viele Leute, die diese 8 000 € nicht haben. Da gibt es anderswo intelligentere Fördersysteme, die mit Darlehen arbei­ten.

Das alles sind wichtige Punkte, und ich sage auch danke für das Verhandeln dieses Antrags. Der Antrag ist wirklich ein Meilenstein, denke ich mir. Wir werden daran wei­terarbeiten, wir werden schauen, dass wir da möglichst viel möglichst schnell und auch möglichst gemeinsam weiterbringen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Ab­geordneten der ÖVP.)

13.03


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Dr. Winter. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.03.22

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Wertes Ho­hes Haus! Werte grüne Fraktion! Frau Dr. Glawischnig, aufgrund Ihres Fauxpas heute am Vormittag kann ich Sie und Ihre Partei natürlich nicht aus der Ziehung lassen. (Zwi­schenruf der Abg. Mag. Brunner.) Dass Sie sich ganz offenbar nicht mit dem IG-Luft beschäftigt haben, zeigt, dass Sie in der ersten Rede nahezu identisch mit der zweiten Rede ... (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ich habe mich schon viel damit beschäftigt, da waren Sie noch gar nicht auf der Welt!) – Danke für das Kompliment!

Im Übrigen muss ich schon sagen, damit haben Sie sich ganz sicher nicht beschäftigt. (Neuerliche Zwischenrufe bei den Grünen.) Das ist ein Zeichen dafür, dass die Grünen einfach keine fachliche Auseinandersetzung mit den Themen wollen, sondern platte Plattitüden von irgendwo übernehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn man Sie dann darauf aufmerksam macht, dass Sie hier eigentlich die falsche Rede vorbringen (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner) – hören Sie mir bitte zu –, dann sagen Sie: Das ist mir wurscht! – Wissen Sie denn, dass Sie hier ein großes Vorbild von Ihnen imitiert haben, einen, der das aber nicht auf so platte Weise ausgedrückt hat, nämlich Landeshauptmann Haider? – Er hat auch immer gesagt, wenn er etwas nicht sagen wollte: Das muss eben gesagt werden. – Ich bewundere Sie also für Ihren Mut, ganz ehrlich! (Neuerliche Zwischenrufe bei den Grünen.)

Aber um etwas anderes zu sagen: Ich weiß schon, dass Sie Ihre Fraktion auf „back to the roots“ eingeschworen haben, und sie soll sich auch mehr mit Herz in ihre Argumen­te und ihre Entschließungsanträge einbringen, aber Ihr Idol Günther Nenning, den „Au­hirsch“, werden Sie mit diesem Entschließungsantrag „Raus aus dem Öl!“ wohl ganz sicher nicht erreichen.

Ich frage mich überhaupt, wie die Politik der Grünen, insbesondere ihre Energiepolitik, in letzter Zeit aussieht. Heute in der Früh sind Sie mit dem Schild gegen die Tiefsee­bohrungen aufgestanden, dann sind Sie absolut für „Raus aus dem Öl!“, und unlängst waren Sie auch noch im Umweltausschuss dafür, dass man sagt: Die Wasserkraft in der Steiermark ist extrem einzuschränken und möglichst klein zu kontingentieren! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Mur-Kraftwerke ...! – Weitere Zwischenrufe bei den Grü­nen.) – Wohin wollen Sie denn eigentlich? Zurück ins Mittelalter? – Das wird es ja wohl nicht geben. (Abg. Grosz: Steinzeit!) Oder von mir aus auch in die Steinzeit! (Wider­spruch bei den Grünen.)

Denn wenn Sie das sagen, Frau Glawischnig – ein Ausspruch, der mich an Ihrem An­trag besonders stört, ist, dass Sie immer sagen: Raus „aus dem dreckigen Ölgeschäft“, das haben Sie auch so in diesem Antrag stehen; es mag sein, Katastrophen sind im­mer dreckig, aber ein Rohstoff, der in der Natur vorkommt, ist nicht dreckig! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Aber das Geschäft! Das Geschäft ist es!) – und wenn Sie


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schon so gegen diesen Rohstoff sind, dann muss ich Ihnen eines sagen: Sie haben vor­hin zum Herrn Minister gesagt, seine Umweltmaßnahmen sind nicht viel mehr wert als ein Feigenblatt, mit dem würden Sie nicht auf die Straße gehen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.)

Wenn Sie den Ausstieg aus der Erdölindustrie wirklich forcieren würden, würden Sie hier nicht einmal mehr ein Feigenblatt am Körper haben! (Beifall bei der FPÖ.) Außer Sie sagen: Meine Kleidung ist aus Seide. – Dann kann ich nur sagen: Der arme Schmetterling, dem Sie seine Hülle, seinen Kokon, genommen haben! (Abg. Dr. Pirkl­huber: Nein, so etwas haben wir nicht! Aber Baumwolle! Naturfaser!)

Noch etwas muss ich sagen, denn Sie haben in dem Zusammenhang von der Ver­schwendung der sehr wertvollen Rohstoffe gesprochen: Ich fürchte beinahe, dass Sie da der Peak-Oil-Theorie auf den Leim gegangen sind. Das hat bereits der Club of Rome gemacht, der gemeint hat, im Jahr 2000 wird es kaum mehr Erdöl geben. Was machen Sie? – Sie sind damit die Lobbyisten der Erdölindustrie, denn Sie mit Ihren Befürch­tungen, mit Ihren Drohungen zum Ausstieg aus dem Erdöl und damit, sämtliche Tech­nologieforschungen zu unterbinden, fördern den Ölpreis. Sie sind die Lobbyisten der Öl­technologie! (Beifall bei der FPÖ.)

Im Übrigen zu Ihrem zweiten absolut heiklen Thema, dem CO2: Sie haben im Zusam­menhang mit der Terrorismusdebatte im Justizausschuss auch einige Male wie Dr. An­dreas Unterberger argumentiert, und dieser argumentiert zu CO2 folgenderweise: Gibt es nicht seit jeher natürliche Klimaschwankungen, die schon viel wärmere wie kältere Perioden ausgelöst haben, als wir sie heute haben? (Zwischenruf der Abg. Dr. Gla­wischnig-Piesczek.) Was bedeuten die Untersuchungen der Klimageschichte? – Dass der CO2-Anstieg immer erst dann Erwärmungen gefolgt ist und nicht deren Ursache war.

Wir können das Rad nicht zurückdrehen. Wir sind für den Schutz der Umwelt. Wir sind für eine absolute gute Umwelt, die wir unseren Kindern übergeben wollen, aber nicht für derart übertriebene Forderungen. (Beifall bei der FPÖ.)

13.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Wid­mann. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


13.07.44

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Dieser Antrag der Grünen ist vielleicht gut gemeint, aber in der Umsetzung schlecht formuliert. Sie versuchen mit diesem Antrag, alle Umweltprobleme auf einen Schlag zu erledigen, obwohl Sie wissen, dass diese Themen sehr differenziert zu betrachten sind. Im Prinzip ist dieser Antrag so formuliert wie das Öl im Golf von Mexiko: sehr ober­flächlich und ohne Tiefgang. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist sehr tief im Golf von Mexiko! Das ist nicht oberflächlich!) Daher ist er letztlich abzulehnen, und ich wer­de das auch gleich begründen, Frau Kollegin Glawischnig.

Wir wissen, die Strategie „Raus aus Öl!“ ist grundsätzlich richtig, und das wissen alle Parlamentsparteien hier im Hohen Haus. Wir vom BZÖ haben auch als erste und einzi­ge Kraft hier im Hohen Haus ein umfassendes Energiekonzept vorgelegt, das die Ener­gieautarkie Österreichs vorsieht und auch machbar erläutert. Diesbezüglich warte ich immer noch auf Ihr Konzept. (Abg. Mag. Brunner: Wir haben das schon vor Jahren vor­gelegt!)

Wir sind natürlich auch gegen Nabucco, wir sind gegen die Atomkraft, wir sind für den Ausbau der erneuerbaren Energien – no na net, das ist hier jeder! Daher sind diese Punkte in Ihrem Antrag durchaus Selbstverständlichkeiten. Sie bergen aber auch eine große Gefahr in sich, weil Sie viele Dinge drinnen haben, die wir so nicht unterstützen können. (Abg. Dr. Pirklhuber: Bitte, dann vorlesen!)


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Ich zitiere: In Ihrem Antrag steht auch der „Baustopp für in Planung befindlichen Auto­bahnen und Schnellstraßen“ drin. (Abg. Dr. Pirklhuber: Richtig! Da sind wir einer Mei­nung!) Wissen Sie, was das bedeutet? – Das muss man auch im Licht des letzten An­trags aus der Juni-Sitzung sehen, den Sie eingebracht haben. Ich lese einmal vor, wel­che Straßenprojekte es sind, die Sie hier meinen: Sie meinen den „Linzer Westring Süd“, den „Linzer Westring Teil Urfahr“ (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: ... halbe Mil­liarde!), zum Beispiel „Kaisermühlen–Kaiserebersdorf“, „Bosrucktunnel 2. Röhre“, „Un­terweitersdorf–Freistadt“, wo ich herkomme, wo die Bagger schon fahren – Gott sei Dank fahren dort auch schon die Bagger (Abg. Dr. Pirklhuber: ... keine Planung!) –, „Ju­denburg–St. Georgen“, „Scheifling–Friesach“, „Dobersdorf–Heiligenkreuz“ und so weiter.

All diese Straßenprojekte, die zum Teil bereits in Bau sind, wollen Sie verhindern! (Zwi­schenrufe bei den Grünen.) Sie wollen sie verhindern, Sie wollen damit den Bürgern schaden. Sie wollen die Bürger nicht entlasten, wo jetzt die Lkw auf Straßenzügen fast durchs Schlafzimmer fahren. Sie wollen die Dörfer zerstören, die Städte zerstören, und Sie wollen auch nicht mehr Lebensqualität für diese Menschen haben. Nehmen Sie einmal zur Kenntnis, dass Sie das mit uns nicht machen können!

Daher glaube ich, dass dieser Entschließungsantrag, so wie er gemeint ist, ein Aller­weltsantrag ist, letztlich ein grüner fundamentaler Oppositionsantrag mit wenig Tief­gang ist. Ich habe gerade versucht, es zu erklären, wir können dann auch gerne weiter­diskutieren.

Aber ich sage Ihnen auch eines: Ich habe zwei Quizfragen an Sie, die Grünen, und ich bitte Sie, mir diese gleich hier zu beantworten.

Quizfrage eins: Sie wollen keine Straßen mehr bauen. Wo fahren Sie in Zukunft mit den Hybrid-, mit den Wasserstoff-, mit den Elektroautos, mit den Fahrrädern? Auf der Wiese, im Wald, oder wo? – Frage eins. (Ruf bei der ÖVP: Donauschifffahrt!)

Frage zwei: Sie wissen auch, dass die Fahrräder – das ist heute bereits erläutert wor­den – in der Produktion zu bis zu 60 Prozent aus Erdölprodukten erstellt werden; Max-Planck-Institut. Ich frage Sie: Verzichten Sie in Zukunft auf die Fahrräder?

Ich meine damit nur eines: Sie sehen daran, wie weltfremd Sie hier eigentlich argu­mentieren. Daher ist dieser Antrag auch abzulehnen, weil er undifferenziert ist, weil er oberflächlich ist und weil er auch nicht zu Ende gedacht ist. Übrig bleibt ein grüner Fun­damental-Populismus, der mit Sicherheit nicht unsere Unterstützung findet.

Zum Antrag der Regierungsparteien: Dieser ist, so wie die Energieeffizienzstrategie ge­nerell, mit schönen Lippenbekenntnissen, mit schönen Worten zur erneuerbaren Ener­gie versehen, aber ohne konkrete Ziele. Er hat auch einen Pferdefuß, das sage ich ganz deutlich. Wir werden dem Antrag nicht zustimmen, denn Sie wollen – das steht sinngemäß drin – diese ökologischen Aspekte bei der zukünftigen Steuerreform be­rücksichtigen, sagen aber nicht dazu, welche Ausgleichsmaßnahmen Sie für die klei­nen Leute, für die Pendler, die täglich in die Arbeit fahren müssen, setzen wollen.

Das heißt, eine einseitige ökologische Steuerreform ohne sozialen Ausgleich kann und wird es mit dem BZÖ nicht geben. Daher ist auch dieser Antrag abzulehnen. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

13.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminis­ter Dipl.-Ing. Berlakovich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.11.43

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Tatsächlich ist das, was sich im Golf von Mexiko seit


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Wochen ereignet und abspielt, ein ökologisches Drama. In Wirklichkeit erlebt dort die Ölindustrie einen Super-GAU im wahrsten Sinn des Worts, das Tschernobyl der Ölin­dustrie, mit unabsehbaren Folgen auf die nächsten Jahre und Jahrzehnte hinaus. Es ist absolut katastrophal, dass all die Rettungsversuche keine Wirkung zeigen oder nur par­tiell Wirkung zeigen.

Die Diskussion hat aber auch etwas Gutes zum Ergebnis, denn jetzt tauchen plötzlich weltweit Berichte und Reportagen auf, die zeigen, wie problematisch derartige Bohrun­gen sind, mit welch hohem Risiko sie abgeführt werden und was da noch alles im Raum steht. Daher ist es gut, dass wir diese Gelegenheit zu einer absoluten, funda­mentalen Debatte nutzen.

Ja, ich sage, wir müssen raus aus der fossilen Ölwirtschaft, weil das keine Perspektive ist – nicht nur, weil das im Golf von Mexiko passiert ist, sondern weil die fossilen Ölre­serven ohnedies zu Ende gehen und weil ich der Meinung und der tiefen Überzeugung bin: Je früher eine Region, ein Staat sein Energiesystem diversifiziert, sein Energiesys­tem umbaut und auf neue Beine stellt, desto früher hat er die Nase vorn und wird dies besser für die Gesellschaft dieser Region, dieses Staates sein.

Daher bin ich ganz klar dafür, dass wir diesen Ausstieg forcieren und vorantreiben. Das bringt Österreich etwas, nämlich Umweltqualität, regionale Wertschöpfung und auch Green Jobs, weil wir damit Perspektiven sichern. Daher – ich habe das wiederholt er­klärt, und ich bleibe auch bei meinem Thema – bin ich für ein energieautarkes Öster­reich, ich halte das für eine faszinierende Vision. Ich weiß, dass wir fossiles Öl und Gas noch brauchen werden, aber ein forcierter Ausstieg macht Sinn.

Alle anderen Staaten machen das auch. Die USA beispielsweise sagen, sie wollen ebenfalls energieautark werden, daher bringen sie Bohrungen in ihrem Hoheitsgebiet an, um eben unabhängig von Energieversorgung aus anderen Regionen zu werden. Das trifft im übertragenen Sinne auch auf Österreich zu. Auch wir wollen unabhängig werden von Regionen, die teilweise Krisenregionen sind, die ehemals militärisch stark waren und jetzt die Energie als politisches Druckmittel verwenden.

Daher muss man dort raus und diesen Ausstieg vorbereiten. Natürlich ist die Energie­autarkie keine Sache, die von heute auf morgen geht, mit einem Fingerschnippen, das ist wohl jedem klar, aber es geht darum, dass wir das konsequent vorantreiben. Wir ha­ben das mit der „Energiestrategie Österreich“ auch gemacht, denn erstmals gibt es einen Plan, wie man sukzessive in die erneuerbare Energie investiert und gleichzeitig Klima­ziele erreicht. Das hat es bisher noch nicht gegeben.

Natürlich ist es richtig, dass dieser Plan, diese Energiestrategie, auch mit Leben erfüllt werden muss, wie es ja im Ansatz schon passiert. Beispielsweise soll die Förderaktion für Photovoltaik – 35 Millionen €, wir haben heute schon darüber geredet – einen Schub in Richtung Photovoltaik bringen, aber gleichzeitig auch die Industrie in die Posi­tion bringen, dass diese Paneele, die technischen Bauten, wettbewerbsfähiger und güns­tiger werden.

Seitens meines Ministeriums wird auch etwas getan, auch ich tue etwas, um die Ener­gieautarkie zu erreichen. Wir haben im Vorjahr das Programm für die Klima- und Ener­gie-Modellregionen gestartet, weil es viele Städte und Gemeinden in Österreich gibt, die sagen, sie wollen – so wie Güssing, die erste energieautarke Stadt Österreichs – ebenfalls energieautark werden. Wir haben nach der Ausschreibung dieses Programms an die 50 Regionen gehabt; 37 Regionen haben die strengen Kriterien erfüllt und arbei­ten seit dem Vorjahr an der Energieautarkie für ihre Region.

Über ganz Österreich sind diese Regionen verteilt, und sie geben damit ein gutes Bei­spiel dafür, dass es funktioniert. Es rennen ja noch genug Menschen in Österreich he­rum, die sagen, Energieautarkie ist nicht nur denkunmöglich, sondern auch praktisch nicht


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zu erzielen. Diese Regionen versuchen, es zu beweisen, und sind daher für mich wich­tige Partner. (Abg. Mag. Brunner: Aber sie brauchen ...!) Ich werde dieses Programm auch heuer fortsetzen, um neue Regionen dazu zu motivieren, diesen Weg zu gehen, weil es unbestreitbar notwendig ist, dass wir Energie einsparen, Energie effizient ver­wenden und natürlich auch zusätzlich erneuerbare Energie generieren.

Umweltförderung im Inland ist ein wichtiger Beitrag dazu. Wo der Wirtschafts-, der gan­ze touristische Bereich in die Situation kommt, Energie zu sparen, wird von staatlicher Seite gefördert, in mehr Energieeffizienz zu investieren. Das reicht bis hin zum Klima­schutzprogramm „klima:aktiv“, wo ich in Österreich über 800 Partner habe, Städte, Ge­meinden, Unternehmen, Betriebe, die hier mittun, zum Beispiel auch im öffentlichen Verkehr, bei ÖBB und Postbus, die für ihre Fahrer, ihre Chauffeure Spritspar-Trainings machen und sich damit eine große Menge Treibstoff ersparen.

Das sind lauter kleine Initiativen, die aber notwendig sind, weil wir in ganz Österreich der­artige Initiativen brauchen. Viele Unternehmen stellen zum Beispiel bereits ihren Fuhr­park um und gehen mehr in Richtung alternativer Antriebsmittel wie Radverkehr und for­cieren effizientes Fuhrpark-Management.

Ja, auch eine Ökologisierung des Steuersystems hat einen Sinn! Es muss so sein, dass der, der sich umweltfreundlich verhält, belohnt wird, und der, der sich umweltschädlich verhält, belastet wird. Eine Ökologisierung des Steuersystems ist nicht das simple Ein­führen irgendeiner Energiesteuer oder das Erhöhen einer Steuer, sondern es bedarf klarerweise eines Gesamtkonzepts. (Abg. Mag. Kogler: Genau!) Das muss den Drall in die Richtung bringen (Abg. Mag. Brunner: Wann machen Sie es?), dass man einer­seits Geld einhebt, dass es aber andererseits einen sozialen Ausgleich gibt, zum Bei­spiel auch einen Ausgleich für Pendler oder für energieintensive Industrie. Das muss ein Gesamtkonzept sein, aber ein richtiges. Ich werde mich jedenfalls dafür einsetzen, weil es Sinn ergibt.

Desgleichen beim Verkehr: Wir brauchen den Verkehr; mir als Umweltminister ist es ein Anliegen, dass er umweltfreundlich wird. Daher ist es ein wichtiger Teil in der Ener­giestrategie, dass wir mehr auf alternative Treibstoffe setzen, auf Biosprit, bis hin zu alternativen Antriebsformen, wie es die Elektromobilität darstellt. Ich fahre mit einem Elektroauto als Dienstwagen, um zu sehen, dass es geht, und auch um zu beweisen, dass es geht.

Ich habe die Klimatour durch Österreich gestartet, in Wien und in allen Landeshaupt­städten, um alternative Antriebssysteme zu präsentieren – nicht nur im Bereich des Pkw, sondern auch E-Bike, E-Scooter, alternative Antriebssysteme; die Menschen in­teressiert das auch! –, um ihnen zu präsentieren: Ja, es geht, es funktioniert! Man kann sich davon überzeugen, diese Klimatour funktioniert sehr gut. In weiterer Folge gibt es auch einen Ausfluss hin zur Raumwärme, in Richtung thermische Sanierung als Teil der Energiestrategie.

Konkret ein Ergebnis dieser Ölkrise im Golf von Mexiko war mein Vorschlag – der kon­kretere Vorschlag – die Einführung eines Ökofonds, in den die Ölfirmen einzahlen und damit einen Topf speisen, aus dem auch allfällige Umweltschäden finanziert werden, die sonst die Allgemeinheit tragen muss. Sie erleben es gerade in den USA, wo es elendslange Prozesse um Haftungsfragen gibt, die sich über Jahre, über Jahrzehnte er­strecken; die betroffene Bevölkerung hat nichts davon.

Daher ist es notwendig, dass diejenigen, die die Gewinne internalisieren, die Kosten nicht externalisieren und die Allgemeinheit dafür aufkommt, sondern dass diejenigen, die davon profitieren, auch ihren Teil dazu beitragen, dass wir derartige Umweltschä­den verhindern, aber auch dazu, dass wir die Umstellung in Richtung erneuerbare Energie forcieren. Wir brauchen dazu Geld, der Staat hat nicht so viele Finanzmittel, da­


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her ist es nicht so abwegig und durchaus richtig, dass die Energiewirtschaft das selbst fi­nanziert. Sie soll auch selbst davon profitieren können, wenn sie diversifiziert und in neue Energiesysteme investiert.

Ich werde diese Idee, diesen Vorschlag nächste Woche beim Umweltministerrat in Brüs­sel einbringen, um auch in diesem Gremium die Themenlage voranzutreiben, um bei­spielsweise Kommissar Oettinger in seinen Bemühungen zu unterstützen – in seinen nicht einfachen Bemühungen. Das wurde andiskutiert, das können Sie sich vorstellen: Es sind Mega-Interessen dahinter, sehr viele Finanzinteressen, sehr viele Arbeitsplatz­interessen.

Das ist ein sehr, sehr zähes System, das es zu ändern gilt, aber irgendwann muss man damit beginnen. Wir sind dabei – ich bin auf jeden Fall auf dem Weg, das zu machen. Wenn ich hier bei Ihnen Partner finde, freut es mich, weil es notwendig ist, dass wir in einer Bewegung Menschen überzeugen und damit auch Großes verändern können. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. 2 Minu­ten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.20.00

Abgeordneter Peter Mayer (ÖVP): Geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ein Hauptgrund, warum wir diesen Antrag der Grünen ablehnen, ist sicher die Ansage: Autobahn- und Schnellstraßenausbau stoppen und das ersparte Geld für erneuerbare Energie verwenden! Wir von der ÖVP sind doch der Meinung und unser Ziel ist es: Infrastruktur ausbauen! Erneuerbare Energie ausbauen! (Abg. Mag. Kogler: Und wo nehmt ihr das Geld dafür her?) Der Fahrplan für den Ausbau der erneuerbaren Energie ist mit der Energiestrategie zur Erreichung des 34 Prozent-Anteils erneuerbarer Ener­gie fixiert worden. Wir haben damit einen Weg festgelegt, der ökonomisch und ökolo­gisch sehr sinnvoll ist. (Abg. Mag. Kogler: Betonierer! Steuerverschwender!)

Wir erinnern uns alle an die Diskussion um das Ökostromgesetz – die war ja nicht ein­fach. Da hat es auch Stimmen gegeben, die gemeint haben, Ökostrom sei nicht leistbar für die Konsumenten, Ökostrom sei eine versteckte Bauernförderung. (Abg. Mag. Kogler: Wer sagt das?) Und das müssen wir schon berücksichtigen, wenn wir diese Themen bearbeiten.

Ja, ich bin für einen Ausstieg aus dem Öl, und zwar step by step, also sicher und nachhaltig. In diesem Bereich müssen wir noch viel Überzeugungsarbeit leisten. (Abg. Dr. Pirklhuber: In Oberösterreich machen wir es viel ambitionierter!) – Genau! Über­zeugungsarbeiten auch bei den Grünen, Herr Kollege Pirklhuber. Ich kann mich noch genau erinnern: 1996, Wasserkraftwerk Lambach. Die Grünen haben massivst dage­gen gewettert und das ganze Projekt boykottiert. (Beifall bei der ÖVP.)

Mittlerweile haben sie ja dazugelernt – Gott sei Dank! –, haben den Weg, den die ÖVP beschreitet, mit beschritten, und Umweltlandesrat Rudolf Anschober ist sehr vorbildlich unterwegs.

Ich bin mir aber nicht sicher, denn es sind ja noch viele Ökostromprojekte in der Pipe­line und da fehlen noch einige Unterschriften des Landesrates beim UVP-Verfahren. Ich ersuche Sie: Stellen Sie sich dicht hinter ihn, damit er nicht umfällt, damit wir diese Projekte verwirklichen können! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.22


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Mag. Lohfeyer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



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13.22.13

Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mei­ne Damen und Herren! Wir sind uns ja nicht erst seit der verheerenden Ölkatastrophe im Golf von Mexiko darin einig, dass wir dringend Alternativen zu fossilen Brennstoffen brauchen. Dieser Unfall hat uns einmal mehr vor Augen geführt, dass wir diese mas-
siv forcieren müssen. Ausstieg aus dem Öl – ja. Die Frage ist allerdings, wie, auf wel­chem Weg und mit welchem Tempo, ohne damit dem Wirtschaftsstandort Österreich zu schaden.

Ein Großteil des gesamten importierten Erdöls in Österreich wird für den Verkehr ver­wendet, und ein Viertel der CO2-Emissionen geht auf dessen Konto. Wir sind massiv gefordert, Alternativen zur Straße wie den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu forcieren, sie attraktiv und leistbar zu machen und zugleich die Mobilität für die Men­schen sicherzustellen. Auch der Ausbau des Schienennetzes beziehungsweise der vorhandenen Strecken für den Gütertransport ist für Österreich eine wesentliche Chan­ce zur Verringerung der Emissionen.

Absolut notwendig finde ich auch die Förderung von thermischer Sanierung nach wirk­samen und sozial treffsicheren Kriterien, sodass diese fortgesetzt werden kann, wie das ja auch im vorliegenden Antrag festgehalten wird.

Eine große Chance – und das wurde ebenfalls vom Herrn Minister schon erwähnt – se­he ich auf kommunaler Ebene. Da gibt es ja bereits sehr positive Beispiele in zahlrei­chen Gemeinden, die Energieleitbilder in Richtung Energieautarkie entwickelt haben. Es geht unter anderem darum, die Energieeffizienz in allen Bereichen, vor allem auch bei öffentlichen Gebäuden und im Wohnbau zu steigern, lokale Energieträger zu nutzen und auszubauen, sanfte Mobilität zu fördern, Wirtschaft und Tourismus auch als Akteu­re einer Energiestrategie einzubeziehen und vieles andere mehr.

Es wird eine der zentralen Herausforderungen sein, die nötigen Energieressourcen aus beträchtlich mehr erneuerbarer Energie im Sinne der Klimaschutzziele bereitzustellen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Ja dann tun wir das doch!) Alle rechtlichen und sonstigen Barrie­ren, die einem Ausbau von nachhaltiger Versorgung mit erneuerbarer Energie entge­genstehen, sind zu beseitigen. Wir brauchen ein ganzes Bündel an rechtlichen Maß­nahmen auf vielen verschiedenen Ebenen, um die Abhängigkeit vom Öl drastisch zu re­duzieren. Der vorliegende Antrag der Regierungsparteien enthält sehr konkrete, wichti­ge Punkte in diese Richtung. (Beifall bei der SPÖ.)

13.24


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dipl.-Ing. Deimek. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.24.58

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Im vorliegenden Antrag findet man eine sehr interessante Begründung, warum man aus dem Öl hinausmuss: Die Ölförderung in der Tiefsee ist eine nicht kontrollierbare Risikotechnologie.

Na ja, jede neue Technologie hat es einmal grundsätzlich an sich, dass sie risikobehaf­tet ist. Der Grund, warum in dem Fall dieser GAU passiert ist, dieses Szenario einge­treten ist, liegt ja weniger darin, dass es eine neue Technologie ist, sondern darin, dass die Qualitätssicherung, die man dabei generell sicherstellen muss, gröblich vernachläs­sigt wurde.

Das ist genau der Punkt! Man kann nicht eine Technologie, nur weil sie neu ist, grund­sätzlich verteufeln, denn sonst fangen wir womöglich wieder damit an, die Dampflok – das war in England im Mittelalter beziehungsweise in der beginnenden Neuzeit auch so – für gefährlich zu erklären, weil es da brennt, und außerdem sind die Flugzeuge aus


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Metall, fallen vom Himmel herunter und uns womöglich auf den Kopf. – Also ein biss­chen sensibler sollte man bei der Begründung und Einleitung seiner Anträge schon sein.

Ein Punkt, der auch noch enthalten ist: Man setzt mit Autobahnen, Pipelines und fossi­len Kraftwerken weiter auf Öl, Gas und Kohle. – Na ja, Autobahnen an und für sich sind ja nicht an das Öl gebunden, sondern sind einfach Transportwege. Man kann auch mit einem Elektromobil auf einer Autobahn fahren, wenn es sein muss. Man braucht Pipe­lines ... (Abg. Dr. Pirklhuber: Sie haben offensichtlich nicht verstanden, worum es im Antrag geht!) – Nein, das ist, bitte, euer Antrag.

Bei den Maßnahmen wird es dann interessant: Abschaffung aller Subventionen aus Steuergeld für die Ölwirtschaft, insbesondere die Streichung ... (Abg. Mag. Kogler: Ja­wohl! – Abg. Dr. Pirklhuber: Wo bleibt die Bereitschaft zu Konsequenzen?) – Ja, wenn wir darauf setzen ... Oder umgekehrt: Wenn die Tiroler und der Wirtschaftsminister noch immer Ölheizungen fordern, dann sagen wir: Das ist veraltet, darüber sollten wir eigent­lich längst hinweg sein.

Die Exploration von Bodenschätzen grundsätzlich zu unterlassen, werden wir nur mit einem globalen Ansatz zusammenbringen. Das werden wir nur global lösen können. Ich fürchte aber, es wird in diesem Zusammenhang keine Lösung geben, denn wenn wir über die Haftungen reden und über die Milliarden, die bei Haftungen, wenn sie schla­gend werden, zu zahlen sind, können wir damit nicht nur einen Explorationskonzern in die Pleite schicken. Da werden wir mehrere in die Pleite schicken. Wir werden uns also grundsätzlich global ganz andere Lösungsmodelle überlegen müssen. Einfach nur die Höhe der Haftungen irgendwo festzulegen und zu hoffen, dass schon nichts passieren wird, das wird nicht reichen.

Ein Baustopp für in Planung befindliche Autobahnen und Schnellstraßen – das ist ge­nau der Punkt, wo ich sagen muss: Das passt euch vielleicht taktisch gerade beim Lin­zer Westring, hat aber grundsätzlich mit Öl überhaupt nichts zu tun. (Abg. Dr. Gla­wischnig-Piesczek: 7 Milliarden € wollen sie ausgeben in der Budgetsituation! Und bei den Schulen wird gespart!)

Der Zusatz: Einführung einer CO2-Steuer im Rahmen einer ökosozialen Steuerre­form. – Na ja, Sie müssen sich schon ein bisschen den Vorwurf gefallen lassen, dass Sie Handlanger der Steuerlobby sind, denn abkassieren und die Steuer dann im Bud­get verschwinden lassen, das kann es nicht sein. Da muss man ein bisschen mehr tun.

Und bei der Ausdehnung der Lkw-Maut auf alle Straßen sind wir wieder beim Problem: Wer zahlt das denn? – Im Endeffekt der Verbraucher, wir alle. Das heißt, da müssen wir schon anders ansetzen.

Frau Klubobmann Glawischnig, Sie haben vorhin etwas länger gesprochen. Sie fragen sich immer, warum die Grünen stagnieren oder sogar verlieren. – Frau Klubobmann! Unter Ihren Vorgängern, unter Meissner-Blau und so weiter, galten andere Prinzipien. Da hat man zuerst gedacht, dann hat man diskutiert, und dann ist es veröffentlicht wor­den. Bei Ihnen geht das jetzt so: Kaum hat irgendjemand eine Idee, gibt es eine Pres­sekonferenz, dann gibt es Anträge, und es gibt Populismus pur. So gehen wir sicher­lich nicht vor!

Wenn Sie sensible Themen wirklich seriös behandeln wollen, dann schauen Sie sich nicht nur die grüne Seite an, sondern schauen Sie sich einmal „www.unzensuriert.at“ an. Dort werden Themen ordentlich behandelt. Das können Sie im Internet nachlesen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Da lacht selbst der Präsident!) – Der freut sich, denn der weiß nämlich, was drinnensteht! (Beifall bei der FPÖ.)

Bei dieser Gelegenheit, wenn wir schon dabei sind, noch ein Wort an den ehrenwerten Herrn Professor Van der Bellen, der zwar heute nicht da ist, aber Sie werden es ihm si­cherlich ausrichten. (Widerspruch bei den Grünen.) – Er ist irgendwo im Haus. Da im


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Saal sitzt er gerade nicht. Macht ja nichts! – Er hat es gestern für notwendig befunden, zu bemerken, dass sich die FPÖ nicht auskennt – beim Abstimmen, bei den Gesetzen und so weiter. Wissen Sie, wenn das Kollege Grosz gesagt hätte, dann hätte ich ge­sagt, na ja, in vier Jahren ist er nicht mehr da. Bei Herrn Van der Bellen kann ich sa­gen, vielleicht ist er in einem Jahr nicht mehr da, weil er irgendwo in Wien Bezirksrat ist. (Abg. Grosz: In drei Monaten bin ich womöglich im steirischen Landtag!) – Das mag schon sein, ja, aber es kann auch andere Gründe geben.

Wenn ich jedoch eine Fraktion hätte, der so viele Pannen bei der Erstellung von Anträ­gen, beim Abstimmen und so weiter passierten, dann würde ich vor Scham schwei­gen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


13.30.16

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Kollege Deimek, wer dann in vier Jahren hier ist oder nicht, das wird der Wähler entscheiden – aber nicht Sie. (Beifall bei Abgeordneten des BZÖ.)

Ich darf jetzt kurz auf den Antrag der Grünen zu sprechen kommen: Darin sind wir uns einig, dass die Situation im Golf von Mexiko eine Katastrophe ist. Ganz klar, keine Dis­kussion – niemand befürwortet das. Jeder ist daran interessiert, dass so etwas nicht mehr passiert. Was Sie von den Grünen jedoch fordern – den sofortigen Ausstieg aus Öl und fossilen Brennstoffen und Treibstoffen –, ist doch völliger Schwachsinn. Derzeit ist das mangels Alternativen überhaupt nicht möglich.

Das kommt mir so vor wie etwas, was ich gestern in einem Gespräch gehört habe: Der frühere grüne deutsche Außenminister Fischer hat in seiner Zeiten als Umweltaktivist mit Jesussandalen beim damaligen Ministerpräsidenten Strauß in Bayern vorgespro­chen und verlangt, dass alle Atomkraftwerke sofort ausgeschaltet und abgestellt wer­den, was ja an sich in Ordnung wäre. Der hat ihm aber auch gesagt: Wo sind die Al­ternativen? Damals hat es diese noch nicht gegeben.

Als er ihn gefragt hat, wo er denn den Strom hernehmen will, hat Herr Fischer nichts Besseres zu antworten gewusst, als auf die Steckdose zu zeigen und zu sagen: Da kommt der Strom heraus. – Wie der da jedoch hineinkommt, das hat er nicht sagen können. Das also ist grüne Politik mit „Weitblick“, meine Damen und Herren! Darauf können wir gerne verzichten. (Abg. Dr. Pirklhuber: Auf Initiative der Grünen haben sie in Deutschland frühzeitig ein Gesetz für erneuerbare Energien beschlossen!)

Frau Kollegin Brunner, Ihre Vorgängerin Lunacek hat hier einmal gefordert, man solle doch auf Tretautos umsteigen. Lassen wir diese schwachsinnige Idee hier noch ein­mal ein bisschen Revue passieren: Kollegin Brunner, sind Sie mit dem Tretauto da? Sind Sie mit dem Fahrrad da? Sind Sie zu Fuß da oder mit dem Zug? Oder sind Sie eventuell mit Ihrem kleinen weißen Fiesta da, der nach dem Immissionsschutzgesetz, das jetzt beschlossen wird, eingestampft werden muss, weil er nicht mehr tauglich ist? Das ist die große Frage. Wenn Sie hier den Antrag stellen, müssen Sie schon auch da­rüber nachdenken, wie Sie sich selber bewegen. In diese Richtung sollten Sie einmal schauen!

Würden diese Forderungen erfüllt, würde mangels Alternativen enormer Schaden für die Wirtschaft entstehen. Ich habe es schon angesprochen: Wenn wir keine Straßen mehr bauen, wo transportieren wir die Güter? Am Feldweg mit dem Eselskarren, oder wie stellen Sie sich das vor? Kollege Grosz hat das vorhin angesprochen: Zurück in die Steinzeit! Da können wir uns sauber entwickeln. – Das wäre der falsche Weg. Wasser­


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straßen lehnen Sie auch ab. Wir erinnern uns: Vor einem Monat haben wir hier über den Ausbau der Donau im Sinne von mehr Transportkapazität diskutiert. Auch das leh­nen Sie ab. Wo wollen Sie die Waren transportieren? Machen Sie dazu Vorschläge! Da kommt nichts von den Grünen.

Zurück in die Steinzeit! Da sage ich: Nein danke! Wir vom BZÖ werden deshalb gegen diesen Antrag stimmen.

Lassen Sie mich noch kurz auf die vorigen Tagesordnungspunkte eingehen. Ich wollte mich zwar vorher schon melden, habe mir dann aber gedacht, ich werde das jetzt ma­chen, weil es nur drei Sätze sind.

Kollegin Moser ist jetzt nicht da. Sie hat von Umweltzonen gesprochen. Der ÖAMTC hat erhoben: In Deutschland hat man diese Umweltzonen gehabt beziehungsweise hat sie nach wie vor. Von 40 Städten, die diese Umweltzonen haben, hat es nicht in einer einzigen nennenswerte Verbesserungen der Luftqualität gegeben.

Ich war vergangenes Jahr mit dem Auto in Stuttgart und bin durchgefahren. In dem Schilderwald habe ich mich als Nicht-Ortskundiger nicht ausgekannt. Sagen Sie das einmal unseren Urlaubern, die hier fahren und rigorose Strafen in Kauf nehmen müs­sen, weil sie sich überhaupt nicht auskennen. Ich weiß bis heute nicht, ob ich dort legal in der Umweltzone gefahren bin oder nicht, weil ich es einfach nicht deuten konnte. Die Erklärung dazu hat gefehlt. – Das dazu.

Dann habe ich noch eine Anmerkung zum „IG-Luft-Hunderter“: Wenn man sich das in Oberösterreich anschaut, dort gibt es einen grünen Landesrat, und der verhängt den „IG-Luft-Hunderter“ nach Lust und Laune: Wenn er gerade lustig drauf ist, wird der Knopf gedrückt, dann gilt 100 km/h statt 130 km/h. Letztes Mal bin ich wieder einmal bei Regenwetter durchgefahren. Ich habe noch nie gehört, dass bei Regenwetter die Immissionen so hoch sind, dass man den „IG-Luft-Hunderter“ braucht. Meine Damen und Herren, das ist doch Schwachsinn, was da betrieben wird! (Beifall beim BZÖ.)

Jetzt gehe ich noch auf den letzten Punkt ein, nämlich auf die Ausführungen des lieben Herrn Kopf. – Wo ist denn Kollege Kopf aus Vorarlberg? Er ist nicht mehr da. (Wider­spruch bei der ÖVP.) Ah, da ist er! (Abg. Mag. Molterer: Sieh, das Gute liegt so nah!) – Ich möchte ihm etwas mitgeben: Es geht um die Osterfeuer oder den Funkenbrauch, den wir in Vorarlberg haben. Wenn wir den Funkenbrauch nicht mehr ausüben dürfen – Herr Kopf soll dem Herrn Landeshauptmann Sausgruber in Vorarlberg mitteilen, wie er sich das vorstellt –, werden wir dann stattdessen lustig ein multikulturelles Schafgrillen unter der Brücke beim Weidach-Knoten der A 14 in Bregenz machen. Ist das die neue Kultur, die wir wollen? – Ich sage: Nein danke! (Beifall beim BZÖ.)

13.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Plessl. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


13.35.12

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister Berlakovich! Herr Gesundheitsminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kol­legin Glawischnig – Kollegin Brunner ist gerade draußen –, ich stimme Ihnen zu: Tief­seebohrungen bringen Probleme mit sich, und die Firmen, die die derzeitigen Proble­me verursacht haben, sollen zur Verantwortung gezogen werden. Ich stimme Ihnen auch zu, dass wir die Verbrennung von fossilen Energieträgern reduzieren müssen, je­doch dürfen wir dabei nicht die derzeitige Versorgung mit Gas und Öl gefährden oder einen Baustopp für Autobahnen und Schnellstraßen umsetzen. Gerade für die Bevöl­kerung meiner Region ist es sehr wichtig, die Marchfeld Schnellstraße zu bekommen, weil wir täglich Verkehr im Ausmaß von zirka 60 000 Fahrzeugen ableiten müssen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 110

Wir Sozialdemokraten haben einen etwas anderen Zugang zu diesem Thema. Die vor­handenen Ressourcen gehören genützt und teilweise adaptiert, also zum Beispiel in das bestehende Gasleitungsnetz gereinigtes Biogas eingespeist oder vielleicht die Elektro­mobilität ausgebaut. Gerade dafür könnten wir auch die Autobahnen und Schnellstra­ßen benützen. Und wir sind auch für den Ausbau der Wasserkraft.

Uns als Sozialdemokraten ist es sehr wichtig, dass der Zugang zur Energie für alle möglich ist. Deswegen ist es auch sehr wichtig, die hohe Versorgungssicherheit in Ös­terreich aufrechtzuerhalten. Ein beschränkter Zugang für wenige, die sich dann die sau­bere Energie noch leisten könnten, kommt für mich daher sicherlich nicht in Frage.

Gerade in meinem Wahlkreis Weinviertel, Bezirk Gänserndorf, Region Marchfeld, be­steht ein großes Potential im Bereich der erneuerbaren Energie, speziell bei Windkraft, Geothermie und Biomasse. Für die Biomasse benötigen wir unsere Landwirte als star­ke Partner, und vielleicht ist das auch eine Möglichkeit für unsere Bauern, sich aus ih­rer Abhängigkeit von Subventionen zu befreien.

Beachten wir noch die Anstrengungen zur Hebung des Einsparungspotentials im Ener­giebereich, die Steigerung der Energieeffizienz. Das ist ein sehr wichtiger Bereich. Ge­rade hier hat die Bundesregierung bereits einige Maßnahmen gesetzt. Ich möchte hier nur die thermische Sanierung erwähnen. Wir fordern auch immer wieder ein Energie­effizienzgesetz. Wir müssen jetzt zum zukünftigen Wohl unserer Nachkommen in alter­native Energieformen investieren. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.37


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.37.51

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Herr Bun­desminister Berlakovich! Ihr Kollege Stöger ist auch schon da. Zu den Ausführungen des Kollegen Deimek. – Wo steckt der Kollege? Da ist er! Zur Dramatik der Situation:

„Unglücke wie das im Golf von Mexiko zeigen, dass wir die Sache nicht im Griff haben. [...] Das sind die Folgen der Anwendung von Techniken, die man nicht beherrscht.“ – Wolfgang Blendinger, Professor für Erdölgeologie. Es gibt auch zahlreiche andere Ex­perten, die dieser Tage eine solche Aussage getroffen haben.

Meine Damen und Herren, Herr Bundesminister, wir haben hier im Haus oft die Diskus­sion, ob eine Anlassgesetzgebung zweckmäßig ist oder nicht. Herr Kollege Deimek und auch Frau Kollegin Bayr, selbstverständlich gibt es Anlässe, und eine solche Um­weltkatastrophe wie im Golf von Mexiko erfordert doch ein wirklich radikales Umdenken und endlich konsequente Maßnahmen und nicht nur Lippenbekenntnisse! (Beifall bei den Grünen.)

Und was haben wir heute wieder gehört? Was haben wir gehört? – Kollege Widmann, was haben wir gehört? Niemand hat auf die Ausführungen des Bundesministers repli­ziert! Das hätte ich mir von einer guten Opposition aber erwartet, die stattdessen nur grüne Anträge schlechtzumachen versucht.

Was haben Sie vonseiten des Herrn Bundesministers gehört? – Er hat gesagt: Raus aus dem Öl ist richtig und wichtig. – Ja, das ist unser Antrag. Und zweitens hat er ge­sagt, er steht nach wie vor für ein energieautarkes Österreich. – Ja selbstverständlich, wir Grüne auch. Genau da beginnt ja dann die politische Detaildebatte.

Herr Bundesminister, da beginnt ja die Kritik von uns an Ihnen! Wenn Sie vor der Wirt­schaft so in die Knie gehen, dass Sie unseren Antrag brauchen, Sie, Kollege Schultes, und Sie, Frau Kollegin Bayr von den Regierungsfraktionen, um ein bisschen Druck in die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 111

richtige Richtung zu machen, weil der Wirtschaftsminister auf Seiten der Öl- und der Gaslobby in Österreich steht, dann ist es ein trauriges Zeichen. Es ist auch ein trau­riges Zeichen, wenn ein Umweltminister nur sagt: Ja, natürlich bin ich für ein energie­autarkes Österreich, wir haben ja ohnehin eine Energiestrategie vorgelegt, wir wollen ja eh alles machen, und es gibt eben viele kleine Maßnahmen – klima:aktiv, Ökofonds, al­le möglichen gute Ideen.

Schauen wir uns den Nationalen Aktionsplan für erneuerbare Energien an! Was hat Herr Kollege Mitterlehner gesagt? – Den Ball flach spielen! Also ja keine Ziele hineinschrei­ben, die wir möglicherweise in Zukunft auch erreichen könnten, keine Ziele, die ambi­tioniert sind. Das wäre ja völlig vermessen, wir in Österreich sind doch sowieso schon Schlusslicht bei der Klimastrategie.

Das ist Ihre Realpolitik, und angesichts dieser Realpolitik, Kollege Schultes – wo ist er jetzt mit seinem Antrag? –, ist es einfach unglaublich, wie Sie heute hier sitzen können, Herr Bundesminister, und wie Sie hier wirklich vollmundig erklären können, was die Zie-
le sind. Sie hätten mit unserem Antrag eine Chance gehabt.

Die Ziele im NAP: Bis 2020 wollen Sie beim Strom den Anteil erneuerbarer Energien von 69 Prozent auf 70,6 Prozent erhöhen, bei der Wärme von 30,5 Prozent auf 32,6 Pro­zent. Ja, das ist Stagnation! Das ist kein Ausstieg aus Öl, sondern das ist die echte Stagnation, festgeschrieben in einem Programm, das Sie von der ÖVP und Sie von der SPÖ zu verantworten haben. Und dieses Programm haben Sie bereits nach Brüssel gemeldet. Das sind die Ziele Österreichs, aber nicht die, die wir brauchen.

Oberösterreich strebt bis zum Jahr 2030 klar 50 Prozent erneuerbare Energie an. Das ist das oberösterreichische Ziel, und das ist deutlich ambitionierter, diese Strategie ist deutlich erfolgreicher. Darum verstehe ich auch die oberösterreichischen Kolleginnen und Kollegen überhaupt nicht, die hier herauskommen und einfach herumlamentieren. Ja hätten Sie im Ausschuss, so, wie wir es vorgeschlagen haben, mit uns gemeinsam verhandelt, einen gemeinsamen Fünf-Parteien-Antrag entwickelt! Wir haben Ihnen das Angebot gemacht, Sie haben das abgelehnt. Sie haben gesagt: Wir lehnen Ihren An­trag ab, der ist nicht in Ordnung.

Wenn ich jetzt auf die einzelnen Argumente eingehen will: Welche waren denn das? Dass wir für den Stopp beim Ausbau der Autobahnen und Schnellstraßen sind? Ja, werte Kolleginnen und Kollegen, es fehlt jetzt schon das Geld im Straßenbau. Die ASFINAG ist hoch verschuldet. Wenn man ASFINAG- und ÖBB-Schulden zusammen­zählt, die mit zu den Staatsschulden zählen, dann stehen wir wirklich schlecht da. Wir brauchen eine Verschnaufpause, um jetzt den Einstieg in die richtigen Investitionen zu tätigen, damit Österreich Vorreiter wird, in Europa wirklich Vorreiter für erneuerbare Technologien sein kann und endlich glaubhaft den Ausstieg aus der Ölenergie, aus einer dreckigen Strategie schafft.

Ich nenne Ihnen hier auch noch einmal konkrete Zahlen, damit Sie sehen, was das für ein Wirtschaftspotential ist. Sie brauchen sich nur anzuschauen, was Oberösterreich um eine Region herauszugreifen – hier in den letzten Jahren geleistet hat. Im Jahr 2009 sind in Österreich 65 000 Biomassekessel gebaut worden, davon 50 000 in Oberöster­reich. Zwei Drittel gehen in den Export. Das ist eine Menge an grünen Arbeitsplätzen, das ist ein Marktanteil in der Bundesrepublik Deutschland von 66 Prozent – österreichi­sche Heizkessel!

Würden Sie eine offensive Strategie fahren, dann hätten wir in Europa ein Alleinstel­lungsmerkmal, dann hätten wir echte Chancen für die Zukunft. Wir hätten einen Motor, um aus der Wirtschaftskrise herauszukommen, und darum ist unser Antrag „Raus aus Öl“ der richtige Antrag. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.43

13.43.20

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 112

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 796 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausstieg aus Tiefseebohrungsprojekten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Schultes, Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „zukunftsfähiges Energiesystem“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 112.)

13.44.21 Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 1 bis 4

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zur verlegten Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 1 bis 4, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst ist über den vorliegenden Rückverweisungsantrag abzustimmen.

Hinsichtlich des Berichtes des Umweltausschusses liegt ein Rückverweisungsantrag der Abgeordneten Kunasek, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich lasse sogleich darüber abstimmen, den Bericht des Umweltausschusses 792 der Beilagen an den Umweltausschuss rückzuverweisen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft und das Bundesluftreinhaltegesetz geändert werden und das Bundesgesetz über ein Verbot des Verbrennens biogener Materialien außer­halb von Anlagen aufgehoben wird, 782 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Ing. Schultes, Bayr, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Mag. Brunner vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abän­derungsanträgen sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile der Reihe nach und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Ing. Schultes, Bayr, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag eingebracht, der sich auf Art. I § 14 Abs. 2 Z 6 bezieht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 113

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesen Abänderungsantrag unterstützen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen damit zur getrennten Abstimmung über den Abänderungsantrag der Ab­geordneten Ing. Schultes, Bayr, Kolleginnen und Kollegen, der sich auf Art. I § 14 Abs. 2 Z 7 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren des Hohen Hauses, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters haben die Abgeordneten Ing. Schultes, Bayr, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung einer neuen Z 8 in Art. I § 14 Abs. 2 zum Inhalt hat.

Wer dem seine Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehr­heit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbe­zügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 793 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 794 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 795 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist ebenfalls mit Mehrheit angenommen.

13.49.036. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (779 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 (14. Ärztegesetz-Novelle), das Zahnärztegesetz, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (72. Novelle zum ASVG), das Gewerb­liche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Hebammengesetz, das MTD-Gesetz und das MTF-SHD-Gesetz geändert werden (Bundesgesetz zur Stärkung der ambulanten öffentlichen Gesundheitsversorgung) (853 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 114

7. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 999/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend flexiblere Ar­beitszeitmodelle für Ärzte (854 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1082/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend öffentliche Fi­nanzierung der Lehrpraxen (855 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 6 bis 8 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. Eingestellte Redezeit: 5 Mi­nuten. – Bitte.

 


13.50.02

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren im Hohen Haus! Liebe Besucher! Heute beschließen wir hier das Ärztegesetz, die Ärzte-GmbH. Dies ist eine langjährige Forderung der Ärzte, die jetzt verwirklicht wird, es ist eine langjährige Forderung der Freiheitlichen Partei, und es ist vor allem eine langjährige Forderung der Patienten, denn was bedeutet diese Ärzte GmbH? – Sie bedeutet im Wesentlichen eine Neustrukturierung der ambulanten Ver­sorgung für die Patienten. Es wird so sein, dass die Patienten möglicherweise auch in den Randöffnungszeiten, wie es so schön heißt, also in der Früh, am Abend und am Wochenende im ambulanten Bereich außerhalb der Krankenhäuser ihren persönlichen Arzt oder ihre Arztpraxis erreichen werden können.

Das ist ein Meilenstein in der ärztlichen Versorgung, und ich glaube, Herr Minister, Sie können stolz darauf sein, dass das in Ihre Amtszeit fällt, dass Sie jetzt gerade dieses Amt innehaben.

Es ist natürlich so, dass vieles, was in diesem Gesetz steht, verbessert werden könnte. Ich möchte nur ein paar Dinge anmerken.

Es ist zum Beispiel so, dass die Beschränkung auf fünf Personen pro Gesellschafter außerhalb der Berufsgruppen von der Wirtschaftskammer sehr kritisiert wird. Sie meint, das sei eine ungenügende Abgrenzung zu der normalen Ambulatoriumsversorgung, und dies könnte möglicherweise eine willkürliche Festlegung darstellen und eine Ver­fassungswidrigkeit bedeuten. – Wir werden sehen, ob das so ist.

Ein zweiter Punkt, der mir persönlich überhaupt nicht gefällt, ist, die Wahlgruppenpra­xis mit Kostenerstattung in die Bedarfsprüfung der Stellenpläne einzubeziehen. Das ist auch etwas, was möglicherweise verfassungswidrig sein könnte und so zu einer Ver­fassungsklage und damit zu einer Aufhebung des Gesetzes führen könnte.

Letztendlich der Streitpunkt der letzten Tage, der wirklich viel Staub aufgewirbelt hat: die Haftpflichtversicherung für alle Ärzte, Ambulatorien und privaten Krankenanstalten. Da war ja im Entwurf eine Bestimmung enthalten, die, abweichend von der jetzigen Be­stimmung, ein unkalkulierbares Rückversicherungsrisiko für die Rückversicherer und in weiterer Folge natürlich eine massive Kostensteigerung bedeutet hätte.

Bis dato ist es ja so, dass die Ärzte frei versichert sind. Mit frei versichert meine ich frei­willig versichert. Ich zum Beispiel als Zahnarzt bin, glaube ich, mit 2 Millionen € versi­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 115

chert, und mir steht diese Versicherungssumme drei Mal im Jahr – das ist natürlich illu­sorisch – zur Verfügung. Bis dato ist dieser Zustand eben ein guter und hat eigentlich perfekt funktioniert.

In weiterer Folge ist es so, dass die Ärztekammern Schlichtungsstellen eingerichtet ha­ben, die relativ unkompliziert versuchen, eine Schadenswiedergutmachung herbeizu­führen, wenn Patienten zu Schaden kommen, was auch in rund 60 Prozent der Fälle an­genommen wird.

Der Entwurf, der vorgelegen ist, hätte vorgesehen, dass keine Versicherungsobergren­ze bestanden hätte. Das hätte bedeutet, dass eine Obergrenze von 3 Millionen € unre­flektiert und eigentlich unbegrenzt abgerufen hätte werden können, was ein unkalku­lierbares Risiko dargestellt hätte, mit der Befürchtung von unserer Seite und auch vom Versicherungsverband, dass die Versicherungen dadurch um rund 50 Millionen € ver­teuert worden wären, aber nicht nur die Versicherungen, sondern natürlich auch das Gesundheitssystem, und letztendlich wären die Patienten darauf sitzengeblieben.

Daher sind wir froh darüber, dass wir einen Fünf-Parteien-Antrag zustande gebracht haben, der diese Bestimmungen entschärft. Es wird in Zukunft so sein, dass es zwar eine verpflichtende Berufshaftpflichtversicherung gibt. Die ist allerdings auf den Betrag von 2 Millionen € drei Mal im Jahr für freiberufliche Ärzte und fünf Mal im Jahr für Ambulatorien – oder, wie sie so schön heißen, die GmbHs – beschränkt. Damit können wir leben.

Wir können auch damit leben, dass es ein direktes Zugriffsrecht des Patienten auf die Versicherungen gibt. Das heißt, der Patient muss sich jetzt gar nicht mehr mit dem Arzt in Einklang bringen, wenn er den betreffenden Schadensverursacher klagen will, son­dern er wendet sich direkt an die Versicherung, wie es in der Kfz-Branche üblich ist. Al­lerdings darf man nicht vergessen, dass in der Kfz-Branche, also bei den Autoversiche­rungen, 5 Millionen Personen, also de facto 5 Millionen Autos versichert sind, bei den Ärzten geht es um eine Gruppe von 18 000, was natürlich in keinem Verhältnis steht; daher hätte das so nicht argumentiert werden dürfen.

Das heißt, wir sind froh, dass wir mit unserem Widerstand und unserem Antrag, den wir auch schon im Ausschuss eingebracht haben, wo er allerdings von allen Fraktionen niedergestimmt worden ist, einen Gesinnungswandel herbeigeführt haben – nicht nur für die Ärzte, sondern vor allem für die Patienten, weil diese jetzt nicht fürchten müs­sen, dass es zu einer unkalkulierbaren Erhöhung ihrer Patientenrechnungen kommen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

13.55


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Oberhau­ser. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.55.29

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Für die Patienten war die Haftpflichtversiche­rung nie ein Thema, denn, wie schon dargestellt, der Patient hat ein direktes Durch­griffsrecht auf die Versicherung und nicht auf den Einzelarzt, und wir alle wissen – auch aus dem Falle der Autoversicherung –, dass das deutlich einfacher ist. Das heißt, für Patientinnen und Patienten ist es kein Schaden.

Der Grund dafür, warum wir uns allerdings zu diesem Allparteienantrag – wobei ich mich auch sehr herzlich dafür bedanken möchte, dass jetzt alle mitgegangen sind – entschlossen haben, ist ganz einfach: Wir möchten, dass diese Haftpflichtversicherung, die seit den Neunzigerjahren ein Thema der Sozialdemokratie ist, endlich kommt. Wo­rauf wir nicht einsteigen möchten, ist diese völlige Panikmache des Versichertenverban­


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des mit der Frage, dass die Prämien – wie von dir (in Richtung des Abg. Dr. Karlsböck) ausgesendet – mit, ich weiß nicht, 40 000 € im Jahr so im Raum stehen.

Das heißt, wir haben derzeit haftpflichtversicherte Ärztinnen und Ärzte – ich weiß nicht, ob du haftpflichtversichert bist, ich war es mein ganzes Spitalsleben lang –, da gibt es Haftungssummen für Allgemeinmediziner, die auf 1 bis 2 Millionen € gehen – das be­wegt sich in einer Preisklasse von 180 bis 200 € pro Jahr –, und wir haben Fachärz­tinnen und Fachärzte, die mit einer Schadenssumme von 3 Millionen € ohne Höchstbe­grenzung haftpflichtversichert sind, das bewegt sich um die 850 € pro Jahr.

Wir möchten dem nicht entgegenstehen, dass der Versicherungsverband mit der Ärzte­kammer versucht, einen Rahmenvertrag zu vereinbaren – deswegen auch die Begren­zung, so wie sie im Gesetzentwurf steht –, allerdings ist im Gesetzentwurf auch ent­halten, dass wir ein Jahr nach Inkrafttreten dieser Versicherungen eine Evaluierung ha­ben möchten. Warum? – Weil wir uns anschauen möchten, ob diese Reglementierung, die wir jetzt eingezogen haben, für Patientinnen und Patienten nicht ein massiver Nach­teil ist.

Auch dazu die Erklärung: Uns allen ist bekannt, dass vor einigen Jahren die Frage der Hepatitis-C-Infektion bei den Plasmapherese-Patienten aufgetreten ist. Auch das Plas­mapherese-Institut wäre im Falle einer Haftpflicht genau in dieser Haftpflichtversiche­rung drinnen. Jetzt ist das limitiert auf fünf Fälle, es sind aber vielleicht – wenn wir noch einen positiven Fall annehmen – sechs Infizierte. Was macht der Sechste?

All diese Regelungen sind also deswegen enthalten, weil ich mir das einmal anschauen möchte. Ich möchte mir erstens die Versicherung und die Prämien anschauen, zwei­tens möchte ich mir dann auch anschauen, was das im Einzelfall für die einzelnen Pa­tientinnen und Patienten bedeutet, um dann, wenn nötig, nachzujustieren.

Wie gesagt – noch einmal –: Ich freue mich, dass wir dieses Gesetz und auch einen Allparteienantrag zustande gebracht haben, den ich hier auch als Abänderungsantrag einbringen muss, und zwar:

Die Abgeordneten Oberhauser, Rasinger, Karlsböck, Grünewald, Haubner, Kollegin­nen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag zu 853 der Beilagen einzubringen, den ich jetzt hier in den Kernpunkten zum Teil schon erläutert habe. Das heißt, wir wer­den die Einzelfallsumme mit 2 Millionen € pro Fall reglementieren, werden für die Ein­zelpraxis auf drei Mal im Jahr und für die Gruppenpraxis beziehungsweise Ambula­torien auf fünf Mal im Jahr gehen.

Auf die Evaluierung bin ich schon eingegangen. Wir möchten also wissen, was das für Patientinnen und Patienten, natürlich auch für Ärztinnen und Ärzte heißt.

*****

Damit wir uns aber nicht nur mit der technischen Seite von Gruppenpraxis und Ärzte-GmbHs beschäftigen: Was lange währt, wird endlich gut. – Das wurde ja heute schon einmal gesagt. Wir haben wirklich ewig lange mit Ärztekammern und allen möglichen anderen über die Frage verhandelt, wie so eine Ärzte-GmbH auszustatten ist, wir ha­ben sowohl kammerintern als auch mit der Politik verhandelt, wie es laufen soll, und ich glaube, wir haben jetzt einen wirklich gangbaren Kompromiss gefunden, der sich zu dem entwickeln kann und soll, was er sein soll, nämlich zu einem Übergang an der Schnittstelle zwischen Krankenhaus und niedergelassenem Arzt.

Wir hoffen – und das war eines der Ziele –, dass wir vor allem im ländlichen Bereich die Attraktivität der Niederlassung damit erhöhen, dass wir dort nicht Einzelarztpraxen ansiedeln, sondern mehreren Ärztinnen und Ärzten die Möglichkeit geben, sich zu einer Gruppenpraxis zusammenzuschließen, um dort mit längeren Öffnungszeiten, mit besseren Erreichbarkeiten für die Menschen in der Umgebung da zu sein.


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Wir haben uns – und auch das war Thema – in der Frage der Zulassung und der Be­darfsprüfung auf einen EU-konformen Weg, nämlich auf einen einheitlichen Weg ge­einigt und auch darauf – was auch wichtig ist, denn die ärztliche Versorgung in den Gruppenpraxen muss ja auch bezahlt werden, und zwar von den Sozialversicherungen bezahlt werden –, dass die Niederlassung sich nach dem Österreichischen Struktur­plan Gesundheit, insbesondere nach dem Regionalen Strukturplan Gesundheit orien­tieren muss, das heißt, dass wir eine Bedarfsprüfung haben, sodass wir auch wissen, dass sie dort gebraucht wird.

