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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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190. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXV. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 29. Juni 2017

 

 


Stenographisches Protokoll

190. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXV. Gesetzgebungsperiode               Donnerstag, 29. Juni 2017

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 29. Juni 2017: 9.05 – 23.18 Uhr

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Tagesordnung

Ergänzung und Neureihung der Tagesordnung ............................................................. 39

1. Punkt: Bericht über den Antrag 2232/A der Abgeordneten Hermann Krist, Mag. Jo­hannes Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bun­desgesetz betreffend die Förderung des Sports erlassen wird und das Bundesgesetz über die Neuorganisation der Bundessporteinrichtungen sowie das Anti-Doping Bundes­gesetz geändert werden

2. Punkt: Bericht über den Antrag 2170/A der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ein­kommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) geändert wird

3. Punkt: Bericht über den Antrag 2231/A der Abgeordneten Ing. Mag. Werner Groiß, Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ein­kommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Stiftungseingangs­steuergesetz, das Aktiengesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geän­dert sowie aktienrechtliche Sonderregelungen über die planmäßige Abgabe von Aktien einer Arbeitgebergesellschaft erlassen werden (Mitarbeiterbeteiligungsstiftungsge­setz 2017 – MitarbeiterBetStG 2017)

4. Punkt: Bericht über den Antrag 2237/A der Abgeordneten Ing. Mag. Werner Groiß, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuer­gesetz 1994 und das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz geändert werden (Mit­telstandsfinanzierungsgesellschaftengesetz 2017 – MiFiGG 2017)

5. Punkt: Bericht über den Antrag 2238/A der Abgeordneten Ing. Mag. Werner Groiß, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tabaksteuergesetz 1995 und das Tabakmonopolgesetz 1996 geändert werden

6. Punkt: Bericht über den Antrag 2239/A der Abgeordneten Ing. Mag. Werner Groiß, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz geändert wird

7. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Erprobung des Bildungskom­passes im Land Oberösterreich im Kindergartenjahr 2017/1


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 2

8

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Ver­ordnung (EU) 2016/1011 über Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanzkontrak­ten als Referenzwert oder zur Messung der Wertentwicklung eines Investmentfonds ver­wendet werden (Referenzwerte-Vollzugsgesetz – RW-VG) erlassen wird und mit dem das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Verbraucherkreditgesetz und das Hypo­thekar- und Immobilienkreditgesetz geändert werden

9. Punkt: Bundesgesetz über den Verzicht des Bundes auf den die Abschlagszahlung übersteigenden Anteil der Forderungen gegen den Fonds „Sondervermögen Kärnten in Abwicklung“ (SvK-Verzichtsgesetz)

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Wertpapier- und allge­meinen Warenbörsen 2018 und das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 erlassen werden und das Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz, das Aktiengesetz, das Alternative Investment­fonds Manager-Gesetz, das Alternativfinanzierungsgesetz, das Bankwesengesetz, das Bausparkassengesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014, das Bundesfinanzierungsgesetz, das Bundesge­setz zur Schaffung einer Abbaueinheit, das E-Geldgesetz 2010, das Einlagensiche­rungs- und Anlegerentschädigungsgesetz, das Energie-Control-Gesetz, das EU-Ver­schmelzungsgesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehör­dengesetz, das Finanzmarkt-Geldwäschegesetz, die Gewerbeordnung 1994, das Glücks­spielgesetz, das Hypothekenbankgesetz, das Immobilien-Investmentfondsgesetz, die In­solvenzordnung, das Investmentfondsgesetz 2011, das Kapitalmarktgesetz, das Konten­register- und Konteneinschaugesetz, das Körperschaftsteuergesetz, das Maklergesetz, das Pensionskassengesetz, das Pfandbriefgesetz, das Ratingagenturenvollzugsgesetz, das Rechnungslegungs-Kontrollgesetz, das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz, das SE-Gesetz, das SFT-Vollzugsgesetz, das Spaltungsgesetz, das Sparkassengesetz, das Übernahmegesetz, das Unternehmensgesetzbuch, das Versicherungsaufsichtsge­setz 2016, das Zahlungsdienstegesetz, das Zentrale Gegenparteien-Vollzugsgesetz und das Zentralverwahrer-Vollzugsgesetz geändert werden

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Einrichtung eines Re­gisters der wirtschaftlichen Eigentümer von Gesellschaften, anderen juristischen Per­sonen und Trusts (Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz – WiEReG) erlassen wird und das Finanzmarkt-Geldwäschegesetz, das Finanzstrafgesetz, die Notariatsordnung, die Rechtsanwaltsordnung, das Devisengesetz, das Bankwesengesetz, die Bundesab­gabenordnung, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz und das Energieabgabenver­gütungsgesetz geändert werden

12. Punkt: Bundesgesetz über österreichische Beiträge an internationale Finanzinsti­tutionen (IFI-Beitragsgesetz 2017)

13. Punkt: Mehrseitiges Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung

14. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Re­gierung des Staates Israel zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Verhinde­rung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Ver­mögen samt Protokoll

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert, das Da­tenschutzgesetz erlassen und das Datenschutzgesetz 2000 aufgehoben wird (Daten­schutz-Anpassungsgesetz 2018)

16. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes über die Genehmigung des Protokolls Nr. 15 zur Konvention zum Schutze der Menschen­rechte und Grundfreiheiten und dessen Erklärung zum Bundesverfassungsgesetz


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 3

17. Punkt: Bericht über den Antrag 2213/A der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ORF-Gesetz, BGBl. Nr. 379/1984, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 120/2016, geändert wird

18. Punkt: Bericht über die Anträge 2247/A der Abgeordneten Otto Pendl, Mag. Bernd Schönegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Be­amten-Dienstrechtsgesetz 1979 geändert wird, und

175/A der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 27. Juni 1979 über das Dienstrecht der Be­amten (Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 – BDG 1979) geändert wird

19. Punkt: Bericht über den Antrag 2227/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das E-Government-Gesetz geändert wird

20. Punkt: Bericht über den Antrag 2169/A der Abgeordneten Josef Muchitsch, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeits­marktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert wird

21. Punkt: Bericht über den Antrag 2138/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Kostendämpfung bei der Zuwanderung durch Asylwer­ber und Asylanten im Sozialstaat Österreich

22. Punkt: Bericht über den Antrag 2228/A der Abgeordneten Josef Muchitsch, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ar­beitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das Arbeitszeitge­setz, das Arbeitsruhegesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Allgemeine Sozialver­sicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz und das Ar­beitsplatz-Sicherungsgesetz 1991 geändert werden (ArbeitnehmerInnenschutz-Deregu­lierungsgesetz)

23. Punkt: Bericht über den Antrag 2215/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Herstellung von mehr Verbindlichkeit bei der Ge­fahrenevaluierung bei schwerer Lastenhandhabe

24. Punkt: Bericht über den Antrag 2234/A der Abgeordneten Josef Muchitsch, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Insol­venz-Entgeltsicherungsgesetz geändert wird

25. Punkt: Bericht über den Antrag 2128/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Einführung eines transparenten Lohnzettels

26. Punkt: Bericht über den 2241/A der Abgeordneten Josef Muchitsch, August Wö­ginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauarbei­ter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz und das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungs­gesetz 1957 geändert werden

27. Punkt: Bericht über den Antrag 2202/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend arbeits- und sozialrechtliche Vereinfachungen für Unternehmen im Baubereich

28. Punkt: Bericht über den Antrag 2203/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung des Überbrückungsgeldes

29. Punkt: Bericht über den Antrag 2233/A der Abgeordneten Josef Muchitsch, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ar­beitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Apothekengesetz geändert werden

30. Punkt: Bericht über den Antrag 2046/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Diet­rich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bedarfsgerechte (Jahres)-Arbeitszeit nach Schweizer Modell“


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 4

31. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Ge­werbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden (Sozialversicherungs­Zuordnungsge­setz – SV-ZG)

32. Punkt: Bericht über den Antrag 2163/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Geringfügigkeitsgrenze

33. Punkt: Bericht über den Antrag 2062/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Implementierung des Lehrberufs Berater für Men­schen mit Behinderungen

34. Punkt: Bericht über den Antrag 2037/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Diet­rich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Luxuspensionsreform jetzt – das Arbeitspro­gramm der Bundesregierung 2017/2018 umsetzen“

35. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird, sowie Be­richt über den

Antrag 1723/A(E) der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Josef Schellhorn, Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpassung der Gewerbe­ordnung an veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen – Rechtssicherheit für Gastgewerbebetriebe und Nachbarn

36. Punkt: Bericht über den Antrag 2044/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Chris­toph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird

37. Punkt: Bericht über die Regierungsvorlage (1667 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (Geldwäsche-Novelle)

38. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bun­desminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft genehmigt wird sowie das Aus­tria Wirtschaftsservice-Gesetz und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden

39. Punkt: Bericht über den Antrag 2260/A der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz geändert wird

40. Punkt: Bundesgesetz über die Wirtschaftstreuhandberufe (Wirtschaftstreuhandbe­rufsgesetz 2017 – WTBG 2017)

41. Punkt: Bericht über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Genossen­schaftsrevisionsgesetz geändert wird

42. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014 geändert wird

43. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz 2012, das Elektrizitätswirt­schafts- und ‑organisationsgesetz 2010, das Gaswirtschaftsgesetz 2011, das KWK-Punk­te-Gesetz und das Energie-Control-Gesetz geändert werden sowie das Bundesgesetz, mit dem zusätzliche Mittel aus von der Energie-Control Austria verwaltetem Sonderver­mögen bereitgestellt werden, erlassen wird

44. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das FTE Nationalstiftungsgesetz geändert wird

45. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Markenschutzgesetz 1970, das Patentge­setz 1970, das Gebrauchsmustergesetz, das Halbleiterschutzgesetz, das Musterschutz­gesetz 1990 und das Patentamtsgebührengesetz geändert werden

46. Punkt: Bericht über den Antrag 2229/A der Abgeordneten Anton Heinzl, Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraft­fahrgesetz 1967 und das Unfalluntersuchungsgesetz – UUG 2005 geändert werden


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 5

47. Punkt: Bericht über den Antrag 2230/A der Abgeordneten Anton Heinzl, Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Was­serstraßengesetz geändert wird

48. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird

49. Punkt: 40. Bericht der Volksanwaltschaft

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 19

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Mag. Josef Lettenbichler, Wolfgang Katzian, Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen, den Bericht des Aus­schusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorlage (1519 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz 2012, das Elektrizitätswirtschafts- und ‑organisationsgesetz 2010, das Gaswirtschaftsgesetz 2011, das KWK-Punk­te-Gesetz und das Energie-Control-Gesetz geändert werden sowie das Bundes­gesetz, mit dem zusätzliche Mittel aus von der Energie-Control Austria verwalte­tem Sondervermögen bereitgestellt werden, erlassen wird (1527 d.B.), gemäß § 49 Abs. 5 der Geschäftsordnung auf die Tagesordnung zu setzen – Annahme     39, 39

Antrag der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Mag. Albert Steinhauser, Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen, dem Justizausschuss zur Be­richterstattung über den Antrag 498/A der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 19. September 2017 zu setzen ....................................................................................... 39

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kur­zen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 40

Redner/Rednerinnen:

Dr. Nikolaus Scherak ................................................................................................. 146

Mag. Andreas Schieder ............................................................................................. 149

Mag. Michaela Steinacker .......................................................................................... 151

Heinz-Christian Strache ............................................................................................ 152

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 153

Ablehnung des Fristsetzungsantrages .......................................................................... 155

Antrag der Abgeordneten Michael Bernhard, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhu­ber, Kolleginnen und Kollegen, dem Geschäftsordnungsausschuss zur Bericht­erstattung über den Antrag 2249/A der Abgeordneten Michael Bernhard, Dipl.-
Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 19. September 2017 zu setzen – Ab­lehnung ........................................................  40, 343

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 der Geschäftsordnung ......................................................................................................................................... 40


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 6

Antrag der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen, den Bericht des Ausschusses für Sportangelegenheiten über den Antrag 2232/A der Abge­ordneten Hermann Krist, Mag. Johannes Rauch, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz betreffend die Förderung des Sports erlassen wird und das Bundesgesetz über die Neuorganisation der Bun­dessporteinrichtungen sowie das Anti-Doping Bundesgesetz geändert werden (1744 d.B.), gemäß § 73 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung an den Ausschuss für Sportangelegenheiten rückzuverweisen – Ablehnung                42, 56

Antrag des Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen, den Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2227/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das E-Government-Gesetz geändert wird (1765 d.B.), gemäß § 53 Abs. 6 Z 2 der Geschäftsordnung an den Verfassungsausschuss rück­zuverweisen – Ablehnung ...................................................................................  157, 157

Fragestunde (27.)

Landesverteidigung und Sport ................................................................................... 19

Otto Pendl (316/M)

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (313/M); Angela Lueger

Dr. Reinhard Eugen Bösch (321/M); Jürgen Schabhüttl

Dr. Peter Pilz (319/M); Leopold Steinbichler, Mag. Michael Hammer, Hermann Brückl

Dr. Rainer Hable (324/M)

Ulrike Weigerstorfer (323/M); Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Norbert Sieber

Hannes Weninger (317/M)

Claudia Durchschlag (314/M)

MMag. DDr. Hubert Fuchs (322/M)

Dieter Brosz, MSc (320/M)

Hermann Krist (318/M); Dieter Brosz, MSc

Mag. Johannes Rauch (315/M); Petra Steger

Ausschüsse

Zuweisung ...................................................................................................................... 39

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Sportangelegenheiten über den An­trag 2232/A der Abgeordneten Hermann Krist, Mag. Johannes Rauch, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz be­treffend die Förderung des Sports erlassen wird und das Bundesgesetz über die Neuorganisation der Bundessporteinrichtungen sowie das Anti-Doping Bundes­gesetz geändert werden (1744 d.B.) ...................................................................................................................... 40

Redner/Rednerinnen:

Petra Steger .................................................................................................................. 41

Hermann Krist .............................................................................................................. 42


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 7

Dieter Brosz, MSc ........................................................................................................ 44

Mag. Johannes Rauch ................................................................................................. 46

Claudia Angela Gamon, MSc (WU) ............................................................................ 47

Bundesminister Mag. Hans Peter Doskozil .............................................................. 48

Marianne Gusenbauer-Jäger ...................................................................................... 50

Ulrike Weigerstorfer ..................................................................................................... 51

Rouven Ertlschweiger, MSc ........................................................................................ 52

Ing. Christian Höbart ................................................................................................... 53

Konrad Antoni .............................................................................................................. 54

Rupert Doppler ............................................................................................................. 54

Brigitte Jank .................................................................................................................. 55

Annahme des Gesetzentwurfes in 1744 d.B. ................................................................. 56

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2170/A der Abgeord­neten Dr. Christoph Matznetter, Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) geändert wird (1721 d.B.) ....................... 56

3. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2231/A der Abgeord­neten Ing. Mag. Werner Groiß, Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körper­schaftsteuergesetz 1988, das Stiftungseingangssteuergesetz, das Aktiengesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert sowie aktienrechtliche Son­derregelungen über die planmäßige Abgabe von Aktien einer Arbeitgebergesell­schaft erlassen werden (Mitarbeiterbeteiligungsstiftungsgesetz 2017 – Mitarbeiter­BetStG 2017) (1722 d.B.)                        56

4. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2237/A der Abgeord­neten Ing. Mag. Werner Groiß, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körper­schaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994 und das Alternative In­vestmentfonds Manager-Gesetz geändert werden (Mittelstandsfinanzierungsgesell­schaftengesetz 2017 – MiFiGG 2017) (1723 d.B.) ........................................................ 56

5. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2238/A der Abgeord­neten Ing. Mag. Werner Groiß, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Tabaksteuergesetz 1995 und das Tabakmo­nopolgesetz 1996 geändert werden (1724 d.B.)                       57

6. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2239/A der Abgeord­neten Ing. Mag. Werner Groiß, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz geändert wird (1729 d.B.) ............................................ 57

7. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1663 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Erprobung des Bildungskompasses im Land Oberösterreich im Kindergartenjahr 2017/18 (1731 d.B.) ............................................................................ 57

Redner/Rednerinnen:

Dr. Ruperta Lichtenecker ............................................................................................ 57

Ing. Mag. Werner Groiß ............................................................................................... 60

Kai Jan Krainer ............................................................................................................. 63

MMag. DDr. Hubert Fuchs ........................................................................................... 64

Ing. Robert Lugar ..................................................................................................  67, 82

Mag. Dr. Matthias Strolz .............................................................................................. 68


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 8

Mag. Andreas Zakostelsky .......................................................................................... 72

Marianne Gusenbauer-Jäger ...................................................................................... 73

MMMag. Dr. Axel Kassegger ....................................................................................... 73

Dr. Rainer Hable ........................................................................................................... 74

Nikolaus Prinz .............................................................................................................. 75

Franz Kirchgatterer ...................................................................................................... 75

Peter Wurm ................................................................................................................... 77

Michael Bernhard ......................................................................................................... 79

Dr. Christoph Matznetter ............................................................................................. 81

Dietmar Keck ................................................................................................................ 84

Leopold Steinbichler .................................................................................................... 85

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Mag. Werner Groiß, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vereinheitlichung der Packungsgrö­ße für Zigaretten – Annahme (E 215)     77, 87

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Abschaffung des absoluten Rauchverbots in der Gastronomie – Ab­lehnung ..............................  79, 87

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Ermöglichung eines verbindlichen bundesweit ein­heitlichen Qualitätsrahmens für elementarpädagogische Einrichtungen – Ableh­nung .....................................................................................  80, 87

Annahme der fünf Gesetzentwürfe in 1721, 1722, 1723, 1724 und 1729 d.B. ............. 85

Genehmigung der Vereinbarung in 1731 d.B. ................................................................ 85

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1662 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Ver­ordnung (EU) 2016/1011 über Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanz­kontrakten als Referenzwert oder zur Messung der Wertentwicklung eines Invest­mentfonds verwendet werden (Referenzwerte-Vollzugsgesetz – RW-VG) erlas­sen wird und mit dem das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Verbraucher­kreditgesetz und das Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz geändert werden (1726 d.B.) ................................................... 87

9. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1659 d.B.): Bundesgesetz über den Verzicht des Bundes auf den die Abschlagszahlung über­steigenden Anteil der Forderungen gegen den Fonds „Sondervermögen Kärnten in Abwicklung“ (SvK-Verzichtsgesetz) (1727 d.B.) ............ 88

10. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1661 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Wertpapier- und allgemeinen Warenbörsen 2018 und das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 erlassen werden und das Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz, das Aktiengesetz, das Alternative In­vestmentfonds Manager-Gesetz, das Alternativfinanzierungsgesetz, das Bankwe­sengesetz, das Bausparkassengesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selb­ständigenvorsorgegesetz, das Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014, das Bundesfinan­zierungsgesetz, das Bundesgesetz zur Schaffung einer Abbaueinheit, das E-Geldgesetz 2010, das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz, das Energie-Control-Gesetz, das EU-Verschmelzungsgesetz, das Finanzkonglo­merategesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Finanzmarkt-Geld­wäschegesetz, die Gewerbeordnung 1994, das Glücksspielgesetz, das Hypothe­kenbankgesetz, das Immobilien-Investmentfondsgesetz, die Insolvenzordnung,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 9

das Investmentfondsgesetz 2011, das Kapitalmarktgesetz, das Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, das Körperschaftsteuergesetz, das Maklergesetz, das Pensionskassengesetz, das Pfandbriefgesetz, das Ratingagenturenvollzugsge­setz, das Rechnungslegungs-Kontrollgesetz, das Sanierungs- und Abwicklungs­gesetz, das SE-Gesetz, das SFT-Vollzugsgesetz, das Spaltungsgesetz, das Spar­kassengesetz, das Übernahmegesetz, das Unternehmensgesetzbuch, das Versi­cherungsaufsichtsgesetz 2016, das Zahlungsdienstegesetz, das Zentrale Gegen­parteien-Vollzugsgesetz und das Zentralverwahrer-Vollzugsgesetz geändert wer­den (1728 d.B.) ............................. 88

Redner/Rednerinnen:

Erwin Angerer .......................................................................................................  88, 98

Gabriele Tamandl ......................................................................................................... 89

Dr. Rainer Hable ........................................................................................................... 90

Wolfgang Knes ............................................................................................................. 91

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 94

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 1726, 1727 und 1728 d.B. .................................. 99

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1660 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Einrichtung eines Registers der wirtschaftlichen Eigentümer von Gesellschaften, anderen juristischen Perso­nen und Trusts (Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz – WiEReG) erlassen wird und das Finanzmarkt-Geldwäschegesetz, das Finanzstrafgesetz, die Notari­atsordnung, die Rechtsanwaltsordnung, das Devisengesetz, das Bankwesenge­setz, die Bundesabgabenordnung, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz und das Energieabgabenvergütungsgesetz geändert werden (1725 d.B.) ....................................................................................................................................... 100

12. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1672 d.B.): Bundesgesetz über österreichische Beiträge an internationale Finanzinstitutionen (IFI-Beitragsgesetz 2017) (1730 d.B.)        ............................................................................................................................. 100

13. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1670 d.B.): Mehrseitiges Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maß­nahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (1732 d.B.)                                                             100

14. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1638 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Staates Israel zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Ver­mögen samt Protokoll (1733 d.B.) ...................................... 100

Redner/Rednerinnen:

MMag. DDr. Hubert Fuchs ......................................................................................... 101

Jakob Auer .................................................................................................................. 102

Mag. Bruno Rossmann .............................................................................................. 105

Petra Bayr, MA MAS .................................................................................................. 109

Dr. Rainer Hable ......................................................................................................... 110

Mag. Andreas Zakostelsky ........................................................................................ 110

Mag. Christoph Vavrik ............................................................................................... 111

Mag. Andreas Hanger ................................................................................................ 112

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung eines konkreten Aktionsplans für faire Bei­träge von Konzernen – Ablehnung              106, 113

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1725 und 1730 d.B. ..................................... 113

Genehmigung der beiden Staatsverträge in 1732 und 1733 d.B. ................................ 114


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 10

15. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1664 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert, das Datenschutzgesetz erlassen und das Datenschutzgesetz 2000 aufgehoben wird (Datenschutz-Anpassungsgesetz 2018) (1761 d.B.)                114

Redner/Rednerinnen:

Mag. Harald Stefan ..................................................................................................... 114

Dr. Peter Wittmann ..................................................................................................... 119

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 120

Eva-Maria Himmelbauer, BSc ................................................................................... 121

Dr. Nikolaus Scherak ................................................................................................. 123

Bundesminister Mag. Thomas Drozda .................................................................... 124

Dr. Harald Troch ......................................................................................................... 125

Christoph Hagen ........................................................................................................ 126

Sigrid Maurer .............................................................................................................. 127

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines Bundesverfassungsgesetzes über die Frei­heit zur unbeschränkten Verwendung von Bargeld im Zahlungsverkehr – Ableh­nung .......................................................................  115, 128

Annahme des Gesetzentwurfes in 1761 d.B. ............................................................... 128

16. Punkt: Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Entwurf ei­nes Bundesverfassungsgesetzes über die Genehmigung des Protokolls Nr. 15 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und dessen Er­klärung zum Bundesverfassungsgesetz (1762 d.B.)          ............................................................................................................................. 128

Redner/Rednerinnen:

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................. 128

Dr. Georg Vetter ......................................................................................................... 129

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 130

Annahme des Gesetzentwurfes in 1762 d.B. ............................................................... 131

17. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2213/A der Ab­geordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das ORF-Gesetz, BGBl. Nr. 379/1984, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 120/2016, geändert wird (1763 d.B.)                         131

Redner/Rednerinnen:

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 131

Mag. Wolfgang Gerstl ................................................................................................ 132

Mag. Helene Jarmer ................................................................................................... 133

Rupert Doppler ........................................................................................................... 134

Annahme des Gesetzentwurfes in 1763 d.B. ............................................................... 134

18. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Anträge 2247/A der Ab­geordneten Otto Pendl, Mag. Bernd Schönegger, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 geän­dert wird, und

175/A der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 27. Juni 1979 über das Dienst­recht der Beamten (Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 – BDG 1979) geändert wird (1764 d.B.) ......................................................................... 134

Redner/Rednerinnen:

Otto Pendl ................................................................................................................... 134

Mag. Bernd Schönegger ............................................................................................ 136


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 11

Dr. Reinhard Eugen Bösch ....................................................................................... 137

Christoph Hagen ........................................................................................................ 137

Mag. Günther Kumpitsch .......................................................................................... 138

Rupert Doppler ........................................................................................................... 139

Annahme des Gesetzentwurfes in 1764 d.B. ............................................................... 139

19. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2227/A der Ab­geordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das E-Government-Gesetz geändert wird (1765 d.B.) ........................................................... 140

Redner/Rednerinnen:

Mag. Harald Stefan ..................................................................................................... 140

Angela Lueger ............................................................................................................ 143

Sigrid Maurer .............................................................................................................. 144

Mag. Dr. Beatrix Karl .................................................................................................. 145

Dr. Nikolaus Scherak ................................................................................................. 155

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend E-Government – Ablehnung ...................................................................................  142, 157

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Dr. Peter Witt­mann, Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Anglei­chung der Rechtzeitigkeitserfordernisse von mittels elektronischem Rechtsver­kehr und E-Mail erfolgenden Eingaben mit auf postalischem Weg erfolgenden Ein­gaben – Annahme (E 216) ..................................................................................  156, 158

Annahme des Gesetzentwurfes in 1765 d.B. ............................................................... 157

Gemeinsame Beratung über

20. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2169/A der Abgeordneten Josef Muchitsch, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finan­zierungsgesetz geändert wird (1686 d.B.) ............................ 158

21. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2138/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Kostendämpfung bei der Zuwanderung durch Asylwerber und Asylanten im Sozialstaat Österreich (1687 d.B.) .................................................. 158

22. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2228/A der Abgeordneten Josef Muchitsch, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnen­schutzgesetz, das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das Arbeitszeitgesetz, das Ar­beitsruhegesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Allgemeine Sozialversiche­rungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz und das Ar­beitsplatz-Sicherungsgesetz 1991 geändert werden (ArbeitnehmerInnenschutz-De­regulierungsgesetz) (1689 d.B.) ................................... 158

23. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2215/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Herstellung von mehr Verbindlichkeit bei der Gefahrenevaluierung bei schwerer Lastenhandhabe (1690 d.B.) ............................... 158

24. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2234/A der Abgeordneten Josef Muchitsch, August Wöginger, Kolleginnen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 12

und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Insolvenz-Entgeltsiche­rungsgesetz geändert wird (1691 d.B.) ..................................................... 158

25. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2128/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Einführung eines transparenten Lohnzettels (1692 d.B.)     ............................................................................................................................. 158

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ........................................................................ 159

Josef Muchitsch ......................................................................................................... 160

Mag. Birgit Schatz ...................................................................................................... 161

August Wöginger ....................................................................................................... 162

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 163

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 164

Ing. Waltraud Dietrich ................................................................................................ 165

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ................................................................... 165

Mag. Gertrude Aubauer ............................................................................................. 166

Peter Wurm ................................................................................................................. 167

Johann Hechtl ............................................................................................................. 168

Rupert Doppler ........................................................................................................... 169

Martina Diesner-Wais ................................................................................................. 170

Gerhard Schmid ......................................................................................................... 170

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 1686,1689 und 1691 d.B. ................................. 171

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 1687, 1690 und 1692 d.B. ..................... 171

Gemeinsame Beratung über

26. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den 2241/A der Abgeordneten Josef Muchitsch, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsge­setz und das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz 1957 geändert wer­den (1693 d.B.) ........................................................................................ 172

27. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2202/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend arbeits- und sozialrechtliche Vereinfachungen für Unternehmen im Baubereich (1694 d.B.) .................................................................... 172

28. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2203/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Abschaffung des Überbrückungsgeldes (1695 d.B.) .................................................................................................................... 172

29. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2233/A der Abgeordneten Josef Muchitsch, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Ar­beitsruhegesetz und das Apothekengesetz geändert werden (1696 d.B.)           ............................................................................................................................. 172

30. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2046/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „Bedarfsgerechte (Jahres)-Arbeitszeit nach Schweizer Modell“ (1697 d.B.) ..................................................................................... 172

Redner/Rednerinnen:

Mag. Birgit Schatz ...................................................................................................... 172

Josef Muchitsch ......................................................................................................... 173

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 174

Mag. Michael Hammer ............................................................................................ ... 177


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 13

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ........................................................................ 178

Ing. Waltraud Dietrich ................................................................................................ 178

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ................................................................... 179

Ing. Markus Vogl ......................................................................................................... 180

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umqualifizierungsmöglichkeiten für Arbeitnehmer_innen in gesundheitsgefährdenden Tätigkeitsfeldern – Ablehnung ............................................................................................................  175, 181

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1693 und 1696 d.B. ..................................... 181

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 1694, 1695 und 1697 d.B. ..................... 181

Gemeinsame Beratung über

31. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (1613 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversiche­rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialver­sicherungsgesetz und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden (So­zialversicherungs­Zuordnungsgesetz – SV-ZG) (1698 d.B.) ..... 181

32. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2163/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Geringfügigkeitsgrenze (1699 d.B.) ....................................................................................................................................... 182

33. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2062/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Implementierung des Lehrberufs Berater für Menschen mit Behinde­rungen (1688 d.B.) .................................................................. 182

34. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2037/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „Luxuspensionsreform jetzt – das Arbeitsprogramm der Bundesre­gierung 2017/2018 umsetzen“ (1700 d.B.) ................ 182

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ........................................................................ 182

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 183

Mag. Judith Schwentner ............................................................................................ 186

August Wöginger ....................................................................................................... 187

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 193

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ................................................................... 196

Josef Muchitsch ......................................................................................................... 197

Ing. Waltraud Dietrich ................................................................................................ 198

Werner Neubauer, BA (tatsächliche Berichtigung) .................................................... 199

Bundesministerin Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc ............................................... 199

Ing. Mag. Werner Groiß ............................................................................................. 201

Werner Neubauer, BA ................................................................................................ 202

Dietmar Keck .............................................................................................................. 205

Mag. Birgit Schatz ...................................................................................................... 206

Johann Hell ................................................................................................................. 208

Peter Wurm ................................................................................................................. 209

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 210

Rupert Doppler ........................................................................................................... 210

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend nachhaltige Reformen im Pflegebereich – ambulante, mo­bile und dezentrale Lösungen forcieren – Ablehnung ..............................................................................................................................  194, 213


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 14

Entschließungsantrag der Abgeordneten Werner Neubauer, BA, Kolleginnen
und
Kollegen betreffend Maßnahmenpaket für Österreichs Pensionisten – Ableh-
nung .....................................................................................................................  203, 214

Annahme des Gesetzentwurfes in 1698 d.B. ............................................................... 211

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 1699, 1688 und 1700 d.B. ..................... 213

Gemeinsame Beratung über

35. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regie­rungsvorlage (1475 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 ge­ändert wird, sowie über den

Antrag 1723/A(E) der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Josef Schell­horn, Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpassung der Gewerbeordnung an veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen – Rechts­sicherheit für Gastgewerbebetriebe und Nachbarn (1752 d.B.)                  214

36. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den An­trag 2044/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Christoph Matznetter, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeord­nung 1994 geändert wird (1753 d.B.) ....................................................... 214

37. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Re­gierungsvorlage (1667 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (Geldwäsche-Novelle) (1754 d.B.)   ............................................................................................................................. 214

Redner/Rednerinnen:

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................... 214

Peter Haubner ............................................................................................................. 216

Matthias Köchl ............................................................................................................ 229

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 232

Mag. Dr. Matthias Strolz ............................................................................................ 240

Bundesminister Mag. Dr. Harald Mahrer ................................................................. 241

Gabriel Obernosterer ................................................................................................. 243

Leopold Steinbichler .........................................................................................  244, 255

Dr. Angelika Winzig ................................................................................................... 249

Bernhard Themessl .................................................................................................... 250

Josef Muchitsch ......................................................................................................... 251

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 252

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 252

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer .................................................................................... 253

Dr. Kathrin Nachbaur ................................................................................................. 254

Entschließungsantrag der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „One in-Two out – Wirksamer Kampf gegen die Bürokra­tie“ – Ablehnung .................  247, 259

Entschließungsantrag der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Registrierkassenpflicht – Erhöhung des Nettojahresum­satzes“ – Ablehnung ...  248, 259

Entschließungsantrag der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Qualitätsgütesiegel-Gesetz“ – Ablehnung ..........................................................  256, 259

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 1752, 1753 und 1754 d.B. ................................ 258

Gemeinsame Beratung über

38. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regie­rungsvorlage (1620 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelas-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 15

tungen durch den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft ge­nehmigt wird sowie das Austria Wirtschaftsservice-Gesetz und das Einkommen­steuergesetz 1988 geändert werden (1755 d.B.) ......................................................... 260

39. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den An­trag 2260/A der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Dr. Christoph Matznetter, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förde­rungsgesetz geändert wird (1760 d.B.) ...................................... 260

Redner/Rednerinnen:

Mag. Birgit Schatz ...................................................................................................... 260

Gabriel Obernosterer ................................................................................................. 265

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 266

Wolfgang Katzian ....................................................................................................... 267

Leopold Steinbichler .................................................................................................. 267

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................... 268

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 269

Elisabeth Hakel ........................................................................................................... 270

Peter Wurm ................................................................................................................. 270

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 271

Bundesminister Mag. Dr. Harald Mahrer ................................................................. 272

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................... 273

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zielorientierung und wirkungsorientierten Mitteleinsatz statt Drehtüreffekte und Förderung unsicherer Kurzzeitjobs durch den Beschäftigungs­bonus – Ablehnung ...............................  262, 274

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1755 und 1760 d.B. ..................................... 274

Gemeinsame Beratung über

40. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regie­rungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Wirtschaftstreuhandberufe (Wirt­schaftstreuhandberufsgesetz 2017 – WTBG 2017) (1756 d.B.) .................................................................................................................... 274

41. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Genossenschaftsrevisionsge­setz geändert wird (1757 d.B.)                        275

42. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Re­gierungsvorlage (1668 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bilanzbuchhaltungsge­setz 2014 geändert wird (1758 d.B.)                275

Redner/Rednerinnen:

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 275

Peter Haubner ............................................................................................................. 275

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 276

MMag. DDr. Hubert Fuchs ......................................................................................... 277

Leopold Steinbichler .............................................................................................. ... 282

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 1756, 1757 und 1758 d.B. ................................ 283

43. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regie­rungsvorlage (1519 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz 2012, das Elektrizitätswirtschafts- und ‑organisationsgesetz 2010, das Gaswirtschaftsge­setz 2011, das KWK-Punkte-Gesetz und das Energie-Control-Gesetz geändert wer­den sowie das Bundesgesetz, mit dem zusätzliche Mittel aus von der Energie-Control Austria verwaltetem Sondervermögen bereitgestellt werden, erlassen wird (1527 d.B.)                284


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 16

Redner/Rednerinnen:

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................... 284

Mag. Josef Lettenbichler ........................................................................................... 286

Wolfgang Katzian ....................................................................................................... 287

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 288

Bundesminister Mag. Dr. Harald Mahrer ................................................................. 302

Ulrike Weigerstorfer ................................................................................................... 303

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 303

Leopold Steinbichler .................................................................................................. 304

Annahme des Gesetzentwurfes in 1527 d.B. ............................................................... 305

44. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über die Regierungsvorlage (1671 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das FTE Natio­nalstiftungsgesetz geändert wird (1677 d.B.)              ............................................................................................................................. 306

Redner/Rednerinnen:

Eva-Maria Himmelbauer, BSc ................................................................................... 306

Philip Kucher .............................................................................................................. 307

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ......................................................................................... 307

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 308

Dr. Karlheinz Töchterle ............................................................................................. 309

Bundesminister Mag. Dr. Harald Mahrer ................................................................. 310

Nurten Yılmaz ............................................................................................................. 311

Annahme des Gesetzentwurfes in 1677 d.B. ............................................................... 311

45. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über die Regierungsvorlage (1656 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Markenschutz­gesetz 1970, das Patentgesetz 1970, das Gebrauchsmustergesetz, das Halblei­terschutzgesetz, das Musterschutzgesetz 1990 und das Patentamtsgebührenge­setz geändert werden (1678 d.B.) .......................................... 311

Redner/Rednerinnen:

Konrad Antoni ............................................................................................................ 312

Mag. Josef Lettenbichler ........................................................................................... 312

Walter Bacher ............................................................................................................. 313

Bundesminister Mag. Jörg Leichtfried .................................................................... 313

Annahme des Gesetzentwurfes in 1678 d.B. ............................................................... 314

Gemeinsame Beratung über

46. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 2229/A der Abge­ordneten Anton Heinzl, Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 und das Unfalluntersu­chungsgesetz – UUG 2005 geändert werden (1734 d.B.)   ............................................................................................................................. 314

47. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 2230/A der Abge­ordneten Anton Heinzl, Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserstraßengesetz geändert wird (1735 d.B.)                                                                         314

48. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1657 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (1736 d.B.) ..................................................... 314

Redner/Rednerinnen:

Georg Willi .................................................................................................................. 314

Anton Heinzl ............................................................................................................... 318

Andreas Ottenschläger ....................................................................................  319, 328

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ......................................................................................... 320


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 17

Dietmar Keck .............................................................................................................. 321

Bundesminister Mag. Jörg Leichtfried ...........................................................  321, 328

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller .................................................................... 323

Mag. Günther Kumpitsch .......................................................................................... 324

Johann Singer ............................................................................................................ 324

Johann Rädler ............................................................................................................ 325

Barbara Rosenkranz .................................................................................................. 325

Michael Bernhard ....................................................................................................... 327

Entschließungsantrag der Abgeordneten Georg Willi, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Einhaltung des Flugbeschränkungsgebiets Wien, damit Landean­flüge über das Stadtgebiet wieder Ausnahme statt die Regel werden – Ableh-
nung .....................................................................................................................  316, 329

Entschließungsantrag der Abgeordneten Georg Willi, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend gesetzeskonforme Optimierung der Flugrouten im Großraum Wien – Ablehnung  317, 329

Entschließungsantrag der Abgeordneten Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend temporäre Aussetzung der Vignettenpflicht auf der A 22 im Ab­schnitt zwischen Stockerau Mitte und Stockerau Nord – Ablehnung ..............................................................................  326, 329

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 1734, 1735 und 1736 d.B. ................................ 329

49. Punkt: Bericht des Volksanwaltschaftsausschusses über den 40. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2016) (III-354/1759 d.B.) ............................................... 330

Redner/Rednerinnen:

Johann Hell ................................................................................................................. 330

Norbert Sieber ............................................................................................................ 331

Carmen Schimanek .................................................................................................... 331

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl .......................................................................................... 333

Dr. Nikolaus Scherak ................................................................................................. 334

Franz Kirchgatterer .................................................................................................... 335

Mag. Gertrude Aubauer ............................................................................................. 336

Christian Lausch ........................................................................................................ 337

Mag. Barbara Neuroth ............................................................................................... 337

Angela Fichtinger ....................................................................................................... 338

Katharina Kucharowits .............................................................................................. 339

Franz Leonhard Eßl ................................................................................................... 340

Volksanwalt Dr. Günther Kräuter ............................................................................. 340

Volksanwalt Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................ 341

Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek .......................................................................... 342

Entschließungsantrag der Abgeordneten Carmen Schimanek, Kolleginnen
und Kollegen betreffend zusätzliche Planstellen in der Volksanwaltschaft – Ab­lehnung  333, 343

Kenntnisnahme des Berichtes III-354 d.B. ................................................................... 343

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Peter Haubner, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Wohnbauförderungsbeitragsgesetz 2018 erlassen wird und das


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 18

Bundesgesetz über die Einhebung eines Wohnbauförderungsbeitrages, das Einkom­mensteuergesetz 1988 sowie das Finanzausgleichsgesetz 2017 geändert werden (2269/A)

Doris Bures, Karlheinz Kopf, Ing. Norbert Hofer, Mag. Albert Steinhauser, Mag. Dr. Matthias Strolz, Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Repu­blik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus geändert wird (2270/A)

Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Arbeitsverfassungsgesetz abgeän­dert werden (2271/A)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsge­setz mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, geändert wird (2272/A)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz mit dem das Mietrechtsgesetz 1981 und das Wohnungseigentumsgesetz 2002 – Wohnrechtsno­velle 2017 – geändert werden (2273/A)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend skandalös hohe Zahl an Flugstreichungen bei der AUA (13661/J)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend die Wohnbaufördermittel (13662/J)

Mag. Bernd Schönegger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Zuschüsse von Bundesmitteln für den Aus­bau des öffentlichen Verkehrs in Graz (13663/J)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Telefon-Blockaden und schwerwiegende Geschäftsstörungen – „Fake-Schlüs­seldienste“ (13664/J)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für In­neres betreffend Telefon-Blockaden und schwerwiegende Geschäftsstörungen – „Fake-Schlüsseldienste“ (13665/J)


 


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 19

09.05.36Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Doris Bures, Zweiter Präsident Karlheinz Kopf, Dritter Prä­sident Ing. Norbert Hofer.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich wünsche Ihnen einen schönen guten Morgen. Ich eröffne die 190. Sitzung des Natio­nalrates.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Ecker, Mühlberghuber, Schellhorn und Schenk.

*****

Ich gebe bekannt, dass diese Sitzung von ORF 2 bis 13 Uhr live übertragen wird. ORF III wird diese Sitzung in voller Länge übertragen, wobei jener Teil der Sitzung, der über 19.25 Uhr hinausgeht, zeitversetzt gesendet wird.

09.06.16Fragestunde

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zur Fragestunde.

Ich begrüße Herrn Bundesminister Mag. Doskozil. Die Fragestellungen durch die Da­men und Herren Abgeordneten werden von den beiden Rednerpulten im Halbrund aus vorgenommen, die Beantwortung durch den Herrn Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport vom Rednerpult der Abgeordneten aus.

Für die Anfrage- und Zusatzfragesteller ist jeweils 1 Minute Redezeit vorgesehen. Die Beantwortung der Anfragen soll 2 Minuten, jene der Zusatzfragen jeweils 1 Minute nicht übersteigen. Ich werde vor Ende der jeweiligen Redezeit darauf aufmerksam machen.

Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport

 


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen nun zur 1. Anfrage, jener des Herrn Abgeord­neten Pendl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Einen schönen guten Morgen! Herr Bundesminister! Ausgehend von einem einstimmigen Beschluss hier im Hause im No­vember des Jahres 2015 haben Sie mit der Bundesregierung eine Neubeurteilung der Sicherheitssituation vorgenommen und natürlich auch die notwendigen Maßnahmen für das österreichische Bundesheer eingeleitet.

Ich darf Sie fragen:

316/M

„Wie weit ist die Umsetzung der Heeresgliederung NEU vorangeschritten?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, es ist richtig, wir haben die Situation beim österreichi­schen Bundesheer neu beurteilt, intern neu beurteilt. Aufgrund der Situation allgemein,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 20

global, in Europa und in Österreich, haben wir eine Gliederung vorgenommen, die mit 1. Jänner dieses Jahres pro forma vorgenommen wurde, eine Gliederung, die sich im Wesentlichen darauf konzentriert, dass spezialisierte Verbände – vier Spezialisierun­gen – eingerichtet wurden, in weiterer Folge auch eine entsprechende Regionalität vor­gesehen ist. Das ist eine Regionalität in der Hinsicht, dass dadurch auch die Militär­kommanden gestärkt werden – die Militärkommanden dahin gehend gestärkt werden, dass ihnen eine konkrete Aufgabe zugewiesen wird, nämlich eine Aufgabe, bei der es darum geht, dass sie für den Grundwehrdienst Verantwortung zeigen, dass sie für die Miliz Verantwortung zeigen und dass im Wesentlichen auch die Aufgabe des Katastro­phenschutzes dorthin gelegt wird, wo sie zu erledigen ist, nämlich regional, vor Ort, zu den Militärkommanden.

Die Reform ist, wie gesagt, mit 1. Jänner dieses Jahres provisorisch durchgeführt wor­den und die Struktur provisorisch eingenommen worden. Wir sind jetzt in einer Phase, in der wir die Spitzenpositionen – sei es im Haus, sei es aber auch in den Nachord­nungen bei den Kommanden – ausgeschrieben haben, diese in weiterer Folge beset­zen werden.

Danach wird die Gliederung im Detail auch im Einvernehmen mit dem Bundeskanz­leramt, was die Organisationspläne, was die Dotierungen und Bewertungen der Plan­stellen per se betrifft, vorgenommen werden, sodass ich davon ausgehe, dass wir bis zum Ende des Jahres diese neue Organisationsform, Organisationsgliederung oder Or­ganisationsausrichtung des österreichischen Bundesheeres auf der einen Seite finali­sieren können.

Ich möchte aber auf der anderen Seite auch klar zum Ausdruck bringen, dass eine Strukturreform wie diese nicht damit abgeschlossen ist, sondern wir uns in weiterer Folge weitere Fragen stellen müssen: Fragen über innere Abläufe, Fragen über Be­schaffungsvorgänge. Wie sind die Zusammenhänge, passen diese inneren Abläufe? – Das wird der nächste Schritt sein müssen, um dann das Ziel, das wir uns eigentlich ge­setzt haben, und zwar in der Zentralstelle zu verschlanken, klare, strukturierte Abläufe zu haben, auch zu erreichen.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Pendl.

 


Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Bundesminister! Sie haben gerade ausgeführt, auch bei dieser Neuausrichtung wird die Miliz einen wichtigen Stellenwert einnehmen.

Meine Frage lautet: Wie weit sind die Maßnahmen, was die Miliz betrifft, ebenfalls be­reits eingeleitet worden?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Das österreichische Bundesheer ist von einer Systematik getragen, die nicht nur das Be­rufsheer, nicht nur die Berufssoldaten, sondern die natürlich auch die Komponente der Miliz, aber auch die Komponente der Grundwehrdiener betrifft. Abgerundet ist dieses Bild, glaube ich, ein wesentliches für das österreichische Bundesheer. Daher ist es ge­nauso wichtig, mit dieser Reform, die eine Weiterentwicklung für das Bundesheer be­deutet, auch die Miliz weiterzuentwickeln. Wir werden in der nächsten Zeit die ersten vier Milizbataillone ausrüsten und ausstatten, sodass sie auch adäquat ausgestattet sind und für ihre Aufgabenstellung entsprechend ausgerüstet sind.

Wir werden auch unsere Milizstärke von derzeit etwas über 25 000 Milizangehörigen bis 2025/2026 auf über 32 000 Milizangehörige steigern und eine Struktur einnehmen, dass wir die Aufgabenstellung, die wir der Miliz zuordnen und zuweisen, nämlich die Überwachung und die Aufgabenstellung kritische Infrastruktur, auch entsprechend wahr­nehmen können.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 21

Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 2. Anfrage, jener des Herrn Abge­ordneten Dipl.-Ing. Berlakovich. – Bitte.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Einen schönen guten Morgen! Meine Frage bezieht sich darauf, dass das österreichische Bundesheer derzeit im Zuge eines Auslandseinsatzes an der unga­risch-serbischen Grenze unterstützend tätig ist. Es werden dort Maßnahmen der huma­nitären Hilfe durchgeführt. Dabei erfolgt die Unterstützung im Sanitätsbereich allerdings durch Freiwillige des Arbeiter-Samariter-Bundes Österreichs, die für die Dauer der Ent­sendung mit befristetem Dienstvertrag aufgenommen werden.

Meine Frage lautet:

313/M

„Aus welchen Gründen hat das BMLVS Teile dieses Auslandseinsatzes an eine Ret­tungsorganisation ausgegliedert, ohne die eigenen Sanitätskapazitäten in Anspruch zu nehmen?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, wir haben im österreichischen Bundesheer derzeit die Si­tuation, dass wir sehr viele Soldaten – es sind in etwa 1 100 Soldaten – im Auslands­einsatz haben. Wir haben zusätzlich die Situation, dass wir gleichzeitig auch ungefähr 900 Soldaten im Inlandseinsatz im Assistenzeinsatz haben. Wir haben im österreichi­schen Bundesheer eine Situation, wo wir derzeit – auch aufgrund der Strukturmaßnah­men, aufgrund der Entwicklungen – vor allem im Personalbereich einen immensen Per­sonalzuwachs verzeichnen.

Nur um ein Beispiel zu nennen: Wir haben vor, bis 2020 insgesamt um 10 000 neue Mitarbeiter zu werben. Dieser Plan gelingt derzeit. Wir haben, nur für das heurige Jahr, bis zum jetzigen Zeitpunkt über 1 000 Aufnahmen. Und all diese Bereiche erfordern auch den Einsatz des Sanitätsdienstes in den verschiedensten Facetten.

Es ist unser grundsätzlicher Zugang, dass wir uns auch hinkünftig, wenn wir den Sani­tätsdienst und auch den militärärztlichen Bereich neu definieren wollen, nach außen öff­nen, dass wir Kooperationen eingehen. Das ist eine Facette, wo wir diese erste Koope­ration gemacht haben. Dies – ich sage das auch ganz offen – auch vor dem Hinter­grund, dass wir, was den militärärztlichen und den sanitätsdienstlichen Bereich betrifft, ebenso wie beispielsweise bei der Hubschrauberpilotenkomponente, derzeit in diesen Bereichen Nachholbedarf haben.

Aufgrund dieser allgemeinen Situation, aufgrund des hohen Anspruches auch in den ressourcentechnischen Bereichen wurde diese Variante für den Einsatz in Ungarn ge­wählt.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Berlako­vich.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Wenn ich richtig verstanden ha­be, heißt das, dass sozusagen die eigenen Kapazitäten um Kapazitäten ergänzt wur­den, wie in diesem Fall um jene des Arbeiter-Samariter-Bundes.

Mich würde interessieren, wie hoch die Kosten sind, die dem Bundesministerium durch diese Auslagerung der Unterstützung im Sanitätsbereich entstehen.

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 22

Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Die Kosten werden erst final abgerechnet werden. Wir haben jetzt den Einsatz in Ungarn noch bis zum Ende des Jahres verlängert. Ich gehe heute und jetzt davon aus, dass er durchaus nicht so lange dauern wird, weil es aufgrund der Tätigkeit vor Ort, aufgrund der Erfordernisse und Anforderungen vor Ort höchstwahrscheinlich witterungsbedingt bereits früher zu einem Ende dieses Einsatzes kommen wird.

Die prognostizierten Kosten für diesen Einsatz waren in etwa knapp unter 100 000 €. Aber eine detaillierte Abrechnung wird es erst am Ende dieses Einsatzes geben.

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Lueger.

 


Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Guten Morgen, Herr Minister! Du hast jetzt selbst in deiner Beantwortung gesagt, dass es gute Kooperationen gibt, auch mit dem Arbei­ter-Samariter-Bund und mit sämtlichen anderen Organisationen, gemeinsam mit dem Militär.

Meine Zusatzfrage dazu lautet: Kann sich daraus noch etwas mehr entwickeln? Wie siehst du die Zusammenarbeit? Gestaltet sich diese sehr positiv oder wäre da etwas ver­besserungswürdig?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Das österreichische Bundesheer lebt von Kooperationen, lebt international von Kooperatio­nen – unser größter Kooperationspartner ist beispielsweise Deutschland – und lebt auch in Österreich von Kooperationen.