Es sind die Qualitätskontrollen verbessert worden. – Auch dazu gab es eine lange Dis­kussion, wer wie Qualität in Arztpraxen kontrollieren darf. Ich denke, dass wir da mit al­len Verhandlungspartnern gemeinsam einen sehr guten Weg gefunden haben. Ich mei­ne, wir können uns alle dem Dank an den Minister, den schon Kollege Karlsböck aus­gesprochen hat, anschließen, nämlich nicht dahin gehend, dass es in seine Amtszeit gefallen ist, dass das „passiert“ ist, sondern dahin gehend, dass er in seiner Amtszeit federführend dafür verantwortlich war, dass wir etwas, das wir seit vielen, vielen Jahren verhandeln, nun endlich zu einem guten Abschluss gebracht haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag wurde in seinen Kernpunkten erläutert, ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Ver­handlung. Aufgrund seines Umfanges wurde er gemäß § 53 Abs. 4 Geschäftsord­nungsgesetz vervielfältigt und wird in den nächsten Minuten hier im Saal an die Abge­ordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, Dr. Rasinger, Dr. Karlsböck, Dr. Grünewald, Ursula Haubner und Kollegen

mit dem die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Ärztegesetz 1998 (14. Ärztegesetz-Novelle), das Zahnärztegesetz, das Bundesgesetz über Krankenan­stalten und Kuranstalten, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (72. Novelle zum ASVG), das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungs­gesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflicher Erwerbstätiger, das Gesundheits- und Kranken­pflegegesetz, das Hebammengesetz, das MTD-Gesetz und das MTF-SHD-Gesetz ge­ändert werden (Bundesgesetz zur Stärkung der ambulanten öffentlichen Gesundheits­versorgung), 779 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP., geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die oben bezeichnete Regierungsvorlage in der Fassung des Berichts des Gesund­heitsausschusses wird wie folgt geändert:

1. Im Art. 1, in der Z 12 lautet § 52d Abs. 2:

„(2) Die Mindestversicherungssumme hat für jeden Versicherungsfall zur Deckung der aus der ärztlichen Berufsausübung entstehenden Schadenersatzansprüche 2 000 000 Euro zu betragen. Eine Haftungshöchstgrenze darf pro einjähriger Versicherungsperiode bei einer Gruppenpraxis in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung das Fünffache der Mindestversicherungssumme, bei sonstiger freiberuflicher ärztlicher Tätigkeit das Dreifache der Mindestversicherungssumme nicht unterschreiten. Bei der


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Festlegung der Versicherungsbedingungen sind die fachspezifischen Prämien zu be­rücksichtigen.“

2. Im Art. 1, in der Z 12 entfallen im § 52d die Abs. 7 und 8.

3. Im Art. 1 Z 27 werden nach § 230 Abs. 6 folgende Abs. 7 und 8 angefügt:

„(7) Ausfertigungen von Organen der Österreichischen Ärztekammer sowie der Ärzte­kammern in den Bundesländern, die mittels automationsunterstützter Datenverarbei­tung erstellt werden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung und gelten, wenn sie weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung aufweisen als durch das Organ genehmigt, von dem die Ausfertigung stammt. Die Bestimmung gilt auch für die vor ihrem Inkrafttreten hergestellten Ausfertigungen.

(8) Der Bundesminister für Gesundheit hat die Auswirkungen der Verpflichtung zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung bis zum Ablauf des Jahres 2012 zu eva­luieren und dem Nationalrat darüber zu berichten. Die Österreichische Ärztekammer und der Fachverband der Versicherungsunternehmen sind verpflichtet, dem Bundesminis­ter für Gesundheit die dafür notwendigen Daten bekannt zu geben, wobei der Fach­verband der Versicherungsunternehmen auch die Entwicklung auf dem Gebiet der Er­bringung zahnärztlicher Leistungen und auf dem Gebiet der Krankenanstalten zu be­rücksichtigen hat.“

4. Im Art. 2, in der Z 3 lautet § 26c Abs. 2:

„(2) Die Mindestversicherungssumme hat für jeden Versicherungsfall zur Deckung
der aus der zahnärztlichen Berufsausübung entstehenden Schadenersatzansprüche 2 000 000 Euro zu betragen. Eine Haftungshöchstgrenze darf pro einjähriger Versi­cherungsperiode bei einer Gruppenpraxis in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung das Fünffache der Mindestversicherungssumme, bei sonstiger freiberuflicher zahnärztlicher Tätigkeit das Dreifache der Mindestversicherungssumme nicht unterschreiten.“

5. Im Art. 2, in der Z 3 entfallen im § 26c die Abs. 7 und 8 und der Abs. 9 erhält die Ab­satzbezeichnung „(7)“.

6. Im Art. 3, in der Z 19 lautet § 5c Abs. 2:

„(2) Für den Versicherungsvertrag muss Folgendes gelten:

1. Die Mindestversicherungssumme für jeden Versicherungsfall muss 2 000 000 Euro betragen,

2. eine Haftungshöchstgrenze darf pro einjähriger Versicherungsperiode das Fünffache der Mindestversicherungssumme nicht unterschreiten und

3. der Ausschluss oder eine zeitliche Begrenzung der Nachhaftung des Versicherers ist unzulässig.“

7. Im Art. 3, in der Z 19 entfallen im § 5c die Abs. 5 und 6.

Begründung

Zu den Z 1, 2 und 4 bis 7:

Entsprechend den geführten Beratungen, insbesondere unter versicherungswirtschaft­lichen Gesichtspunkten, hat sich im Hinblick auf die Kalkulation der Rückversicherun­gen die Notwendigkeit der Ermöglichung einer Haftungshöchstgrenze pro einjähriger Versicherungsperiode gezeigt. Demnach soll unter Berücksichtigung des Ausschlusses der vertraglichen persönlichen Gesellschafterhaftung bei Gruppenpraxen in der Rechts­form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung sowie bei Krankenanstalten die Haf­


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tungshöchstgrenze das Fünffache der Mindestversicherungssumme nicht unterschrei­ten, hingegen bei (zahn-) ärztlicher Tätigkeit in „Einzelordinationen“ und Gruppenpra­xen in der Rechtsform einer offenen Gesellschaft das Dreifache der Mindestversiche­rungssumme nicht unterschreiten.

In diesem Zusammenhang wurde, gestützt auf bisherige Schadensfälle und die Inter­essenlage der Versichertengemeinschaft, dargelegt, dass eine Mindestversicherung in der Höhe von 2 000 000 Euro je Versicherungsfall angemessen scheint.

Weiters hat sich in den schon erwähnten Beratungen gezeigt, dass nicht ausgeschlos­sen werden kann, dass die Pflichtzuweisung zu einer Verteuerung der Versicherungs­prämien führen kann und die diesbezüglichen Nachteile die Vorteile einer gesetzlichen Sicherstellung des Versicherungsabschlusses überwiegen würden, sodass auf eine solche verzichtet werden soll.

Darüber hinaus ergibt sich folgender Änderungsbedarf:

Zu Z 3:

§ 230 Abs. 7, im Abänderungsantrag erstmals vorgestellt, hat als Hintergrund, dass im Hinblick auf die große Zahl von Kammerangehörigen, die Ärztekammern in den Bun­desländern vor allem in den Bereichen der Umlagen- und Wohlfahrtsfondsbeitragsvor­schreibung ihre Bescheide weitgehend automationsunterstützt erstellen. In letzter Zeit wurde allerdings fraglich, inwieweit die Vorgangsweise der Organe der Ärztekammern in den Bundesländern bei der Bescheiderstellung den Formalvoraussetzungen des AVG genügt. Zur Rechtssicherheit vor allem bei Vorschreibungen im Rahmen der stan­deseigenen Pensionssystemen soll analog der Bestimmung des § 96 BAO eine ent­sprechende interne Genehmigung bei automationsunterstützter Erstellung von Be­scheiden gesetzlich vorgesehen werden und so auch eine zweckmäßige und effiziente Verwaltung ermöglichen.

Darüber hinaus soll in einer eigenen Bestimmung der Bundesminister für Gesundheit die Auswirkungen der Verpflichtung zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung bis zum Ablauf des Jahres 2012 evaluieren und dem Nationalrat darüber berichten.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.01.22

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Nicht alles, was gut ist, muss einen gleich euphorisch machen. Natürlich ist eine GmbH für Ärzte etwas, das seit Langem gefordert und gewünscht wurde, und zwar nicht nur von der Ärztekammer, sondern auch von Patienten. Natürlich ist es of­fensichtlich, dass sich das alte Einzelkämpfertum in der Einzelpraxis über die Jahre doch eher zugunsten einer mehr teamorientierteren Gesundheitspolitik verdünnen wird, und das ist gut so.

Ich finde das kollegiale Gespräch besser als Einzelkämpfertum. Viele Augen sehen mehr, man kann sich beraten, man hat Kollegen, mit denen man sich austauschen kann. Das alles ist gut. Wenn aber im Vorblatt und in den Erläuterungen zu dem Ge­setz steht, der Sinn sei, das ambulante niedergelassene Angebot zu stärken, zu ver­breitern und dadurch Spitäler zu entlasten, dann ist das nicht Euphorie, sondern Eu­phemismus.

Wenn man mit Leuten spricht und fragt: Was glauben Sie, Herr Soundso – ich nenne jetzt keine Namen –, wie viele werden da in nächster Zeit kommen?, dann ist die erste


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 120

Antwort: Das wird noch etwas dauern, das geht nicht so schnell, und dann werden es vorläufig nur ganz wenige sein, pro Bundesland ein, zwei, drei. – Und drei Ärzte-GmbHs sollten dann Spitäler entlasten? – Das schaue ich mir an!

Ich glaube, es sind da noch ein paar Hürden von Zuständigkeiten und Kompetenzen eingebaut. Der Landeshauptmann oder die Landesregierung müssen entscheiden, dann gibt es noch eine Bedarfsprüfung, dann gibt es noch Parteistellung von Ärzte­kammer, Wirtschaftskammer, Sozialversicherung, und dann dürften sich das auch noch die „berühmten“ – ich sage nicht „berüchtigten“! – Gesundheitsplattformen der Länder anschauen.

Die Gesundheitsplattformen der Länder – dafür kann der jetzige Bundesminister nichts – waren wirklich eine politische Bauchlandung. Sie sollten die berühmten Schnittstellen zwischen stationär und ambulant beseitigen. Was hat man gemacht? – Drei Arbeitskreise: einen für stationär, einen für ambulant und einen, der sich Koopera­tionsbereich zur Problemlösung nennt. Überall haben jeweils andere Interessenvertre­ter die absolute Stimmenmehrheit. Was dabei herauskommt, können Sie sich vorstel­len – und bei den Ärzte-GmbHs wird es nicht anders werden.

Entscheidend ist aber meiner Ansicht nach, zu sehen, wo es im niedergelassenen Be­reich noch Defizite gibt. Da nützen uns die schönsten Beschlüsse nichts, wenn die Be­dürfnisse der Leute, die sozusagen nur mit Defiziten politisch beantwortet werden, nicht gestillt werden können, weil man es sich nicht leisten kann. Da wird es natürlich heikel.

Gut finde ich bei den GmbHs, dass die Dokumentation von Diagnosen und Leistungen ein ganz essentieller Punkt des Gesetzes ist. Noch einmal zu den Spitälern und dem Wunsch, diese zu entlasten: Wenn in der Steiermark ein Landeshauptmann Voves irr­lichtert, welche Rolle er bei Spitälern spielen soll – die des Sylvester Stallone oder die des Karl Moik –, und dann sagt, da kommt kein Spital weg, und dann die ganze SPÖ an einem Parteitag sagt, ja, ganz anders als es Schieder wollte, so muss es sein, jedes Spital ist sakrosankt, was tun Sie dann? Das ist verdammt heikel. Und der Landes­hauptmann in Niederösterreich – damit ich hier nicht nur die Sozialdemokratie an den Pranger stelle – steht dem nicht nach und sagt: Bei mir ist es genau so!

Ich glaube, die Gesundheitsreform soll ständige Debatte sein. Wir werden sie nicht weiterbringen, wenn wir in einem Gesundheitsausschuss 27 Tagesordnungspunkte in drei Stunden herunterhecheln. Das erlaubt keine tiefschürfenden Überlegungen. Ich glaube, man sollte wirklich auch einen anderen Arbeitskreis als Gesundheitsplattfor­men einrichten, nämlich einen aller Parteien, mit der Opposition, um sich eben Gedan­ken zu machen: Wo steht da was? Was muss da weiter geschehen?

Ich möchte noch etwas dazusagen: Es wurde dank meines Kollegen Karl Öllinger noch ein weiterer großer Fortschritt erzielt, der in dieses Gesetz mit eingebaut wurde, näm­lich die Unfallversicherung für Kinder während des letzten verpflichtenden Kindergar­tenjahres. Das ist ein großer Fortschritt. Wir müssen uns für Karl Öllingers Initiative be­danken. Sinnvoll wäre es sicher gewesen, was Kollege Karlsböck gewünscht hat: fle­xiblere Arbeitszeiten in Spitälern zu installieren oder zu ermöglichen, und zwar nicht nur während der Ausbildung, sondern immer.

Man weiß, dass Über-50-Jährige nicht mehr gerne acht Nachtdienste im Monat ma­chen und es auch nicht schaffen. Sie schaffen es auch nicht mehr, in der Notaufnahme zu stehen oder 24 Stunden, an Wochenenden bis zu 49 Stunden, ununterbrochen im Dienst zu sein. Das ist ja immer noch erlaubt! Da zu sagen, das geht nicht, ist keine Lösung. Das muss gehen! Das gibt es in anderen Berufen auch, und es hilft den Leu­ten, schützt sie vor Burn-out.

Sie wissen, dass das Fehlerverhalten von Ärzten durch diese Selbstausbeutung mas­siv beeinflusst wird. Gut wäre auch gewesen, einmal zu diskutieren, wie die Lehrpraxen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 121

finanziert werden sollten. In Europa werden sie zumeist durch die oder additiv mit der öffentlichen Hand finanziert.

Was mir wirklich auf die Nerven geht, muss ich jetzt auch sagen: Wir sagen immer wie­der, man müsse den niedergelassenen Bereich stärken, wir brauchen den Facharzt für Allgemeinmedizin. Zuerst sagt die Ärztekammer Ja, dann sagt eine Gruppe wieder Nein. Der Tiroler Ärztekammer-Präsident publiziert das schon und freut sich darauf, und dann höre ich, das ist dann doch alles ganz anders.

So gehen Fortschritte in der Medizin nicht! Ich würde den Minister bitten, natürlich mit der Ärztekammer zu arbeiten, aber einiges sollte auch ohne sie gehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der FPÖ.)

14.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.07.48

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Hohes Haus! Gesundheitspolitik sollte man auch einfach erklären können, damit sie auch die Leute draußen verstehen, die vielleicht nicht im Expertenturm wohnen.

Österreich hat 70 Prozent mehr Spitalsaufnahmen als der EU-Schnitt. Das ist zum Teil Qualität, zum Teil aber eindeutig zu viel. Wenn wir diese Schieflage ändern wollen, dann müssen wir die ambulante Versorgung verbessern, und dieses Gesetz ist eben ein zen­traler Punkt, ein Versuch, diese zu verbessern.

Wir haben im Vergleich zu Deutschland verschiedene Fehler nicht gemacht. In Deutsch­land zum Beispiel spielt bei diesen sogenannten Versorgungszentren Fremdkapital eine Riesenrolle. Das hat den Effekt, dass man heute schon weiß: Wenn jemand in eine Art Gruppenpraxis investiert, dann will er eine Rendite. Das heißt aber noch lange nicht, dass er eine optimale Versorgung will.

Wenn dann der Kapitalgeber ein Pensionsfonds in England oder in Amerika ist, dann ist das überhaupt jeder Steuerung entzogen. Es ist ein Riesenthema in Deutschland, dass die, die am Patienten arbeiten, auch direkt beteiligt sein sollen, denn diese Leute haben ein ganz anderes Interesse als jemand, der nur auf die Rendite schaut. Patien­ten sollten nicht primär Renditeobjekte sein. Das ist mit dem österreichischen Gesetz verhindert.

Zweitens: Ich halte es für sehr wesentlich, wenn man maximales Service bietet. Ich glaube, wenn mehrere Fachärzte oder überhaupt Ärzte auf einem Fleck sind, dann ist das für den Patienten sicherlich kein Nachteil. Ich halte es auch nicht für einen Nach­teil, wenn man die Öffnungszeiten verbessert.

Mit dem Gesetz sanieren wir auch die Situation betreffend ein EuGH-Urteil bezüglich Gleichschaltung, Bedarfsprüfung, Institute, Krankenanstalten und Gruppenpraxen. Da­mit haben wir eine einheitliche Bedarfsprüfung.

In diesem Zusammenhang bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, Dr. Rasinger, Kolleginnen und Kollegen, ein­gebracht im Zuge der Debatte zu 853 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 122

„Der Bundesminister für Gesundheit wird ersucht, eine Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretern des Bundes, der Länder und der Interessenvertretungen einzusetzen, um Vor­schläge für einheitliche betriebsanlagenrechtliche Regelungen und Vorschriften für Er­bringer ambulanter Gesundheitsdienstleistungen zu erarbeiten.“

*****

Das heißt, es geht um Einheitlichkeit zwischen Gruppenpraxen und Instituten.

Weiters im Gesetz festgelegt und positiv zu erwähnen sind die berühmten Mindesthaft­pflichtsummen, die Qualitätssicherung, aber auch – das möchte ich nicht unerwähnt lassen –, dass die AUVA die Kosten für die Unfallversicherung von Kindern im ver­pflichtenden Kindergartenjahr übernimmt.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch folgenden Entschließungsantrag einbrin­gen, und zwar wieder zu 853 der Beilagen:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Gesundheit wird ersucht, nach Ende des Kindergartenjah­res 2011/12, jene Kosten, die der AUVA im Zusammenhang mit der Ausdehnung des Schutzes der Unfallversicherung auf Kinder im verpflichtenden Kindergartenjahr er­wachsen, zu evaluieren und dem Gesundheitsausschuss hierüber zu berichten.“

*****

Zum Schluss: Jedes Gesetz hat einen Vater und eine Mutter. Ich weiß nicht, wer die Mutter des Gesetzes ist, aber ich kenne den Vater, er sitzt hinter mir. Ich glaube, ich muss dem Gesundheitsminister für seine Geduld großen Respekt zollen. Für ihn waren immer die Patienten im Mittelpunkt und nicht die Interessen der diversen Lobbys, die ja laut dem damaligen deutschen Minister Seehofer eine Art Haifischbecken sind. Herr Minister Stöger hat sich im Haifischbecken wacker geschlagen. Ich glaube, der Patient wird ihm dankbar sein. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Die soeben eingebrachten beiden Entschließungs­anträge sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, Dr. Rasinger, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Bundesgesetz zur Stärkung der ambulanten öffentlichen Gesundheitsversor­gung, eingebracht im Zuge der Debatte zu 853 dB

Im Zuge der Beschlussfassung dieses Gesetzes sind neue Regelungen für Gruppen­praxen vorgesehen. Während für die Gesetzgebung und Vollziehung der Gruppenpra­xen gem. Art. 10 B-VG Bundeskompetenz gilt, ist für die Krankenanstalten und Am­bulatorien laut Art. 12 B-VG der Bund für die Grundsatzgesetzgebung zuständig, wäh­rend die Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung Sache der Länder ist. Dies be­deutet, dass Erbringer ambulanter Gesundheitsdienstleistungen unterschiedlichen Re­gimen unterliegen. Um künftig zu gewährleisten, dass für vergleichbare Einrichtungen, die gleiche Gesundheitsdienstleistungen erbringen, auch einheitliche betriebsanlagen­rechtliche Regelungen gelten, soll eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des Bundes, der Länder und der Interessensvertretungen eingerichtet werden. Ziel dieser Arbeitsgruppe


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 123

soll die Erarbeitung einheitlicher Regelungen sein, die sowohl dem Sachlichkeitsgebot, als auch der Verwaltungsvereinfachung unterliegen und somit die Qualität und Versor­gung der Patienten nachhaltig sicherstellen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Gesundheit wird ersucht, eine Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretern des Bundes, der Länder und der Interessenvertretungen einzusetzen, um Vorschläge für einheitliche betriebsanlagenrechtliche Regelungen und Vorschriften für Erbringer ambulanter Gesundheitsdienstleistungen zu erarbeiten.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, Dr. Rasinger, Amon MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der Kosten für die Unfallversicherung von Kindern im verpflichtenden Kindergartenjahr, eingebracht im Zuge der Debatte zu 853 dB

Nach Art. 4 in Verbindung mit Art. 10 der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Einführung der halbtägig kostenlosen und verpflichtenden frühen Förderung in institu­tionellen Kinderbetreuungseinrichtungen haben die Länder bis längstens 1. Septem­ber 2010 eine gesetzliche Pflicht zum Besuch von geeigneten institutionellen Kinderbe­treuungseinrichtungen im letzten Jahr vor der Schulpflicht im Ausmaß von mindestens 16 bis 20 Stunden vorzusehen. Zum Besuch von institutionellen Kinderbetreuungsein­richtungen sind nach Art. 4 der genannten Art. 15a-Vereinbarung jene Kinder ver­pflichtet, die vor dem 1. September des jeweiligen Jahres das 5. Lebensjahr vollendet haben und im Folgejahr schulpflichtig werden.

Kinder, die eine Kinderbetreuungseinrichtung besuchen, sind nach der geltenden Rechts­lage in der Regel als Angehörige nach § 123 ASVG und die entsprechenden Parallel­bestimmungen der Sondergesetze berechtigt, Leistungen der Krankenversicherung in An­spruch zu nehmen.

Da nunmehr auf landesgesetzlicher Ebene eine Pflicht zum Besuch einer institutionel­len Kinderbetreuungseinrichtung geschaffen wird, soll der Schutz der Unfallversiche­rung auf Kinder, die aufgrund dieser Verpflichtung eine institutionelle Kinderbetreu­ungseinrichtung besuchen, ausgedehnt werden.

Nach geltender Rechtslage sind nach § 8 Abs. 1 Z 3 lit. h und i ASVG Schüler/Schü­lerinnen und Studenten/Studentinnen in der Unfallversicherung teilversichert. Entspre­chend der Teilversicherung der Schüler/Schülerinnen und Studenten/Studentinnen in der Unfallversicherung soll auch für den neu einzubeziehenden Personenkreis die All­gemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) jährlich den Betrag bereitstellen, der zur Deckung des Aufwandes der Unfallversicherung für diese Personen notwendig ist.

In den letzten Jahren verzeichnete die AUVA rund 500 Unfälle von 6jährigen Kindern als Weg- und Schulunfälle. Bei einem durchschnittlichen Kostensatz von 213 Euro im Jahr 2008 bzw. 236 Euro im Jahr 2009, ergibt sich auf der Kostenbasis 2009 aus heuti­ger Sicht ein geschätztes Kostenvolumen von 500 mal 236 Euro, somit rund 120 000 Euro jährlich. Die tatsächliche Kostenbelastung für die AUVA durch die Neuregelung soll nach einem Zeitraum von zwei Jahren entsprechend evaluiert werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 124

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Gesundheit wird ersucht, nach Ende des Kindergartenjah­res 2011/12, jene Kosten, die der AUVA im Zusammenhang mit der Ausdehnung des Schutzes der Unfallversicherung auf Kinder im verpflichtenden Kindergartenjahr er­wachsen, zu evaluieren und dem Gesundheitsausschuss hierüber zu berichten.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


14.12.07

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Hohes Haus! Es ist absolut sinnvoll, den niedergelassenen Bereich zu stärken, vor allem im Sinne eines besseren Angebotes für die Patientinnen und Patienten. Eine bessere Versorgung und eine grundsätzlich neue Form des patientenorientierten Ange­bots wie die Einrichtung von Gruppenpraxen entspricht den Zielen, die auch wir vom BZÖ in unserem Gesundheitsprogramm haben.

Es geht eben darum, die wesentlich teureren Ambulanzen und Spitäler zu entlasten und die Leistungen in den extramuralen Bereich zu verlagern.

Über den uns nun vorliegenden Gesetzentwurf haben schon meine Vorrednerinnen und Vorredner gesprochen. Die einen sagen, es sei ein großer Wurf, ein Meilenstein, die anderen üben – berechtigt, wie ich meine – an verschiedenen Details Kritik. Dieser Gesetzentwurf ist sicherlich ein Schritt, aber ein sehr kleiner Schritt in die richtige Richtung. Ich bezweifle, dass mit dieser Gesetzesvorlage wirklich erreicht wird, was wir alle uns vorgenommen haben beziehungsweise was sich die Politik zum Ziel gesetzt hat.

Wir vom BZÖ sehen diese Vorlage als einen reinen Sozialpartnerkompromiss, dem die Politik zugestimmt hat. Ich möchte ein paar Kritikpunkte anführen: Da wäre einerseits das Verbot für Ärzte, andere Ärzte in Gruppenpraxen anzustellen. Frau Kollegin Ober­hauser, Ihre Erklärung im Ausschuss, dass Ärzte irgendwo logieren und dann andere für sich arbeiten lassen, ist für mich keine Erklärung. Schwarze Schafe gibt es in jedem Berufsstand, doch sollte man, meine ich, aufgrund von schwarzen Schafen nicht etwas grundsätzlich Richtiges von vornherein verbieten.

Das Zweite ist, dass die Landeshauptleute bei der Zulassung von Gruppenpraxen eine sehr starke Rolle spielen. Es ist notwendig, wieder ein sehr umfangreiches Verfahren in Bewegung zu setzen. Der Landeshauptmann kann einmal erteilte Bescheide sogar wieder zurücknehmen. – Für uns drängt sich der Verdacht auf, dass damit die Landes­hauptleute, die ja die Chefs der Spitäler und somit auch der Ambulatorien sind, diese Gruppenpraxen sehr ruhig, sehr klein halten wollen, um ja keine Konkurrenz erwach­sen zu lassen.

Das Dritte, das uns sehr stört, ist, dass so viele neue, zusätzliche Gremien geschaffen werden. Das sind Gremien, die jeglicher Verwaltungsreform absolut widersprechen, die gerade das Gesundheitssystem so notwendig hätte. Das sind Einrichtungen, die im Grunde nichts anderes machen, als sich in Hunderten von Sitzungen damit zu beschäf­tigen, wie man qualifizierte Ärzte zusätzlich noch kontrollieren kann.

Ich denke an die Gesellschaft für Qualitätssicherung, die eingerichtet werden muss, die wieder einen Wissenschaftlichen Beirat hat, die einen Evaluierungsbeirat hat und so wei­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 125

ter. Wir vom BZÖ hätten uns hier schlanke Strukturen und eine schlanke Verwaltung vor­gestellt, um im Gesundheitssystem endlich anzugehen, was so kostenintensiv, so teuer ist, und nicht wieder Geld in jede Menge zusätzliche Gremien zu stecken! (Beifall beim BZÖ.)

Ein weiterer Kritikpunkt oder eine weitere Frage, die sich für uns stellt, ist: Warum wird vorwiegend in Pauschalmodellen abgerechnet, statt in Einzelleistungen? – Hier wäre unsere Forderung wieder vorzubringen, endlich im System insgesamt einen einheitli­chen Leistungskatalog mit einheitlichen Abgeltungen aufzustellen.

Was die Haftpflichtversicherung für Ärzte betrifft: Dieser Abänderungsantrag ist, wie Sie schon gehört haben, ein Fünf-Parteien-Antrag. Dem werden wir zustimmen, weil eben Zwangszuweisungen wegfallen, weil die Haftungssumme reduziert ist und teure Rückversicherungen wegfallen.

Hier wird es unsere Zustimmung geben, genauso wie es unsere Zustimmung zur Un­fallversicherung für Kindergartenkinder geben wird. Das war eine Lücke, die richtig er­kannt wurde und nun geschlossen wird. Wir werden daher eine getrennte Abstimmung verlangen.

Im Gesamten werden wir diesem Gesetz allerdings, wie gesagt, nicht zustimmen, denn aus unserer Sicht ist leider vieles verpasst worden. Es ist aus unserer Sicht nach wie vor ein Flickwerk im alten System, man könnte sagen, das ist eine typisch öster­reichische Lösung. Es tut uns leid, dass es nichts Neues für die Zukunft ist. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

14.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Csörgits. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.17.42

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst darf ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, Dr. Rasinger, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Sicherstellung der Sachleistungsversorgung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Gesundheit wird ersucht, dem Nationalrat bis Ende 2010 eine Regierungsvorlage zuzuleiten, wodurch die Sachleistungsversorgung der Patientinnen und Patienten sichergestellt wird. Die Regierungsvorlage ist gemeinsam mit allen Ge­samtvertragsparteien zu erarbeiten.“

*****

Darunter ist zu verstehen, dass wir den sogenannten vertragslosen Zustand verhindern wollen. Wie Sie wissen, ist es ja in der Praxis oft passiert, dass Patientinnen und Pa­tienten bei einem vertragslosen Zustand ärztliche Honorare vorfinanzieren mussten und dann von den Krankenversicherungsträgern letzten Endes eine Rückerstattung er­halten haben, die nicht in derselben Höhe war. Das wollen wir künftig verhindern.

Nun zur Regierungsvorlage: Hier kann man es so auf den Punkt bringen, dass es durch diese Regierungsvorlage zu einer Verbesserung der Situation der Patientinnen und Pa­tienten kommen wird. Viele Vorrederinnen und Vorredner haben schon darauf Bezug ge­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 126

nommen. Damit wird zweifellos sichergestellt, dass sich in den nächsten zehn Jahren die ambulante niedergelassene Versorgung völlig verändern wird.

Das wird für die Patientinnen und Patienten bedeuten, dass sie einerseits weniger lange Wartezeiten haben werden, dass sie die ärztlichen Praxen näher haben werden und dass damit die Spitalsambulanzen entlastet werden.

Abschließend möchte ich mich beim Herrn Bundesminister und seinem Team für die Verhandlung, die nicht immer einfach und leicht war, sehr herzlich bedanken. Ganz herzlichen Dank auch an die beiden Gesundheitssprecher und -sprecherinnen. Herzli­chen Dank für die gute Materie! (Beifall bei der SPÖ.)

14.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, Dr. Rasinger und Kollegen betreffend Si­cherstellung der Sachleistungsversorgung, eingebracht im Zuge der Debatte zu 853 dB

Die jüngste Vergangenheit hat gezeigt, dass die Sicherstellung der Sachleistungsver­sorgung im Interesse der Versicherten in einem vertragslosen Zustand nicht ausrei­chend gegeben ist.

Zuletzt wurde diese Situation durch die Kündigung des Gesamtvertrages der Sozial­versicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft mit der Österreichischen Ärztekam­mer mit 1. Juni 2010 schlagend. Dabei hat sich deutlich gezeigt, dass auf Grund der derzeitigen Rechtslage die Aufrechterhaltung der Sachleistungsversorgung für die Ver­sicherten auf Dauer und auf einer gesicherten rechtlichen Basis nicht sichergestellt werden konnte.

Nach der geltenden Rechtslage kann die Bundesschiedskommission auf Antrag des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger oder der Österreichi­schen Ärztekammer den Inhalt eines aufgekündigten Gesamtvertrages für höchstens drei Monate, gerechnet vom Tag der Entscheidung, festsetzen. Der Antrag kann frü­hestens sechs Wochen vor Ablauf der Geltungsdauer des Gesamtvertrages gestellt werden, sofern ein neuer Gesamtvertrag nicht geschlossen wurde. Bis zur Entschei­dung der Bundesschiedskommission bleibt der aufgekündigte Gesamtvertrag in Kraft. Die Bundesschiedskommission entscheidet innerhalb der allgemeinen sechsmonatigen Entscheidungsfrist des AVG, sodass ein aufgekündigter Gesamtvertrag längstens neun Monate ab dem Zeitpunkt der Antragstellung durch den Hauptverband oder die Ärzte­kammer in Kraft bleiben kann. Nach Ablauf der Geltungsdauer des aufgekündigten Ge­samtvertrages ist kein Antrag bei der Bundesschiedskommission mehr möglich. Wird also kein Antrag gestellt bzw. kommt keine Einigung zu Stande, so tritt nach der gelten­den Rechtslage der so genannte vertragslose Zustand ein.

Das bedeutet für die betroffenen Patientinnen und Patienten, dass sie die ärztlichen Ho­norare vorfinanzieren müssen und danach beim Krankenversicherungsträger um eine nicht kostendeckende Erstattung ansuchen können.

Oberstes Ziel des in der gesetzlichen Sozialversicherung verankerten Solidaritätsprin­zips muss es jedoch sein, die versicherten (Krankheits)-Risiken kollektiv abzusichern und den Versicherten eine nachhaltige Sach- und Gesundheitsversorgung anzubieten. Jedenfalls zu vermeiden und für die Versicherten unzumutbar ist, dass die Patientinnen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 127

und Patienten im Fall eines vertragslosen Zustandes, wie zuletzt geschehen, zum „Pri­vat-Zahler“ werden.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Gesundheit wird ersucht, dem Nationalrat bis Ende 2010 eine Regierungsvorlage zuzuleiten, wodurch die Sachleistungsversorgung der Patientinnen und Patienten sichergestellt wird. Die Regierungsvorlage ist gemeinsam mit allen Ge­samtvertragsparteien zu erarbeiten.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminis­ter Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.20.04

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen, liebe Zuseher! Es ist die Gesundheitsreform 2010, die Sie heute beschließen können, eine Gesundheitsreform, die drei Themen in den Vordergrund stellt:

erstens die Rechte, die Bedürfnisse von Patientinnen und Patienten in den Vordergrund zu stellen;

zweitens das Bemühen, in der Gesundheit konsensual in der Einbindung aller Partne­rinnen und Partner, aller Systempartner miteinander vorzugehen;

und das dritte zentrale Thema dieser Gesundheitsreform 2010 ist, dass es gelingt, die Qualität der realen Versorgung zu stärken und zu verbessern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie ist die Situation jetzt? – Die Realität ist so, dass wir viele Ärztinnen und Ärzte haben, die es schaffen, in Österreich ein gutes Gesundheitssystem zustande zu bringen. Sie bringen das jeden Tag zustande, stoßen aber zunehmend an ihre Grenzen: an die Grenze der persönlichen Belastbarkeit, an die Grenze, als Einzelarzt die neuen Aufgaben bewältigen zu können. Es geht auch da­rum, dass sich die Bedürfnisse von Patientinnen und Patienten ständig erweitern.

Wir haben neue Qualitätsanforderungen in der Medizin, und denen muss begegnet wer­den. Mit diesem Gesetz zur Verbesserung der ambulanten Versorgung gelingt es, dass die Praxis, der einzelne Arzt, der niedergelassene Bereich gestärkt werden. Wir kön­nen dadurch eine bessere Qualität anbieten. Wir schaffen damit eine Vernetzung des Angebotes in der ambulanten Versorgung. Patientinnen und Patienten wollen andere Öffnungszeiten haben, das wird mit dieser Ärztegesellschaft, mit dieser Gruppenpraxis möglich.

Und wir wollen eines – Abgeordneter Rasinger hat das angesprochen –: Wir wollen si­cherstellen, dass das Verhältnis Arzt/Ärztin zu Patient/Patientin wieder gestärkt wird. Der konkrete Arzt, die Ärztin ist einem Patienten verantwortlich, und genau dieses Ele­ment haben wir verstärkt eingeführt.

Ein ganz zentraler Schritt: Erstmals in der Geschichte haben wir einerseits ein Haf­tungsrecht, das Ärztinnen und Ärzte entlastet – sie haben klare Bedingungen –, und an­dererseits haben wir ein Haftungsrecht, das Patientinnen und Patienten dann, wenn et­was nicht so läuft wie wir es wollen, auch finanziell unterstützt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 128

Wir haben uns überlegt, wie wir die Qualität verbessern können. Es ist in dieser Geset­zesnovelle sichergestellt, dass in Ambulanzen und im niedergelassenen Bereich das gleiche Qualitätsregime herrscht, dass ein abgestimmtes Arbeiten von Ärztinnen und Ärzten möglich ist, dass wir auf die Bedürfnisse von Patientinnen und Patienten betref­fend einen durchgehenden Behandlungsprozess stärker eingehen und – ich habe es schon angesprochen – die Klärung der Haftung.

Ich könnte jetzt einige Details dieses Gesetzes ansprechen; ein Punkt ist ganz zentral – er ist auch angesprochen worden –: Wir reagieren auf eine Entscheidung des Europäi­schen Gerichtshofes im Hinblick auf Qualität und Umgang mit Ambulanzen. Auch das wird geregelt, wir stärken den niedergelassenen Bereich.

Es ist bei der Erstellung dieser Gesetzesnovelle eine Herausforderung gewesen, die ver­fassungsrechtlichen Grundlagen – einerseits Länderkompetenzen, andererseits Bun­deskompetenzen – zu bearbeiten. Wir haben das sehr klar gemacht und haben über die­se Schnittstelle Bund und Länder ein gemeinsames Regime aufgestellt. Es ist uns gelun­gen, damit Ambulanzen zu entlasten.

Wir haben auch die Sozialversicherung gestärkt, was richtig und notwendig ist, indem eigene Gesamtverträge geschaffen werden, damit wir ein Steuerungsinstrument der Selbstverwaltungen Ärztekammer und Sozialversicherung haben, die Zukunft zu ge­stalten, und wir haben eine neue Leistungsdokumentation versichert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist ein zentraler Baustein, dass wir in Zu­kunft in jeder Region das „Haus der Gesundheit“ aufbauen können. Wir wollen in der Re­gion das „Haus der Gesundheit“ stärken, wir wollen in der Region vernünftige Struktu­ren fördern. Ganz zentral ist dabei diese Ärztegesellschaft. Eine neue Qualität ist mög­lich. Wir haben gute Ärztinnen und Ärzte für die Zukunft.

Ich lade Sie ein, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Ärztinnen und Ärzte: Nutzen Sie die Chancen, die dieses Bundesgesetz vorgibt! Die Chance, zusammenzu­arbeiten, die Chance, das Instrument zu nutzen und im Interesse von Patientinnen und Patienten zu arbeiten.

Ich bedanke mich abschließend bei allen Partnern, die mitgewirkt haben, ganz beson­ders bei den Abgeordneten Oberhauser und Rasinger, die sich auch heute noch be­müht haben, eine Verbesserung durchzubringen. Ich bedanke mich auch, dass es in diesem Parlament gelingt, Gesundheitspolitik weiterzuentwickeln. Es ist die größte Struk­turreform im Gesundheitswesen der letzten Jahrzehnte. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Schenk. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.26.26

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Da­men und Herren! Ich beziehe mich in meinem Debattenbeitrag auf den Tagesord­nungspunkt 7, den Antrag bezüglich flexiblere Arbeitszeitmodelle, den auch schon Kollege Grünewald kurz angeschnitten hat.

Wir haben ein besonderes Problem bei angehenden Ärztinnen, die gerade ihren Tur­nus absolvieren. Eine Frau studiert sechs Jahre lang, übt nebenher meistens auch einen Beruf aus, schließt ihr Studium erfolgreich ab, bekommt ein Kind – und dann hat sie Pech gehabt. Getreu nach dem Motto: Was wollen sie jetzt eigentlich werden, Mutter oder Ärztin? Beides auf einmal ist in Österreich anscheinend nicht möglich. Es ist nicht nur anscheinend nicht möglich, sondern es ist tatsächlich nicht vorgesehen.

Warum ist es nicht vorgesehen? – Weil es kein annähernd ausreichendes Konzept für eine flächendeckende Kinderbetreuung gibt. Gehen wir einmal davon aus, dass Mutter


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 129

oder Vater den Turnus erfolgreich absolviert haben; dann wartet der Berufsalltag. In diesem Berufsalltag ist der Arzt auch Schichtarbeiter. Er hat Frühschicht, Spätschicht, Nachtschicht. Wer in der Familie niemanden hat, der auf das Kind dann aufpasst, der ist arm dran. Besonders dann, wenn man sich die Kinderbetreuungskosten ansieht, vor allem die flexiblen Kinderbetreuungskosten.

In vielen skandinavischen Ländern zahlt man für einen Kinderbetreuungsplatz rund 100 €. Bei zwei oder mehr Kindern wird es dort billiger, bei uns wird es teurer. Das ist eine Re­gelung, die sich nicht an die Lebensrealität der Menschen anpasst, weil Eltern mit mehr Kindern eben nicht mehr, sondern weniger Geld zur Verfügung haben. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

Die vorgeschlagene Teilzeitregelung ist zugegebenermaßen eine große logistische He­rausforderung. Auch darüber muss man sich Gedanken machen, genauso wie über die Gefahr, dass Turnusärzte nicht für voll genommen werden könnten. Was nicht pas­sieren darf, ist, dass man diese angehenden Ärztinnen und Ärzte in Ambulanzen steckt, sie dorthin abschiebt und sie dort im Kreis laufen lässt. Die Herausforderungen, die ein solches Teilzeitmodell für Turnusärzte und flexiblere Arbeitszeitmodelle für Ärzte mit sich bringen würden, sind zahlreich.

Vor einer noch größeren Herausforderung stehen aber die Väter und Mütter während ihrer Berufsausbildung und später im Beruf, wenn sie für ihre Kinder da sein wollen. Wir vom BZÖ sind deshalb der Ansicht, dass die Politik eine Hauptaufgabe hat, näm­lich das Leben der Menschen zu vereinfachen und nicht zu verkomplizieren. – Ich dan­ke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

14.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Dr. Strutz zu Wort gemeldet. Die eingestellte Rede­zeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


14.29.27

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Herr Gesundheitsminister! Hohes Parlament! Österreich hat zweifelsfrei eines der besten Gesundheitssysteme in Europa. Wir können zu Recht stolz auf dieses Gesund­heitssystem sein. Mehr als 100 000 Personen sind direkt oder indirekt in diesem Ge­sundheitssystem beschäftigt, finden Arbeit, finden Auskommen für ihre Familie. Jeder von uns hatte oder wird auch noch einmal Kontakt mit einer der Gesundheitseinrich­tungen der Spitäler haben, und deshalb müssen wir sehr behutsam mit diesem mehr oder weniger gut funktionierenden System umgehen.

Der Herr Bundesminister hat heute von einer der größten Strukturreformen im Gesund­heitswesen gesprochen. Wenn man sich ansieht, wo die tatsächlichen Probleme lie­gen, nämlich im Kostenbereich, in der Frage der Zusammenlegung der Sozialversiche­rungsanstalten, im Verwaltungsaufwand, wie es Kollegin Haubner bereits richtig festge­stellt hat, dann sieht man, dass bezüglich dieser entscheidenden Fragen, in denen es um finanzielle Belastungen dieses Systems geht, in Wirklichkeit in dieser Reform nichts enthalten ist.

Wie die tatsächlichen Pläne der SPÖ aussehen, haben wir in diesen Tagen deutlich zu hören bekommen. Finanzstaatssekretär Schieder hat nämlich am 8. Juni die Katze aus dem Sack gelassen, und vielleicht ist das mit auch ein Grund, warum das Budget noch nicht dem Hohen Haus vorgelegt wurde. Die SPÖ verlangt nämlich die Schließung von kleineren Spitälern in Österreich und wird damit genau jene treffen, die die Beschäf­tigung in den Bundesländern, in den Regionen sicherstellen. „Ich bin dafür, dass man bei Krankenhäusern unter 300 Betten überprüft, ob die überhaupt sinnvoll sind. ... Das heißt auch, dass man kleine Spitäler schließen muss.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 130

Herr Staatssekretär! Geschätzte Vordenker in der SPÖ! Auch der Bundeskanzler hat diese Pläne der Sozialdemokraten bestätigt. Er hat wenige Tage, nachdem Schieder vom Zusperren der Krankenhäuser in den ländlichen Regionen gesprochen hat, festge­stellt, man solle nun mit den Ländern darüber in Gespräche eintreten. (Zwischenruf des Abg. Petzner.) Die Antwort hat er von seinem eigenen Genossen bekommen, vom Vorsitzenden der Bundesvertretung 9 – Gesundheits- und Sozialberufe in der GÖD –, der gesagt hat, eine ersatzlose Schließung von Krankenanstalten und Abteilungen sei kein Gesundheitskonzept.

Damit hat er selbstverständlich recht, denn das Zusperren von Spitälern ist ja wohl an Mangel an Einfallsreichtum nicht zu überbieten.

In Wirklichkeit sind diese kleinen Spitäler in den ländlichen Regionen arbeitsplatzsi­chernd. Ich darf nur auf das Bundesland Kärnten verweisen. – Herr Dr. Grünewald, Sie machen sich vielleicht über das lustig. (Abg. Dr. Grünewald: Das ist nicht lustig, was Sie sagen!) – Für uns sind der Gesundheitsbereich und auch die kleinen Spitäler im ländlichen Bereich der größte arbeitsplatzsichernde Faktor. (Beifall bei der FPÖ.)

Bei uns sind 100 000 Personen in diesem Bereich beschäftigt. (Zwischenruf des Abg. Petzner.) Das, was wir notwendig haben, ist eine Definition, welche Aufgaben diese Spitäler zukünftig zu übernehmen haben. Darüber müssen wir uns Gedanken ma­chen. Wir warten auf einen Gesundheitsplan, auf ein Konzept, das klarmacht, was in welchen Bereichen auch tatsächlich zu geschehen hat. Aber einfach zu sagen, wir sper­ren zu, das wollen wir nicht haben.

Deshalb bringen wir einen Entschließungsantrag ein, den ich zur Verlesung bringe.

„Der Nationalrat wolle beschließen:

,Der Bundesminister für Gesundheit wird aufgefordert,

1. die derzeitigen Standorte der Krankenhäuser inklusive der verschiedenen notwendi­gen Abteilungen aufrechtzuerhalten,

2. im Ernstfall schwer defizitäre Krankenhausstandorte einer Evaluierung zu unterzie­hen und entsprechend den Anforderungen zu adaptieren,‘“ (Abg. Kopf: Wer zahlt?)

„,3. die nachhaltige finanzielle Sicherung des österreichischen Gesundheitswesens durch die Zusammenlegung von Krankenkassen sowie die Finanzierung aus einer Hand sicher­zustellen,

4. die Realisierung eines flächendeckenden Case Managements im österreichischen Gesundheitswesen sicherzustellen,

5. die umgehende Streichung der Selbstbehalte für Kinder unter 18 Jahren bei einem stationären Aufenthalt sicherzustellen.‘“

*****

Ich möchte auch auf den Zwischenruf des ÖVP-Klubobmanns, der „Wer zahlt?“ lautete, eingehen. In Wirklichkeit ist das Gesundheitswesen ein Faktor, der Arbeitsplätze für die Zukunft schaffen wird. Wenn wir uns die demoskopische Entwicklung in Österreich an­sehen, dann sehen wir, dass wir immer älter werden, dass wir immer mehr medizini­sche und pflegerische Betreuung bekommen werden. (Abg. Kopf: Mit Demoskopie können wir das nicht lösen!) Das Geld, das für den Erhalt dieser Krankenanstalten not­wendig ist, Herr Klubobmann, dieses Geld könnten wir durch Einsparungen im Ver­waltungsbereich, beispielsweise durch die Zusammenlegung von Krankenanstalten­kassen, sicherstellen. (Abg. Grosz: Was macht ihr dann mit der KABEG?)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 131

Ich ersuche Sie daher um Unterstützung für diesen Entschließungsantrag. (Beifall bei der FPÖ.)

14.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Strutz und weiterer Abgeordneter betreffend angedrohte Spitals­schließungen

eingebracht zu TOP 6, Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvor­lage (779 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 (14. Ärztegesetz-Novel­le), das Zahnärztegesetz, das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (72. Novelle zum ASVG), das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Bundesgesetz über die Sozialversiche­rung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, das Gesundheits- und Krankenpflegege­setz, das Hebammengesetz, das MTD-Gesetz und das MTF-SHD-Gesetz geändert werden (Bundesgesetz zur Stärkung der ambulanten öffentlichen Gesundheitsversor­gung) (853 d.B.), in der 74. Sitzung des Nationalrates am 9. Juli 2010

Ich bin dafür, dass man bei Krankenhäusern unter 300 Betten überprüft, ob die über­haupt sinnvoll sind. Das heißt auch, dass man kleine Spitäler schließen muss", , so SPÖ-Finanzstaatssekretär Schieder am 8. Juni 2010.

Anfang Juni 2010 hat für viele Bürger völlig grundlos und ohne scheinbaren Zusam­menhang SPÖ-Finanzstaatssekretär eine Schließung von "kleineren" Spitalsstandorten als Mittel zur Kosteneinsparung und zur Budgetsanierung gefordert.

Auslöser für den Versuch des Finanzstaatssekretärs sich als Gesundheitspolitiker zu etablieren, ist offensichtlich ein Bericht der Expertengruppe zur Verwaltungsreform, wo­nach 81 von 130 öffentlichen Spitälern weniger als 300 Betten haben - was zu "Kos­tennachteilen" führe, weil kleine Spitäler nicht so effizient geführt werden können wie große.

Von Kanzler Werner Faymann kam in einer ersten Reaktion Unterstützung für Schie­der: Man solle nun mit den Ländern darüber in Gespräche treten.

ÖVP-Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka lehnte den Vorschlag indes als "Radikal­variante" ab. SPÖ-Gesundheitssprecherin Sabine Oberhauser warf ihm daraufhin eine "bewusste Missinterpretation" vor.

Laut ÖVP-Gesundheitssprecher Abg. Dr. Erwin Rasinger müsse jedes Bundesland für sich beantworten, welche Strukturen sinnvoll seien.

Nach massiver Kritik seitens der Opposition ist die Regierung von den Drohungen von Spitalsschließungen und gegenseitigen Beschuldigungen zurückgerudert und hat sich großteils gegen die Schließung von Spitalsstandorten ausgesprochen.

Schieders Kollege im Finanzministerium, ÖVP-Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka ist gegen das Zusperren von kleinen Spitälern unter 300 Betten. Lopatka: "81 kleine Spitäler einfach zuzusperren, das ist eine Radikalvariante, die hier sicher nicht der bes­te Weg ist."

Der Vorsitzende der Bundesvertretung 9 - Gesundheits-und Sozialberufe in der GÖD - Johann Hable weist die Aussagen des Staatssekretärs Andreas Schieder auf das Ent­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 132

schiedenste zurück. Ersatzlose Schließungen von Krankenanstalten und Abteilungen seien kein Gesundheitskonzept.

Und auch SPOÖ-Vorsitzender Ackerl ist gegen eine einseitige Zusperrdiskussion im Spitalsbereich; "Bei diesen Überlegungen handelt es sich um Einzelmeinungen von Bundeskanzler und Finanzstaatssekretär. Mir ist nicht bekannt, dass diese Linie durch interne Parteiengespräche, geschweige denn durch Beschlüsse, gedeckt ist!

Für die Länder sind offenbar die jetzigen Strukturen sinnvoll: Salzburgs SPÖ-Landes­hauptfrau Gabi Burgstaller sprach sich gegen Spitalsschließungen aus.

Im ÖVP-Niederösterreich, wo in Baden und Mödling zwei Spitäler innerhalb von zehn (!) Kilometern gebaut werden, sprach ÖVP-Gesundheitslandesrat Wolfgang Sobotka von "skandalösen SPÖ-Plänen".

Patientenanwalt Gerald Bachinger fordert, dass es zunächst zu einem Ausbau des nie­dergelassenen Bereiches sowie zu finanziellen Anreizen für Ärzte kommt, um die Pa­tienten so lange wie möglich in der Ordination zu behandeln. Ebenso notwendig hält er eine bessere Steuerung der Ansiedelung von Ärzten und Ärztezentren und den Ausbau von Pflegeheimen. Ferner tritt Patientenanwalt Bachinger für eine Finanzierung des Ge­sundheitssystems aus einer Hand ein.

Gesundheitsminister Alois Stöger von der SPÖ schlug in einer ersten Reaktion eine Umwandlung einiger Spitäler in Altersheime vor. Erst am 10. Juni 2010 stellte Ge­sundheitsminister Stöger fest, dass er zu allen Standorten in Österreich stehe und dass für ihn kein Standort zur Diskussion stehe. Und - laut Stöger sind die heftig kritisierten Aussagen seines Parteikollegen Finanzstaatssekretär Andreas Schieder "missinterpre­tiert" worden.

Im Moment ist die Diskussion um die Schließung von Krankenhäusern zwar wieder - nicht zuletzt aufgrund der anstehenden Wahlen in der Steiermark und Wien - in den Hintergrund getreten. Die Angst und die massive Verunsicherung in der Bevölkerung um die Zukunft der gesundheitlichen Versorgung in Österreich insbesondere im statio­nären Bereich bleiben.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Gesundheit wird aufgefordert,

1. die derzeitigen Standorte der Krankenhäuser inklusive der verschiedenen notwendi­gen Abteilungen aufrechtzuerhalten,

2. im Ernstfall schwer defizitäre Krankenhausstandorte einer Evaluierung zu unterzie­hen und entsprechend den Anforderungen zu adaptieren,

3. die nachhaltige finanzielle Sicherung des österreichischen Gesundheitswesens durch die Zusammenlegung von Krankenkassen sowie die Finanzierung aus einer Hand si­cherzustellen,

4. die Realisierung eines flächendeckenden Case Managements im österreichischen Gesundheitswesen sicherzustellen,

5. die umgehende Streichung der Selbstbehalte für Kinder unter 18 Jahren bei einem stationären Aufenthalt sicherzustellen.“

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 133

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin – ihre zweite Wortmeldung zu die­sem Punkt –: Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.35.49

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Herr Vorsitzender! Herr Minister! Ich hätte nie geglaubt, dass ich wegen eines Zwischenrufs des Herrn Grosz dankbar sein würde, nämlich: Was sagen Sie zur KABEG? – Das ist nämlich genau die Frage, die man dort hinein stellen soll – wie gesagt, vielen herzlichen Dank –, und genauso die Frage, was da läuft, ob das jetzt vielleicht die Ablenkungstaktik ist – wie auch immer.

Ich widme mich jetzt einmal diesem Entschließungsantrag: Ich muss sagen, ich habe selten so viel Unsinn zusammengelesen gesehen. Wir haben das, glaube ich, schon mehrfach in den Ausschüssen diskutiert: Sie stellen hier Forderungen an einen Minis­ter, die weder in seinen Zuständigkeitsbereich fallen noch sonst irgendetwas.

Sie fordern ihn auf, „die derzeitigen Standorte der Krankenhäuser inklusive der verschie­denen notwendigen Abteilungen aufrechtzuerhalten“. – Jetzt frage ich mich, wie das ein Gesundheitsminister tun soll. Wir alle wissen – und wie gesagt, Sie exerzieren das in Kärnten gerade vor –, wie das ausschaut mit der Struktur. Wie schaut das aus? Wer ist dafür verantwortlich, das zu bezahlen, das zu strukturieren und das zu planen? – Das sind das Land und der jeweilige Träger! Das heißt, absolut unsinnige Forderung, näm­lich in dem Zusammenhang.

Sie fordern, „im Ernstfall schwer defizitäre Krankenhausstandorte einer Evaluierung zu unterziehen und entsprechend den Anforderungen zu adaptieren“. – Was soll er ma­chen? – Er muss die notwendigen Abteilungen aufrechterhalten und er muss adap­tieren. Das kann er aber nicht, wenn er die notwendigsten Abteilungen aufrechterhalten muss. Das heißt, Sie widersprechen sich bereits in den ersten zwei Punkten.

Das gefällt mir immer am besten: die nachhaltige Sicherstellung der finanziellen Ver­sorgung, indem man die Gebietskrankenkassen zusammenlegt. (Abg. Grosz: Das stimmt aber!) Wir haben einen Verwaltungsaufwand von derzeit zirka 3 Prozent bei den sozialen Krankenversicherungen, und ich glaube, das ist eine Milchmädchenrechnung, dass wir bei dem Bedarf, den wir im Gesundheitswesen haben, von der Verwaltung her nicht umstellen können. Von dem Geld, das Sie, das wir alle in die Sozialversicherung einbezahlen, kommen 97 Prozent bei den Patientinnen und Patienten an. Ich würde mir einmal anschauen, wie das bei den privaten Krankenversicherungen ausschaut. Da sind es über 25 Prozent, aus dem ganz einfachen Grund, weil Werbungskosten drin­nen sind.

Das heißt, wenn Sie mir „vorhüpfen“ können, wenn Sie mir wirklich vorrechnen können, dass Sie damit das Gesundheitssystem retten können, dann wirklich herzlichen Glück­wunsch!

Die „Realisierung eines flächendeckenden Case Managements im österreichischen Ge­sundheitswesen“ passt überhaupt nicht zu den obersten Punkten. Das ist ein bunter Mischmasch an irgendwelchen Dingen, die man im Ausschuss nicht durchbringt und da hineinschreibt. Wir haben Case Management – das Case Management ist weiter zu evaluieren. Wir haben vor allem im Pflegebereich noch einiges zu tun, aber das ist im Prinzip eine Forderung, die so hier nicht ist.

Zum letzten Punkt – ich weiß nicht, wie oft wir das im Ausschuss diskutiert haben –, der Frage der umgehenden „Streichung der Selbstbehalte für Kinder unter 18 Jahren bei einem stationärem Aufenthalt“: Sagen Sie das einmal Ihrem Landeshauptmann und allen anderen Landeshauptleuten, denn das ist eine Sache der 15a-Vereinbarung und nichts, was der Herr Gesundheitsminister auch nur in irgendeiner Form hier sicherstel­len oder regeln kann.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 134

Aus diesem Grund und weil wir der Meinung sind, dass wir uns klar dazu bekannt ha­ben, keine Spitalschließungen durchzuführen, aber trotzdem schauen müssen, wo und wie Strukturen gesetzt werden, wo Schwerpunkte gesetzt werden müssen – ist das in einem Krankenhaus vielleicht die Geriatrie, ist es in einem die Interne oder ist es in einem anderen ein chirurgischer Schwerpunkt –, glaube ich, dass man diesen Entschlie­ßungsantrag nur einem zuführen kann – auch wenn Sie es namentlich haben wollen –, nämlich einer völligen Ablehnung vonseiten der SPÖ. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ebenfalls zweite Wortmeldung: Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.39.34

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Hohes Haus! Ihr Entschließungsantrag ist ungefähr so sinnig, wie wenn der Handelsminister den Weltrekord in Exporten garan­tiert, der Sportminister den Fußball-WM-Titel garantiert (Abg. Grosz: Das macht „Onkel Paul“, die Krake!), der Gesundheitsminister allen die Gesundheit garantiert und der Tou­rismusminister jedem schönes Wetter garantiert.

Nein, Spaß beiseite: Dieser Antrag ist die Papier gewordene Versteinerungstheorie. Stel­len Sie sich ein Gebiet vor, in dem es einfach keine Patienten mehr gibt: Dann müssten wir das trotzdem aufrechterhalten. Stellen Sie sich vor, ein Spital ist zu klein oder ein Spital ist zu groß. Da dürfte man in Österreich ja überhaupt nichts mehr tun bei Abtei­lungen – nichts.

Ich denke jetzt an das neue Krankenhaus Nord, wo man sinnvollerweise zum Beispiel kleinere Abteilungen hinein integriert. All das wäre nicht möglich, weil die Versteine­rungstheorie des BZÖ und des Herrn Strutz das verhindern würde. Nein, ich glaube, das ist sehr populistisch und hat mit Gesundheitspolitik wenig zu tun – und noch weni­ger mit dem Schutz des Patienten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.40


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht die Berichterstatterin oder der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Da Verlangen auf getrennte Abstimmung vorliegen und eine kurze Unterbrechung der Sitzung zur Vorbereitung der Abstimmung nicht ausreicht, verlege ich die Abstimmung zu den Punkten 6 bis 8 auf den Zeitpunkt nach der Abstimmung zu Tagesordnungs­punkt 11.

Wir setzen nun in der Erledigung der Tagesordnung fort.

14.41.199. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (751 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz 2001 geändert wird (850 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1050/A der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Österreichische Apothekerkammer (Apotheker­kammergesetz 2001), geändert wird (851 d.B.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 135

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zu den Punkten 9 und 10 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.42.09

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Die vorliegende Materie, nämlich die Regierungsvorlage, mit der das Apothekerkammergesetz geändert werden soll, ist ja, wie schon erwähnt, eine Fünf-Parteien-Materie, das heißt, es ist insgesamt eine Verbesserung. Es wird hier die Anpassung der Mandatszahlen erfolgen, und es wird jetzt endlich eine Möglichkeit ge­schaffen, einem Präsidenten einer Landesgeschäftsstelle auch das Vertrauen zu entzie­hen, etwas, was sicherlich eine weitere Verbesserung darstellt.

Vor allem ist es auch deswegen sehr gut, weil es eben in einem Konsens mit sämtlichen Apothekervertretern erfolgt ist. Daher wird dieses Gesetz natürlich auch unsere Zustim­mung bekommen.

Des Weiteren gibt es den Antrag des BZÖ, des Abgeordneten Dr. Spadiut, wonach das Apothekerkammergesetz in einer weiteren Facette geändert werden soll. Bei Kandida­ten, die bei der Präsidentschaftswahl gegeneinander antreten, ist es jetzt so, dass der Unterlegene automatisch der Vizepräsident ist. Ich halte das auch nicht für eine beson­ders gute Sache, und genau darauf zielt dieser Antrag ab: Dass das in Zukunft eben nicht mehr so sein soll.

Ich glaube, dass das ein guter weiterer Schritt gewesen wäre, und verstehe daher nicht ganz, warum man das nicht gleich mit eingearbeitet hat beziehungsweise an diesem An­trag auch mitgearbeitet hat. Wir hätten das jedenfalls unterstützt.

Daher werden wir diesem negativen Ausschussbericht auch nicht unsere Zustimmung geben. Ich glaube, man sollte wirklich über solche Dinge nachdenken, denn das wäre auch als ein Zeichen in Richtung Demokratie zu verstehen, und es ist auch ein Wunsch, der von vielen Teilen in den Apothekervertretungen getragen wird. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Ursula Haubner.)

14.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hechtl. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.44.07

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Werter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätztes Hohes Haus! Mit der Änderung des Apothekergesetzes wird einem An­liegen der Apothekerkammer entsprochen. Nunmehr wird, wie schon erwähnt, die Mög­lichkeit geschaffen, dem Präsidenten und Vizepräsidenten einer Landesgeschäftsstelle auch das Vertrauen zu entziehen. Es wird des Weiteren die Festlegung der Mandatszah­len des Abteilungsausschusses, der Abteilungsversammlung geregelt.

Im Interesse einer einheitlichen Vorgangsweise in den beiden Organen, der Kammervoll­versammlung und der Delegiertenversammlung, und einer gerechten Verteilung soll für die Feststellung der restlichen Mandate im Abteilungsausschuss nunmehr die Mitglieder­zahl der Bundesländer in den jeweiligen Abteilungen als Grundlage dienen.

Diese Änderung bringt auch einen neuen Beginn dieser Funktionsperiode mit sich. Die Funktionsperiode hat ja mit 1. April begonnen und wird nunmehr mit 1. Juli festgelegt. Mit dieser Verschiebung können nunmehr bei den Wahlverfahren die Fristen und Termine besser untergebracht und koordiniert werden.

Mit dieser Gesetzesnovelle wird auch ein Redaktionsversehen beseitigt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 136

Zum Antrag des Kollegen Dr. Spadiut, wo die Änderung des Wahlmodus gefordert wird, möchte ich festhalten, dass seitens der Apothekerkammer diesbezüglich keine Notwen­digkeit besteht und wir so wie im Ausschuss keine Zustimmung geben werden.

Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass diese Gesetzesänderung eine Har­monisierung der Festlegung der Mandatszahlen mit sich bringt, dass organisatorische Belange mit berücksichtigt werden, dass diese Vorlage wichtige demokratiepolitische Mechanismen beinhaltet und die Änderung im Apothekerkammergesetz unter größter Mitwirkung und in vollem Einvernehmen mit der Standesvertretung, der Apothekerkam­mer, herbeigeführt wurde. Ich danke allen Mitwirkenden, die zu dieser Einigung beige­tragen haben, und die Einstimmigkeit im Ausschuss bestätigt die gute Zusammenar­beit. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.46


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Haub­ner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.46.31

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich kann es kurz machen. Wir werden dieser Änderung des Apothekerkammergesetzes unsere Zustimmung geben. Es ist etwas, was im eigenen Wirkungsbereich der Apothekerkam­mer geschieht, nämlich die neue Berechnung von Mandatszahlen beziehungsweise die Möglichkeit, auch Vizepräsidenten das Vertrauen zu entziehen.

Die Apothekerkammer ist an die Politik herangetreten und hat gebeten, dieser Ände­rung die Zustimmung zu geben. Ich glaube, es ist im Sinne von mehr Demokratie rich­tig und gut, das positiv zu bewerten. Ich sehe unseren Antrag, den zweiten Antrag, der von den dienstnehmenden Apothekerinnen und Apothekern an uns herangetragen wurde, in eine ähnliche Richtung gehend – für mehr Demokratie, für mehr Gerechtig­keit und Gleichberechtigung auch der unterschiedlichen Fraktionen –, und auch ich verstehe nicht ganz, warum man das hier nicht gleich gemeinsam verhandelt hat und es von den Regierungsparteien dazu eine ablehnende Haltung gibt. Vielleicht kann man sich das noch überlegen, und ich bitte auch um Zustimmung zu unserem Antrag. – Dan­ke. (Beifall beim BZÖ.)

14.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Höllerer. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


14.48.02

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesmi­nister! Hohes Haus! Die vorliegende Novelle zum Apothekerkammergesetz ändert eini­ge Punkte, welche das Repräsentationssystem der Apothekerkammer betreffen. Sie wur­den in den Grundzügen bereits von meinen Vorrednern erläutert.

Es geht, wie gesagt, um die Harmonisierung der Festlegung der Mandatszahlen. Eben­so geht es darum, den Beginn der Funktionsperioden der Kammerorgane zu ändern. Da­mit werden die Fristen und Termine des Wahlverfahrens im Jahresablauf besser koordi­nierbar.

Einem weiteren Wunsch der Apothekerkammer wurde mit dieser Novelle ebenfalls ent­sprochen: Es wird, wie schon erläutert, die Möglichkeit geschaffen, dem Präsidenten und Vizepräsidenten einer Landesgeschäftsstelle das Vertrauen entziehen zu können.

Die Österreichische Apothekerkammer ist die gesetzliche Berufsvertretung für mehr als 5 400 Apothekerinnen und Apotheker, die selbständig tätig oder angestellt sind oder auch in Krankenhäusern beschäftigt sind. Die Apothekerkammer vertritt mit großem Engage­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 137

ment die Interessen ihrer Mitglieder und sorgt sich natürlich auch darum, dass die Auf­gaben der Dienstleistungen, die die Kammer zu erbringen hat, bestens erfüllt werden.

Zum Antrag des Kollegen Spadiut: Da die Frage der Ausgestaltung des Repräsenta­tionssystems einer Kammer zu den Kernbereichen der verfassungsrechtlich geschütz­ten Autonomie eines Trägers zählt, ist es natürlich im Sinne der beruflichen Selbstver­waltung auch angebracht, den Wünschen der jeweiligen Kammer, wenn es darum geht, auch Änderungen vorzunehmen, zu entsprechen, und das geschieht mit diesem Gesetz und mit dieser vorbereiteten Gesetzesnovelle.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch diese Möglichkeit dazu nutzen, den Apo­thekerinnen und Apothekern, die wesentliche Dienstleisterinnen und Dienstleister in un­serem Gesundheitsbereich sind, zu danken. Sie leisten im Sinne unseres Gesundheits­systems eine ausgezeichnete Arbeit und gewährleisten somit eine flächendeckende und eine serviceorientierte Arzneimittelversorgung für die österreichische Bevölkerung. (Bei­fall bei ÖVP und SPÖ.)

14.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald zu Wort gemeldet. 3 Minuten Rede­zeit. – Bitte.

 


14.50.28

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Bundesminister! Die ApothekerInnenkammer hat sich mehrheitlich geeinigt – nicht einstimmig, wie man da hört, aber mehrheitlich geeinigt. Eine kleine Gruppe von angestellten ApothekerInnen hätte noch andere Vorstellungen gehabt, aber es macht, glaube ich, wenig Sinn, wenn man als Außenstehender diese Mehrheitsverhältnisse jetzt konterkariert, indem man die Anliegen einer einzelnen oder unterlegenen Gruppe hier zu stark betont.

Herr Bundesminister, wir reden sehr oft über Ärzte, wir reden sehr oft über Apotheke­rInnen, aber wir sollten vielleicht noch öfter über andere Gesundheitsberufe reden. Ge­statten Sie mir, dass ich da kurz vom Thema abweiche. Andere Gesundheitsberufe sind nun vielfach aufgewertet worden in Fachhochschulen und schließen an europäische Standards an, die in anderen Ländern schon länger gelten. Im Rahmen der Konsolidie­rungsmaßnahmen würde ich bitten, dafür Sorge zu tragen, dass in der Versorgung der Bevölkerung nicht immer die noch billigeren oder weniger ausgebildeten Kräfte genom­men werden, sondern qualifizierte Menschen, Frauen und Männer, für PatientInnen zur Verfügung stehen.

Andere Gesundheitsberufe hätten es sich vielleicht auch verdient, so etwas wie eine GesmbH gründen zu dürfen. Warum sollten PhysiotherapeutInnen, ErgotherapeutInnen, LogopädInnen nicht auch sozusagen eine derartige Praxis errichten können? Das wäre für die Ärztekammer meiner Meinung nach keine Gefahr; und sollten sie das denken, sa­gen Sie ihr, bitte, sie sollen dort nicht so ängstlich sein und das erlauben. Ich glaube, es wäre gerecht, diese Teamorientierung da mehr herauszustreichen.

Abschließend noch: Sie wissen, dass es immer wieder schwelende Konflikte zwischen den beiden großen Kammern der ApothekerInnen und ÄrztInnen gibt, und es wäre wahr­scheinlich sinnvoll, wenn das Ministerium hier rechtzeitig die Rolle eines Mediators über­nimmt. Wenn ich immer wieder von einzelnen Funktionären der Ärztekammer höre, Ärz­te sollten generell Medikamente vertreiben können, gefährdet das die Berufsgruppe
der PharmazeutInnen, mit einem Frauenanteil von über 80 Prozent, massiv, und man wür­de da sozusagen ein ganzes Studium ausrotten, wenn das durchginge.

Das Problem der Hausapotheken wird sicher auch bald wieder auftauchen, und die Frage ist, ob man nicht vom Ministerium anregen sollte, dass bei Kammertagen sowohl


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der Ärzte- als auch der Apothekerkammer ein Tagesordnungspunkt jeweils den natürli­chen Gegnern gewidmet wird, um hier in eine vernünftige Diskussion anstehender Pro­bleme zu kommen. (Beifall bei den Grünen.)

14.53

14.53.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Apothekerkammergesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 850 der Bei­lagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, sei­nen Bericht 851 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierzu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

14.54.3211. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (773 d.B.): Bun­desgesetz über die Einfuhr und das Verbringen von Arzneiwaren, Blutprodukten und Produkten natürlicher Heilvorkommen (Arzneiwareneinfuhrgesetz 2010 – AWEG 2010) (852 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. Eingestellte Redezeit: 3 Minu­ten. – Bitte.

 


14.54.56

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ho­hes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Arzneiwareneinfuhrge­setz leisten wir einen Beitrag für mehr Arzneimittelsicherheit einerseits und andererseits einen Beitrag zur Bekämpfung der Arzneimittelkriminalität, insbesondere im Internet.

Mit dieser Regierungsvorlage wird ein Verbot des Bezugs von Arzneimitteln über das Internet normiert, eine Regelung, die notwendig ist und in dieser Form auch der Recht­sprechung des Europäischen Gerichtshofes entspricht. Wir verstärken die Kontrolle und Überwachung der Einfuhr von Arzneimitteln, schaffen eine zentrale, einheitliche Zuständigkeit und verstärken die Kooperation zwischen den Zollorganen und den Or­ganen des BASG und, was das Entscheidende ist in diesem Bereich zur Bekämpfung gefälschter, nachgeahmter Arzneimittel, also zur Bekämpfung der Arzneimittelkriminali­tät, wir haben nun eine gemeinsame Internetbeobachtung und -analyse.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 139

In der Vergangenheit standen wir oft vor dem Problem, dass gerade der Zoll nachge­ahmte, gefälschte, gefährliche Arzneimittel beschlagnahmt hat, aber dass es keine wirk­liche Zusammenarbeit mit den Gesundheitsbehörden gegeben hat. Durch dieses Ge­setz wird dies nun für die Zukunft abgesichert, und es ist insgesamt ein Beitrag zur Be­kämpfung organisierter Arzneimittelkriminalität.

Das betrifft nicht nur den Bereich nachgeahmter, gefälschter Arzneimittel, sondern be­trifft natürlich auch den Bereich der Dopingmittel. Hier haben wir bereits im Anti-Do­ping-Bundesgesetz entsprechende Regelungen geschaffen.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir schaffen mit diesem Ge­setz einen Beitrag für mehr Arzneimittelsicherheit und leisten einen wesentlichen Bei­trag zur Bekämpfung der Arzneimittelkriminalität. Ich darf Sie alle einladen, diesem Ent­wurf zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.57


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Au­bauer zu Wort.

Ich mache darauf aufmerksam, dass ich um 15 Uhr zwecks Aufrufs des Dringlichen An­trages unterbrechen werde. – Bitte.

 


14.57.31

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich kann es kurz machen. Worum geht es uns? – Nur mehr sichere und wirksame Medikamente sollen bei den Patienten ankommen, und das soll das neue Ge­setz möglich machen. Künftig sollen möglichst viele in Österreich nicht zugelassene Me­dikamente schon an den Grenzen abgefangen werden – Kollege Maier hat die Details erklärt. Für uns ist wichtig: mehr Schutz für Konsumenten, mehr Sicherheit. (Beifall bei der ÖVP.)

Und darüber hinaus, Herr Bundesminister, gilt es, auch weiterhin die Konsumenten zu warnen, zu warnen vor Geschäften aus dem Internet, denn voll vertrauen können wir nur Medikamenten aus einer österreichischen Apotheke.

Also was brauchen wir? – Mehr Information, einen konzertierten, verstärkten Kampf ge­gen Internetbetrüger, und dann sind wir, so meine ich, auf einem guten Weg. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich gehe davon aus, dass Herr Kollege Vock diese Dreiviertelminute vor der Unterbrechung nicht mehr in Anspruch nimmt. (Abg. Scheib­ner: Oja, bitte! Wir wollen ihn noch hören!) – Gut, er will sie in Anspruch nehmen.

Dann erteile ich als Nächstem dem Herrn Kollegen Vock das Wort. – Bitte. (Beifall des Abg. Grosz sowie einiger Abgeordneter der SPÖ für den sich zum Rednerpult bege­benden Abg. Vock.)

 


14.58.56

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Auch ich werde es kurz machen, da ja die Vor­redner hier schon vieles gesagt haben. Ich kann mir nicht vorstellen, warum jemand aus unbekannter Quelle Medikamente bestellt, aber es ist eben eine Tatsache, dass das mit dem Internet möglich ist und immer mehr davon Gebrauch machen. Sie versuchen hier einerseits Geld zu sparen oder Medikamente zu erhalten, die man normal im Han­del nicht bekommt. Die Risiken sind leider nicht geklärt.

Im Sinne der Gesundheit unserer Bürger ist es daher wichtig, die Einfuhr und das Ver­bringen von Arzneiwaren und Blutprodukten neu zu regeln – was wir hier tun. Wichtig wä-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 140

re aber auch, die Bevölkerung über die Risiken solcher Bestellungen besser zu informie­ren. (Beifall bei FPÖ, BZÖ, SPÖ und ÖVP.)

14.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über den Punkt 11 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung eines Dringlichen An­trages gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

15.00.01 Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schubhaftzentrum Vordernberg (1234/A)(E)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 1234/A(E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich dessen Verle­sung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Am Standort 8794 Vordernberg, Hauptstraße 162, kommt es zu einer Neuerrichtung eines "Schubhaftzentrums".

Um 20 Millionen Euro errichtet die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) bis zum Herbst 2012 in der obersteirischen Gemeinde Vordernberg ein Schubhaftzentrum. Der Ort hat­te sich im Vorjahr bei Innenministerin Fekter um ein solches beworben. Das positive Ergebnis einer manipulativen Bürgerbefragung veranlasste Fekter schließlich zur fixen Zusage.

220 Schubhäftlinge, aufgeteilt auf Wohneinheiten für je 20 Personen, werden in der neu­en Anlage in der Obersteiermark Platz finden. Terrassen und begrünte Innenhöfe sol­len möglichst viel Bewegungsfreiheit bieten. Ringsherum abgetrennt wird das Gebäude durch ein Verwaltungsgebäude sowie einen Zaun. Manch Grundwehrdiener würde sich so eine Unterbringung wünschen.

Laut Innenministerium soll in dem Gebäude „die Achtung der Menschenwürde" im Mit­telpunkt stehen, bevor die Schubhäftlinge dann auf dem Landweg oder per Flug-zeug von Graz oder Zeltweg aus abgeschoben werden. Fekter unterstrich die Vorteile, die aus dem „Komptenzzentrum“ für die Region entstünden wie zum Beispiel bis zu 180 Ar­beitsplätze (darunter 60 Polizisten).

Der Menschenrechtsbeirat hat sich bereits „sehr wohlwollend“ über das Siegerprojekt der SUE-Architekten aus Wien geäußert. Bürgermeister Walter Hubner (SPÖ) freute sich erneut über die „Jahrhundertchance“ und mögliche neue Jobs für seinen Ort.

Angeblich soll es zu einer Wertschöpfung von über 10 Millionen pro Jahr für die Region kommen. Die Medien berichten übereinstimmend, dass diese im Bewerbungsfolder an­gegebenen Zahlen keiner kritischen Beurteilung stand halten. Eine Konkretisierung die­ser Wertschöpfung für Vordernberg ist bisher nicht erfolgt.

Auch die Transportkosten sprechen aus wirtschaftlicher Sicht gegen das Projekt. Vor­dernberg liegt abseits von wichtigen Verkehrsrouten, sowie über 170 Kilometer von Wien entfernt. Die Verlegung von Schubhäftlingen unter Bewachung zu Einvernahmen, zu Gerichtsterminen oder zu Flughäfen zwecks der Außerlandesschaffung scheint ein un­verhältnismäßiger Mehraufwand als unbedingt notwendig.

Nicht nur vor diesem Hintergrund ist das Projekt zu hinterfragen. Die restriktivere Ge­staltung der Abschiebepraxis würde ein Schubhaftzentrum absolut überflüssig machen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 141

und dem Steuerzahler viel Geld ersparen. Zusätzlich gäbe es auch weniger Probleme mit vorbestraften Fremden, welche aus der Schubhaft entlassen werden. Im Jahr 2009 gab es 69.791 ermittelte tatverdächtige Fremde, wovon 10.582 Asylwerber, 12.919 Frem­de ohne Beschäftigung, 2.816 von nicht rechtmäßigem Aufenthalt und 9.492 unbekannt waren.

Der Leiter der Wiener Fremdenpolizei erklärte im Juni 2009, dass der Grund für Ab­schiebungen immer häufiger kriminelle Handlungen sind. Immer häufiger missbrau­chen Kriminelle das Asylrecht. Viele pressen sich, wenn sie in Schubhaft sind, frei. Im Jahr 2009 (Stichtag 30.11.) wurden zum Beispiel 913 Personen wegen Haftunfähigkeit, davon 644 wegen Hungerstreiks und 43 wegen Selbstverletzung, aus der Schubhaft entlassen. Auch vor diesem Hintergrund ist die Errichtung eines „Luxusabschiebezen­trums“ abzulehnen.

Auf Grund der genannten Tatsachen stellen die unterfertigten Abgeordneten daher fol­genden

Dringlichen Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Inneres wird aufgefordert vom Projekt Schubhaftzentrum in Vordernberg Abstand zu nehmen, mit den bestehenden Einrichtungen das Auslangen zu finden, und Abschiebungen unverzüglich durchzuführen.“

In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag im Sinne des § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 1GOG-NR zum frühest möglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstantrag­steller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Kurzmann als Antragsteller zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort. Gemäß § 74a Abs. 5 der Geschäftsordnung darf die Redezeit 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


15.00.26

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Frau Innenminister hat mit ihren Plänen, in Eber­au ein zweites Flüchtlingslager Traiskirchen einzurichten, vor wenigen Monaten für mas­sive Proteste der Burgenländer gesorgt. Sie hat versucht, über die Köpfe der Betroffe­nen hinweg ein Asylzentrum zu diktieren und ist damit am Widerstand der Bevölke­rung, am Widerstand sogar des burgenländischen Landeshauptmannes, aber auch am Widerstand der eigenen Parteifreunde gescheitert. (Präsidentin Mag. Prammer über­nimmt wieder den Vorsitz.)

Einen ähnlichen Versuch haben Sie, Frau Bundesminister, am Beginn vergangenen Jah­res in der Steiermark gestartet. Ursprünglich war es die schöne obersteirische Montanstadt Leoben, die Sie mit einem Schubhaftzentrum zwangsbeglücken wollten. (Abg. Grosz: Sie ist am Widerstand des BZÖ gescheitert!)

Die Mitglieder des Innenausschusses können sich noch an die vielen und zahlreichen Diskussionen erinnern, weil die Frau Bundesminister im Jänner 2009 Leoben als idea­len Standort bezeichnet hat. Und sie hat als Begründung nachgeschoben – und das ist durchaus interessant –: Wo schon einmal eine Haftanstalt, wie in Leoben, steht, dort könnte gleich nebenan auch ein Schubhaftzentrum errichtet werden!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 142

Auch dieser Anschlag ist dann glücklicherweise am Widerstand der Bevölkerung von Leoben, aber auch am Widerstand des Bürgermeisters und der Gemeinderäte in Leoben gescheitert.

Erst unter der tätigen Mithilfe des wenig erfolgreichen ehemaligen ÖVP-Generalsekre­tärs Missethon und der heimlichen Mitwirkung des steirischen Landeshauptmannes Mag. Voves und auch seines Stellvertreters Hermann Schützenhöfer wurde dann ein neuer Standort gefunden. Und das war Vordernberg, dessen Bürgermeister sich von den vermeintlichen Vorteilen, die ihm die Frau Bundesminister in Aussicht gestellt hat, hat kö­dern lassen.

Bei den Bewohnern des Ortes stieß das Schubhaftzentrum aber verständlicherweise so­fort auf Widerstand, und es hat sich eine Bürgerinitiative gebildet. Im Gemeinderat hat zum Beispiel der Vertreter dieser Bürgerinitiative, der freiheitliche Gemeinderat Wein­berger, sofort eine Volksabstimmung gefordert. Das war am 9. November vergangenen Jahres.

Die Fragestellung, die von 139 Bürgern unterstützt worden ist, war klar und einfach und hat gelautet: Soll in Vordernberg ein Schubhaftzentrum errichtet werden: ja oder nein?

Was darauf folgte, meine Damen und Herren, war dann eine Posse der besonderen Art: Der Bürgermeister, ein Oberamtsrat, dem man gewisse Grundkenntnisse zuspre­chen sollte, hat zunächst einen Bescheid erlassen, der wie folgt lautete – ich zitiere –:

„Gemäß § 158 Abs. 1 Stmk. Volksrechtegesetz wird festgestellt, dass der am 9. No­vember 2009 im Marktgemeindeamt Vordernberg eingebrachte Antrag auf Durchfüh­rung einer Volksbefragung den Voraussetzungen der §§ 155 Abs. 1“ – und so weiter – „entspricht.

Begründung:

Der gegenständliche Antrag umfasst die Durchführung einer Volksbefragung mit der Fragestellung: Soll in Vordernberg ein Schubhaftzentrum gebaut werden: ja/nein?

Die Unterstützungserklärungen“ – hat der Herr Bürgermeister weiter ausgeführt – „er­folgten sämtliche durch eigenhändige Unterschrift, mit Angabe des Vor- und Familien­namens, Geburtsdatums und der Wohnanschrift. Die vorgelegten Antragslisten ent­sprachen in Form und Inhalt den Bedingungen des § 157 VolksrechteG.“ – Zitatende.

Meine Damen und Herren, am gleichen Tag ... (Abg. Pendl: Ach!) Ich verstehe schon, dass Sie aufstöhnen, aber ich werde weiterzitieren und werde Ihnen nachweisen, wie rechtswidrig sozusagen Ihr Bürgermeister dort gehandelt hat, Herr Kollege. (Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

Am gleichen Tag, an dem dieser Bescheid ausgefertigt und datiert wurde – es war der 19. November 2009 – fand am Abend in Vordernberg eine Gemeinderatssitzung statt, in der der Bürgermeister mit seiner Gemeinderatsmehrheit dann plötzlich die bereits ge­nehmigte Volksbefragung und die Verordnung geändert hat.

Die Fragestellung an die Bürger von Vordernberg lautete nicht mehr – wie ich sie ein­gangs zitiert habe –: Soll in Vordernberg ein Schubhaftzentrum gebaut werden: ja oder nein?, sondern sie lautete plötzlich folgendermaßen – ich zitiere –:

„1. Sind Sie für eine positive Gemeindeentwicklung durch die mögliche Gründung von Gewerbebetrieben in Vordernberg“ – No na!

„die Absicherung der örtlichen Infrastruktur (Nahversorger, Arzt, Apotheke usw.),

eine Investition von rd. 15,0 Millionen Euro in Vordernberg,“ – Wer könnte da dagegen sein?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 143

„eine jährliche Wertschöpfung von rd. 10,0 Millionen Euro,

die Schaffung von rd. 150 Arbeitsplätzen in Vordernberg und

eine Mehreinnahme im Gemeindehaushalt von rd. € 130 000,--

im Zusammenhang mit der Errichtung eines Schubhaftzentrums?“

Und dann kommt unter zweitens:

„2. Soll in Vordernberg ein Schubhaftzentrum gebaut werden?“ – Zitatende.

Meine Damen und Herren, gegen diese Suggestivfragen und die willkürliche Verände­rung sozusagen der ursprünglichen Fragestellung hat der Vertreter der freiheitlichen Ge­meinderatsfraktion die Fachabteilung 7A der Steiermärkischen Landesregierung, näm­lich das Referat für Gemeindeaufsicht und Volksrechte, angerufen.

Die Abteilung hat umgehend der Rechtsmeinung des freiheitlichen Gemeinderates recht gegeben, sie hat den Bürgermeister aufgefordert, seinen Bescheid aufzuheben, sie hat wörtlich geschrieben – ich zitiere –:

„Die erste Fragestellung“ – die ich gerade zitiert habe – „spricht zwar von möglichen positiven Wirkungen im Zusammenhang mit der Errichtung eines Schubhaftzentrums, jedoch geht diese Frage offensichtlich davon aus, dass etwa Investitionen in Höhe von € 15 Millionen in der Verfügungsgewalt der Marktgemeinde Vordernberg liegen. Dies ist nicht der Fall, da die Investitionsentscheidung über einen Bau eines Schubhaftzen­trums jedenfalls Angelegenheit des Bundes ist und damit nicht im eigenen Wirkungs­bereich einer Gemeinde liegt. Die Fragestellung ist damit nicht zulässig und daher ge­setzwidrig.“

Das hat die Fachabteilung 7A festgestellt. (Abg. Dr. Rosenkranz – in Richtung SPÖ –: Da sollte sich der Bundespräsident einmal einschalten!)

Weiters hat diese Fachabteilung dem Herrn Bürgermeister die Möglichkeit gegeben, diesen Bescheid aufzuheben und eine Äußerung abzugeben. (Abg. Scheibner: Mehr Feuer, Herr Kollege! – Abg. Grosz: Mehr Feuer, mehr Leidenschaft, Herr Kollege!) – Meine Damen und Herren vom BZÖ, das sind Fakten, die man werten kann!

In der Gemeinderatssitzung am 30. November 2009 haben dann nach dieser Rechts­belehrung der Bürgermeister und die Mehrheit im Gemeinderat plötzlich die Verord­nung auf Durchführung einer Volksbefragung zurückgezogen, mit der lakonischen Be­merkung – ich zitiere –:

„Da das Amt der Stmk. Landesregierung festgestellt hat, dass die Fragestellungen nicht zulässig und damit gesetzwidrig sind, hat der Gemeinderat der Marktgemeinde Vor­dernberg in seiner Sitzung am 30. November 2009 die Verordnung des Gemeinderates auf Durchführung einer Volksbefragung zurückgezogen.“ – Zitatende.

Dagegen hat dann der freiheitliche Gemeinderat Weinberger als Zustellungsbevoll­mächtigter der Bürgerinitiative „Schubhaftzentrum – nein, danke!“ Berufung eingelegt. Diese Berufung – und das ist jetzt interessant für alle Juristen – wurde aber dann nicht weiter behandelt, sondern in Vordernberg wurde eine unverbindliche Bürgerbefragung noch vor Weihnachten mit den Suggestivfragen, die ich Ihnen vorgelesen habe, durch­geführt. Die Beteiligung an der Bürgerbefragung betrug etwas über 60 Prozent. Mehr als die Hälfte der Beteiligten sprachen sich dabei für das Schubhaftzentrum und die da­mit verbundenen vorgeblichen wirtschaftlichen Vorteile aus.

Das war also der „große“ Erfolg der Frau Bundesministerin, den sie dann selbst öffent­lich beklatscht hat.

Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht unerwähnt lassen, weil das für die Zukunft nicht unwichtig ist, dass der Anwalt der Freiheitlichen Partei selbstverständlich einen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 144

Devolutionsantrag wegen Nichtbehandlung des Antrages des freiheitlichen Gemeinde­rates Weinberger bei der Oberbehörde eingebracht hat. Und gegen den Bürgermeister wurde eine Anzeige wegen Verdachts des Amtsmissbrauches erstattet. – So weit die rechtlichen Aspekte des Schubhaftzentrums.

Nun zu den politischen Aspekten:

Wenn man von den Zahlen ausgeht, die die Innenministerin angibt, dann brauchen wir in Österreich weder ein neues Asylzentrum – das hat ja die Frau Bundesministerin be­reits eingestanden – noch ein neues Schubhaftzentrum. (Beifall bei der FPÖ sowie Bravorufe und Beifall beim BZÖ.)

Auf die Frage: Wie viele Personen wurden in den letzten Jahren abgeschoben?, hat das Innenministerium folgende Antwort gegeben – ich zitiere –:

„Die Gesamtzahl der in Österreich verhängten Schubhaften stellt sich wie folgt dar:

2007: 6 950, 2009: 5 995“ – also ein Rückgang von etwa 1 000 Personen.

„Seit 1.1.2007 bis einschließlich 31.12.2009 wurden insgesamt 19 621 Personen am Land- oder Luftweg abgeschoben. Die Zahl setzt sich zusammen aus

behördlich angeordneten Abschiebungen,

aus Dublin-Überstellungen und

freiwilliger Rückkehr.

Beachtlich ist hier“ – schreibt das Ministerium weiter – „die sich in der letzten Zeit erge­bende starke Verschiebung hin zu freiwilliger Rückkehr. So sind zum Beispiel 2007 2 164, 2008 2 237 und 2009“– hören Sie zu! – „4 065 ausreisepflichtige Fremde freiwil­lig in ihre jeweiligen Heimatstaaten zurückgekehrt.“ – Zitatende.

Wenn diese Angaben stimmen – und daran ist nicht zu zweifeln, weil es sich um Anga­ben aus einem Ministerium handelt –, warum sollte dann der österreichische Steuer­zahler 20 Millionen € für ein neues Schubhaftzentrum aufbringen, wenn ohnedies so viele freiwillig zurückkehren? (Bravorufe und Beifall beim BZÖ.)

Ich verstehe, meine Damen und Herren, dass junge Architekten gerne einen Auftrag bekommen, ich verstehe, dass jeder gerne ein Geschäft macht und auch daran ver­dient, aber ich und wir Freiheitlichen sind gegen die Verschwendung von Steuergeld für sinnlose Projekte. (Beifall bei der FPÖ sowie Bravoruf des Abg. Mag. Stadler.)

Meine Damen und Herren! Es ist sinnlos, wenn bei sinkenden Fallzahlen Geld fehlin­vestiert wird. Wir sollten – und das ist der Vorschlag der freiheitlichen Fraktion – die 20 Millionen € besser in die Aufnahme und Ausbildung von jungen Polizisten stecken. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Stärken wir die Polizei! In der Steiermark fehlen uns zurzeit 500 Polizisten; in Wien sind es dreimal mehr, dort fehlen über 1 500 Mann. Und leisten wir mit der Aufnahme neuer Polizisten in den Staatsdienst einen wichtigen Beitrag zur öffentlichen Sicherheit! (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, wenn man sich die Projektbeschreibung für das Schub­haftzentrum Vordernberg genauer ansieht, die vor Kurzem veröffentlicht worden ist, dann fällt einem ein gewisser Hang zum Luxus bei der Ausstattung dieses Zentrums auf, denn da heißt es nämlich – ich zitiere –:

„Ein langgestreckter Verwaltungstrakt unmittelbar an der Straße und von dieser abge­wandt ein kammartig gegliederter Wohntrakt, dessen Höfe sich zum Bach und Berg öff­nen.“

(Zwischenruf bei der ÖVP.) – Ich weiß nicht, ob Sie das wirklich aufmerksam durchge­lesen haben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 145

Ich zitiere weiter:

„Der Schubhaftteil mit seinen Fingern bildet für jede Abteilung eine individuelle Hofsi­tuation und ist so angelegt, dass hier Wohngruppen möglichst autark und mit hoher Le­bensqualität funktionieren. Um diese Höfe ist jeweils eine Abteilung gruppiert. Die ost­seitigen Finger bilden die Gemeinschaftszonen und durchdringen den formal strengen Verwaltungstrakt. An diesen Punkten finden die funktionellen Berührungspunkte zwi­schen den Angehaltenen und der Verwaltung Platz. Diese Treffpunkte“ – nämlich für Besuche, für die Verhandlung von Asylfragen, und, man höre und staune!, auch für die Rückkehrberatung – „öffnen sich zur Straßenseite hin. Die Abwesenheit der angehalte­nen Menschen wird daher mittelbar wie auch zeichenhaft präsent, die Differenz zu einer Haftanstalt bewusst. Der Verwaltungstrakt übernimmt an Stelle einer Mauer die Außensicherung entlang der Straße.“ – Zitatende.

Meine Damen und Herren, da ist man sicher versucht, zu sagen: Wie idyllisch! (Bravo­ruf des Abg. Mag. Stadler mit der Bemerkung: Das war ein Bravoruf für das Bonmot!)

Da gibt es einen Wohntrakt, „dessen Höfe sich zum Bach und Berg öffnen“ – wahr­scheinlich, damit es leichter gelingt, von dort das Weite zu suchen.

Da gibt es eine „individuelle Hofsituation“, mit schattenspendenden Bäumen und Blu­menbeeten – damit die ungebetenen Gäste nur recht bald wiederkommen.

Da gibt es Treffpunkte für Besuche und Rückkehrberatung.

Und da gibt es eine bewusste Differenz dieser „Wohlfühlanstalt“ zu einer Haftanstalt.

Meine Damen und Herren, das ist unverantwortlich der eigenen Bevölkerung gegen­über, die unter der zunehmenden Kriminalität und vor allem unter den Folgen einer langanhaltenden Wirtschaftskrise leidet! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Es passt aber ... (Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.) – Ich verstehe Ihre Unruhe, meine Damen und Herren von den Grünen, das ist mir völlig klar, denn Sie sind ja nicht die Anwälte der Österreicher, sondern der Ausländer. (Beifall bei der FPÖ.)

Das passt ins Bild einer Bundesregierung, meine Damen und Herren, die 2,3 Milliar­den € in ein korruptes politisches System, nämlich nach Griechenland, steckt, wovon aber dann in erster Linie die griechischen und die französischen Banken und die Spe­kulanten profitieren. (Ruf bei der ÖVP: ... unsere Leut’!)

Ganz richtig! Die Losung der Freiheitlichen lautet – und es wäre gut, wenn Sie diese übernehmen würden –: Unser Geld für unsere Leute! Das haben wir auch als Wahl­kampfparole in der Steiermark eingebracht. (Beifall bei der FPÖ.)

Es wird der Frau Innenminister beziehungsweise es wird der gesamten Bundesregie­rung nicht gelingen, unserer Bevölkerung zu erklären, dass sie im Dezember ein ganz arges Belastungspaket für die Österreicherinnen und Österreicher schnürt, das es in sich hat, und gleichzeitig 20 Millionen € für Schubhäftlinge aufwendet.

Es wird Ihnen nicht gelingen, klarzumachen, warum unsere Soldaten in verfallenden Kasernen untergebracht sind, für die Sie kein Geld aufbringen – aber für das neue Schubhaftzentrum sehr wohl! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie bringen Geld auf für ein Schubhaftzentrum, das keiner braucht. Das ist die glatte Missachtung österreichischer Interessen!

Sie wollen 1,5 Milliarden € weniger – das habe ich heute in einer hiesigen Zeitung gele­sen (eine Ausgabe der Zeitung „Heute“ in die Höhe haltend) – für unsere einheimi­schen Familien aufwenden, dafür aber 20 Millionen € für Ausländer zur Verfügung stel­len. Das ist unmoralisch und unsozial! (Beifall bei der FPÖ.)


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Meine Damen und Herren! Wie die Stimmungslage bei denen ist, die unsere Sicherheit tagtäglich schützen, nämlich bei den Polizeibeamten, das zeigt das Schreiben eines Polizisten an eine große Tageszeitung. Dieser hat festgestellt – und das ist völlig richtig –:

„Es ist nicht die Polizei, die die Einwanderung regelt. Nicht die Polizei ermöglicht das Entstehen von Parallelgesellschaften und damit das Ausleben der diversen ethnischen Bräuche. Nicht die Polizei hat die legistischen Möglichkeiten eingeschränkt, Überwa­chungen und Personenkontrollen zur Vorbeugung durchzuführen. Und nicht die Polizei hat sich personell und finanziell rigoros reduziert.“ – Zitatende.

Meine Damen und Herren, dafür trägt die Politik die Verantwortung! Und dafür trägt die Innenministerin die Verantwortung!

Ich fordere Sie auf, Frau Bundesminister: Machen Sie Politik für die Österreicher und Österreicherinnen – und stellen Sie den „Spuk“ eines Schubhaftzentrums in Vordern­berg endlich ab! (Beifall bei der FPÖ.)

15.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich die Frau Bundesministerin für Inneres zu Wort gemeldet. Ihre Redezeit soll 20 Minuten nicht übersteigen. – Bitte.

 


15.19.25

Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Abgeordnete! Ein geordnetes Fremdenrecht ist ein wesentlicher Pfeiler für ein sicheres Österreich, und dafür sind ein effizienter Vollzug und die dazu nötige Infrastruktur unverzichtbar. Daher errichtet das Innenministerium das Schubhaft­zentrum in Vordernberg. (Beifall bei der ÖVP.)

Mein ausdrücklicher Dank gilt der Gemeinde Vordernberg, sehr geehrter Herr Bürger­meister – er ist anwesend (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ) –, insbeson­dere allen Menschen, die in dieser Gemeinde leben. Sie haben sich bei der Volksbefra­gung im Dezember 2009 mit 70 Prozent für den Bau ausgesprochen. Immerhin wer­den dadurch rund 180 Arbeitsplätze geschaffen und regionale Betriebe abgesichert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Weinzinger: 180 Arbeits­plätze ...! Sehr produktiv!)

Es werden dort 60 Polizeibeamtinnen und -beamte ihren Dienst versehen. (Abg. Zan­ger: Wo ziehen Sie die ab?) Diesbezüglich habe ich vor, Polizistinnen und Polizisten aus der Region Obersteiermark einzusetzen. Ich will Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die aus der Region stammen (Abg. Dr. Rosenkranz: So viele Briefträger gibt es nicht in Vordernberg!), gezielt die Möglichkeit einer Versetzung bieten. Sie wollen diesen Men­schen diese Möglichkeit nicht geben.

Ich halte an diesem Projekt daher fest – im Sinne eines effizienten Vollzuges des Frem­denrechts, im Interesse der Wirtschaft, der Arbeitsplatzsicherheit und der Schaffung neuer Arbeitsplätze in der Obersteiermark und im Interesse unserer Sicherheit in Ös­terreich. – Danke. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei der SPÖ.)

15.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit pro Rednerin/pro Redner laut Ge­schäftsordnung nicht mehr als 10 Minuten beträgt und jedem Klub eine Gesamtrede­zeit von 25 Minuten zukommt.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Zanger. (Demonstrativer Beifall beim BZÖ.) Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 7 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 147

15.21.56

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Frau Präsident! Frau Bundesminister! (Abg. Hornek: Das war der Abschiedsapplaus!) – Danke für den Applaus. (Abg. Grosz: Der Auftrittsapplaus! – Beifall bei der FPÖ.) Da fällt mir ein: Offensichtlich sind es im­mer die Armleuchter, die glauben, sie sind die Halogenstrahler, wenn man da in diese Richtung schaut. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

Was mir als Erstes auffällt, ist, dass nahezu alle Redner aus der Steiermark kommen, aber genau aus der Fraktion, die es geschafft hat, dieses Zentrum in unsere Region zu bringen, kommt genau diese Abgeordnete aus dem Bezirk Leoben, Frau Gessl-Ranftl, nichts ans Rednerpult. Nein, sie schickt den Herrn Pendl her. Der wird sich wahr­scheinlich überall und bei jedem dafür bedanken, dass dieses Schubhaftzentrum bei uns gebaut wird. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Aber eines garantiere ich Ihnen, liebe Freunde von der Sozialdemokratie: Die Wähler werden sich bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie ihnen dieses Schubhaftzentrum hin­stellen. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Den Otto Pendl lassen wir uns nicht herausschießen!)

Frau Bundesminister, zur Arbeitsplatzschaffung. Wir haben heute Märchenstunde à la Frau Bundesminister „Maria Grimm, die Zweite“. Wir haben uns schon einmal darüber unterhalten. (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)

Arbeitsplätze wollen Sie schaffen, 170 in dieser Region. Obersteirische Beamte der Exe­kutive werden dort hinkommen. Ja, Frau Bundesminister, wo kommen die dennher? Wo nehmen Sie die weg? Aus den Polizeiinspektionen in den Bezirken, oder woher sonst? Bitte erklären Sie mir das! Die sind ohnehin schon alle unterbesetzt.

Die Kriminalität häuft sich in unseren Bezirken, und Sie wollen diese Polizisten aus den Bezirken nach Leoben ins Schubhaftzentrum stecken. Das kann doch bitte nicht wahr sein! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Hornek: Er kapiert das nicht) – Ja, das wird es sein, aber Hauptsache, du lachst da runter. (Heiterkeit beim BZÖ.)

Keine Kriminellen werden dort einsitzen, sagen Sie, Frau Minister. – Aber dabei kom­men jetzt schon drei von vier Illegalen, die abgeschoben werden, als Diebe, Räuber und Einbrecher. Das sagt sogar der Chef der Fremdenpolizei, Herr Hofrat Dr. Kovarnik. Da habe ich einen prominenten Unterstützer.

Angehaltene dürfen die Anstalt nicht verlassen. – Wenn Sie „dürften“ schreiben wür­den, dann wäre das ein bisschen richtiger, Frau Bundesminister. (Beifall bei der FPÖ.)

Denn Faktum ist ganz einfach, dass sich rund tausend Schubhäftlinge pro Jahr frei­pressen durch Hunger ... (Rufe bei der SPÖ: Was? – Heiterkeit) – durch Hungerstreik, durch körperliche Eigenmisshandlungen, und die sitzen dann in Vordernberg, irgendwo in der schönen Steiermark, und sind dann vor den Toren. (Abg. Grosz: „Halogen“!)

Warum sagen Sie der Bevölkerung nicht die Wahrheit? Warum sagen Sie das nicht, Frau Minister?

Die SPÖ-Landesleitung – jetzt komme ich noch einmal zu Ihnen und auch zum Herrn Bürgermeister da oben zurück – hat im Vorjahr beschlossen, es gibt kein Schubhaft­zentrum in der Steiermark oder in der Obersteiermark. – Das sind Ihre Beschlüsse wert? Das ist Ihr Wort wert, Ihr Handschlag der Bevölkerung gegenüber (Beifall bei der FPÖ – Rufe beim BZÖ: „Halogen“!), dass ein paar Monate darauf der Beschluss kommt, wir bauen das jetzt – wenn auch nicht in Leoben, denn die haben sich ja erfolgreich ge­wehrt. Da habt ihr euch eh nicht getraut gegen den Herrn Konrad, aber wenn dann einer aus der Provinz kommt und sagt: Das hätte ich gerne, da sind so viele Arbeits­plätze, so viel Wertschöpfung, unglaublich, was da alles passiert in diesem Ort!, dann seid ihr die Ersten, die umfallen und die eigene Bevölkerung verraten. (Beifall bei der FPÖ. – Rufe beim BZÖ: Pfui!)


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Noch einmal zu diesem Witz der Bürgerbefragung: Sind Sie für die mögliche Gründung von Gewerbebetrieben in Vordernberg? – No na net. Da kann ich gleich hinschreiben: Sind Sie dafür, dass Sie gesund bleiben?

Wer hindert einen Gewerbebetrieb, sich in Vordernberg ansässig zu machen? Nein, das Schubhaftzentrum brauchen wir dort, das ist der große Aufhänger!

Sind Sie für die Absicherung der örtlichen Infrastruktur? – No na net. Aber wer sichert die örtliche Infrastruktur? Die Schubhäftlinge? Das kann doch wohl nur die eigene Be­völkerung sein oder die Touristen, die kommen. Die ganzen Wirtschaftsbetriebe, die dort in Hotellerie, in Gastronomie investiert haben, haben umsonst investiert! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Hakel: Waren Sie schon mal in Vordernberg? – Abg. Grosz: „Ha­logen“!)

15 Millionen €, 20 Millionen € Investitionsvolumen (Abg. Scheibner: Wie viel jetzt?) – wirklich ein stattlicher Betrag, aus dem man tatsächlich etwas machen könnte. Jährli­che Wertschöpfung daraus: rund 10 Millionen € – das wird aber ohnehin von jedem an­gezweifelt. Faktum ist, man setzt 20 Millionen € ein und muss dann den gesamten lau­fenden Betrieb auch noch aus Steuermitteln aufbringen.

Wer zahlt den Einkauf fürs Essen? Wer zahlt die Instandhaltung? Das ist der Bund, das sind wir, das sind die Steuerzahler. Wieder die Steirerinnen und Steirer! (Abg. Mag. Stad­ler: Was sagt „Paul“, die Krake, dazu?)

Wissen Sie, was ich Ihnen sage: Das brauchen wir nicht, wir machen uns unsere Sa­che selber, wenn wir ein gescheites Projekt selber aufziehen können und dafür die Fi­nanzierung des Bundes endlich einmal zugesagt bekommen würden!

Ein Kompetenzzentrum für aufenthaltsbeendende Maßnahmen brauchen wir nicht in der Obersteiermark! Wir haben ein gutes Konzept für ein Kompetenzzentrum für Luft­fahrt ausgearbeitet. Es wäre viel gescheiter, ihr würdet das Geld da hineingeben, da machen wir etwas Gescheites draus (Beifall bei der FPÖ), etwas Vernünftiges, und nicht etwas, das von der Bevölkerung nicht gewollt wird und wo sich keiner nein zu sa­gen traut, wenn es heißt: Bist du gegen deine Gemeinde? (Abg. Mag. Stadler: Baut eine Autobahn stattdessen!)

Herr Grillitsch, du hast gestern der SPÖ vorgeworfen, sie hätte es nicht geschafft, Be­triebsansiedelungen in der Steiermark zu schaffen. Lieber Kollege Grillitsch, sehr ver­ehrte Frau Bundesminister: Das von Ihnen in der Steiermark angesiedelte Projekt Schubhaftzentrum brauchen wir auch nicht! – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

15.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Pendl gelangt nun zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Grosz – in Richtung des Abg. Pendl –: „Danke“!)

 


15.28.38

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich würde meinen, das Thema ist viel zu ernst und viel zu wichtig, als dass wir es so diskutieren. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und BZÖ.)

Die Landtagswahlen sind im September, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, und die Gemeinderatswahlen habt ihr bereits am 21. in Vordernberg verloren. Also was diskutieren wir hier bei der letzten Sitzung in Wahrheit so? (Beifall bei SPÖ und BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte aber eines in aller Klarheit zum Ausdruck bringen (Abg. Grosz: „In aller Klarheit“ ist Copyright Herbert Haupt!), in aller Klarheit: Wir alle, die wir hier sitzen,


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sind auf die österreichische Bundesverfassung und auf deren Rechtsbestand angelobt. (Abg. Strache: Sagen Sie das lieber den Regierungsmitgliedern!) Wenn ich mir jetzt die eine oder andere Wortmeldung angehört habe, liebe Freunde, dann müsst ihr mir einmal erklären, wieso ihr vergessen habt, dass die Menschenrechtskonvention und die Genfer Flüchtlingskonvention Bestandteil unseres Verfassungsrechts sind. Das Bild, das man hier teilweise mitbekommt (Ruf bei der SPÖ: Ist beschämend!), liebe Kolleginnen und Kollegen, da sollte man sich eigentlich gut überlegen, ob das des Hauses würdig ist. (Bravorufe und Beifall bei der SPÖ sowie Beifall bei ÖVP, BZÖ und Grünen.)

Der Menschen ist es nicht würdig, meine geschätzten Damen und Herren! Das ist ja nicht einmal ein guter Schmäh für irgendeine Veranstaltung draußen in irgendeiner Schank. Das ist traurig!

Jetzt lasst mich einmal zur Sache reden, weil mir die Sache sehr wichtig ist – und da möchte ich noch ein paar Punkte ansprechen. (Abg. Mayerhofer: Das erklärst denen in den Sektionen einmal!) Gerne, Poldi, gerne. (Heiterkeit.)

Lassen Sie mich einige sachliche Punkte ansprechen! Flüchtlingsströme waren, sind und werden immer temporäre Erscheinungen sein. Seien wir froh, dass es dank der Beschlüsse des letzten Fremdenrechtspakets gelungen ist, einige richtige und wichtige Maßnahmen zu treffen.

Ich habe allerdings folgenden Eindruck – und das kann mir niemand wegdiskutieren: Ich lebe, seit ich auf der Welt bin, seit 1956 ... (Heiterkeit des Abg. Windholz. – Demons­trativer Beifall beim BZÖ.) – Bevor du lachst, hör mir zu! Seit 1956 haben wir neben uns Traiskirchen. Und daher kann ich euch sagen: Wer von euch den Unterschied zwi­schen einer Erstaufnahmestelle und einem Schubkompetenzzentrum nicht versteht, dem werden wir da nichts erklären können. Das sage ich euch auch in aller Klarheit! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und BZÖ. – Abg. Scheibner: Bravo, Otto!)

In einer Erstaufnahmestelle ist es so, dass niemand eingesperrt ist, aber bei einem Schubkompetenzzentrum geht niemand von dort spazieren! Da geht es Ihnen doch nur um Angstmacherei der Bevölkerung gegenüber.

Wir brauchen ein Schubkompetenzzentrum – und Gott sei Dank gibt es Bürgerinnen und Bürger, und zwar auf allen Ebenen der Politik, die das verstehen. Im Regierungs­programm haben wir uns vorgenommen, ein Schubkompetenzzentrum zu errichten (Abg. Petzner: Was ist ein „Schubkompetenzzentrum“?), und ich bedanke mich, Herr Bürgermeister von Vordernberg, bei dir, bei deinen Gemeinderätinnen und Gemeinde­räten sowie bei den BürgerInnen deiner Gemeinde!

Die, die sich hier herstellen und gescheit reden, helfen euch in Vordernberg nicht; in kei­ner einzigen Frage helfen sie euch! Damit das hier auch in aller Klarheit gesagt wird! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Grosz: Danke!) Ich bin mir nicht einmal sicher, ob genau die überhaupt wissen, wo Vordernberg ist – aber das ist eine andere Geschichte; das gehört jetzt nicht hierher.

Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich Ihnen aus der Geschichte heraus die eine oder andere Situation schildern, eben aus der Praxis. In den letzten 35 Jah­ren ... (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Hört mir zu, denn wissen tut ihr es nicht! In den letzten 35 Jahren gab es im Justizministerium stets die Diskussion, das eine oder an­dere Gefängnis in der Republik zu schließen. Und wisst ihr, wer da dagegen interve­niert hat, und zwar bis zum Gehtnichtmehr? (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.) – Die Landeshauptleute, die Abgeordneten, die Bürgermeister. Und wisst ihr warum? – Weil jedes Gefängnis in Wirklichkeit auch einen Wirtschaftsfaktor darstellt.

Jetzt frage ich Sie alle: Fürchtet ihr euch in Graz vor euren Gefängnissen? Fürchtet ihr euch in Leoben vor eurem Gefängnis? Fürchtet man sich in Wien vor unseren Gefäng­


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nissen? – Nein, die Bauten sind am Letztstand, das Personal ist super – und einen Wirt­schaftsfaktor stellt das obendrein dar.

Daher: Was soll denn diese Diskussion hier? Und ich meine auch, dass wir nicht ver­gessen dürfen, dass wir da – neben dem Thema Wirtschaftlichkeit – vor allem von Men­schen reden. Und daher sollte man sich, glaube ich, immer auch ins Gedächtnis rufen, dass man diese Themen menschlich behandelt – und nicht so tut, als ob es um Mö­belstücke geht, sondern wir haben aufgrund der österreichischen Bundesverfassung, wir haben auf der Grundlage unserer Rechtslage korrekt vorzugehen. Und daher sollte man dieses Thema zumindest auch korrekt diskutieren.

Bis zu der einen Wahl ist es noch lange hin – und die andere ist bereits vorbei. Daher: Ich lade euch zur Sachlichkeit in dieser Diskussion sehr herzlich ein! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und BZÖ sowie Rufe: Bravo, Otto!)

15.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen die GO-Bestimmungen. – Bitte.

 


15.34.35

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Pendl hat behauptet, die Freiheit­liche Partei hätte bei den Gemeinderatswahlen in Vordernberg verloren. – Das Gegen­teil ist richtig!

Ich berichtige: Die Freiheitliche Partei hat in Vordernberg von 8 auf 16 Prozent zuge­legt und ihre Mandatszahl verdoppelt. (Bravorufe bei der FPÖ.)

So viel zu Ihren Behauptungen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Strache: Danke, Pendl!)

15.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Amon. (Unruhe im Saal.) – Meine Damen und Herren, etwas mehr Ruhe, bitte!

Redezeit: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter Amon.

 


15.35.25

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätz­te Frau Bundesministerin! Frau Präsidentin, ich weiß nicht, ob ich die 7-minütige Rede­zeit ausschöpfen werde. Man kann natürlich Herrn Dr. Kurzmann zum Wahlergebnis in Vordernberg durchaus auch gratulieren (demonstrativer Beifall bei der FPÖ – Abg. Pendl: Ich gratuliere lieber dem Bürgermeister!), wozu man aber nicht gratulieren kann, ist zu dieser Parlamentswoche. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie von der FPÖ haben wirklich „Pech“ diese Woche, das muss man sagen: Zuerst stimmen Sie irrtümlich der Mindestsicherung zu, die Sie über Monate bekämpfen (Hei­terkeit bei der ÖVP), dann kriegen Sie Schimpf vom Herrn Bundespräsidenten – und zu guter Letzt liefern Sie noch so eine Dringliche ab. Das ist wirklich nicht Ihre Woche, meine Damen und Herren von der FPÖ! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

In Wahrheit muss man ja der Frau Innenministerin wirklich großen Dank sagen, dass sie sich heute diese Dringliche überhaupt antut. (Abg. Mag. Stefan: ... noch präpotent! Eine lächerliche Erscheinung!) Folgendes möchte ich Ihnen schon sagen, lieber Herr Dr. Kurzmann: Ich schätze Sie wirklich als sehr seriösen Mann – das möchte ich wirk­lich sagen –, und diese Seriosität drückt sich ja auch in Ihrem Dringlichen Antrag aus.


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Sie, Herr Abgeordneter Kurzmann, schreiben ja selbst in Ihrem Dringlichen Antrag, wel­che positiven Auswirkungen das Schubkompetenzzentrum für Vordernberg hat, und Sie weisen ausdrücklich darauf hin, dass Vertreter der Ortschaft an die Frau Bundes­ministerin Dr. Fekter herangetreten sind und darum ersucht haben, dieses Zentrum in Vordernberg zu errichten. Darauf weisen Sie ausdrücklich hin in Ihrem Dringlichen An­trag. Sie weisen weiters ausdrücklich darauf hin, dass es natürlich in einem derartigen Zentrum darum geht, die Menschen menschenwürdig unterzubringen. Sie weisen da­rauf hin, dass dort 180 neue Arbeitsplätze entstehen sollen, davon 60 für Polizisten.

Sie schreiben zwar gegen Ende des Antrages, dass Sie nicht wirklich an dieses Zen­trum glauben, weisen aber immerhin darauf hin, dass vor Ort damit gerechnet wird, da­durch eine zusätzliche Wertschöpfung von 10 Millionen € erzielen zu können. – Das al­les sind seriöse Hinweise auf eine Sache, auf die auch bei der Volksbefragung hinge­wiesen worden ist. (Abg. Zanger: Hast du mir zugehört?) – Da sind noch mehr Punkte drinnen. Da wird auch darauf hingewiesen, dass die Gründung von Gewerbebetrieben erwartet wird, dass man die örtliche Infrastruktur absichern will. All das steht ja im Text dieser Volksbefragung.

Folgendes, Herr Dr. Kurzmann, möchte ich Ihnen schon sagen: Verkaufen Sie doch bitte die Bevölkerung nicht für dumm! Die Fragestellung am Ende war ja nicht: Sind Sie für die Errichtung eines Kompetenzzentrums zu aufenthaltsbeendenden Maßnahmen? In einem solchen Fall könnte man unterstellen, dass die Bürgerin/der Bürger vielleicht nicht gleich durchschaut haben könnten, was damit gemeint ist. (Oh-Rufe bei der FPÖ.)

Die Frage lautete, ob man für ein Schubhaftzentrum ist – oder nicht. 60 Prozent der Be­völkerung hat sich beteiligt – und fast 70 Prozent haben diese Frage mit einem Ja be­antwortet. Also ein sehr klares Votum, Herr Dr. Kurzmann. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn man sich mit so einer Frage auseinandersetzt – da bin ich ganz beim Kollegen Pendl –, dann soll man das seriös machen (Abg. Strache: Noch seriöser als Dr. Kurz­mann?) und sich nicht auf so eine dumpfe Anti-Ausländerdiskussion stürzen.

Jedenfalls: Ich hoffe, dass Sie alle von der freiheitlichen Fraktion heuer in Österreich Urlaub machen, denn wenn Sie ins Ausland fahren, könnte es sein, dass Sie dort Aus­ländern begegnen – das heißt, vornehmlich Österreichern oder Deutschen. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Ko­run. – Bitte. (Ruf: Das Kompetenzzentrum der Grünen!)

 


15.39.17

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Eine Partei, die möglichst alle Asylwerber abschieben will und im selben Atemzug gegen Schubhaftzentren ist, macht sich lächerlich. (Abg. Dr. Graf: Stimmt ja gar nicht!)

Eine Partei, die ständig von Recht und Ordnung redet und in ihren Reihen zum Beispiel eine rechtskräftig verurteilte Abgeordnete namens Susanne Winter hat – die wegen Verhetzung rechtskräftig verurteilt wurde –, macht sich lächerlich. (Beifall bei den Grü­nen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Eine Partei oder soll man vielleicht sagen: eine Partie, die mit Leuten im selben Boot sitzt, für die es – no na net – „part of the game“ ist, die österreichische Staatsbürger­schaft gegen Parteispenden zu verkaufen, macht sich lächerlich und vor allem unglaub­würdig. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 152

Angesicht des erbärmlichen und traurigen Niveaus ihrer Sprache, ihrer Argumente und der erbärmlichen Show, die hier die Freiheitlichen abgezogen haben, bleibt mir nur eines übrig zu sagen, nämlich Pfui. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

15.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. – Bitte.

 


15.40.43

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ich danke einmal Kollegem Kurzmann für den leidenschaftlich und engagiert vorgetrage­nen historischen Abriss über die Geschichte des Schubhaftzentrums in Vordernberg (Beifall beim BZÖ), nicht zuletzt auch Kollegem Zanger für diese Mondscheinrede des intellektuellen Irrlichts vulgo Halogen-Zanger: Herzlichen Dank.

Aber ich habe heute am Vormittag recht prophetisch in einer APA-OTS-Aussendung gesagt, dass ich wirklich befürchte – auch angesichts des Antrages, den Gerhard Kurz­mann hier verlesen und vorgetragen hat –, dass es der Sache und dem Ziel, ein weite­res Schubhaftzentrum in Österreich zu verhindern, nicht dient.

Leider Gottes habe ich mit meiner Prophezeiung recht gehabt, denn so, wie sich diese Diskussion hier entwickelt hat, so, wie sich auch Ihre Argumente hier angehört haben und wie sie vorgetragen wurden, dient das nicht dieser Sache, dieses Schubhaftzen­trum in Vordernberg zu verhindern, sehr geehrte Damen und Herren von der FPÖ! (Bei­fall bei BZÖ und Grünen.)

Eine sachliche Diskussion war ja bisher nicht möglich, daher werde ich nun versuchen, es sachlich zu argumentieren. (Ironische Heiterkeit bei der FPÖ.) Ja, meine lieben Freun­de von der FPÖ, liebe blaue Kameraden! Ich darf euch schon daran erinnern, dass wir noch nicht beim Oktoberfest in München sind, sondern uns durchaus noch – auch wenn mich die Rede des Abgeordneten Zanger frappant an das „O’zapft is!“ erinnert – im österreichischen Nationalrat befinden. Aber das nur, um wieder ein wenig das Müt­chen zu kühlen, herunterzukommen und sachlich, wenn wir schon die Bundesministe­rin und auch den Bürgermeister und die Gemeindevertreter von Vordernberg hier ha­ben, darüber zu diskutieren.

Sehr geehrte Frau Bundesminister, ich argumentiere ausschließlich so, wie Sie in Eber­au argumentiert haben. Und für mich war Ihre Argumentation in Eberau auch durchaus schlüssig.

Sie haben gesagt, Sie haben sich in Eberau politisch keine blutige Nase geholt, son­dern für Sie war klar, dass ein weiteres Asylerstaufnahmezentrum in Österreich nicht not­wendig ist, denn dank Ihrer segensreichen Tätigkeit sind die Asylzahlen in Österreich ge­sunken. Das stimmt doch, oder? War das Ihre Argumentation, Frau Bundesminister? (Bundesministerin Dr. Fekter nickt.) – Jawohl.

Aber wenn wir in Österreich gesunkene Asylzahlen haben, was die Innenministerin als Argument zumindest beim Beispiel Eberau angeführt hat, dann frage ich mich, warum wir ein zusätzliches Schubhaftzentrum brauchen. (Abg. Kößl: Weil das zwei Paar Schu­he sind!) Das leuchtet mir in keinster Weise ein. Denn wenn Sie einerseits zu Recht sagen, dass sich das Asylwesen in Österreich dank Ihrer weisen Vorgangsweise ent­spannt, dann frage ich mich anderseits, warum Sie am Höhepunkt einer Wirtschafts­krise (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Fekter) um unsagbare 20 Mil­lionen € einen Sechs-Sterne-Luxustempel samt Begrünung, Swimmingpool und Begeg­nungszellen im obersteirischen Vordernberg errichten wollen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 153

Mir geht es, Frau Bundesministerin, in dieser Diskussion jetzt nicht explizit darum, ob Vor­dernberg, Leoben, Deutschlandsberg, Graz, Frauental, Klagenfurt, Wolfsberg – wo auch immer –, nein, mir geht es um die sachliche Argumentation: Ist in Österreich ange­sichts der Zahlen, die Sie uns liefern, überhaupt ein zusätzliches Schubhaftzentrum notwendig, wenn Sie, Frau Bundesministerin, auf der anderen Seite die Finanzierung von zusätzlichen Exekutivplanstellen gerade in meinem Heimatbundesland Steiermark stän­dig verweigern?

Wir haben seit dem Jahr 2000 dank einer Legion von schwarzen Innenministern, die seit zehn Jahren in Österreich toben, den gleichen Personalstand bei der steirischen Exe­kutive, und das bei geändertem Sicherheitsbedürfnis und neuen Gefahrenquellen.

Frau Bundesminister! Ihre eigene Anfragebeantwortung vom 2. Juli – sieben Tage alt – besagt, dass 62 Straftaten ... (Bundesministerin Dr. Fekter: Letzter Satz: 300 mehr!) Ich habe in der Zeitung gelesen, dass Sie sich nicht wohl fühlen, also schonen Sie sich. (Beifall beim BZÖ.) Das ist ein guter Rat. Sie haben gesprochen, und ich spreche auch. Es hat ja keinen Sinn, wenn wir da emotional werden, vor allem, wenn jemand angeschla­gen ist.

Frau Bundesminister! 62 Straftaten pro Tag in Graz im Jahr 2009, 22 749 gerichtlich strafbare Handlungen, 4 129 Einbruchsdiebstähle und eine Aufklärungsquote von 5,8 Pro­zent. – Frau Bundesminister, Ihr eigenes Dokument!

Im Bezirk Leibnitz: 306 Einbruchsdiebstähle und eine Aufklärungsquote von nur mehr 6,9 Prozent.

Bezirk Fürstenfeld: Aufklärungsquote 8,2 Prozent, und im Nachbarbezirk Bruck an der Mur, wo Sie dieses Schubhaftzentrum hinstellen wollen, gibt es eine Aufklärungsquote von 8,6 Prozent.

Diese Bezirke verbindet nicht nur eine niedrige Aufklärungsquote, sondern fehlendes Personal im Rahmen der Exekutive. Und daher, Frau Bundesministerin, appellieren wir an Sie, Ihre geringen finanziellen Mittel doch auf sparsame Weise endlich dafür einzu­setzen, dass die Zahl der Exekutivplanstellen, dass der Personalstand in der Steier­mark endlich erhöht wird, und von einem Schubhaftzentrum Abstand zu nehmen.

Das ist unsere Forderung, die ich ernsthaft, sachlich und belegt vorgebracht habe. Und wir sollten angesichts der budgetären Verhältnisse nicht weiter darüber diskutieren, wie man 20 Millionen € an einen Sechs-Sterne-Luxustempel verschwendet.

Ich will um die 20 Millionen € endlich zusätzliche Exekutivplanstellen in der Steiermark haben. Das ist wesentlich. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn Sie, Frau Bundesministerin, mit den Asylzahlen ein Problem haben und das auf­grund ihrer Handhabung gerade auch im Fall der Familie Zogaj recht deutlich gewor­den ist, dann appelliere ich an Sie, endlich das Dublin-Abkommen und die Dublin-II-Verordnung in Österreich umzusetzen!