Wir leben im Sanitätsbereich sehr intensiv von Kooperationen. Ich habe es schon an­gesprochen, wir werden und müssen uns im militärärztlichen Bereich, vor allem, was un­sere Militärspitäler betrifft, öffnen. Wir haben da gerade eine Kommission eingesetzt, die diese Öffnung auch gemeinsam mit Sozialversicherungsträgern beurteilt. Wenn wir andenken – was zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gelungen ist –, dass wir hinkünftig möglicherweise auch die eine oder andere, nicht die gänzliche, aber die eine oder an­dere Rolle auch im Bereich des Rettungshubschrauberwesens spielen wollen, dann müs­sen wir solche Kooperationen eingehen.

Ich bin sowohl in diesem Bereich, aber auch in vielen anderen Bereichen, wie zum Bei­spiel im Bereich des Katastrophenschutzes hin zu den Feuerwehren, ein Freund von Ko­operation. Ich glaube, das ist der richtige und wichtige Weg.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 3. Anfrage, jener des Herrn Abge­ordneten Dr. Bösch. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Für die Entwicklung des österreichischen Bundesheeres ist die personelle Frage eine entscheidende, und da vor allem auch die Entscheidung des jungen, tauglichen Wehrpflichtigen für den Wehrdienst.

Werden Sie sich für die Erhöhung der Geldleistungen für Grundwehrdiener, die derzeit bei circa 300 € liegt, auf das Niveau der Mindestsicherung von circa 800 € einsetzen?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 321/M, hat folgenden Wortlaut:

„Werden Sie sich für die Erhöhung der Geldleistungen, also Grundvergütung und das Monatsgeld, für Wehrpflichtige auf das Niveau der Mindestsicherung einsetzen?“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 23

Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, man kann jetzt auf den ersten Blick die Entschädigung be­ziehungsweise die Grundvergütung für Grundwehrdiener mit diesem Betrag nicht eins zu eins mit der Höhe der Mindestsicherung vergleichen.

Bei einem Grundwehrdiener sind natürlich in der Systematik, in der Tätigkeit des Ab­leistens des Grundwehrdienstes noch viele andere Facetten zusätzlich gegeben – Fa­cetten der Versorgung, Facetten der Unterkunft, Facetten der medizinischen Versorgung. Es muss da also auf der einen Seite eine gesamtheitliche Betrachtung angestellt wer­den.

Daher ist mir in diesem Zusammenhang der Vergleich mit Zivildienstleistenden lieber. Und diesen Vergleich, diese Berechnungsmodelle hat es ja eins zu eins gegeben. Es ist durchaus eine Überlegung, auch dieses Entgelt, diese Entschädigung entsprechend zu adaptieren. Das werden wir natürlich auch im Zusammenhang mit der Situation bei den Zivildienern – wenn, dann harmonisch – beurteilen müssen.

Aber um hier nur eine Größenordnung klar und deutlich zu deponieren: Wir haben für uns in Anspruch genommen, dass wir auch im Bereich der Grundwehrdiener eben mehr Grundwehrdiener beim Bundesheer haben wollen. Auch dieser Weg gelingt sukzessi­ve. Aber würden wir diese Entschädigungszahlungen in etwa um 100 € pro Monat er­höhen, dann bedeutet das für das Gesamtbudget des österreichischen Bundesheeres im Jahr 11 Millionen €. Diese Beurteilung muss nicht nur intern in weiterer Folge getrof­fen werden, sondern wird auch in Zusammenschau und im Zusammenspiel mit der Si­tuation der Zivildienstleistenden beurteilt werden müssen.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Bösch.

 


Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Herr Bundesminister! Im Bereich der Unteroffiziere hat sich nach der begrüßenswerten finanziellen Besserstellung für Neu­eintretende doch eine Diskrepanz zu bisherigen Laufbahnen ergeben. Im Bereich der Offiziere wird beklagt, dass die Anerkennung des akademischen Grades, der akademi­schen Ausbildung nicht analog zu anderen Ausbildungsgängen nach dem Bologna-Sys­tem zutrifft.

Sind Ihnen diese beiden Probleme bekannt? Haben Sie Maßnahmen dagegen ergrif­fen?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Mir sind diese beiden Probleme durchaus bekannt. Bezüglich des ersten Problems ist der erste Schritt ja in der Zusammenlegung der Unteroffiziere 1 und 2 gelungen. Mir ist durch­aus bewusst, dass wir hier in der Beurteilung, möglicherweise in der Gehaltsstufenpy­ramide, aber auch in anderer Art und Weise weitere Schritte gehen müssen. Wir sind derzeit im Verteidigungsressort damit befasst, auch in Abstimmung mit der Personalver­tretung natürlich, diese Dinge, aber auch viele andere Facetten, was das Gehaltsge­setz, was die Gehaltskluft zwischen – und das sage ich ganz offen – Angehörigen des Verteidigungsressorts, zwischen Soldatinnen und Soldaten und Polizistinnen und Poli­zisten betrifft, zu thematisieren. Es wird in Zukunft auch die Unterscheidung zwischen Auslandseinsatz und Inlandseinsatz, Assistenzeinsatz thematisiert werden müssen.

Mir ist auch die Situation der Truppenoffiziere bewusst, die in gewissen Bereichen eine akademische Ausbildung gemacht haben. Auch dazu haben wir einen Vorschlag vor­gelegt, den wir in der nächsten Legislaturperiode einbringen werden.

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Schabhüttl.

 


Abgeordneter Jürgen Schabhüttl (SPÖ): Frau Präsidentin! Guten Morgen, Herr Bun­desminister! Nachfolgend auf die Frage des Kollegen Bösch möchte ich wissen: Wie


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 24

stehst du generell zur allgemeinen Wehrpflicht? Und welche Zukunftsvisionen hast du für die Miliz?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Ich habe schon eingangs gesagt, unsere Systematik fußt auf drei Säulen: auf den Ange­hörigen des Ressorts, auf unseren Berufssoldaten, aber natürlich auch auf dem Miliz­system, und die dritte Basis ist der Grundwehrdienst. Ich bin überzeugt davon, dass dieser Weg der richtige ist. Also ich bin nicht bereit, in Zukunft über die Thematik Grund­wehrdienst zu diskutieren. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir in dieser Art und Wei­se den richtigen Weg für das österreichische Bundesheer eingeschlagen haben, denn genau dieser Grundwehrdienst bewirkt, dass wir zum einen auch die Miliz in weiterer Folge entsprechend befüllen können, die eine gewisse Aufgabenstellung und Wichtigkeit hat, und auf der anderen Seite aus dem Pool der Grundwehrdiener auch unseren Nach­wuchs rekrutieren können.

Man sieht es auch an europäischen Beispielen in anderen Ländern, etwa in Schweden, wo mit der Abkehr von der Berufsarmee wieder der umgekehrte Weg eingeschlagen wurde. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.) Auch in Deutschland wird das ak­tuell wieder diskutiert, daher bin ich überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 4. Anfrage, jener des Herrn Abge­ordneten Dr. Pilz. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Bundesminister, ich habe eine sehr einfa­che Frage:

319/M

„Was sind aus heutiger Sicht des BMLVS die größten Schwachpunkte in den Euro­fighter-Verträgen?“

Bitte nach zwei Stunden mit der Beantwortung aufzuhören.

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, ich muss Ihnen sagen: nach 2 Minu­ten, so sieht das nämlich die Geschäftsordnung vor. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Es ist jetzt natürlich im Nachhinein und mit dem Wissens­stand, den wir heute durch die Arbeit der Taskforce haben, viel leichter zu beurteilen, wie sich die Situation vielleicht nicht hätte ergeben sollen oder was vielleicht hätte bes­ser gemacht werden sollen.

In die Beurteilung spielt die Frage hinein, wie es mit der österreichischen Luftraum­überwachung weitergeht. Vor allem wenn man nicht nur die militärische Effizienz, son­dern auch den Kostenfaktor berücksichtigt, dann war es hier und jetzt für mich ganz einfach im Jahr 2002 die falsche Entscheidung, Richtung Eurofighter zu gehen, die fal­sche Entscheidung, dieses teure Fluggerät anzuschaffen, die falsche Entscheidung – und das muss sicherlich noch hinterfragt werden, auch in den Beurteilungen der Ver­träge, in den Auswertungen der Verträge –, dass man in weiterer Folge die Betriebs­kosten überhaupt nicht berücksichtigt hat.

Auf der anderen Seite muss man auch sagen, dass zu beiden Zeitpunkten, sowohl 2002 als auch 2007, aus unserer Sicht und aufgrund der Unterlagen und Daten, die wir im Zuge dieser Untersuchungen von Airbus bekommen haben, klar war, dass es nie­mals, zu keinem Zeitpunkt, möglich gewesen wäre, den eigentlichen Vertragsgegen­stand, nämlich die Lieferung der Tranche 2, auch tatsächlich zu realisieren. Ich gehe da-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 25

von aus, dass dieses Täuschungsmoment auch 2007 noch vorhanden war. Natürlich war es unter diesem Aspekt und mit diesem Wissen falsch, diesen Vergleichsvertrag zu schließen. Der Vergleichsvertrag wurde aber geschlossen.

Die Frage, die sich nun stellt, ist: Wie kommen wir aus diesen Verträgen wieder he­raus? – Wir haben die Tatsachen und Fakten klar auf den Tisch gelegt. Aus meiner Sicht sind es im Wesentlichen zwei Anhaltspunkte: auf der einen Seite die Lieferunfähigkeit von Airbus, das klare Täuschen der Handlungsträger und Verantwortlichen des Res­sorts oder der Republik Österreich, und auf der anderen Seite – auch klar dokumen­tiert – die Einpreisung von 183 Millionen €, die eigentlich mit dem Kaufgegenstand nicht in Verbindung zu bringen sind.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Bundesminister! 2002 Typenentscheidung, 2003 Kaufvertrag, das waren damals Entscheidungen einer ÖVP-FPÖ-Regierung. In­zwischen – damals nicht, aber inzwischen, da haben Sie vollkommen recht – sind wir in der Lage, die daraus entstandenen Schäden für die Republik Österreich zu berech­nen: das teuerste Flugzeug gekauft, die Betriebskosten nicht eingepreist, und, und, und.

Ist das Bundesministerium für Landesverteidigung bereit, die Schäden, die der Repu­blik Österreich aus dem damaligen Kaufvertrag 2003 entstanden sind, zu berechnen und diese Berechnung dem Parlament vorzulegen?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Ich glaube, wir haben durch diese Strafanzeige, auch durch die Beteiligung als Privatbe­teiligter in diesen Verfahren, klar und deutlich dokumentiert, dass wir bereit dazu sind, den kompletten Sachverhalt aufzuklären, dass wir bereit dazu sind, auch durch unsere Aktenvorlage an den Untersuchungsausschuss maximal zu kooperieren und den Sach­verhalt in jeder Hinsicht aufzuklären. Diese Bereitschaft besteht. Wir sind natürlich be­reit dazu, dass wir den Schaden, der entstanden ist, auch im Sinne des österreichi­schen Steuerzahlers, im Sinne des österreichischen Bundesheeres wiedergutmachen wollen. Wir wollen diesen Schaden kompensiert bekommen, wir wollen, dass Airbus die­se Schadenssumme wieder an die Republik Österreich refundiert. Die Schritte dazu ha­ben wir eingeleitet. Die Berechnungen, die in weiterer Folge stattzufinden haben, wer­den entsprechend durchgeführt, und die Verfahren werden mit Nachdruck geführt.

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Steinbichler.

 


Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Frau Präsident! Herr Minister! An­schließend an die Frage des Kollegen Pilz: Gibt es seitens deines Ministeriums von den Experten Schätzungen oder Berechnungen, die man für solche Forderungen verwen­den kann, Schätzungen oder Berechnungen für diese Ausfälle durch diese Schlechter­stellung mit diesem Vergleich?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Wir ha­ben gezeigt, dass wir im Bereich der Strafanzeige den Betrag, den ich schon genannt habe, der eingepreist wurde, der nicht originär und ursprünglich dem Kaufgegenstand zu­zurechnen ist, diese 183,4 Millionen €, natürlich als Schaden geltend machen werden. Wir haben klar dokumentiert, dass wir durch die Typenentscheidung, durch die Betriebs­kosten, durch den Faktor, dass in weiterer Folge dieses Täuschungselement vorhan­den ist, nach wie vor auf Tranche 1 fahren und auch dazu gezwungen werden, die Up­dates, die Upgrades in Richtung Weiterentwicklung auf Tranche 2 selbst zu tragen.

Auch diesen Schaden haben wir zu beziffern versucht. Es wird aber ad hoc nicht mög­lich sein, in weiterer Folge den Schaden zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 26

zu beziffern, weil der Schaden täglich größer wird. Mit jedem Tag wird der Schaden größer, wir müssen in weiterer Folge definieren, welche Schritte wir parallel dazu set­zen müssen, wenn es um die Frage der Zukunft der aktiven Luftraumüberwachung geht. Ich sage jetzt nur ein Stichwort: Nachbeschaffung Saab 105. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.) Aus diesem Aspekt heraus wird die Schadensberechnung ein flie­ßender Prozess sein.

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Hammer.

 


Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie haben ja bereits bei der Anzeige der Task Force Eurofighter angekündigt, bis Ende Ju­ni ein neues Strategiekonzept über die Luftraumüberwachung in Österreich vorzulegen. Wir haben jetzt den 29. Juni. Gibt es schon ein Papier Ihrer Experten? Welche Empfeh­lungen gibt es? Und welche werden Sie dem Parlament übermitteln, und wann?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Wir haben im Zuge der Aufarbeitung dieser Causa mehrere Dinge angekündigt, unter an­derem auch, bis Ende Mai unser Verhalten, was zukünftige Beschaffungsvorgänge be­trifft, klar auf den Tisch zu legen. Das bedeutet in diesem Zusammenhang in dieser Aus­prägung wie davor keine Gegengeschäfte, keine Waffenlobbyisten mehr im Bereich der Kaufabwicklungen und Beschaffungsvorgänge in der Zuständigkeit des Verteidigungsres­sorts.

Und wir haben, wie Sie sagen, angekündigt, dass wir die aktive Luftraumüberwachung neu definieren. Der Bericht wird mir diese Woche noch vorgelegt werden. Der Bericht wird auch nächste Woche öffentlich gemacht, und er wird eine Entscheidung beinhal­ten, wie es mit der aktiven Luftraumüberwachung weitergeht, und sich vor allem mit der Frage beschäftigen, welches Modell sinnvoll ist. Ist ein Umstieg sinnvoll? Ist es sinnvoll, beim Eurofighter zu bleiben? Diese Antworten werden nächste Woche gegeben werden.

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Brückl.

 


Abgeordneter Hermann Brückl (FPÖ): Frau Präsident! Herr Bundesminister, guten Mor­gen! Herr Bundesminister, es ist mittlerweile augenscheinlich geworden, dass die Do­kumentation der Vorgänge rund um die Vergleichsverhandlungen, die der damalige Bun­desminister Darabos geführt hat, sehr lückenhaft ist. Wie sieht es jetzt im Hinblick auf die Dokumentation rund um die Taskforce, im Hinblick auf Transparenz und Nachvoll­ziehbarkeit der Vorgänge, aus?

 


Präsidentin Doris Bures: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Wir haben, und das haben wir, glaube ich, auch dokumentiert, sämtliche Unterlagen, die in der Taskforce verwendet wurden, sämtliche Unterlagen, die beschafft wurden, sämtli­che Erhebungsergebnisse, sämtliche Beurteilungen der Taskforce, mögliche Gutach­ten, die durch die Taskforce eingeholt wurden, die Schritte, die in weiterer Folge gesetzt wurden, dokumentiert. Das alles ist in unserem Haus dokumentiert, und wir haben auch lückenlos alle Unterlagen, die zum Untersuchungsgegenstand des Untersuchungsaus­schusses notwendig und erforderlich sind, die an den Untersuchungsausschuss gelie­fert werden müssen, überbracht, und wir haben diese Dokumentation, was die Arbeit der Taskforce betrifft, seit Beginn der Taskforce und mit ihrer Intensivierung im letzten Jahr lückenlos aufliegen.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 5. Anfrage, jener des Herrn Abge­ordneten Dr. Hable. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Die Seeoperation „Sophia“ hat die Aufgabe, Menschenhandel zu stoppen und Waffenliefe-


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rungen nach Libyen zu unterbinden. Letztes Jahr hat es dazu einen Ausschussbericht des britischen Parlaments gegeben, der dieser Mission ein sehr schlechtes Zeugnis aus­gestellt hat. Seitdem ist die Operation „Sophia“ immer wieder in Kritik geraten, sie er­fülle ihre Aufgaben nicht und könne das auch nicht, insbesondere solange es keine Un­terstützung durch eine stabile libysche Regierung gebe.

Vor diesem Hintergrund und auch vor dem Hintergrund, dass das österreichische Bun­desheer diese Operation mit 15 Soldaten des Jagdkommandos verstärkt, möchte ich Ihnen folgende Frage stellen:

324/M

„Inwiefern tragen Sie auf europäischer Ebene durch konkrete Beiträge dazu bei, dass die EU-Seeoperation ,Sophia‘ effektiver gestaltet wird oder die dafür eingesetzten Mit­tel für effektivere Maßnahmen im Sicherheits- beziehungsweise Verteidigungsbereich eingesetzt werden?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, die Situation um die Mittelmeerroute ist aus unserer Sicht klar, und ebenso, wie sie zu beurteilen ist. Wir sehen es ja täglich an den Zahlen, an den Anlandungen in Europa.

Die Wege, die in weiterer Folge beschritten werden müssen, um diese Migrationsthe­matik in den Griff zu bekommen, müssen jedenfalls europäische Wege sein. Es gibt kla­re Vorschläge, wie man der Situation in weiterer Folge begegnen kann, sprich Verfah­renszentren außerhalb der Europäischen Union. Das würde bedeuten, dass wir nach europäischen Maßstäben, nach den Grundsätzen der Genfer Flüchtlingskonvention, mit europäischen Beamten die Asylfrage in diesen Verfahrenszentren klären. Das hätte aus meiner Sicht auch den Effekt, dass es in weiterer Folge keine Überfahrten mehr über das Mittelmeer gibt.

Ich bin durchaus der Meinung, dass die Erwartungen, die in die Mission „Sophia“ ge­legt wurden – Grenzschutz einerseits, Bekämpfung des Waffenschmuggels anderer­seits –, nicht erfüllt werden können, auch deshalb, weil es einerseits eine Seegrenze ist, die sehr, sehr viel schwieriger zu beschützen ist als eine Landgrenze, und wir uns andererseits mit Libyen einem Staat gegenübersehen, der zwar eine Zentralregierung hat, aber ohne Territorialgewalt, wo es Krisensituationen gibt, wo es Bürgerkrieg gibt, der also kein Partner ist und auch in weiterer Folge keiner sein kann. Aber – und dazu müssen wir uns auch bekennen – wenn es eine humanitäre Situation im Mittelmeer gibt, wenn Menschen zu ertrinken drohen, dann müssen diese Menschen auch gerettet wer­den, und es muss ihnen geholfen werden.

 


Präsidentin Doris Bures: Möchten Sie eine Zusatzfrage stellen? – Bitte, Herr Abgeord­neter.

 


Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Bundesminister, Sie haben Verfahrens­zentren außerhalb der Europäischen Union angesprochen. Können Sie das noch kon­kretisieren? Wo können und sollten solche Verfahrenszentren sein? Wie würden die ju­ristisch und praktisch umgesetzt werden?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Ich möchte vorausschicken, dass es nicht unüblich ist und auch in der Vergangenheit nicht unüblich war, die Frage der Zuerkennung eines Asylstatus außerhalb eines Staates zu beurteilen, außerhalb der Europäischen Union zu beurteilen. Wir hatten in der Vergan-


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genheit auch schon eine derartige Situation. Ich darf nur an das sogenannte Botschafts­verfahren erinnern, in dem auch die Asylfrage beantwortet wurde.

Verfahrenszentren außerhalb der Europäischen Union können natürlich nur dort ein­gerichtet werden, wo es die Situation vor Ort erlaubt, können nur in einer Art und Wei­se betrieben werden, dass dies beispielsweise mit UNHCR erfolgt, dass wir dort nach europäischen Standards, wie gesagt, nach Maßgabe und Maßstäben der Genfer Flücht­lingskonvention, diese Asylfrage mit europäischen Beamten vor Ort klären. Das müss­ten die Voraussetzungen für ein Verfahrenszentrum sein.

Wenn man jetzt vergleicht, wie weit die Diskussion in Brüssel ist, dann muss man auch klar sagen, dass ein derartiges Verfahrenszentrum kurzfristig nicht realisierbar sein wird.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 6. Anfrage, jener der Frau Abgeord­neten Weigerstorfer. – Bitte.

 


Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer (STRONACH): Guten Morgen, Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Frage ergeht an Sie als Sportminister und betrifft die Fördergelder in Höhe von mehreren Millionen, die die Multifunktionshalle, das Multiversum Schwechat erhalten hat. Im Fördervertrag ist detailliert aufgeschlüsselt, dass dort 30 Jahre lang Tischtennis gespielt werden muss. Wir wissen: De facto wird dort nicht mehr Tischten­nis gespielt.

Jetzt die Frage an Sie:

323/M

„Werden Sie als zuständiger Sportminister die bis dato ausbezahlten Fördergelder an die vom Bund mit mehreren Millionen Euro geförderte Multifunktionshalle ‚Multiversum Schwechat‘ von der Gemeinde Schwechat zurückfordern, da in dieser definitiv nicht mehr Tischtennis gespielt wird, obwohl an diesem Standort laut Fördervertrag zumindest für 30 Jahre der Tischtennisbetrieb aufrechterhalten werden müsste?“

Wie gehen Sie mit diesem Fall um? Wie haben Sie vor, in dieser Angelegenheit zu agieren?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, ich glaube, die Causa Multiversum Schwechat ist allgemein bekannt. Es gab im Zuge der Errichtung in Verbindung mit diesem Tischtenniszentrum eine Förderzusage des Ressorts in der Höhe von 7,8 Millionen €. Es wurden tatsäch­lich 2,9 Millionen € an Förderungen ausbezahlt, und wir haben jetzt zusätzlich zu die­sem Umstand, den Sie richtigerweise genannt haben, dass vor Ort kein Tischtennis mehr gespielt wird, die Situation, dass es strafgerichtliche Erhebungen gibt, die sich dem Grunde nach mit den Fragen beschäftigen: War diese Art und Weise der Förderungen überhaupt zulässig?, Gab es aus sportrechtlicher Sicht auch diese Bundesrelevanz?, et cetera.

Das heißt, für die Rückforderung der Mittel gibt es zwei Ansätze. Der eine Ansatz ist jener, dass natürlich aufgrund der Vertrags- und Fördervertragssituation die Mittel ent­sprechend zurückzufordern wären und auch sind. Und auf der anderen Seite, wenn dem Grunde nach a priori durch ein strafgerichtliches Verfahren überhaupt kein Förder­gegenstand und kein Fördergrund festgestellt werden würde, sind aus meiner Sicht – und das ist meine persönliche Beurteilung – höchstwahrscheinlich die Fördermittel zur Gänze zurückzufordern.

Dieser Faktor ist uns klar und bekannt, er wird derzeit intern geprüft, wird in weiterer Fol­ge, um auch rechtlich sicher und konsequent voranzuschreiten, der Finanzprokuratur über-


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geben, die uns in diesem Verfahren und im Bereich der Rückforderung der Mittel beglei­ten und vertreten wird.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete? – Nein.

Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Gamon, bitte.

 


Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Ich möchte an das Sport­förderthema anschließen. In § 25 Abs. 2 Z 2 des Entwurfs für das Bundes-Sportförde­rungsgesetz vom 4. April war als eine von fünf Unvereinbarkeitsbestimmungen vorge­sehen, dass Mitglieder eines Leitungsorgans von Fördernehmern nicht der Kommis­sion für den Leistungs- und Spitzensport und der Kommission für den Breitensport an­gehören dürfen. Warum wurde ausgerechnet diese Unvereinbarkeitsbestimmung aus dem Initiativantrag des BSFG 2017 herausgenommen?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Wir haben uns in der Neubeurteilung, in der neuen organisatorischen und Ablaufbeurtei­lung der Vergabe der Fördermittel auch mit der Frage zu beschäftigen gehabt: Ist durch eine GmbH, die Vertreter des Sports in diesen Fragen ausschließt, die Sportautonomie gefährdet oder nicht?

Wir haben den Weg gewählt, auch im Einvernehmen mit den Verbänden, mit den Fach­verbänden, mit den Vertretungsorganisationen, auch mit den Dachverbänden, dass wir eine Kommission einrichten, die aber nicht allein beurteilen darf, wie viele Fördermittel an welchen Verband vergeben werden sollen, sondern diese Frage in Abstimmung mit der Geschäftsführung zu beurteilen hat.

Wenn es da keine Einigung gibt, wenn in weiterer Folge auch durch den Aufsichtsrat keine Einigung in der derartig strittigen Frage, ob eine Förderung oder in welcher Höhe eine Förderung gewährt wird, herbeigeführt werden kann, dann wird es keine Förde­rung geben. Das bedeutet, dass nicht ausschließlich die Vertreter des Sports über die Förderung entscheiden können, aber eine gewisse Mitsprache aus meiner Sicht zumut­bar und auch richtig ist.

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Sieber.