Dann werden wir nicht 25 000 Asylwerber im Jahr in der Grundversorgung haben, wo­von sich 15 000 unberechtigt hier im Land aufhalten, sondern dann werden wir 2 000, 3 000 Fälle unbürokratisch und rasch zu erledigen haben.

Das gibt jenen, die hier Asyl benötigen, Rechtssicherheit, und das gibt dem Rechts­staat auch wieder jene Würde zurück, die Sie ständig verletzen, nicht zuletzt durch den Fall Zogaj. 114 Verfahrensschritte, zweimalige Befassung des österreichischen Verfas­sungsgerichtshofs und eine halbe Million Euro Kosten für Verfahren und Grundversor­gung einer Familie, die sich ungesetzlich und zu Unrecht in diesem Land aufhält.

Daher, Frau Bundesministerin – um Ihnen zu helfen, die 20 Millionen € für die Exeku­tive zu verwenden –, bringen die steirischen Abgeordneten des BZÖ, Grosz, List und Schenk, folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 154

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Grosz, List, Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schub­haftzentrum Vordernberg im Lichte der Erfahrungen aus Eberau

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Inneres wird aufgefordert, den Bau des Schubhaftzentrum Vor­dernberg zu unterlassen, eine konsequente Umsetzung der Dublin-Vereinbarungen si­cherzustellen und dem Nationalrat die entsprechenden Gesetzesvorlagen zuzuleiten, die sicherstellen, dass Asylverfahren durch die Aufstockung der personellen und sach­lichen Mittel und durch Änderungen der Verfahrensregeln beschleunigt werden.“

*****

Ich ersuche Sie um Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

15.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Grosz, List, Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schub­haftzentrum Vordernberg im Lichte der Erfahrungen aus Eberau

eingebracht im Zuge der Debatte zum Dringlichen Antrag der Abgeordneten Dr. Kurz­mann, Zanger und weiterer Abgeordneter betreffend Schubhaftzentrum Vordernberg am 09.07.2010

Der geplante Bau des Schubhaftzentrum reiht sich nahtlos in das „Eberau-Verhaltens­muster“ der Frau Innenministerin Fekter ein, indem die Interessen der krisengeschüt­telten Bürgerinnen und Bürger zum Spielball von rot-schwarzen Wahlkampfinteressen gemacht werden.

Weder das „Ob“ noch das „Wie“ des geplanten Neubaues sind klar. So erklärte die Bundesministerin bei ihrer Eberau-Niederlage im Nachhinein, dass ein zusätzliches Asylerstaufnahmezentrum aufgrund sinkender Asylzahlen nicht notwendig sei. Warum aus diesem Blickwinkel ein neues Schubhaftzentrum nötig sein soll, bleibt sodann ihr Geheimnis.

Weiters ist den Bürgerinnen und Bürgern nicht zu erklären, dass mehrere Millionen Euro in Zeiten der Krise aufgewendet werden, nur um die Verwaltungs- und Vollzie­hungsversäumnisse der Regierung zu begleichen. So wird die Umsetzung bestehender Gesetze und Vereinbarungen (Dublin Abkommen sowie Dublin II Verordnung) schlicht­weg verweigert.

Das „Wie“ krönt sodann das Sündenregister der Frau Ministerin. 20 Millionen Euro in Zeiten der Krise sprechen eine eigene Sprache und verleiten zu Spekulationen, wem die Investition zu gute kommen soll. Eine gewisse Konsequenz ist jedoch zu erkennen: Sparen müssen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler während die Bundesregierung verschwenderisch den Schuldenrekord in die Höhe treibt.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 155

„Die Bundesministerin für Inneres wird aufgefordert, den Bau des Schubhaftzentrum Vordernberg zu unterlassen, eine konsequente Umsetzung der Dublin-Vereinbarungen sicherzustellen und dem Nationalrat die entsprechenden Gesetzesvorlagen zuzuleiten, die sicherstellen, dass Asylverfahren durch die Aufstockung der personellen und sach­lichen Mittel und durch Änderungen der Verfahrensregeln beschleunigt werden.“

*****

15.48.10

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 1234/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schubhaftzen­trum Vordernberg.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag die Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schubhaftzentrum Vordernberg im Lichte der Erfahrungen aus Eberau.

Wer diesem Antrag die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

15.49.10Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Durchführung einer kur­zen Debatte. Die kurze Debatte betrifft den Antrag des Herrn Abgeordneten Kogler, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 945/A(E) betreffend „gläserne Parteikassen“ eine Frist bis 21. September 2010 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Frist­setzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache auf folgende Bestimmungen aufmerksam: kein Redner/keine Rednerin län­ger als 5 Minuten; der Erstredner hat zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung sollten ebenfalls nicht länger als 10 Minuten dauern.

Herr Abgeordneter Kogler, Sie sind am Wort. 10 Minuten. – Bitte.

 


15.50.01

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Es mag verwunderlich erscheinen, dass wir eine Fristsetzung zu einem Antrag machen, der sich im Wesent­lichen damit beschäftigt, die Parteispendenpraxis in Österreich zu ändern, sie vor allem transparenter zu machen, eine, wie wir meinen, notwendige Änderung. Unverständlich deshalb, weil ja durchgesickert ist, dass sich eine Fünf-Parteien-Arbeitsgruppe, das ist an sich eine gute Sache, mit diesem Thema beschäftigt und sich überraschenderweise auf eine Agenda einigen konnte, die im Wesentlichen dem Anliegen dieses Antrags ent­spricht.

Ich sage Ihnen, warum diese Fristsetzung mit einem Datum im September geboten er­scheint. Aus zwei Gründen: Erstens aufgrund von Erfahrungen in Bundesländern, wo schon fertige Gesetze ausverhandelt worden sind, und am Schluss, bevor es so weit war, mehr Transparenz auf diesem Sektor zu schaffen, dann verschwunden sind.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 156

Ich möchte auch noch an die Sache erinnern, wie das jetzt mit der Transparenzda­tenbank gelaufen ist. Es war doch so, dass sich die Regierung da auf ein wunderbares Junktim verständigt hat – das alles ist ja ihr Recht –: Mindestsicherung, Transparenz­datenbank. Die größte Transparenzlücke in Österreich ist mit Sicherheit die der Par­teienfinanzierung. Gemessen an den Standards in anderen europäischen Ländern sind wir das letzte Entwicklungsland, was das betrifft. Dies wird uns auch von immer mehr internationalen Institutionen, die sich der Korruptionsbekämpfung verschrieben haben, attestiert, ob es jetzt GRECO ist, wo wir ja der Vereinigung der entsprechenden Länder beigetreten sind, oder Transparency International und so weiter und so fort.

Bei der Transparenzdatenbank waren sie sich dann irgendwann doch einig: Da sollte etwas geschehen!, nicht so bei den Parteispenden – noch dazu mit dem Argument, das aufs Erste ja zutreffend scheint, dass es sich hierbei um private Spenden handeln würde und nicht um öffentliche Zuwendungen. – Ja, eh richtig, aber die öffentlichen Zu­wendungen muss ich nicht mehr in eine Transparenzdatenbank hineinschreiben, denn wie viel eine Partei, die Akademien oder aber die Klubs hier im Nationalrat an öffent­lichen Zuwendungen bekommen, geht ja unmittelbar aus dem Gesetz hervor. Das ist ja überhaupt die größte Chuzpe, dass dann vom Finanzminister quasi aufklärerisch argu­mentiert wurde, welch ein Fortschritt das sei, jetzt komme das auch in die Transparenz­datenbank!

Alles ein Unfug, es geht um etwas ganz anderes. Gerade in der Demokratie ist es doch richtig und wichtig zu wissen, wer wem was gibt, wer wem Geld zusteckt. Wir haben das ja bei unserem Finanzminister Grasser erlebt, dass es ganz interessant ist, einmal dahinterzukommen, von wem er alles Geld bekommt. Er hat sich als eigene Partei ver­standen: KHG. Er hat sich gedacht: Ich mache es wie die anderen Parteien auch, und hat sich von der Industriellenvereinigung Geld geben lassen für die Partei KHG.

Das war gar nicht blöd gedacht, er hat sich nämlich einer Praxis bedient, die in diesem Land durchaus üblich ist, in anderen europäischen Ländern allerdings verboten ist und in Deutschland sogar bei Strafe verboten ist, dass nämlich irgendein Konzern hergeht, der Industriellenvereinigung eine Million gibt, mit dem Anliegen, das an die ÖVP weiter­zugeben, was dann nicht einmal mehr beim Rechnungshofpräsidenten aufscheint, son­dern es soll nur mehr eine Rubrik existieren, wo drinnen steht: Zuwendungen von Inter­essenvereinigungen.

Das ist doch völlig absurd. Dieses Parteiengesetz aus der Kreisky-Ära können wir als Ganzes wegschmeißen. Das ist ein Intransparenzaufrufungsgesetz und hat nichts da­mit zu tun, was eine moderne Parteiendemokratie braucht, nämlich die Aufklärung der WählerInnen darüber, wer von wem Geld bekommt. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Da sind die Dinge eigentlich völlig klar. Die einzigen Elemente, die man aus diesem Ge­setz herausnehmen kann, damit man nicht alles neu erfinden muss, sind vielleicht die Grenzen, die dort gezogen sind: Jetzt ab 7 000 € ab zum Rechnungshofpräsidenten, der muss das aber dann einsperren. – Das ist ja sowieso völlig skurril, der darf das nur herausholen, wenn die Partei, die die Spende bekommen hat, selber sagt: Rechnungs­hofpräsident, veröffentliche!, so nach dem Motto: Da behauptet einer, er hat mir eine Million gegeben, in Wahrheit hat er mir aber nur 7 000 € gegeben, also bitte bestätige, Rechnungshof, ich habe nur 7 000 € bekommen! – Viel verdrehter geht es gar nicht. Das ist der Geist, der durch dieses Gesetz weht. Das gehört völlig vom Kopf auf die Füße gestellt, und das ist unser Anliegen.

Mittlerweile habe ich das Gefühl, dass sich da immer mehr anschließen. Bis jetzt war immer das Problem, dass das Thema kurzfristig aufgepoppt ist, sei es aus Untersu­chungsausschüssen heraus – weil man wieder nicht gewusst hat, wo irgendwelches


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Geld hingegangen ist –, oder sei es aus anderen Überlegungen heraus. Jetzt war es eben die Transparenzdatenbank.

Richtig war und ist, dass es gleichzeitig schon, ich will das überhaupt nicht verschwei­gen – vielleicht nimmt der eine oder andere Redner beziehungsweise die eine oder an­dere Rednerin darauf Bezug –, auf Parteienebene, nicht primär auf Regierungs- oder Parlamentsebene, eine Verhandlungsrunde gibt, die sich eben dieses Themas ange­nommen hat – man wird ja am Schluss mehrere Parteien brauchen, um da weiterzu­kommen, das ist doch völlig klar – und sich zunächst sogar eine weitergehende Agen­da gegeben hat, als ich hier mit der Wiedergabe eines der Kernpunkte referiert habe.

Es wurde dort zusätzlich vereinbart – das ist jetzt für den Zusammenhang wichtig –, dass es im Wesentlichen Stillschweigen gibt, damit man in solch einer sensiblen Mate­rie vorankommt. Auch richtig! Ich habe nicht einmal bei uns alle informiert.

Was aber ist passiert? – Als anlässlich der Transparenzdatenbankdiskussion die völlig legitime politische Forderung von einzelnen Oppositionsparteien aufgetaucht ist, das doch auch zu betrachten – einfach nur einmal als politische Forderung, und es war ja völlig klar, dass das nicht über Nacht als Gesetz vom Himmel fällt –, und es wenigstens mit einem Entschließungsantrag hier vorwärtszubringen, war auf einmal in der Zeitung zu lesen: Aha, die Opposition brauche eigentlich nichts zu kommentieren, es gebe oh­nehin eine Arbeitsgruppe, die schon sehr weit vorangeschritten sei. – Das haben wir dann wieder gebraucht.

Es ist überhaupt nicht sicher, ob wir uns am Schluss einigen und ob das wirklich durch­gesetzt wird, aber in dem Moment, in dem das als relevanter politischer Beitrag zu einem Thema kommt, das ohnehin gerade im Haus ist, nimmt sich dies eine der beiden Regierungsparteien her, um die Journalisten zu informieren: Wir haben eine Arbeitsgrup­pe, wir kommen gut voran.

Dazu haben wir das aber nicht gebraucht, und seitdem verschweige ich mich öffentlich auch nicht mehr. Ich kenne das aus Regierungsverhandlungssituationen speziell auch mit Ihrer Seite, ob das jetzt in der Steiermark, in Graz ist oder auf Bundesebene: Es wird im Gremium Stillschweigen vereinbart, und wenn es Ihnen passt, spielen Sie es hin­ten seitlich heraus.

So geht das nicht! Das ist auch ein Motiv für diesen Entschließungsantrag, denn wir wer­den uns diese Methode nicht gefallen lassen. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt nenne ich Ihnen noch ein Beispiel: In der Steiermark – da gibt es ja nicht wenige Anlässe, über das Thema nachzudenken: Transparenz bei Parteispenden, wie das mit den Stiftungen ist et cetera et cetera – hat sich der Landtag auf Initiative der Opposition und des Kontrollausschussvorsitzenden aufgemacht, und man ist tatsächlich so weit gekommen, dass man auf parlamentarischer Ebene dort im Zusammenwirken mit dem Legislativdienst des Landtages ein fertiges Gesetz hat. Das hätten wir jetzt – vorges­tern war die letzte Sitzung des Landtags – noch verabschieden können.

Was ist passiert? – In der entscheidenden Ausschusssitzung haben die beiden Regie­rungsparteien, die sich ja mit jenen hier im Hause decken, Rot und Schwarz, das Gan­ze wieder versenkt, es ist nicht einmal mehr auf der Tagesordnung gewesen: Ein ferti­ges Gesetz wurde auf die Seite geschoben. Schauen wir, ob es in der nächsten Legis­laturperiode überhaupt noch einmal hervorgekramt wird. Auch das schürt unser Miss­trauen, das ist einfach nicht seriös.

Schlicht und ergreifend geht es mir darum, dass jetzt Sie, meine Damen und Herren von ÖVP und SPÖ, dazu Stellung nehmen und einfach einmal ein paar simple Fragen beantworten, um Ihnen da auf den Zahn zu fühlen.

Der Kern der Sache: 7 000 €, und darüber sofort veröffentlichen – und zwar sofort, wie im Deutschen Bundestag, wo das innerhalb von zwei Tagen auf der Homepage steht,


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nicht irgendwo, wo man kompliziert nachschauen muss – ist das Wichtigste. Das ist klar. Die Spendenwäsche muss verboten werden, denn sonst, wenn ich alles umschiffen kann, ist alles, was wir an 20 Punkten machen, umsonst. Da möchte ich ein klares Bekennt­nis haben.

Da Sie sich ja jahrelang geziert haben – seit ich in diesem Haus bin, verfolge ich das Thema –, erlaube ich mir, an Sie die Frage zu stellen – und vielleicht nimmt jemand von der ÖVP darauf Bezug, Sie kommen ja dann ohnehin zu Wort –: Wie viel Geld ha­ben Sie über die Spendenwäsche, die Industriellenvereinigung, in den letzten Jahren bezogen? 2002 hat Lorenz Fritz, der damalige Generalsekretär der Industriellenvereini­gung, klipp und klar ... (Abg. Kopf: Das ist ungeheuerlich!) Hören Sie genau zu, das ist nämlich zu hören und nicht unerhört! Zu hören ist das!

Sie brauchen nur im „profil“ nachzulesen, wo der Generalsekretär der IV selber sagt, dass er so vorgeht. Das ist eine Serviceleistung der Industriellenvereinigung – na su­per, so weit sind wir schon –, eine Großspendenwaschanlage! In Deutschland gehen Sie dafür ins Kittchen, also rufen Sie da nicht dazwischen. Das sollte auch in Öster­reich der Fall sein.

Jetzt frage ich Sie: Wie viel Geld haben Sie von der Industriellenvereinigung in den letzten zehn Jahren bekommen? Wie viel Geld haben Sie von Raiffeisen bekommen? Wie viel Geld haben Sie von der Ersten Bank bekommen? Mir würden ja schon nur diese drei Institutionen reichen. Also bitte vormerken: Industriellenvereinigung, Raiffei­sen und Erste Bank. (Beifall bei den Grünen.)

An die SPÖ richte ich die Frage, wie viel Geld in den letzten zehn Jahren seitens der Gewerkschaft in die Parteikassa geflossen ist, auch über Fraktionsgelder, und welche Rolle die BAWAG in diesem Kontext gespielt hat.

Und wenn ich mir die Steiermark anschaue – es ist zwar nicht meine Rolle hier gewe­sen, das zu thematisieren, das hat immer die FPÖ oder Kollege Grosz vom BZÖ ge­macht (Zwischenruf des Abg. Grosz) –, muss ich sagen: Sie sollten schon einmal dazu Stellung nehmen, dass die Stiftungskonstruktion in der Steiermark in der Tat keine Steu­erschonungsgeschichte ist, sehr wohl aber die beste Organisation, um Geldströme zu verschleiern. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Wer zahlt die Voves-Plakate? – Es sind mehr, als Kim Il Sung in Nordkorea zur Verfü­gung hat. (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

16.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kräuter zu Wort. 5 Minuten Redezeit für alle Redner, die nun zu Wort kommen. – Bitte.

 


16.00.39

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Der sonst eher argumentationssichere Werner Kogler hat heute wirklich seine liebe Not gehabt, diesen Entschließungsantrag auch nur irgendwie zu argumentieren.

Ich habe am Vormittag geglaubt, dass ich ein Hitzeopfer bin, als ich das gesehen habe, denn: Ist an Frau Glawischnig, die die Erstunterzeichnerin ist, völlig vorbeigegangen, dass die Bundesgeschäftsführer und Generalsekretäre seit Wochen und Monaten ver­handeln, dass Experten gehört werden, dass es Zeitpläne gibt, dass das sehr konkret ist?

Ein ganz besonderes Pech für die Grünen ist, dass es ausgerechnet heute wieder eine Verhandlungsrunde mit Fortschritten gegeben hat – übrigens entlang einer Agenda der Grünen. Das muss man bei dieser Gelegenheit auch einmal erwähnen.


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Der Inhalt ist vertraulich, keine Frage, aber ich lasse es mir nicht nehmen, dass es poli­tische Positionierungen der Parteien gibt. Aber das, was in den Verhandlungen an kon­kreten Fortschritten erzielt wurde, das ist, dazu stehe ich, vertraulich.

Noch ein kurzes grundsätzliches Wort, weil das dazugehört: Bei der Bezügedebatte, als es um die Nulllohnrunde ging, argumentierte Kollege Pilz ja nicht ganz unrichtig, wofür wir bezahlt werden. Er sagte: für ein selbstbewusstes, für ein selbstbestimmtes Arbeitsparlament. – Und dann gibt es in einer Materie Parteienverhandlungen, wir sind da auf einem guten Weg, und dann staubt die Klubobfrau der Grünen mit einem Antrag dazwischen, dass die Bundesregierung die Arbeit des Parlaments übernehmen soll. Das ist ja wirklich so etwas von einem Eigentor, wie ich es nur selten in diesem Haus erlebt habe.

Frau Glawischnig – einen schönen Gruß an sie – soll sich bei ihrem Stefan Wallner, dem Bundesgeschäftsführer, der da sehr engagiert arbeitet, inhaltlich erkundigen. Und schon ihm zuliebe werden wir diesem Antrag nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.02.28

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Ich kann eigentlich nur das unterstreichen, was mein Vor­redner hier gesagt hat.

Kollege Mag. Kogler hat hier zu Recht darauf hingewiesen, dass die Parteiengesprä­che zu diesem Thema sehr gut laufen und Fortschritte erzielt werden. Daher wäre es, glaube ich, nur störend, wenn wir meinen, über den Sommer da einen Zeitdruck auf­bauen zu müssen.

Ich bin auch dafür, dass da seriös, in Ruhe, so wie bisher weiterberaten werden soll. Wenn dann Ergebnisse vorliegen, werden wir sie selbstverständlich gerne umsetzen. (Abg. Mag. Kogler: Was ist mit Raiffeisen?)

In diesem Sinne, Mag. Kogler, bitte jetzt keine Hektik, keine Vorwürfe von Geldwäsche. (Abg. Mag. Kogler: Das wäre nur wegen der Industriellenvereinigung!) Ich kenne Sie, Kollege Kogler, aus dem Finanzausschuss als sehr konstruktiven Gesprächspartner – im Plenum ist es immer ein bisschen anders, das weiß ich schon, da macht man ein biss­chen eine Show, das gehört dazu.

Aber ich sage noch einmal: Wir warten die Parteiengespräche, die sehr konstruktiv ge­führt werden, ab. Wenn Ergebnisse vorliegen, werden wir sie umsetzen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kickl. – Bitte.

 


16.03.36

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Antworten meiner beiden Vorredner, die eigentlich Nicht-Antworten waren, sind schon ein sehr starkes Indiz dafür, dass es notwendig ist, in der Frage der Parteientransparenz ein bisschen Druck zu machen. (Zwischenruf des Abg. Petzner.)

Man hat schon manchmal den Eindruck, dass man bei den Ankündigungen den Turbo drinnen hat und bei der Umsetzung dann im Kriechgang unterwegs ist. Das ist die Stra­tegie von SPÖ und ÖVP.


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Wenn man sich die Entwicklung anschaut, die es rund um die Transparenzdatenbank gegeben hat, stellt man fest, dass von ganz Österreich verlangt wird, die Hosen bis zum Knöchel runterzulassen, dass aber Rot und Schwarz, wenn es um die eigene Par­teienfinanzierung geht, nichts anderes zu tun haben, als die Hosen über den Nabel hi­naufzuziehen. Und diese beiden Dinge passen nicht zusammen!

Wir bekennen uns dazu, dass es Transparenz in diesem Bereich braucht. Es kann nicht sein, dass man Aktivitäten wie in der Steiermark setzt, wo man unter dem Deck­mantel der Gemeinnützigkeit nichts anderes betreibt als Steuerflucht. Es kann nicht sein, dass sich innerhalb des ÖVP-Klubs eine eigene Fraktion, eine Raiffeisen-Fraktion bildet (Abg. Rädler: Hallo!) und Raiffeisen aus dieser Fraktion – diese Fragen können Sie uns ja noch beantworten; Sie können gleich zum Rednerpult kommen – offen­sichtlich Vorteile zieht. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Sie können doch niemandem erklären, dass Raiffeisen so blöd ist und sich hier herinnen ein paar Leute hält, ohne einen Vorteil daraus zu haben.

Aber gehen Sie doch hier vom Rednerpult aus einmal auf diese Fragen ein. Die Ant­wort darauf sind Sie ja schuldig geblieben. (Zwischenruf des Abg. Petzner.)

Um auf die SPÖ zu sprechen zu kommen: Es ist ja auch sehr interessant, einmal zu schauen, wie es in der SPÖ Wien ausschaut. Es würde mich durchaus interessieren, welche Firmen, in denen die SPÖ Wien über diverse Beteiligungskonstruktionen die Finger drinnen hat, dann von derselben SPÖ Wien in der Gestalt der Gemeinde Wien dadurch profitieren (Zwischenruf des Abg. Rädler), dass sie Aufträge zugeschanzt be­kommen, und wie viel Geld an Personalkosten in Bereiche fließt, wo in diversen Ver­einen, die mit öffentlichen Geldern finanziert werden, die ideologische Drecksarbeit der SPÖ erledigt wird, und der Steuerzahler dann für diese Arbeit der SPÖ zahlen muss. Es wäre interessant, das zu wissen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Mag. Kog­ler. – Zwischenruf der Abg. Mag. Rudas.)

Ich glaube, dass dieser Vorstoß, für den diese Gruppe sehr, sehr ambitioniert arbeitet, wichtig ist. Im Grunde genommen ist das nicht besonders schwierig, man muss sich nur entlang dem Parteiengesetz bewegen – das ist eine Ansammlung von Schwach­stellen. Man darf dabei aber nicht vergessen, auch die Konstruktionen, die Sie sich über Jahre und Jahrzehnte einzig und allein zu dem Zweck der Querfinanzierungen und der Verschiebungen errichtet haben, in diesen Transparenzgedanken mit hineinzunehmen. Eine Liste, wer wie viel wem direkt gespendet hat, ist auch wichtig, aber mit dieser ist es nicht getan. Da geht es um ganz andere Mechanismen, die es zu zerschlagen gilt.

Abschließend noch ein Wort, weil mir das wichtig ist: Es geht auch darum, eine unheil­volle Tendenz im Zusammenhang mit der Frage der Verwendung von Parteigeldern, der Finanzierung von Parteien abzuwehren, nämlich – und da sind leider auch die Grü­nen mit dabei; es sind die Roten mit dabei – inhaltliche Kontrolle ausüben zu wollen und über inhaltliche Kriterien definieren zu wollen, ob alles rechtens ist mit den Geldern von Parteien. Das ist eine Entwicklung, die, sage ich Ihnen, in die falsche Richtung geht. Das kann in Wirklichkeit niemand von uns wollen. Wie wir Politik machen und welche Inhalte wir definieren, das soll immer noch Angelegenheit der jeweiligen Partei bleiben. (Beifall bei der FPÖ.)

16.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Mu­siol. – Bitte.

 


16.07.05

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Herr Kollege Kräuter, Ihre Argumentation hinkt. Der Antrag ist ein halbes Jahr alt – er ist vom Jänner 2009 –, und wir befinden uns


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in einer Kurzdebatte über einen Fristsetzungsantrag. Und dieser Fristsetzungsantrag sagt nichts anderes, als dass wir vorgeschlagen haben, dass dieser Antrag bis Ende Septem­ber vorgelegt werden soll.

Niemand hat hier behauptet, dass diese Arbeitsgruppe nicht arbeitet und nicht kons­truktiv arbeitet. Das, was Kollege Kogler schon ausgeführt hat, und das möchte ich noch einmal verstärken, ist, dass wir auf verschiedenen Ebenen schon die Erfahrung ge­macht haben, dass es das eine ist, etwas anzukündigen, etwas zu verhandeln, und das andere, das dann auch tatsächlich in Maßnahmen und Gesetzen umzusetzen. Diesbe­züglich ist unser Vertrauen ein enden wollendes. Und deshalb auch dieser Fristsetzungs­antrag.

Es ist tatsächlich überhaupt nicht zu erklären – da kann ich dem Kollegen Kickl aus­nahmsweise einmal beipflichten –, warum man – da spreche ich hauptsächlich die ÖVP an – ein unglaubliches Tempo und eine unglaubliche Leidenschaft in der Argumenta­tion an den Tag legt, warum eine Transparenzdatenbank notwendig ist, bei der offen­gelegt wird, was unsere Bürgerinnen und Bürger da erhalten, und ein unglaubliches Schneckentempo und eine unglaubliche Gleichgültigkeit bis sozusagen eine Abwehr seit Jahren vorhanden sind, wenn es um die Frage geht, sich selbst, nämlich die Parteien transparent zu gestalten.

Wenn man mit diesem Antrag auf die Straße gehen und Herrn und Frau Österreicher, wie man so gerne sagt, befragen würde, wie sie dazu stehen, dann würde es, meine ich, keine einzige Person geben, die aufgrund ihres Menschenverstandes da irgendein Problem sieht. Die meisten Leute würden wahrscheinlich sagen: Na logisch, wir müs­sen wissen, woher die Parteien ihre Gelder bekommen, denn wir wollen ja auch wis­sen, mit wem und wie sie verstrickt sind und auf welcher Grundlage sie unter Umstän­den ihre Entscheidungen treffen!

Vor diesem Hintergrund ist überhaupt nicht zu verstehen, dass da nichts weitergegan­gen ist – und deswegen dieser Fristsetzungsantrag.

Es ist so, dass wir in diesem Bereich ein Problem haben. Der Antrag und die Vorschlä­ge, die in dieser Gruppe der Parteisekretäre diskutiert werden, sind sehr detailliert aus­geführt. Und es ist auch so, dass es Menschen gibt wie beispielsweise den früheren Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Herrn Lorenz Fritz, der im „profil“ eben auch zugegeben hat – ich zitiere –:

„Ja, das gibt es auch, dass Mitglieder uns ersuchen, eine Geldspende anzunehmen“.

Es gibt also die Spendenwäsche, und es kann doch auch nur in Ihrem Interesse sein, hier zu zeigen, dass Sie diesbezüglich eine weiße Weste haben. Wenn Sie diese wei­ße Weste nicht hätten, dann erklärte sich natürlich Ihr Gebremse.

Ich kann nur enden mit einem Zitat des Kollegen Kogler – er hat das im Jänner beim Vorstellen dieses Antrages in einer Pressekonferenz gesagt –:

Die Kuh ist zu weit aus dem Stall, um sie wieder zurückzutreiben. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petzner. – Bitte.

 


16.10.41

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass manche Redner nicht rot werden – wie Herr Kickl –, wenn sie hier heraußen über Transparenz bei der Verwendung von Parteigeldern sprechen, das wundert mich ein bisschen. Aber das muss Herr Kickl für sich selbst beantworten und klären. (Zwischen­ruf des Abg. Mag. Stadler.)


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Faktum ist, dass die Einrichtung dieser Arbeitsgruppe sinnvoll ist.

Faktum ist auch – da muss ich dem Kollegen Kogler schon ein Kompliment ausspre­chen –, dass es vor allem zwei Parteien sind, die in dieser Arbeitsgruppe für mehr Transparenz, mehr Kontrolle in Sachen Parteienfinanzierung kämpfen. Das sind näm­lich das BZÖ und die Grünen.

Dass diese verschärften Bestimmungen notwendig sind, das möchte ich, meine Da­men und Herren, an drei aktuellen Beispielen kurz ausführen; drei Fälle, in denen auch die Staatsanwaltschaft wegen Fragen zur Parteienfinanzierung ermittelt.

Erster Fall: Kärntner Volkspartei. Dazu ist ein schöner Artikel im „profil“ erschienen, nämlich unter dem Titel: „Schwarz kassiert?“, wo sich ein anonymer Zeuge mit folgen­den Worten gemeldet hat. Zitat:

„,Martinz‘“ – ÖVP-Kärnten-Obmann – „,hat seinen privaten Steuerberater Dietrich Birn­bacher nur deshalb mit der Abwicklung der Verkaufsverhandlungen betraut, um über ihn illegale Parteienfinanzierung abzuwickeln.‘“ – Zitatende. (Zwischenruf des Abg. Hörl.  Abg. Grosz: Unfassbar!)

Zweites Zitat: „,... Martinz hat‘“ im Rahmen eines Gespräches „,über Abwicklung und Durchführung der Parteienfinanzierung gesprochen, und zwar mit einer Gelassenheit, als würde dies zum Tagesgeschäft eines Politikers gehören.‘“ – Zitatende. Das sagt die­ser Zeuge.

Drittes Zitat in diesem Zusammenhang: „,Er‘“ – Martinz – „,hat gesagt, er wolle das Schwarzgeld für den Landtagswahlkampf 2009‘“ der Kärntner ÖVP „,einsetzen.‘“ – Zi­tatende. Das sagt dieser anonyme Zeuge.

Herr Martinz ist, weil er damals vor dem Landesparteitag gestanden ist, ganz aufgeregt herumgelaufen und hat gesagt, all das seien bösartige Unterstellungen, er werde das sofort einklagen. – Damit hätte er ja die Möglichkeit, auch zu erfahren, wer dieser Zeuge ist. Und der Zeuge hat ja auch gesagt, Martinz solle klagen, um das vor Gericht zu klären.

Herr Martinz hat den Parteitag überstanden. Und was sagt er heute trotz dieser schwer­wiegenden Vorwürfe der illegalen Parteienfinanzierung? – Er wird nicht klagen, steht heute in der „Kleinen Zeitung“. Was hat Herr Martinz da zu verbergen? Was hat die Kärnt­ner Volkspartei da zu verbergen?

Erstes Beispiel, was die Verschärfung dieser Bestimmungen betrifft: eine verpflichten­de Offenlegung mit Namen und Adresse von Großspenden. Zweites Beispiel: ein Verbot anonymer Spenden über 500 €. Das sind Vorschläge, die wir gemeinsam mit den Grü­nen auch in dieser Arbeitsgruppe gemacht haben. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.)

Der zweite Fall betrifft – auch aktuell, das sieht man heute im „Kurier“ – die Herren und Damen von der FPÖ und der FPK. Auch da ermittelt die Staatsanwaltschaft, es geht um Untreue im Zusammenhang mit der Kärntner Parteienförderung.

Faktum ist, dass im November 2009, Herr Kickl, völlig überraschend 1,2 Millionen € Kärntner Steuergeld an die FPÖ Kärnten geflossen sind. Einen Monat später hat Herr Scheuch den Anschluss seiner Partei an Ihre Partei verkündet. Welcher Zusammen­hang da besteht, das ist die große Frage. Diese Frage ist vor allem deshalb berechtigt, weil von diesen 1,2 Millionen € Kärntner Steuergeld über eine Million € nach Wien ge­flossen ist in die Parteikasse der FPÖ Bundespartei. Das heißt, die Kärntner müssen einsparen, damit Sie in Wien Ihre Wahlkämpfe führen können. Das ist die Politik der FPÖ, das ist die „Sauberkeit“ – unter Anführungszeichen – der FPÖ, die Sie vorleben.

Ich darf Ihnen, auch wenn Sie lachen, einen Insider aus der FPÖ selbst nennen, der heute im „Kurier“ sagt: Das Geld und die Auszahlung des Geldes waren Bedingung für die Wiederaufnahme der ehemaligen Orangen, heute FPK, in Ihre Partei, die FPÖ. –


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Das ist die Wahrheit! Sie haben sich beziehungsweise Herr Scheuch hat sich von Ih­nen kaufen lassen. Das werden Sie noch vor dem Staatsanwalt, hier im Hohen Haus, aber auch noch vor dem Wähler erklären müssen, meine Damen und Herren von der FPÖ und auch von der FPK, die Sie zu dieser Causa schweigen! (Abg. Kickl: Vielleicht wirst du auch vorgeladen! Das ist durchaus möglich!)

Das dritte Beispiel, das ich noch kurz bringen darf, betrifft die Kärntner SPÖ, wo wir einen weiteren Wirtschaftsskandal haben. Die Kärntner Druckerei, die mehr als 120 Mi­tarbeiter hat, steht vor der Pleite, es droht der Konkurs – nicht nur, weil dort Misswirt­schaft geherrscht hat, nicht nur, weil dort Freunderlwirtschaft geherrscht hat, sondern auch deshalb, weil, wie mehrere Mitarbeiter berichten, Sachleistungen über diese Kärnt­ner Druckerei kostenlos in Richtung Kärntner SPÖ geflossen sind. (Abg. Grosz: Das ist illegale Parteienfinanzierung, wie bei der Stiftung, bei der BAWAG, beim „Konsum“!) Das heißt, auch da haben wir einen Fall von illegaler Parteienfinanzierung in Form von Sachspenden vorliegen, der am Ende dazu geführt hat, dass Mitarbeiter ihren Job ver­lieren und ein Kärntner Traditionsbetrieb vor dem Ruin steht. – Herr Kräuter, auch dies­bezüglich müssen Sie dann aufklären. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glocken­zeichen.)

Diese drei Beispiele zeigen, Transparenz und Kontrolle in Sachen Parteienfinanzierung sind dringend notwendig. Wir sind dazu bereit, denn wir vom BZÖ haben eine saubere Weste in dieser Frage. (Beifall beim BZÖ.)

16.15

16.15.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Kogler, Kolle­ginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den An­trag 945/A(E) betreffend „gläserne Parteikassen“ eine Frist bis 21. September 2010 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

16.16.39Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die Verhandlungen über den 11. Punkt der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

Ich mache darauf aufmerksam, nach einer weiteren Wortmeldung werden wir relativ zügig zur Abstimmung kommen. 

 


16.17.01

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Arzneimittelsicherheit und ‑qualität sind sicher ein zen­traler Grundpfeiler jeder guten Gesundheitspolitik. Man muss lobend erwähnen, dass mit diesem Gesetz ein großer Schritt in diese Richtung gemacht wird.

Es wird dem Internetshopping mit Arzneimitteln jedenfalls ein kräftiger Riegel vorge­schoben, wo im Internet bereits Arzneimittel gehandelt werden wie Lippenstifte, Label­los und Sonnencremen, denn das ist insofern gefährlich, als die Qualität dieser Arz­neimittel bezüglich der Qualität ihrer Inhaltsstoffe, der Menge ihrer Inhaltsstoffe maxi­mal variiert und dem Laien eine Kontrolle da natürlich nicht möglich ist und zweitens diese ja auch ohne Rezept versandt werden. Also ohne Indikation, ohne Diagnose wird einfach etwas genommen, und das kann man sich nicht wünschen.


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Bemerkenswert ist, dass hier dem Gesundheitsministerium einer der wenigen, aber wich­tigen Schritte gelungen ist, etwas im positiven Sinne zu zentralisieren, indem dem Bun­desamt für Sicherheit im Gesundheitswesen bei dieser Kontrolle und auch im Vollzug mehr Kompetenzen übertragen wurden und die Länder diese Kompetenzen abgeben werden. – Sie müssen wohl damit einverstanden sein, sonst würden wir das heute nicht beschließen.

Meine Frage geht in zwei Richtungen: Es steht in den Erläuterungen, dass die Kosten nicht sehr hoch sein werden, da pro Antrag nur 90 Minuten Zeit verwendet werden. Ich verstehe das nicht ganz. Liest man sich da nur den Antrag durch, oder werden dann auch Proben bei diesen Arzneimitteln genommen und diese analysiert, denn dann wird das in 90 Minuten nicht zu machen sein? Das war meine Frage.

Und wenn bis jetzt die Länder hierüber entschieden haben, würde mich auch noch in­teressieren, wie sie das gemacht haben, da kein Landeshauptmann/keine Landeshaupt­frau, glaube ich, PharmazeutIn ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister Stöger hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.19.30

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich denke, mit dem Arzneiwareneinfuhrgesetz leisten wir wieder einen großen Beitrag dazu, dass Patientinnen und Patienten die richtigen Medikamente einnehmen, dass die Sicherheit der Medikamente in Österreich auch in Zukunft gegeben ist.

Wir konnten sicherstellen, dass wir eine neue Gliederung der Produktgruppen vorneh­men. Das erleichtert das Auffinden von Problemstoffen. Wir haben auch die Human­impfstoffe einbezogen. Wir konnten Begrifflichkeiten klären, damit die Kontrolle verbes­sert werden kann. Wir haben Meldefristen verkürzt.

Was ganz wichtig ist – Abgeordneter Grünewald hat es angesprochen –: Zentralisierung ist notwendig, damit es eine zentrale Ansprechstelle im Gesundheitswesen gibt, näm­lich das Bundesamt für Sicherheit, das den Markt auch kontrollieren kann. Es ist wich­tig, dass wir eine Verwaltungsvereinfachung zur besseren Kontrolle zustande bringen. Die Kontroll- und Überwachungsbefugnisse verbessern sich dadurch.

Ganz zentral ist, dass Medikamente nicht über das Internet eingeführt werden. Ich möchte hier noch einmal dazu aufrufen: Medikamente sollen über die Vertriebswege, die wir vorgesehen haben – über die Apotheken, in den Krankenanstalten, bei den nie­dergelassenen Allgemeinmedizinern mit Hausapotheke –, bezogen werden. Alles an­dere ist gefährlich. Wir werden auch die Öffentlichkeit immer wieder darüber aufklä­ren. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter List. – Bitte.

 


16.21.28

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Gesundheitsminister! Ge­schätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ein paar Anmerkungen von meiner Seite zur Notwendigkeit dieses Gesetzes.

Sie wissen ja alle, die meisten Menschen sind sich leider nicht bewusst, welch hohen Risiken und Gefahren sie sich aussetzen, wenn sie gefälschte Arzneimittel verwenden. Martin Bartenstein weiß das sicherlich, dass die Erkrankungen nach der Einnahme von gefälschten Arzneimitteln steigen werden. Ich glaube, die Folgekosten werden das oh­


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nehin bereits marode Gesundheitssystem sicherlich enorm belasten. Diese gefährliche Entwicklung im Gesundheitsbereich muss deshalb eingeschränkt und bekämpft werden.

Ein erster Schritt in Richtung dieser Bekämpfung ist natürlich jetzt dieses Arzneiwaren­einfuhrgesetz. Dieses Arzneiwareneinfuhrgesetz schafft die entsprechenden Rahmen­bedingungen. Es wird hier im Hohen Haus im Konsens aller fünf Parteien gemeinsam beschlossen werden.

Gleichzeitig aber, geschätzte Damen und Herren, fordert das BZÖ eine Präventivmaß­nahme von Ihnen, Herr Bundesminister. Sie haben es ganz kurz angekündigt. Herr Bundesminister, Sie müssen in Ihrem Ressort eine öffentlichkeitswirksame Kampagne starten – eine Kampagne ohne Eigenwerbung. Die Kampagne muss zum Inhalt haben, dass die Bürger informiert werden, also eine Information für die Bürger über die Folgen und Nebenwirkungen des Konsums von illegalen Arzneimitteln.

Es ist wichtig, dass die Bürger wissen, dass sie beim Konsum von Fälschungen ihre eigene Gesundheit gefährden. Hände weg von gefährdenden und gefälschten Arznei­mitteln! Dabei haben Sie die Unterstützung des BZÖ. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall beim BZÖ.)

16.23

16.23.26

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort wird seitens des Herrn Berichterstatters nicht gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 773 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

16.24.01Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 6 bis 8

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den verlegten Abstim­mungen über die Tagesordnungspunkte 6 bis 8, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6, den Entwurf eines Bundesgesetzes zur Stärkung der ambulanten öffentlichen Gesundheitsversorgung in 853 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Oberhauser, Dr. Rasinger, Dr. Karlsböck, Dr. Grü­newald, Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Ursula Haub­ner vor.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatzantrag und dann über die vom erwähnten Abänderungsantrag sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 166

Die Abgeordneten Dr. Oberhauser, Dr. Rasinger, Dr. Karlsböck, Dr. Grünewald, Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung neuer Absätze 7 und 8 in Art. 1 Z 27 § 230 bezieht.

Wer sich für diesen Zusatzantrag ausspricht, den ersuche ich um ein bejahendes Zei­chen. – Das ist einstimmig angenommen.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Oberhauser, Dr. Rasinger, Dr. Karlsböck, Dr. Grünewald, Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag betreffend Art. 1 Z 12, Art. 2 Z 3 sowie Art. 3 Z 19 eingebracht.

Bei Zustimmung zu diesen Abänderungen bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Art. 4 Z 1 in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Oberhauser, Dr. Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundes­gesetz zur Stärkung der ambulanten öffentlichen Gesundheitsversorgung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 113.)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Oberhauser, Dr. Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der Kosten für die Unfallversicherung von Kindern im verpflichtenden Kindergartenjahr.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 114.)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Oberhauser, Dr. Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung der Sachleistungsversorgung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben, um ein Zei­chen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 115.)

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Strutz, Kolleginnen und Kollegen betreffend angedrohte Spitalsschließun­gen.

Dazu ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Da dieses Verlangen von 20 Ab­geordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen.

Ich gehe daher folgendermaßen vor: Die Stimmzettel, die zu benutzen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordnetenpulte und tragen den Namen der Abgeordneten so­


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wie die Bezeichnung „Ja“ – das sind die grauen – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosafarbenen Stimmzettel. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtli­chen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Strutz, Kolleginnen und Kollegen betreffend angedrohte Spitalsschließungen stim­men, „Ja“-Stimmzettel, und jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Ur­ne zu werfen.

Ich bitte nun den Herrn Schriftführer Abgeordneten Zanger, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer wird ihn später ablösen. – Bitte, Herr Ab­geordneter.

*****

(Über Namensaufruf durch den Schriftführer Zanger beziehungsweise die Schriftfüh­rerin Mag. Lohfeyer werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Zu diesem Zwecke unterbreche ich die Sitzung für einige Minuten.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 16.34 Uhr unterbrochen und um 16.38 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Abgegebene Stimmen: 157; davon „Ja“-Stimmen: 41, „Nein“-Stimmen: 116.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Strutz, Kolleginnen und Kollegen ist so­mit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Belakowitsch-Jenewein;

Deimek, Dolinschek, Doppler;

Gartelgruber, Gradauer, Graf;

Hackl Heinz-Peter, Haider, Haubner Ursula, Herbert Werner, Höbart Christian, Huber Gerhard, Hübner Johannes;

Jury;


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Karlsböck, Kickl, Kitzmüller, Königshofer, Kunasek;

Lausch, Linder, List, Lugar Robert;

Mayerhofer, Mühlberghuber;

Petzner;

Rosenkranz;

Schenk, Stadler Ewald, Stefan, Strache, Strutz;

Tadler Erich;

Unterreiner;

Vock;

Weinzinger Lutz, Widmann Rainer, Windholz, Winter;

Zanger.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Binder-Maier, Brosz Dieter, Brunner Christiane;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Donnerbauer Heribert, Durchschlag;

Eßl;

Faul, Fazekas, Franz, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartlehner, Gaßner, Gessl-Ranftl, Glaser, Grillitsch, Grünewald;

Haberzettl, Hagenhofer, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Haubner Peter, Hechtl, Hell, Hö­finger, Höllerer, Hörl, Hornek, Huainigg;

Jarmer, Jarolim;

Kaipel, Kapeller, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Klikovits, Kogler, Königsberger-Ludwig, Kopf, Korun, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lettenbichler, Lichtenecker, Lipitsch, Lohfeyer, Lueger Angela;

Maier Johann, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Molterer, Moser, Muchitsch, Mu­siol, Muttonen;

Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer;

Pack, Pendl, Pirklhuber, Plassnik, Plessl, Prammer, Praßl, Preiner, Prinz;

Rädler Johann, Rasinger, Riepl, Rudas;

Sacher, Schatz, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schönpass Ro­semarie, Schopf, Schultes, Schüssel, Schwentner, Silhavy, Singer, Spindelberger, Stau­ber Peter, Steibl Ridi Maria, Steindl Konrad, Steinhauser, Steßl-Mühlbacher, Stumm­voll;

Tamandl;

Van der Bellen;

Walser, Weninger Hannes, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm;

Zinggl.

*****

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weiters gelangen wir zur verlegten Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7. (Unruhe im Saal.) – Meine Damen und Herren, wir befin­den uns in einem Abstimmungsvorgang!

Wir gelangen zur verlegten Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7, über den An­trag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 854 der Beilagen zur Kenntnis zu neh­men.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur verlegten Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8 betref­fend den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 855 der Beilagen zur Kennt­nis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

16.40.04 12. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1159/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Sabine Oberhauser, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend die Ermöglichung der Tätigkeit von SportwissenschafterInnen im therapeu­tischen Bereich (856 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1117/A(E) der Abgeordne­ten Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verankerung der Sport­wissenschafterInnen im MTD-Gesetz (857 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangen wir zu den Punkten 12 und 13 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein zu Wort. – Bitte.

 


16.40.46

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es geht jetzt um zwei Anträge, die sich mit den SportwissenschafterInnen beschäftigen. Dazu gibt es zunächst den Ent­schließungsantrag der Abgeordneten Oberhauser und Rasinger, die gerne möchten, dass die SportwissenschafterInnen nicht nur mit Gesunden ein Training ausführen dür­fen, sondern auch mit Kranken, mit Patientinnen und Patienten, was bis dato nicht wirk­lich möglich ist beziehungsweise in einem Graubereich zwar schon gemacht worden ist, aber noch auf keiner gesetzlichen Grundlage steht.

Dies ist ein Antrag, der prinzipiell sehr gut und auch sehr sinnvoll ist; es gibt aber zur sel­ben Thematik einen oppositionellen Antrag des BZÖ, der ein bisschen weiter geht, der nämlich diesen SportwissenschafterInnen auch noch eine gesetzliche Grundlage und Handhabe geben möchte. Er möchte sie nämlich in dieses MTD-Gesetz einfügen, und das halte ich auch für sehr sinnvoll. Ich kann daher nicht ganz verstehen, warum die Regierungsparteien dem nicht zustimmen. Es macht relativ wenig Sinn zu sagen, ja, wir machen jetzt einen Antrag, dass SportwissenschafterInnen in Zukunft mit den Ärz­ten und Physiotherapeuten zusammenarbeiten dürfen, das Ganze aber ohne gesetzli­chen Rückhalt. Es ist irgendwie ein halbes Gesetz, das die Kollegen Rasinger und Ober­


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hauser da einbringen; und dem zweiten Teil, der eigentlich noch das sinnvollste Binde­glied dazu wäre, dem wird dann nicht zugestimmt. Das ist mir nicht ganz verständlich.

Wir sind natürlich für beide Anträge. Wir werden einerseits dem Entschließungsantrag Oberhauser/Rasinger zustimmen, wir würden aber auch dem BZÖ-Antrag zustimmen und werden daher dem negativen Ausschussbericht natürlich nicht unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der FPÖ.)

16.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser zu Wort. – Bitte.

 


16.42.34

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Frau Dr. Belakowitsch, Sie haben gesagt, der BZÖ-Antrag geht weiter, weil er zum MTF-Gesetz hingeht.

Unser Antrag geht weiter, weil wir eine gesetzliche Regelung haben wollen, und zwar eine gesetzliche Regelung, die auch eine Zusatzausbildung der Sportwissenschafterin­nen und Sportwissenschafter ermöglicht. Derzeit sind sie nämlich ausgebildet für die Arbeit am Gesunden, arbeiten aber am Kranken, dem zu Rehabilitierenden, und genau da wollen wir einhaken: Wir wollen schauen, dass wir sozusagen mit einem neuen Be­ruf, wie auch immer der zu gestalten ist, eine Mittelstellung zwischen Physiotherapeu­ten und SportwissenschafterInnen, eine Einbeziehung der SportwissenschafterInnen, er­möglichen. Und wir wollen auch ein Gesetz, denn wir wollen die in diesem Bereich Tä­tigen natürlich nicht im rechtsfreien Raum „herumlagern“ lassen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Aber es steht nichts drinnen! – Abg. Dr. Oberhau­ser auf dem Weg zu ihrem Sitzplatz : Oja: Gesetzliche Regelung!)

16.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grü­newald. – Bitte.

 


16.43.00

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! SportwissenschafterInnen sind natürlich gute WissenschafterInnen, aber sie sind auch sehr gut vernetzt. Wir haben eine Fülle von Mails von ihnen bekom­men, auch von den sportwissenschaftlichen Instituten, in denen sie ihre Anliegen erläu­tert haben.

Es stimmt, SportwissenschafterInnen und -wissenschaftern wird während des Studiums eine Reihe von Kompetenzen im Bewegungstraining und Leistungsbereich vermittelt, mehr als den spezifischen Berufsgruppen der PhysiotherapeutInnen entsprechende Stun­den für Training für Leistungs- und Bewegungsfortschritte. Was aber Sportwissenschaf­terInnen vergessen haben: dass die PhysiotherapeutInnen sechs Semester durchge­hend medizinischen Unterricht haben, wobei der Trainingsteil und der Leistungsteil nur einen Bruchteil ausmachen.

Das heißt, wenn man solche Gesetze verändert – und da verstehe ich das Ministerium schon –, werden möglicherweise Ängste bei einer seit Jahren bestehenden, sehr re­nommierten und gut, ja, bestausgebildeten Berufsgruppe ausgelöst, die natürlich Sorge hat, vom Markt weniger – sagen wir es ganz offen – an „Kuchen“ zu ergattern. Darum hätte auch ich eher offen gelassen, in welcher Gesetzesmaterie das geregelt wird, weil eben die PhysiotherapeutInnen ihre Gesetze wahrscheinlich nicht gern freiwillig ändern lassen würden.

Insgesamt finde ich es aber gut, denn wenn sich die Kompetenzen der Sportwissen­schafterInnen mit denen der PhysiotherapeutInnen gegenseitig und wechselseitig ergän­


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zen, ist das zum Vorteil der Patientinnen und Patienten. Interessant war aber, wie lange das sozusagen durchaus Usus war, obwohl es dem Gesetz widersprochen hat. Selbst renommierte Institutionen, auch der öffentlichen Hand, haben diese Leute angestellt, wohl wissend, dass es an und für sich nicht erlaubt ist.

Das heißt, wenn man hier eine Regelung macht, hilft man allen, vor allem jenen, die in der Rehab sind und diese Kompetenz gut brauchen könnten. Man hilft auch den Phy­siotherapeutInnen, weil sie sozusagen eine weitere Gruppe zum Dialog haben. Und das sollte eigentlich genügen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

16.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Durch­schlag. – Bitte.

 


16.46.13

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann nahtlos an die Ausführungen des Kol­legen Grünewald anschließen. Wir haben in Österreich ein Gesundheitssystem, das zu Recht als eines der besten der Welt bezeichnet wird, und das nicht nur, weil es einen gesicherten Zugang zu den Leistungen des Systems gibt, sondern weil die Leistungs­erbringung im Sinne der Patientensicherheit auch sehr gut geregelt ist. Patienten be­handeln darf jene Berufsgruppe, die die entsprechende Ausbildung hat. Das sind ne­ben den Ärzten auch die MTDs, Pflegeberufe, Heilmasseure et cetera.

Wir PhysiotherapeutInnen zum Beispiel haben neben der Anatomie, der Bewegungs­lehre, den therapeutischen Konzepten unter anderem auch eine fundierte Ausbildung in Pathologie, weil wir ja wissen müssen, um welche Krankheiten es sich handelt, wenn wir behandeln wollen, und weil sich die Patienten darauf verlassen können müssen, dass wir wissen, was wir ihnen in der Therapie zumuten können, wenn wir Leistung von ihnen verlangen. Das haben beispielsweise die Sportwissenschafter nicht.

Daher unterscheiden sich in diesem Punkt beide Anträge fundamental. Der Antrag des BZÖ würde schließlich und endlich bedeuten, dass der Beruf der Sportwissenschafter ohne Wenn und Aber in ein System, bei dem die Patientensicherheit gut geschützt ist, übernommen werden würde, also auch ohne die entsprechende Ausbildung, die aber Vo­raussetzung für qualitätvolle Patientenbehandlung ist.

Um hier nicht missverstanden zu werden: Die Ausbildung zum Sportwissenschafter ist eine hervorragende. Sie eignet sich wunderbar, um mit Gesunden zu arbeiten, um mit Menschen im Sport zu arbeiten, um in der Prävention und in der Gesundheitsförderung eingesetzt zu werden. Die Arbeit mit Patienten erfolgt aber unter anderen Vorausset­zungen. Nicht umsonst müssen jene Berufsgruppen, die mit Patienten arbeiten, wäh­rend der Ausbildung auch ein sehr umfassendes Berufspraktikum absolvieren. Und auch das ist ein Punkt, der im Studium der Sportwissenschafter fehlt.

Das heißt, der Ansatz im Antrag der Kollegen Rasinger und Oberhauser, auch die Aus­bildung zu reformieren, ist ein sehr richtiger und gewährleistet die Patientensicherheit. Mir ist es wichtig, dass er auch in Zusammenarbeit und in Absprache sowohl mit den Ärz­ten als auch mit den Physiotherapeuten erfolgt.

Was Herr Dr. Grünewald auch schon angesprochen hat: Es würde mich schon sehr wundern, wenn man das nach 20 Jahren sozusagen illegaler Arbeit plötzlich ohne Wenn und Aber legalisiert und sagt: Ja, es ist eh nichts passiert, wir machen das. – Das könn­ten wir uns dann vielleicht, wenn man einmal zu schnell Auto fährt, auch überlegen.

Es gibt noch ein Argument, wenn es heißt, es gibt zu wenige PhysiotherapeutInnen, die diese Arbeit machen: Es liegt in unserer Hand, in der Hand des Gesetzgebers. Wir sind ja die, die über die Zahl der ausgebildeten PhysiotherapeutInnen entscheiden. Und


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das Studium der Sportwissenschafter ist nicht reglementiert. Daher können wir darüber entscheiden und können sagen, wir nehmen mehr Physiotherapeuten auf. – Danke. (Bei­fall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Oberhauser.)

16.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lu­gar. – Bitte.

 


16.49.13

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir werden für dieses Gesetz stimmen, denn endlich bekommen die Sportwissenschafter eine soli­de Grundlage, eine gesetzliche Grundlage für ihre wertvolle Tätigkeit. Wir haben dafür jahrelang gekämpft. Jetzt wird es endgültig umgesetzt. Da sehen wir es auch nicht wirklich als problematisch an, dass Herr Abgeordneter Gaßner sich das auf seine Fah­nen heftet, dass die Regierungsfraktionen hier einen eigenen Antrag machen. Wir sind gern Ideenlieferant, wir machen das immer wieder gerne. Uns geht es darum, dass die Dinge endlich umgesetzt werden.

In diesem Fall ist es ganz, ganz wichtig, dass die Sportwissenschafter, die wirklich sehr große Verdienste in der Therapie haben, endlich nicht mehr im rechtsfreien Raum ar­beiten müssen.

Deshalb würde ich Sie bitten, auch in Zukunft öfter unsere Anträge zu kopieren, damit endlich in der Sache etwas weitergeht. – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ.)

16.50

16.50.01

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird seitens der Berichterstatter keines gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 856 der Beila­gen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 116.)

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschus­ses, seinen Bericht 857 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

16.51.20 14. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 749/A(E) der Abgeord­neten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines Gesundheitsförderungs- und Präventionsgesetzes (858 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 804/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stu­die zur Erhebung der Inzidenz bei Speicheldrüsentumoren (859 d.B.)

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 14 und 15 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem geführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein zu Wort. – Bitte.

 


16.51.55

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es handelt sich hierbei um zwei An­träge, die sich letztlich beide in einer gewissen Weise mit der Prävention beschäftigen.

Zunächst einmal möchte ich ganz kurz auf den Antrag des Kollegen Grünewald be­treffend Schaffung des Gesundheitsförderungs- und Präventionsgesetzes einge­hen – ein Antrag, der schon sehr, sehr lange im Ausschuss gelegen ist, immer wieder vertagt worden ist, bis er jetzt letztlich abgelehnt wird, was mir völlig unverständlich ist, zumal Sie, die beiden Regierungsparteien, in Ihrem Regierungsprogramm festgeschrie­ben haben, dass die Prävention einen höheren Stellenwert bekommen soll.

Offensichtlich war es Ihnen zu blöd, dass dieser Antrag dauernd auf die Tagesordnung gekommen ist, sodass Sie jetzt gesagt haben, jetzt tun wir ihn einmal ganz weg, damit er als erledigt gilt – koste es, was es wolle. Das finde ich sehr schade, denn ich glaube, das wäre einmal ein sinnvoller Antrag gewesen, der sich in Wirklichkeit mit dem deckt, was Sie auch fordern.

Der zweite Antrag ist mein Antrag. Da geht es um eine Studie zur Erhebung der Inzi­denz bei Speicheldrüsen-Tumoren. Es gibt eine solche Studie aus Israel. Es wäre interessant gewesen, ob das auch für Österreich zutreffend ist, also ob seit Beginn des sogenannten Handy-Zeitalters ein Anstieg an Ohrspeicheldrüsen-Tumoren feststellbar ist. Man hätte daraus vielleicht Schlüsse ziehen können, vielleicht auch nicht.

Mir ist nicht ganz klar, warum man nicht einmal eine Studie darüber durchführen möch­te. Ich habe das nicht ganz verstanden. Auch die Begründung Ihrer Ablehnung war mir nicht ganz klar, zumal ich glaube, dass die Gesundheitsprävention – und auch das würde ja vielleicht dann Präventionsmöglichkeiten nach sich ziehen – doch etwas ist, das uns allen wichtig sein sollte. Immerhin wissen wir, dass heute schon kleine Kinder mit dem Handy telefonieren. Ich glaube, das ist etwas, was uns in Zukunft noch viel mehr belasten wird, und es wäre sinnvoll gewesen, das vielleicht schon jetzt abzuklä­ren. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

16.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Ing. Kaipel zu Wort. – Bitte.

 


16.53.59

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Mei­ne Damen und Herren! Der Antrag 749/A(E) verlangt die Schaffung eines Gesundheits­förderungs- und Präventionsgesetzes und sieht ein Einsparungspotenzial von 3,7 Milli­arden €.

Keine Frage: Prävention ist im Gesundheitssystem ein wichtiges Thema. Prävention ist auch für unseren Gesundheitsminister ein wichtiges Thema, so wie für unsere Regie­rung insgesamt, daher ist Prävention ja auch Thema im Regierungsübereinkommen.

Unser Gesundheitssystem misst der Gesundheitsförderung und Prävention hohe Be­deutung zu. Es gibt bereits jetzt eine große Anzahl von Maßnahmen in diesen Berei­chen. Das beginnt bei Maßnahmen der Unfallversicherung und geht über Leistungen der Kranken- und Pensionsversicherungsträger bis hin zur Rehabilitation.


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Ergänzt wird die bestehende Palette durch Regelungen und Angebote im Arbeitnehme­rInnenschutz, durch betriebliche Gesundheitsförderung, aber auch durch eine Reihe von Aktivitäten in Gemeinden, Schulen und nicht zuletzt durch Aufklärungsarbeit unter­schiedlicher Interessenvertretungen und Vereinigungen.

Laut dem letzten Gesundheitsbericht betrugen die öffentlichen Ausgaben für Präven­tion und Gesundheitsförderung deutlich mehr als 1 Milliarde €. Das bedeutet Ausgaben pro Kopf von etwa 127 € jährlich – ein nicht unwesentlicher Betrag.

Der Antrag der Grünen sieht eine unkoordinierte und punktuelle Organisation des Be­reichs Prävention und fordert daher die Vorlage eines neuen Gesetzes. Diesem Ansatz vermögen wir nicht ganz zu folgen, denn erstens kann, falls notwendig, eine bessere Koordination auch im bestehenden Organisationsrahmen erfolgen, ohne zusätzlich teure Strukturen schaffen zu müssen, und zweitens ermöglicht gerade die Vielfalt der Angebote und Leistungserbringer, gezielt für die einzelnen Gruppen und Lebenswelten Gesundheitsförderungs- und Präventionsmaßnahmen anzubieten.

Entscheidend, meine Damen und Herren, ist also nicht ein neues Gesetz, entschei­dend ist vielmehr, dass Prävention frühzeitig beginnt, dass Prävention freiwillig ist und dass Prävention auch finanzierbar ist – eine Herausforderung, der sich vor allem unser Gesundheitsminister vorbildlich stellt. (Beifall bei der SPÖ.)

16.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Grüne­wald zu Wort. – Bitte.

 


16.56.35

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Wir haben im letzten Gesundheitsausschuss auch das Legislativ- und Arbeitsprogramm der EU-Kommission bezüglich Gesundheit debattiert, und darin wird Prävention als ganz elementare Säule einer Gesundheitspolitik darge­stellt, und zwar als Prototyp einer Querschnittsmaterie, weil sie in alle Gesetze eingrei­fen müsste. Alle Gesetze, schreibt die EU-Kommission, sollten auf gesundheitliche Fol­gen hin begutachtet und evaluiert werden. Das ist etwas Sinnvolles, wenn auch nichts Einfaches.

Evaluierung heißt aber auch, sich dagegen zu wehren, das Entstehen von Erkrankun­gen und Behinderungen einfach so simpel technokratisch und einfach oder monokau­sal zu erklären. Es ist alles sehr verwoben und alles sehr komplex. Daher macht es bei so bedeutenden Materien Sinn, diese irgendwo zusammenzufassen.