 


Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Minister! Dornbirn, ja eigent­lich ganz Vorarlberg ist stolz darauf, dass nach 2007 die Weltgymnaestrada auch 2019 wieder in Vorarlberg, in Dornbirn, stattfinden wird. Dornbirn hat sich gegen Mitbewerber wie Oslo, Stockholm und Leipzig durchgesetzt. Dies ist eine Veranstaltung mit über 22 000 Teilnehmern, so viele waren es zumindest im Jahr 2007, das stellt natürlich die Veranstalter vor ordentliche Herausforderungen.

Ich habe nun auf der Homepage gelesen, dass auch das Ministerium, dass Ihr Haus als Unterstützer und Partner tätig ist. Meine Frage, Herr Minister: In welcher Form lau­fen die Gespräche, und in welcher Form wird Ihr Haus diese Veranstaltung unterstützen?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Wir haben derzeit die grundsätzliche Herausforderung, dass wir betreffend die Vergabe von Fördermitteln, insbesondere was Infrastruktur et cetera betrifft – ich habe es vorhin im Zu­sammenhang mit dem Multiversum Schwechat schon erwähnt –, gesetzliche Rahmen­bedingungen vorfinden, an die wir uns halten müssen. Das heißt, es muss für gewisse infrastrukturelle Förderungen beispielsweise auch eine grundsätzliche bundessportre­levante Notwendigkeit bestehen; das ist jedenfalls gegeben, wenn es zum Beispiel um Weltmeisterschaften, Olympiaden et cetera geht, das ist bei einer derartigen Veranstal­tung, die im Wesentlichen eine Breitensportveranstaltung ist, natürlich genau zu beur­teilen.


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Wir haben für uns in rechtlicher Hinsicht einen Weg definiert, wie wir aus gewissen Ge­sichtspunkten diese Veranstaltung unterstützen können, weil ich davon überzeugt bin, dass es sportpolitisch eine wichtige Veranstaltung ist. Wir werden diese Unterstützung und diese Förderzusagen in finanzieller Hinsicht, die eigentlich auch schon gemacht wurden – der Veranstalter weiß Bescheid –, auch tatsächlich umsetzen, weil ich, wie ge­sagt, davon überzeugt bin, dass es der richtige Weg ist, sich nicht immer nur auf Groß­veranstaltungen wie Weltmeisterschaften oder Olympiaden zu konzentrieren, was ja wichtig ist, sondern den Sportgedanken und Sportveranstaltungen auch in die Breite zu bringen.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 7. Anfrage, jener des Herrn Abge­ordneten Weninger. – Bitte.

 


Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Herr Bundesminister, ich möchte noch ein­mal zur Eurofighter-Diskussion zurückkommen, die uns jetzt im Untersuchungsausschuss beschäftigt. Rund um diesen grottenschlechten Grundvertrag von 2003 haben sich ei­ne Reihe teilweise skurriler Lobbyisten bewegt. (Abg. Rädler: Darabos!) Sie haben jetzt eine Strafanzeige eingebracht.

Meine Frage lautet:

317/M

„Was war der Arbeitsauftrag der Task Force Eurofighter?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Ich habe am Beginn meiner Amtstätigkeit eine Situation vorgefunden (Zwischenruf des Abg. Neubauer), in der ich natürlich mit der bis dorthin erfolgten Arbeit der Taskforce kon­frontiert beziehungsweise auch darüber informiert worden bin. Es wurden bis dorthin entsprechende Informationen eingeholt, es wurde an und für sich ein Datenbestand an­gelegt, in weiterer Folge wurden aber die intensiven Untersuchungen nicht in jener Dich­te vorgenommen, wie ich mir das vorstelle oder vorgestellt habe. Gleichzeitig standen wir, wie auch gegenwärtig, vor der Situation, die Frage der aktiven Luftraumüberwachung, insbesondere was die Nachbeschaffung Saab 105 betrifft, zu beurteilen.

Ich bin ganz einfach der Überzeugung, dass es einerseits wesentlich und wichtig ist, solche Sachverhalte aufzuklären, auf den Tisch zu legen und zutage zu bringen, und dass wir andererseits nicht in einen Beschaffungsvorgang gehen können, um mögli­cherweise wieder ein Fluggerät anzuschaffen, ohne die Dinge, die sich rund um Euro­fighter zugetragen haben, aufgeklärt zu haben. Daher war es aus meiner Sicht der rich­tige Weg, diese Taskforce zu verstärken, um externe Experten, um externe Rechts­experten, auch internationale Rechtsexperten zu verstärken, auch das angloamerikani­sche Recht – das erweist sich jetzt als richtig – entsprechend zu beurteilen, um ganz ein­fach in weiterer Folge Aufklärung zu liefern.

Der Arbeitsauftrag war ganz klar: sämtliche Daten und Unterlagen zu beschaffen, so­weit es rechtlich möglich ist, die Beurteilungen und rechtlichen Beurteilungen zu tref­fen, ob wir in weiterer Folge noch eine Möglichkeit haben, aus diesem Vertrag auszu­steigen. Das Ergebnis wurde durch die Strafanzeige und durch den Anschluss als Pri­vatbeteiligter dokumentiert.

 


Präsidentin Doris Bures: Möchten Sie eine Zusatzfrage stellen? – Bitte, Herr Abge­ordneter Weninger.

 


Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Die politische Lehre rund um die Eurofigh­ter-Anschaffung kann ja nur sein, dass es in Zukunft mehr Transparenz und keine Ge­gengeschäfte mehr gibt, so wie Sie das angekündigt haben.


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Es geht aber grundsätzlich auch darum, wie die Luftraumüberwachung in Österreich zu­künftig sichergestellt werden kann. – Was sind diesbezüglich Ihre Pläne?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Das ist richtig. Es ist durchaus öfter so, dass beim österreichischen Bundesheer Beschaf­fungen in größeren Kategorien getätigt werden, und wir haben beim österreichischen Bundesheer derzeit eine Situation, in der wir auch vonseiten der Bevölkerung einen ge­wissen Vertrauensvorschuss haben. Wir müssen jeden Tag daran arbeiten, dieses Ver­trauen zu rechtfertigen, und da darf es hinkünftig bei Beschaffungsvorgängen nicht mehr zu solchen Vorgängen kommen, wie es beim Eurofighter der Fall war. Auf der anderen Seite müssen wir jetzt diese Frage beurteilen.

Wir bekennen uns ganz klar zur aktiven Luftraumüberwachung, wir bekennen uns auch ganz klar zu einer effektiveren aktiven Luftraumüberwachung. Es ist aus meiner Sicht, wenn man diese Aufgabe ernst nimmt, nicht zu rechtfertigen, dass wir in der Nacht die­se Aufgabe möglicherweise nicht erledigen können; aber – und das ist die andere Fa­cette, und deshalb auch diese Beurteilung – wir müssen auch im Sinne des Ressorts, im Sinne des Steuerzahlers beurteilen, wie sie am kostengünstigsten stattfinden und er­folgen kann.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 8. Anfrage, das ist jene der Frau Ab­geordneten Durchschlag. – Bitte.

 


Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Frau Präsidentin! Guten Morgen, Herr Bun­desminister! Gemäß Übungs- und Ausbildungsplan des Bundesministeriums für Lan­desverteidigung beteiligt sich das österreichische Bundesheer ja immer wieder an Übun­gen im Rahmen der NATO-Partnerschaft für den Frieden. Dabei kommt es allerdings, und das ist ja auch den Medien zu entnehmen, in jüngster Zeit vermehrt zu Problemen.

Meine Frage lautet:

314/M

„Was werden Sie unternehmen, um die angekündigte und dem Vernehmen nach be­reits begonnene Blockade der Teilnahme von Kräften des österreichischen Bundes­heeres an NATO PfP-Übungen und in weiterer Folge von derartigen Einsätzen wieder zu beenden?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Die Situation rund um diese Blockadehaltung der Türkei uns, Österreich, gegenüber ist bekannt. Die Situation hat in den letzten Wochen jene Facet­te bekommen, dass die PfP-Staaten nicht mehr gemeinsam, so wie in der Vergangen­heit, in den Kooperationen, in den Übungsabläufen mit der NATO, sondern einzeln be­urteilt werden. Das bietet nun der Türkei die Möglichkeit, Österreich als Partnerstaat für den Frieden allein zu blockieren und die anderen Partnerstaaten für den Frieden damit nicht zu belasten.

Das ist jetzt die Ausgangssituation. Aufgrund dieser Situation ist es aber nicht so, dass laufende Einsätze gefährdet sind. Also sämtliche Einsätze, in denen wir vertreten sind, Auslandsmissionen vor allem am Balkan, die uns ja wichtig sind, sind davon nicht be­troffen, sind auch nicht gefährdet, weil die Beendigung eines Einsatzes nicht einseitig er­folgen kann, sondern mehrheitlich erfolgen muss. Daher besteht kein Handlungsspiel­raum, uns in dieser Rolle zu blockieren.


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Auf der anderen Seite ist es richtig, wenn es entsprechende Übungen gibt, müssen wir mittelfristig, langfristig auch danach trachten, unsere Zertifizierungen entsprechend zu erneuern, um eben bei Einsätzen teilnehmen zu können. Da werden wir derzeit blo­ckiert, da gibt es auf der einen Seite Gespräche und Lösungswege, dass wir diese Zer­tifizierungen auch auf anderen Wegen erhalten könnten. Auf der anderen Seite ist aber auch die NATO, allen voran NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, sehr bemüht, die­se Blockadehaltung zu beenden. Ich gehe davon aus, dass die entsprechenden Ge­spräche – nicht jetzt, vielleicht auch nicht kurzfristig, aber doch – zu einem Ergebnis füh­ren werden, dass wir wieder vollwertiger Partner in dieser Partnerschaft für den Frieden sein werden.

 


Präsidentin Doris Bures: Möchten Sie eine Zusatzfrage stellen? – Bitte, Frau Abge­ordnete Durchschlag.

 


Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Sie haben ja sicher über diese doch sehr unerfreuliche und unbefriedigende Situation mit Vertretern anderer Mitglieder der NATO-Partnerschaft für den Frieden Kontakt aufgenommen und intensive Gespräche ge­führt. – Können Sie sagen, welche Staaten welche Positionen vertreten und wer so quasi die Position Österreichs mitträgt? (Abg. Weninger: ... Außenminister!)

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Wir haben diese Gespräche natürlich geführt. Wir sehen im Verbund der NATO-Staaten, auch der europäischen NATO-Staaten, durchaus über einen gewissen Zeitraum hinaus das Ansinnen der Türkei, uns in dieser Art und Weise, wie es jetzt passiert, zu blo­ckieren – das ist ja schon länger so, das ist ja nicht von heute auf morgen entstanden. Es gibt sehr viele Staaten, wie etwa Deutschland, Ungarn, Slowenien oder auch Grie­chenland, um nur ein paar zu nennen, die uns da massiv unterstützt haben, die immer wieder, mehrfach ein Veto gegen diese Vorgehensweise der NATO eingelegt haben. Mir war schon bewusst, dass in dieser globalpolitischen Situation, betrachtend die Si­tuation in Syrien, die Rolle der Türkei in Syrien, eine derartige Blockade in einem Grö­ßenschluss in diesem Zusammenhang beziehungsweise ein derartiges Veto solcher Staaten nicht auf Dauer haltbar sein wird. Das Ergebnis sehen wir jetzt, und wir müs­sen bemüht sein, diesbezüglich eine Änderung herbeizuführen.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 9. Anfrage, das ist jene des Herrn Abgeordneten DDr. Fuchs. – Bitte.

 


Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Bedauerlicherweise hat Finanzminister Schelling voriges Jahr alles unternom­men, damit das Bundesheer nicht über das gesamte Landesverteidigungsbudget verfü­gen konnte. Von den in der BFG-Novelle 2016 im Wege einer Überschreitungsermäch­tigung vorgesehenen 196 Millionen € hat Finanzminister Schelling rund 80 Millionen € einfach gestrichen und nicht ausbezahlt.

Ich komme zu meiner Frage:

322/M

„Inwieweit stehen dem österreichischen Bundesheer zurzeit bereits im Rahmen des Be­schlusses des Budgets 2017 beziehungsweise davor oder danach fix zugesagte finan­zielle Mittel nicht mehr zur Verfügung?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bit


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te.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich muss auch bei dieser Frage vorausschicken, dass wir durch den Budgetrahmen, durch den Budgetpfad, den wir bis 2020 beschreiten, beim ös­terreichischen Bundesheer schon jetzt eine Situation haben, in der ein klarer Weg vor­gezeichnet ist.

Das können wir derzeit auch dokumentieren durch den Personalaufwuchs – der muss ja auch budgetär bedeckt werden –, das können wir dokumentieren durch den Zulauf an zusätzlicher Mobilität, auch das muss budgetär bedeckt werden. Auch der Nichtver­kauf der Kasernen muss budgetär kompensiert werden. Die persönliche Schutzausrüs­tung, die Schritt für Schritt zuläuft, muss budgetär bedeckt werden. – Also es ist ein kla­rer Budgetpfad, der da beschritten werden kann.

Ich möchte an dieser Stelle auch betonen, dass die Zusammenarbeit mit dem Finanz­ministerium in diesen Fragen, vor allem was das Budget, den Budgetrahmen betrifft, ausgezeichnet ist. Es stimmt aber, wir haben im letzten Jahr konkret 79,6 Millionen € nicht abrufen können, aus zweierlei Gründen: zum einen, weil wir ganz einfach nicht Gelder in der vor dem Hintergrund der Erfahrungen im Zuge der Migrationskrise im Jahr 2015 prognostizierten Höhe benötigt haben, was die Unterstützungsleistungen des österreichischen Bundesheeres betrifft, aber auch was den Assistenzeinsatz be­trifft. Wenn wir Budgetmittel nicht benötigen, dann ist es, glaube ich, auch richtig, dass wir diese nicht abrufen. Und es ist richtig, dass es uns nicht gelungen ist, ein Drittel dieses Ansatzes von 79,6 Millionen € im Einvernehmen mit dem Finanzministerium ei­ner Mittelverwendung zuzuführen.

Wir sind bemüht, dass das dieses Jahr nicht mehr passiert, und wir werden noch in diesem Monat, möglicherweise in der ersten Juliwoche, alle entsprechenden Anträge, was wir im Bereich Beschaffung vorhaben, übermitteln. Ich gehe davon aus, dass wir mit dem Finanzministerium diesbezüglich auch Einvernehmen herstellen können.

 


Präsidentin Doris Bures: Möchten Sie eine Zusatzfrage stellen? – Bitte, Herr Abge­ordneter DDr. Fuchs.

 


Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehen Sie nach Ihren bisherigen Er­fahrungen als Bundesminister gemessen an Ihrer Heeresreform bei der Planstellenbe­setzungsverordnung einen Handlungsbedarf?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Wir haben in diesem Bereich eine Situation, in der wir natürlich in einem Wechselspiel mit dem Bundeskanzleramt die Organisationspläne, die Dotierungen der Planstellen, in wei­terer Folge auch die Ausgestaltung der Planstellen, ob zivil oder militärisch verwendet, diskutieren und verhandeln müssen. Wir haben diese Diskussionen im ersten Halbjahr geführt. Es wurden, das muss man sich beispielsweise in dieser Größenordnung vor­stellen, 8 000 neue Planstellen beschrieben und die neuen Org-Pläne übermittelt.

Wir sind in diesem Zeitfenster, und ich glaube, das ist durchaus positiv, so weit, dass wir jetzt mit den Ausschreibungen der Spitzenfunktionen in den Kommanden und auch in der Zentralstelle in die Umsetzungsphase kommen. Dass es natürlich immer Verbes­serungsmöglichkeiten gibt, wenn man miteinander verhandelt, wenn man Wünsche hat, wenn man auf Strukturen Bedacht nehmen will, wenn man auf andere Dinge Bedacht nehmen will, das würde ich nicht abstreiten.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 10. Anfrage, das ist jene des Herrn Abgeordneten Brosz. – Bitte.

 


Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Schönen guten Morgen, Herr Minister! Wir stehen knapp vor Ferienbeginn. Ich bin jetzt seit 1999 im Nationalrat, und ich glaube, es gab noch keinen Sportminister und auch keine Bildungsministerin, bei dem oder bei der ich nicht ein Thema immer wieder angesprochen habe, nämlich dass die größte Sportinfrastruktur des Landes, jene in den Schulen, gerade zu dem Zeitpunkt, zu dem


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Schülerinnen und Schüler eigentlich die meiste Zeit hätten, Freizeit in den Ferien, letzt­lich nicht nutzbar ist, weil die Schulen geschlossen sind. Wir haben es im Ausschuss auch immer wieder debattiert und diese Frage immer wieder gestellt. Heuer ist es wie­der so, es hat sich eigentlich nichts geändert.

Ich wollte Sie fragen: Wenn Sie Bemühungen gesetzt haben, woran ist es gescheitert, sodass es auch diesmal wieder nicht möglich ist, dass die Schulen geöffnet werden und Angebote in den Ferien gemacht werden?

*****

Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 320/M, hat folgenden Wortlaut:

„Auch heuer wird die größte Sportinfrastruktur des Landes, jene an den Schulen, wäh­rend der Schulferien nicht genutzt werden. – Sollten Sie diesbezügliche Bemühungen als Sportminister unternommen haben, woran sind Sie gescheitert?“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich gebe Ihnen dem Grunde nach recht, dass das wün­schenswert wäre. Wir sehen auch im Bereich der Realisierung und Umsetzung der täg­lichen Turnstunde, dass es mehr oder weniger durchaus auch an Sportinfrastruktur man­gelt, dass wir durchaus den Wunsch haben, da vermehrt tätig zu werden. Ich gehe auf der einen Seite davon aus, dass das für die neue Bundes Sport GmbH auch eine Ziel- und eine strategische Vorgabe sein wird, sofern sie denn beschlossen und eingesetzt wird.

Auf der anderen Seite ist es, sage ich jetzt vielleicht ein bisschen überspitzt, nett: Ich setze mich dafür ein, es gibt Gespräche, wir haben einen Ombudsmann, der sich in Ein­zelfällen immer darum kümmert. Es ist aber dem Grunde nach nett, mir das immer wie­der zu sagen – bei einer Thematik, die ich ohnehin auch vertrete –, wenn man klar und deutlich weiß, dass betreffend diese Frage für die meisten Schulen – nicht für alle, aber für die meisten Schulen, und das sind eben die Pflichtschulen – die Zuständigkeit nicht im Bildungsministerium und auch nicht im Sportministerium liegt, sondern beim Schul­erhalter, und das sind in der Regel die Gemeinden.

Da ist es natürlich wichtig, gewisse Fragen zu klären. Wir haben ja die Diskussion auch in anderen Bereichen, etwa wenn es um die Öffnung der Forststraßen geht; auch dies­bezüglich ist die Haftungsfrage zu klären. In diesem Fall ist die Frage der Verfügbarkeit des Personals zu klären. Wer übernimmt vor Ort Verantwortung? – Das ist mit jeder Ge­meinde isoliert zu beurteilen, weil eben eine Gemeinde, die in dieser Art und Weise Ver­antwortung übernimmt, Verantwortung hat und diese Frage auch für sich selbst beantwor­ten darf.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Brosz.

 


Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Ich gebe Ihnen ja recht, die Pflichtschulen sind Länderkompetenz; die attraktivsten Schulen, was die sportlichen Angebote betrifft, sind aber wahrscheinlich die Bundesschulen, weil sie einfach größer sind, attraktivere Angebote haben.

Sie haben es angesprochen, es scheitert ja meistens an zwei Begründungen: Das eine ist das Personal – wer kann die Schulen öffnen? –, das Zweite ist die Haftung – wer ist dafür verantwortlich, wenn etwas passiert? Es hat immer wieder Ideen gegeben, über eine gemeinsame Versicherung nachzudenken.


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Gibt es aus Ihrer Sicht mit dem neuen Bundes-Sportförderungsgesetz Möglichkeiten, dass genau diese Aktivitäten gefördert werden und man wahrscheinlich mit relativ we­nig Mitteleinsatz, nämlich mit der Zurverfügungstellung bereits bestehender Infrastruk­tur, endlich etwas bewegen kann? Gibt es auch Gespräche mit dem Bildungsministe­rium, um da etwas weiterzubringen?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Ich habe es schon gesagt – das ist mein grundsätzlicher Zugang –: Dass, wie Sie hier sa­gen, diese Sportinfrastruktur auch über den schulischen Betrieb hinaus zur Verfügung stehen sollte, ist richtig, ist aus meiner Sicht auch notwendig. Es wird eine Vorgabe an die neue GmbH sein, sich im Zusammenwirken mit den Dachverbänden auch um das Thema Infrastruktur intensivst zu kümmern, vor allem im Bereich Spitzensport, aber auch im Bereich Breitensport. Ich gehe davon aus – wenn man die Gemeindestrukturen kennt, wenn man auch weiß, wie Gemeinden organisiert sind –, dass man sich dieser Frage durchaus nähern könnte, wenn man diese Thematik im Wege der entsprechenden Ver­tretungsorganisationen der Gemeinden auf den Tisch legt.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 11. Anfrage, jener des Herrn Abge­ordneten Krist. – Bitte.

 


Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Herr Sportminister! Meine Frage lautet:

318/M

„Inklusion und Gleichstellung sind auch im Sport sehr wichtige Themen. – Welche Vor­haben und Schwerpunkte haben Sie als Sportminister im Fokus beziehungsweise im neu­en Bundes-Sportförderungsgesetz vorgesehen?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich denke, wir haben uns ganz klar dazu bekannt, dass wir dieses Thema ernst nehmen, dass es uns ein wichtiges Thema ist: durch die Aus­gestaltung des neuen Sportförderungsgesetzes und auch die Rolle, die die entsprechen­den Verbände dort einnehmen, und die Möglichkeiten, die sie in weiterer Folge erhal­ten, Inklusion nicht nur in den Fachverbänden formal vorzunehmen, sondern Inklusion in weiterer Folge auch zu begleiten, zu schauen, ob Inklusion auch ernst genommen wird, damit Inklusion gelebt wird. Das muss und wird auf der einen Seite ein ganz wich­tiger Ansatz des neuen Gesetzes sein.

Auf der anderen Seite glaube ich schon, dass wir bewiesen haben, dass uns dieses Thema wichtig ist, weil wir beispielsweise auch in unserem eigenen Bereich – man muss die Dinge ja auch immer selbst vorleben und nicht nur von den anderen fordern – den Heeressport für den Behindertensport geöffnet haben, derzeit mit fünf Planstellen; mit der Ausweitung des Heeressports werden es in weiterer Folge 20 Planstellen für den Be­hindertensport sein.

 


Präsidentin Doris Bures: Möchten Sie eine Zusatzfrage stellen? – Bitte, Herr Abge­ordneter Krist.

 


Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Der österreichische Sport, die österreichischen Sportverbände haben sich schon oftmals erfolgreich als Ausrichter von Sportgroßver­anstaltungen einen Namen gemacht. Die Organisation solcher Sportgroßveranstaltun­gen wird aber immer aufwendiger und schwieriger.

Wie stehen Sie grundsätzlich zu künftigen Bewerbungen beziehungsweise wie kann das Sportministerium da helfen?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 



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Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Ich bin ebenfalls überzeugt davon, dass wir Sportgroßveranstaltungen – aktuell wird über die Olympiabewerbung von Innsbruck beziehungsweise Tirol diskutiert – unterstützen müs­sen, dass es notwendig ist, da – möglicherweise aber redimensioniert; diese Diskussion gibt es ja auch beim IOC – neue Wege zu gehen.

Ich bin aber auch überzeugt davon, dass wir uns öffnen müssen; bisher hatten wir den Zugang, von Bundesseite – wie schon vorhin gesagt und ausgeführt – nur Weltmeister­schaften, Olympiaden zu unterstützen, diese zu ermöglichen. Wir müssen uns öffnen. Ich denke etwa an traditionelle Sportveranstaltungen; Götzis sei als Beispiel genannt. Wir müssen da breiter aufgestellt sein, breiter unterstützen können. Möglicherweise müs­sen wir die Fördermodalitäten verändern, aber mein Zugang ist, dass es durch diesen neuen Fördermechanismus auch möglich sein muss, mehr Veranstaltungen zu unter­stützen.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Brosz.

 


Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Das neue Sportförderungsgesetz, das wir – also wir nicht, aber die Regierungsparteien – ja relativ bald, in der nächsten Stunde, hier beschließen werden, führt aus meiner Sicht dazu, dass sehr viele bestehende Struktu­ren leider einzementiert werden. Eine davon möchte ich ansprechen, und zwar: Es ist bislang schon so gewesen, dass Kombinationssportarten, wie zum Beispiel Racketlon, also Sportarten, die aus mehreren Disziplinen – Tennis, Tischtennis – kombiniert als ei­ne Gesamtsportart auftreten, nicht als förderungswürdig festgeschrieben wurden. Die be­troffenen Verbände haben sich immer wieder zu Wort gemeldet und gesagt, das wür­den sie nicht verstehen, weil es nämlich Förderkriterien gebe, die sie erfüllten; so etwa Anzahl der Mitglieder, Anzahl der Aktivitäten in den Bundesländern.

Es hat viele Gespräche gegeben, dass es eine grundsätzliche Möglichkeit geben soll, dass auch diese Sportarten gefördert werden. Jetzt gibt es in der neuen Gesetzesvor­lage wieder eine Festschreibung, dass es nach wie vor nicht möglich sein soll, dass Sportverbände, die aus mehreren Sportarten, die auch einzeln existieren, bestehen, ei­ne Förderung bekommen.

Ich wollte Sie fragen: Woran ist es gescheitert, dass da etwas Bewegung ins System kommt? Woran ist es gelegen, dass sozusagen die etablierten Sportvereine oder ‑ver­bände das wieder haben verhindern können?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich glaube nicht, dass die etablierten Vereine und Verbän­de das verhindert haben. Diese Beurteilung würde ich nicht treffen. Man darf aber nicht vergessen, dass wir derzeit, wenn es um den Spitzensport in Österreich geht, 60 Fach­verbände haben und den Spitzensport mit diesen 60 Fachverbänden definieren.