Sie haben argumentiert – und ich glaube Ihnen –, Prävention sei Ihnen wichtig und es passiert ohnehin viel – ich glaube Ihnen auch das, wenn auch immer noch zu wenig passiert. Aber seit Jahren kritisieren Experten, dass Prävention immer noch ein Stief­kind der Medizin ist, und kritisieren die massive Imbalance in der Ressourcenverteilung zwischen Krankenversorgung und Krankheitsverhütung. Das sind unendliche Unter­schiede in den Budgets!

Jetzt weiß ich, man muss sehr lange Prävention betreiben, um die Früchte ernten zu können. Das wird die Politik wahrscheinlich so zaudern machen. – Die möchten ja alles morgen sehen und bringen diese Geduld nicht auf, was auf jeden Fall ein Fehler ist. Aber was wir nicht übersehen sollten – und ich weise darauf hin, denn auch da gibt es in Österreich Versorgungslücken –: dass die EU ganz deutlich ausspricht – was auch die WHO tut –, dass soziale Ungleichheit und Imbalance krankheitsfördernde Elemente ha­ben, und zwar sehr massive.

Da fehlt einiges. Prävention wäre auch, die Defizite in der Kinder- und Jugendheilkun­de zu verringern. In der Kinder- und Jugendpsychiatrie gibt es in Österreich elementare


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Lücken in der Versorgung – von der Psychotherapie rede ich jetzt gar nicht mehr. Da kann man, wenn man rechtzeitig Diagnosen stellt, rechtzeitig behandelt, zumindest Prävention insofern üben, als das nicht chronifiziert wird und später Lebensjahre kos­tet. Die Leute sind in der Schule schlecht, sie sind am Arbeitsmarkt schlecht – letztlich weil es an der Prävention mangelt.

Ich frage aber trotzdem: Warum macht man dieses Gesetz nicht? Arzneimittel sind wichtig, auch Gesundheitsberufe – da gibt es Gesetze. Und Gesetze sind ja da, um Rechtssicherheit zu schaffen, und auch, damit man sich auskennt, damit man sich ori­entieren kann.

Weil Sie sagen: Da ist etwas drinnen, dort ist etwas drinnen, da steht über Ernährung etwas drinnen und da dieses und dort jenes. – Es hat nicht jeder Bürger so viel Zeit wie ein großes Ressort, um stundenlang nach den Passagen zu suchen, die eventuell die Prävention treffen oder streifen!

Wenn man das nicht will, kann das einen Grund haben, nämlich dass das Ressort in Zeiten des Sparens mit seinen Ressourcen ans Ende kommt. Ich weiß, es gibt genü­gend Leute, die sagen: Schon wieder werden ein paar zusätzliche Leute angestellt, schon wieder werden Experten vom Ministerium bezahlt. – Das halte ich nicht immer, aber manchmal auch für Populismus. Mir ist es lieber, es gibt gute Leute im Ressort, die die Arbeit, die für sie anfällt, bewältigen können, und man muss es nicht nach au­ßen geben. Sie werden also vielleicht sagen, das ist der Grund.

Es gibt aber noch einen anderen Grund: Ich habe gesagt, dass Prävention letztlich in alle Politikbereiche eingreift. – Wenn dem so ist, dann greift auch ein Präventionsge­setz ein, zum Beispiel ins Wirtschaftsressort, ins Umweltressort, ins Sozialressort und viele andere auch und engt deren Spielräume ein. Das haben andere Minister nicht gern – und andere Parteien, auch wenn sie in einer Koalition sind. Das kann ich schon verstehen! Auch das kann ein Grund dafür sein, dass man so etwas nicht beflügelt. (Präsident Neugebauer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Aber ich würde doch meinen, dass man – als Kompromiss – vielleicht nur diese Passa­gen, von denen Sie sagen, sie sind ja ohnehin schon irgendwo versteckt oder weniger versteckt vorhanden, einmal zusammenschreiben sollte. Dafür muss man kein Gesetz schreiben, sondern man macht eben ein Skriptum oder ein kleines Buch, und die Leute können dann schauen, was es jetzt wirklich gibt. Das wäre, glaube ich, wirklich hilfreich.

Ein dritter Grund, warum man nichts tun will, kann sein, dass man in vorauseilendem Gehorsam das tut, was sich eine Regierungsspitze erwartet. Alles, was etwas kostet, darf man jetzt nicht fordern, ob das jetzt die Gesundheit betrifft oder die Wissenschaft. Es gibt einfach nichts! – Dass das aber undifferenziert passiert und eventuell dann Ge­sundheit kostet, Lebensjahre kostet und Zukunft kostet, das geht in die Köpfe noch nicht hinein. Wenn Sie da etwas tun könnten, wäre es gut.

Gesundheit, Wissenschaft und Bildung brauchen couragierte Verbündete. – Ich ersu­che Sie, diesem Verein der Couragierten beizutreten. (Beifall bei den Grünen.)

17.02


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klikovits. – Bitte.

 


17.02.35

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Dr. Grünewald! Natürlich sind wir beim Verein der Engagierten für die Gesundheit in Österreich, und Prävention, da sind wir uns ja alle einig, ist eine der wichtigsten Maß­nahmen zur Gesunderhaltung unserer Bevölkerung und zur Verhinderung von Krank­heit. Deswegen haben wir ja in Österreich bei den Gesundheitsausgaben, wenn es auch nicht besonders viel ist, immerhin 439 Millionen € dafür aufgewendet, und das bei einem Gesundheitsbudget in Österreich von insgesamt 29,5 Milliarden €.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 176

Dass Prävention auch nachhaltig hilft, beweisen ja viele Beispiele. Sie werden wahr­scheinlich, so wie ich, heute diesen Jahresbericht des Fonds Gesundes Österreich bekommen haben. Ich konnte ihn natürlich noch nicht ganz durchlesen, aber das, was ich darin sozusagen bei einer Schnelldurchsicht gefunden habe, ist, glaube ich, der sichtbare Beweis dafür, dass wir in Österreich gute Präventionspolitik anhand von Best-Practice-Beispielen leisten.

Wenn Sie sagen, Sie verlangen dieses Gesetz, dann darf ich Sie daran erinnern, und das steht auch in diesem Bericht, dass wir ja bereits seit 1998 ein Gesetz zur Gesund­heitsförderung, -aufklärung und -information haben. Es gilt, so glaube ich, jetzt dahin gehend Maßnahmen zu setzen, dass wir betreffend Fragen der Prävention noch viel mehr leisten.

Lassen Sie mich als Beispiel nur zwei Maßnahmen erwähnen, die wir im Burgenland erfolgreich umgesetzt haben. Erstes Beispiel mit wirklich sehr, sehr großem Erfolg ist das Dickdarm-Screening, bei dem die gesamte Bevölkerung durchgecheckt wird und Angebote erstellt werden, und wenn ich daran denke, dass wir im Burgenland eine ganz tolle Diabetes-Schulung auf die Beine gestellt haben, bei der in erster Linie die Ärzte geschult werden und das dann in weiterer Folge auch den Betroffenen zugute­kommt, so sind das nur zwei von vielen tausend Beispielen, die es in Österreich gibt, bei denen Prävention ernst genommen wird. – Daher darf ich Sie einladen, mit uns ge­meinsam an diesen Zielen einer guten Prävention mitzuarbeiten – zum Klub der Enga­gierten gehören Sie ja bereits.

Ich bin mir sicher, dass wir noch viele, viele Erfolge gemeinsam mit dem Fonds Gesun­des Österreich erreichen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

17.05


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


17.05.22

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Gesund zu bleiben ist billiger als gesund zu werden. Laut OECD-Studie 2009 gibt Österreich je­doch vergleichsweise wenig Geld für den Bereich der Gesundheitsvorsorge und der Prävention aus. In Österreich liegt der Betrag in etwa bei 1,9 Prozent des Gesundheits­systems, im OECD-Schnitt sind das zirka 3 Prozent. Das heißt, wir müssen verstärkt weitere Maßnahmen der Vorsorgemedizin ausbauen, weitere Maßnahmen schaffen, so­dass Prävention wirklich zu einem Leitprinzip im Gesundheitswesen wird.

Ich glaube, es ist nicht notwendig, dass man da gießkannenartig kostentreibende Un­tersuchungen über die österreichische Bevölkerung stülpt, sondern wir müssen Anreiz­systeme für persönliches, eigenes Bemühen um die physische und psychische Ge­sundheit schaffen. Da gibt es viele Ideen, viele Projekte – einige sind ja schon genannt worden.

Ich denke, auch diese Projekte gehören einmal zusammengeführt, denn in jedem Land, in jeder Region werden derartige Präventionsprojekte gemacht. Derzeit sind diese eher unkoordiniert, derzeit sind diese eher punktuell organisiert, und ich glaube, eine ge­setzliche Grundlage wäre absolut zu begrüßen.

Wir werden daher diesem Antrag zustimmen. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

17.07

17.07.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 177

Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 858 der Bei­lagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 859 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um Ihr Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

17.07.4516. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1149/A(E) der Abgeord­neten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes zum Mutter-Kind-Jugend-Pass (860 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1131/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend verpflichtende zahnärztliche Untersuchung im Rahmen des Mutter-Kind-Passes (861 d.B.)

18. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 520/A(E) der Abgeord­neten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Etablierung von Kompetenzzentren mit assoziierten Versorgungsnetzwerken für seltene und chronische Erkrankungen in der Pädiatrie (862 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zu den Punkten 16 bis 18 der Tagesord­nung, deren Debatte unter einem durchgeführt wird.

Eine mündliche Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Zu Wort gelangt Herr Kollege Dr. Karlsböck. – Bitte.

 


17.08.22

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Der Mutter-Kind-Pass ist eine Einrichtung, auf die Österreich stolz sein kann, aber das bedeutet nicht, dass man diese tolle Errungenschaft nicht weiter­entwickeln kann – für unsere Mütter und für unsere Kinder.

Es könnte vor allem im Bereich der Zahnheilkunde etwas verbessert werden, da fehlt nämlich die verpflichtende Untersuchung der frühkindlichen Zähne. Nicht vorgesehen im Mutter-Kind-Pass ist deshalb eine Untersuchung des Kindes durch einen Zahnarzt. Die Basis für gesunde Zähne wird aber natürlich bereits, und das sage ich Ihnen als Zahnarzt, in der frühkindlichen Reifephase gelegt, bevor die ersten Zähne durchbre­chen. Wir alle wissen auch, dass Keime bereits von den Milchzähnen auf die bleiben­den Zähne übertragen werden. Deswegen ist solch eine Untersuchung eine wirklich notwendige – nicht nur gut gemeinte, sondern eine notwendige! – Maßnahme.

Auch das Stillen fördert die Zahn- und Kieferentwicklung des Kindes. Die Zahnpflege soll bereits mit den ersten Milchzähnen erfolgen. Ich kann Ihnen aus Erfahrung sagen, dass es nicht nur darum geht, die Zähne tatsächlich zu pflegen, sondern auch darum, die Eltern anzuleiten, hier ein Auge auf ihre Kinder zu haben.

In Deutschland werden rund 50 Prozent der kariösen Milchzähne nicht behandelt. In Extremfällen leiden Kinder und auch Jugendliche unter umfangreichen Zahnzerstörun­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 178

gen, und das hat natürlich umfangreiche Beeinträchtigungen der Gesundheit nicht nur in der Mundhöhle zur Folge – das heißt, Schwierigkeiten beim Essen, bei der Verdau­ung und dergleichen mehr, ganz zu schweigen von den sozialen Problemen, die die Kin­der haben.

Das wäre mit einer einfachen Untersuchung im dritten, vierten Lebensjahr möglicher­weise ganz deutlich einzudämmen. Deswegen ersuchen wir die Regierungsparteien, hier diesem Antrag zuzustimmen, eine verpflichtende Untersuchung im dritten, vierten Lebensjahr in den Mutter-Kind-Pass aufzunehmen.

Es wird schon lange Jahre viel darüber diskutiert, und ich kann eigentlich nicht verste­hen, warum bis heute diese sinnvolle Maßnahme von Ihnen nicht umgesetzt wird. (Bei­fall bei der FPÖ.)

17.10


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


17.10.45

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir lehnen die drei in Verhandlung stehenden Anträge ab, und ich möchte auch kurz begründen, warum.

Den ersten Antrag, jenen des BZÖ, in dem es um eine Ausweitung des bestehenden Mutter-Kind-Passes bis zum 18. Lebensjahr geht und – daran geknüpft – auch die Aus­zahlung der Familienbeihilfe und deren Koppelung an den jährlichen Arztbesuch, leh­nen wir deshalb ab, weil wir nicht für einen Zwangsbesuch der Jugendlichen beim Arzt sind und auch nicht dafür, dass die Ärzte dann sozusagen als Kontrolleure für die Auszahlung der Familienbeihilfe fungieren sollen. – Was für uns aber vorstellbar ist, ist natürlich, eine bessere Vernetzung und eine bessere Koordinierung dieser schulärztli­chen Untersuchungen zu prüfen.

Bezüglich des zweiten Antrages, jenem der FPÖ, den mein Kollege vor mir referiert hat und der eine verpflichtende zahnärztliche Untersuchung im Mutter-Kind-Pass betrifft, kann ich nur sagen, dass das bereits ein Bestandteil des Mutter-Kind-Passes ist. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Nein!) Es gibt auch eine Broschüre im Mutter-Kind-Pass, in der auf die Wichtigkeit und die Bedeutung der Zahnpflege hingewiesen wird (neuer­licher Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein), und zwischen dem sieben­ten und neunten Lebensmonat wird bei allen eine Untersuchung durchgeführt. Wenn der Verdacht besteht, dass da eine zahnärztliche Betreuung notwendig ist, oder im Ge­biss etwas festgestellt wird, wird das einem Zahnarzt zugewiesen.

Der dritte Antrag, jener des Kollegen Grünewald, betrifft die Errichtung von Kompetenz­zentren mit assoziierten Versorgungsnetzwerken für seltene und chronische Krankhei­ten in der Pädiatrie. Dem können wir leider nicht zustimmen, es ist aber ein sehr, sehr wichtiger und richtiger Antrag. Auch die Regierungsparteien haben einen Antrag einge­bracht, der ja von allen Parteien unterstützt und mitgetragen wurde, in dem der Herr Gesundheitsminister beauftragt wird – und er wird das rasch umsetzen –, einen Natio­nalen Aktionsplan für seltene Krankheiten erarbeiten zu lassen und auch alle Möglich­keiten zu prüfen, dass die Etablierung einer zentralen Koordinationsstelle sowie eines kli­nischen Netzwerkes für seltene Krankheiten erfolgt. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.13


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


17.13.16

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Der Arti­kel 24 der UN-Kinderrechtskonvention besagt, Kinder haben das Recht auf bestmögliche


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 179

Gesundheitsversorgung, unabhängig vom sozialen Status, vom Geschlecht und von ih­rer kulturellen Herkunft. Dieses Recht auf bestmögliche Gesundheitsversorgung wird bis zum Schuleintritt – ich möchte fast sagen: ideal – mithilfe dieses schon lange beste­henden Mutter-Kind-Passes abgewickelt. Und wir glauben, dass diese nach wie vor au­ßerordentlich gute Einrichtung weiter ausgebaut werden soll.

Gerade in Zeiten der Schule, der Ausbildung, in Zeiten des Erwachsenwerdens, in de­nen sich die Anforderungen an die Kinder und an die jungen Menschen auch ständig ändern, ist es nicht ausreichend, das ausschließlich den Eltern oder ihnen selbst zu überlassen, denn es gibt, wie wir wissen, Defizite gerade in der kindlichen und jugendli­chen Entwicklung: Es gibt sehr viele Auffälligkeiten im Bereich des Suchtverhaltens, der falschen Ernährung, des Bewegungsmangels. Und alles, was präventiv und vor­sorglich erkannt wird, bietet auch eine besondere Chance für Kinder, für junge Men­schen, für ihren persönlichen positiven Lebensverlauf.

Daher ist eben unser Vorschlag, diese Prävention – und wir sehen die Weiterentwick­lung des Mutter-Kind-Passes als einen wichtigen Teil der Prävention und Vorsorge – weiter auszubauen mit einem Arztbesuch einmal im Jahr – das kann der Schularzt sein, der Kinderarzt, der Hausarzt – und auch die Familienbeihilfe davon abhängig zu ma­chen. Dabei ist der technische Teil relativ leicht zu lösen, denn die Ärzte sind derzeit technisch schon so ausgestattet, dass es da keine zusätzlichen Belastungen gibt.

Ich möchte schon noch eines sagen: Jede Transferleistung des Staates für Familien oder auch für jene, die es in bestimmten Bereichen als Unterstützung brauchen, ist eine Leistung, die auch eine Gegenleistung erfordert, und ich glaube, man kann sehr wohl auch in Eigenverantwortung der Eltern verlangen, dass sie die Leistung, die sie als Fa­milienbeihilfe bekommen, auch als Gegenleistung einsetzen und ihren Kindern die bes­te gesundheitliche Versorgung zukommen lassen.

Man kann natürlich darüber diskutieren – und ich sage auch: seriös diskutieren –, ob das bis zum 18. Lebensjahr sein muss, man kann darüber diskutieren, ob der Kriterien­katalog so sein soll, wie wir ihn vorgeschlagen haben, aber eines ist unbestritten: 1 € in die Vorsorge erspart uns 3 € an Reparatur. (Beifall beim BZÖ.)

Wir vom BZÖ wollen nicht jammern und sagen, welche Defizite es gerade in der Kin­dergesundheit gibt, sondern wir wollen handeln – und daher auch dieser Antrag. (Bei­fall beim BZÖ.)

17.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

 


17.16.36

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nur zu den zwei Anträgen betref­fend Mutter-Kind-Pass Stellung nehmen.

Ich denke, dass es in Ordnung ist, wenn man alle Wünsche zur Verbesserung der Si­tuation von Kleinstkindern, von älteren Kindern äußert, aber ich möchte schon eines sagen: Wir haben einen Mutter-Kind-Pass, mit dem es Gratis-Untersuchungen gibt – und das schon lange, und das ist auch gut so –, aber ich denke, dass auch die Eltern, die Mütter und die Väter, eine Verantwortung haben und nicht alles auf Kosten des Staates gehen muss. Wenn ich also schon das Angebot bekomme, dann sollte ich es auch in Anspruch nehmen!

Wenn im Antrag von Ursula Haubner steht „bis zum 18. Lebensjahr“, so denke ich mir Folgendes: Mit 16 kann man wählen gehen, mit 17 kann man den Führerschein ma­chen, also müsste man eigentlich auch fähig sein, sich dann zumindest zu einer Un­tersuchung zum Arzt zu begeben, für die man ja auch fast oder überhaupt nichts mehr bezahlt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 180

Die Koppelung an die Familienbeihilfe halte ich auch eher für eine Strafmaßnahme, weil ich denke, dass wir die Menschen – auch die jungen Menschen – dort hinführen soll­ten, dass sie auch mit einer selbständigen Meinung über ihre eigene Gesundheit hinein­gehen, dass sie sie auch achten und es wertschätzen, dass es in Österreich ein Sozial­netz oder ein Gesundheitsnetz gibt, durch dessen Versicherungsleistung ein Arztbesuch letztendlich fast immer oder immer kostenlos ist. – Deswegen lehnen wir auch diesen Antrag ab. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


17.18.14

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Da­men und Herren! Ich freue mich ja, dass wir heute auch von der ÖVP etwas zu unse­rem Antrag betreffend Mutter-Kind-Pass gehört haben, denn im Gesundheitsaus­schuss, der mehrere Stunden lang gedauert hat, hat sich von Ihrer Fraktion zu unse­rem Antrag betreffend Mutter-Kind-Pass niemand zu Wort gemeldet. (Abg. Mag. Stad­ler: Da schau her! – Zwischenruf bei der ÖVP.) – Nein, das stimmt schon, das können Sie auch im Ausschussprotokoll nachlesen. – So viel dazu.

Nun, meine sehr geehrten Damen und Herren, in Österreich leben Kinder mitten im Müll, in Österreich sind Kinder ungepflegt, weil sie sich nicht waschen können, in Ös­terreich sind Kinder krank, weil niemand mit ihnen zum Arzt geht. Diese Kinder haben keine Zukunft, weil sich niemand darum kümmert – diese Kinder nennt man verwahr­lost, meine sehr geehrten Damen und Herren. Diese Verwahrlosung richtet ähnliche Schäden an wie sexueller Missbrauch oder körperliche, sexuelle Gewalt. Diese The­men werden hier im Hohen Haus behandelt, und wir sind uns auch alle darin einig, hier Lösungen zu finden, aber das Thema Verwahrlosung ist zu wenig präsent und wird zu wenig behandelt. (Beifall beim BZÖ.)

Der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde, Klaus Schmitt, warnt deshalb auch davor, dass die Verwahrlosung von Kindern in der Öffent­lichkeit zu wenig Beachtung findet. Wenn man davon ausgeht, dass jedes zehnte Kind in der westlichen Welt zumindest in einem Teilbereich verwahrlost ist, dann können wir uns vorstellen, was das für Österreich bedeutet.

Verwahrlosung passiert auf verschiedenen Ebenen – auf körperlicher, hygienischer, geistiger, psychischer und vor allem auch auf seelischer Ebene. Um diesen Kindern helfen zu können, muss diese Verwahrlosung auch entsprechend erkannt und müssen entsprechende Schritte eingeleitet werden.

Optimale Ergebnisse bei der Behandlung können nur erzielt werden, wenn möglichst rasch geholfen wird. Die Voraussetzungen dafür sind momentan leider nicht im ausrei­chenden Maße gegeben.

Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr machen 18 Prozent der Bevölkerung aus, doch nur 5 bis 6 Prozent der Gesundheitsausgaben werden für diesen Bereich auf­gewendet.

Ich sage jetzt nicht den klassischen Satz der Opposition, dass das zu wenig sei, denn es muss nämlich nicht zu wenig sein, wenn man das Geld nur richtig einsetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Unser Antrag auf Erweiterung des Mutter-Kind-Passes zu einem Mutter-Kind-Jugend-Pass würde genau da Abhilfe schaffen, und man könnte sich so auch um das Thema Verwahrlosung kümmern respektive der Verwahrlosung im Vorfeld entgegenwirken.

Wir vom BZÖ sind überzeugt, dass wir einen medizinischen Schutzschirm über unsere Kinder und Jugendlichen spannen müssen, und ich kann mir nicht vorstellen, warum die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 181

Damen und Herren von den Regierungsparteien diesem Vorhaben nicht beitreten kön­nen. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

17.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

 


17.21.08

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Kurz zum Mutter-Kind-Pass: Fast alles auf der Welt wird sich verbessern lassen, das sollten wir, glaube ich, nicht tabuisieren – auch nicht beim Mutter-Kind-Pass.

Was schon als ein gewisses Risiko auffällt, ist, dass die Lücke zwischen der letzten Untersuchung im Rahmen des Mutter-Kind-Passes und der ersten schulärztlichen Un­tersuchung relativ groß ist. Da könnte sich jetzt gegebenenfalls durch das verpflichten­de Kindergartenjahr eine Chance bieten. Ob da aber SchulärztInnen tätig werden dür­fen, ist fraglich, denn das sind dann ja LandesschulärztInnen, und was der Bund da zu melden hat, darunter wage ich einige Fragezeichen zu setzen.

Eine zweite Möglichkeit wäre, einen wirklich großen Fehler zu beheben, der bei der Gründung der pädagogischen Hochschulen begangen wurde, und die Kindergartenpä­dagogInnen auch auf diese Hochschulen zu übernehmen, was eigentlich alle vernünfti­gen Menschen verlangen, und ihnen Ausbildungen angedeihen zu lassen, in denen zum Beispiel das Erkennen von Verwahrlosungen oder frühkindlichen Störungen zum Unterricht gehört. Da etwas zu tun, wäre eine große, auch präventive Chance.

Beim Thema Zähne war ich auch sehr im Zweifel. Im Prinzip finde ich das schon ver­nünftig, allerdings könnte man ja auch sagen, dass die Mutter oder der Vater, wenn sie mit dem Kind zur Ärztin/zum Arzt gehen, dann einfach durch die Gesellschaft für Kin­der- und Jugendheilkunde angewiesen werden, das Kind zum Zahnarzt zu schicken. Dann hätten wir im Mutter-Kind-Pass, bei dem ja um jede Position gestritten wird, noch etwas Luft für etwas anderes.

Jetzt zu einem anderen Thema. Im Großen und Ganzen habe ich ja Humor – vielleicht hatte ich früher mehr als heute, aber das hat Gründe, da braucht man sich ja nur um­zuschauen. (Ruf: Das ist aber jetzt sehr kryptisch!) Aber alles ist ja wirklich nicht zum Lachen. Wenn ich jetzt höre – nett, dass Sie das gesagt haben, Frau Kollegin Becher , mein Antrag, Kompetenzzentren zu gründen, sei – was haben Sie gesagt? – sehr gut und sicher sehr notwendig, aber Sie müssen ihn leider ablehnen, dann, muss ich sa­gen, war er entweder nicht gut oder nicht notwendig.

Es ist schon verblüffend. Ich poche nicht auf Copyright, Intellectual Property Rights, Ur­heberrechte oder was auch immer, aber wenn man vor einem halben Jahr etwas ver­langt und begründet, und jetzt, ein halbes Jahr später, kommen andere und sagen, das sei alles super, es wird aber abgelehnt, und dann wird genau das Gleiche gemacht – sollen wir dann zustimmen? Da muss ich dann auch sagen: sehr gut, sehr notwen­dig, ...

Ich finde das ein bisschen kindisch oder zumindest komisch. Ich glaube, wir sollten schauen, dass wir mehr zusammenarbeiten. Wer was erfunden hat, das wird sich schon gleich verteilen. Sie sind ja auch viel mehr Abgeordnete und werden deshalb auch viel mehr Ideen haben. Sie kommen nicht zu kurz. Lassen Sie einfach die Initia­tiven von anderen auch einmal gelten, und ich werde dann schon wieder etwas fröhli­cher. Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

17.24

17.24.24

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 182

Ich lade nun zu drei Abstimmungen ein. – Bitte die Plätze einzunehmen!

Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 860 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer diesem Antrag seine Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein bejahendes Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit beschlossen.

Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 861 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer diesem Antrag seine Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein bejahendes Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit beschlossen.

Abstimmung über die dem Ausschussbericht 862 der Beilagen angeschlossene Ent­schließung.

Wer diesem Antrag seine Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein bejahendes Zei­chen. – Das ist einstimmig beschlossen. (E 117.)

17.25.1219. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 55/A(E) der Abgeordne­ten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend nachhaltige Absiche­rung der Finanzierung der Flugrettung (863 d.B.)

20. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 998/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung einer Studie über den Abfluss von Sozialversicherungsgeldern ins Ausland (864 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zu den Punkten 19 und 20 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. – Bitte.

 


17.25.41

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Seit Längerem gibt es in unserem Land schon das Phäno­men, dass viele unserer Bürger medizinische Leistungen im benachbarten Ausland in Anspruch nehmen.

Für mich als Gesundheitspolitiker stellt sich die Frage, warum das so ist. Es könnte ja vielleicht sein, dass die Behandlungen im Ausland besser sind. Dagegen spricht aller­dings, dass bereits etliche Patienten nach einer qualitativ mangelhaften Behandlung schwere gesundheitliche Probleme davongetragen haben – manche sind sogar verstor­ben.

Vielleicht sind ausländische Ärzte freundlicher? Wenn man in so manche Ambulanzen geht, könnte man meinen, dass dieser Vorwurf vielleicht zutrifft. Vielleicht lassen sich die Patienten deswegen im benachbarten Ausland behandeln.

Aber wir kennen alle den wirklichen Grund. Der wirkliche Grund ist, dass es im Ausland einfach billiger ist. Jetzt stellt sich die Frage, warum es dort billiger ist. Wir haben das auch schon oft diskutiert: Fehlende soziale Standards, niedrigere Löhne und vor allem billigere Zukäufe machen diese Preise möglich.

Die paradoxe Situation, dass österreichische Krankenkassen dann jedoch die im Aus­land angefallenen Kosten nach Vorlage der Rechnung bezahlen, wodurch der österrei­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 183

chischen Volkswirtschaft massive Kaufkraftabflüsse entstehen und was auch zu einem wirklich hohen Verlust an einheimischen Arbeitsplätzen führt, rundet nur das negative Bild ab. (Beifall bei der FPÖ.)

Allerdings bewegen wir uns da leider in einem Graubereich. Die Zahlen sind schon zehn Jahre alt, aber in Euro umgerechnet ist das eine Größenordnung von 200 Millio­nen €, die jährlich abfließen. Das sind gigantische Beträge, meine Damen und Herren! Das geht aus einer Studie hervor, die vor zehn Jahren von der Ärztekammer durchge­führt wurde, und es geht dabei nicht nur um Zahntourismus.

Die Krankenkassen sind meiner Meinung nach relativ froh darüber, dass in gewissen Bereichen ein soziales „Outsourcing“ betrieben wird, sodass auch die soziale Verant­wortung ins benachbarte Ausland abgegeben wird.

Durch dieses seit Jahren gängige Outsourcing der sozialen Verantwortung ins benach­barte Ausland, besonders im Bereich der Zahnmedizin, entgeht Österreich jährlich ein zweistelliger Millionenbetrag, der dann zur Finanzierung unseres Solidarsystems fehlt.

Wir haben diese Woche ja auch im Zusammenhang mit ausländischen Sozialtransfer­zahlungen recht viel darüber diskutiert. Abgesehen davon ist es höchst unsozial, einen Großteil unserer Bevölkerung von Behandlungen, die in Österreich nicht leistbar sind, aus­zuschließen.

Ich fordere Sie daher dringend auf, eine Studie über den Abfluss von Sozialversiche­rungsgeldern von österreichischen Versicherten ins Ausland und dessen Auswirkungen während der letzten zehn Jahre in Auftrag zu geben.

Ferner sind der dadurch entstehende Kaufkraftabfluss sowie der damit in Zusammen­hang stehende Verlust heimischer Arbeitsplätze zu erheben. Wir wollen das deswegen, um gegensteuern zu können.

Ich meine, eine vernünftige Antwort darauf wäre es, in Österreich Einrichtungen zu schaffen – über alle Sozialpartner hinweg, zusammen mit dem Ministerium –, um unse­ren Leuten hier in Österreich eine wirklich sozialfreundliche Behandlung zukommen zu lassen. (Beifall bei der FPÖ.)

17.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Spindelber­ger. – Bitte.

 


17.29.20

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Herr Dr. Karlsböck, wie immer übertrei­ben Sie ganz gewaltig, wenn Sie von „Kaufkraftverlust“, „Verlust von Arbeitsplätzen“ und Ähnlichem sprechen und davon, dass sich die Österreicherinnen und Österreicher hier im Inland „nichts mehr leisten können“.

Ich möchte einmal anmerken, dass es überhaupt keinen Trend gibt, wie Sie einen fest­zustellen glauben, denn es ist sogar eher das Gegenteil der Fall: Wenn Sie sich ein bisschen genauer mit dem Thema beschäftigen, werden Sie sehen, dass aufgrund des hohen Stellenwertes, den unser gutes österreichisches Gesundheitssystem hat, Aus­länder nach Österreich kommen (Abg. Dr. Karlsböck: Die Reichen!) und hier Leistun­gen beanspruchen. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Mit E-Card!)

Aber wie Sie als praktizierender Zahnarzt auch wissen sollten, hat man als Österrei­cher ja die Möglichkeit, im Inland zu einem Wahlarzt, zu einem Vertragsarzt der Kran­kenkassen zu gehen.

Wenn man seinen Urlaub im Ausland verbringt – und auch, wenn man im Ausland be­rufstätig ist –, kann man dort selbstverständlich auch verschiedenste Leistungen bean­spruchen. (Abg. Dr. Karlsböck: Selbstbehalt 400 €!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 184

Von den Sozialversicherungsträgern – auch das sollte man sagen – werden im Ausland nur dann Leistungen im Vorfeld bezahlt oder Behandlungen bewilligt, wenn diese Leis­tungen in Österreich nicht gleichwertig erbracht werden können.

Was hinter dem Antrag steckt – ich glaube nicht, dass ich da falsch liege –, ist einzig und allein jener Umstand, dass die Zahnärzte in Österreich offensichtlich Angst haben, verhungern zu müssen. (Abg. Dr. Karlsböck: Nein!)

Um diesem Trend entgegenzuwirken, sollten Sie vielleicht einmal mit Ihren Kolleginnen und Kollegen darüber verhandeln, dass in Österreich bei Brücken, Zahnersatz und zahnmedizinischen Leistungen auch leistbare Tarife angeboten werden.

Offensichtlich ist es in Österreich ja so, dass jeder Zahnarzt eine Maserati fahren muss und zwei, drei Wochenendhäuser oder eine Yacht haben muss. Hören Sie auf, Ihren Antrag in diesem Zusammenhang so dramatisch zu formulieren und vom Zusammen­bruch der Volkswirtschaft zu reden, sondern tragen Sie lieber dazu bei, dass sich die Menschen in Österreich den Zahnersatz auch leisten können! Ich würde sagen, es müsste auch genügen, wenn die Zahnärzte statt einem Maserati einen Audi Q5 fahren. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Dr. Karlsböck: Ja, aber Selbstbehalt!)

17.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter List. – Bitte.

 


17.31.25

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Herr Präsident! Herr Gesundheitsminister! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Das BZÖ hat mit Ursula Haubner schon im Früh­jahr 2008 auf die finanziellen Probleme der Flugrettung hingewiesen und festgehalten, dass es höchste Zeit ist, dass die finanzielle Regelung für die Flugrettung auf Bundes­ebene gesetzlich festgelegt wird. Deshalb auch unser Antrag, der die nachhaltige Absi­cherung der Finanzierung der Flugrettung verlangt.

Herr Bundesminister, noch im Jänner haben Sie unsere BZÖ-Forderung unterstützt und erklärt, dass nach einem erfolgreichen Treffen aller Landesgesundheitsreferenten eine Arbeitsgruppe eine bundeseinheitliche Regelung für die Flugrettung erarbeiten soll. Wörtlich damals: Eine tragfähige Lösung für alle Beteiligten, weil die Flugrettung keine Ländergrenzen kennt, wird angestrebt.

Das waren positive Ansätze aus Ihrem Ressort, die auch vom Hauptverband der So­zialversicherungsträger unterstützt wurden. Der Hauptverband schlägt ebenfalls das bun­desweite Modell vor; 16 Standorte mit einem Einsatzgebiet von 53 Kilometern im Radi­us sind für eine optimale Versorgung ausreichend. Gleichzeitig würde auch der Haupt­verband alle Leitstellenanforderungen von Notarzthubschraubereinsätzen bezahlen. – Ein guter Ansatz.

Damit gäbe es auch keine nachträglichen Einzelfallüberprüfungen und so auch keinen Verlust für die Flugrettung. Es wäre allen geholfen. Die beste medizinische Versorgung von Notfallpatienten mit Notarzthubschraubern scheint endlich gewährleistet zu sein – und plötzlich, Herr Bundesminister Stöger, erklären Sie uns in der letzten Gesundheits­ausschusssitzung, von einer bundeseinheitlichen Lösung sei man meilenweit entfernt.

Sie, Herr Bundesminister Stöger, haben klargestellt, dass von Ihnen keine bundesein­heitliche Lösung mehr geplant ist. Die Länder sollen wieder selbständig verhandeln. Ich möchte hier festhalten, dass Ihr Rückzug unmittelbar vor der Einigung verantwortungs­los ist. Eine große Chance für die österreichische Flugrettung wurde vertan.

Herr Bundesminister, ich sage Ihnen vonseiten des BZÖ: Sie haben auch im Bereich der Flugrettung versagt. Sie blockieren sämtliche Reformen. Als Gesundheitsminister sind Sie der falsche Mann! (Beifall beim BZÖ. Abg. Grosz: So ist es! Listerien, Kassen, Eierskandal!)

17.33



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 185

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.

 


17.33.57

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Auch vonsei­ten meiner Fraktion ein paar Worte zu den vorliegenden Anträgen. Zuerst zum Antrag des Abgeordneten Dr. Karlsböck: Wir werden ihn ablehnen, und zwar mit der Begrün­dung, dass Menschen ausländischer Abstammung derzeit Nettozahler im österreichi­schen Sozialversicherungssystem sind – sowohl bei den Pensionen als auch in der Krankenversicherung. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und FPÖ. Abg. Dr. Karlsböck: Da habt ihr den Antrag falsch gelesen! Es ist ja andershe­rum!) Nehmen Sie von der FPÖ das einmal zur Kenntnis – das ist Faktum und Tatsa­che! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Noch dazu geht es auch um die Grenzgänger. Meine Damen und Herren, wir haben eine Vielzahl von grenzüberschreitenden Abkommen im Bereich der Krankenkassen; der Antrag ist also eigentlich unsinnig.

Nicht so unsinnig ist der Antrag der Kollegin Haubner, der sich mit der Flugrettung aus­einandersetzt. Da ist das Problem, dass das grundsätzlich Ländersache ist und die Länder natürlich mit eingebunden gehören. Wir wissen, dass die Verträge auf Bundes­ebene das Bundesministerium für Inneres abschließt. Es ist aber die Frage der Finan­zierung zu klären, meine Damen und Herren. Herr Bundesminister Stöger und Frau In­nenministerin Fekter haben sich über die Landeshauptleutekonferenz bereits bemüht, aber derzeit ist da noch kein Ergebnis vorhanden.

Das Problem sind private Anbieter, auch ohne Kassenverträge, und unklare Diagno­sen. Diese Themen muss man in die Verhandlungen aufnehmen.

Zum Beispiel wird bei einem Bergunfall NACA III diagnostiziert, der Hubschrauber wird angefordert, dann ist die Person aber vielleicht nicht mehr bewusstlos und die Kasse ist nicht bereit zu zahlen. – Solche Konstellationen muss man mit in die Diskussion ein­bringen, und dann, so meine ich, kann gemeinsam mit den Ländern ein Ergebnis ge­funden werden. (Beifall bei der ÖVP.)

17.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

 


17.35.34

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Die Probleme der Flugrettung sind seit Jahren bekannt. Sie können sich vorstellen, insbesondere in Tourismusgebieten wie in Tirol fliegen in der Hochsaison, glaube ich, drei Mal so viele Rettungshubschrauber wie sonst im Jahresdurchschnitt (Abg. Hörl: 14!) – 14, ja –, und die konkurrieren – ÖAMTC gegen den Rest der Welt, oder wie man es bezeichnen will. Es geht ungefähr so zu wie in dem Film „Komm, süßer Tod“ von Wolf Haas, in dem sich die Rettungsdienste in Wien bekriegen.

Es gibt natürlich schon pikante und unerfreuliche Episoden. Karl Öllinger hat ja im Aus­schuss berichtet, dass ein Rettungshubschrauber ins Hochgebirge auf irgendeine Alm gerufen wurde und den Patienten nicht gefunden hat. Was war geschehen? – Der Pa­tient hat sich versteckt, weil er geglaubt hat, er muss das alles selber zahlen!

Einen anderen Fall habe ich aus Oberösterreich erfahren: Ein schwerstverletzter 70-jäh­riger Mann wird zuerst von einem Arzt untersucht, der Notarztwagen ist schon da, und sie rufen dann einen Hubschrauber, der eine dreiviertel Stunde braucht.

Eine neue und einheitliche Organisation, wann man einen Rettungshubschrauber und wann einen Notarztwagen ruft, ist natürlich nicht ganz so einfach. Sie müssen sich vor­


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stellen, die Leute, die zu einem Unfall kommen, können nicht alle immer sattelfest sein, und Blut schaut immer mehr aus, als es ist. Das heißt, es kommt schnell dazu, dass ein Hubschrauber gerufen wird, und die Organisationen freuen sich auch, wenn ihre Hubschrauber schnell gerufen werden, weil sie dabei auch verdienen.

Ich glaube also nicht, dass man da ein einfaches Gesetz machen kann, aber was schon auffällt – Herr Bundesminister Stöger hat das ja gesagt –, ist, dass man endlich bun­deseinheitliche Standards bräuchte. Wir haben auch keine bundeseinheitlichen Pflich­ten und Rechte der Versicherten und auch keine bundeseinheitlichen Preise. Wir soll­ten statt über Gesundheit wirklich einmal über Föderalismus und Verfassungs- und Ver­waltungsreform debattieren – damit wäre dem Gesundheitssystem mehr geholfen.

Soviel ich weiß, beharren die Länder darauf, dass Rettungsflüge Landessache sind, und Sie wissen, wie es ausgeht, wenn Länder auf etwas beharren. Dass einmal der Bund die Nase vorne hätte, würde ich mir wünschen. – Ich hoffe es trotzdem noch. (Beifall bei den Grünen.)

17.38

17.38.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 863 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 864 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

17.39.10 21. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (672 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Tierschutzgesetz geändert wird (846 d.B.)

22. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 713/A(E) der Abgeordne­ten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserun­gen in der Schweinehaltung (847 d.B.)

23. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 818/A(E) der Abgeordne­ten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Empfehlung des Tierschutzrates hinsichtlich der Enthornung von Kälbern (848 d.B.)

24. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 761/A(E) der Abgeordne­ten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Herstellung der Rechtssi­cherheit zur Haltung von Zehenfußkrebsen (849 d.B.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 187

Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zu den Punkten 21 bis 24 der Tagesord­nung, Debatte unter einem.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Vock. – Bitte.

 


17.40.00

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Quäle nie ein Tier zum Scherz, denn es fühlt wie du den Schmerz! – Dieser Spruch ist uns sicherlich allen bekannt, und dieser Spruch ist letzten Endes die Grundlage für un­ser Tierschutzgesetz. – So einfach könnten wir es uns bei der gesetzlichen Vorausset­zung für Tierschutz machen. Überall dort, wo Tiere gequält, den Tieren Schmerzen zu­gefügt werden, da schiebt das Tierschutzgesetz eigentlich einen Riegel vor. Wie viele Gesetze kam dieses Gesetz nur zustande, weil wir damals viele Kompromisse, Zuge­ständnisse und Ausnahmen beschlossen haben. Wir sollten nun gemeinsam daran ar­beiten, die Stärken dieses Gesetzes zu verbessern und die Schwächen auszumerzen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein wichtiges Anliegen unserer Fraktion ist, dass der Tierschutz endlich in den Verfas­sungsrang kommt. Dazu gab es 2005 einen Allparteienantrag, der in den sogenann­ten Verfassungskonvent kam. Da aber die Verfassung in diesem Konvent nie überar­beitet worden ist und dieses Vorhaben in der großen Koalition in Vergessenheit gera­ten ist, ist dieser Allparteienantrag bis heute unerledigt.

Wir sollten auch die Beratungs- und Kontrollorgane, die im Tierschutzgesetz aufgezählt sind, ausbauen, die örtliche Zuständigkeit besser regeln. Ein Teil des heutigen Antra­ges befasst sich ja mit der sogenannten Tierschutzkommission, die ein politisches Gre­mium ist, und es freut mich, dass alle Parteien in dieser vertreten sein können. Das heißt, wir werden dann alle gemeinsam den Minister in dieser Tierschutzkommission be­raten können.

Es wird nach wie vor den Tierschutzbeirat in der bisherigen Zusammensetzung geben, und es wird dann auch neu ein Vollzugsorgan geben.

Zahlreiche Verordnungen im Tierschutzgesetz machen allerdings dieses Tierschutzge­setz unübersichtlich. Wer das Gesetz liest, muss sich auch noch alle Durchführungs­verordnungen, die teilweise in jedem Bundesland anders sind, durchlesen. Da gibt es Tierhalteverordnungen, ein Tiertransportgesetz, Richtlinien für die Haltung von Nutztie­ren – für jedes Nutztier eine eigene Richtlinie. Ich glaube, es wäre wichtig, dass wir mit dem Bundestierschutzgesetz eine gemeinsame Vorgangsweise festlegen, sozusagen die Schmerzgrenze einziehen und es übersichtlich machen, dass jeder klar sieht, was er tun muss, wenn er im Interesse des Tierschutzgesetzes handeln will.

Die Bezeichnung „armes Schwein“ hat auch im Tierschutz eine besondere Bedeu­tung, weil die Schweine leider im Tierschutzgesetz, in diesen Richtlinien benachteiligt worden sind. Sie sind die Leidtragenden dieses Tierschutzgesetzes. Das beginnt mit der Ferkelkastration über die enge Haltung ohne Einstreu, geht bis zum schmerzvollen Transport zum Schlachthof und bis zur teilweise schmerzvollen Tötung im Schlachthof.

Die Enthornung der Rinder nur nach Schmerzausschaltung durchzuführen ist bei Biobetrieben inzwischen Pflicht. In einem Artikel der „Österreichischen Bauernzeitung“ vom 8. Jänner 2008 steht als Empfehlung, dass das Ausbrennen bei Jungtieren bis zur zweiten Lebenswoche immer mit zwei Mann durchzuführen ist, da das mit so großen Schmerzen für das Kalb verbunden ist, dass sich das Tier wahrscheinlich wehren wird.

Es steht in diesem Artikel auch:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 188

Aufgrund von Gewebeuntersuchungen ist bekannt, dass die Nerven der Hornanlagen bei Kälbern von Geburt an vollständig ausgebildet sind und das Schmerzempfinden somit unabhängig vom Alter entsprechend gut entwickelt ist. – Zitatende.

Im Antrag vom Kollegen Grosz betreffend die Zehnfußkrebse wird doch nur Rechtssi­cherheit verlangt. Warum sollten wir nicht Rechtssicherheit bei allen Tieren herstellen? Vielleicht können wir in der Tierschutzkommission einmal darüber reden, dass wir ge­nerell eine Rechtssicherheit für alle Tiere beschließen.

Den ÖVP-Abgeordneten sei ins Stammbuch geschrieben: Durch die Verbesserung des Tierschutzes erreichen wir eine höhere Qualität und höhere Preise! Das wollen auch unsere Bauern, und das will auch der Handel. Es ist ja nicht so, dass wir dem Handel oder den Bauern schaden, wenn wir den Tierschutzstandard in Österreich verbessern. Lehnen Sie daher diese Verbesserung nicht grundsätzlich ab, nur weil Tierschutz drü­bersteht! Arbeiten wir gemeinsam an der Verbesserung unseres Tierschutzes! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Grosz.)

17.44


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte.

 


17.44.20

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir ändern das Tierschutzgesetz, das Tier­schutzgesetz wird moderner. Es werden unklare Zuständigkeiten der Behörden nun­mehr klar geregelt. Es gibt eine Verordnungsermächtigung für den Gesundheitsminis­ter, was Maßnahmen der Ausbildung von Diensthunden betrifft, und es gibt eine Neu­ordnung, ich sage einmal, der beratenden Organe.

Ein moderner Tierschutz ist dann gegeben, wenn das Wissen und die Erfahrung von allen eingebracht wird, von Politikern, von Wissenschaftern, von Praktikern, und das ermöglichen wir mit dieser Gesetzesänderung, mit der neu geordneten Struktur der Tier­schutzkommission, dem Tierschutzrat und dem Vollzugsbeirat. Wir schaffen damit voll­zugstaugliche und praktikable Regelungen.

Mir war es auch wichtig, dass wir den Tierschutz nicht nur nach wissenschaftlichen Grund­lagen betreiben, sondern auch nach praktischen Erkenntnissen.

Was den Antrag des BZÖ betrifft, fehlt da die gesetzliche Grundlage, um das Anliegen per Verordnung regeln zu können.

Was die Anträge der Grünen betrifft, beinhalten diese zweifelsohne überschießende Forderungen und sind daher auch abzulehnen.

Wir, die ÖVP, wollen, dass Tierschutz nicht ein starres Gerüst ist, sondern dass Tier­schutz gelebt wird, und das, glaube ich, ist mit dieser Gesetzesänderung auch entspre­chend möglich. Ich darf mich auch für die konstruktive Zusammenarbeit herzlich be­danken. (Beifall bei der ÖVP.)

17.46


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


17.46.18

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es sind viele Tierschutzangelegenheiten, die wir in sehr kurzer Zeit abhandeln müssen. Deswegen ist leider nicht sehr viel Zeit für Tier­schutz in diesem Haus. Ich gehe zuerst kurz auf die Änderungen im Tierschutzgesetz ein. Wir werden nicht zustimmen, und ich sage auch, warum. Grundsätzlich begrüßen wir natürlich eine gemeinsame Vorgangsweise. Wir haben auch schon gemeinsame Initiativen aller Parteien gesetzt, und ich bin auch interessiert daran, gemeinsam weiter­


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zuarbeiten und den Minister auch zu beraten, nur bin ich davon überzeugt, dass das nicht auf Kosten des Tierschutzrates und auf Kosten von NGOs gehen darf.

So, wie das jetzt auf dem Tisch liegt, sehen wir Probleme hinsichtlich der Bestellung der Mitglieder des Tierschutzrates, der Delegation in den Tierschutzrat. Da wird die Handhabe immer mehr dem Minister zugeführt und nicht den NGOs. Es sind auch nicht alle Mitglieder im Detail über die Änderungen informiert worden. Aus unserer Sicht gibt es auch ein Ungleichgewicht in allen Gremien zwischen Tierschutzvertretern und sozu­sagen Vertretern der Gegenseite. Ganz besonders trifft das auf die Vollzugsbehörde zu, in der nur eine Tierschutzombudsperson sitzt, während alle Landesveterinärdirek­tionen darin vertreten sind. Ich bin mir auch nicht sicher, ob es dann, wenn es drei Gre­mien gibt, effizienter sein wird als mit einem.

Ich spreche Ihnen nicht ab, dass Sie sich bemüht haben, mehr für den Tierschutz zu tun und das effizienter zu gestalten, nur glaube ich, dass es so, in dieser Form nicht funktionieren wird. Wir sind aber natürlich gerne bereit, mitzuarbeiten und auch in eine gemeinsame Kommission zu gehen, nur, glaube ich, hätte man das auch anders lösen können. Wir könnten auch einen parlamentarischen Ausschuss bilden, um Tierschutz stärker und öfter im Parlament behandeln zu können.

Ich glaube, gerade in Zeiten, in denen die Tierschutzszene ohnehin schon geschwächt ist, darf es keinen Millimeter weitere Schwächung geben, sondern diese muss gestärkt werden. Das gilt auch für den Tierschutzrat, dessen Forderungen sehr wohl öffentlich be­kannt sind, nur vielfach leider nicht umgesetzt worden sind. Das spiegelt sich auch in un­seren Anträgen wider. Einige unserer Anträge beziehen sich genau auf Forderungen des Tierschutzrates.

Kollege Eßl, wenn Sie unsere Anträge als überschießend bezeichnen, dann zeigt das nur, dass Tierschutz kein besonderes Anliegen für Sie ist, weil unsere Anträge Tierschutz­anträge sind, Tierschutzforderungen enthalten. Wenn Sie das als überschießend be­zeichnen, dann bezeichnen Sie damit Tierschutz als überschießend. (Zwischenruf des Abg. Eßl.)

Unser erster Antrag bezieht sich auf die Enthornung von Kälbern, das ist schon ange­sprochen worden. Das ist ein ganz schmerzhafter Prozess für die Kälber, das kann man sich, glaube ich, vorstellen. Wir wollen, dass das nur mit Schmerzausschaltung ge­macht werden darf und dass zudem Förderungen für artgerechte Nutztierhaltung ein­gerichtet werden.

Wir werden auch dem Antrag des BZÖ hinsichtlich der Haltung von Zehnfußkrebsen zustimmen. Wir hatten ja auch einen ähnlichen Antrag im Ausschuss, der leider vertagt wurde. Ich hoffe, dass es bei diesem Antrag, wie im Ausschuss in Aussicht gestellt wurde, zu einer gemeinsamen Initiative kommen kann. Unser Antrag hat sich auf die Tötung von Krustentieren bezogen, die bei lebendigem Leib in kochend heißes Wasser geschmissen werden. Dass das Tierquälerei ist, darüber braucht man, glaube ich, nicht zu streiten. Deswegen hoffe ich sehr, dass wir eine gemeinsame Initiative starten können.

Weiters steht noch mein Antrag zur Verbesserung der Schweinehaltung auf der Tages­ordnung, auch der ist schon angesprochen worden. Die Schweine sind die Verlierer des Tierschutzgesetzes. 85 Prozent leben nach wie vor auf Vollspaltenböden, 98 Pro­zent ohne Stroheinstreu, 98 Prozent müssen ins Abferkelgitter, 75 Prozent leben un­unterbrochen in einem Kastenstand, und männliche Ferkel werden nach wie vor ohne Schmerzausschaltung kastriert. Dass das Tierquälerei ist, dem wird hoffentlich auch nie­mand widersprechen.

Schweine sind sehr sensible, intelligente Tiere, und so, wie sie jetzt leben, entspricht das einfach nicht ihrem Sozialverhalten, ihrem Körperpflegeverhalten und Ähnlichem.


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Deswegen fordern wir, dass die Tierhaltungsverordnung, was Schweine betrifft, endlich an die Mindestanforderungen des Tierschutzgesetzes angepasst wird, dass es eine schrittweise Anpassung gibt und auch Förderungen für die österreichische Schweine­haltung vorgesehen werden, damit auch Schweine artgerecht gehalten werden.

Herr Minister, Sie fordern wir auf, sich insbesondere auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass die Schweinerichtlinie angepasst wird, dass Vollspaltenböden verboten werden, dass es eine Verpflichtung zu Einstreu gibt, dass Kastenstände verboten werden und dass auch die Kastration ohne Schmerzausschaltung verboten wird.

Ich glaube, im Tierschutz ist noch einiges zu tun. Ich hoffe, dass wir gemeinsame Initia­tiven setzen können. Aber besonders wichtig ist uns, dass auch die Position der NGOs weiter stark bleibt.

Im Übrigen bin ich der Meinung, Österreich braucht ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umweltministerium. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


17.51.41

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kollegin Brunner, dieses Gesetz, das wir heute beschließen, ist eine Stärkung für den Tier­schutz – eine Stärkung deshalb, weil wir seit 2005 gesehen haben, dass wir zwar das modernste und beste Tierschutzgesetz auf dieser Welt haben, dieses Gesetz aber in der Umsetzung, im Vollzug großteils gescheitert ist, und weil wir in diesem Gesetz einen Tierschutzrat eingerichtet haben, in dem auch der Vollzug angesiedelt war, es dort aber nie zu irgendwelchen einhelligen Meinungen gekommen ist und der Vollzug blo­ckiert wurde.

Ich gebe dir recht, Kollegin Brunner, auch in diesem Haus war nie genug Zeit für den Tierschutz, und diese Zeit nehmen wir uns jetzt mit dieser Tierschutzkommission. (Bei­fall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn alle fünf Parteien dieses Hauses in dieser Tierschutzkommission vertreten sind, plus zwei Vertreter des Gesundheitsministeriums und zwei Vertreter des Landwirt­schaftsministeriums, die notwendig sind, weil das Tierschutzgesetz Einstimmigkeit vo­raussetzt, dann, glaube ich, können wir auf politischer Ebene in diesem Gremium wirk­lich Tierschutz betreiben.

Der Tierschutzrat, der, wie du immer sagst, angeblich ausgehöhlt wird, bleibt in seiner Verantwortung, wie er ist. Der Tierschutzrat ist der wissenschaftliche Beirat, der den Minister in Tierschutzfragen weiterhin berät. Es wird nur der Vollzug aus diesem Tier­schutzbeirat herausgelöst, weil der Vollzug selbst aus diesem Tierschutzbeirat heraus­will und in ein Vollzugsorgan gehen will.

Ich glaube, liebe Kollegin Brunner, wir haben ein Gesetz, das ausgezeichnet ist, und es hat keinen Sinn, dieses Gesetz auf 20 000, 30 000 Seiten auszuweiten, wenn wir wis­sen, dass der Vollzug nicht funktioniert. Und ich glaube, es ist hoch notwendig, in die­ser Republik zu schauen, dass der Vollzug funktioniert, denn all die Dinge, die du ge­nannt hast, sind im Tierschutzgesetz schon verboten.

§ 5 des Tierschutzgesetzes sagt aus, dass keinem Tier Leid oder Schmerz zugefügt und kein Tier in Angst versetzt werden darf, sodass es physischen oder psychischen Schaden erleidet.

§ 16 des Tierschutzgesetzes sagt aus, dass kein Tier so untergebracht werden darf, dass dem Tier Leid und Schmerzen zugefügt werden oder es in Ängste versetzt wird, die physische oder psychische Schäden hervorrufen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 191

Das heißt, aufgrund dieser zwei Paragraphen, des § 5 und des § 16, könnte der Voll­zug handeln – aber er tut es nicht. Es hat keinen Sinn, noch mehr Gesetze zu machen, wenn der Vollzug nicht handelt, sondern ich denke, wir als Tierschutzkommission, die heute beschlossen wird, haben zu handeln und den Minister zu beraten, wie in Zukunft das Tierschutzgesetz, auch im Rahmen von Verordnungen, um- und durchgesetzt wer­den kann. (Beifall bei der SPÖ.)

17.54


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


17.54.30

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Diese Expertenkommission, dieser Tierschutzbeirat, das ist eine vernünftige Sa­che, das unterstützen wir vom BZÖ auch. Es muss erwähnt werden, dass da Expertin­nen und Experten drinnen sitzen, die unentgeltlich arbeiten. Das ist eine Supersache, wird auch von uns unterstützt. Aber nun zu den Anträgen.

Frau Kollegin Brunner, anstatt über die Schweinebauern zu schimpfen, hat sich das BZÖ mit dem Verband der österreichischen Schweinebauern in Verbindung gesetzt – und Sie können mir glauben, ab Anfang 2011 werden alle Ferkel bei der Kastration vom Tiergesundheitsdienst kontrolliert, entsprechend betäubt und haben keine Schmer­zen mehr.

Zum Antrag bezüglich Enthornung der Kälber muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen: Wenn das fachmännisch gemacht wird, hat das Kalb keine Schmerzen. Selbstverständlich braucht es auch eine Betäubung, aber alles müssen wir nicht gesetzlich vorschreiben! Wenn ich Ihren Antrag lese, dann meine ich, Sie haben das Ziel, dass die Tiere über­haupt nicht enthornt werden, und das, glaube ich, wäre ein fataler Fehler, angesichts der zahlreichen Unfälle, die da passieren, mit schwersten Verletzungen.

Abschließend ganz kurz zum Antrag von meinem Kollegen Gerry Grosz zu den Zehn­fußkrebsen: Es ist eindeutig festzuhalten, dass es auch da Mindeststandards braucht. 2004 haben wir Mindeststandards in der Rinderhaltung eingeführt, da haben wir das beste Gesetz Europas: Die Tiere dürfen nicht mehr angebunden werden, sie müssen einen Laufstall haben, es wird die Quadratmetermindestanzahl vorgeschrieben – und ein Mindestmaß fordern wir auch für die Krustentiere. Dass da die ÖVP dagegen stimmt, ist wirklich ein Wahnsinn. Das ist wieder ein Beweis dafür, dass die Wirtschaft, dass die Gastronomie mehr zählt als das Leid von Millionen Tieren. (Beifall beim BZÖ. – Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Wir fordern ja nicht viel, nicht mehr als Kontrolle und dass es Rechtssicherheit gibt, wer kontrolliert. Aber auch da seid ihr dagegen, Mindeststandards einzuführen. (Zwi­schenruf des Abg. Eßl.) Lesen Sie den Antrag! Kollege Eßl, lies den Antrag, und dann geh in dich und stimm zu! (Beifall beim BZÖ.)

17.57


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Höllerer. – Bitte.

 


17.57.05

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! Ein sehr gutes österreichisches Tierschutzgesetz erfährt mit den heu­tigen Gesetzesänderungen eine weitere Verbesserung. Es wurde bereits darauf hinge­wiesen, dass dieses Tierschutzgesetz mit der Umstrukturierung des Tierschutzrates ge­stärkt wird und dass auch die Handlungsfähigkeit weiterentwickelt wird. Das österrei­chische Tierschutzgesetz ist ein sehr strenges, das weit über die EU-Richtlinien hinaus greift und auch im Schweinebereich Bestimmungen enthält, die auch angewendet wer­den, wie etwa bei den Schlitzweiten der Spaltenböden, den Buchtengrößen, aber auch bei den bei der Aufstallung verwendeten Materialien.


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Änderungen bei den Aufstallungen, die ad hoc erfolgen sollten, wie auch im Antrag der Grünen gefordert, würden gewaltige Investitionen bei den Bäuerinnen und Bauern her­vorrufen, die diese derzeit nicht in der Lage wären, finanziell durchzustehen. Viele von ihnen müssten die Produktion einstellen. Das hätte zur Folge, dass die Importe zuneh­men und dass die sehr umstrittenen Tiertransporte in einer noch größeren Zahl stattfin­den müssten.

Die österreichischen Schweinebauern liefern jährlich 4,5 Millionen Schweine hochste­hender Qualität zu EU-Marktbedingungen, das heißt zu niedrigen Preisen, an den ös­terreichischen Lebensmittelsektor und damit auch an die Verbraucherinnen und Ver­braucher, und sie sind höchst interessiert daran, auch bei den Aufstallungssystemen eine Weiterentwicklung mitzuvollziehen.

Es stimmt, der Verband der österreichischen Schweinehalter arbeitet intensiv daran, auch bei der Ferkelkastration für die Schmerzausschaltung eine Lösung zu finden, und die Umsetzung wird demnächst erfolgen. (Beifall bei der ÖVP.)

17.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jannach. – Bitte.

 


17.59.01

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Auch wir begrüßen die Änderung des Tierschutzgesetzes. Der Tierschutzrat hat sich als etwas schwerfällig erwiesen, und deswegen hat man die Kommission dazu ein­geführt, um es etwas schneller in der Umsetzung zu machen. Aber wir begrüßen diese Änderung grundsätzlich, weil sie eben eine Weiterentwicklung der Sache ist.

Zu den einzelnen Anträgen, die da jetzt am Tisch liegen. Da muss ich der Frau Höllerer recht geben, eine rasche Umsetzung des Antrags der Grünen in Bezug auf die Schwei­nehaltung, von dem wir sehr viele Punkte auch als sehr gut empfinden, würde für die Landwirtschaft natürlich massive Investitionen bedeuten, die in so kurzer Zeit nicht um­setzbar wären. Dass die Zielrichtung richtig ist, das denken wir auch und werden des­halb den Antrag auch in symbolischer Form unterstützen. Wir wissen, dass er keine Mehr­heit hier finden wird, aber die Zielrichtung dieses Antrages ist ganz richtig.

Die Enthornung – das kenne ich noch aus der Praxis – erfolgt natürlich nicht schmerz­frei. Das weiß jeder, der schon einmal ein Kalb enthornt hat. Herr Bundesminister, ich lade Sie gerne ein, einmal bei der Enthornung eines Kalbes – wenn es auch nur eine Woche alt ist – dabei zu sein. Jeder aus der Praxis weiß, dass eine Enthornung ohne Betäubung mit Schmerzen verbunden ist. Die Geräte, mit denen man bis zum 14. Lebenstag enthornen darf, haben sich als nicht besonders praxistauglich erwiesen. Es ist zwar vielfach so, dass die Landwirte die dafür vorgeschriebenen Enthornstäbe kaufen und sie in den Stall hängen, dann aber doch die stärkeren, gebräuchlicheren Enthornstäbe verwenden und damit die Kälber erst enthornen, wenn sie drei, vier Wo­chen alt sind. Die Knospen an den Hornansätzen sind dann wesentlich größer, und es kann wesentlich leichter und wesentlich sicherer enthornt werden.