Es ist aber durchaus auch richtig, dass man sich weiterentwickeln muss, dass man mit der Zeit gehen muss, dass sich Sportarten oder Sportmodalitäten verändern. Das sieht man ja auch daran, dass sich auch das olympische Spektrum ständig erweitert bezie­hungsweise es verändert wird. Auch dieser Herausforderung stellen wir uns, aber wir wollen einen klaren und konkreten Mechanismus dahinter legen. Und der Mechanis­mus dahinter bedeutet ganz einfach, dass eine zukünftige oder neue Sportart in dieser Art und Weise, wie Sie es beschrieben haben – und davon gibt es noch einige mehr –, auch den Sprung in die Bundes-Sportorganisation schafft.

Wenn sie in die Bundes-Sportorganisation aufgenommen wird – und es hat für die eine oder andere zusätzliche Sportart schon die entsprechenden Vorgespräche gegeben (Prä­sidentin Bures gibt das Glockenzeichen), auch die entsprechenden Rückmeldungen in


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der Bundes-Sportorganisation –, dann wird es zukünftig auch Fördermodalitäten und mög­lichkeiten geben.

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zur 12. Anfrage, jener des Herrn Abge­ordneten Mag. Rauch. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Johannes Rauch (ÖVP): Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bundesminister, in meiner Frage geht es um die Sportstätten, weil Sport­stätten einfach eine zentrale Rolle im österreichischen Sport spielen. Wir haben ja be­reits einen Sportstättenplan, der den Status quo abbildet, und deshalb meine Frage aus diesem Bereich, und zwar wie folgt:

315/M

„Wann werden Sie einen neuen langfristigen und zwischen den Gebietskörperschaften abgestimmten Österreichischen Sportstättenplan insbesondere für den Spitzensport vor­legen?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, es ist richtig, ich sage es ganz offen, auch ich habe in den letzten eineinhalb Jahren meiner Tätigkeit versucht, mich dieser Thematik zu nähern. Es ist mir in dieser Art und Weise, wie ich mir das vorgestellt hätte, aber auch in die­sem zeitlichen Fenster, in dem ich mir das vorgestellt hätte, nicht gelungen. Es war nicht mög­lich, innerhalb einer derartigen zeitlichen Vorgabe einen entsprechenden Sportstättenplan, der auch nachhaltig ist, der auch darstellbar ist, auf den Tisch zu legen.

Daher werden wir dieses Thema jetzt dem neuen Strukturplan vorgeben. Auch das The­ma Infrastruktur werden wir dort als Vorgabe, sich dieser Thematik zu widmen, festle­gen; auch – und das ist aus meiner Sicht wesentlich – mit den zuständigen Länderver­tretern, die ja im Beirat in weiterer Folge vertreten sein werden. Diese Entwicklung der GmbH ist für mich der erste Schritt, der erste Schritt der Harmonisierung Richtung Län­der.

Ich bin durchaus bereit, hier weitere und nächste Schritte zu gehen, aber der wichtigs­te, der erste wichtigste Schritt ist, genau in diesem Segment, im Bereich der Sportstät­ten, eine harmonisierte Abstimmung zwischen Ländern und Bund stattfinden zu lassen, weil es nicht vertretbar ist, dass ohne Abstimmung, ohne Plan, ohne genauen Plan Sport­stätten entstehen.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Rauch.

 


Abgeordneter Mag. Johannes Rauch (ÖVP): Ich will bei den Sportstätten bleiben und vielleicht eine sehr prominente Sportstätte erwähnen. Es geht um das Ernst-Happel-Sta­dion, worüber in den letzten Wochen und Monaten diskutiert worden ist. Was pas­siert mit dem Ernst-Happel-Stadion, Stichwort Nationalstadion? Gibt es neue Erkenntnisse in diesem Bereich oder zu diesem Thema?

 


Präsidentin Doris Bures: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Wir haben gesagt, dass wir in diesem ersten halben Jahr diese Frage im Rahmen einer Stu­die beantworten werden. Die Studie wurde diese Woche den Vertretern des ÖFB, dem Vertreter Wiens und auch mir präsentiert. Einer der ersten Schlüsse, die ich aus dieser Studie ziehe, ist, dass es sehr schwierig sein wird – das muss man noch vertiefend be­urteilen –, es darzustellen und zu rechtfertigen, dass man noch einmal in die bestehen­de Infrastruktur investiert – schwierig aufgrund der Situation, aufgrund der baulichen Ge-


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gebenheiten, aufgrund der bestehenden Bausubstanz, auch aufgrund des Denkmalschut­zes –, sodass wir uns – und dazu bekennen wir uns, dass eine neue Sportstätte auch in Wien in diesem Segment entstehen sollte – in den nächsten Wochen, in den nächs­ten Monaten sehr intensiv mit der Frage werden auseinandersetzen müssen: Wie kön­nen wir uns der Thematik nähern, wenn es tatsächlich um einen Neubau eines Stadi­ons geht? Wie können wir in weiterer Folge auch das bestehende Stadion sinnvoll und vernünftig verwerten?

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Steger, bitte.

 


Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Minister! Die österreichische Sport­stättensituation ist, wie Sie wissen, katastrophal. Seit vielen Jahren wird, wie gesagt, der Sportstätten-Masterplan versprochen, den es bis heute noch immer nicht gibt. Daran än­dert auch das BSFG 2017 nichts; vielmehr noch, es ist sogar mit einer Verschlechte­rung der Situation zu rechnen. Neu eingefügt wird nämlich als Unternehmensgegen­stand – und damit als dezidierte Aufgabe – der Bundessporteinrichtungen GesmbH, dass sie bestehende Einrichtungen veräußern oder belasten kann. Das steht im genauen Ge­gensatz zum bisherigen Unternehmensgrundsatz, der als Ziel die Erhaltung und die Zur­verfügungstellung für den Sport deklarierte.

Eine von mir eingebrachte Ausschussfeststellung, dass nur dann verkauft werden darf, wenn der Förderauftrag aufrechtbleibt, haben Sie im Ausschuss auch abgelehnt. Daher meine Frage: Warum haben Sie eine Veräußerung der bestehenden Sporteinrichtun­gen in den Unternehmensgegenstand hineingeschrieben und sich gegen die von mir be­antragte Ausschussfeststellung zur Erhaltung der Sportstätten für die österreichischen Sportler und Sportlerinnen ausgesprochen?

 


Präsidentin Doris Bures: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, man muss schon differenzieren, was die Aufgabe dieser Bundes-Sport GesmbH zukünftig ist. Und die Aufgabe dieser neuen GesmbH ist eben, auf der einen Seite den Spitzensport zu fördern und auf der anderen Seite auch den Breitensport entsprechend zu unterstützen.

Werfen wir einen Blick auf den Spitzensport! – Es ist eine Aufgabe, eine klare, mit den Ländern abgestimmte Infrastruktursituation herzustellen, wo wir in einem nächsten Schritt auch die entsprechenden Leistungen dahinter darstellen können. Eine klar abgestimm­te Infrastruktursituation bedeutet, dass wir in der nächsten Phase genau definieren müs­sen, wo, an welchen Standorten, welche Verbände ihre gemeinsamen Trainingszentren haben.

Wir haben jetzt die Situation, was die Bundessporteinrichtungen GesmbH betrifft, dass es durchaus sehr gute Standorte gibt – ich darf jetzt nur die Südstadt erwähnen –, aber dass es auch Facetten gibt, wo wir nicht Spitzensport betreiben, wo wir auch nur par­tiell die Möglichkeiten für den Breitensport eröffnen, wo wir aus der staatlichen Zustän­digkeit heraus wirtschaftlich und touristisch auftreten. Und gegen dieses touristische Auf­treten verwahre ich mich, weil das nicht Aufgabe des Staates ist.

Bei der Beurteilung – in weiterer Folge –, wo wir welche Standorte haben wollen, wo mög­licherweise ein Standort nicht mehr notwendig ist, muss auch für die GesmbH die Mög­lichkeit und die Flexibilität gegeben sein, entsprechend zu reagieren. Das bedeutet aber nicht, dass dieser Standort in einer zukünftigen oder anderen Verwendung nicht auch dem Sport zugeführt werden kann.

 


Präsidentin Doris Bures: Alle Anfragen sind zum Aufruf gelangt. Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister, und erkläre die Fragestunde für beendet. (Beifall bei der SPÖ.)


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10.08.22Einlauf und Zuweisung

 


Präsidentin Doris Bures: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Schriftliche Anfragen: 13661/J bis 13665/J

B. Zuweisung in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Verfassungsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Zukunftsfonds-Gesetz geändert wird (1766 d.B.)

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe noch bekannt, dass, mit allen Fraktionen verein­bart, ab jetzt für circa zwei Stunden ein zusätzliches mobiles Kamerateam des ORF im Plenarsitzungssaal filmen wird. Diese Aufnahmen dienen Dokumentationszwecken im Zusammenhang mit der Sanierung des Gebäudes.

10.08.56Antrag gemäß § 49 Abs. 5 GOG

 


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass die Abgeordneten Mag. Letten­bichler, Katzian, Mag. Brunner, Kolleginnen und Kollegen im Sinne des § 49 Abs. 5 der Geschäftsordnung schriftlich die Ergänzung der Tagesordnung um den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorlage (1519 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Ökostromgesetz 2012, das Elektrizitätswirtschafts- und orga­ni­sationsgesetz 2010, das Gaswirtschaftsgesetz 2011 und weitere Gesetze geändert werden sowie das Bundesgesetz, mit dem zusätzliche Mittel aus von der Energie-Control Austria verwaltetem Sondervermögen bereitgestellt werden, erlassen wird (1527 d.B.), beantragt haben. Dieser Gegenstand soll als Punkt 43 verhandelt werden.

Eine Ergänzung der Tagesordnung kann vor Eingang in dieselbe vorgenommen wer­den; sie erfordert eine Zweidrittelmehrheit.

Somit gelangen wir zu Abstimmung.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für die Ergänzung der Tagesordnung um den Be­richt des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorlage 1519 der Beilagen in der Fassung des Ausschussberichtes 1527 der Beilagen als Tagesordnungs­punkt 43 sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ich stelle fest, dass die Annahme auch mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit erfolgt ist.

10.10.34Fristsetzungsanträge

 


Präsidentin Doris Bures: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass die Ab­geordneten Mag. Schieder, Mag. Steinhauser, Dr. Scherak, Kolleginnen und Kollegen beantragt haben, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 498/A der Abgeordneten Dr. Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit


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dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert wird, eine Frist bis 19. Septem­ber 2017 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung ge­stellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzufüh­ren. Diese kurze Debatte wird nach Erledigung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr stattfinden.

Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird nach Schluss dieser Debatte er­folgen.

*****

Weiters teile ich mit, dass die Abgeordneten Michael Bernhard, Dr. Pirklhuber, Kolle­ginnen und Kollegen beantragt haben, dem Geschäftsordnungsausschuss zur Bericht­erstattung über den Antrag 2249/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäfts­ordnungsgesetz 1975 geändert wird, eine Frist bis 19. September 2017 zu setzen.

Die Abstimmung über diesen Fristsetzungsantrag wird nach Beendigung der Verhand­lungen erfolgen.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Doris Bures: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 2 bis 7, 8 bis 10, 11 bis 14, 20 bis 25, 26 bis 30, 31 bis 34, 35 bis 37, 38 und 39, 40 bis 42 sowie 46 bis 48 der ergänzten und neu gereihten Tagesordnung jeweils zusammenzu­fassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Doris Bures: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Kon­sens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9,5 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 128 Minuten, FPÖ 119 Minuten, Grüne 100 Minuten sowie NEOS und STRONACH je 52 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tages­ordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 26 Minuten. Darüber hinaus wird deren Redezeit auf 5 Minuten je Debatte beschränkt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die soeben dargestellten Redezeiten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist ein­stimmig angenommen.

10.13.251. Punkt

Bericht des Ausschusses für Sportangelegenheiten über den Antrag 2232/A der Ab­geordneten Hermann Krist, Mag. Johannes Rauch, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz betreffend die Förderung des Sports erlassen wird und das Bundesgesetz über die Neuorganisation der Bundessporteinrichtungen sowie das Anti-Doping-Bundesgesetz geändert wer­den (1744 d.B.)

 



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Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Frau Abgeordnete Steger steht bereits am Rednerpult. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


10.14.07

Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Bundes-Sportförderungsgesetz Neu ist in Wirklichkeit nichts anderes als rot-schwarzer Proporz uralt! Sehr geehrter Herr Minis­ter, Sie hatten Großes angekündigt – übrig geblieben ist ein Gesetz, das offensichtlich noch nicht beschlussfertig ist, das mehr Fragen aufwirft, als es beantwortet und das dem Sportler keine wesentliche Verbesserung bringt. Das, was Sie heute als neu verkaufen, ist meilenweit von einer echten Erneuerung entfernt.

Ich kann Ihnen auch sagen, warum. Sie hatten eine Strukturverschlankung angekün­digt. Die große Erneuerung ist lediglich, dass eine neue GmbH gegründet wird, die den Bundes-Sportförderungsfonds, den BSFF, der erst 2013 neu gegründet wurde und da­mals schon als große Errungenschaft verkauft wurde, ersetzt. Schon damals sollte all das erreicht werden, was Sie heute als große Erneuerung in diesem Gesetz ankündi­gen. Das Neue ist noch dazu in einer für mich nicht nachvollziehbaren gesellschafts­rechtlichen Form einer GmbH, die die Gefahr der Umsatzsteuer mit sich bringt. Es wä­re eine absolute Katastrophe für den Sport, würden tatsächlich 20 Prozent der Förde­rung der Steuer zum Opfer fallen. Das darf es nicht geben! (Beifall bei der FPÖ.)

Die einzige kleine Verschlankung, die es in diesem Gesetz gibt, ist, dass die Bundes­sporteinrichtungen GesmbH als Tochtergesellschaft eingegliedert wird. Und das gibt es ganz einfach nur deswegen, weil sie zu 100 Prozent im Eigentum des Bundes steht und das einfach möglich war. Aber es ist hinterfragenswert, ob das überhaupt sinnvoll ist. Alle anderen Organisationen bleiben bestehen und werden weiter mit hohen Zahlungen ge­fördert! Da ist keine Rede von Vereinfachung, da ist auch keine Rede von Entpartei­politisierung des Sports. Warum sollten Sie auch? Warum sollten Sie Interesse daran ha­ben, dort die Schrauber enger zu drehen? – Es sind doch in den meisten Sportorgani­sationen irgendwelche roten oder schwarzen Präsidenten vertreten.

Ich sage, das Hauptproblem des Sports ist es, dass es zu viele Organisationen gibt, in die das Geld hineinfließt und am Ende kein Geld beim Sportler ankommt! (Beifall bei FPÖ und NEOS.) Und genau diese Organisationen, deren Macht und Einflussnahme waren bei dieser Gesetzesmaterie die gesamte Zeit über das Hauptthema. Es ging da­rum: Wer besetzt welche Position? Wer hat welche Mehrheit? Wer wird Geschäftsfüh­rer? – Da gibt es übrigens zwei, und auch da muss man kein Hellseher sein, um zu er­raten, wie am Schluss die Verteilung ausschauen wird.

Hauptprofiteure dieses Gesetzes sind die am meisten verparteipolitisierten Organisa­tionen, die es im Sport gibt: einerseits die BSO, deren Präsident bekannterweise Ru­dolf Hundstorfer ist, seines Zeichens ehemaliger SPÖ-Arbeitslosenminister, und ande­rerseits auch die Dachverbände, wo es nur so von SPÖ- und ÖVP-Politikern wimmelt. Die gewinnen an Macht. Der, um den es beim Sport eigentlich gehen sollte, nämlich der Sportler, und die Fachverbände wurden wieder einmal hintangestellt. Der Sportler spielt für Sie anscheinend überhaupt keine Rolle, und das sage ich Ihnen nicht nur als Poli­tikerin, sondern das bestätige ich Ihnen auch als aktive Leistungssportlerin. (Beifall bei FPÖ und NEOS.)

Es gibt in diesem Gesetz auch viele Regelungen, die nicht durchdacht sind; ich werde ein paar Beispiele nennen.

Ganz besonders bedenklich ist zum Beispiel, dass leitende Angestellte von Dach- und Fachverbänden in den Kommissionen sitzen dürfen; das heißt, dass diejenigen, die die


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Förderung bekommen, selbst darüber entscheiden, dass sie die Förderung bekommen. Ich halte das für völlig absurd.

Es gibt auch keine Regelungen, was eigentlich passiert, wenn sich die zwei Geschäfts­führer nicht einig sind. Auch da ist das Gesetz lückenhaft.

Oder: Wo ist zum Beispiel die versprochene Transparenz? – Im Gegenteil! Die im BSFG 2013 beschlossene Förderdatenbank Sport ist aus dem Gesetz rausgeflogen, weil Sie aufgrund eines Korruptionsskandals in Ihrem Ministerium jahrelang nicht im­stande waren, diese umzusetzen. Aus dieser Datenbank wurde jetzt bloß die Verpflich­tung, die Förderungen im Internet öffentlich zu machen. Das ist auch nichts Neues, das gab es bereits im BSFF.

Das löst auch nicht das Hauptproblem, warum es diese Doppel- und Mehrfachförde­rungen gibt. Diese entstehen nämlich durch Intransparenz der Förderung von Ländern, Gemeinden und sonstigen Organisationen, wie das bei der Ski-WM in Schladming der Fall war, die, mit dem Bund gemeinsam, nebenbei unkontrolliert fördern. Das wird mit diesem Gesetz auch nicht abgestellt.

Dazu kommt auch noch, dass durch die Ausgliederung der allgemeinen Förderung das Fragerecht der Mandatare wieder weiter eingeengt wird. Auch das halten wir für proble­matisch.

Und natürlich stellt sich bei diesem Gesetz eine Hauptfrage: Was für Gegengeschäfte gab es, dass die ÖVP da zustimmt? – Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben in der Cau­sa Eurofighter gesagt, es darf nie wieder Gegengeschäfte geben. Gilt das eigentlich auch für die Verabschiedung von Gesetzen? (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist schon sehr merkwürdig – sehr merkwürdig! –, dass das schwarze Innenministeri­um und das Finanzministerium vernichtende Stellungnahmen abgegeben haben und von vernichtender Kritik jetzt zu kritikloser Zustimmung gekommen sind. Da fragt man sich schon: Was ist da eigentlich im Hintergrund gelaufen? Das umso mehr vor dem As­pekt, dass jetzt, kurz vor dem Sommer, das Gesetz noch schnell durchgedrückt wird und Sie sich dann noch herausnehmen, alle Organe und Positionen jetzt im Sommer, vor der Neuwahl, noch schnell zu besetzen. Das schreit nicht nur nach „Schäfchen ins Trocke­ne bringen“, nein, die Schäfchen bekommen auch noch ein nigelnagelneues Gehege und wahrscheinlich noch Futter für die nächsten fünf Jahre. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie jetzt sagen, dass die Stellungnahmen einen alten Entwurf betreffen, ja umso wichtiger wäre es, das Gesetz heute noch nicht zu beschließen und ein neues Begut­achtungsverfahren zu ermöglichen, damit der Ausschuss für Sportangelegenheiten auch wirklich zur aktuellen Fassung Stellung beziehen kann.

Deswegen stelle ich auch einen Rückverweisungsantrag gemäß § 73 Abs. 3 Z 2 GOG-NR, der bereits vorliegt.

Ich fasse zusammen: Mit diesem Gesetz werden die angekündigten Ziele nicht er­reicht. Es bringt keine wesentliche Verbesserung für den Sport. Wieder einmal wurde aufgrund von eigennützigen Motiven eine Chance vertan, eine wirkliche Wende für den Sport herbeizuführen, stattdessen wurde das bestehende System weiter einzementiert. Nicht die rot-schwarzen Organisationen sollten im Mittelpunkt stehen, sondern der Sport­ler. Mit diesem Gesetz ändert sich wieder einmal nichts zum Positiven und erst recht nicht mit dieser rot-schwarzen Regierung. (Beifall bei der FPÖ.)

10.20


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster hat sich Herr Abgeordneter Krist zu Wort ge­meldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


10.20.52

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Sport­minister! Hohes Haus! Ich habe eine ganz kleine Hoffnung gehegt, dass sich der Wis-


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sensstand und die Sachkunde der Frau Kollegin Steger zwischen der Sitzung des Sport­ausschusses und der heutigen Diskussion im Plenum des Hohen Hauses etwas erhöht. Ich bin enttäuscht, dass nun geradezu das Gegenteil passiert ist. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Aber zurück zum Thema. Wir reden vom Bundes-Sportförderungsgesetz. (Abg. Schima­nek: Aber bitte, das hat doch jeder verstanden!) – Du darfst dich gerne zu Wort mel­den, aber wenn die Hinterbänkler immer groß quaken, ist das natürlich auch nicht güns­tig. (Zwischenrufe der Abgeordneten Haider und Schimanek.)

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich würde Sie ersuchen, sich in der Aus­drucksweise zu mäßigen. – Bitte.

 


Abgeordneter Hermann Krist (fortsetzend): Ich werde mich bemühen, außer ich wer­de provoziert, Frau Präsidentin!

Wir reden von einem Bundes-Sportförderungsgesetz, das auf den Erfahrungen der letz­ten zwei, drei Jahre basiert. Es gab einen umfassenden Diskussions- und Arbeitspro­zess – mit etwas gutem Willen ist der erkennbar –, im Zuge dessen mit allen Sportver­bänden Österreichs, mit allen Dach- und Fachverbänden sowie mit jenen Verbänden mit besonderen Aufgabenstellungen zusammengearbeitet und über Monate hinweg dieses Gesetz gemeinsam formuliert wurde. Die Bundes-Sportorganisation – der Präsident ist anwesend – hat die Verhandlungen federführend begleitet. Dafür gibt es von meiner Sei­te ein aufrichtiges Dankeschön an Präsidenten Hundstorfer, der ehrenamtlich agiert. Na­türlich möchte ich auch Herrn Sportminister Doskozil und seinem gesamten BeraterIn­nen- und ExpertInnenstab und allen Fachleuten aus den Dach- und Fachverbänden für den großen Einsatz und die gute Arbeit im Sinne des österreichischen Sports danken. Noch einmal ein herzliches Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Zielvorgabe von Minister Doskozil war eine deutliche Vereinfachung in der Admi­nistration. – Das wird erreicht.

Das Gründen einer Bundes Sport GmbH als schlagkräftige und effiziente Serviceein­richtung ist insbesondere für unsere SportlerInnen und die Vereine sowie die Verbands­funktionärinnen und -funktionäre ebenso wie das Schaffen von mehr Planungssicher­heit durch Verlängerung der Förderzeiträume auf vier Jahre sehr, sehr wichtig.

Weiters enthält der Gesetzentwurf die Verankerung von klaren Leistungskriterien und mehr Transparenz über den Einsatz der Fördermittel und vieles andere mehr. Die Gre­mienarbeit wird effizienter organisiert. Die Fördermittelvergabe wird zielorientierter ge­staltet.

Aber ganz besonders erfreulich ist, dass eine deutliche und herzeigbare finanzielle Ab­sicherung der Sportverbände mit besonderen Aufgabenstellungen wie beispielsweise die Special Olympics und das Paralympische Committee gelungen ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geschätzte rund 400 MitarbeiterInnen! Liebe mehr als 100 000 ehrenamtliche FunktionärInnen und liebe mehr als 3 Millionen Mitglieder in knapp 4 000 Sportvereinen, die in den drei Breitensportverbänden ASKÖ, ASVÖ und SPORTUNION organisiert sind – in diesen Zahlen sind jetzt nicht die un­ver­zichtbaren FunktionärInnen und MitarbeiterInnen in den Sportfachverbänden inkludiert –: Für euch und gemeinsam mit euren VertreterInnen haben wir dieses Sportgesetz auf­bereitet, um eure Arbeit zu erleichtern, um SportlerInnen schneller und effizienter hel­fen und den Verbänden die Organisation des Sportumfeldes erleichtern zu können. (Zwi­schenruf des Abg. Peter Wurm.)

Nicht alle Parteien in diesem Haus haben damit eine Freude – das haben wir ja schon gehört. (Abg. Steger: Und dabei bin ich die einzige aktive Sportlerin hier im Haus!) Nicht alle Parteien in diesem Haus unterstützen dieses Gesetz und nicht alle Parteien sehen


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die unbezahlbare, unverzichtbare wertvolle Arbeit in den Tausenden Vereinen, die ihr tag­täglich für die Gesellschaft und für die Menschen direkt leistet – vom Kindergartenkind bis zu den Pensionisten, vom Hobbysportler bis zum Spitzensport. Einer aktuellen Studie zu­folge sind in Österreich rund 500 000 Menschen – gut die Hälfte davon im Sport – mehr als 1,5 Millionen Stunden in der Woche ehrenamtlich tätig. Das ist unbezahlbar. Das ist eigentlich bewundernswert und eines großen Danke würdig. Diese Menschen verdienen einen Applaus. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist insbesondere zwei Parteien in diesem Haus ziemlich egal. Sie lassen keine Ge­legenheit aus, die drei Dachverbände infrage zu stellen, völlig ungerechtfertigt abzuqua­lifizieren und damit alle ehrenamtlichen FunktionärInnen, aber auch die MitarbeiterIn­nen in ein schiefes Licht zu rücken, ohne sich jemals wirklich erkundigt zu haben. (Abg. Haider: Und das sagt ausgerechnet der Systembetonierer!) Das kann ich nicht akzep­tieren. Das will ich auch nicht akzeptieren und das muss in diesen Tagen auch einmal klar gesagt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Niemand wird aus dem Stand Olympiasieger. Alle haben einmal klein angefangen – im Verein einer Heimatgemeinde, in einem Breitensportverein. Niemand anderer als die Breitensportverbände hat die Ressourcen, schon im Kindergarten und in Volksschulen beginnend die Kinder zu einem sportlich aktiven und gesundheitsfördernden Leben zu motivieren. Wir arbeiten mit den Sportfachverbänden sehr gut zusammen und fördern so die Talente – bis an die Weltspitze. (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.) Wir beglei­ten die FitnesssportlerInnen, unterstützen bei der betrieblichen Gesundheitsvorsorge, sind federführend bei der täglichen Bewegungseinheit, bilden Tausende TrainerInnen, Lehr­wartInnen und InstruktorInnen aus, sind ein ordentlicher Arbeitergeber und motivieren Frau und Herrn Österreicher mit unzähligen Initiativen zu mehr Bewegung und Sport. Dieses ist der FPÖ und den NEOS egal – und das muss einfach einmal raus! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schimanek: Das glauben Sie ja selber nicht!)