Wir begrüßen den Antrag der Grünen. Wir finden diesen Antrag im Gegensatz zur ÖVP nicht überschießend, weil er nämlich besagt, dass die Enthornung immer unter Betäu­bung erfolgen soll – dem können wir uns voll anschließen – und es eine Unterstützung für die Betäubung geben sollte. Das ist aktiver Tierschutz, und dem fühlen wir uns auch als Bauern verpflichtet. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Tadler.)

Herr Abgeordneter Keck und Herr Abgeordneter Huber haben erwähnt, dass die Grü­nen mehr Paragraphen haben wollen. Gerade in Bezug auf die Enthornung bringt der grüne Antrag ein Weniger an Paragraphen, denn die Enthornung bis zum 14. Lebens­tag ist eine Ausnahmeregelung. Wenn man diese Ausnahmeregelung, die besagt, dass


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man das darf, streicht, dann kann mir niemand erklären, dass das ein Mehr an Para­graphen ist. Das ist ein Weniger an Verordnung, ein Weniger an Bestimmungen, und das halten wir durchaus für sinnvoll. (Beifall bei der FPÖ.)

Abschließend möchte ich noch sagen, da ich ja selbst Landwirt bin, dass wir – und da­rin sind wir uns hier herinnen alle einig – einen Mittelweg zwischen Landwirtschaft und Tierschutz finden müssen. Alles wird nicht 1 : 1 umzusetzen sein, weil wir einen wirt­schaftlichen Weg für die Landwirtschaft finden müssen, aber wir dürfen den Tierschutz im Interesse der Bauern und im Interesse der Konsumenten nicht vernachlässigen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.02


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Linder. – Bitte.

 


18.02.12

Abgeordneter Maximilian Linder (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Mi­nister! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich möchte speziell zum Thema Enthor­nung Stellung nehmen. Da ich selbst Praktiker bin, kann ich nur das bestätigen, was mein Kollege Jannach gesagt hat: Ohne Betäubung ist eine schmerzfreie Enthornung nicht möglich!

Ich denke, wir sollten da aber auch eine andere Sichtweise aufzeigen. Wir reden per­manent vom Feinkostladen Österreich, wir reden permanent von der Qualität unserer Produkte – gerade diese Qualität ist sehr innig mit Tierschutz, mit artgerechter Haltung verbunden. Deshalb bin ich der Meinung, dass wir unbedingt per Gesetz festlegen soll­ten, dass Enthornung nur noch mit Narkose, mit Betäubung erfolgen darf. Das wird auch das Image der Bauern heben, und deshalb ist das aus meiner Sicht ganz wichtig.

In diesem Zusammenhang komme ich aber auch auf das Thema Kostentragung zu spre­chen, das mir ein ganz wichtiges Anliegen ist. Ich selbst habe im Jahr 1989 die Land­wirtschaft übernommen und habe damals für ein Kilo Rindfleisch, Stierfleisch, verkauft beim Fleischhacker, 62,50 S, also 4,54 € bekommen. Heute liegt der Preis dafür bei 2,70 € bis 3 €. Das heißt: ein Drittel Einkommensverlust! – Es kann nicht sein, dass wir die Bauern permanent belasten, permanent mehr Anforderungen stellen, diese dann aber nicht über Förderungen ausgleichen. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Noch eines, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wenn es dann doch Förderungen gibt, ste­hen gerade bei den Grünen einige Kollegen auf und zeigen mit dem Finger auf uns. Auf der anderen Seite fordern sie mehr Auflagen, mehr Maßnahmen, mehr Investitionen. Ich glaube, wir sollten so fair sein und sagen: Wenn wir kleine Landwirtschaften haben wollen, wenn wir bäuerliche Landwirtschaft haben wollen und keine Agrarindustrie, dann sollten wir zu den Förderungen stehen. Wir sollten zum Tierschutz stehen, aber der Auf­wand muss uns abgegolten werden. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Tadler.)

18.04


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirkl­huber. – Bitte.

 


18.04.18

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Kollege Linder, voll­kommen d’accord! Selbstverständlich stehen wir zu den Förderungen für artgerechte Tierhaltung.

Ein Satz auch in Richtung des Kollegen Jannach beziehungsweise der Bauernvertreter hier im Haus: Für jeden Bauern/jede Bäuerin ist die Tiergesundheit ein ganz wesentli­cher wirtschaftlicher Faktor, und dieser hängt natürlich auch von einer artgerechten Tierhaltung ab. Tiere, die sich wohlfühlen, die gut und richtig gefüttert werden, die artge­


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recht gehalten werden, sind auch gesund. Artgerechte Haltung kann daher und darf und soll auch kein Nachteil sein. Natürlich gibt es schon auch immer wieder reale Konflik-
te, beengte Hofstallungen, schwierige Situationen aufgrund historischer Gegebenheiten, Traditionen und Ähnliches mehr, das ist uns durchaus bewusst.

Wenn Sie unsere Anträge in Ruhe durchgelesen haben, werden Sie Folgendes erkannt haben:

Erstens fordern wir keinen österreichischen Alleingang, sondern bei der Schweinehal­tung eine akkordierte europäische Initiative. (Zwischenruf des Abg. Prinz.) Und die wird kommen, Kollege Prinz, so oder so, ob wir das wollen oder nicht, weil die Verbrau­cherInnen-Erwartungen in eine Richtung gehen, nämlich die Tiere als Mitgeschöpfe wahrzunehmen. Für Bauern ist der Umgang mit Tieren alltäglich, daher nicht immer einfach, denn im mitgeschöpflichen Bereich gibt es auch Konflikte. So ist das, keine Frage. Das ist eine Herausforderung, wenn man zum Beispiel in der Zeitung liest, dass eine Kuh – erst vor Kurzem geschehen – eine Spaziergängerin angefallen hat, um ihr Kalb zu verteidigen. – Ein an sich ganz natürlicher Vorgang. Die Kuh hat sich beengt gefühlt und ihr Kalb verteidigt; leider ist das ein schwerer Unfall geworden. So ist das eben mit Tieren. (Abg. Jakob Auer: Auf der freien Wiese!) Ja, auf der freien Wiese, auf der Weide, auch dort kann so etwas passieren.

Je mehr wir die artgerechte Tierhaltung umsetzen können, umso besser ist eindeutig die Qualität der Produkte, umso besser sollte auch die Arbeitsqualität für die Bäuerin­nen und Bauern sein; auch das ist ein wichtiger Punkt. Es soll den Bäuerinnen und Bauern Spaß machen, es soll Sinn machen, in den Stall zu gehen, und das ist dann der Fall, wenn sie sehen, dass es den Tieren gut geht, und auch die Arbeitsqualität ent­sprechend gut ist.

In diese Richtung gehen unsere Anträge, vor allem was die Schweinehaltung betrifft. Wir haben einen Plan für die schrittweise Anpassung der österreichischen Schweinehal­tung an artgerechte Tierhaltung vorgeschlagen. Herr Bundesminister, einen solchen Ein­stieg vorzubereiten wäre eine gute Initiative. Uns ist natürlich klar, dass wir nicht von heute auf morgen Investitionen der letzten Jahre „umdrehen“ können, aber wir sind alle aufgefordert, einen weiteren Schritt in Richtung Qualitätsentwicklung voranzutreiben und eine Partnerschaft zwischen KonsumentInnen und Bäuerinnen/Bauern mit den Tier­schutzorganisationen zu entwickeln.

Herr Kollege Keck, kurz auch etwas zur Verwaltungsfrage und zur Kontrollfrage. Im Ver­waltungsrat sitzen doch dieselben Organe, die schon jetzt für die Vollziehung verant­wortlich sind. Was soll denn das bringen? – Wenn sie schon jetzt Gesetze nicht richtig vollzogen haben, dann halten wir, einen zusätzlichen Beirat im Tierschutzgesetz einzu­setzen, für eine Aufblähung der Verwaltung, die nicht notwendig ist. Es sind ja diesel­ben Leute dabei. Es ginge einfach darum, die Akkordierung sicherzustellen, dass der Bundesminister gewährleisten kann und muss, dass die Vollziehung korrekt erfolgt, dass die Risikopläne und Kontrollpläne eingehalten werden. Alles andere ist eine Fra­ge von zukünftigen Strategien, die wir im Rahmen der ländlichen Entwicklung diskutie­ren müssen.

Wir müssen auch anerkennen: Artgerechte Tierhaltung heißt Investitionen. – Wir ste­hen zu Investitionen in artgerechte Tierhaltung. Wir haben das immer unterstützt.

Noch eines zur Kälberhaltung und zum Enthornen mit dem „buddex“-Gerät. Sie wis­sen, es gibt die Ausnahme, dass die Enthornung bis zum 14. Lebenstag mit einem Spe­zialgerät durchgeführt werden kann. Im biologischen Landbau haben wir uns definitiv gegen diese Maßnahme entschieden. Es hat sich aus unserer Sicht herausgestellt, dass das nicht wirklich zumutbar ist. Die meisten Bauern und Bäuerinnen arbeiten in diesem Bereich ohnehin schon mit den Tierärzten zusammen. Somit ist eine entsprechende Be­


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täubung sichergestellt. Ich glaube, dass das im Sinne einer Harmonisierung, Vereinheit­lichung – das ist auch eine Empfehlung des Tierschutzrates – aus unserer Sicht verhält­nismäßig ist, für die Bäuerinnen und Bauern machbar ist und daher auch umgesetzt wer­den soll und muss.

Wir sind auch sicher, dass Dumping bei Fleisch eines der größten Vergehen gegen Tierschutz ist. Daher braucht es so etwas wie Preisgerechtigkeit für artgerechte Nutz­tierhaltung. In diese Richtung muss in Ihrem Ministerium, Herr Minister Stöger, immer wieder gearbeitet werden. Es bedarf eines Gütesiegelgesetzes, das seinen Namen auch verdient. Dafür sind auch Sie verantwortlich, Sie sollen nicht weiter blockieren. Wenn wir ein gutes Kennzeichnungs- und Gütesiegelkonzept für artgerechte Tierhaltung umset­zen können, dann wird auch die entsprechende Preissicherheit für die Bäuerinnen und Bauern gewährleistet sein. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

18.09

18.09.18 Abstimmung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Schluss der Debatte.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Tierschutzgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 846 der Beilagen.

Ich bitte um Ihr zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Ich bitte um Ihre Zustimmung zum Gesetzentwurf auch in dritter Lesung. – Das ist mit Mehrheit beschlossen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenom­men.

Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 847 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um Ihr zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit beschlossen.

Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 848 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um Ihre Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 849 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um Ihr zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit beschlossen.

18.10.4225. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (772 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung, das Bewäh­rungshilfegesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beam­ten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972 und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden, sowie über die

Regierungsvorlage (685 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975 geändert wird (839 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 25. Punkt der Tagesordnung.

Eine Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Erste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer. – Bitte.

 



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18.11.14

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir heute die Ein­führung der elektronischen Fußfessel, die in den letzten Jahren der Öffentlichkeit be­kannt wurde, beschließen, also die Möglichkeit, Häftlinge, Strafgefangene gegen Ende ihrer Strafzeit oder auch Untersuchungshäftlinge unter elektronische Aufsicht zu stel­len – so müsste man das korrekt nennen –, dann ist damit, glaube ich, ein wichtiger Schritt gelungen; sie wird – das ist an sich ja eine Einvernehmensmaterie – nun auch syste­matisch in das österreichische Strafprozessrecht und ins Strafvollzugsrecht eingebaut werden.

Das ist gut, nicht, weil es ein Privileg sein soll für einzelne Strafhäftlinge, nicht, weil es ein Versuch sein soll, Gefängnisse zu leeren – auch das sei ganz klar gesagt, das ist es nicht –, sondern weil es eine Möglichkeit ist, einerseits kurze Haftstrafen und damit eine Desozialisierung zu vermeiden, also dass jemand, der zu einer kurzen Freiheitsstrafe verurteilt wird, seinen Beruf, sein gesamtes soziales, familiäres Umfeld verliert, und weil es auf der anderen Seite hilft, die Resozialisierung zu erleichtern und die Rückfallshäu­figkeit zu senken und somit auch die Sicherheit für die Bevölkerung zu erhöhen.

Ich glaube, dass das ein richtiger und wichtiger Schritt ist. Ich möchte allen danken, die in den letzten Jahren – es war ein längerer Prozess – an dieser Entscheidung kons­truktiv mitgewirkt haben im Bundesministerium für Justiz, in den einzelnen Strafanstal­ten, wo das versuchsweise umgesetzt wurde, aber auch hier im Hohen Haus, wo in den letzten Wochen sehr konstruktive Verhandlungen geführt worden sind.

Ich glaube, dass es auch richtig ist, den gemeinsamen Antrag zu stellen, eine Evaluie­rung vorzusehen, um uns ansehen zu können, ob und wie erfolgreich diese Maßnahme gewirkt hat. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

18.13


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


18.13.11

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist in der Tat eine große Errungenschaft, die wir heute be­schließen, weil mit der elektronischen Fußfessel – ein doch schon seit einigen Jahren anhängiges Projekt, von dem alle wissen und zu dem sich auch alle bekennen –, und das wird die Diskussion auch zeigen, eine vernünftige Maßnahme gesetzt wird, die sicher­stellt, dass jene Personen, die sozial integriert bleiben sollen, auch sozial integriert blei­ben können. Es hat bis dato immer wieder Fälle gegeben, dass Personen, bei denen man eigentlich nicht sicher war, ob sie tatsächlich in Haft sein müssen, aufgrund bestimmter Gegebenheiten dort bleiben mussten, was natürlich auch zu einer Entwurzelung geführt hat, die Arbeitsplätze sind verloren gegangen. Letztendlich hat überhaupt niemand ir­gendetwas davon gehabt. Das ist jetzt – seit zweieinhalb Jahren wird das diskutiert – ver­bessert worden.

Es gibt auch – Kollegin Wurm wird dazu noch sprechen – im Sinne des Opferschutzes eine Feststellung, die sicher sinnvoll ist. Dem Justizministerium sei gedankt, dass si­chergestellt werden konnte, dass „NEUSTART“ finanziell besser ausgestattet wird; ab nächstem Jahr mit 3,5 Millionen, wie ich höre, heuer noch mit einer halben Million. Auch Herrn Kollegem Katzian möchte ich dafür herzlich danken, dass es möglich ge­worden ist, hier eine sinnvolle Lösung zu bekommen, weil wir nichts davon haben, wenn wir gesetzliche Regelungen aufstellen, die dann letztlich nicht umgesetzt werden können.

Ich glaube, dass wir mit dieser heutigen Maßnahme – die Zeit für die Diskussion ist sehr kurz – wirklich eine epochale Weiterentwicklung im Strafgesetz herbeiführen. Ich danke


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allen, die in der Vorphase sehr konstruktiv mitgewirkt haben. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.15


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


18.15.19

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Es ist ein Fünf-Parteien-Antrag, in dem es darum geht, dass diese Maßnahme auch überprüft wird. Es ist nicht nur notwendig, die Praxis, also für wen diese Strafe in Frage kommt, zu überprüfen – wir haben im Ausschuss klargemacht, dass hier ein besonders strenger Maßstab angelegt werden muss, das ist auch im freiheitlichen Sinn –, sondern auch die technische Handhabung soll überprüft werden.

Daher haben alle Fraktionen gemeinsam einen Entschließungsantrag gestellt, den ich nunmehr einbringe:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Jarolim, Mag. Donnerbauer, Dr. Rosenkranz, Mag. Steinhauser, Mag. Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung des Strafvollzugs durch elektronisch überwachten Hausarrest

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht, dem Nationalrat binnen zwei Jahre nach Inkrafttreten einen Bericht über die Anwendung und Auswirkungen des Strafvollzugs durch elektronisch überwachten Hausarrest mit besonderer Blickrichtung auf den Be­reich des Opferschutzes vorzulegen.

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Es ist notwendig, bei diesem Antrag sehr wohl auch die Systematik zu bedenken. Es ist die Frage, ob man diese Fußfessel nicht auch als eine Form der Strafe vorsehen kann. Was wir auf jeden Fall erreichen wollen: Es soll bereits der Richter aussprechen kön­nen, ob die Fußfessel überhaupt in Frage kommt. Darin unterscheiden wir uns von dem, was die Grünen gefordert haben. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

18.16


Präsident Fritz Neugebauer: Der Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Jarolim, Mag. Donnerbauer, Dr. Rosenkranz, Mag. Steinhauser, Mag. Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung des Strafvollzugs durch elektronisch überwachten Hausarrest

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Justizausschusses über die Re­gierungsvorlage (772 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Straf­prozessordnung, das Bewährungshilfegesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsge­setz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsge­


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setz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungs­gesetz 1972 und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden, und

über die Regierungsvorlage (685 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessord­nung 1975 geändert wird (839 d.B.)

Im Zuge der heute im Plenum zu beratenden Novelle des Strafvollzugsgesetzes soll der elektronisch überwachte Hausarrest als neue Vollzugsform eingeführt werden. Trotz Prüfung dieser Vollzugsform im Rahmen von Probeversuchen soll diese Form des Vollzugs einer Freiheitsstrafe hinsichtlich Fragen der Anwendung, des Opfer­schutzes (mit besonderer Blickrichtung auf Opfer häuslicher Gewalt) und auch der technischen Belange einer Evaluierung nach angemessener Zeit unterzogen werden, um allfällige Anpassungen vorbereiten zu können.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht, dem Nationalrat binnen zwei Jahre nach Inkrafttreten einen Bericht über die Anwendung und Auswirkungen des Strafvollzugs durch elektronisch überwachten Hausarrest mit besonderer Blickrichtung auf den Be­reich des Opferschutzes vorzulegen.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhau­ser. – Bitte.

 


18.17.02

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Die Beschlussfassung der elektronischen Aufsicht heute ist in der Tat ein richtiger und wichtiger Schritt. Seit mehreren Jahren debattieren wir das, und es hat immer zwei Ar­gumente dagegen gegeben. Das eine war, das sei eine Stigmatisierung jener, die die elektronische Aufsicht über sich ergehen lassen müssen. Dazu ist zu sagen: Haft be­deutet noch viel mehr Stigmatisierung. Die elektronische Aufsicht ist mit Sicherheit das gelindere Mittel.

Das zweite Argument war immer: Das ist nicht adäquat zur Haft und wäre so zu inter­pretieren, dass eine Besserstellung gegenüber der Haft erfolgt. – Auch diese Ansicht teile ich nicht. Ich glaube, die Rahmenbedingungen der elektronischen Aufsicht sind für die Betroffenen doch so restriktiv gewählt, dass das schon als Einschränkung der per­sönlichen Freiheit empfunden wird und damit auch der Haft adäquat ist.

In einem Punkt – und das ist schon angesprochen worden – bleibt aber dieser Geset­zesantrag inkonsequent, nämlich indem er dem Gericht einräumt, dass es für bestimm­te Fälle die elektronische Aufsicht ausschließen kann. – Das halte ich für falsch. Das wäre dann denkbar, wenn die elektronische Aufsicht eine eigene Strafform wäre; das ist schon angesprochen worden. Das lehnen wir ab, das ist auch nicht so intendiert und konzipiert.

Die elektronische Aufsicht soll bewusst anstelle der Haft greifen, weil ja die Para­meter ganz andere sind. Nicht general- und spezialpräventive Überlegungen stehen im Vordergrund, sondern die Überlegungen sind, ob aufgrund der individuellen Situation des Häftlings die Anwendung der elektronischen Aufsicht nicht zu einer höheren Re­sozialisierungswahrscheinlichkeit führt. Das ist in der Tat der Fall, wenn es eine Woh­


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nung gibt, wenn es familiäre Bindungen gibt, wenn es einen Arbeitsplatz gibt. Es wird ja auch eine Risikoabwägung getroffen, und ich sehe nicht ein, warum man, wenn diese Voraussetzungen vorhanden sind und eine Risikoabwägung getroffen wurde, dann aus generalpräventiven Überlegungen die betreffende Person nicht in die elektro­nische Auf­sicht „entlässt“ – zwischen Anführungszeichen; es ist ja keine Entlassung –, mit der Fol­ge, dass die Person ihren Arbeitsplatz verliert, möglicherweise die Wohnung verliert. Da frage ich mich schon: Was bringt das? Führt das nicht eher dazu, dass durch den Nichteinsatz der elektronischen Aufsicht die Rückfallwahrscheinlichkeit erhöht wird?

Alles in allem muss man festhalten: Alles, was Haft vermeidet, was Haft sinnvoll ver­meidet, erhöht die Resozialisierungschancen. Daher ist das heute ein wichtiger Schritt.

Frau Justizministerin, wir haben das auch schon diskutiert, wir wären nicht die Opposi­tion, wenn wir selbst jenseits dieser systematischen Frage nicht die eine oder andere Verbesserungsmöglichkeit sehen würden. Ich glaube, dass man bei der sozialarbeiteri­schen Begleitung noch etwas machen muss, damit wir nicht Gefahr laufen, dass es eine soziale Selektion gibt, dass das sozusagen die Strafform jener ist, die sehr gut in­tegriert sind und das über einen Rechtsanwalt durchsetzen können. Daher wäre es, glaube ich, sinnvoll, dass durch sozialarbeiterische Begleitmaßnahmen möglicherweise in dem einen oder anderen Fall, wo die Wohnungssituation oder die Arbeitsplatzsitua­tion nicht gegeben ist, die elektronische Aufsicht zur Anwendung kommen kann. (Bei­fall bei den Grünen.)

Ein weiterer Punkt, der, finde ich, kleinlich gelöst wird, ist die Frage der Bewegung im Freien. Diese ist nicht vorgesehen. Jetzt muss man wissen, dass auch im Strafvollzug Bewegung im Freien vorgesehen ist, weil das natürlich sinnvoll ist. Das Argument „Er bewegt sich ohnehin im Freien, wenn er zum Arbeitsplatz fährt“ finde ich kleinlich, zu­mal das ganz unterschiedliche Distanzen sein können. Bewegung im Freien ist sinn­voll, sie ist gesund (Abg. Dr. Pirklhuber: ... „nicht artgerechte“ Menschenhaltung!), und sie sollte auch möglich sein. Ich glaube, da sollte man in diesem Sinn auch vernünftig sein und das mittelfristig novellieren, weil es meiner Ansicht nach ein bisschen ängst­lich ist.

Ein letzter Punkt – auch den haben wir schon diskutiert – ist das Anknüpfen an die Nor­malarbeitszeit. Jetzt weiß ich schon, im Gesetz steht „tunlich“ drin. Ich glaube, dass die Anwender so pragmatisch sein und „tunlich“ Normalarbeitszeit auch für Teilzeitarbeits­verhältnisse anwenden werden, denn die Praxis – es ist bedauerlich, aber es ist so – ist längst schon so, dass die Normalarbeitszeit nicht unbedingt der Regelfall ist und auch ein Teilzeitarbeitsverhältnis dazu führen kann, dass jemand einen angemessenen Le­bensunterhalt bestreiten kann und daher auch in die elektronische Aufsicht übernommen werden kann.

In diesem Sinne: ein gutes Gesetz! Es gibt die eine oder andere Verbesserungsmög­lichkeit, aber wir Parlamentarier müssen ja glücklich sein, wenn wir noch etwas verbes­sern können. In diesem Sinn stimmen wir zu, und ich bin davon überzeugt, eines Ta­ges werden auch diese Punkte ausgeräumt werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


18.21.44

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Frau Bundesminister! Hohes Haus! Herr Kollege Steinhauser, ich schließe nicht aus, dass wir in zwei Jahren, wenn wir den Eva­luierungsbericht aufgrund dieses Fünf-Parteien-Antrages bekommen – wir bekommen ja in spätestens zwei Jahren einen Evaluierungsbericht –, das eine oder andere nachbes­


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sern werden. Ich glaube, die Materie ist ideologisch nicht so aufgeladen, dass man in zwei Jahren nicht sachlich darüber diskutieren kann.

Es ist vernünftig, jetzt einmal Erfahrungen zu sammeln. Dann kann man auch entschei­den, ob es sich in Österreich in die Richtung entwickelt – wie uns die Frau Bundesmi­nister im Ausschuss berichtet hat –, dass das eher eine Maßnahme des Vollzuges ist, oder ob das nicht vielleicht, so wie es die Wissenschaft sieht, eine Frage einer zusätz­lichen Strafdrohung ist, die man in Zukunft sozusagen in den Strafdrohungskatalog des StGB übernehmen sollte. Das werden wir alles sehen. Wir haben diese Frage, glaube ich, sachlich und mit unterschiedlichen Standpunkten diskutiert. Man kann mit der Re­gelung leben, sie ist meiner Ansicht nach im Großen und Ganzen eine Konsensmaterie.

Allerdings hat sich im Ausschuss etwas gezeigt, was man mit einer Ausschussfeststel­lung einzufangen versucht hat. Das ist die Frage, unter welchen Kautelen Täter mit einer Fußfessel in Hausarrest gelangen sollen, denen Straftaten gegen die geschlecht­liche Selbstbestimmung und Gewaltdelikte im Familienverband vorgeworfen werden oder vorgeworfen wurden, anzulasten sind. Wie geht man mit diesen Leuten um?

Dann hat man eine Ausschussfeststellung getroffen, die der Ausschuss für sich zur In­terpretation des Gesetzes festgelegt hat. Aber wie erfährt es jetzt der Normanwender? Da meine ich nicht nur sozusagen den gut vernetzten Anwalt, sondern wie erfährt es draußen auch der Normalbürger? Wie erfährt es vor allem das Opfer? Wie kann sich das Opfer dagegen wehren, wie kann das Opfer frühzeitig darauf aufmerksam machen?

Wissen Sie, Frau Bundesminister, ich habe im Großen und Ganzen schon Vertrauen in das Funktionieren des Erlassweges. Aber ich habe selbst einen Fall erlebt und als Volks­anwalt auch geprüft, in dem eine Diversion ausdrücklich ausgeschlossen gewesen wä­re – ausdrücklich sogar nach der klaren Rechtslage! –, in dem trotzdem eine Diversion rechtskräftig wurde und nicht einmal ein Wiederaufnahmeverfahren möglich war, sondern das Opfer – ein junges Mädchen, das dabei ein Bein verloren hatte – mit all seinen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen wurde. Man hat es zugegeben: fälschlicherweise Diversion angewendet, aber leider rechtskräftig, und die Vorausset­zungen für eine Wiederaufnahme liegen nicht vor! Sie kennen den Fall nicht, weil das vor Ihrer Zeit war, aber er war spektakulär.

Aus diesem Grund, sage ich, ist es zu wenig, diese Ausschussfeststellung nur im Er­lasswege an die Gerichte zu transportieren, weil im RIS, im Rechtsinformationssystem, dieser Erlass nicht auftaucht. Er ist also für jemanden, der versucht, sich aus dem RIS die anzuwendende Norm zu erschließen, nicht erkennbar. Daher sind wir der Meinung, dass man das durchaus im Gesetz selbst festhalten sollte.

Ich bringe daher folgenden Abänderungsantrag ein – und ich bin davon überzeugt, dass wir in zwei Jahren auch über diesen Abänderungsantrag, über den Gehalt dieses Ab­änderungsantrages, neuerlich werden diskutieren müssen –:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Stadler, Scheibner

1. In Artikel 1 Ziffer 3 werden in § 156c nach Absatz 1 folgende Absätze eingefügt:

„(2) Bei strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung ist der Vollzug einer zeitlichen Freiheitsstrafe in Form des elektronisch überwachten Haus­arrestes nur zulässig, wenn die Interessen der Opfer sowie allfällige Risikofaktoren dem nicht entgegenstehen und ein anderweitiges Vorgehen nicht geboten erscheint, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.

(3) Bei Straftaten gegen Familienangehörige im Rahmen häuslicher Gewalt ist der Voll­zug einer zeitlichen Freiheitsstrafe in Form des elektronisch überwachten Hausarrestes


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nur zulässig, wenn der Insasse über eine vom Opfer getrennte Wohnungsmöglichkeit verfügt oder nach Prüfung der Wohnverhältnisse, des sozialen Umfeldes und allfälliger Risikofaktoren sowie bei Einhaltung der Bedingungen (§ 156b Abs. 2) anzunehmen ist, dass dies für das Opfer unbedenklich sein wird.“

2. In Artikel 1 Ziffer 3 wird der bisherige § 156c Absatz 2 in Absatz 4 umbenannt.

*****

Meine Damen und Herren, mit diesem Antrag soll sichergestellt werden, dass das, was in der Ausschussfeststellung offensichtlich konsensual als Befürchtung geäußert wur­de, tatsächlich auch Normgehalt bekommt.

Noch einmal: Ich habe grosso modo Vertrauen, dass die Informationssysteme funk­tionieren. Aber sie funktionieren meistens in dramatischen Fällen nicht! Daher ist es vernünftig, wenn man etwas ohnehin schon als Problemzone erkennt, dass man das dann auch ins Gesetz hineinschreibt, damit es für den Normanwender erkennbar und vor allem für alle verbindlich ist, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Das ist nämlich der zentrale Punkt, denn der Erlass ist nicht verbindlich. Selbst wenn sich dann ein Richter oder ein Vollzugsbeamter, auch in Unkenntnis dieser Ausschuss­feststellung, anders entscheidet, nämlich falsch entscheidet, wird sich niemand darauf berufen können, dass es einen Erlass gibt, weil bekanntlich der Erlass als generelle Weisung nur internen Charakter hat und keinen generell-abstrakten Normcharakter hat, der nach außen wirkt. Das heißt also, kein Bürger kann sich von außen auf diesen Erlass berufen, sondern das ist nur ein Verhältnis, das sich zwischen dem weisungs­gebenden Organ, in dem Fall der Frau Bundesminister, und dem betreffenden Voll­zugsorgan, in dem Fall meistens der entsprechenden Justizanstalt, abspielt.

Natürlich könnte man sagen: Der hätte bei der Interpretation des Gesetzes auch die Ausschussfeststellung kennen müssen! Nur, seien Sie mir bitte nicht böse, Kollege Pendl, bei der Personalsituation in den Haftanstalten sollen sie dort in Zukunft auch die Ausschussberichte und die Protokolle des Justizausschusses gleich noch mit studie­ren? – Das glaube ich nicht, dass das dort Tagesgeschäft sein wird.

Daher ist es einfach vernünftiger, das sofort ins Gesetz hineinzuschreiben. Ich bin da­von überzeugt, dass wir in spätestens zwei Jahren darüber werden reden müssen. Ich hoffe nur, dass in der Zwischenzeit keine dramatischen Geschichten passieren, die von dieser – meiner Ansicht nach – Lücke, die man mit der Ausschussfeststellung zu schlie­ßen versucht, herrühren werden.

Ich bringe einen weiteren Abänderungsantrag ein, der Folgendes zum Inhalt hat – das halte ich jetzt für ein Gebot der Bürgerfreundlichkeit –: Wir haben in Österreich nach wie vor die Situation, dass aufgrund der geltenden Bestimmungen in der Strafprozess­ordnung Sie, Herr Kollege Amon, eine Aussage tätigen können, Sie können es dann auch unterschreiben, aber eine Kopie dessen, was Sie selbst ausgesagt haben, bekommen Sie nicht, weil Sie keinen Rechtsanspruch darauf haben.

Sie sind darauf angewiesen, dass man das irgendwann einmal prüft. Wenn Sie Partei sind, können Sie Akteneinsicht nehmen und so weiter, dann ist das möglich; aber nicht als Zeuge, da haben Sie ja meistens keine Parteistellung. Es geht darum, als Zeuge zu wissen, was Sie selbst ausgesagt haben, damit man vernünftigerweise auch selbst weiß, was man unterschrieben hat. Bei jedem Notar, überall bekommen Sie eine Kopie, wenn Sie etwas unterschreiben, aber bei der Polizei oder beim Staatsanwalt bekom­men Sie keine, da haben Sie keinen Anspruch auf das, was Sie selbst unterschrieben haben.


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Das hat übrigens dauernd zu Beschwerden geführt. Auch in der Volksanwaltschaft gab es dauernd Beschwerden deswegen, weil die Leute geglaubt haben, sie bekommen eine Kopie, und dann hat man ihnen gesagt: Nein, Schneck‘n, nichts kriegen S‘!

Abgesehen davon, dass die Kopien auch sündteuer sind, aber darüber reden wir noch extra: 1 € pro Kopie, da regt sich jetzt der Anwaltsstand meiner Ansicht nach zu Recht auf. Die teuersten Kopien der ganzen Republik werden im Justizbereich gemacht! 1 € pro Seite, da lohnt es sich für das Justizministerium fast schon, die Kopieraufwände zu übernehmen, denn da kann man bei einem halben € auch noch ein gutes Geschäft machen. – Gut, das ist ein anderes Kapitel.

Aber man hat nicht einmal einen Rechtsanspruch auf das, was man selbst unterschrie­ben hat! Ich möchte ja nicht, dass jeder die Aussagen anderer bekommt – das wäre nämlich Ausfluss der Akteneinsicht –, nein, ich möchte nur, dass der, der selbst etwas unterschreibt, seine eigene Aussage bekommen soll, wenn es nicht zwingende ermitt­lungstechnische Gründe dagegen gibt.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Stadler, Scheibner

1. In Artikel 2 lautet Ziffer 1 wie folgt:

„1. § 96 Absatz 5 lautet wie folgt:

„(5) Das Protokoll ist zum Akt zu nehmen. Der vernommenen Person ist auf ihr Verlan­gen sogleich eine Abschrift oder Kopie auszufolgen““ –

und jetzt kommt die Einschränkung –

„sofern dem schutzwürdige Interessen des Verfahrens oder Dritter nicht entgegen ste­hen; § 54 ist anzuwenden. Auf Kurzschriften und Tonaufnahmen (Abs. 2) ist § 271 Abs. 6 anzuwenden.“

2. Die bisherigen Ziffern 1 bis 8 in Artikel 2 erhalten die Bezeichnungen „2“ bis „9“.

3. Die neue Ziffer 9 in Artikel 2 lautet wie folgt:

„9. § 514 wird folgender Abs. 10 angefügt:

„(10) Die Bestimmungen der §§ 96 Abs. 5, 153 Abs. 3 und 4, 172 Abs. 1 und 2, 172a, 173a, 174 Abs. 3 Z 8, 176 Abs. 1 Z 2 und 266 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. xx/xxxx, treten mit 1. September 2010 in Kraft.““

*****

Meine Damen und Herren, mir scheint es ein Gebot der Bürgerfreundlichkeit zu sein, dem Bürger das auszuhändigen, was er selbst unterschreibt. Das ist nicht etwas, was dem Rechtsstaat schaden kann, denn im Verwaltungsrecht ist es auch möglich, dass ein Bürger das, was er selbst unterschrieben hat, jede Niederschrift erhalten kann. Warum nicht auch, bitte, im Strafprozessrecht?! (Beifall beim BZÖ.)

18.31


Präsident Fritz Neugebauer: Beide Abänderungsanträge stehen mit in Verhandlung.

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Stadler, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 203

zum Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (772 d.B.): Bundesge­setz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung, das Bewährungshilfe­gesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversiche­rungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Un­fallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972 und das Arbeitslosenver­sicherungsgesetz 1977 geändert werden sowie über die Regierungsvorlage (685 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975 geändert wird (839 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 1 Ziffer 3 werden in § 156c nach Absatz 1 folgende Absätze eingefügt:

„(2) Bei strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung ist der Vollzug einer zeitlichen Freiheitsstrafe in Form des elektronisch überwachten Haus­arrestes nur zulässig, wenn die Interessen der Opfer sowie allfällige Risikofaktoren dem nicht entgegenstehen und ein anderweitiges Vorgehen nicht geboten erscheint, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.

(3) Bei Straftaten gegen Familienangehörige im Rahmen häuslicher Gewalt ist der Voll­zug einer zeitlichen Freiheitsstrafe in Form des elektronisch überwachten Hausarrestes nur zulässig, wenn der Insasse über eine vom Opfer getrennte Wohnungsmöglichkeit verfügt oder nach Prüfung der Wohnverhältnisse, des sozialen Umfeldes und allfälliger Risikofaktoren sowie bei Einhaltung der Bedingungen (§ 156b Abs. 2) anzunehmen ist, dass dies für das Opfer unbedenklich sein wird.“

2. In Artikel 1 Ziffer 3 wird der bisherige § 156c Absatz 2 in Absatz 4 umbenannt.

Begründung:

Im Justizausschuss wurde einstimmig eine Ausschussfeststellung beschlossen, die Hin­weise dafür enthält, wie der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des elektronisch überwachten Hausarrestes bei Straftaten gegen die geschlechtliche Selbstbestimmung sowie bei Straftaten gegen Familienangehörige im Rahmen häuslicher Gewalt verstan­den wissen will. Inhaltlich kann den Feststellungen nur zugestimmt bzw. inhaltlich voll­umfänglich auf die Ausschussfeststellung verwiesen werden.

Allerdings erscheint das Mittel der Ausschussfeststellung in Hinblick auf die Hochwer­tigkeit der verfolgten Schutzzwecke als nicht ausreichend. Denn praktische Erfahrun­gen belegen, dass Ausschussfeststellungen in der Praxis so gut wie keine Bedeutung erlangen, da beispielsweise in gängigen Praxiskommentaren oftmals Hinweise auf Aus­schussfeststellungen fehlen und daher ohne tiefergreifende Recherchearbeiten nicht auffindbar sind. Insgesamt erscheint eine einfachgesetzliche Regelung unumgänglich, um eine tatsächliche Umsetzung der einstimmig beschlossenen Ziele nicht schon im Ur­sprung zu ersticken.

*****

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Stadler, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (772 d.B.): Bundesge­setz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung, das Bewährungshilfe­gesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversiche­


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rungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Un­fallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972 und das Arbeitslosenver­sicherungsgesetz 1977 geändert werden sowie über die Regierungsvorlage (685 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975 geändert wird (839 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 2 lautet Ziffer 1 wie folgt:

„1. § 96 Absatz 5 lautet wie folgt:

„(5) Das Protokoll ist zum Akt zu nehmen. Der vernommenen Person ist auf ihr Verlan­gen sogleich eine Abschrift oder Kopie auszufolgen, sofern dem schutzwürdige Inter­essen des Verfahrens oder Dritter nicht entgegen stehen; § 54 ist anzuwenden. Auf Kurzschriften und Tonaufnahmen (Abs. 2) ist § 271 Abs. 6 anzuwenden.““

2. Die bisherigen Ziffern 1 bis 8 in Artikel 2 erhalten die Bezeichnungen „2“ bis „9“.

3. Die neue Ziffer 9 in Artikel 2 lautet wie folgt:

„9. § 514 wird folgender Abs. 10 angefügt:

„(10) Die Bestimmungen der §§ 96 Abs. 5, 153 Abs. 3 und 4, 172 Abs. 1 und 2, 172a, 173a, 174 Abs. 3 Z 8, 176 Abs. 1 Z 2 und 266 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. xx/xxxx, treten mit 1. September 2010 in Kraft.““

Begründung:

Der vernommenen Person wird das Recht eingeräumt, grundsätzlich ihre protokollierte Aussage als Abschrift oder Kopie verlangen zu können. Nur wenn schutzwürdige Inter­essen des Verfahrens oder Dritter entgegenstehen, soll davon abgewichen werden kön­nen.

Die bisherige Regelung erscheint insofern überschießend und beispielsweise das Recht der Zeugen bzw. Anzeigenleger, etc. zu sehr einschränkend. Denn durch die bisher be­stehende Voraussetzung, wonach ein bestehendes Recht der vernommenen Person auf Akteneinsicht gefordert wird, werden Verfahrensinteressen übergewichtet.

Das Recht der vernommenen Person auf Aushändigung ihrer protokollierten Aussage ist daher als Regelfall zu normieren.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Bundesministerin Mag. Ban­dion-Ortner. – Bitte.

 


18.31.51

Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Vor einigen Wochen war ich in Frankreich, in einem französischen Gefängnis, zu Besuch und habe mir dort vor Ort das System der elektronischen Aufsicht angesehen. (Zwischenruf des Abg. Grosz.) Ich muss sa­gen, ich war sehr beeindruckt davon, wie gut es dort funktioniert. Es wurde an einem Justizwachebeamten gleich getestet. Es funktioniert gut, und ich finde, wir müssen einfach diese technischen Möglichkeiten auch in Anspruch nehmen. Es ist nicht nur gut für unser Budget, es ist auch ein gutes Instrument für die Sozialisierung, für die Reso­zialisierung. Es erhält familiäre Strukturen, es erhält das soziale Umfeld.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 205

Ich habe gesehen, dass Herr Abgeordneter Lausch noch auf der Rednerliste steht, und ich habe heute auch seine Aussendung gelesen. Es wird kritisiert: Warum wird die elektronische Aufsicht nicht auch für Haftuntauglichkeit angewandt? – Ganz einfach deswegen: Das muss man vollkommen getrennt beurteilen. Das eine ist die Frage der Hafttauglichkeit, das andere ist die Frage: Kann sozusagen die Freiheitsstrafe durch die elektronische Aufsicht ersetzt werden? Überlegen Sie sich: Was wäre, wenn ein Haft­untauglicher eine Fußfessel trägt und sich nicht an die Auflagen hält? Was ist dann? – Gar nichts! Diese Idee muss man also weiterdenken.

Ganz kurz möchte ich auch auf Herr Abgeordneten Mag. Stadler eingehen: Ja, ich ha­be ohnehin schon gesagt, dass wir gerne darüber reden können. Es besteht ja bereits bei rechtlichem Interesse die Möglichkeit, eine Kopie der Einvernahme zu erhalten. (Abg. Mag. Stadler: Das ist umständlich nachzuweisen!) Ich habe ja gesagt, wir reden darüber, und da wird uns sicher etwas einfallen. Ich bin ganz Ihrer Meinung: Justiz muss auch bürgerfreundlich sein.

Ansonsten freue ich mich sehr darüber, dass es hoffentlich ab September wirklich ein neues Zeitalter im österreichischen Strafvollzug gibt. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Mag. Stadler.)

18.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

 


18.33.59

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Billiger, praktisch, gut – ich glaube, dass es sehr sinnvoll ist, elektronische Fußfesseln end­lich auch in Österreich einzuführen.

Zum Abänderungsantrag des Kollegen Stadler möchte ich ausführen, dass mein Zu­trauen sowohl zur Justiz als auch zu den Justizwachebehörden erheblich größer ist als das seine und ich es für richtig halte, dass wir derart detaillierte Regelungen nicht in den Gesetzestext mit aufnehmen. Dort ist enthalten: Es muss eine geeignete Unter­kunft vorliegen. Klar ist, dass dies keinesfalls eine Unterkunft gemeinsam mit dem eige­nen Vergewaltigungsopfer wird sein können. Das wird, glaube ich, niemand in Österreich entscheiden.

Auf der anderen Seite: Wenn man es so detailliert einschränkt, wie es Kollege Stadler vorgeschlagen hat, kann ich mir nicht vorstellen, dass eine geeignete Unterkunft eine ist, wo das Vergewaltigungsopfer auf der anderen Straßenseite lebt und wohnt. Das wä­re von Ihrem Abänderungsantrag nicht umfasst.

Hier gilt es, die Umstände des Einzelfalles zu würdigen. Hier vertraue ich auf die, die den Vollzug vornehmen, auf die Frau Bundesminister und ihren Erlass. Ich bin sicher, dass wir sehr sorgfältig eine gute Regelung getroffen haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


18.35.27

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Las­sen Sie mich eingangs folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 206

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage 772 der Beilagen in der Fassung des Berichtes des Justizaus­schusses 839 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsge­setz, die Strafprozessordnung, das Bewährungshilfegesetz, das Allgemeine Sozialver­sicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialver­sicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notar­versicherungsgesetz 1972 und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wer­den, wird wie folgt geändert:

1. Artikel 1 wird wie folgt geändert:

a) In der Z 3 wird im § 156b Abs. 1 zweiter Satz nach dem Wort „Beschäftigung“ ein Bei­strich eingefügt.

b) In der Z 3 wird im § 156c Abs. 1 nach dem Wort „oder“ die Wendung „auf Grund“ ein­gefügt.

c) In der Z 3 wird im § 156d Abs. 1 das Wort „Entscheidung“ durch das Wort „Entschei­dungen“ ersetzt.

(Abg. Grosz: Nicht vorher die Rechtschreibung kontrolliert? Die Beistrichsetzung?)

2. Artikel 9 lautet:

„Artikel 9

Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977

Das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBl. Nr. 609, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. xx/2010, wird wie folgt geändert:

„1. Im § 12 Abs. 6 wird der Punkt am Ende der lit. e durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende lit. f angefügt:

„f) wer im Rahmen des Vollzuges einer Strafe durch Anhaltung im elektronisch über­wachten Hausarrest gemäß § 156b Abs. 1 des Strafvollzugsgesetzes oder im Rahmen einer Untersuchungshaft durch Hausarrest nach § 173a der Strafprozessordnung 1975 an einer Maßnahme gemäß Abs. 5 teilnimmt.“

2. Dem § 79 wird folgender Abs. 108 angefügt:

„(108) § 12 Abs. 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2010 tritt mit 1. September 2010 in Kraft.“

*****

Sehr geehrte Damen und Herren, nachdem ich diese Pflicht erfüllt habe, komme ich nun zu meinen Anliegen.

Wir haben im Ausschuss heftig darüber diskutiert und sind, glaube ich, zu einer einhel­ligen Meinung gekommen. Es wurde im Zuge dieser Debatte schon einige Male darauf Bezug genommen, nämlich auf die Ausschussfeststellung, die wir gemeinsam be­schlossen haben, die wir, soweit ich mich erinnern kann, einstimmig beschlossen ha­ben, dass nämlich überall dort, wo Gewalt im sozialen Nahbereich zwischen Personen stattgefunden hat, die eine Beziehung zueinander haben, dies ein besonderer Fall sein muss.

Daher haben wir – international sehr beachtet und sehr geschätzt – unsere Gewalt­schutzpakete geschnürt. Gewaltschutzpaket 1 ist nun schon über zehn Jahre alt. Vor­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 207

letztes beziehungsweise letztes Jahr: Gewaltschutzpaket 2, Strafrechtsänderungsge­setz 2008, wo man von einem Ermächtigungsdelikt abgegangen ist. Es wurde endgül­tig zu einem Offizialdelikt, wenn Gewalt im privaten Bereich ausgeübt wird. Das war ein wichtiger und notwendiger Schritt, hinter den wir jedenfalls nicht zurückfallen dürfen, nicht zurückfallen auf „Zustände“ – sage ich jetzt einmal unter Anführungszeichen – wie vor den Gewaltschutzgesetzen, vor allen Dingen vor dem Gewaltschutzgesetz 2.

Daher war es wichtig und notwendig, im Ausschuss diese Ausschussfeststellung nicht nur zu formulieren, sondern auch zu beschließen, die noch einmal gesondert festhält, dass es grundsätzlich nicht so ist, dass der Täter dort wieder einzieht, in die gleiche ge­meinsame Wohnung wieder einzieht, wo er die Tat verübt hat, dass in besonderen Fäl­len geprüft werden kann und dass die Einwilligung des Opfers nicht genügt. Es war das große Bedenken – auch der Gewaltschutzzentren, der Interventionsstellen –, dass Men­schen, dass vor allen Dingen Frauen – über 90 Prozent der Opfer von häuslicher Ge­walt sind Frauen, sind auch Kinder – oft in einer emotionalen Abhängigkeit dort zustim­men, wo sie in Wirklichkeit nicht zustimmen wollen oder können, aus unterschiedlichen Gründen, die oft auch für einen Psychologen schwer zu erkennen sind.

Außerdem bin ich froh darüber, dass wir die Zusage der Frau Ministerin haben, dass beim Erlass – und da gehe ich schon davon aus, Herr Kollege Stadler, dass der Erlass von den Rechtsanwendern, zum Beispiel Staatsanwälten, zum Beispiel auch von Jus­tizanstaltsleitern sehr wohl gelesen wird – Experten mitarbeiten werden. (Abg. Mag. Stadler: Rechtsanwälte?) – Rechtsanwender, bitte, Rechtsanwender der Gewalt­schutzzentren; die RechtsanwenderInnen vor allem in den Gewaltschutzzentren sind ja jetzt schon eingebunden, denn sie haben ja Stellungnahmen abgegeben, sind jetzt schon informiert. Ich gehe also davon aus, dass der Erlass in Zusammenarbeit mit Experten, mit Expertinnen so abgefasst wird, dass er zur allgemeinen Zufriedenheit ausfällt, und dass er selbstverständlich nicht nur gelesen, sondern auch angewandt wird.

Das war auch die Intention, und ich bin überzeugt davon, dass wir da ein Stück weiter­gekommen sind: Wir sind ein Stück weitergekommen beim Schutz der Opfer von Ge­walt. (Beifall bei der SPÖ.)

18.41


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen zur Re­gierungsvorlage 772 der Beilagen in der Fassung des Berichtes des Justizausschus­ses 839 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung, das Bewährungshilfegesetz, das Allgemeine Sozialversiche­rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversiche­rungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversi­cherungsgesetz 1972 und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage 772 der Beilagen in der Fassung des Berichtes des Justizaus­schusses 839 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsge­setz, die Strafprozessordnung, das Bewährungshilfegesetz, das Allgemeine Sozialver­sicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialver­sicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notar­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 208

versicherungsgesetz 1972 und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wer­den, wird wie folgt geändert:

1. Artikel 1 wird wie folgt geändert:

a) In der Z 3 wird im § 156b Abs. 1 zweiter Satz nach dem Wort „Beschäftigung“ ein Beistrich eingefügt.

b) In der Z 3 wird im § 156c Abs. 1 nach dem Wort „oder“ die Wendung „auf Grund“ eingefügt.

c) In der Z 3 wird im § 156d Abs. 1 das Wort „Entscheidung“ durch das Wort „Ent­scheidungen“ ersetzt.

2. Artikel 9 lautet:

„Artikel 9

Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977

Das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBl. Nr. 609, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. xx/2010, wird wie folgt geändert:

„1. Im § 12 Abs. 6 wird der Punkt am Ende der lit. e durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende lit. f angefügt:

„f) wer im Rahmen des Vollzuges einer Strafe durch Anhaltung im elektronisch über­wachten Hausarrest gemäß § 156b Abs. 1 des Strafvollzugsgesetzes oder im Rahmen einer Untersuchungshaft durch Hausarrest nach § 173a der Strafprozessordnung 1975 an einer Maßnahme gemäß Abs. 5 teilnimmt.“

2. Dem § 79 wird folgender Abs. 108 angefügt:

„(108) § 12 Abs. 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2010 tritt mit 1. September 2010 in Kraft.“

Begründung

Zu Artikel 1:

Die Änderungen dienen der Berichtigung von Redaktionsversehen.

Zu Artikel 9:

Um auch elektronisch überwachten Personen die Möglichkeit zu geben, an Schulun­gen oder Wiedereingliederungsmaßnahmen des Arbeitsmarktservice teilzunehmen, sol­len sie auch dann als arbeitslos gelten und daher bei Erfüllung der übrigen Vorausset­zungen Arbeitslosengeld beziehen können, wenn die Teilnahme an solchen Maßnah­men (teilweise) im Rahmen des Vollzuges einer Strafe durch Anhaltung im elektronisch überwachten Hausarrest oder im Rahmen einer Untersuchungshaft durch Hausarrest nach § 173a der Strafprozessordnung 1975 erfolgt. Dadurch wird die erforderliche ge­setzliche Ausnahme vom Hinderungsgrund gemäß § 12 Abs. 3 lit. e AlVG geschaffen. Eine zusätzliche Sonderregelung betreffend das Erfordernis der Verfügbarkeit ist im Hinblick auf die Anknüpfung an die Teilnahme an Maßnahmen im Auftrag des Arbeits­marktservice entbehrlich und kann daher entfallen. Damit ist sichergestellt, dass der Bezug einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung auch während des elektronisch überwachten Hausarrestes nur dann möglich ist, wenn sämtliche übrigen Vorausset­zungen erfüllt sind und eine der beruflichen Aus- oder Weiterbildung oder Wiederein­gliederung in den Arbeitsmarkt dienende Maßnahme besucht wird.

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 209

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lausch. – Bitte.

 


18.41.27

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ho­hes Haus! Wir stehen der Fußfessel auch sehr positiv gegenüber, wie das schon von meinem Vorredner, Dr. Walter Rosenkranz, gesagt wurde.

Frau Abgeordnete Wurm, man sollte eine Ausschussfeststellung wirklich nicht so über­bewerten und meinen, dass die jeder liest. Wir können uns mit allen beiden Abände­rungsanträgen des BZÖ absolut anfreunden und werden ihnen auch zustimmen.

Zurück zur Fußfessel: Wir hoffen und vertrauen darauf, dass sie die erhoffte Entlas­tung für die Justiz angesichts der ohnedies sehr angespannten Personalsituation bei der Justizwache bringt. Wir hoffen, dass sie bei einigen Gewaltdeliktgruppen wie bei­spielsweise Sexualstraftätern nicht zur Anwendung kommt und dass sie den ge­wünschten Einsparungserfolg, wie ihn die Frau Bundesministerin angeführt hat, für den Strafvollzug bringt.

Was uns leider fehlt – auch das hat die Frau Bundesministerin schon angesprochen, und da teilen wir ihre Meinung nicht ganz –, ist, dass die Fußfessel für die Haftunfähi­gen nicht einmal angedacht wurde. Wenn die Frau Bundesministerin behauptet, dass das eine mit dem anderen nichts zu tun hat, können wir dem nichts abgewinnen, und zwar aus folgendem Grund: – Nur Mut, Frau Bundesministerin! – Was ist, wenn je­mand die Auflagen nicht einhält? Was wird man machen? Man wird die Haftunfähigkeit neu überprüfen müssen, man wird schauen, ob sich derjenige die nicht irgendwie er­schwindelt hat. Haftunfähig ist man ja in der heutigen Zeit nicht so einfach und nicht so leicht. Wir könnten also schon ohne Weiteres einmal probieren, das ins Gesetz aufzu­nehmen.

Aus diesem Grund stellen die Abgeordneten Lausch, Dr. Rosenkranz, Mag. Stefan und weitere Abgeordnete folgenden Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellst möglich eine Regie­rungsvorlage vorzulegen, welche den elektronischen Hausarrest auch für Menschen, de­ren Haftunfähigkeit festgestellt wurde, vorsieht.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

18.43


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Lausch, Dr. Rosenkranz, Mag. Stefan und weiterer Abgeordneter betreffend elektronischer Hausarrest für Menschen, deren Haftunfähigkeit festgestellt wurde, eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 25 betreffend den Bericht des Justizausschusses (839 d.B.) über die Regierungsvorlage (772 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung, das Bewäh­rungshilfegesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozial­versicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 210

und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972 und das Arbeits­losenversicherungsgesetz 1977 geändert werden, in der 74. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 9. Juli 2010.

Aus den Materialien der oben angeführten Regierungsvorlage ist zu entnehmen: „Durch Änderungen des StVG, der StPO 1975 und des BewHG soll der elektronisch über­wachte Hausarrest als neue Vollzugsform für den Vollzug von Freiheitsstrafen und der Untersuchungshaft eingeführt werden. Elektronisch überwachter Hausarrest soll den Vollzug in der Anstalt im Ausmaß von bis zu zwölf Monaten ersetzen können, wobei der Rechtsbrecher seine Wohnung grundsätzlich nur für Zwecke seiner (der Resozia­lisierung dienenden) Beschäftigung sowie zur Beschaffung des notwendigen Lebens­bedarfs und zur Inanspruchnahme notwendiger medizinischer Hilfe verlassen dürfen soll. Er soll durch geeignete Mittel der elektronischen Aufsicht überwacht und soweit betreut werden, als dies zur Erreichung des erzieherischen Strafzwecks erforderlich ist.

Für den Bereich der Untersuchungshaft ergeben sich Besonderheiten wegen des Grund­satzes der Unschuldsvermutung.

Während das Gericht im Bereich der Untersuchungshaft ohnehin die Entscheidungs­kompetenz haben soll, soll es im Bereich des Strafvollzugs in die – an sich dem An­staltsleiter zukommende – Entscheidung über die Vollzugsform insoweit eingebunden werden, als es im Urteil aussprechen können soll, dass ein elektronisch überwachter Hausarrest längstens für drei Monate bzw. bis zum rechnerisch frühestmöglichen Zeit­punkt einer bedingten Entlassung nicht zulässig ist.“

Die Anhalteordnung besagt, dass Menschen, deren Haftunfähigkeit festgestellt oder of­fensichtlich ist, nicht im Haftraum der Behörde angehalten werden dürfen.

Diese Menschen, deren Haftunfähigkeit festgestellt wurde, sind von der Regierungs­vorlage nicht mit umfasst, obwohl dies Sinn ergeben würde.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellst möglich eine Regie­rungsvorlage vorzulegen, welche den elektronischen Hausarrest auch für Menschen, deren Haftunfähigkeit festgestellt wurde, vorsieht.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Schöneg­ger. – Bitte.

 


18.43.49

Abgeordneter Mag. Bernd Schönegger (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte jetzt nicht in die Fußstapfen des Otto Pendl, des Kollegen Pendl treten, aber ich meine, es ist an der Zeit, dass man sich bei der Frau Bundesminister, bei den Beamtinnen und Beamten bedankt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Die hohe Anzahl der Vorrednerinnen und Vorredner, die sich prinzipiell sehr positiv zu diesem Gesetzesvorhaben geäußert haben, zeigt, wie gut dieses Gesetz über die letz­ten Monate und Jahre vorbereitet wurde. Auch die zu erwartende Einstimmigkeit der Be­schlussfassung zeigt, dass das wirklich gut vorbereitet wurde.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 211

Die elektronische Überwachung ist eine besondere Form ... So jetzt bin ich draußen. Macht auch nichts. (Abg. Grosz: Eine gewisse Ähnlichkeit mit Otto Pendl ist schon festzustellen! Der steht jetzt direkt hinter dir!) Ja, das kommt auch vor.

Die elektronisch überwachte Form des Hausarrests ist keine privilegierte, sondern eine besondere Form des Strafvollzugs, und so sollte sie auch behandelt werden. Kol­lege Donnerbauer hat das auch schon so beschrieben. Es ist auch ein guter Ansatz, auf diese Art in ein Leben ohne Kriminalität zu finden. Er ist gebunden an ganz be­stimmte Anforderungen, und der Weg, den wir hier gehen, ist ja kein allein österreichi­scher Weg, sondern wir folgen damit einem internationalen Trend. Die Frau Bundesmi­nister hat Frankreich genannt; die Niederlande, Deutschland, Schweden, die Schweiz sind weitere Beispiele dafür, wo es funktioniert. Wenn man noch unsere Vereinbarung beziehungsweise den Antrag, eine Evaluierung durchzuführen, mit einbezieht, kann man diesem Gesetz einfach nur zustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

18.45


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Köfer. – Bitte.

 


18.45.47

Abgeordneter Gerhard Köfer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminis­ter! Hohes Haus! Paris Hilton, ihres Zeichens Partygirl und Hotelerbin, findet sie chic. Die US-Schauspielerin Lindsay Lohan weint einmal am Tag deswegen, und der Starregis­seur Roman Polanski hat sich mittlerweile auch schon daran gewöhnt. Alle drei haben die gleichen Erfahrungen gemacht. Es handelt sich um die elektronische Fußfessel, die nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern auch im europäischen Raum, in Bel­gien, England, Schottland, Deutschland, und, wie die Frau Bundesminister bereits aus­geführt hat, vor allem auch in Frankreich eingesetzt wird. Es gibt bereits umfangreiche Erfahrungen mit dem Einsatz von Fußfesseln. Diese wertvollen Erfahrungen aus ande­ren Ländern flossen in den nun vorliegenden Gesetzentwurf ein.

Im vorliegenden Entwurf sind aber auch die Erfahrungen verarbeitet, die mit Modellver­suchen in Österreich gemacht wurden. Von den 20 Testpersonen, die an der ersten Testphase im Jänner 2006 teilnahmen, wurde nur eine einzige rückfällig. Die zweite Testphase, im Jahr 2008 in Wien und Graz begonnen, verlief so erfolgreich, dass sie ver­längert wurde. Von 33 Häftlingen mussten nur zwei aus dem Programm genommen wer­den.

Ich möchte die Situation aber auch benützen, um den Abgeordneten, vor allem meinen Kolleginnen Sonja Ablinger und Gisela Wurm, dafür zu danken, dass das Spannungs­verhältnis zwischen dem Einsatz der Fußfessel und häuslicher Gewalt im Sinne des Opferschutzes im Ausschuss so nachhaltig diskutiert wurde. Nicht zuletzt ist es dem Einsatz der beiden zu danken, dass sich im Gesetzentwurf ein entsprechender Passus wiederfindet. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Amon und Dr. Bartenstein.)

Ebenso sensibel im Hinblick auf die Anwendung der Fußfessel ist meiner Meinung nach die nachbarschaftliche Gewalt, also die Gewalt, die von einem unmittelbaren Nachbarn zum Beispiel in einem Wohnblock ausgeht. Abgesehen von Fällen familiärer und nach­barschaftlicher Gewalt, wo die Wahrung sämtlicher Rechte der Opfer sowie der Opfer­schutz absolut im Vordergrund stehen müssen, ist die Novelle jedoch sehr zu begrü­ßen, weil der Einsatz des elektronisch überwachten Hausarrests nicht nur eine finan­zielle Entlastung für den Strafvollzug, sondern vor allem auch eine Erleichterung des Übergangs von der Haft in die Freiheit mit sich bringt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.48


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ablinger. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 212

18.48.10

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ich möchte auch noch einmal auf die Ausschussfeststellung eingehen. Ich verhehle gar nicht, dass wir, Kollegin Wurm und ich, darüber diskutiert haben, dass eine gesetzliche Verankerung besser gewesen wäre. Wir waren skeptisch, und das lässt sich auch anhand meiner Erfahrungen als Vorsitzende des Gewaltschutzzentrums Oberösterreich begründen. Wenn man sich damit auseinandersetzt, weiß man, dass eine Gewaltbeziehung auf einem Kreislauf basiert: Es ist eine Spirale der Gewalt, und Gewalt hat immer eine Ge­schichte. Es beginnt mit Erniedrigungen, mit Lächerlichmachen, mit Beleidigungen, mit Herabwürdigungen. Dann folgen Drohungen, Schläge, immer wieder starke, drama­tische Körperverletzungen, sexuelle Übergriffe. Dazu gehört auch soziale Kontrolle, Auf­lauern, Isolieren, Einsperren, Kontaktverbote.

Das führt dazu, dass Frauen sehr, sehr rasch ihre Selbstachtung verlieren. Sie fühlen sich ohnmächtig, sie fühlen sich hilflos und sie fühlen sich hoffnungslos. Und so schwierig es auch zu glauben ist: Frauen gewöhnen sich an Gewalt. Gewalt traumatisiert, und ich re­de da von Schlaf- und Essstörungen, ich rede von Depressionen, von Angststörungen, von Süchten. Frauen verdrängen, sie schweigen und sie zerbrechen.

Das war der Hintergrund dieser Diskussion: dass man verstehen muss, dass wir die­sen Frauen nicht die Entscheidung über den Hausarrest aufbürden dürfen und deswe­gen im Geist des Gewaltschutzgesetzes ein Hausarrest in der gemeinsamen Wohnung mit dem Opfer nicht möglich sein darf.

Frau Ministerin, ich hoffe, dass die Ausschussfeststellung das ausreichend klarmacht und dass meine Skepsis unbegründet bleibt, und wir nicht in zwei Jahren, wie Kollege Stadler das in Aussicht gestellt hat, eine neue gesetzliche Regelung diskutieren müs­sen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Fazekas. – Bitte.

 


18.50.06

Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ho­hes Haus! Ich wende mich kurz einem Thema zu, das heute noch nicht erwähnt wor­den ist, das ist § 172a der Strafprozessordnung, weil er einen wesentlichen Aspekt zur effizienteren Kriminalitätsbekämpfung beitragen wird.

Naturgemäß kann genau dort eingegriffen werden, wo die bisher geübte Praxis gezeigt hat, dass Täterinnen oder Täter, die keinen Wohnsitz in Österreich haben, zwar wegen Fluchtgefahr grundsätzlich in Haft genommen werden konnten, dies aber oftmals nicht geschah und die Verfahren daher sehr spät, mit hohem Aufwand oder auch gar nicht zum Abschluss geführt werden konnten, weil die TäterInnen einfach nicht mehr greifbar waren. Dies kann natürlich nicht im Sinne der Justiz sein und führt naturgemäß oftmals zu großem Frust bei der Exekutive, wenn ein großer administrativer Aufwand damit endete, dass die Festgenommenen nach kurzer Zeit auf freiem Fuße anzuzeigen waren.

Die Sicherheitsleistung, die durchaus nicht zur gering bemessen sein sollte, führt zu­mindest dazu, die Verfahren sicherzustellen und auch auf die Rechte der Opfer Rück­sicht zu nehmen.

Die Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei wird noch stärker erfor­derlich sein. Das führt natürlich zu einer Mehrbelastung in beiden Bereichen, aber im Sinne der Kriminalitätsbekämpfung ist das einfach notwendig.

Daher ist das aus meiner Sicht eine sehr sinnvolle Bestimmung, die schon längst über­fällig und überdies auch noch in unserem Regierungsprogramm enthalten war. – Ich dan­ke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.51

18.51.20

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 213

Präsident Fritz Neugebauer: Da keine Wortmeldung mehr vorliegt, schließe ich die Debatte.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Abstimmung über den Gesetzentwurf in 839 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jaro­lim, Kolleginnen und Kollegen,

ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Stadler, Kol­leginnen und Kollegen,

ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Stadler, Kol­leginnen und Kollegen

sowie ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Mag. Steinhauser vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Ab­änderungsanträgen sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Tei­le – der Reihe nach – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Tei­le des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen haben ei­nen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Art. 1 § 156b bezieht.

Wenn Sie diesen Antrag unterstützen, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Das ist einstim­mig angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Stadler, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- bezie­hungsweise Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung neuer Absät­ze in Art. 1 § 156c samt den sich daraus ergebenden Änderungen der Absatzbezeich­nungen bezieht.

Wenn Sie dem zustimmen, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich ebenfalls auf Art. 1 § 156c bezieht.

Ich lasse daher sogleich über Art. 1 § 156c in der Fassung des Ausschussberichts un­ter Berücksichtigung des eben erwähnten Abänderungsantrags abstimmen.

Ich bitte Sie im Zustimmungsfall um ein positives Zeichen. – Das ist einstimmig ange­nommen.

Weiters haben die Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kol­legen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Art. 1 § 156d bezieht.

Bei Zustimmung ersuche ich um Ihr Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Stadler, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- bezie­hungsweise Abänderungsantrag eingebracht, der die Einfügung einer neuen Z 1 in Art. 2 des Gesetzentwurfs samt den sich daraus ergebenden Änderungen der Ziffern­bezeichnungen und Inkrafttretensbestimmungen zum Inhalt hat.

Wenn Sie sich dafür aussprechen, bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit – ist abgelehnt.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Art. 2 Z 7 des Gesetzentwurfs in der Fassung des Ausschussberichts.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 214

Weiters haben die Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kol­legen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Art. 9 bezieht.

Ich bitte hiefür um Ihr zustimmendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richts.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte um ihre Zustimmung auch in dritter Lesung. – Das ist Einstimmigkeit. Der Entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Ja­rolim, Mag. Donnerbauer, Dr. Rosenkranz, Mag. Steinhauser, Mag. Stadler, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Evaluierung des Strafvollzugs durch elektronisch über­wachten Hausarrest.

Wenn Sie dafür sind, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 118.)

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend elektronischer Hausarrest für Menschen, deren Haftunfähigkeit festgestellt wurde.

Wenn Sie für diesen Antrag sind, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Der Antrag findet kei­ne Mehrheit. Abgelehnt.

18.55.4326. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (771 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche So­zialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Notarversi­cherungsgesetz 1972, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Arbeitsverfas­sungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Angestell­tengesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Betriebspensionsgesetz, das Schau­spielergesetz, das Väter-Karenzgesetz, das Mutterschutzgesetz, das Bankwesen­gesetz, das Börsegesetz 1989, die Verordnung über die Einführung des Hypothe­kenbankengesetzes und des Gesetzes über die Pfandbriefe und verwandten Schuldverschreibungen öffentlich rechtlicher Kreditanstalten im Lande Öster­reich, das Pensionskassengesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Wertpa­pieraufsichtsgesetz 2007, das Zahlungsdienstegesetz, das Versicherungsauf­sichtsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuerge­setz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Gehaltskassengesetz 2002, das Ak­tiengesetz, das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Arbeits- und Sozialge­richtsgesetz, das Außerstreitgesetz, das Bauträgervertragsgesetz, das Eigenka­pitalersatz-Gesetz, das Einführungsgesetz zur Jurisdiktionsnorm, das EU-Ver­schmelzungsgesetz, die Exekutionsordnung, das Firmenbuchgesetz, das GmbH-Gesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Allgemeine Grundbuchsgesetz 1955, das Handelsvertretergesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Maklergesetz, die Notari­atsordnung, das Privatstiftungsgesetz, die Rechtsanwaltsordnung, das Rechts­anwaltstarifgesetz, das Scheckgesetz 1955, das Spaltungsgesetz, das Strafge­setzbuch, das Unterhaltsvorschussgesetz 1985, das Unternehmensgesetzbuch, das Unternehmensreorganisationsgesetz, das Urheberrechtsgesetz, das Vereins­gesetz 2002, das Versicherungsvertragsgesetz 1958, das Vollzugsgebührenge­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 215

setz, das Wechselgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 2002, die Zivilprozess­ordnung, die Genossenschaftskonkursverordnung, das EWIV-Ausführungsge­setz, die Gewerbeordnung 1994, das Bilanzbuchhaltungsgesetz, das Wirtschafts­kammergesetz 1998, das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, das Ziviltechnikerge­setz 1993 und das Rohrleitungsgesetz geändert werden (Insolvenzrechtsände­rungs-Begleitgesetz – IRÄ-BG) (840 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 26. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


18.56.01

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Bundes­minister! Ich kann es kurz machen: Ich habe Ihnen im Ausschuss angekündigt, dass wir die Frage einer Zustimmung noch untersuchen werden, weil wir überprüfen wollten, welche Auswirkung unsere seinerzeitigen Ablehnung im § 25a Insolvenzordnung hat, die sich auf die Besserstellung beziehungsweise auf die Privilegierung der Banken be­zogen hat.

Diese Kritik bleibt aufrecht, aber sie hat mit der gegenwärtigen Gesetzesmaterie nichts zu tun. Sie hat also keine Auswirkungen. Daher werden wir aus diesem Grund zustim­men.

Wir haben auch einen zweiten Vorbehalt gehabt, den wir untersucht haben. Das war die Frage der Anpassung in der Rechtsanwaltstarifordnung. Das ist gleichfalls akzep­tabel. Auch die Gebührenanpassungen für die Wirtschaftstreuhänder sind so moderat, dass wir damit leben können, selbst wenn wir keine Freude damit haben. Wir können daher auch aus diesem Grunde dem Gesetz jetzt zustimmen. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

18.57


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Donnerbau­er. – Bitte.

 


18.57.01

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesmi­nisterin! Es geht vor allem – und daher kann auch ich mich kurz fassen – darum, dass wir in verschiedensten Gesetzesmaterien Anpassungen vorzunehmen haben, aufgrund der schon in einer der letzten Parlamentssitzungen vor einigen Wochen beschlossenen tief greifenden Reform und Änderung des Insolvenzrechts.

Ich darf bei dieser Gelegenheit noch einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Justizaus­schusses 840 der Beilagen zur Regierungsvorlage 771 der Beilagen gemäß § 53 Abs. 4 GOG einbringen und in den Eckpunkten erläutern.

Es geht dabei eigentlich hauptsächlich um redaktionelle Änderungen und auf der an­deren Seite um Anpassungen von Bezeichnungen der Bundesgesetzblätter aufgrund der in der Zwischenzeit auch im Bundesgesetzblatt kundgemachten Insolvenzrechts­reform, auf die sich dieses Insolvenzrechtsänderungsgesetz bezieht, und um einige Klar­stellungen.

Ich bitte um Zustimmung auch zu diesem Abänderungsantrag. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.58


Präsident Fritz Neugebauer: Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Don­nerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen, der auch verteilt worden ist, steht mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 216

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen zum Be­richt des Justizausschusses (840 d. B.) zur Regierungsvorlage (771 d. B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerb­liche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Notar­versicherungsgesetz 1972, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Arbeitsverfas­sungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Angestelltenge­setz, das Gutsangestelltengesetz, das Betriebspensionsgesetz, das Schauspielerge­setz, das Väter-Karenzgesetz, das Mutterschutzgesetz, das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 1989, die Verordnung über die Einführung des Hypothekenbankengeset­zes und des Gesetzes über die Pfandbriefe und verwandten Schuldverschreibungen öffentlich rechtlicher Kreditanstalten im Lande Österreich, das Pensionskassengesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Zahlungs­dienstegesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Gehaltskassen­gesetz 2002, das Aktiengesetz, das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Außerstreitgesetz, das Bauträgervertragsgesetz, das Eigenkapitalersatz-Gesetz, das Einführungsgesetz zur Jurisdiktionsnorm, das EU-Ver­schmelzungsgesetz, die Exekutionsordnung, das Firmenbuchgesetz, das GmbH-Ge­setz, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Allgemeine Grundbuchsgesetz 1955, das Handelsvertretergesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Maklergesetz, die Notariatsord­nung, das Privatstiftungsgesetz, die Rechtsanwaltsordnung, das Rechtsanwaltstarifge­setz, das Scheckgesetz 1955, das Spaltungsgesetz, das Strafgesetzbuch, das Unter­haltsvorschussgesetz 1985, das Unternehmensgesetzbuch, das Unternehmensreorga­nisationsgesetz, das Urheberrechtsgesetz, das Vereinsgesetz 2002, das Versiche­rungsvertragsgesetz 1958, das Vollzugsgebührengesetz, das Wechselgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 2002, die Zivilprozessordnung, die Genossenschaftskon­kursverordnung, das EWIV-Ausführungsgesetz, die Gewerbeordnung 1994, das Bi­lanzbuchhaltungsgesetz, das Wirtschaftskammergesetz 1998, das Wirtschaftstreu­handberufsgesetz, das Ziviltechnikergesetz 1993 und das Rohrleitungsgesetz geändert werden (Insolvenzrechtsänderungs-Begleitgesetz – IRÄ-BG)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage eines Insolvenzrechtsänderungs-Begleitge­setzes (771 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichtes (840 d. B.) wird wie folgt ge­ändert:

1. In Art. 14, 19, 20 und 21 wird jeweils im Einleitungssatz der Ausdruck „BGBl. I Nr. 28/2010“ durch „BGBl. I Nr. 37/2010“ ersetzt.

2. In Art. 15 wird im Einleitungssatz der Ausdruck „BGBl. I Nr. XX/20XX“ durch „BGBl. I Nr. 37/2010“ ersetzt.

3. Art. 22 Z 5 lautet:

„5. In § 124b werden nach der Z 171 folgende Z 172 und 173 angefügt:

„172. § 2 Abs. 2b Z 3 und § 36 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2010 treten mit 1. Juli 2010 in Kraft. § 2 Abs. 2b Z 3 und § 36 Abs. 2 jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2010 sind auf Gewinne anzuwen­den, die in einem Insolvenzverfahren entstanden sind, das nach dem 30. Juni 2010 er­öffnet oder wieder aufgenommen worden ist. Da-von unberührt sind § 2 Abs. 2b Z 3 und § 36 Abs. 2 jeweils in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. xxx/2010


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 217

auf Gewinne anzuwenden, die in Konkurs- oder Ausgleichsverfahren entstanden sind, die aufgrund der Rechtslage vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2010, abgewickelt werden.

173. § 69 Abs. 6 Z 2, § 84 Abs. 1 Z 3 lit b und § 84 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2010 treten mit 1. Juli 2010 in Kraft. § 69 Abs. 6 Z 2, § 84 Abs. 1 Z 3 lit b und § 84 Abs. 2 jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2010 sind für Insolvenzverfahren, die nach dem 30. Juni eröffnet wer­den, anzuwenden. Davon unberührt sind § 69 Abs. 6 Z 2, § 84 Abs. 1 Z 3 lit b und § 84 Abs. 2 jeweils in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. xxxx/2010 für In­solvenzverfahren, die vor dem 1. Juli eröffnet werden, anzuwenden.““

4. Art 23 Z 2 lautet:

„2. In § 26c wird folgende Z 21 angefügt:

„21. § 23a Abs. 2 tritt mit 1. Juli 2010 in Kraft. § 23a Abs. 2 in der Fassung des Bun­desgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2010 ist auf Gewinne anzuwenden, die in einem Insol­venzverfahren entstanden sind, das nach dem 30. Juni 2010 eröffnet oder wieder auf­genommen worden ist. Davon unberührt ist § 23a Abs. 2 in der Fassung vor dem Bun­desgesetz BGBl. I Nr. xxxx/2010 auf Gewinne anzuwenden, die in Konkurs- oder Aus­gleichsverfahren entstanden sind, die aufgrund der Rechtslage vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2010, abgewickelt werden.““

5. Art. 23a Z 2 lautet:

„2. In § 323 wird folgender Abs. 26 angefügt:

„(26) § 14 Abs. 2 tritt mit 1. Juli 2010 in Kraft. § 14 Abs. 2 in der Fassung des Bundes­gesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2010 ist anzuwenden, wenn das Insolvenzverfahren nach dem 30. Juni 2010 eröffnet wurde. Davon unberührt ist § 14 Abs. 2 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr  xxxx/2010 für Insolvenzverfahren, die vor dem 1. Juli eröffnet werden, anzuwenden.““

6. In Art. 41 und 43 wird jeweils im Einleitungssatz der Ausdruck „das Berufsrechts-Än­derungsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 141/2009“ durch „das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 38/2010“ ersetzt.

7. In Art. 47 wird im Einleitungssatz der Ausdruck „BGBl. I Nr. 142/2009“ durch „BGBl. I Nr. 38/2010“ ersetzt.

8. Art. 50 Z 7 lautet:

 „7. In § 28 Abs. 1 werden das Wort „Masseverwalter“ durch den Ausdruck „Masse- oder Sanierungsverwalter“ und das Wort „Konkursmasse“ durch das Wort „Insolvenz­masse“ ersetzt.“

9. In Art. 59 wird im Einleitungssatz der Ausdruck „BGBl. I Nr. 29/2010“ durch „BGBl. I Nr. 39/2010“ ersetzt.

10. In Art. 60 wird im Einleitungssatz der Ausdruck „BGBl. I Nr. 135/2009“ durch „BGBl. I Nr. 39/2010“ ersetzt.

11. In Art. 62 wird im Einleitungssatz der Ausdruck „BGBl. I Nr. 10/2010“ durch „BGBl. I Nr. 39/2010“ ersetzt.

Begründung

Zu Z 1 bis 2, 6 bis 7 und 9 bis 11:

Die Änderungen sind durch nach Einbringung der Regierungsvorlage im Bundesge­setzblatt kundgemachte Novellierungen erforderlich geworden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 218

Zu Z 3 bis 5:

Die Änderungen tragen der durch das IRÄG 2010 geänderten Rechtslage Rechnung.

Zu Z 8:

Durch diese Änderung soll klargestellt werden, dass im Sanierungsverfahren mit Ei­genverwaltung nur der Sanierungsverwalter die Haftung geltend machen kann.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


18.58.01

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ich möchte kurz auf einen Novellierungsbedarf eingehen, der hier im Insolvenzrechtsänderungs-Be­gleitgesetz leider nicht berücksichtigt wird, und zwar auf eine Änderung des Bauträger­vertragsgesetzes. Das ist deshalb notwendig, weil es verschiedene Rechtsmeinungen beziehungsweise unterschiedliche Auslegungen zur Formulierung „gesichert“ und „ge­währleistet“ im § 7 Abs. 6 Z 3 gibt. (Präsident Dr. Graf übernimmt wieder den Vorsitz.)

Diese Problematik ist allen involvierten Akteuren bekannt, und über eine Lösungsmög­lichkeit besteht eigentlich auch Konsens. Daher sollte es relativ rasch zu einer rechtli­chen Klarstellung kommen, damit die Bautätigkeit der gemeinnützigen und gewerblichen Bauträger auch weiterhin gesichert ist. (Beifall bei der SPÖ.)

18.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Themessl. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.00.01

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ho­hes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe gleich zu Beginn einen Abände­rungsantrag ein und werde dann kurz erläutern, warum diese Thematik so wichtig wäre.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Themessl und weiterer Abgeordneter

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Artikel 38 Z 5 lautet:

„5. Dem § 29 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) Die §§ 22 Abs. 2 Z 5, 26 Abs. 1 und 2 und 26c Abs. 1 in der Fassung des Bundes­gesetzes BGBl. I Nr. xx/2010 treten mit 1. August 2010 in Kraft. § 26c Abs. 1 in der Fas­sung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2010 ist auf nach dem 1. Jänner 2007 zwi­schen Versicherungsvertretern und Unternehmern abgeschlossene Verträge anzuwen­den.““

*****

Meine Damen und Herren, da geht es um Folgendes: Die Versicherungswirtschaft in Österreich verkauft ihre Versicherungsprodukte grundsätzlich über drei Verkaufsschie­nen, das sind die Makler, die angestellten Versicherungsvertreter im Außendienst und die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 219

selbstständigen Versicherungsagenten. Mit einem Gesetz aus dem Jahre 2006, das mit 1. Jänner 2007 in Kraft getreten ist, erfolgte eine Änderung zuungunsten der selbst­ständigen Versicherungsagenten, die bei Auflösung des Vertragsverhältnisses von einer Weiterzahlung der Provisionen ausgeschlossen wurden.

In diesem Gesetz wird das jetzt zwar wieder berichtigt, aber erst mit Wirkung vom 1Au­gust 2010, und dadurch besteht eine Rechtsunsicherheit für Versicherungsagenten für den Zeitraum von 1. Jänner 2007 bis 1. August 2010. Um diese Rechtsunsicherheit zu beseitigen, wäre es daher unbedingt notwendig, diesen Abänderungsantrag anzuneh­men, um damit auch in Zukunft die Rechtsunsicherheit für Verträge, die in diesem Zeit­raum abgeschlossen wurden, zu beseitigen.

Zu den Bedenken des Herrn Abgeordneten Matznetter, mit dem ich heute darüber ge­sprochen habe, hinsichtlich des rückwirkenden Eingreifens kann ich Ihnen mitteilen, dass im Zivilrecht grundsätzlich kein verfassungsrechtliches Verbot für rückwirkende Geset­ze besteht. Es wurden unter anderem auch schon im Konsumentenschutzbereich sol­che Sachen rückwirkend beschlossen.

Ich ersuche Sie – auch im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes, der auch für Versiche­rungsagenten zu gelten hat –, diesem Antrag die Zustimmung zu erteilen. – Danke. (Bei­fall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Warum habt ihr den Antrag nicht im Ausschuss eingebracht?)

19.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Ikrath. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.02.17

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Herr Präsident! Frau Justizministe­rin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Nach dem Insolvenzrechtsänderungsgesetz werden künftig Unternehmen nach Möglichkeit saniert und nicht mehr zerschlagen. Da­mit wollen wir volkswirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Werte erhalten und Ar­beitsplätze sichern.

Diese Zielsetzung wird nun auch in den gegenständlichen Nebengesetzen verankert. Das ist positiv und rechtfertigt daher die Zustimmung aller. (Beifall bei der ÖVP.)

19.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der zuvor von Herrn Abgeordnetem Themessl einge­brachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

§ 53 Abs. 3 GOG-NR

des Abgeordneten Themessl und weiterer Abgeordneter zum Bericht des Justizaus­schusses über die Regierungsvorlage (771 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allge­meine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Behin­derteneinstellungsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Angestelltengesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Be­triebspensionsgesetz, das Schauspielergesetz, das Väter-Karenzgesetz, das Mutter­schutzgesetz, das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 1989, die Verordnung über die Einführung des Hypothekenbankengesetzes und des Gesetzes über die Pfandbriefe und verwandten Schuldverschreibungen öffentlich rechtlicher Kreditanstalten im Lande


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 220

Österreich, das Pensionskassengesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Wertpa­pieraufsichtsgesetz 2007, das Zahlungsdienstegesetz, das Versicherungsaufsichtsge­setz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, die Bun­desabgabenordnung, das Gehaltskassengesetz 2002, das Aktiengesetz, das allgemei­ne bürgerliche Gesetzbuch, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Außerstreitge­setz, das Bauträgervertragsgesetz, das Eigenkapitalersatz-Gesetz, das Einführungsge­setz zur Jurisdiktionsnorm, das EU-Verschmelzungsgesetz, die Exekutionsordnung, das Firmenbuchgesetz, das GmbH-Gesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz, das All­gemeine Grundbuchsgesetz 1955, das Handelsvertretergesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Maklergesetz, die Notariatsordnung, das Privatstiftungsgesetz, die Rechtsanwalts­ordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Scheckgesetz 1955, das Spaltungsgesetz, das Strafgesetzbuch, das Unterhaltsvorschussgesetz 1985, das Unternehmensgesetz­buch, das Unternehmensreorganisationsgesetz, das Urheberrechtsgesetz, das Ver­einsgesetz 2002, das Versicherungsvertragsgesetz 1958, das Vollzugsgebührenge­setz, das Wechselgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 2002, die Zivilprozessord­nung, die Genossenschaftskonkursverordnung, das EWIV-Ausführungsgesetz, die Ge­werbeordnung 1994, das Bilanzbuchhaltungsgesetz, das Wirtschaftskammergesetz 1998, das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, das Ziviltechnikergesetz 1993 und das Rohrlei­tungsgesetz geändert werden (Insolvenzrechtsänderungs-Begleitgesetz – IRÄ-BG) (840 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Artikel 38 Z 5 lautet:

„5. Dem § 29 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) Die §§ 22 Abs. 2 Z 5, 26 Abs. 1 und 2 und 26c Abs. 1 in der Fassung des Bundes­gesetzes BGBl. I Nr. xx/2010 treten mit 1. August 2010 in Kraft. § 26c Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2010 ist auf nach dem 1. Jänner 2007 zwischen Versicherungsvertretern und Unternehmern abgeschlossene Verträge anzu­wenden.““

Begründung

Die Änderung im § 26c Abs. 1 Streichung des letzten Satzes, beruht auf dem Umstand, dass hier verfassungsrechtliche Bedenken (Recht der Erwerbsfreiheit, Recht auf Ei­gentumsschutz und Gleichheitsgrundsatz) bestehen, wie dies auch in den Gesetzeser­läuterungen zu Artikel 38 Z 4 (§26c) festgehalten wurde. Um keine verfassungsrecht­lich bedenkliche Regelung beizubehalten ist es erforderlich, die Änderung von § 26c Abs. 1 auf bestehende Agenturverträge anwendbar zu gestalten. Damit wird für alle Be­teiligten eine klare und verständliche Rechtssituation geschaffen.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühlbacher. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.03.14

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Mit dem Insolvenzrechtsänderungsgesetz wurde das Insolvenz­recht umfassend neu gestaltet, und daher sind auch terminologische Anpassungen in anderen Gesetzen notwendig.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 221

Zum Antrag von Herrn Kollegem Themessl kann ich nur sagen: Ich weiß nicht, viel­leicht haben Sie sich aus dem Ausschuss rausgebeamt, aber es gab keine einzige Wort­meldung zu diesem Tagesordnungspunkt. Also wir werden diesem Antrag nicht zustim­men. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.03


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Köfer zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.03.57

Abgeordneter Gerhard Köfer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! In der Sit­zung vom 21. April des heurigen Jahres wurde das Insolvenzrecht einstimmig geän­dert. Damals hat es quer durch alle Fraktionen Einstimmigkeit gegeben, was auch in den Redebeiträgen zum Ausdruck kam.

Seit 1. Juli ist das neue Insolvenzrecht nunmehr in Kraft. Das heute zu beschließende In­solvenzrechtsänderungs-Begleitgesetz ergibt sich dadurch natürlich zwangsläufig.

In der Sitzung im April wurde allgemein die Hoffnung ausgesprochen, dass diese Re­form einen Beitrag dazu leisten kann, in Hinkunft eine Vielzahl von Insolvenzen zu ver­hindern. Als erklärtes Ziel wurde genannt, Unternehmen zu erhalten, statt Unterneh­men zu liquidieren. Diese Insolvenzrechtsreform soll die Sanierungschancen erhöhen und Konkursabweisungen mangels Masse verhindern. Es soll also die Sanierungsfreu­digkeit erhöht werden – und das ist gut so. (Beifall bei der SPÖ.)

19.05

19.05.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 840 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Themessl, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen betroffe­nen Teile der Reihe nach und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen haben ei­nen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 14, 15, 19, 20, 21, 22, 23 und 23a bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diese Änderungen unterstützen, um ein Zei­chen. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Themessl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Antrag einge­bracht, der Änderungen in Artikel 38 zum Inhalt hat.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesen Antrag unterstützen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Ich komme daher sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen haben wei­ters einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 41, 43, 47, 50, 59, 60 und 62 bezieht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 222

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist einstimmig angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Auch das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist einstimmig. Der Ge­setzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

19.08.11 27. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Bürgerinitiative (9/BI) betreffend „Anti-Mobbing-Gesetz“ (841 d.B.)

28. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Petition (37/PET) betreffend „Einführung eines Gerichtstages in Arbeits- und Sozialrechtssachen am Bezirksgericht St. Jo­hann im Pongau“, überreicht vom Abgeordneten Mag. Johann Maier (842 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 27 und 28 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Der Ordnung halber mache ich darauf aufmerksam, dass aufgrund der Kürze der nun folgenden Reden ähnlich wie beim vorigen Tagesordnungspunkt die Abstimmung dem­nächst stattfinden wird.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Steibl. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.09.10

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegende Bürgerinitiative zur Thema­tik Anti-Mobbing möchte ein Anti-Mobbing-Gesetz schaffen, ein Paket, das wirklich sehr viele unterschiedliche Maßnahmen auch in unterschiedlichen Materiengesetzen be­inhaltet.

Klarzustellen ist: Mobbing ist belastend, Mobbing ist unfair, Mobbing kann auch kein Arbeitgeber/keine Arbeitgeberin dulden. Mit dieser Bürgerinitiative wird nun, wie ge­sagt, die Schaffung eines Anti-Mobbing-Gesetzes gefordert. Dazu möchte ich anmer­ken, dass es sich da wirklich um eine Querschnittmaterie handelt. Es betrifft nicht nur den Justizbereich, sondern ganz entscheidend natürlich auch den Arbeitsbereich, wo Mobbing leider, wie erwähnt, viel zu oft passiert und die Betroffenen auch tagtäglich da­mit konfrontiert werden.

Wir haben uns deshalb im Justizausschuss dazu entschieden, einen Entschließungsan­trag einzubringen, um eine Bestandsaufnahme über die bestehenden Normen und Maß­nahmen zu erlangen. Mit diesem Entschließungsantrag wird die Bundesregierung er­sucht, den Bestand an aktuellen Anti-Mobbing-Regelungen darzulegen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 223

Ich glaube, das ist ein guter Weg, wie wir mit diesem Ansinnen der Bürgerinitiative um­gehen, ein guter Weg, um einen Durchblick zu bekommen und dann weitere Schritte zu setzen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.10


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Maier. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.10.47

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ho­hes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Kollegin hat bereits das Anliegen dargestellt, nämlich das Anliegen für ein Anti-Mobbing-Bundesgesetz. Wir ha­ben uns im Justizausschuss mit dieser Frage auseinandergesetzt und in einer Ent­schließung die Frau Justizministerin ersucht, den derzeitigen rechtlichen Rahmen dar­zustellen.

Ich halte das für absolut notwendig, insbesondere deswegen, weil sich Mobbing heut­zutage in den neuen Kommunikationstechnologien abspielt, insbesondere in Social Net­works, wo vor allem junge Menschen gemobbt werden – mit Fotos, aber nicht nur mit Bil­dern, sondern auch mit Texten. Daher glaube ich, dass wir uns dieser Frage verstärkt wid­men müssen.

Ich möchte aber ganz kurz auch zu meiner Petition sprechen: Einführung eines Ge­richtstages beim Bezirksgericht in St. Johann im Pongau. Da geht es schlichtweg da­rum, dass den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus dem Pongau, aus dem Gas­teiner Tal die Möglichkeit eingeräumt wird, am Bezirksgericht in St. Johann einen Ge­richtstag zu bekommen. Derzeit müssen die ArbeitnehmerInnen den langen Weg nach Salzburg auf sich nehmen. Im Pinzgau und im Lungau gibt es einen Gerichtstag, aber leider nicht in St. Johann.

Wir haben uns bedauerlicherweise noch nicht einigen können, aber ich sage, die Hoff­nung stirbt zuletzt, Frau Bundesministerin, und ich darf Sie namens der Pongauer Ar­beitnehmerinnen und Arbeitnehmer ersuchen, die Zielstellungen dieser Petition noch­mals zu überprüfen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. 2 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


19.12.43

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Frau Minister! Eine Einführung eines Gerichtstages für Arbeits- und Sozialrechtssa­chen am Bezirksgericht St. Johann wäre dringend notwendig – aus Zeitgründen und vor allem wegen der langen Anfahrtswege der betroffenen Personen nach Salzburg. Was in anderen Bezirken schon Praxis ist, muss auch im Pongau möglich und umsetz­bar sein. Wenn man sich die Zahlen der Verfahren ansieht, kann man eigentlich gar nicht dagegen sein.

Daher ersuche ich Sie, Frau Minister, höflichst, diese Gerichtstagsverordnung so zu än­dern, dass es in Zukunft auch im Bezirk St. Johann einen solchen Gerichtstag gibt. Sie haben vorhin gesagt, Justiz muss auch bürgernah sein. Setzen wir es um! – Danke. (Bei­fall bei der FPÖ.)

19.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhau­ser. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 224

19.13.37

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mich schon vor langer Zeit mit dem Initiator der Bürgerinitiative zum Anti-Mob­bing-Gesetz getroffen. Der Initiator ist selbst ein langjähriges Mobbingopfer mit einer sehr unerfreulichen beruflichen Geschichte. Was mir gefallen hat: Er hat nicht aufgege­ben, sondern hat für andere Mobbingopfer zu kämpfen begonnen, und das finde ich ei­ne sehr lobenswerte Initiative.

Lobenswert finde ich auch den Umgang mit der Bürgerinitiative grundsätzlich. Vom Pe­titionsausschuss ist diese Bürgerinitiative in den Justizausschuss weitergegangen. Dort haben wir das diskutiert. Jetzt gibt es diesen Entschließungsantrag, dass man das Jus­tizministerium ersucht, nicht nur die Rechtslage darzulegen, wie der Kollege Maier sagt, sondern auch Vorschläge zur Verbesserung der Rechtslage zu machen. Das ist ein kleiner Schritt – mehr als bei vielen anderen Bürgerinitiativen, muss man sagen – und ein richtiger Schritt.

Meine Bitte an Sie, Frau Justizministerin, ist, dass das, was Sie uns präsentieren, dann über das hinausgeht, was bereits in der Stellungnahme des Justizministeriums zu die­ser Bürgerinitiative steht, denn in dieser Stellungnahme, bei aller Wertschätzung, wird uns eigentlich eher mitgeteilt, was nicht geht. Nur, mich interessiert nicht, was nicht geht, sondern mich interessiert, was wir tun können, damit sich die Situation für Mobbingop­fer in diesem Land verbessert.

Sowohl das Schicksal des Initiators, der vor Gericht nicht durchgekommen ist, wie auch meine Erfahrung aus dem Arbeitsrecht, wo ich immer wieder Mobbingopfer betreut ha­be, zeigen, dass es aufgrund der momentanen Rechtslage ganz, ganz schwer ist, Mob­bingopfern wirksam zu helfen und für sie Rechtsschutz durchzusetzen. Ich glaube, da besteht Handlungsbedarf, und da darf man nicht so tun, als gäbe es nichts zu tun und als wäre ohnedies alles in Ordnung. Immerhin reden wir da von einer Bevölkerungsgruppe von 200 000, 300 000 Personen.

Wenn man mit Mobbingopfern spricht, dann merkt man, wie weit das geht. Es geht in die Familie hinein. Es führt dazu, dass die Leute in ihrer Existenz beeinträchtigt sind. Das alles sind keine Kleinigkeiten. Ganz abgesehen davon, dass, wenn wir über die Ar­beitswelt reden, natürlich auch volkswirtschaftliche Schäden und betriebswirtschaftliche Schäden aufgrund von Mobbing ein Thema sind.

Daher sollte diese Bürgerinitiative nicht folgenlos bleiben. Wir sollten nicht den Fehler machen, dass wir da jetzt einen netten Entschließungsantrag verabschieden, und da­mit ist die Geschichte erledigt, sondern ich sehe das so, dass alle Parteien sich des Pro­blems bewusst sind, dass das eigentlich erst der erste Schritt ist, um zu einer Lösung zu kommen, die zugegebenermaßen nicht ganz einfach ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Schenk. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.16.29

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt schätzungsweise rund 2 Millionen Mobbing-Opfer in Österreich. Mobbing breitet sich rasant aus. Mobbing beginnt im Kindergarten und geht über die Schule bis hin zum Arbeitsplatz.

Laut einer Studie wird in über 40 Prozent der österreichischen Unternehmen gemobbt. Aber nicht nur Mobbing, sondern auch Bossing muss man hier anführen – nämlich das Mobbing durch Vorgesetzte, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das darf hier nicht unter den Tisch fallen, sondern das soll bei der Gesetzfindung auch berücksichtigt wer­den.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 225

Die beste Lösung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist es natürlich, wenn es gar nicht erst zu Mobbing kommt, aber dafür bedarf es sozialer Kompetenz, vor allem bei Vorge­setzten, aber natürlich auch bei Mitarbeitern.

Ich möchte es mich kurz halten. Ich freue mich, dass Einigkeit bei allen fünf Parla­mentsparteien besteht, wenngleich ich verwundert bin, dass auch die FPÖ dieser Ent­schließung zustimmen wird, denn bei der FPÖ stehen Mobbing und Bossing auf der Ta­gesordnung. (Ironische Heiterkeit bei der FPÖ.)

Ein hochrangiger Vertreter der Mobbing- und Bossing-Schiene der FPÖ, der Herr Kickl, sitzt ja heute hier. Der Herr Strache ist leider nicht hier, vielleicht stimmt er auch des­halb dieser Entschließung nicht zu. (Lebhafte Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Dieses Zeichen (die Rednerin ahmt die von Abg. Kickl mit den Fingern gemachte Ges­te für „Bla-Bla-Bla“ oder Tratschen nach) zeigt ja auch alles, und es zeigt auch, dass ich inhaltlich recht habe, dass bei euch und bei dir Mobbing und Bossing an der Tages­ordnung stehen. Ich weiß, wovon ich rede, denn ich war die letzten drei Jahre Bundes­geschäftsführerin eurer Partei und habe das hautnah miterlebt. (Neuerliche Zwischen­rufe bei der FPÖ.)

Auch wenn du noch so laut schreist, werden deine Unwahrheiten nicht wahrer. Du kannst gerne herauskommen und dich dazu äußern, aber dafür bist du ja zu feig. – Danke. (Beifall bei BZÖ und Grünen. – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von FPÖ und BZÖ.)

19.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Franz. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


19.18.23

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Ho­hes Haus! Wir haben es schon gehört: Immer mehr Menschen sind von Mobbing be­troffen. Besonders aktuell ist dieses Thema auch an Schulen. Es gibt nicht nur Psy­choterror in Betrieben, sondern auch an Schulen, und das ist besonders tragisch, weil da sowohl die Opfer als auch die Täter Kinder oder Jugendliche sind. Eltern sind ver­zweifelt, Lehrer sind verzweifelt, und ich denke, dass da sehr schnell etwas geschehen muss.

Es ist auch so, dass Kinder Szenen filmen und ins Internet bringen. Das ist eine beson­ders schwierige Form. Ich meine daher – wir haben es schon gehört, es ist eine Quer­schnittmaterie, das Thema ist sehr vielschichtig –, man muss sich gut überlegen, wie das zu lösen ist, und ich hoffe, gerade im Sinne dieser vielen Mobbingopfer, dass sehr rasch etwas passiert. (Beifall bei der ÖVP.)

19.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.19.00

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Jede fünfte Soldatin wird gemobbt, so konnten wir es vor Kurzem in den Zeitungen lesen, und das ließ schon aufhorchen. Was ist da los? Es war gut, dass der zuständige Minis­ter, also Minister Darabos, diesbezüglich dann eine Studie in Auftrag gegeben hat, die die Technische Universität Wien durchgeführt hat. In dieser Studie kam man zu unter­schiedlichen Schlüssen, warum Frauen gemobbt werden, vor allem beim Bundesheer. Diese besonders maskuline Art, Herr Petzner, hat den Frauen vielleicht nicht ganz so gut gefallen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 226

In Österreich zum Beispiel sind es 2 Prozent, die längerfristig beim Bundesheer blei­ben, in anderen Heeren sind es 6 bis 8 Prozent. Daher werden sich jetzt die Gleichstel­lungsbeauftragte des Bundesheeres, Silvia Moosmaier, sowie die Beschwerdekommis­sion des Bundesheeres dieser Sache annehmen. Nur ist das nicht genug, das war ein Beispiel von vielen! Daher ist es meines Erachtens gut, wichtig und richtig, dass jetzt darauf geschaut wird.

Dieser Entschließungsantrag beschäftigt sich mit den Fragen, was man da insgesamt machen kann, inwieweit es möglich ist, zu harmonisieren, sowie mit der Frage – und das ist mir als Frauensprecherin sehr wichtig –, was die Ursachen sind. Die Daten sind nämlich besonders auffällig, wie etwa in diesem Fall: 800 Soldatinnen beginnen, aber nur 400 bleiben dann in einem Beruf, von dem sie einmal geglaubt haben, das sei ihr Traumberuf. Daher haben wir uns das genauer angeschaut.

Wenn hier die Zahlen nicht 2, 6 oder 7 Prozent betragen, sondern mehr als 30 Prozent, dann ist die kritische Masse erreicht! Das heißt, dass daran gearbeitet werden muss, und das heißt, dass auch da Quotierungen gut täten!

Zu Kollegem Pirklhuber möchte ich noch sagen: Sie waren ja mit dem Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen gerade in Berlin und haben wieder dieses Projekt, das mir sehr am Herzen liegt, weiterverfolgt, nämlich elektronische Bürgerinitiativen.

Es würde mich freuen, wenn das österreichische Parlament auch diese Möglichkeit für die Bürger und Bürgerinnen eröffnen könnte. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

19.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzte Rednerin zu diesem Tagesord­nungspunkt gelangt Frau Abgeordnete Dr. Winter zu Wort. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.22.06

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! (Abg. Petzner: Frau Kollegin, können Sie uns etwas zu Mobbing in der FPÖ sagen?) Liebe Martina Schenk, ich schätze dich als Kollegin sehr, aber ich möchte dir einen Spruch mit auf den Weg geben: Si tacuisses, philosophus mansisses. – Das Parlament ist keine Selbsttherapie-Stunde! (Beifall bei der FPÖ. Widerspruch beim BZÖ.)

Kurz zu der Bürgerinitiative und der Petition: Zu dieser Bürgerinitiative wurde sowohl inhaltlich alles gesagt als auch die weitere Vorgangsweise geklärt. Es ist ein Fünf-Par­teien-Antrag – auch für Sie, Herr Kollege Stadler. Ich möchte noch Folgendes hinzu­fügen: Nachdem diese Bürgerinitiative in den Ausschuss für Petitionen und Bürgerini­tiativen gekommen ist, haben wir selbstverständlich viele Stellungnahmen eingeholt. Da­bei hat sich bereits gezeigt, dass das eine Querschnittmaterie ist.

Alle sechs Ministerien haben eigentlich positiv und inhaltlich gut auf diese Anfrage re­agiert. Allerdings – das muss ich schon sagen, das geht wieder an die SPÖ –: Der Bun­deskanzler hat uns eine Stellungnahme geschickt, die mit derjenigen des Bundesminis­teriums für Justiz identisch ist. Ich hoffe, er hat sich bei Ihren Bediensteten beziehungs­weise bei Ihren „Wissenden“ und denjenigen, die diese Stellungnahme geschrieben ha­ben, auch entsprechend bedankt, Frau Minister Bandion-Ortner.

Noch kurz zu der Petition im Zusammenhang mit dem Gerichtstag im Pongau. Im Ge­gensatz zu vielen anderen vertreten wir dazu die Meinung, dass es da eigentlich um Bürgerfreundlichkeit geht und dass man die Gerichtstagsverordnung dahin gehend än­dern sollte, dass es auch dort einen ständigen Gerichtstag gibt. (Beifall bei der FPÖ.)

19.23

19.23.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 227

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich für jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 841 der Beila­gen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 119.)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Be­richt 842 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Auch das ist einstimmig angenommen.

19.24.4729. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvor­lage (753 d.B.): Vereinbarung zwischen Bund und Ländern gemäß Art. 15a B-VG zur Umsetzung der Richtlinie 2006/32/EG über Endenergieeffizienz (789 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 29. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Haubner. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.25.20

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Ich kann es ganz kurz machen: Der effiziente Einsatz von Ressourcen zur Energieerzeugung ist eine wichtige Maßnahme, um im Rahmen des Europa-20/20/20-Prozesses die gesetzten Ziele zu erreichen, denn nur mit gezielter Steigerung der Ener­gieeffizienz in allen wesentlichen Sektoren ist die Stabilisierung des Endenergieverbrau­ches zu erreichen.

Die EU-Endenergieeffizienz-Richtlinie sieht ja vor, dass wir einen Energieeinsparricht­wert von 9 Prozent haben. Diese 15a-Vereinbarung zwischen dem Bund und den Län­dern zur Umsetzung der EU-Energieeffizienz-Richtlinie ist ein wesentlicher Schritt in diese Richtung. Deshalb wird er auch einstimmig Zustimmung finden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Gaßner.)

19.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Katzian. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


19.26.00

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Meine Damen und Herren! Wie schon mein Vorredner hingewiesen hat, geht es bei dieser Artikel-15a-Vereinbarung um eine Richt­linie aus dem Jahr 2006, die wir jetzt beschließen.

Man sieht, wenn wir beim Thema Energieeffizienz nicht ein bisschen Gas geben, dann kann sich das schon einige Zeit hinziehen. Es ist auch ein wenig überholt, weil wir 2008 auf europäischer Ebene die Einigung auf die 20/20-Ziele definiert haben. Dabei hat sich auch Österreich verpflichtet, diese zu erreichen.

Die Steigerung der Energieeffizienz ist zweifelsohne das größte Kraftwerk, das wir ha­ben. Daher glaube ich, dass es auch unser Anspruch sein muss, dem Vorhaben der Er­reichung dieser 20/20-Ziele größte Aufmerksamkeit zu schenken und mit entsprechen­dem Nachdruck dafür zu sorgen, dass wir das umsetzen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 228

Jeder Schritt in Richtung mehr Energieeffizienz ist okay. Aber ich glaube, wenn wir es ernst nehmen, dass wir hier etwas weiterbringen wollen, dann braucht es einen weite­ren Schritt. Daher möchte ich die Forderung der Sozialdemokratie nach einer leistungs­fähigen, bundeseinheitlichen Energieeffizienz wiederholen und auch der Meinung Aus­druck geben, dass wir das möglichst bald angehen sollten.

Eine gute Gelegenheit werden die Verhandlungen für die zu beschließende Energie­strategie sein. Ich hoffe sehr, dass es gelingen wird, dann auch im Hinblick auf Ener­gieeffizienz einen weiteren großen Schritt zu machen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Amon.)

19.27


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Themessl. 2 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


19.27.51

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir werden dieser Umsetzung der EU-Richtlinie zu­stimmen, aber ich möchte das zum Anlass nehmen, darauf hinzuweisen, dass auf dem österreichischen Energiesektor nicht alles Gold ist, was glänzt.

Wir wissen, dass die österreichischen Energiekosten sehr hoch sind und dadurch zu ei­nem Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Ländern führen. Wir wissen, dass E-Control und die Bundeswettbewerbsbehörde seit mehreren Monaten oder Jahren davon spre­chen, dass es einen mangelhaften Wettbewerb in Österreich gibt, dass es sogenannte intransparente und sogar monopolistische Marktverhältnisse gibt, was für den österrei­chischen Energiesektor alles andere als gut ist.

Ich würde Sie schon ersuchen, Herr Bundesminister, auch in diesem Bereich einmal tä-
tig zu werden, damit auch in Österreich der Liberalisierungseffekt des Strompreises
grei­fen kann. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Brunner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.28.56

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Kolle­ginnen und Kollegen! Mit dieser Artikel-15a-Vereinbarung setzt Österreich jetzt die EU-Energieeffizienz-Richtlinie um. Das ist zwei Jahre zu spät. Außerdem hätte man das viel­leicht auch mit einem einheitlichen Bundesgesetz machen können. Ich hoffe dennoch, dass das jetzt ein Beitrag zur Erreichung der Ziele bei der Energieeffizienz ist. Ansons­ten legt man es in Österreich mit den Zielen, was erneuerbare Energie angeht, nicht so ambitioniert an, das sehen wir jetzt am Nationalen Aktionsplan Erneuerbare Energien.

Herr Minister, Sie haben gesagt, Sie wollen den Ball flach halten. Es ist zwar Fußball-WM, aber ich glaube, flach spielen und hoch gewinnen wird es in diesem Fall nicht spie­len. Wenn wir bei den erneuerbaren Energien den Ball flach halten, werden wir, glaube ich, sehr, sehr hoch verlieren. Wir werden weiter Klimaschlusslicht bleiben, wir werden weiter Ökostrom-Ausbaustopp haben und wir werden weiter voll im Öl bleiben. (Heiter­keit bei den Grünen.) Wenn Sie sagen, Ball flach halten, dann sollten Sie auch das da­zusagen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich finde es ja ganz nett, wenn jetzt der Landwirtschaftsminister auftritt und sagt, das sei alles viel zu wenig ambitioniert, und wieder einmal das Öko-Feigenblatt macht, nur ist es ein bisschen unglaubwürdig. Es ist irgendwie ein doppeltes Spiel, das da von der ÖVP der Bevölkerung vorgegaukelt wird. Denn: Sie haben immerhin gemeinsam die Energiestrategie gemacht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 229

Ich nehme dem Landwirtschaftsminister auch nicht ab, dass er nicht weiß, was da he­rausgekommen ist und was jetzt nach Brüssel gemeldet ist. Was jetzt gemeldet wurde, zeigt leider, dass Klimaschutz, Umweltschutz und erneuerbare Energie für die Bundes­regierung keinen sehr großen Stellenwert haben. Das muss sich jetzt jedenfalls ändern.

Um noch einmal auf die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko zu sprechen zu kommen: Was brauchen wir noch? Welchen „Kick“ brauchen wir noch, um endlich etwas zu än­dern? Abgesehen davon: Wenn wir es nicht ändern, verschläft Österreich sehr, sehr gro­ße Chancen.

Deswegen bin ich der Meinung, Österreich braucht ein eigenständiges, starkes und en­gagiertes Umweltministerium! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Hörl.)

19.30


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Widmann. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.31.06

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich verste­he eigentlich dieses Gelächter bei der ÖVP nicht ganz. Wenn wir ernsthaft über die Energiestrategie Österreichs diskutieren würden, dann würden wir länger brauchen. Da gibt es auch nichts zu lachen, denn die Strategie schaut sehr traurig aus. Dies einmal zu Beginn.

Jetzt komme ich auf die Umsetzung der Energierichtlinie zu sprechen. Diese findet zwei Jahre zu spät statt, wir hätten sie bis 17. Mai 2008 umsetzen müssen, Herr Kolle­ge Molterer. Sie sind ja auch sonst immer EU-Musterschüler und setzen sonst alles sehr rasch um. Sie von ÖVP und SPÖ fürchten, dass gegen uns sonst ein Vertragsverlet­zungsverfahren eröffnet wird.

Aber da hat man offenbar Zeit gehabt, man hat ein bisschen geschummelt. Man hat 2007 einen Energie-Aktionsplan an die Kommission herausgeschickt und damit das Ganze etwas „paniert“.

Aber ich sage es noch einmal: Sie hätten es sich wesentlich einfacher machen können. Sie hätten mit Sicherheit – und das werden wir heute sehen – die Einstimmigkeit bei diesem Gesetz. Sie hätten ein Verfassungsgesetz mit uns hier machen können und hätten das nicht langwierig mit den Ländern hinauszögern müssen. Da hätten Sie Nä­gel mit Köpfen viel rascher durchsetzen können. (Beifall beim BZÖ.)

Die nächsten Energieeffizienz-Aktionspläne gemeinsam mit den Ländern sind für 30. Ju­ni 2011 und 2014 geplant. Dann werden wir ganz genau sehen, wie engagiert und wie weit es hier wirklich geht oder ob es bei dem bleibt, was die EU vorschreibt: 9 Prozent Energieeffizienz in neun Jahren einzusparen.

Es gäbe viel zu tun: auf dem Wohnsektor, dem Tertiärsektor, dem Industrie- und Ver­kehrssektor, aber auch bei vielen anderen Maßnahmen, bis hin zum Steuerbereich. Grundsätzlich aber ist die Sache positiv, weil sie in die richtige Richtung geht. Daher wird das BZÖ zustimmen. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

19.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminis­ter Dr. Mitterlehner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.32.51

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn die Zeit schon vorgeschritten ist, soll da nicht Unrichtiges im Raum stehen bleiben. Da gibt es etwas


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 230

aufzuklären, nämlich dass wir nicht säumig sind in der Umsetzung der Richtlinie. Die Umsetzung der Richtlinie erfolgt in diversen Materiengesetzen und ist völlig im Zeitplan.

20 Staaten wurden von der EU geklagt – da sind Vertragsverletzungsverfahren einge­leitet worden –, aber nicht wir. Was wir hier und heute machen, ist die kommunikative Umsetzung im Rahmen einer Artikel-15a-Vereinbarung, wie gemessen wird, welche freiwilligen Vereinbarungen zwischen den Interessenvertretungen, den Ländern, dem Bund und uns bestehen. Diese Umsetzung misst das, da sind wir völlig im Plan. – Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt: Ob jemand im Öl ist oder nicht, müssen Sie entscheiden. Die Ener­giestrategie sieht vor, dass wir uns bis zum Jahr 2020, was den Ölanteil anbelangt, von 44 Prozent im Jahr 2005 auf rund 30 Prozent entwickeln werden. Das heißt, das ist eine Umstrukturierung. Nur vergessen Sie immer: Es hängen auch Arbeitsplätze an die­sem Unternehmensbereich, das ist ein wichtiger Sektor.

Ich kann der OMV nicht einfach dekretieren, das Unternehmen zuzusperren. Sie kön­nen auch nicht, wenn die alternative Energie noch nicht zur Verfügung steht, sagen, brau­chen wir alles nicht, sonst stehen wir im Endeffekt still. Das ist der Punkt, wobei das natürlich Gegenstand einer anderen Diskussion ist.

Was das 34 Prozent-Ziel anlangt, soll auch das nicht im Raum stehen bleiben. Zudem haben wir uns committet. Das war die Vereinbarung, die wir im Jahr 2008 geschlossen haben, dazu verpflichtet uns auch die Richtlinie, das erfüllen wir.

Wir haben in zwei Jahren die Möglichkeit darzustellen, dass wir besser sind. Dieser Weg ist meines Erachtens der viel seriösere, als etwas einzugehen, das wir dann möglicher­weise nicht erreichen können. Die Umsetzung der Kyoto-Ziele war problematisch ge­nug. Umgekehrt ist besser, seriöser und erfolgreicher. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Hörl: Das ist Kompetenz!)

19.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Glaser. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


19.35.06

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Noch ist die Bewältigung der Wirtschaftskrise das beherrschende Thema. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass es Zukunftsthe­ma sein wird, wie wir unseren Energiebedarf mit den Zielen zur Erhaltung unseres Kli­mas in Einklang bringen können.

Es geht sicherlich primär um erneuerbare Energie, aber noch mehr darum, Energie zu sparen. Mit dieser Artikel-15a-Vereinbarung, die wir heute beschließen, setzen wir die­se EU-Richtlinie, die das Ziel hat, bis zum Jahr 2016 9 Prozent der Endenergie einzu­sparen, um.

Es scheint ein bisschen kurios, dass wir hier zehn Endenergie-Aktionspläne beschlie­ßen müssen, einen für den Bund und neun für die Länder. Andererseits ist das, meine ich, für die Länder eine Möglichkeit, sich entsprechend zu positionieren und zu enga­gieren, was im Hinblick darauf, dass wir mit den Ländern gemeinsam ein Klimaschutz­gesetz umsetzen wollen, die Energiestrategie umsetzen wollen, nur positiv sein kann. In diesem Sinne bitte ich um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

19.36


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 231

19.36.30

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Bundesminister! Es gäbe einiges darüber zu diskutieren, aber aus zeitökono­mischen Gründen möchte ich mich hundertprozentig den Ausführungen meines Kolle­gen Katzian anschließen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Ein gutes Vorbild!)

19.36


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kuzdas zu Wort. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.36.57

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die Artikel-15a-Vereinbarung bezieht sich auf die Endengerieeffizienz und auch auf die Endenergieeffizienz im Vergabewesen des öffentlichen Sektors. Dazu möchte ich ein paar Worte sagen.

Diese Regelungen sind im Bundesvergabegesetz 2006 schon umgesetzt und werden von Vergabekompetenzcentern des Bundes, nämlich der Bundesbeschaffung GmbH, seit Jahren mit Erfolg umgesetzt. Da gibt es enormes Einsparungspotential zur Effekti­vitäts- und Effizienzsteigerung in der öffentlichen Verwaltung, die leider gerade im Ver­gabewesen noch nicht zur Gänze genutzt wird, insbesondere wenn man die Zusam­menarbeit zwischen Bund und Ländern hernimmt.

Die BBG, die schwerpunktmäßig für den Bund tätig werden soll und muss, darf aber auch Dienstleistungen für Länder und Gemeinden erbringen. Hier wird großes Potential liegen gelassen, weil die Argumente, die für eine strategische Zusammenarbeit spre­chen, wirklich überzeugend sind.

Die BBG stellt, wie im Tätigkeitsbericht 2009 zu erkennen ist, 250 000 Artikel von IT über Büroeinrichtungen, Kraftfahrzeuge bis zur Reinigung zur Verfügung. Die Produkte können ganz einfach über standardisierte Verträge ohne komplizierte Ausschreibungen angeschafft werden. Die durchschnittlichen Preiseinsparungen betragen rund 18 Pro­zent.

Das heißt, auch kleine Organisationen, zum Beispiel Gemeinden, können sich die Vor­teile des günstigen Einkaufs durch die Republik zunutze machen, und zwar ohne Zwang, diese Verträge tatsächlich nützen zu müssen. Das ist gerade für Gemeinden und Län­der, die unter der Budgetkrise leiden, ein großer Vorteil.

Der eine oder andere Bürgermeister, der hier sitzt, wird dieses Angebot auch schon der­zeit nutzen. Es ist ein wesentlicher ökonomischer Vorteil, der auch noch angenehme Nebenerscheinungen hat: Ich brauche mich nicht mit der komplexen Materie des Bundesvergabegesetzes herumzuschlagen. Auch das wäre vielleicht eine Idee für eine Artikel-15a-Vereinbarung und ein Beitrag zur Verwaltungsvereinfachung, der sofort um­zusetzen wäre. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.39

19.39.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wirt­schaft und Industrie, dem Abschluss der gegenständlichen Vereinbarung gemäß Arti­kel 15a Bundes-Verfassungsgesetz in 753 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 232

19.40.0330. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorla­ge (780 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (790 d.B.)

31. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Ent­wurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Emissionsschutzgesetz für Kesselanla­gen und das Mineralrohstoffgesetz geändert werden (791 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 30 und 31 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Hackl. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.40.46

Abgeordneter Ing. Heinz-Peter Hackl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Zwei Punkte zu dieser Gesetzesänderung: Die Änderung der Gewerbeordnung für das Gastgartengesetz, die Gastgartenregelung bis zu 75 Verabreichungsplätzen, ist sicher ein positiver Schritt, unterstützt unsere Gastronomie und wahrt die Rechte der Anrainer.

Zweiter Punkt: Die Öffnung des Rauchfangkehrer-Gewerbes für Betriebe aus dem EWR-Raum, die keine Niederlassung in Österreich haben, wird letztendlich zu einem Zwei-Klassen-Rauchfangkehrer-Gewerbe führen. Die Betriebe, die aus dem EWR-Raum kom­men, werden die Sanierungen, die Errichtungen durchführen, und unsere Betriebe, die dazu berechtigt sind, werden die verwaltungspolizeilichen und feuerpolizeilichen Gut­achten dazu liefern. Das ist sicher nicht wünschenswert. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.41


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Obernosterer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.42.10

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Lie­be Kolleginnen und Kollegen! Die Regierungsvorlage zum Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 für das Gastgartengesetz geändert wird, scheint zwar kein gro­ßer Wurf zu sein, aber für die Gastronomie und für die Wirte bedeutet sie eine sehr gro­ße Erleichterung.

Ich sage immer dazu, es ist ein großer Schritt, Bürokratie abzubauen und es den klei­nen Unternehmern, in dem Fall den kleinen Wirten, leichter zu machen. Solche Geset­zesänderungen sind manches Mal mehr wert als kleine Förderungen, egal ob für eine Kaffeemaschine oder für sonst etwas.

Die Anrainerrechte werden gewahrt, es wurde dem Tourismusland Österreich Rech­nung getragen. Die Öffnungszeiten – bei öffentlichen Gärten bis 23 Uhr, bei privaten bis 22 Uhr – sind gesetzlich geregelt. In Tourismusgemeinden gibt es Ausnahmerege­lungen, und der Bürgermeister kann die Öffnungszeiten entsprechend den örtlichen Ge­gebenheiten entweder verlängern oder verkürzen.

Herr Bundesminister, seitens der Gastronomie ein Danke für diesen Schritt. Mein Vor­redner steht zwar als Kontraredner auf der Rednerliste – mit der Gesetzesänderung in der Gastronomie ist er einverstanden, für das Rauchfangkehrergesetz ist er anschei­nend nicht –, trotzdem wäre es schön, in diesem Fall ein einstimmig verabschiedetes


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 233

Gesetz zu haben. Wie gesagt, die Gastronomie wird es mit einer ordentlichen Bedienung im Gastgarten danken. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

19.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.44.15

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Kolle­ginnen und Kollegen! Zuerst zur Änderung des Emissionsschutzgesetzes für Kesselan­lagen und des Mineralrohstoffgesetzes. Hierbei geht es letztlich um die Übernahme der Regelungen der Novelle des Immissionsschutzgesetzes-Luft, die wir heute am Vormit­tag beschlossen haben.

Wir haben heute Vormittag schon nicht zugestimmt, weil uns da der Gesundheits­schutz für die Bevölkerung nicht ausreichend gegeben ist. Deswegen werden wir auch jetzt nicht zustimmen.

Im Wesentlichen geht es um eine Aufweichung der Grenzwerte für neue Betriebsanla­gen. Das wäre nicht nötig gewesen, vor allem wenn in den letzten Jahren dafür gesorgt worden wäre, dass Altanlagen dem Stand der Technik angepasst worden wären. Das ist nicht geschehen, deswegen gibt es auch ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich. Wenn das gemacht worden wäre, bräuchten wir jetzt nicht so viele Ausnah­men für neue Betriebsanlagen und könnten die Grenzwerte einhalten. Daher stimmen wir dagegen.

Nun zur Gewerbeordnung: Hierbei geht es um eine Genehmigungsfreistellung für Gast­gärten mit bis zu 75 Sitzplätzen; und zwar sollen diese auf öffentlichen Grundstücken bis 22 Uhr geöffnet haben können, auf anderen Grundstücken bis 23 Uhr, und der Bür­germeister kann das auch noch verlängern. Es wird nicht differenziert, ob das in Innen­höfen oder an Straßen stattfindet, also geht es um Genehmigungsfreistellung generell.

Vorwegschicken möchte ich, dass auch ich gerne im Gastgarten sitze. Gastgärten sind eine wertvolle Bereicherung für Städte und Ortschaften, aber man muss auch sagen, dass es in Gastgärten eben auch zu unzumutbaren Lärmbelästigungen und zu Gesund­heitsbeeinträchtigungen kommen kann.

Deshalb darf sich der Gesetzgeber nicht von vornherein auf eine Seite stellen; aber mit diesem Gesetz passiert genau das. Bei allen anderen Betriebsanlagen gibt es Verfah­ren, gibt es Genehmigungskriterien und braucht es eine Genehmigung. Gastgärten sind jetzt ausgenommen. Das ist eine Ungleichstellung, daher gibt es hier verfassungsrecht­liche Bedenken.

Genauso eine Ungleichstellung gibt es den Nachbarinnen und Nachbarn gegenüber. Ein Entfall des Verfahrens bedeutet nämlich auch den Entfall von Beteiligungsmöglichkei­ten, Mitwirkungsmöglichkeiten, den Entfall von Rechtsschutz.

Das finden wir verfassungsrechtlich bedenklich, weil jetzt der Nachbar, die Nachbarin nachweisen muss, dass eine Gesundheitsgefahr gegeben ist; andererseits, wenn es ein Verfahren gibt, muss der oder die Ansuchende nachweisen, dass eben keine Gesund­heitsgefahr besteht.

Ich glaube, wir dürfen jetzt nicht so tun, als ob, wenn sich Nachbarinnen und Nachbarn irgendwo einmischen und ihre Rechte geltend machen, dann automatisch alles und je­des verhindert würde. Es ist ohnehin so, dass Nachbarinnen und Nachbarn in den ver­schiedensten Verfahren eine sehr schlechte Stellung haben. Ich glaube, es sollte schon unser Anliegen sein, uns auch für die Schwächeren einzusetzen.

Wir sind nicht die Einzigen, die sich hierzu kritisch äußern, auch das Umweltbundes­amt hat das getan und sieht keinen ausreichenden Lärmschutz gegeben. Der Verfas­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 234

sungsdienst des Bundeskanzleramtes bemängelt diese Unverhältnismäßigkeit zwi­schen Gastgarten und anderen Betriebsanlagen, die ich vorher auch angesprochen ha­be. Der Städtebund hat sich ursprünglich für diese Neuregelung eingesetzt, sieht aber jetzt die Betriebszeiten als zu hoch an, und auch die Volksanwaltschaft hat Bedenken geäußert.

Das ist jetzt also nicht nur die Kritik der Grünen, sondern es wurde allgemein festge­stellt, dass NachbarInnen das Recht haben müssen, ihre Rechte geltend zu machen und einzubringen.