10.26


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster hat sich Herr Abgeordneter Brosz zu Wort ge­meldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


10.26.33

Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Frau Präsidentin! Hermann, du hast mich da jetzt erfreulicherweise nicht einbezogen. Wir haben auch ein durchaus anderes Ver­hältnis. Ich habe auch immer wieder betont, dass wir Grüne die Arbeit der Dachverbän­de schätzen. Im Übrigen gibt es ja auch nicht unbedingt immer so klare parteipolitische Zuordnungen. Es gibt auch viele, die in Dachverbänden, in Vereinen tätig sind, ohne dass ihre Tätigkeit so eindeutig politisch besetzt wäre. (Abg. Weninger: Eine politische Zugehörigkeit ist ja nicht unbedingt was Schlechtes, Herr Abgeordneter!)

Allerdings gibt es auch Dinge, bei denen man sagen muss, dass Kritik an dem Gesetz schon berechtigt ist. Du hast, glaube ich, in deiner Rede gesagt, diese Veränderung sei seit zwei bis drei Jahren vorbereitet worden. Das finde ich deshalb nicht ganz uninter­essant, weil ich da ein Zitat mitgebracht habe, das lautet: „Es ist schon angesprochen worden, das ist seit 1948, also seit der Nachkriegszeit, das kann man mit Fug und Recht behaupten, die größte Reform im Bereich der Bundes-Sportförderung.“

Dieses Zitat ist nicht von heute oder von voriger Woche, sondern aus dem Jahr 2013. Der damalige Sportminister Klug hat das von sich gegeben, als nämlich das Bundes-Sportförderungsgesetz damals beschlossen worden ist. Jetzt hast du gesagt, seit zwei bis drei Jahren gibt es einen Veränderungsprozess. Vor vier Jahren ist also das Gesetz beschlossen worden – die größte Reform der Nachkriegszeit –, und kaum war es be­schlossen, ist der Reformprozess losgegangen, weil das Gesetz offenbar nicht funktio­niert hat. Damals hat es übrigens geheißen, das Gesetz sei die Reaktion auf Rio ge-


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wesen – Entschuldigung, auf London –, also auf mangelnde Erfolge im Spitzensport, und man müsse da etwas ändern.

Wir haben das Gesetz damals abgelehnt, weil die Vermutung nahelag, dass sich wenig verändern würde und weil gewisse mutige Schritte wie eine Hervorhebung mancher Sportarten in der Förderung nicht vorgesehen waren. Es geht also, kurz gesagt, um die Frage, ob man alles mit der Gießkanne fördern kann, oder ob man Schwerpunkte set­zen muss.

So: Jetzt gibt es ein neues Gesetz und meine Vermutung ist, dass wir möglicherweise in vier Jahren wieder hier sitzen und ein neues Gesetz diskutieren werden. Ich vermu­te, es wird sich relativ wenig ändern – in dem Punkt gebe ich Frau Kollegin Steger recht. Der Minister hat bei Vorgesprächen mehrfach gesagt, es solle alles anders werden, wir wollen eine GmbH gründen, die von politischer und parteipolitischer Einflussnahme be­freit wird. Dazu muss man jetzt ganz offen sagen: Wenn man es neutral betrachtet, so ist dieses Vorhaben ganz offensichtlich gescheitert.

Dazu gibt es ein paar Punkte, die ich kurz ansprechen will.

Punkt eins: Wer darf in dieser GmbH tätig sein? – Es gibt keine Unvereinbarkeit mit der Tätigkeit als Funktionär in Sportverbänden. Es gibt auch keine Verpflichtung, dass das Vollzeitmitarbeiter sein müssen. Ich bringe es auf den Punkt: Es kann jemand am Vor­mittag in seinem Verband ein Förderansuchen schreiben und am Nachmittag geht er in die GmbH und entscheidet dort über sein Förderansuchen. Das ermöglicht dieses Ge­setz. (Abg. Krist: Aber das stimmt doch gar nicht!) – Definitiv! Der einzige Ausschluss, der drinnen ist, betrifft Führungsfunktionen. Mitarbeiter sind von der Fördervergabe nicht ausgeschlossen. (Abg. Krist: Nein, das stimmt nicht!)

Das stimmt definitiv, Hermann. Wenn du anderer Meinung bist, kannst du irgendwann herauskommen und erklären, warum es nicht stimmt. Die Frage der Unvereinbarkeit be­zieht sich ausschließlich auf Leitungsfunktionen und nicht auf Mitarbeiter. Genau das war der Punkt, um den es gegangen wäre.

Der nächste Punkt betrifft die Doppelförderungen. Es gab einen schwerwiegenden Rech­nungshofbericht, in dem klargestellt wurde, dass der Österreichische Skiverband im Zu­ge der Ski-Weltmeisterschaft in Schladming Doppelförderungen kassiert hat, nämlich sich Dinge von der FIS fördern hat lassen und auch Förderungen aus den Mitteln des Sportministeriums bekommen hat. So: Jetzt gibt es eine Bestimmung, dass bei Doppel­förderungen auf Gebietskörperschaften Rücksicht zu nehmen ist. Da darf es keine Dop­pelförderungen geben.

Die FIS ist aber keine Gebietskörperschaft. Das heißt, die Struktur, die hier ausgenutzt wurde, nämlich dass sich der Österreichische Skiverband Dinge doppelt fördern lässt, gibt es weiterhin. Zufälligerweise ist Herr Schröcksnadel ja nicht ganz unbeteiligt. (Hei­terkeit des Bundesministers Doskozil.) – Der Herr Minister lacht schon wieder, aber es ist sogar eine Lex Schröcksnadel in den Entwurf hineingeschrieben worden, laut der auch der Skiverband de facto ein fixes Mandat in der Kommission hat. Damit sitzt er da in der Kommission.

Diese Kommission hat eine besondere Bedeutung, denn es gibt zwar die GmbH, die angeblich entscheiden hätte können – aber so ist es ja nicht gekommen. Über der GmbH sitzt eine Kommission und de facto können die Geschäftsführer nicht selbständig ent­scheiden, ohne Rücksprache mit der GmbH zu halten. Da gibt es ein Wechselspiel, das haben Sie vorhin angesprochen.

Das geht sogar so weit, dass die GmbH, wenn sie feststellt, dass förderwidrige Anträge gestellt worden sind, nicht hergehen und sagen kann, dass die korrigiert werden müs­sen, denn der Fördernehmer kann sagen, dass er das nicht will und zur Kommission


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gehen. Wenn die Kommission dann sagt, das sei in Ordnung, dann dürfen auch förder­widrige Dinge bestehen bleiben. Das als eine Struktur darzustellen, in der Parteipolitik und politische Einflussnahme herausgenommen wurden, ist einfach unrichtig. Ich be­fürchte, wir sitzen nach den Olympischen Spielen wieder da und haben noch einmal die gleiche Debatte. Das ist eine vertane Chance. Es hätte viel mehr herauskommen kön­nen. (Beifall bei den Grünen.)

10.31


Präsidentin Doris Bures: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Rauch zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


10.31.25

Abgeordneter Mag. Johannes Rauch (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kollegen! Zum Bundes-Sportförderungsgesetz: Ich glaube, man muss schon einmal darstellen, wie es zu dem Gesetz kam und wie der zeitliche Verlauf war, denn aktuell wird es so dargestellt, als ob alles in den letzten Tagen schnell ver­handelt worden wäre.

Es gab bereits im Jahr 2016 die ersten Gespräche. Man hat bereits Ende 2016 alle Sportverbände, alle Sportler eingeladen, um dieses Gesetz zu diskutieren, um zu schau­en, wo man mit diesem neuen Gesetz hinwill. Es kann also von einer Husch-Pfusch-Aktion keine Rede sein. Dann war das Gesetz in Begutachtung. Frau Kollegin Steger, da muss ich auch sagen: Man muss unterscheiden zwischen dem, was in Begutach­tung geschickt wurde, und dem, was nun dem Plenum vorgelegt wurde. Da hat wirklich ein Prozess dazwischen stattgefunden. Aus meiner Sicht haben wir vor allem im Be­hindertensport gemeinsam sehr, sehr viele Verbesserungen erreicht. Das ist sehr erfreu­lich.

Selbstverständlich kann man immer darüber diskutieren, ob das Gesetz jetzt ein großer Wurf ist oder nicht. Ich glaube, wir haben das Optimum für den Sport herausgearbeitet. Kritik ist natürlich legitim, aber ich glaube, dass wir heute ein gelungenes Gesetz be­schließen werden. Ich glaube, dass dieses Gesetz wirklich eine Basis für erfolgreichen Sport in Österreich sein kann.

Wenn man sich die Stellungnahmen der einzelnen Beteiligten, die eben Stellungnah­men abgegeben haben, anschaut, dann stimmt es, dass das Finanzministerium am An­fang etwas kritisch war, aber, wie gesagt, es gibt eben große Unterschiede zwischen dem, was zur Begutachtung vorgelegt wurde, und dem, was heute im Plenum zum Be­schluss vorliegt.

Ich denke, das Entscheidende ist, dass die Autonomie des Sports gewahrt bleibt. Aus meiner Sicht wird sie zu 100 Prozent gewahrt. Deshalb bin ich froh darüber, dass wir das Gesetz heute beschließen. Ich glaube, dass in den letzten Tagen und Wochen ein konstruktiver Prozess stattgefunden hat und wir heute wirklich ein Gesetz beschließen, das Hand und Fuß hat. Selbstverständlich weiß man nie, wie die Lage in drei, vier, fünf Jahren ausschauen wird. Eventuell muss man dann an dem Gesetz wieder etwas op­timieren und adaptieren, aber das ist ganz logisch. Wir leben in einer sehr schnellle­bigen Zeit – auch der Sport und der Spitzsport sind schnelllebig –, ich sehe also über­haupt keinen Grund, dem Gesetz heute nicht zuzustimmen. Deshalb bin ich froh darü­ber, dass wir das Gesetz heute beschließen.

Ich bedanke mich recht herzlich, vor allem bei den Mitarbeitern im Ministerium, bei den Mitarbeitern im Klub – ich betone: in allen Klubs –, ich bedanke mich vor allem auch bei den vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern im organisierten Sport und gehe da­von aus, dass dieses Gesetz wirklich eine gute Basis ist, um in Österreich im sportli­chen Bereich erfolgreich zu sein. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

10.34



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 47

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Gamon zu Wort. – Bitte.

 


10.34.05

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Kollege Krist, es soll zu Beginn schon auch gesagt sein, dass Kollegin Steger eine sachliche Kritik geäußert hat, die wirklich gut argumentiert und recherchiert war (Abg. Gusenbauer-Jäger: Das haben wir doch schon im Ausschuss gehört!) – wie auch schon im Ausschuss – und das Ein­zige, das Sie darauf zu antworten hatten, war eine persönliche Kritik ad hominem, an­statt auf die Sachargumente einzugehen. (Abg. Krist: ... das strotzt nur so vor Unwis­sen!) Es ist genau das Gleiche wie schon im Ausschuss. (Beifall bei NEOS und FPÖ.) Sie werden mir erlauben, zu sagen, dass genau das im Übrigen die Definition von einer sexistischen Reaktion auf die Wortmeldung einer jungen Kollegin ist. (Beifall bei NEOS und FPÖ. – Rufe bei der SPÖ: Aber geh!)

Die Sportförderung in Österreich ist nämlich die allerletzte Bastion, in der noch brav al­les zwischen Rot, Schwarz und dem Rest aufgeteilt ist – und so funktioniert das immer noch. Das ist eine Tragödie, nicht nur für die Qualität, die wir uns von der Politik erwar­ten, sondern vor allem für die Sportlerinnen und Sportler. Jetzt haben wir ein neues Ge­setz, das eine Gelegenheit geboten hätte, der Sportförderung Rahmenbedingungen zu ge­ben, die wirklich einem modernen Staat entsprächen, aber diese Gelegenheit wurde – das ist jetzt keine allzu große Überraschung – natürlich nicht genutzt.

Das grundsätzlich Absurde in der Breitensportförderung, nämlich dass wir hier drei poli­tisch geprägt Dachverbände haben, denen wir das Geld in die Hand geben, damit sie das weiter verteilen dürfen, wurde hier nicht geändert, sondern einzementiert. Das ist ganz sicher weder ein sinnvoller noch ein effizienter noch ein wirksamer Einsatz von Steuer­geld. Diese bestechende Logik wurde hier einfach im Gesetz weiter schwarz auf weiß ein­zementiert und für die Ewigkeit abgesichert.

Es gab Kritik – im aktuellen „SPORTMAGAZIN“ zum Beispiel oder auch vom „Dossier“ –, aber auch auf diese Kritik wird von Ihnen nur ad hominem gegen die Autoren eingegan­gen, anstatt die Argumente vielleicht aufzunehmen.

Und so haben wir jetzt im § 3 den Breitensport sogar offiziell im Gesetz nur noch als Vereinssport definiert, was also einen Ausschluss all jener, die nicht in Vereinen orga­nisiert Sport betreiben, bedeutet. (Abg. Weninger: Was wollen Sie denn? Individualför­derung für das Fitnesscenter?) Und ja, Sie werden es vermuten, es ist nicht nur die Mehrheit, sondern rund 80 Prozent jener, die in Österreich Breitensport betreiben, sind nicht in Vereinen organisiert. Wir sind keine Vereinsmeier-Nation im Sport, schon lange nicht mehr. Trotzdem gibt es weiterhin eine absurde und sachlich unbegründete Son­derstellung von ÖFB, ÖSV und ÖOC – Letzteres hat sich noch extra in den Aufsichts­rat dieser neuen GmbH hineinreklamiert! (Abg. Krist: Blödsinn!)

Warum die GmbH überhaupt so in dieser Form kommt, konnte auch nicht sachlich be­gründet werden und genau das hat auch der Rechnungshof in seiner Stellungnahme he­rausgenommen. Was letztendlich natürlich ganz Banane ist, ist, dass es jetzt möglich ist, dass Förderempfänger in den Kommissionen über die Förderentscheidungen mitbe­stimmen – was die absolute Definition von Unvereinbarkeit ist. Man müsste dieses Bei­spiel aus dem neuen Gesetz in das politische Wörterbuch dieses Hauses hineinschrei­ben: Unvereinbarkeit ist das Sportförderungsgesetz und die Sportpolitik in Österreich.

Aufgrund dieser angeführten Kritikpunkte der Oppositionsparteien kann man diesem Ge­setz einfach nicht zustimmen. Es ist eigentlich wirklich ein Irrsinn, dass Sie das hier als eine ernsthafte Reform der Sportförderung verkaufen. (Beifall bei NEOS und FPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 48

10.37


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Mag. Doskozil zu Wort ge­meldet. – Bitte, Herr Minister.

 


10.37.35

Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Hans Peter Doskozil: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich glaube, zunächst sollte man, wenn man über das neue Sportförderungsgesetz und die Modalitäten da­hinter diskutiert, schon auch die Ausgangslage beurteilen. Die Ausgangslage ist zum ei­nen in rechtlicher und auch in kompetenzrechtlicher Hinsicht jene, dass sich der Sport nicht nur über den Bund und über die Fördermöglichkeiten des Bundes, sondern im Grunde auch sehr stark über die Länderkompetenzen definiert. Da muss man in der Dis­kussion dann natürlich aufpassen, dass man nicht die eine oder andere Kompetenz ver­wechselt. Außerdem gibt es eine Unabhängigkeit des Sports, eine Unabhängigkeit der Sportorganisationen, der BSO und anderer Organisationen. Einerseits muss man das als Minister, der vielleicht das eine oder andere regeln will, zur Kenntnis nehmen, anderer­seits ist es wichtig, dass es diese autonome Sportwelt gibt und dass es – wie auch in un­serem föderalen System – eben eine gewisse Kompetenzverteilung gibt.

Auf der anderen Seite muss man auch die Ausgangslage beurteilen, wie sie sich auf Bundesebene im Bereich der Sportfördervergaben dargestellt hat. Die Ausganslage war für mich – und so wurde sie auch von Vertretern aus dem Sport und von den Sportlern an mich herangetragen –, dass wir derzeit auf Bundesebene eine Sportfördersystema­tik in verschiedenen Bereichen mit verschiedenen Ansätzen, mit verschiedenen Mög­lichkeiten, mit verschiedenen Modalitäten, Abrechnungen durchzuführen, haben – sei es auf der einen Seite in unserem Hause in der Sportsektion, sei es auf der anderen Seite im Bereich des BSFF oder durch das Projekt RIO et cetera. Es gibt da also wirklich ver­schiedene Ansätze.

Da muss es, glaube ich, mit Fug und Recht erlaubt sein, das zu hinterfragen – auch im Sinne der Sportlerinnen und Sportler –, denn wir alle wollen ja die Möglichkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten im Bereich des Sports für die Sportlerinnen und Sportler bestens gestalten. Dazu müssen wir aber diese Rahmenbedingungen auch entspre­chend verändern. Genau das haben wir mit diesem Sportgesetz natürlich versucht. Ich sage auch ganz offen, dass das ein erster Schritt ist. Man wird höchstwahrscheinlich immer wieder Entwicklungsmöglichkeiten und weitere Schritte definieren können. Die­se Wege muss man in weiterer Folge auch gehen, aber das ist ein erster wichtiger Schritt, um hier eine klare Linie vorzugeben.

Die klare Linie ist ganz eindeutig zu erkennen: Alle Fördermittel, die wir auf Bundes­ebene vergeben werden, auch die Möglichkeiten des Hauses, auch meine Möglichkei­ten, da Fördermittel zu vergeben, werden nach klaren Kriterien und Richtlinien in die GmbH überführt. Es wird auch in weiterer Folge klare Kriterien und Richtlinien für die Verantwortlichen im Bereich dieser GmbH geben.

Wenn wir eine Tochter in diesem Bereich in Form dieser GmbH implementieren, be­deutet das nicht, dass sich die Politik aus der Verantwortung stiehlt. Die Politik muss in weiterer Folge, weil es ja öffentliche Mittel und Gelder sind, nun auch definieren, was die Ziele sind, die zu erreichen sind. Die Ziele sind aus meiner Sicht ganz klar: Wir be­nötigen auf der einen Seite dringend eine Harmonisierung im Bereich der Sportstätten, vor allem zwischen Bund und Ländern. Wir brauchen ein klares Bekenntnis dazu, dass sich die Sportverbände – viele sind sehr gut geführt – auch richtig entwickeln, dass sie gut geführt werden, dass die Verbände, die ja die Heimat der Spitzensportler sind, in weiterer Folge auch eine gute Basis für die Spitzensportler sind.

Wir haben uns klar dazu bekannt, dass es ein anderes Abrechnungsmodell geben muss, damit auch die Verbände im Sinne der Sportler mehrjährig planen können, eine Mittel­vergabe, die nicht darauf aufgebaut ist, dass sich jeder Verband immer wieder die Fra­ge stellen muss, ob er entsprechend vorfinanzieren muss, vorfinanzieren kann, welche


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 49

Projekte er einreichen muss, um in weiterer Folge Projekte wieder umzuschichten, um die Mittel tatsächlich dafür zu verwenden, wofür er sie eigentlich braucht.

Da gibt es und wird es auch einen entsprechenden Vertrauensvorschuss für die Arbeit der Verbände geben, aber – und das ist auch aus meiner Sicht klar – es muss auch ein Kontroll- und ein Controllingsystem dahinter geben und es muss ein klares Bekenntnis dazu geben, dass es im Bereich der Führung der Verbände und dann, wenn es um den Sport und um die Entwicklung des Sports geht, ein Leistungsprinzip gibt.

Auch beim Breitensport müssen wir möglicherweise andere Wege andenken, müssen wir in Regionen denken, müssen wir zwischen den Dachverbänden zusammenwirken, müssen wir auch gemeinsame Projekte forcieren. Auch das wird ein klares Ziel dieser GmbH zur Sportförderung sein.

Wenn ich hier einzelne Stellungnahmen oder einzelne Redebeiträge vielleicht doch beur­teilen darf, dann sage ich, dass es mir schon wichtig ist, dass man auch von den Din­gen spricht, die tatsächlich im Gesetz enthalten sind. Ich habe es heute schon gesagt: Wenn man hier davon spricht, dass die Vertreter des Sports, die Verbandsverantwortli­chen, möglicherweise in den Kommissionen selbst bestimmen können, wie, in welcher Höhe und ob Fördermittel vergeben werden, dann ist das schlichtweg nicht richtig.

Richtig ist vielmehr, dass es da in einem Wechselspiel zwischen der Geschäftsführung und der Kommission zu einer Vereinbarung kommen muss. Wenn kein Einvernehmen hergestellt werden kann, geht die Entscheidung in den Aufsichtsrat, der in weiterer Fol­ge mit einer Dreiviertelmehrheit zu entscheiden hat. Wenn die Entscheidung in dieser Art und Weise und auf diesem Weg nicht herbeigeführt werden kann, dann gibt es kei­ne Fördervergabe. Das zeigt auch ganz klar, dass der Verfahrensverantwortliche, der in der Kommission sitzt, nicht final bestimmen kann, ob er in dieser Art und Weise und Größenordnung auch eine Förderung erhalten kann. Zusätzlich ist auch eine Unverein­barkeitsregelung enthalten, dass der jeweilige Verbandsverantwortliche, wenn es da­rum geht, dass sein Verband in der Förderfrage betroffen ist, gar nicht zum Zug kommt und gar nicht mitstimmen darf.

Zur Frage der Transparenz: Es ist richtig, wenn wir feststellen, dass bereits im BSFF eine entsprechende Möglichkeit zur Transparenz, eine Möglichkeit, auch zu veröffentli­chen, gegeben war, nicht aber in anderen Bereichen. Wir haben jetzt alle Bundesmittel zusammengefasst, und alle Bundesmittel werden in weiterer Folge in der Art und Wei­se, wie sie vergeben werden, an wen sie vergeben werden, auch transparent gemacht.

Wenn wir heute über ein neues Begutachtungsverfahren diskutieren, wozu dieser An­trag eingebracht wurde, dann muss ich mich schon fragen, ob man in den letzten Mo­naten die Entstehung dieses Gesetzes nicht verfolgt hat. Wir sind ganz klar und be­wusst einen anderen Weg als sonst bei Erstellung und Entstehen von Gesetzen ge­gangen. Wir haben Monate hindurch die Gespräche mit den Fachverbänden und Dach­verbänden geführt. Das Gesetz ist in seiner Konfiguration eigentlich in diesem Kreis der Sportwelt entstanden. Das ist das Ergebnis, natürlich mit gewissen Grundsätzen, die auch der Bund zu vertreten hat, wenn es um Kontrolle und die Verwendung von öf­fentlichen Mitteln geht. Das ist aber das Ergebnis, das sich die Sportwelt, die Verbände für die Ausübung ihres Spitzensportes, für ihre Sportlerinnen und Sportler gewünscht haben, und ich glaube schon, dass es sich der österreichische Sport verdient hat, dass wir ihnen diesen Vertrauensvorschuss auch geben.

Auf der anderen Seite wurde daraufhin auch ein entsprechendes Begutachtungsverfah­ren geführt, und ich sehe nicht ein, wie man bei dieser intensiven Einbindung der Sport­welt, in weiterer Folge bei dieser intensiven Befassung im Bereich der Begutachtung über­haupt auf die Idee kommen kann, jetzt wieder eine Begutachtung zu machen. Das ist ja


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 50

gerade das Problem in diesem Bereich: Wir diskutieren dann monatelang und jahre­lang Dinge, und in Wirklichkeit verändert sich nichts.

Wenn man bei einer Sachlage erkannt hat, dass man Handlungsbedarf hat, dann muss man die Dinge auch angreifen, man muss sie annehmen und auch versuchen, zu ver­ändern. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Steger.)

Ich habe es eingangs angesprochen: Ich nehme für mich nicht in Anspruch, dass die­ses Gesetz vollständig richtig ist, dass wir alles, was wir uns vielleicht wünschen, alle Ziele, die wir uns vorgenommen haben, damit auch abdecken konnten. Das ist mir durch­aus bewusst, das ist immer so. Bei jeder Entwicklung einer Organisation – das betrifft hier den Sport, das betrifft aber auch ein zweites Thema, das Bundesheer – muss man sich ständig hinterfragen. Man muss hinterfragen, ob das die richtigen Schritte waren, wo es Verbesserungsmöglichkeiten gibt und wo nicht, und man muss auch zukünftig da­ran arbeiten. Das bedeutet für mich nicht, dass dieses Sportgesetz jetzt final ist, dass das das Gesetz für die nächsten Jahre und der Modus für die nächsten Jahrzehnte ist, son­dern dass man die Größe haben muss, sich zu hinterfragen und auch Änderungen, wenn sie erforderlich sind, zukünftig vorzunehmen. (Abg. Steger: Genau dasselbe wurde 2013 gesagt!)