Ich würde mir überhaupt wünschen, dass nicht nur im Einzelfall geprüft wird, sondern dass man sich Straßen und Plätze ganzheitlich anschaut, weil es gleichgültig ist, woher die Auswirkung kommt. Wenn es eine Aneinanderreihung gibt, dann sollte man sich das ganzheitlich anschauen. Es geht sicher in keinem Fall darum, Gastgärten zu schließen, sondern es geht darum, dass Nachbarinnen und Nachbarn ihre Gesundheit geschützt wissen, sich einbringen können und man von vornherein vielleicht auch Konflikte ver­meiden kann.

Ich sitze ruhiger in einem Gastgarten und vielleicht haben viele ein besseres Gefühl, wenn sie wissen, dass die Anrainerinnen und Anrainer kein Problem damit haben und es für sie keine Belästigung und Gesundheitsgefährdung darstellt.

Im Übrigen bin ich der Meinung, Österreich braucht ein eigenständiges, starkes und en­gagiertes Umweltministerium. (Beifall bei den Grünen.)

19.48


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Mitterleh­ner. – Bitte.

 


19.49.03

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unter diesem Tagesord­nungspunkt stehen einige Änderungen der Gewerbeordnung, aber auch das, was das IG-Luft anbelangt, und Folgekonsequenzen im Bereich der Gewerbeordnung zur Dis­kussion.

Ich darf zuerst zu den Ausführungen von Frau Kollegin Brunner nur bemerken, dass sich dieses Vertragsverletzungsverfahren, das sie angesprochen hat, betreffend Um­setzung der IPPC-Richtlinie nicht gegen den Bund richtet, sondern gegen die Vollzie­hung der Bundesländer. Das ist nur eine Formalität, aber es ist ein bestimmter Unter­schied.

Was die Gewerbeordnung und die wesentlichen Inhalte, die geändert werden, anlangt, geht es darum, dass wir bei der Baustellenrichtlinie auch den Schutz für die Selbstän­digen herstellen.

Was den Berufszugang zum Rauchfangkehrer-Gewerbe anbelangt, regeln wir den Ent­fall des Erfordernisses der österreichischen Staatsbürgerschaft entsprechend neu.

Bei der gerade angesprochenen Gastgartenregelung neu gebe ich Ihnen recht, dass das ein bestimmter Balanceakt ist zwischen den Rechten der Nachbarn und dem Be­triebsanlagenrecht, dem gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren.

Wir haben das sehr genau abgewogen und sind zu der Entscheidung gekommen, näm­lich auch was die Spruchpraxis des Verfassungsgerichtshofes anbelangt, zu versu­chen, das, was der Verfassungsgerichtshof in seinen Entscheidungen berücksichtigt hat, zu standardisieren.

Im Wesentlichen ist das, was wir mit „Ruhe“, mit „Grillverbot“ und dergleichen aufge­nommen haben, im Sinne einer Standardregelung, nichts anderes als der Versuch, ei­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 235

ne typisierende Umschreibung von Gastgärten zu haben, bei denen die Durchschnitts­betrachtung ergibt, dass die Nachbarn nicht beeinträchtigt werden.

Das heißt im Klartext: Wir haben die Problematik gehabt, dass der Gewerbetreibende oft sehr lange gebraucht hat, bis er die Genehmigung überhaupt bekommen hat. Jetzt ha­ben wir es umgedreht; er meldet an, hat die Genehmigung, und die Behörde muss die entsprechenden Übertretungen darstellen und kann von sich aus, wenn Übertretungen vorliegen, die Schließung veranlassen.

Das ist im Endeffekt eine viel bessere Vorgangsweise, die den jeweiligen Gastgärten mit bis zu 75 Plätzen die Erlangung der Genehmigung schneller ermöglichen wird. So­weit wir das in der Branche gesehen haben, wird das auch durchaus angenommen. Ich rechne nicht damit, dass wir Beeinträchtigungen der Nachbarn haben werden.

Wir werden ja sehen, was entsprechende Verfahrensschritte ergeben werden. Es ist man­ches Mal so, dass Überprüfungen dann eben etwas anderes ergeben. Aber wir sind re­lativ sicher, dass wir alles berücksichtigt haben.

Das ist im Wesentlichen zu diesen Punkten zu sagen: Formalisierungserfordernisse sei­tens der EU und eine etwas praxisgerechtere Umsetzung, was die Gastgärten anbe­langt. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.52.06

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte erstens eine kurze Replik auf die Ausführungen des Abgeord­neten Hackl bezüglich Rauchfangkehrer-Regelung machen. Es gibt dazu keine Alter­native. Wir dürfen die österreichische Staatsbürgerschaft nur im hoheitlichen Bereich vorsehen. Aber so, wie es umgesetzt wird, bedeutet es, dass der volle Gewerbeum­fang nur von bisherigen Rauchfangkehrern angeboten werden kann. Also das, was wir müssen, tun wir, und in Wahrheit schützen wir damit unser österreichisches Rauch­fangkehrergewerbe.

Aber nun zum hauptstrittigen Punkt, zur Frage der Gastgärten. Ich bin dem Herrn Minis­ter sehr dankbar, dass er den wahren Kern der Regelung dargestellt hat. Frau Mag. Brun­ner hat nämlich ausdrücklich unrecht, wenn sie behauptet, dass die Rechte ausgeschaltet sind.

Es ist so, dass eine Reihe von Voraussetzungen im Gesetz enthalten sind, damit diese reine Anmeldung erfolgen kann. Es ist mit 75 Plätzen sichergestellt, plus den Restrege­lungen, dass es zu 90 Prozent im so genannten Normalfall zu keinen Problemen bei der Anmeldung kommt. In diesem Sinne ist es eine Regelung, die der Entbürokratisierung dient, die darauf schaut, dass unsere Wirte sich den Gastgarten auch leisten können und nicht Tausende Euro für ein Verfahren aufwenden müssen, für das sie die Experten be­zahlen müssen.

In diesem Sinn höre ich schon auf und freue mich auf die Gastgärten. Übrigens ist es eh gescheiter, wenn wir schneller aufhören, denn die Gastgartensaison hat, nachdem es so lange kalt und regnerisch war, erst begonnen. Besuchen wir lieber die Gastgärten, un­terstützen wir nicht die Raunzer daneben! – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.53


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Wid­mann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 236

19.53.47

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich bin ganz beim Kollegen Matznetter: Besuchen wir die Gastgärten! Auch ich bin Fan von Gastgärten und darf ganz kurz nur auf die Ausführungen von Rednern der FPÖ replizieren. Es geht rein darum, dass wir aufgrund eines Vertragsverletzungsver­fahrens ein Mahnschreiben bekommen haben und das umzusetzen haben und dabei trotzdem unsere Rauchfangkehrer, die Österreicher sind, bei den hoheitlichen Akten nach wie vor schützen. Das ist der Punkt.

Das heißt, die Alternative wäre, aus der EU auszutreten. Und wenn Sie das wollen, dann sagen Sie das bitte auch so.

Zu den Grünen: Ich weiß, dass Sie keine Freunde der Unternehmer sind. (Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.) Ich grundsätzlich schon, denn bei der Sache mit dem IG-L geht es in diesem Zusammenhang, liebe Kollegin Brunner, darum, dass wir die Grenzwerte von Österreich an die EU-Grenzwerte anpassen, um es kleinen und mittleren Betrieben leichter zu machen, auch bei uns Betriebe aufzusperren. Daher ist dieser Ansatz, glau­be ich, grundsätzlich durchwegs als positiv zu begrüßen. (Beifall beim BZÖ.)

Die Gastgartenregelung – ich glaube, das haben die Oppositionsparteien der Blauen und Grünen nicht ganz geschnallt – ist eigentlich untypisch für diese Regierung, weil sie eine Wirtschaftsliberalisierung darstellt. Sie drehen das Verfahren um. Grundsätzlich kann man den Gastgarten auf öffentlichem Grund von 8 Uhr bis 23 Uhr, auf Privatgrund von 9 bis 22 Uhr, in Tourismusgemeinden bis 24 Uhr aufmachen, wenn die Voraussetzun­gen gegeben sind. Sind sie nicht gegeben, regen sich die Nachbarn auf, so wie es die Grünen befürchten, und es kommt zu einem Verfahren. Letztlich kommt es auch zur Schließung des Gastgartens, wenn es nicht passen sollte. Aber grundsätzlich ist es si­cher eine Erleichterung und zu begrüßen.

Einen kleinen Kritikpunkt bringe ich aber trotzdem an, Herr Minister. In § 76a Abs. 9 steht nämlich eine Kann-Bestimmung – in Tourismusgemeinden bis 24 Uhr –, und das könnte man theoretisch so auslegen, dass es auch darüber hinaus sein könnte. Da wird es wahrscheinlich noch zu entsprechenden Gerichtsverfahren kommen. Ich wäre dafür, dass man das auf eine Muss-Bestimmung umschreibt. Das wird zwar jetzt nicht mehr gehen, aber es wäre eine Anregung für die Zukunft.

Grundsätzlich: positiv, Entrümpelung, Vereinfachung, Klarheit, aber auch Rechte für die Anrainer. Daher auch die Zustimmung des BZÖ zur Gewerbeordnungsnovelle. (Beifall beim BZÖ.)

19.55


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fürntrath-Mo­retti. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.56.00

Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Ich darf mich den Ausführungen meiner Vorredner insofern an­schließen, als ich sehr froh bin, dass wir diese Regelung heute beschließen.

Ich freue mich, dass wir durch die Gastgartenregelung eine Rechtssicherheit schaffen. Ich freue mich, dass wir damit eine Verfahrensvereinfachung bekommen. Im Übrigen bedanke ich mich beim Kollegen Matznetter für die flammende Rede für die Gastgär­ten, und ich freue mich schon auf einen Gastgarten heute Abend. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kirchgatterer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 237

19.56.41

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mei­ne Damen und Herren! Ich freue mich, dass eine große Mehrheit dieses Hauses dem neuen Gastgartengesetz zustimmen wird.

Zu den Grünen vielleicht ein Wort: In der Tat vertreten Sie die Großketten in der Gas­tronomie, die können sich Mammutverfahren leisten. Die einzelnen Wirte können es sich nicht leisten, daher vertreten Sie eindeutig die Interessen dieser Gastroketten. Das wollen wir nicht. Die Österreicherinnen und Österreicher, die Gäste, die Touristen wol­len die heimische Gastronomie, und hier wird sie abgesichert.

Ich wünsche Ihnen allen einen schönen Sommer in unseren schönen Gastgärten. – Dan­ke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.57


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Pack. 2 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


19.57.35

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Gerade an Tagen wie diesem, wenn die Temperatur so angenehm ist, will man na­türlich bevorzugt, anstatt drinnen zu sitzen, in den Gastgarten gehen. Deswegen ist es wichtig und auch richtig, dass wir diese Regelung treffen. Sie bietet Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Das ist angemessen den Wirten gegenüber, aber auch gegenüber den Nachbarn und Anrainern.

Ich möchte ganz kurz noch erwähnen, im Ausschuss haben wir auch über den Bericht über die Lehrlings- und die Jugendarbeitslosigkeit debattiert, wobei Österreich prinzi­piell ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt wurde. Der Bericht unterstreicht auch die Arbeit und die Maßnahmen, die bis dato getroffen wurden, die notwendig und richtig waren. Aber er fordert zum Beispiel im Bereich „Jugendliche mit Migrationshintergrund“ auch ein bisschen mehr Handlungsbedarf ein. Der Herr Bundesminister hat signalisiert, dass es da etwas geben wird. In diesem Sinne freue ich mich schon auf angenehme Stun­den im Gastgarten. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Weninger. 2 Minuten. – Bitte.

 


19.58.52

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich entnehme der Debatte, dass wir alle in den Gastgarten wollen. Ich hoffe, dass die Novelle dazu dient, dass die Kultur der Gastgärten und Schanigärten belebt wird, und freue mich da­rauf. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzte Rednerin zu diesem Tagesord­nungspunkt kommt Frau Abgeordnete Hakel zu Wort. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.59.00

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Sehr geehrter Herr Minister! Ich kann den Wor­ten meines Vorredners nicht mehr viel hinzufügen. Auch wir freuen uns über die neue Gesetzesnovelle und wünschen noch ein schönes Wochenende. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.59

19.59.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 238

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird, samt Titel und Eingang in 790 der Bei­lagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen und das Mineralrohstoffgesetz ge­ändert werden, samt Titel und Eingang in 791 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

20.01.1332. Punkt

Bericht des Tourismusausschusses über den Antrag 1157/A(E) der Abgeordne­ten Heidrun Silhavy, Franz Hörl, Mag. Roman Haider, Dr. Gabriela Moser, Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entzerrung der europäischen Ferienordnung unter Berücksichtigung pädagogischer Erfordernisse (797 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zum 32. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Linder. 3 Minuten Redezeit. – Bitte. (Ruf: „Ma­gister“?)

 


20.01.54

Abgeordneter Maximilian Linder (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! „Magister“ bin ich nicht, da­für aber leidenschaftlicher Wirt!

Dieser Fünf-Parteien-Antrag ist sehr löblich. Ich glaube aber, bevor wir uns über die europäische Ferienordnung Gedanken machen, sollten wir schauen, dass wir die hei­mische Ferienordnung entsprechend entzerren und vermeiden, dass in der Faschings­woche eines der Bundesländer Ferien hat. In der Faschingswoche sind nämlich die Zim­mer mit Gästen aus dem Ausland – aus Italien, aus Deutschland – voll, und ich glaube, es ist die Qualität für die heimischen Kinder, die Qualität für die heimischen Gäste höher, wenn sie nicht zu dieser Zeit Urlaub machen.

Ich glaube, auch für den Tourismus wäre es ein großer Vorteil, wenn man auf diese Art die Ferienwochen strecken könnte. Ich hoffe, lieber Gabi Obernosterer, dass wir ge­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 239

meinsam in diese Richtung arbeiten und zu der europäischen Lösung auch eine in­nerösterreichische Lösung zustande bringen. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

20.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Obernosterer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.03.03

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das zweite wichtige Thema für den Tourismus, das heute auf der Tagesordnung steht, ist die Entzerrung der europäischen Ferienordnung. Ich glaube, eines ist klar: Sommerferien können nur im Sommer stattfinden. Weih­nachtsferien können nur zu Weihnachten stattfinden. Ostern kann nur zu Ostern sein. (Heiterkeit.) Aber trotzdem glaube ich, dass es mit ein bisschen gutem Willen und mit einer guten Aussprache auf europäischer Ebene doch möglich ist, dass nicht gera­de immer die Hauptländer zugleich Urlaub haben.

Typische Beispiele dafür sind die Energieferien. Herr Linder hat das vorhin angespro­chen: Faschingswoche, Energieferien. Es kommt natürlich auch immer darauf an, wel­che Bundesländer gerade Energieferien haben. Aber wo es die größten Konflikte gibt, das ist eher mit Holland, nämlich wenn die Ferien dort mit Ferien in Wien zusammen­fallen und zugleich auch die Faschingswoche ist.

Ich glaube, darauf, wo es sich wirklich konzentriert, sollten wir unser Hauptaugenmerk legen. Wir sollten nach Möglichkeit darauf achten, dass die Hauptländer und unsere Bundesländer nicht gleichzeitig Ferien haben, denn Österreichs Tourismus ist im Win­ter hauptsächlich von seinen Schigebieten abhängig. Aufgrund der Klimaerwärmung ist es auch im Frühsommer schon sehr heiß, und auch im Herbst ist es praktisch länger warm, sodass wir in dem Bereich mit einer Woche oder mit ein paar Tagen schon ein bisschen etwas bewegen könnten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

In Summe wären das auch ein paar Prozent Zuwachs für den Tourismus, für die Tou­rismuswirtschaft in Österreich. Wir wissen, dass Österreich ein Tourismusland ist, und wir wissen, wie viele Arbeitsplätze und wie viel Wertschöpfung damit verbunden sind, wie wichtig gerade für die Peripherie der Tourismus ist.

In diesem Sinne: Mit gutem Willen ist einiges zu machen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

20.05


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Silhavy. 2 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


20.05.20

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Touris­mus und die Freizeitwirtschaft gewinnen immer mehr an Bedeutung, sowohl was das Bruttosozialprodukt anlangt, als auch hinsichtlich der Beschäftigung. Wir haben kürz­lich erst eine Mitteilung der EU bekommen, dass ein neuer politischer Rahmen für eu­ropäischen Tourismus geschaffen wird. Immerhin ist die EU mit 370 Millionen Besu­cherInnen das wichtigste Reiseziel der Welt, und ein Teil davon sind eben Bürger und Bürgerinnen wie wir, nämlich Bürger und Bürgerinnen Europas.

Ab der vergangenen Woche und in den nächsten Wochen werden wir wieder ein be­kanntes Bild vorfinden. Ferienzeiten in der EU bedeuten Stausituationen auf den Haupt­verkehrswegen, bedeuten aber auch Hauptsaison und Hauptsaisonpreise. Wir wollen lieber bessere Preise für die Endverbraucher, aber auch eine längere Saison, und zwar für die Beschäftigten und für die Wirtschaft insgesamt. Daher resultiert unser Antrag da­


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rin, das Feriensystem in Europa, das ja meist durch nationale Bildungsministerien be­stimmt wird, entsprechend zu entzerren und die zuständigen Ministerien zu ersuchen, das auf europäischer Ebene zu unterstützen.

Ich möchte aber auch diese Gelegenheit dazu nutzen – da ich seit 24. Februar den Vor­sitz dieses Ausschusses führen darf –, mich bei den Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen und auch bei meinem Vorgänger für die konstruktive Zusammenarbeit zu bedanken, die ja immer wieder auch in Mehrparteienanträge mündet, und ich gehe da­von aus, dass diese konstruktive Arbeit im Herbst gemeinsam fortgesetzt wird. Ich be­danke mich beim Herrn Bundesminister, der mir zugesichert hat, wir werden im Herbst gleich viele Sitzungen haben wie bisher. Das heißt, wir werden konstruktiv wie bisher weiterarbeiten, und ich freue mich schon auf die gemeinsame Arbeit im Herbst. – Dan­ke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Haider. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.07.15

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ho­hes Haus! Auch wenn sich mein Glaube an die Machbarkeit, Durchführbarkeit und Um­setzbarkeit einer europaweiten Ferienregelung in wirklich engen Grenzen hält, werden wir natürlich diesem Fünf-Parteien-Antrag zustimmen. Aber was wäre die wunder­schönste, was wäre die beste Ferienregelung, wenn man dann nicht auch die Mög­lichkeit hätte, die Freizeiteinrichtungen, die Österreich bietet, ausreichend nutzen zu können, wenn man beispielsweise trotz Ferien nicht die Möglichkeit hätte, zwischen Oktober und April, wo ja auch wunderschönes Wetter herrschen kann, zum Beispiel mit dem Fahrrad auf dem Donauradweg fahren zu können? (Beifall bei der FPÖ.)

Das wäre wirklich sehr schade, und darum freut es mich, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass ich jetzt die Gelegenheit habe, einen Fünf-Parteien-Entschließungs­antrag einbringen zu können, der sich damit beschäftigt, dass wir uns, um Haftungskla­gen von Radfahrern, die am Donauradweg im Winter stürzen und sich verletzen, zuvor­zukommen, im Tourismusausschuss – alle fünf Parteien – darauf geeinigt haben, dass wir nicht möchten, dass vom Verkehrsministerium am Treppelweg ein Fahrverbot ver­hängt wird, sondern dass die Wasserstraßen-Verkehrsordnung dahin gehend geändert werden soll, dass ein Haftungsausschluss erfolgt, aber trotzdem die Benützung weiter­hin erlaubt werden darf.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Haider, Silhavy, Hörl, Markowitz, Dr. Moser

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, im Rah­men der Novellierung der Wasserstraßen-Verkehrsordnung die Möglichkeit der Nut­zung der Treppelwege für RadfahrerInnen auch im Winter auf eigene Gefahr sicherzu­stellen.

*****

Ich bedanke mich bei den Tourismussprechern aller Fraktionen, dass wir es noch vor der Sommerpause geschafft haben, diesen Fünf-Parteien-Antrag hier auch wirklich ab­stimmen zu können. (Beifall bei der FPÖ.)

20.09



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 241

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Haider, Heidrun Silhavy, Hörl, Markowitz, Dr. Gabriela Moser Kolleginnen und Kollegen betreffend ganzjährige Nutzungsmöglichkeit des Treppelwe­ges für Radfahrer

eingebracht im Zuge der Debatte zu Tagesordnungspunkt 32 in der 74. Sitzung des Nationalrates am 9. Juli 2010

Der Donau-Radweg von Passau bis Hainburg ist die meistbefahrenste Radfahrerstre­cke Österreichs und hat dem Tourismus in dieser Region Österreichs zu neuem Auf­schwung verholfen. 320 dieses insgesamt 322 Kilometer langen Donau-Radweges sind Treppelwege.

Ein Radfahrer hat nach einem Sturz auf einer Eisplatte am Donauufer in Steyregg im Jänner 2008 den Eigentümer verklagt. In erster Instanz wurde der Beklagte freigespro­chen. Der Kläger hat gegen das Urteil berufen. Das Verfahren ist noch im Laufen.

Nunmehr überlegt die via donau auf 80 von 130 der via donau gehörenden Uferkilome­tern den Radverkehr in den Wintermonaten, d. h. von 1. November bis 31. März, zu verbieten, um aufgrund des fehlenden Winterdienstes und dadurch drohenden Unfällen in Zukunft Haftungsklagen zu verhindern. Die geplante Wintersperre erstreckt sich auf den beschilderten Donau-Radweg an beiden Ufern. Die Straßen landeinwärts sind nicht betroffen.

Eine Novelle der Wasserstraßenverkehrsordnung soll dabei offensichtlich das Haf­tungsthema ein für alle Mal beenden: Laut via donau soll in den Wintermonaten das Radfahren auf den Treppelwegen verboten werden. Wer sich nicht daran hält, kann künftig bei Unfällen die via donau nicht haftbar machen. Vielmehr drohen bei Missach­tung des Fahrverbotes Strafen, die von der Schifffahrtsbehörde und der Polizei ver­hängt werden können.

Der Tourismusausschuss spricht sich eindeutig gegen ein solches Fahrverbot aus. Das kürzlich von Wirtschaftsminister Mitterlehner dem parlamentarischen Tourismusaus­schuss vorgelegte Tourismus-Strategie-Papier enthält unter anderem auch den Donau-Radtourismus als wesentlichen Eckpfeiler dieser Strategie.

Ein Fahrverbot am Donau-Radweg ist kontraproduktiv; daher sollte eine Lösung gefun­den werden, die einerseits kein Fahrverbot vorsieht und andererseits die Haftung der Eigentümer und Wegeerhalter bei Unfällen ausschließt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, im Rah­men der Novellierung der Wasserstraßen-Verkehrsordnung die Möglichkeit der Nut­zung der Treppelwege für RadfahrerInnen auch im Winter auf eigene Gefahr sicherzu­stellen.

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 242

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


20.09.36

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Mi­nister! Am 28. Februar dieses Jahres stand ich um, glaube ich, 11.57 Uhr vor ver­schlossenen Toren beim Kraftwerk Abwinden-Asten. Das ist sozusagen das persön­liche Erleben dessen, was der Antrag des Kollegen Haider beinhaltet. Es war aus Si­cherheitsgründen gesperrt, obwohl es jahrzehntelang vorher möglich war, die Donau zu überqueren. Das Resultat ist gewesen, dass ich zwei Stunden länger gebraucht habe, be­vor ich zum Mittagessen gekommen bin. (Heiterkeit.)

Gut, in Zukunft geht es schneller, in Zukunft geht es dank des Fünf-Parteien-Beschlus­ses einfacher. Deswegen unsere Unterstützung, und dann natürlich noch unsere Un­terstützung in Richtung Akkordierung der europäischen Ferienordnung – obwohl ich schon betonen möchte: Die pädagogischen Gesichtspunkte sind wichtig, und wenn schon, dann muss man das sozusagen in einem „Radl“ lösen, dass nicht immer dieselben benach­teiligt sind mit Ferienterminen im Juni oder im September, sondern, dass es eine Ab­wechslung gibt.

Unsere Unterstützung ist Ihnen sicher, und, Herr Minister, danke für die Zusammenar­beit im Tourismusausschuss, die unter Ihrer Ägide besser funktioniert als früher, und auch danke an die Frau Sektionschefin Udolf-Strobl, die wirklich mit Eifer und Können unsere Arbeit, die oft in Fünf-Parteien-Beschlüssen mündet, unterstützt. Ich wünsche allen schöne Ferien – abgesehen davon, wie die Ferienordnung sein wird. (Heiterkeit. – Beifall bei den Grünen.)

20.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


20.11.13

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Knapp vor Tagungsende und den bevorstehenden Parlamentsferien spre­che ich zum Fünf-Parteien-Antrag betreffend Entzerrung der europäischen Ferienord­nung. Kurz: Wir werden diesem Antrag zustimmen, da er in die richtige Richtung geht, werden uns jedoch die Umsetzung und die Maßnahmen, die dann tatsächlich von den beiden Ministerien gesetzt werden, ganz genau ansehen, damit es nicht wieder in ei­nem großkoalitionären Geplänkel endet, wie wir das aus anderen Bereichen kennen.

Wenn die EU fünf Jahre Evaluierung will, welche Staaten wann Ferien machen dürfen, sehe ich das Projekt schon im Vorhinein eher als gescheitert an.

Was mich jedoch im Ausschuss erfreut hat, ist die Tatsache, dass betreffend unseren Antrag bezüglich Maßnahmen zur Attraktivierung von Lehrberufen im Tourismus die Ab­sicht besteht, einen Mehrparteienantrag zu erstellen. Lehrstellen bestehen ja im Touris­musbereich genug, was ja auch die Wirtschaftskammer Österreich beziehungsweise de­ren Spartenobmann Schenner bestätigt hat. Also mangelt es an der Attraktivität der Ar­beitsbedingungen, aber auch an der Flexibilität der Auszubildenden.

So wird laut Information der AK bereits mehr als jeder zweite Lehrvertrag gelöst, bevor die Lehre beendet ist. Vier von zehn Lehrlingen verlassen den Betrieb innerhalb einer Pro­bezeit von drei Monaten wieder. Jeder zweite Lehrling wird die Branche nach der Lehr­abschlusspflichtprüfung schleunigst verlassen. Ich glaube, dass uns diese Tatsachen zu denken geben sollten.

Nun darf ich noch auf ein regionales Problem, das mein Bundesland Vorarlberg massiv betrifft, zu sprechen kommen. Sie haben, wenn Sie die Berichte in den Medien einiger­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 243

maßen verfolgt haben, diese Taxi-Geschichte mit dem Schweizer Flughafen Zürich-Klo­ten mitbekommen. Da ist es – nur kurz erklärt – dazu gekommen, dass ein Vertrag aus dem Jahr 1958 herangezogen worden ist, der den österreichischen Taxiunternehmern verbietet, ab 1. Jänner 2011 Passagiere nach Zürich zu bringen beziehungsweise die­se abzuholen, wenn der Beförderungsvertrag in Österreich abgeschlossen worden ist. Das betrifft auch Mietwagen und sonstige Transporteure.

Wir haben jedenfalls vor, dagegen Einspruch zu erheben. Auch die Wirtschaftskammer ist hier schon etwas aktiv geworden. Interessant war dann für uns im Ausschuss, dass der Wirtschaftskammer-Präsident der ÖVP, der Herr Rein, in den Medien in Vorarlberg verkündet, dass bereits die Ministerien aktiviert worden sind und hier tätig werden, aber Frau Staatssekretärin Marek im Ausschuss noch nichts von der ganzen Problematik gewusst hat. Also entweder funktioniert die Kommunikation in der ÖVP nicht, oder Sie haben es an das falsche Ministerium gemeldet.

Ich darf deshalb auch folgenden Entschließungsantrag der Kollegen Hagen, Marko­witz, Kolleginnen und Kollegen einbringen betreffend dringende bilaterale Maßnahmen zur Verhinderung des Verbots der Abholung von Personen vom Flughafen Zürich-Klo­ten für österreichische Taxi- und Transportbetriebe.

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Rahmen der Zuständigkeiten umgehend mit den zuständigen Schweizer Behörden Kontakt aufzunehmen, um ein im Sinne der hei­mischen Tourismuswirtschaft und des Wirtschaftsstandorts Vorarlberg liegende Lösung dergestalt herbeizuführen, dass die bisherige Praxis des gewerbsmäßigen Abholens von Personen durch Taxis, Limousinen und Personenwagen aus Österreich vom Flug­hafen Zürich-Kloten weiterhin ausgeübt werden kann.

*****

Ich danke Ihnen schon jetzt für Ihre Unterstützung. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

20.15


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hagen, Markowitz Kolleginnen und Kollegen

betreffend dringende bilaterale Maßnahmen zur Verhinderung des Verbots der Abho­lung von Personen vom Flughafen Zürich-Kloten für österreichische Taxi- und Trans­portbetriebe

eingebracht in der 74. Sitzung des Nationalrates am 9. Juli 2010 im Zuge der Debatte zum Bericht des Tourismusausschusses über den Antrag 1157/A(E) der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Franz Hörl, Mag. Roman Haider, Dr. Gabriela Moser, Stefan Marko­witz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entzerrung der europäischen Ferienordnung unter Berücksichtigung pädagogischer Erfordernisse (797 d.B.)

Seit geraumer Zeit schwelt ein Konflikt zwischen der Schweizer Stadt Kloten und den Vorarlberger Taxi- und Transportbetrieben. In der Sache geht es um die seitens der Stadt Kloten beabsichtigte Beendigung einer seit vielen Jahren geübten Praxis, derzufolge Taxis, Limousinen und Personenwagen aus Österreich, respektive Vorarlberg aber auch aus Deutschland Personen gewerbsmäßig vom Flughafen Zürich-Kloten abholen können.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 244

Dieses Verbot soll bereits ab 1. Jänner 2011 gelten. Als entsprechende Rechtsgrund­lage dieser Entscheidung führt die Stadt Kloten dabei einen Staatsvertrag aus dem Jahr 1958 ins Treffen.

Völlig zurecht und verständlich wehren sich die Vorarlberger Taxi- und Transportbe­triebe vehement gegen das Verbot, und bringt Friedrich Lins, zuständiger Spartenge­schäftsführer in der Wirtschaftskammer Vorarlberg, die Problematik wie folgt auf den Punkt:

„Das ist eine Katastrophe für ein exportorientiertes Land wie Vorarlberg“.

Seit Bekanntwerden dieses geplanten Verbots ist die Unsicherheit insbesondere bei den betroffenen Vorarlberger Unternehmen groß, und haben bereits sehr viele Betrof­fene bei der Wirtschaftskammer entsprechend Protest eingelegt.

Nicht zuletzt im Interesse des Wirtschaftsstandortes Vorarlberg, der Tourismuswirt­schaft aber auch der betroffenen Unternehmer stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Rahmen der Zuständigkeiten umgehend mit den zuständigen Schweizer Behörden Kontakt aufzunehmen, um eine im Sinne der heimischen Tourismuswirtschaft und des Wirtschaftsstandortes Vorarlberg liegende Lösung dergestalt herbeizuführen, dass die bisherige Praxis des gewerbsmäßigen Ab­holens von Personen durch Taxis, Limousinen und Personenwagen aus Österreich vom Flughafen Zürich-Kloten weiterhin ausgeübt werden kann.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminis­ter Dr. Mitterlehner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.15.22

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wollte mich an sich nicht zu Wort mel­den, weil die gemeinsame Vorgangsweise, was die Entzerrung der Ferienordnung an­belangt, ja nur zu unterstützen ist. Ich darf aber trotzdem darauf hinweisen, dass die Kompetenz der einzelnen Nationen gewahrt bleibt. Daher geht es hier vor allem um die Koordination, und der zuständige Kommissar Tajani hat ja auch schon angekündigt, dass er das tun will. Daher wird es dort Fortschritte geben.

Das Zweite – ich möchte einfach nichts im Raum stehen lassen – war diese Sache, dass angeblich die Frau Staatssekretärin nichts gewusst hat, was diese Taxi-Konzes­sion und die Probleme anbelangt. Die Sachlage ist anders. Es ist da keine Zuständig­keit des Tourismusausschusses oder des Wirtschaftsausschusses gegeben, sondern da liegt die Zuständigkeit im Verkehrsministerium. Wir haben die Problematik aus Vor­arlberg beschrieben bekommen und haben uns mit dem Verkehrsministerium und auch der Schweiz in Verbindung gesetzt. Hier laufen die Abklärungen, und ich bin zuver­sichtlich, dass auch eine Lösung möglich sein sollte. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

20.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hörl. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 245

20.16.24

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich habe den Ausführungen meines erfahrenen Kollegen Gabriel Ober­nosterer nichts hinzuzufügen, freue mich auch über die gute Zusammenarbeit im Tou­rismusausschuss, freue mich auch, dass Frau Dr. Moser von unserem Minister Mitter­lehner begeistert ist. Auch meine Begeisterung ist unendlich, und ich schließe in diese Begeisterung auch noch die Frau Sektionschefin mit ihrem Stab mit ein, bedanke mich für die Zusammenarbeit und wünsche einen schönen Sommer und eine gute Saison für den Tourismus. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

20.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.17.03

Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Der vorliegende Antrag zur Entzerrung der europäischen Ferienordnung behandelt eine schon lange diskutierte Thematik. Wir kennen die unangenehmen Staus auf den Auto­bahnen, die Wartezeiten sowie die beträchtlichen Preisanstiege in den Hauptsaisonen – Unannehmlichkeiten für Reisende und Bereiste.

Ich möchte auf folgenden Aspekt eingehen: Ein positiver Effekt einer flexibleren Ferien­ordnung könnte eine Saisonverlängerung sein, vor allem in vielen Ferienregionen, deren Schwerpunkt auf dem Sommer- oder Wintertourismus liegt. Die Tourismusbran­che leidet ja vielerorts nach den Sommerferien und nach Weihnachten unter leeren Betten und muss Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entlassen. Eine Entzerrung der Ferienzeiten könnte sich hier in Richtung Ganzjahrestourismus positiv auswirken.

Auch aus pädagogischer Sicht kann sich eine unterschiedliche Staffelung der Ferien als günstig erweisen. Unterbrechungen während des Schuljahres, zum Beispiel im Herbst, müssen nicht immer heißen, dass Schüler und Schülerinnen aus dem Lernrhythmus kommen, sondern Erholungsphasen können die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit erhöhen.

Auch wenn es in der EU-Kommission keine unmittelbare Kompetenz für die Absprache von Ferienzeiten gibt, sind weitere Bemühungen meines Erachtens sowohl auf natio­naler wie auf EU-Ebene in dieser Angelegenheit voranzutreiben, denn es geht um wich­tige und neue Impulse für die Tourismuswirtschaft. (Beifall bei der SPÖ.)

20.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Fürntrath-Moretti. 2 Minuten. – Bitte.

 


20.18.44

Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sie sehen mich hier voll der Rührung ob dieser nervenzerfetzenden Diskussion. Vor allem bin ich ganz gerührt darüber, dass alle so pro-touristisch eingestellt sind. Ich sage danke dafür, und ich wünsche mir das auch für die Zukunft. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei der SPÖ.)

20.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Hakel. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


20.19.12

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Sehr geehrter Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Noch keine europäische Ferienordnung bedeutet für einen Bezirk wie den


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 246

Bezirk Liezen, dass man sich in der Ferienzeit durch den Verkehr im Ennstal staut. Für Strecken, für die man normalerweise 40 Minuten braucht, braucht man eineinhalb Stunden. Was hat das zur Folge? – Touristen, die „angefressen“ sind, Stammgäste, die ausbleiben, weil sie sich den Stress eines Verkehrsstaus durchs Ennstal nicht mehr antun wollen und daher auch nicht mehr auf Urlaub kommen. (Abg. Mag. Gaßner: Mit dem Zug fahren!) Mit dem Zug? – Das Problem ist, dass wir auch keinen Zug mehr ha­ben. (Zwischenrufe.)

Das hängt an der Verkehrslandesrätin Edlinger-Ploder, der es vor allem wichtig ist, dass in der Oststeiermark und rund um Graz alles vorhanden ist, aber auf die Obersteiermark wird leider immer vergessen. Bitte ausrichten! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Was wäre der positive Effekt einer gestaffelten Ferienordnung? – Klarerweise weniger Verkehrsstaus für die Urlaubsgäste und gerade für jene Regionen, die zu einem gro­ßen Teil vom Tourismus leben, eine dementsprechende Verlängerung der Saison, was wiederum mehr Jobs zur Folge hätte. Und das würde wiederum dem Konsumenten und auch der Wirtschaft guttun.

In diesem Sinne möchte ich Sie einladen, trotz Verkehrsstaus in das Ennstal zu reisen, denn es ist eine wunderschöne Region. Machen Sie dort Ferien! – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Dr. Königshofer.)

20.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig Letzter zu diesem Tagesordnungspunkt spricht Herr Abgeordneter Praßl. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.21.03

Abgeordneter Michael Praßl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Herzlichen Dank, muss man sagen, dass es heute bei diesen Verbesserungen für unsere Schülerinnen und Schüler, für deren Zukunft einen gemein­samen Beschluss gibt. Ich glaube, dass das sehr wichtig sind. Das verdienen sie alle. Wie gesagt, ich bin sehr froh darüber, dass es zu diesen Verbesserungen kommen wird.

Den Schülerinnen und den Schülern wünsche ich alles Gute für ihre kommende Zeit in der Schule. Herzlichen Glückwunsch! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

20.21

20.21.20

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 797 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 120.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Haider, Silhavy, Hörl, Markowitz, Dr. Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ganzjährige Nutzungsmöglichkeit des Treppelweges für Radfahrer.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 121.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Hagen, Kolleginnen und Kollegen bezüglich dringende bilaterale Maßnahmen zur Verhinderung des Verbots der Abholung von Personen vom Flughafen Zürich-Klo­ten für österreichische Taxi- und Transportbetriebe.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 247

20.23.1433. Punkt

Bericht des Ausschusses für Sportangelegenheiten über den Antrag 1151/A(E) der Abgeordneten Peter Haubner, Hermann Krist, Herbert Kickl, Dieter Brosz, Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Schaffung von rechtlichen Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit zwischen Schulen und dem organisierten Sport bei Bewegungsangeboten im Rahmen von Betreuungs­formen in den Schulen außerhalb des Regelunterrichts (801 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 33. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Krist. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.24.00

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wir waren uns im Sportausschuss schon einig darüber, dass das Thema Bewegungsange­bote bei ganztätigen Schulformen außerhalb des Regelunterrichts ein sehr wichtiges ist, dass uns dieses Thema noch einige Zeit intensiv beschäftigen wird.

Wir alle wissen, Kinder wollen und sollen beschäftigt werden und wollen und sollen Be­wegung haben. Und sie sollen auch Spaß dabei haben. Es muss uns aber auch gelin­gen, nicht nur die Kids dazu zu motivieren, sondern auch die Erziehungsberechtigten und die LehrerInnen.

Wenn LehrerInnen im normalen „Zivilgewand“ die Turnstunde abhalten, wie es in den Volksschulen oftmals der Fall ist, dann ist das meiner Meinung nach für niemanden mo­tivierend – um nur ein Beispiel zu nennen.

Die Bewegungsangebote müssen kostenlos für die Kinder, Eltern und Schulen sein, da­von müssen wir ausgehen. Kinder kopieren vielfach die Gewohnheiten der erwachse­nen Familienangehörigen, und wenn diese zu Hause vor dem Fernseher sitzen, anstatt sich zu bewegen, warum sollen es dann die Kinder tun?

Genau da müssen wir ansetzen! Wir wissen, dass mehr als ein Drittel der Österreiche­rInnen keinerlei Sport betreiben, und da sind wir gefordert, möglichst breite Angebote zu schaffen.

Bewegung im Kindergarten und in der Schule ist, denke ich, ein guter Beginn dafür. Wei­ters brauchen wir einen nationalen Schulterschluss. BSO, Sportvereine, Elternvereine, Ministerien, Bildung, Sport, Gesundheit, Finanzen, LehrerInnen, Erziehungsberechtigte: Sie alle müssen im Bereich des Sportes gemeinsam vorgehen und gemeinsam etwas Gutes schaffen!

Know-how ist bei den Dach- und Fachverbänden genug vorhanden, und Geld meiner Meinung nach insgesamt auch. Wir müssen es nur gemeinsam tun wollen. Und mit die­sem Entschließungsantrag geben wir heuten den Startschuss dazu. (Beifall bei der SPÖ.)

20.25


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. 2 Mi­nuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


20.25.48

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Wir haben das Problem, dass 40 Prozent der Kinder fettleibig sind, dass 50 Prozent der Kinder Haltungsschäden haben und dass sich 80 Prozent der Kinder nicht täglich bewegen. Ich denke, dass dieser Antrag, den wir hier gemeinsam für Sport und Schule eingebracht haben, ein wichtiges Signal und ein richtiges Zeichen dafür ist,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 248

dass wir die Rahmenbedingungen so verändern, dass Sport und Bewegung in der Nach­mittagsbetreuung möglich werden.

Wir haben dafür gute Beispiele. Wir haben uns vonseiten der Sportunion schon einiges angeschaut, zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen, wo das hervorragend funktioniert. Die dortigen Modelle können wir jederzeit kopieren. (Präsidentin Mag. Prammer über­nimmt wieder den Vorsitz.)

Es gibt aber auch von den Dach- und Fachverbänden sehr gute Projekte in den Schu­len. Ich erwähne hier „UGOTCHI“ von der Sportunion, das in den Volksschulen her­vorragend zum Einsatz kommt.

Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg. Es gilt jetzt, die Vorhaben umzusetzen. Sport ist gesund, und das sollten wir vermitteln. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Ing. Höbart gelangt nun zu Wort. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


20.26.56

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Mi­nister! Faktum ist – und das wissen wir alle; das wurde ja auch schon von einigen mei­ner Vorredner gesagt –, dass regelmäßige Sport- und Bewegungseinheiten für unsere Kinder und unsere Jugendlichen positiv sind – keine Frage!

Wir wissen, dass wir im sogenannten Informationszeitalter stecken. Das heißt, viele Kin­der und Jugendliche verbringen einen großen Teil ihrer Freizeit vor dem Computer, vor dem PC. Allerdings ist da oftmals Fettleibigkeit eine negative Nebenerscheinung – aber auch Denkarmut! Das muss man in diesem Zusammenhang auch einmal erwähnen. Sport regt ja nicht nur den Körper, sondern auch das Gehirn an.

Deswegen unterstützt die Freiheitliche Partei selbstverständlich alle Initiativen, die in die­se Richtung gehen, um da Verbesserungen zu bringen, um die Schnittstelle zwischen den Schulen, wo sich Jugendliche ja in der Regel aufhalten, und der Bundes-Sportorgani­sation und den professionellen Breitensportorganisationen herzustellen.

In diese Richtung geht auch der gemeinsame Fünf-Parteien-Entschließungsantrag. Da­her trägt auch die FPÖ diesen Entschließungsantrag mit – zum Wohle unserer Kinder und unserer Jugendlichen! (Beifall bei der FPÖ.)

20.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


20.28.25

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Frau Präsidentin! Eigentlich bräuchte es nicht wirklich eine Aufforderung an die beiden Minister, hier tätig zu werden, aber man kann sehr wohl ein Zeichen setzen.

Die Kooperation zwischen Schulen und den Sportvereinen vor Ort ist mit Sicherheit ausbaufähig und sollte auch ausgebaut werden. Man darf aber, glaube ich, nicht außer Acht lassen, dass gerade im Volksschulbereich generell die Frage der Qualität des Sport- und Bewegungsunterrichts ein Thema sein sollte. Dort haben wir das Problem, dass durch das Klassenlehrerprinzip sehr oft nach wie vor Bewegungsunterricht bezie­hungsweise Sportunterricht irgendwie drangehängt, aber nicht sonderlich ernst ge­nommen wird. Infolgedessen wäre da noch einiges zu tun, um die Qualität des Sport­unterrichts in den Pflichtschulen, vor allem in den Volksschulen zu heben. Wir hoffen al­so, dass wir in diesem Bereich und auch bei der Kooperation weiterkommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 249

Zum Abschluss darf ich noch meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass die Krake Paul die WM unbeschadet überleben wird, weil aus Tierschutzgründen eine richtige Vorher­sage des Ausscheidens von Deutschland nicht dazu führen kann, dass die Krake da­runter leidet. Wir hoffen, dass man hier entsprechende Milde walten lassen wird. (Bei­fall bei den Grünen.)

20.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


20.29.42

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Geschätzte Frau Präsident! Herr Bundesminis­ter! Dass sportliche Bewegung, wenn möglich täglich und von klein auf, für unsere Kin­der und für unsere Jugendlichen das Beste ist, ist klar.

Auch wir vom BZÖ werden diesen Antrag mittragen, auch wenn der Aufbau der Nach­mittagsbetreuung, der in diesem Antrag auch enthalten ist, für die Schulen und für die Sportorganisationen schwierig ist, aber er ist machbar. Wichtig ist dabei auch, dass da­durch die Familien entlastet werden.

Die Modelle müssen auf die Begabungen der Kinder abgestellt werden. Wir brauchen Modelle, wie sie in Deutschland, wie Kollege Haubner gesagt hat, sehr gut funktionieren.

Eines ist dabei auch wichtig: Unsere Familien dürfen dadurch finanziell nicht belastet werden. (Beifall beim BZÖ.)

20.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister Mag. Darabos gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


20.30.37

Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Nur ganz kurz: Ich unterstütze diesen Ent­schließungsantrag vollinhaltlich. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte allerdings dazu sagen, dass wir einige Punkte davon schon erfüllt haben. Diese in aller Kürze, im Stakkato:

Erstens: Es gibt eine Arbeitsgruppe zwischen den Ministerien, was den Bereich Jugend und Sport betrifft.

Zweitens: Es gibt erstmals in der Geschichte eine Rahmenvereinbarung zwischen der Bundes-Sportorganisation, dem Unterrichtsministerium und dem Sportministerium, was die Zusammenarbeit zwischen Sport und Schule betrifft.

Drittens: Wir haben eine Initiative „Kinder gesund bewegen“ gestartet. Es sind im­merhin 2 700 Schulen und Kindergärten, die sich über die Dachverbände an dieser Ini­tiative beteiligen.

Viertens: Wir haben darüber hinaus die Bewegungsinitiative „Gesund & Munter“ in den Volkschulen bereits etabliert.

Fünftens: Wir haben wieder eine Bundesschulmeisterschaft eingeführt, sogenannte Schul-Olympics.

Sechstens: Ehemalige Spitzensportler haben unter dem Motto „Sportler für den Sport“ einen sogenannten Bewegungscoach entwickelt, der mit dem Unterrichtsministerium im Herbst seine Arbeit aufnehmen wir.

Mit diesen Initiativen kommen wir dieser Entschließung schon ziemlich weit entgegen. Aber wir werden diese Entschließung, so wie es im Antrag steht, bis Dezember 2010


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 250

vollinhaltlich umsetzen und versuchen, allem gerecht zu werden. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Ober­hauser. – Bitte.

 


20.32.10

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Dieser Entschließungsantrag, den alle fünf hier im Haus vertretenen Parteien mittragen, soll vor allem absichern, dass Kindern in einer Nachmittagsbetreuung in ganztägigen Schulformen ein Sportangebot zur Verfü­gung gestellt werden kann.

Meine Bitte an Herrn Kollegen Haubner ist, dass er das auch seinem Kollegen Jukic er­klärt, denn in der morgigen Ausgabe des „Kurier“ schreibt dieser nämlich, dass im Sin­ne der Sportförderung eine ganztägige Schule nicht sinnvoll ist, weil die Kinder keinen Sport betreiben können. (Abg. Neugebauer: Zu wenig!) Ich glaube, wir alle hier haben bewiesen, dass uns genau das ein Anliegen ist! (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Dinko Jukic, ein Kandidat für die Wiener Wahl.

Vielleicht sagen Sie ihm, welch tolle Arbeit wir hier leisten, damit Sportförderung auch in ganztägigen Schulformen stattfinden kann. (Abg. Neugebauer: In den Ganztagsschu­len gibt es zu wenig Zeit!)

Ich wünsche allen schöne Ferien! (Beifall bei der SPÖ.)

20.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Höfinger gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


20.33.07

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper – das könnte man auch als Grundlage für diesen gemeinsamen Fünf-Parteien-Entschließungsantrag hernehmen! Wir wissen, Be­wegung ist wichtig, vor allem für die Entwicklung unserer Kinder und im Alter eines Ju­gendlichen.

Der Umstand, dass viele unter Bewegungsmangel leiden, hat zur Folge, dass viele auf­grund dessen erkranken. Daher kann ich mich all den Worten meiner Vorredner nur anschließen und sagen: Ich werde diesen Fünf-Parteien-Entschließungsantrag gerne unterstützen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Durch­schlag. – Bitte.

 


20.33.46

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wie heißt es so schön: Es ist schon alles gesagt, aber noch nicht von jedem! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich darf vor dem Hintergrund einer 30-jährigen Erfahrung in der Behandlung von Kin­dern meiner Freude darüber Ausdruck verleihen, dass das Thema Bewegung jetzt in der Schule wieder mehr an Bedeutung gewinnt. Wir kämpfen seit vielen Jahren bei vie­len Kindern mit Defiziten im Bereich der Motorik, der Koordination und des Gleichge­wichtes, und wenn das jetzt durch diese Aktion behoben wird, wenn die Kinder wieder mehr Bewegungsanreize bekommen, dann freue ich mich sehr darüber.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 251

Auch ich darf Ihnen allen schöne, bewegte und sportliche Sommerferien wünschen. (Bei­fall bei ÖVP und SPÖ.)

20.34

20.34.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort wird vom Berichterstatter nicht gewünscht.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 801 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 122.)

20.34.5934. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Klagenfurt (GZ 8 St 299/09s) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Harald Jannach (866 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 34. Punkt der Tages­ordnung.

Auf die mündliche Berichterstattung wird verzichtet.

Mir liegt eine Wortmeldung vor, und zwar von Herrn Abgeordnetem Petzner. – Bitte. (Zwischenrufe in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abgeordneten Petz­ner. – Abg. Petzner, an das Rednerpult tretend: Das Beste kommt immer zum Schluss, meine Damen und Herren! – Heiterkeit.)

 


20.35.32

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Frau Präsidentin! Ich darf kurz eingehen auf den Auslieferungsantrag, der hier vorliegt: Ich stelle eingangs fest, dass wir vom BZÖ zwar für die Auslieferung sind, diesen Antrag aber dennoch ablehnen, weil im Antrag ent­halten ist, dass ein politischer Zusammenhang als nicht gegeben angesehen wird – weil das die Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP so sehen.

Wir finden das ein bisschen eigenartig. Auch die Grünen sehen das so und schließen einen politischen Zusammenhang aus. – Wenn es um Kollegen Öllinger geht, ist es im­mer genau umgekehrt.

Für uns ist ein politischer Zusammenhang auf jeden Fall gegeben, weil ja die Causa be­sagt, dass Anzeige gegen den Kärntner FPÖ-Nationalratsabgeordneten und Ex-FPÖ-Kärnten-Landesparteichef Jannach erstattet wurde. Dieser wurde deshalb sozusagen abgeschossen, weil er Herrn Strache so „treu“ war; das müssen Sie wissen. Auf Basis einer anonymen Anzeige – wo auch die Frage zu klären ist, wer da dahintersteckt – er­mittelt die Staatsanwaltschaft.

Es geht in diesem Zusammenhang darum, dass Harald Jannach  (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) Hören Sie zu, Herr Jarolim, dann kennen Sie sich aus!

Es geht darum, dass Herrn Jannach vorgeworfen wird, dass er 1,2 Millionen € Partei­enförderung, die er vom Kärntner Steuerzahler bekommen hat, ohne Beschluss der ent­sprechenden Parteigremien, ohne Beschluss im entsprechenden Landesparteivorstand an die FPÖ-Bundespartei weitergeleitet hat. Konkret geht es um die Summe von 1 Mi­llion €.

Wir haben das heute schon diskutiert: Das eine ist der strafrechtliche Aspekt, der zu klären ist. Das ist nicht unsere Aufgabe hier, das müssen die Gerichte tun. Das andere


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ist der moralische Aspekt (ironische Heiterkeit bei der FPÖ), den ich heute schon the­matisiert habe, wo man schon die Frage stellen muss, wie man es als angebliche „Sau­berpartei“ verantworten kann (Zwischenrufe bei der FPÖ), mehr als 1 Million € an Kärnt­ner Steuergeld zu empfangen und das an die FPÖ-Bundespartei weiterzuleiten. Das heißt, Kärntner Steuergeld wird dafür verwendet, dass Herr Strache in Wien wahlkämpfen kann. (Beifall beim BZÖ.)

Das sind die angeblichen Kärntner Interessen, die Herr Strache jetzt zu vertreten be­hauptet. Es sollen die Kärntnerinnen und Kärntner auch wissen, dass dieser Herr nicht nur bei zweisprachigen Ortstafeln applaudiert, sondern dass dieser Herr 1,2 Millionen € an Kärntner Steuergeld stiehlt und für seinen Wahlkampf in Wien verwendet, damit er Herrn Häupl Paroli bieten kann.

Das soll zum Abschluss noch gesagt und den Herren und Damen von der FPÖ ins Stammbuch geschrieben sein.

In diesem Sinne wünsche ich allen eine kurze Sommerpause, denn wir sehen uns dem­nächst bei der einen oder anderen Sondersitzung wieder. (Beifall beim BZÖ.)

20.38

20.38.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Petzner, für die Unterstel­lung des Stehlens erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

Herr Abgeordneter Pendl gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.

 


20.38.31

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Jeder von Ihnen kennt, was wir seit Monaten im Immunitätsaus­schuss diskutieren. Ich würde in unser aller Interesse dringend raten: Schauen wir, dass wir eine Lösung auch in der Arbeitsgruppe „Immunität“ zusammenbringen, denn das hier, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat niemand notwendig – wir hier im Parlament nicht und die Öffentlichkeit auch nicht! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Stefan zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.39.28

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Ich berichtige tatsächlich, dass ein Darle­hen, das der Landesgruppe Kärnten gewährt wurde, wieder zurückgezahlt wurde. – Ende. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Scheibner: Das ist eine falsche Berichtigung!)

20.39

20.39.50

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Das war zwar jetzt keine tatsächliche Berichti­gung, aber gut.

Es ist hiezu niemand mehr zu Wort gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses ... (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Jarolim.– Herr Abgeordneter Jarolim, wir sind bei der Abstim­mung!

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 866 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

„In Behandlung des Ersuchens der Staatsanwaltschaft Klagenfurt, ..., um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Harald Jannach wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass kein Zusammenhang zwischen der


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inkriminierten Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum National­rat Harald Jannach besteht.“

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

*****

Die Tagesordnung ist erschöpft.

20.40.58Beschluss auf Beendigung der ordentlichen Tagung 2009/2010

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es liegt mir folgender Antrag der Abgeordneten Dr. Cap, Kopf, Strache, Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen vor:

„Der Herr Bundespräsident wird ersucht, die ordentliche Tagung 2009/2010 der XXIV. Ge­setzgebungsperiode des Nationalrates mit Ablauf des 12. Juli 2010 für beendet zu er­klären.“

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

20.41.51Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von 20 Abgeordneten vor, das Amtliche Protokoll hinsichtlich des Beschlusses auf Been­digung der ordentlichen Tagung 2009/2010 der XXIV. Gesetzgebungsperiode zu verle­sen, damit dieser Teil mit Ende der Sitzung als genehmigt gilt.

Ich verlese:

„Die Abgeordneten Dr. Cap, Kopf, Strache, Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen legen folgenden Antrag (Beilage F) vor:

,Der Herr Bundespräsident wird ersucht, die ordentliche Tagung 2009/2010 der XXIV. Ge­setzgebungsperiode des Nationalrates mit Ablauf des 12. Juli 2010 für beendet zu er­klären.‘

Dieser Antrag ... wird einstimmig angenommen.

Es liegt ein Verlangen gemäß § 51 Abs. 6 GOG auf Verlesung des Teiles des Amtli­chen Protokolls hinsichtlich des Beschlusses auf Beendigung der ordentlichen Ta­gung 2009/2010 der XXIV. Gesetzgebungsperiode vor (Beilage G).“

Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls? – Das ist nicht der Fall.

Dieser Teil des Amtlichen Protokolls gilt daher gemäß § 51 Abs. 6 der Geschäftsord­nung mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.

20.43.20Einlauf

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1234/A bis 1248/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 6070/J bis 6222/J eingelangt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 254

20.43.41Schlussansprache der Präsidentin

 


20.43.43

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren! Sie wissen, es ist üblich, dass in der letzten Sitzung vor Tagungsende der Präsident/die Präsidentin eini­ge Worte an Sie richtet. Sie haben sich sehr bemüht, mit einer langen Tagesordnung doch eine einigermaßen kurze Sitzung zustande zu bringen, und ich werde diese Sit­zung nicht unnötig verlängern. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und FPÖ.)

Lassen Sie mich daher nur ganz wenige Sätze sagen! Zuallererst glaube ich, dass die Bilanz über die Tagung 2009/2010 eine gute ist. Immerhin wurden in dieser einen Ta­gung 126 Gesetze beschlossen, 38 Prozent davon auch einstimmig.

Ich quäle Sie jetzt nicht mit der Statistik, Sie werden sie ja auch übermittelt bekommen. Vielleicht nur eine Zahl, weil sie für Sie erfreulich ist: Es haben fast 11 000 Besucherin­nen und Besucher aufgrund von Hausbegehungen – das heißt, mit Ihnen gemeinsam, mit den Abgeordneten – seit Beginn dieses Jahres das Haus besucht. Es ist erfreulich, dass wir ein sehr offenes Haus sind. Darüber hinaus sind mehr als 53 000 Besucherin­nen und Besucher im Rahmen von Führungen im Haus gewesen. – Ein stolzer Beitrag für die Öffnung des Hauses. (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch ganz kurz an die Diskussion der letzten Tage über die Beratungen und den Beschluss des Budgets 2011 anknüpfen. Ich muss die Faktenlage nicht näher und wiederholt erklären. Die Fraktionen haben be­reits vor einigen Wochen aufgrund eines Briefes der grünen Fraktion von mir eine Stel­lungnahme des Rechts- und Legislativdienstes erhalten. Dieser Stellungnahme ist in­haltlich-rechtlich nichts hinzuzufügen.

Das, was meine Aufgabe ist, und das, was für mich sehr wichtig ist, ist, dass das Haus, dass der Nationalrat arbeitsfähig bleibt und dass wir vor allen Dingen – egal, ob es sich um das Budget handelt oder auch um andere Gesetzesmaterien – einen Rahmen vor­finden, sodass ausführlich, sachlich, ordnungsgemäß, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger beraten und letztlich entschieden werden kann. Das gilt natürlich auch für das Budget.

Was mir sehr wichtig ist: Wir bemühen uns in der Präsidiale – und ich bedanke mich an dieser Stelle bei den Mitgliedern der Präsidiale für die gute Zusammenarbeit – immer um Konsens, dass die geschäftsmäßigen Entscheidungen auch wirklich einhelligst zustan­de kommen.

Wir haben einen Sitzungsfahrplan für den Herbst. Dieser Sitzungsfahrplan kann nach meinem Dafürhalten nur im Konsens und nicht einseitig aufgeschnürt werden. Das heißt, das bleibt auch aufrecht. (Beifall bei BZÖ und Grünen.)

Wir werden allerdings – darüber brauchen wir uns auch keine Illusionen zu machen – sehr viele Gespräche vielleicht über den Sommer, vielleicht auch erst im Herbst führen müssen. Ich bin bereit dazu. Ich weiß, dass wir bei guter Anstrengung und bei gutem Bemühen auch da eine Lösung finden, die im Interesse des Hauses, im Interesse des Nationalrates ist.

Im Übrigen werde ich auf Wunsch der Mitglieder der Präsidiale auch einen Brief an die Mitglieder der Bundesregierung schicken – ein Entwurf ist den Mitgliedern der Präsi­diale ja bereits zugegangen –, in dem der Bundeskanzler und der Vizekanzler darüber informiert werden, wie die Beratungen heute früh von 8 bis 9 Uhr in der Präsidiale ver­laufen sind.

Das wollte ich an dieser Stelle noch klarlegen. Mir ist es wirklich ein Anliegen, dass ei­nerseits natürlich die Gesetze eingehalten werden, andererseits habe ich aber auch die


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hohe Verantwortung, dass das Haus nicht untätig sein kann und nicht arbeitsunfähig wer­den darf. Das ist eben die zweite Aufgabe. Das alles unter einen Hut zu bringen ist manch­mal nicht unbedingt einfach. (Abg. Mag. Kogler – in Richtung SPÖ –: Wie wäre es mit einem Budget?)

Ich bedanke mich sehr herzlich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Parla­mentsdirektion. Sie haben wie immer hervorragende Arbeit geleistet. (Allgemeiner Bei­fall.)

Ich weiß, wie groß die Herausforderung oft ist: Es ballt sich manchmal enorm. Wir sind aber ein dynamisches Haus, und das ist zuvorderst den Mitarbeiterinnen und Mitarbei­tern der Parlamentsdirektion zu verdanken, Herr Parlamentsdirektor, Frau Vizedirekto­rin und Herr Vizedirektor – dem ich im Übrigen sehr herzlich zum Geburtstag heute gra­tuliere. (Allgemeiner Beifall.)

Ich bedanke mich bei den Fraktionen, bei den Klubs und – ich glaube, in Ihrem Namen sprechen zu können – bei den Klubmitarbeiterinnen und -mitarbeitern, die ebenfalls Enor­mes leisten. (Allgemeiner Beifall.)

Wir haben ja gerade gestern eine Situation erlebt, bei der sehr deutlich zum Ausdruck gekommen ist, was alles zustande zu bringen ist, wenn gut zusammengearbeitet wird, gerade auch auf der Klubmitarbeiterebene.

Ich bedanke mich bei den parlamentarischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – das sind die Letzten in der Kette, auf die gerne vergessen wird. Sie alle wissen genau, wie notwendig diese Infrastruktur ist. Daher herzlichen Dank auch in Ihrem Namen den parlamentarischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern! (Allgemeiner Beifall.)

Ganz zuletzt noch einmal herzlichen Dank an die Mitglieder der Präsidiale, an meine beiden Stellvertreter im Nationalratspräsidium, Herrn Neugebauer, Herrn Dr. Graf, und vor allen Dingen an die fünf Klubvorsitzenden!

Ich wünsche mir eine weiterhin gute Zusammenarbeit im Interesse des Hauses, des Nationalrates, aber auch im Interesse der Bevölkerung. Wenn wir gut arbeiten, ist das auch sichtbar, und dieser Herausforderung müssen wir uns stellen.

Ich wünsche Ihnen allen einen schönen Sommer! Wir werden uns vielleicht das eine oder andere Mal auch während des Sommers sehen. Daher wird der gute Wunsch viel­leicht nicht ganz so lange andauern.

Alles Gute! Kommen Sie gut nach Hause und toi, toi, toi! (Allgemeiner Beifall.)

20.50

 


20.50.21

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Ich möchte die uns entbo­tenen Glückwünsche im Namen von uns allen herzlich erwidern. (Allgemeiner Beifall.)

20.50


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Danke schön.

Die Sitzung ist geschlossen.

20.50.23Schluss der Sitzung: 20.50 Uhr

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Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll74. Sitzung / Seite 256

Druckfehlerberichtigung

17. Sitzung, 12. März 2009:

In der gedruckten Version ist auf S. 227 – 7. Absatz, 5. Zeile – das Wort „Klubobmann“ durch das Wort „Klubdirektor“ zu ersetzen.

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