Ich habe schon in allen Ausschusssitzungen erlebt, dass es einen gewissen Schröcks­nadel-Komplex in diesem Haus und in diesem Kreis gibt, das ist mir schon bewusst, das habe ich schon bemerkt. Eines möchte ich an dieser Stelle aber auch sagen: Peter Schröcksnadel hat vor Jahren und Jahrzehnten einen Österreichischen Skiverband über­nommen, der defizitär war, und hat diesen Skiverband in eine wirtschaftlich ausge­zeichnete Situation geführt, er hat ihn zu sportlichen Erfolgen geführt. (Zwischenruf des Abg. Brosz.) Wir brauchen nur zu schauen, wie sich seit dem Zeitpunkt, als Peter Schröcksnadel diesen Skiverband übernommen hat, die sportlichen Erfolge in Öster­reich darstellen. Wir sind eine Skination, aber das würde man sich sicherlich auch für andere Bereiche wünschen.

Daher muss man, glaube ich, da die Möglichkeiten in der Art und Weise, wie wir sie heu­te auf den Tisch gelegt haben, schaffen, muss den Verbänden und den Sportlern den Vertrauensvorschuss geben, damit sie dieses Gesetz auch leben können.

Abschließend sei auch von meiner Seite den Mitarbeitern gedankt, vor allem auch der BSO, die sich in der Entstehung, vor allem in der Diskussion mit den Fachverbänden sehr verdient gemacht haben, und ich bin überzeugt davon, dass dieses Gesetz den Weg eröffnet, dass der österreichische Sport in der Zusammenwirkung von Verbänden bis hin zu den Sportlern – dort soll ja das Geld, dort sollen ja die Mittel ankommen – die richtige Basis hat. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

10.47


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gusenbau­er-Jäger. – Bitte.

 


10.48.04

Abgeordnete Marianne Gusenbauer-Jäger (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Hohes Haus! Bevor ich in die Debatte eingehe, darf ich im Namen des Abgeord­neten Jürgen Schabhüttl die Volksschule Siget in der Wart aus dem Südburgenland mit ihrem Bürgermeister Josef Halper sehr herzlich begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Auch heute könnte ich damit beginnen, dass die Tinte, mit der etwas unterzeichnet wird, noch nicht trocken ist und schon wieder die ersten Unkenrufe und die erste Kritik begin­nen. Der Herr Bundesminister hat auch vorhin bestätigt, und ich finde es auch wichtig und richtig, dass ein Gesetz, das gemacht wird, nicht in Stein gemeißelt sein kann, son­dern dass nach einer bestimmten Zeit evaluiert wird und dann natürlich auch eine No­vellierung stattfinden muss. Das finde ich sehr gut so.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 51

Der Bund, in diesem Fall die Bundeseinrichtung, wandelt sich vom Amt zum Dienst­leister. Diese Nachricht wird mit der heutigen Novelle beschlossen, so hoffe ich zumin­dest.

Die bisherige Förderpraxis für Sportverbände und Veranstaltungen hat gezeigt, dass es einige Probleme und Hemmschwellen gibt. Aus diesem Grund hat unser Sportmi­nister Hans Peter Doskozil mit Unterstützung der Bundes-Sportorganisation einen ra­dikalen Schnitt gemacht und Verbesserungen erarbeitet.

Ich darf hier einige Punkte aufzählen: Die Mehrgleisigkeiten werden abgeschafft. Die Ab­wicklung wird künftig in eine schlanke GmbH ausgelagert. Alle Förderungsangelegen­heiten werden im Sinne eines One-Stop-Shops erledigt. Die Öffentlichkeit wird über In­ternet informiert, dadurch entsteht eine gesteigerte Transparenz. Die Förderzeiträume werden auf vier Jahre ausgedehnt, dadurch können die Vereine und die Sportverbände sicherer planen.

ExpertInnen der neuen Bundes Sport GmbH begegnen jetzt den FunktionärInnen der Sportverbände auf Augenhöhe und beraten diese in Förderangelegenheiten und bei Groß­veranstaltungen. Die Bundes Sport GmbH übernimmt auch die Koordination der Bun­dessporteinrichtungen, der sportmedizinischen und sportwissenschaftlichen Betreuung des Bundes.

Was mich an der optimierten Struktur besonders freut, ist der Umstand, dass in weite­rer Folge eine engere Zusammenarbeit zwischen dem Breitensport und dem Leistungs- und Spitzensport stattfindet und auch mit dem Behindertensport eine Verbindung her­gestellt wird. Wir schaffen hiermit gute Voraussetzungen, unter denen österreichische Sportlerinnen und Sportler ihre Leistungen unter Beweis stellen können. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.51


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Weigers­torfer. – Bitte.

 


10.51.18

Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Minister! Wer­tes Hohes Haus! Wir alle wissen, dass Sport gesellschaftlich unheimlich wichtig ist, und wir alle wissen, dass der Sport ohne Unterstützung aus der Wirtschaft und vor allem auch aus der Politik sehr schwer überleben kann.

Jetzt soll mit diesem neuen Bundes-Sportförderungsgesetz eine umfassende Reform der Sportförderung auf den Weg gebracht werden – insoweit ist das gut. Ich darf auch die gut gemeinten Worte des Herrn Ministers aus einem Interview vom 2. Juni erwäh­nen, der klarstellte, dass er mit diesem Gesetz endlich Licht ins Dickicht des Förder­dschungels bringen möchte und dieses Gesetz für mehr Effizienz, Transparenz und Nach­haltigkeit sorgen soll. Der Sportler sollte wieder in den Mittelpunkt kommen.

Das heißt, wir sehen schon, dass es durch dieses „wieder“ auch ein bisschen eine Klar­stellung war, dass das offensichtlich nicht immer so war. Jetzt nehme ich das einmal sehr positiv und sage, dass der Herr Minister da tatsächlich etwas ändern will. Die Fra­ge ist, ob es mit diesem Gesetz auch gelungen ist. Viele Vorredner haben es schon ge­sagt, und ich muss mich leider auch anschließen und in die gleiche Kerbe schlagen: Ich denke nicht, dass mit diesem neuen Gesetz wirklich die Mittel zum Endverbraucher, zum Sportler kommen, sondern wieder sehr viele Dinge am Weg dorthin verlorengehen. Das sind Dinge, die jetzt nicht nur die Oppositionsparteien hinterfragen, sondern auch der Rechnungshof hat diesbezüglich auch schon mehrfach aufgezeigt.

Drei Punkte möchte ich explizit herausnehmen, die ich in der Umsetzung sehr, sehr falsch finde, dass nämlich nach wie vor der Fördergeber der Fördernehmer ist. Da ist


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 52

einfach ein inakzeptabler Missstand vorhanden. Ähnliches gilt auch für die Zusammen­setzung der Kommissionen, nämlich aus je zwei Vertretern aus den Ministerien und je vier Vertretern aus der BSO mit einem Beschlussquorum von zwei Dritteln. Da weiß jeder, dass es natürlich eher sehr schwierig sein wird, optimal zu agieren.

Auch die Zusammenlegung von Grund- und Projektförderung schafft nach wie vor In­transparenz. Der für mich persönlich wichtigste Punkt ist aber, warum mit diesem Ge­setz nicht endlich die Sportförderdatenbank mitimplementiert worden ist. Das ist eine Da­tenbank, die bereits seit 2013 im Bundes-Sportförderungsgesetz gesetzlich festgelegt ist. Man hätte jetzt wirklich die Möglichkeit nützen können, mit diesem BundesSportför­derungsgesetz auch die rechtliche Grundlage für diese so wichtige Transparenzdaten­bank zu schaffen. Das ist eigentlich persönlich mein größter Kritikpunkt.

Die anderen Kritikpunkte, fürchte ich, wird man auch nicht wegdiskutieren können. Das ist schade, weil letztendlich der Sport, jeder einzelne Sportler der Verlierer sein wird, und das finde ich nicht richtig und nicht gut. Indirekt sehe ich ja auch durch Sie, Herr Minister, die Bestätigung, dass Sie selber noch nicht zufrieden sind. Die Frage ist, wa­rum man dann das Gesetz so verabschiedet.

Bitte noch einmal zurück zur Schulbank, hier nachschärfen und dann ein Gesetz ins Parlament bringen, das auch sicher mehrheitlich mitgetragen wird, damit wirklich der Sport der Gewinner ist! – Danke schön. (Beifall beim Team Stronach.)

10.55


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ertlschwei­ger. – Bitte.

 


10.55.21

Abgeordneter Rouven Ertlschweiger, MSc (ÖVP): Frau Präsidentin! Werter Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Der ehemalige Generalstaatsanwalt von Kalifornien, Earl Warren hat einmal gesagt: Ich lese die Sportseite in der Zeitung immer zuerst, denn sie verzeichnet menschliche Höchstleistungen. Auf den ersten Seiten findet man nur die Fehlleistungen. – Zitatende. Das stimmt im Falle des Bundes-Sportförderungsgesetzes nicht.

Meine Damen und Herren! Für mich ist das Bundes-Sportförderungsgesetz eigentlich ein Paradebeispiel dafür, wie politische Prozesse de facto ablaufen sollten, nämlich sachlich, fair, im gegenseitigen Respekt und vor allem zielorientiert. Alle betroffenen Or­ganisationen und Gruppierungen wurden im Vorfeld eingebunden, haben wertvolle Bei­träge und auch Sichtweisen eingebracht. Natürlich kann man es nicht jedem recht ma­chen, und auch Kritik ist, sofern sie sachlich vorgetragen wird, immer angebracht und wichtig. In dem Fall ist sie meiner Meinung nach nicht ganz gerecht, denn dieses Bun­des-Sportförderungsgesetz ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Wir sind sicher noch nicht am Ende angekommen.

Auch beim Sicherheitspolizeigesetz wird es Novellierungen geben, bei der Straßenver­kehrsordnung wird es Novellierungen geben, ganz einfach deswegen, weil sich die Welt weiterentwickelt und auch immer wieder Adaptierungen notwendig sind.

Die Schwerpunkte des Bundes-Sportförderungsgesetzes wurden heute schon mehrfach erwähnt. Mehrgleisigkeiten werden abgeschafft, es wird eine gemeinnützige GmbH ge­schaffen und es gibt eine One-Stop-Shop-Lösung, an einer Stelle wird alles konzentriert. Summa summarum soll es weniger Bürokratie für die Verbände geben, eine raschere Umsetzung für deren Anliegen, was prinzipiell sehr lobenswert und auch gut ist.

Meine Damen und Herren! Die Förderung des Sports ist ein gesamtgesellschaftliches Anliegen, mit diesem Bundes-Sportförderungsgesetz machen wir den Schritt in die rich­tige Richtung. Kritik ist angebracht, nur: Von vornherein immer alles schlechtzureden, ist auch nicht hilfreich.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 53

Deswegen sage ich einmal: Setzen wir es um, packen wir es im Sinne des österrei­chischen Sportes an! Danke an den Herrn Minister und an unsere Fraktion, an Johannes Rauch, der das wirklich sehr gut verhandelt hat. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.57


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Hö­bart. – Bitte.

 


10.57.51

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Hohes Haus! Gleich vorweg möchte ich eine FPÖ-Bezirksgruppe bei uns auf der Galerie begrüßen, nämlich die Bezirksgruppe Geidorf, FPÖ-Graz, und den Seniorenring der Stadt Graz. Herzlich willkommen hier im Hohen Haus! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Jetzt zum neuen Bundes-Sportförderungsgesetz. Was wir da in den letzten Minuten gerade von roter und schwarzer Seite zu hören be­kommen haben, ist ja genau der Hintergrund, warum in dieser Republik nichts mehr wei­tergeht. Apparatschiks regieren diese Republik! Man hat von keinem Abgeordneten – und ich muss ganz offen sagen, auch von Ihnen, Herr Minister, nicht – gehört, dass es um die Sportler geht, sondern wir haben nur von Dachverbänden gehört, vom Verband hier, von der Bundes-Sportorganisation da, wie dieser Gesetzwerdungsprozess ent­standen ist. Es hat sich einmal mehr bewiesen, dass es Rot und Schwarz nur um eines geht, nämlich um Packelei. Das ist auch der Hintergrund bei diesem neuen oder an­geblich neuen Bundes-Sportförderungsgesetz. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Das haben wir gestern bei Rot und Blau gehabt!)

Meine Kollegin Petra Steger wurde hier kritisiert. Sehr geehrte Damen und Herren, Pet­ra Steger ist die einzige Spitzensportlerin in diesem Hohen Haus, und sie versteht et­was von der Sache. Man hätte sehr wohl genau auf meine Kollegin hören können, statt dass man nur versucht, den eigenen Beton anzurühren. Gerade dann stehen da immer wieder Abgeordnete, die genau in diesem Beton auch einbetoniert sind, Herr Kollege Krist, zum Beispiel, als Präsident des ASKÖ. (Beifall bei der FPÖ.) Ihnen geht es in Wirklichkeit immer nur um den eigenen Verband, das ist das Allerwichtigste. Das ist für Sie, Herr Krist, das Allerwichtigste (Abg. Krist: 4 000 Vereine!): Beton anrühren und dass alles so bleibt, wie es ist! Ich kann es ja auch inhaltlich begründen. (Abg. Krist: Alle eh­renamtlich!) – Ja, ja, ehrenamtlich. Wir kennen das eh von roter und schwarzer Seite.

Gehen wir einmal inhaltlich auf das neue Bundes-Sportförderungsgesetz ein. (Zwischen­ruf des Abg. Matznetter.) Es wird hier eine Bundes Sport ... (Abg. Matznetter: Was ist mit Hellas-Kagran? – Abg. Neubauer: Was ist mit Rapid, die kriegen Millionen!) – Frau Präsidentin, das ist gerade ein bisschen unangenehm.

Es wird jetzt eine Bundes Sport GmbH eingerichtet, bei der letztendlich der Bundesmi­nister ein Weisungsrecht hat und die eine 100-prozentige Tochter des Bundes ist. Wo, Herr Minister, findet da Entpolitisierung statt? – Es gibt keine Entpolitisierung! Und in Wirklichkeit wissen wir schon, wer die Geschäftsführer dieser Bundes Sport GmbH wer­den sollen. Ich möchte jetzt keine Namen nennen, auch die kursieren bereits (Zwischen­ruf des Abg. Matznetter), aber dreimal darf das Publikum raten, wer die Geschäftsfüh­rer dieser Bundes Sport GmbH werden sollen – mit Sicherheit ein Roter und ein Schwar­zer!

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir fragen uns, warum es Neuwahlen gibt. – Bleibt doch beieinander, führt die Republik weiterhin so schlecht wie bisher, dann werdet ihr nämlich von der Bevölkerung bei den nächsten Wahlen wirklich vertrieben werden von der politischen Macht, wie man so schön sagt! (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 54

Aber das ist doch in Wirklichkeit der einzige Hintergrund, das hält euch zusammen: die Macht, die Funktionäre, die Apparatschiks. Das ist genau der Hintergrund, genau das, wofür dieses Bundes-Sportförderungsgesetz Neu sein soll: zum Einbetonieren der ei­genen Macht. Die Funktionärsstrukturen werden so beibehalten wie bisher, zwar in ei­ner neuen GmbH, aber, wie gesagt, mit Weisungsrecht des Bundesministers und als 100-prozentige Tochter des Bundes. Hier gibt es keinerlei Neuerungen! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Matznetter: Warum haben Sie dann Martin Graf bei Hellas-Kagran ...? – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

11.01


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Antoni. – Bitte.

 


11.01.29

Abgeordneter Konrad Antoni (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Ein Wort zu meinem Vorredner: Eigentlich müssten wir ja Danke sagen, denn je populistischer hier die Kritik vorgetra­gen wird, desto mehr haben wir die Gewissheit, dass wir heute hier ein sehr, sehr gu­tes Sportförderungsgesetz diskutieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren! Ein wesentlicher Punkt, warum ich, warum wir diesem Gesetz unsere Zustimmung geben, ist: Am Ende des Tages muss mit diesem Sportför­derungsgesetz die Förderung bei der Sportlerin, beim Sportler ankommen. Es müssen bessere Bedingungen für den Zugang zum Sport ermöglicht werden. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Ein besserer Zugang zum Sport wäre zum Beispiel die Möglichkeit, wohnortnahe, in den Schulen, aber zumindest in der Region Sport auszuüben. Ich denke, nur so können wir gute Sportlerinnen und Sportler entdecken, nur so können wir Sportlerinnen und Sportler fördern, fordern und deren Leistungswillen auch massiv unterstützen, denn wir alle ken­nen die Entwicklung der heutigen, sagen wir, digitalen Gesellschaft und deren Auswir­kungen, nämlich den vorhandenen Mangel an Bewegung, speziell bei den jungen Men­schen. Wir brauchen daher ein breites Angebot im Sport und im Bereich der Bewegungs­möglichkeiten. Ein solches Angebot ist in meinen Augen wirklich essenziell und wichtig für die Bevölkerung, und es ist notwendig, dieses in den Fokus zu bringen. Und genau deshalb ist es wichtig, dass die Sportverbände und die Vereine gut aufgestellt sind, dass sie möglichst unbürokratisch und transparent gefördert werden, weil sie auch in den Re­gionen und Gemeinden immer ein wesentlicher Bestandteil im Bereich des Sports wa­ren und sind.

Es ist daher wichtig, dass die Förderungen für die Verbände auf solide Beine gestellt werden. Das ist aus unserer Sicht sehr, sehr gut gelungen, denn – seien wir einmal ehr­lich! – was nützen uns Förderungen, wenn diese Förderungen nicht abgeholt werden, weil die Förder- und Abrechnungsrichtlinien nicht mehr zeitgemäß sind? Das heißt, die Fördermodalitäten werden so vereinfacht, dass die Förderungen künftig zielgerichtet bei den Sportlerinnen und den Sportlern ankommen – das muss und wird das oberste Ziel sein.

Ich darf abschließend ein sehr, sehr herzliches Danke an meinen Kollegen Hermann Krist für die Konsequenz in den Verhandlungen aussprechen. Ich bedanke mich sehr herzlich bei Herrn Bundesminister Doskozil und bei all jenen, die daran mitgewirkt ha­ben, dass wir dieses Bundes-Sportförderungsgesetz heute beschließen können. – Dan­ke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Diesner-Wais.)

11.04


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


11.04.23

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit)|: Herr Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf zuerst allen Sportfunktio-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 55

närinnen und Sportfunktionären ein Dankeschön für ihre hervorragende Arbeit, die sie leisten, aussprechen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Sportförderung soll auf neue Beine ge­stellt werden. Die heimische Sportförderung wird also nach der Reform von 2013 er­neut auf neue Beine gestellt oder soll auf neue Beine gestellt werden, geht es nach der ÖVP und nach der SPÖ. Die Fördertöpfe kommen in Zukunft in eine Hand, um eine mögliche Doppelförderung abzustellen.

Gebündelt werden sollen die Fördervergaben in einer neu zu schaffenden GesmbH. Eine neue Sport GesmbH und noch eine GesmbH, eine Tochtergesellschaft der ersten GesmbH – hier werden die Bürokratie und die Verwaltung noch einmal so richtig aufge­bläht.

Das Geld, meine sehr geehrten Damen und Herren, soll zu den Sportlern, zu den Athle­ten, zu der Jugend und dem Nachwuchs gehen und nicht in die Verwaltung. Ausbe­zahlt soll in Zukunft vermehrt nach Leistung, nach Leistungskriterien werden. Der För­derzeitraum wird auf vier Jahre verlängert.

Ich glaube, meine Damen und Herren, mit diesen Maßnahmen kommt das Geld nicht dort an, wohin es gehört, nämlich zu den Sportlerinnen und Sportlern, sondern es ver­sickert in der Bürokratie und in der Verwaltung. Deshalb ist diese Vorgangsweise nicht in Ordnung. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten von FPÖ und Team Stronach.)

11.06


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Jank. – Bitte.

 


11.06.05

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mein kleingeistiger Kollege vom Regierungspartner hat bei der Aufzählung der Behindertensportorganisationen in diesem Land den Österreichi­schen Behindertensportverband vergessen, was ich allerdings gerne nachhole.

Herr Bundesminister, herzlichen Dank dafür, dass Sie für die Behindertensportverbän­de hier in Österreich eine ausreichende Basisfinanzierung sichergestellt haben. Dies er­möglicht uns neben den für uns natürlich weiterhin notwendigen Spenden- und Sponso­rengeldern, unserer Arbeit gerecht zu werden!

Es ist mehr als schwierig, im Behindertensport der Aufgabe gerecht zu werden, und es bedarf einer Unzahl an ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Beschaf­fung der Geräte ist oft mit sehr viel Aufwand verbunden. Wir entwickeln zurzeit gerade eine neue Sportart, den E-Rolli Fußball, die vor allem auch Schwerstbehinderten die Mög­lichkeit gibt, sportlich tätig zu sein. Der E-Rolli, ein spezieller Rollstuhl, mit dem man die­sen Sport ausüben kann, kostet 10 000 €. Damit auch wirklich eine Mannschaft zustan­de kommen kann, braucht es mehrere solcher Geräte. Sie können sich jetzt vielleicht ei­ne Vorstellung davon machen, was es bedeutet, Behindertensport zu betreiben. Aber nichts ist wichtiger als das, weil das für viele Menschen der Weg zurück ist, wenn sie zum Beispiel nach einem Unfall oder aufgrund einer Erkrankung behindert sind – der Weg zurück in die Normalität des Lebens.

Ich bedanke mich daher bei allen Funktionärinnen und Funktionären, die hier tätig sind. Ich bedanke mich für die vielen unbezahlten Stunden, die dafür aufgewendet werden, dass wir auch Staatsmeisterschaften ausrichten können – vergangene Woche die Tisch­tennisstaatsmeisterschaft, nächste Woche die Leichtathletikstaatsmeisterschaft –, die notwendig sind, damit sich unsere Sportler qualifizieren können: zur Teilnahme an Eu­ropameisterschaften, an Weltmeisterschaften und bei den Paralympischen Spielen. Und


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 56

dass sie dabei erfolgreich sind, das zeigen die Ergebnisse der letzten Paralympischen Sommerspiele: eine Gold-, vier Silber-, vier Bronzemedaillen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.08

11.08.28

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung. (Abg. Gerhard Schmid spricht mit den Bediensteten auf dem Präsidium.) – Herr Kollege Schmid, würden Sie bitte auch an der Abstimmung teil­nehmen? (Abg. Gerhard Schmid begibt sich zu seinem Sitzplatz.)

Wir kommen zur Abstimmung.

Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Steger, den Gegenstand an den Aus­schuss für Sportangelegenheiten rückzuverweisen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

In diesem Falle kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1744 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben wollen, um ein Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer stimmt auch in dritter Lesung zu? – Das ist wiederum die Mehrheit. Somit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

11.09.572. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2170/A der Abgeordneten Dr. Chris­toph Matznetter, Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 (EstG 1988) geändert wird (1721 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2231/A der Abgeordneten Ing. Mag. Werner Groiß, Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaft­steuergesetz 1988, das Stiftungseingangssteuergesetz, das Aktiengesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert sowie aktienrechtliche Son­derregelungen über die planmäßige Abgabe von Aktien einer Arbeitgebergesell­schaft erlassen werden (Mitarbeiterbeteiligungsstiftungsgesetz 2017 – Mitarbei­terBetStG 2017) (1722 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2237/A der Abgeordneten Ing. Mag. Werner Groiß, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaft­steuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994 und das Alternative Investment-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 57

fonds Manager-Gesetz geändert werden (Mittelstandsfinanzierungsgesellschaf­tengesetz 2017 – MiFiGG 2017) (1723 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2238/A der Abgeordneten Ing. Mag. Werner Groiß, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tabaksteuergesetz 1995 und das Tabakmono­polgesetz 1996 geändert werden (1724 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2239/A der Abgeordneten Ing. Mag. Werner Groiß, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz geändert wird (1729 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1663 d.B.): Verein­barung gemäß Art. 15a B-VG über die Erprobung des Bildungskompasses im Land Oberösterreich im Kindergartenjahr 2017/18 (1731 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen nun zu den Punkten 2 bis 7 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Rednerin: Frau Abgeordnete Lichtenecker. – Bitte.

 


11.11.44

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Damen und Herren! Ein wesentlicher Punkt, der jetzt hier beschlossen werden soll, ist die Erhöhung der Forschungsprämie. Österreich hat ein bewährtes Sys­tem an direkter und indirekter Forschungsförderung, und bei der indirekten Forschungs­förderung, der Forschungsprämie, ist bereits in den letzten Jahren eine 50-prozentige Er­höhung erfolgt.

Es ist keine Frage, die Forschung ist für uns ein ganz wichtiger und zentraler Punkt, um entsprechende Lösungen für und Antworten auf die großen Herausforderungen un­serer Zeit zu finden, sei das der Klimawandel, seien das so große Themen wie die digi­tale Entwicklung. Und es ist selbstverständlich wichtig, die Forschung, sowohl die Grund­lagenforschung als auch die angewandte Forschung, massiv zu forcieren, um den Wis­sensstandort und den Wirtschaftsstandort Österreich entsprechend zu stärken; das be­deutet natürlich auch Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen.

Ja, die Forschungsprämie wurde in den letzten fünf Jahren um 50 Prozent erhöht. Und jetzt steht die nächste Erhöhung, so beabsichtigen das ÖVP und SPÖ, ante portas. Es gibt keine Expertise, es gibt keine wissenschaftliche Grundlage und keine Evaluierung, die de facto ausführt, dass wir diese Forschungsprämie wieder in dieser undifferenzier­ten Form erhöhen sollen.

Ich glaube, dass es längst an der Zeit ist, hier eine intelligente Differenzierung vorzu­nehmen; eine Differenzierung, die de facto den kleinen und mittelständischen Unterneh­mungen zugute kommt, die die Start-ups unterstützt, besser in die Forschungsschiene zu kommen, und selbstverständlich auch die entsprechenden Kooperationen der klei-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 58

nen und mittelständischen Unternehmungen mit den größeren unterstützt. Es ist ganz wesentlich, auch einen Fokus auf die verschiedenen Zukunftsfelder zu legen, so bei­spielsweise auf die Energie- und Umwelttechnik, auf das Thema Cybersicherheit.

Das alles sind Gründe dafür, dass wir einen entsprechenden Antrag zu dieser intelli­genten Differenzierung der Forschungsprämie einbringen, den ich jetzt verlese:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2170/A der Abgeordneten Dr. Christoph Matznet­ter, Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) geändert wird (1721 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Antrag 2170/A der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Peter Haubner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuer­gesetz 1988 (EStG 1988) geändert wird, in der Fassung des Berichtes des Finanzaus­schusses (1721 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Z1 lautet:

„1. In § 108c wird nach Absatz (9) folgender Absatz (10) angefügt:

‚(10) Die Forschungsprämie nach Absatz 1 beträgt unter den folgenden Voraussetzun­gen 18% der prämienbegünstigten Forschungsaufwendungen (-ausgaben):

1. für Unternehmen, die die Prämie erstmals geltend machen bzw. während der letzten fünf Jahre nicht geltend gemacht haben; oder

2. für prämienbegünstigte Forschungsaufwendungen (-ausgaben) in Zusammenhang mit Umwelttechnik, Energietechnik, Ressourcenmanagement, und/oder Cybersicherheit; oder

3. für prämienbegünstigte Forschungsaufwendungen (-ausgaben) in Zusammenhang mit Kooperationsprojekten zwischen mindestens einem Klein- und Mittelunternehmen gemäß Definition der Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 (K(2003) 1422) ei­nerseits und mindestens einem Großunternehmen andererseits.‘ “

2. Z2 lautet:

„2. In § 124b wird nach Z 322 folgende Ziffer 323 angefügt:

‚323. § 108c Abs. 10 ist anzuwenden

a) für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2017 beginnen sowie für

b) ein abweichendes Wirtschaftsjahr 2017/2018. Dabei ist die Bemessungsgrundlage li­near den Kalendermonaten des Jahres 2017 und 2018 zuzuordnen. Auf den Anteil der Bemessungsgrundlage, der auf das Kalenderjahr 2018 entfällt, ist der Prämiensatz von 18% anzuwenden.‘ “

*****

Die intelligente Differenzierung bedeutet nichts anderes, als dass wir genau diese klei­nen und mittelständischen Unternehmungen, die Start-ups, die zentralen Forschungs­bereiche wie Energie, Umwelttechnik, Ressourcenmanagement und Cybersicherheit in


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 59

dieser Form wesentlich mehr und fokussiert fördern, nämlich mit 18 Prozent im Vergleich zu den derzeitigen 12 Prozent. Und wir sind davon überzeugt, dass das ein guter, ein gangbarer und kluger Weg ist, und so sehen das auch viele Expertinnen und Experten in der Innovationslandschaft, in der Forschungslandschaft. Insofern richte ich das Ersu­chen an Sie, diesen unseren Antrag heute zu unterstützen. (Beifall bei den Grünen.)

11.16


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Frau Abgeordneter Lichtenecker eingebrachte Ab­änderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ruperta Lichtenecker, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2170/A der Abgeordneten Dr. Christoph Matznet­ter, Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) geändert wird (1721 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Antrag 2170/A der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Peter Haubner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuerge­setz 1988 (EStG 1988) geändert wird, in der Fassung des Berichtes des Finanzaus­schusses (1721 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Z1 lautet:

„1. In § 108c wird nach Absatz (9) folgender Absatz (10) angefügt:

‚(10) Die Forschungsprämie nach Absatz 1 beträgt unter den folgenden Voraussetzun­gen 18% der prämienbegünstigten Forschungsaufwendungen (-ausgaben):

1. für Unternehmen, die die Prämie erstmals geltend machen bzw. während der letzten fünf Jahre nicht geltend gemacht haben; oder

2. für prämienbegünstigte Forschungsaufwendungen (-ausgaben) in Zusammenhang mit Umwelttechnik, Energietechnik, Ressourcenmanagement, und/oder Cybersicherheit; oder

3. für prämienbegünstigte Forschungsaufwendungen (-ausgaben) in Zusammenhang mit Kooperationsprojekten zwischen mindestens einem Klein- und Mittelunternehmen gemäß Definition der Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 (K(2003) 1422) einerseits und mindestens einem Großunternehmen andererseits.‘ “

2. Z2 lautet:

„2. In § 124b wird nach Z 322 folgende Ziffer 323 angefügt:

‚323. § 108c Abs. 10 ist anzuwenden

a) für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2017 beginnen sowie für

b) ein abweichendes Wirtschaftsjahr 2017/2018. Dabei ist die Bemessungsgrundlage li­near den Kalendermonaten des Jahres 2017 und 2018 zuzuordnen. Auf den Anteil der Bemessungsgrundlage, der auf das Kalenderjahr 2018 entfällt, ist der Prämiensatz von 18% anzuwenden.‘ “


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 60

Begründung

Die Forschungsprämie ist ein wichtiger und zentraler Bestandteil der österreichischen Forschungsförderlandschaft.

In den letzten fünf Jahren wurde diese bereits um 50 Prozent erhöht. Zuletzt erfolgte eine Erhöhung im Jahr 2016.

Die Ergebnisse der Evaluierung der Forschungsprämie ergeben ein differenziertes Bild: es zeigt sich, dass vor allem Großunternehmen profitieren – so erhalten die zehn größ­ten Unternehmen rund ein Drittel der Gesamtförderungen, während Kleinunternehmen nur rund 2 Prozent der Gesamtmittel erhalten.

Die Studie kommt weiters zum Schluss, dass die Forschungsprämie kaum Anreize für zusätzliche F&E Aktivitäten von Unternehmen setzt, die bisher wenig oder gar keine For­schung betreiben.

Gerade vor dem Hintergrund von Automatisierung und Digitalisierung stehen vor allem auch die kleinen und mittelständischen Unternehmen vor großen Herausforderungen. F&E sind dabei zentrale Triebfedern, um die Betriebe in ihrer Innovationskraft zu stär­ken und damit Arbeitsplätze in Österreich zu schaffen und zu sichern.

Aus Sicht der Antragstellerin ist es auf Grund der Ergebnisse der Evaluierung der For­schungsprämie daher angebracht, an Stelle einer globalen Erhöhung, die mit ge­schätzten Mehrkosten von € 120 Millionen jährlich verbunden wäre, eine zielgerichtete Erhöhung zu implementieren.

Damit soll mehreren Zielen Rechnung getragen werden:

- einerseits sollen vor allem Zukunftsbrachen mit hoher Wachstumsdynamik, hoher volks­wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Relevanz und hohem Beschäftigungspotential ge­fördert werden, wie Umwelttechnik, Ressourcenmanagement, Energietechnik und Cyber­sicherheit

- andererseits sollen innovative Klein- und Mittelbetriebe, die bisher in relativ geringem Ausmaß von der Forschungsprämie profitieren, verstärkt gefördert werden: dies soll ei­nerseits durch eine verstärkte Förderung von Kooperationsprojekten zwischen KMUs und Großbetrieben, andererseits durch eine verstärkte Förderung bei erstmaliger Inanspruch­nahme der Forschungsprämie erreicht werden.

Durch diese Maßnahmen soll es auch für KMUs attraktiver werden, in Forschung und Entwicklung zu investieren.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Groiß. – Bitte.

 


11.16.43

Abgeordneter Ing. Mag. Werner Groiß (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Mi­nister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen, liebe Zuhörer! Der heutige Tag ist der Wirtschaft gewidmet. Wir beschließen heute eine Vielzahl von Gesetzen, die den Standort Österreich stärken, die für den Standort Österreich wichtig sind. Ne­ben Gewerbeordnung, Berufsgesetzen, Sozialgesetzen und der Absicherung der klei­nen Energieversorger schlagen wir auch im Finanzbereich Pflöcke für die Wirtschaft ein.

Wie bereits von der Kollegin angesprochen, erhöhen wir die Forschungsförderung von 12 auf 14 Prozent. Damit wird der Standort Österreich für internationale Forschung we­sentlich attraktiver und es kommt noch mehr Know-how nach Österreich.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 61

Wir unterstützen die Großbetriebe und deren Mitarbeiter durch das Mitarbeiterbeteili­gungsstiftungsgesetz. Durch dieses Gesetz wird steuerlich begünstigt ermöglicht, dass ein Kernaktionär geschaffen wird, dass feindliche Übernahmen verhindert werden und dass die Mitarbeiter auch zum unternehmerischen Denken geführt werden, da sie Teil des Unternehmens sind.

Wir haben hier aber auch schon vernünftige funktionierende Belegschaftsstiftungen, und diese würden nach dem vorliegenden Antrag noch nicht begünstigt werden. Daher brin­ge ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Werner Groiß, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag 2231/A der Abgeordneten Ing. Mag. Werner Groiß, Dietmar Keck, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuerge­setz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Stiftungseingangssteuergesetz, das Aktiengesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert sowie aktien­rechtliche Sonderregelungen über die planmäßige Abgabe von Aktien einer Arbeitge­bergesellschaft erlassen werden (Mitarbeiterbeteiligungsstiftungsgesetz 2017 – Mitar­beiterBetStG 2017), in der Fassung des Ausschussberichtes (1722 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der oben genannte Gesetzestext wird wie folgt geändert:

I. Artikel 1 (Änderung des Einkommenssteuergesetzes 1988) wird wie folgt geändert:

1. Z 5 lit. c lautet:

„c) In Z 8 wird die Wortfolge ‚Privatstiftung im Sinne des § 4 Abs. 11 Z 1 lit. c bis zu ei­nem Betrag von 1 460 Euro [20.000 S] jährlich‘ durch die Wortfolge ‚Belegschaftsbetei­ligungsstiftung im Sinne des § 4d Abs. 3 bis zu einem Betrag von 4 500 € jährlich‘ er­setzt.“

2. Z 6 lautet:

„6. In § 27 Abs. 5 Z 7 zweiter Teilstrich wird die Wortfolge ‚Privatstiftungen im Sinne des § 4 Abs. 11 Z 1 bis zu einem Betrag von 1 460 Euro jährlich‘ durch die Wortfolge ‚Belegschaftsbeteiligungsstiftungen im Sinne des § 4d Abs. 3 bis zu einem Betrag von 4 500 Euro jährlich‘ ersetzt.“

II. Artikel 2 (Änderung des Körperschaftsteuergesetzes 1988) wird wie folgt geändert:

In Z 2 wird der Betrag „1 460 Euro“ durch den Betrag „4 500 Euro“ ersetzt.

*****

Weiters beschließen wir das Mittelstandsfinanzierungsgesellschaftengesetz. Das be­deutet auf der einen Seite die Unterstützung der Großbetriebe, auf der anderen Seite aber auch, dass mittelständische Unternehmen leichter die Möglichkeit haben, Eigen­kapital zu bekommen, sprich, dass es Beteiligungsmöglichkeiten gibt, speziell im Wachs­tum und in der Gründungsphase. Es wird angeregt, dass potenzielle Investoren leichter Geld in Österreich anlegen können und in diese MiFiGs, aber auch in andere Fonds investieren. Innerhalb der MiFiGs werden Ausschüttungen bis 15 000 € steuerfrei ge­stellt.

Aber auch der Antrag zur Tabaksteuer und zum Tabakmonopolgesetz hilft dem Wirt­schaftsstandort Österreich. Er hilft, dass die kleinen Trafikanten überleben können, dass


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 62

die Versorgungssicherheit da ist, dass die Nahversorgung sichergestellt ist. Durch die Erhöhung der Mindesthandelsspanne ist das für das nächste Jahr sichergestellt.

Last but not least: Auch die Änderung in der Normverbrauchsabgabe zeigt, dass uns der Wirtschaftsstandort wichtig ist, denn eine Veränderung in der Verwaltung der EU würde einen Mehraufwand bei den Kastenwagen bedeuten, dem wir hier entgegentre­ten.

Es werden heute wahrscheinlich viele Anträge eingebracht. Das wurde uns gestern schon mitgeteilt, dass man an uns herantreten wird in Bezug auf die vorliegenden Ge­setzentwürfe mit Wünschen, sei es in Bezug auf die kalte Progression, auf die Valori­sierung und auf viele andere Punkte, sodass wir dementsprechend mitstimmen können. Ich danke für diese Anträge, denn das zeigt, dass unsere Anträge, die wir in den letz­ten Jahren und in letzter Zeit ausgearbeitet haben, mehrheitsfähig sind. Doch ein guter Wirtschaftsstandort braucht auch Rechtssicherheit, Verlässlichkeit und Handschlagqua­lität. Daher wollen wir uns an das halten, was wir ausgemacht haben, und gemeinsam mit unserem Koalitionspartner die Themen ausarbeiten und zur Abstimmung bringen. Es freut mich aber, dass wir diese Anträge aufnehmen und ab dem 15. Oktober in neue Re­gierungsverhandlungen mitnehmen können.

Ich danke, dass wir heute so viel zum Wirtschaftsstandort und zur Finanzpolitik beitra­gen und viel für Wirtschaft und Arbeitsplätze tun können. Ich bitte daher um große Zu­stimmung für diese Gesetzesinitiativen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.21


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Groiß eingebrachte Abände­rungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Werner Groiß, Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag 2231/A der Abgeordneten Ing. Mag. Werner Groiß, Dietmar Keck, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuerge­setz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Stiftungseingangssteuergesetz, das Aktiengesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert sowie aktien­rechtliche Sonderregelungen über die planmäßige Abgabe von Aktien einer Arbeitgeber­gesellschaft erlassen werden (Mitarbeiterbeteiligungsstiftungsgesetz 2017 – Mitarbei­terBetStG 2017), in der Fassung des Ausschussberichtes (1722 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der oben genannte Gesetzestext wird wie folgt geändert:

I. Artikel 1 (Änderung des Einkommenssteuergesetzes 1988) wird wie folgt geändert:

1. Z 5 lit. c lautet:

„c) In Z 8 wird die Wortfolge „Privatstiftung im Sinne des § 4 Abs. 11 Z 1 lit. c bis zu ei­nem Betrag von 1 460 Euro [20.000 S] jährlich" durch die Wortfolge „Belegschaftsbetei­ligungsstiftung im Sinne des § 4d Abs. 3 bis zu einem Betrag von 4 500 € jährlich" er­setzt.“

2. Z 6 lautet:

„6. In § 27 Abs. 5 Z 7 zweiter Teilstrich wird die Wortfolge "Privatstiftungen im Sinne des § 4 Abs. 11 Z 1 bis zu einem Betrag von 1.460 Euro jährlich“ durch die Wortfolge „Belegschaftsbeteiligungsstiftungen im Sinne des § 4d Abs. 3 bis zu einem Betrag von 4 500 Euro jährlich" ersetzt.“


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 63

II. Artikel 2 (Änderung des Körperschaftsteuergesetzes 1988) wird wie folgt geändert:

In Z 2 wird der Betrag „1 460 Euro“ durch den Betrag „4 500 Euro“ ersetzt.

Begründung:

Der vorliegende Gesetzesentwurf zur Schaffung einer zusätzlichen Möglichkeit für die begünstigte Beteiligung von Mitarbeitern am Unternehmen, zur Stärkung der Eigenka­pitalbasis der betroffenen Unternehmen sowie zum Schutz vor feindlichen Übernah­men ist sehr zu begrüßen, da dadurch auch die Mitarbeiterbeteiligungsstiftung als Kern­aktionär gestärkt wird.

Um auch für das bestehende, praxiserprobte Modell der Belegschaftsbeteiligungsstif­tung neue Anreize zu setzen, soll eine betragsmäßig entsprechende Erhöhung vorge­nommen werden, sodass ab 2018 Gewinnanteile bis zu 4.500 € als Einkünfte aus Kapi­talvermögen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weitergegeben werden können.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Krai­ner. – Bitte.

 


11.22.04

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Präsident! Wir beschlie­ßen heute eine Reihe von wichtigen Finanzgesetzen. Kollege Groiß hat schon darauf hingewiesen, wie wir kleinen Trafikanten das Überleben sichern können: durch die Er­höhung der Mindesthandelsspanne, über die Gleichstellung von Belegschaftsstiftungen mit Mitarbeiterstiftungen, durch eine gerechtere und bessere Konzernbesteuerung – al­so durch eine Reihe von wichtigen Gesetzen.

Ich muss Ihnen, Herr Finanzminister, aber ehrlich sagen, vor ein paar Tagen musste ich einmal laut auflachen, als ich in meinem Handy Ihr Foto gesehen habe: Sie wollen der Stadt Wien Nachhilfe geben. – Ich habe geglaubt, ich lese die Tagespresse, und ha­be dann gesehen, dass es ja gar nicht satirisch gemeint ist, sondern dass Sie es an­geblich ernst meinen. Da habe ich mir gedacht, komisch, Ihre Wahlheimat ist ja Nieder­österreich, aber als ein damals noch relativ junger Umweltlandesrat zig Millionen Euro der niederösterreichischen Umweltanstalt verspekuliert hat, habe ich nichts von Ihnen ge­hört, so in dem Sinne, dass Sie sich Sorgen machen oder jemandem Nachhilfe geben wol­len. Als derselbe später und nicht mehr ganz so jung Finanzlandesrat wurde und dort dann Hunderte Millionen Euro nach eigentlich demselben Modell, nämlich an Wohnbau­geldern, verspekuliert hat, habe ich von Ihnen nichts von irgendwelchen Sorgen gehört oder dass Sie irgendjemandem Nachhilfe geben wollen. (Zwischenbemerkung von Bun­desminister Schelling.)

Vor wenigen Tagen ist nun der Rechnungshofbericht aus Niederösterreich gekommen, in dem zu lesen ist, wie Förderungen in Niederösterreich vergeben werden und dass dort drei Viertel der Förderungen nicht einmal dokumentiert sind. Man muss nicht ein­mal ein schriftliches Ansuchen stellen, so in dem Sinne: Ich hätte gerne eine Förderung! Es gibt auch keine Abrechnungen, gar nichts. Da habe ich nicht gehört, dass Sie da je­mandem Nachhilfe geben wollen. (Neuerliche Zwischenbemerkung von Bundesminis­ter Schelling.) – Ja, ich weiß, dass Ihnen das unangenehm ist. (Bundesminister Schel­ling: Nein, überhaupt nicht!) Da habe ich nicht gehört, dass Sie jemandem Nachhilfe ge­ben wollen oder dass Sie sich Sorgen machen würden. (Weitere Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.)


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Obwohl man sieht, dass zum Beispiel Ihre Wahlheimat, Ihr Wahlbundesland Nieder­österreich die doppelte Pro-Kopf-Verschuldung von Wien hat, habe ich nicht gehört, dass Sie sich Sorgen um Niederösterreich machen oder dergleichen. Ich glaube, das mit der Nachhilfe haben Sie gar nicht ernst gemeint. Das konnten Sie gar nicht ernst ge­meint haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Verantwortliche für all diese Sachen sitzt jetzt neben Ihnen auf der Regierungsbank. Er ist nicht da, aber sein Sitzplatz ist neben Ihnen. Es handelt sich um den jetzigen In­nenminister Sobotka. Deswegen verstehe ich auch, wieso Sie persönlich keine Nach­hilfe in Wien geben können, da Sie alle Hände voll zu tun haben, Ihrem Nachbarn Nach­hilfe zu geben (Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling), sodass er die Schä­den, die er in Niederösterreich angerichtet hat, nicht jetzt womöglich auf Bundesebene noch einmal verursacht. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesminister Schelling: Wir sind ja re­sistent …!) Aber wie? (Neuerliche Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.) Sie schicken Ihre Beamten nach Wien? Wie soll dieses Gespräch ablaufen?

Sie gehen nach Wien, dort stellt man fest, dass in wenigen Jahren, also nächstes, über­nächstes Jahr, 100 Jahre Rotes Wien gefeiert wird und die Bundesbeamten dort sagen müssen: Liebes Rote Wien, in hundert Jahren sind hier weniger Schulden gemacht wor­den als beim Bund in einem Jahr.

Der Rechnungsabschluss liegt jetzt vor. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Schel­ling.) Da sind die Schulden, die Sie in einem Jahr gemacht haben, höher als die des Ro­ten Wien in hundert Jahren. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) – Und Sie wollen je­mandem Nachhilfe geben? – Ich bitte, das ist doch lächerlich! (Beifall bei der SPÖ.)

Was sollen die Beamten dort sagen? (Anhaltende Rufe und Gegenrufe zwischen ÖVP und SPÖ.) Ihre Beamten müssen sich dort hinstellen und sagen: Blöd, wir haben alles ver­kauft! Die BUWOG-Wohnungen haben wir verkauft, alle unsere Beteiligungen haben wir verkauft, wir haben unser gesamtes Familiensilber verkauft! Und die Wiener haben noch immer die 220 000 Gemeindewohnungen, die haben noch immer 100 Prozent am Ener­gieversorger. Die haben nicht privatisiert, die haben nicht verscherbelt. – Was soll das für ein Gespräch sein? (Abg. Tamandl: Die haben das immer ausgelagert …! – Rufe und Ge­genrufe zwischen FPÖ und SPÖ.)

Zur Schuldenentwicklung: Das, was Wien vor der Krise gemacht hat, ist etwas, was Sie keinen Tag geschafft haben. Die haben nämlich bis vor der Krise Schulden zurückbe­zahlt; und ja, seit der Krise sind die Schulden gestiegen. (Zwischenbemerkung von Bun­desminister Schelling.  Abg. Schieder: Keine Zwischenrufe von der Regierungsbank!) – Aber ganz ehrlich, wenn Sie sich da Sorgen machen: Nur weil einer Ihrer Vorgänger Karl-Heinz Grasser war, heißt das noch lange nicht, dass man sich als Finanzminister alles erlauben kann. Sie können sich persönlich lächerlich machen, aber bitte, Sie haben auch ein Amt inne und Verantwortung für dieses Finanzministerium! Machen Sie das Finanz­ministerium und die Beamten dort nicht auch noch lächerlich! Es ist wirklich zum Schä­men. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Amon: Unerhört! – Ruf bei der ÖVP: Letztklassig!)

11.26


Präsident Karlheinz Kopf: Kollege Krainer, bringt den Entschließungsantrag jemand anderer ein? (Abg. Krainer: Ich habe nicht vorgehabt, einen Entschließungsantrag ein­zubringen!) – Gut.

Als Nächster ist Herr Abgeordneter Fuchs zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


11.27.06

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! – Also es ist schon sehr eigenartig, wenn ein Vertreter der SPÖ hier herausgeht und den Finanzminister beflegelt, als ob der Finanzminister die Schulden gemacht hätte. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Die Schulden


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hat nicht der Finanzminister gemacht, sondern mit maßgeblicher Unterstützung seitens Ihrer Fraktion, das heißt von Rot und Schwarz, wurden die Schulden fabriziert. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber nun zum Thema Mittelstandsfinanzierungsgesellschaftengesetz 2017: Die Neure­gelung des Steuerregimes für Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften wird den Zielset­zungen aus den Erläuternden Bemerkungen nur teilweise gerecht, und zwar insbeson­dere was die regulatorischen Beschränkungen betrifft.

Negativ ist anzumerken, dass weiterhin lediglich Kapitalgesellschaften als Mittelstands­finanzierungsgesellschaft fungieren können. Personengesellschaften sind weiterhin mas­siv benachteiligt, obwohl transparente Personengesellschafts- und Fondsstrukturen so­wohl in der österreichischen Praxis als auch im internationalen Bereich vorherrschend sind. Transparente Fondsstrukturen ermöglichen einerseits einen raschen Kapitalabruf bei Vorliegen einer Beteiligung und ermöglichen andererseits eine rasche Rückzahlung des Kapitals nach einer Beteiligungsveräußerung. Diese Möglichkeiten sind bei einer Kapitalgesellschaft nicht gegeben. Von einem Finanzminister würde ich mir eigentlich er­warten, dass er sich hinsichtlich der Rechtsform von Mittelstandsfinanzierungsgesellschaf­ten an den Bedürfnissen der Wirtschaft orientiert und nicht Rahmenbedingungen schafft, die den Bedürfnissen der Wirtschaft nicht gerecht werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Mitarbeiterbeteiligungsstiftungsgesetz 2017: Jedes Gesetz, welches die Beteiligung der Mitarbeiter am Unternehmen ihrer Arbeitgeber steuerlich begünstigt, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Mein Hauptkritikpunkt am Mitarbeiterbeteiligungsstiftungsgesetz ist aber, dass dadurch ausschließlich Mitarbeiter von Aktiengesellschaften gefördert wer­den. Das ist ein reines Minderheitenprogramm, Herr Finanzminister! Alle Mitarbeiter, die nicht von Aktiengesellschaften beschäftigt werden, sind auch weiterhin steuerlich be­nachteiligt. Diese rechtsformabhängige steuerliche Benachteiligung, Herr Finanzminis­ter, muss beseitigt werden! (Beifall bei der FPÖ.)

Abschließend darf ich auf eine weitere steuerliche Ungerechtigkeit verweisen, und zwar auf die kalte Progression. Obwohl SPÖ und ÖVP in der Vergangenheit immer wieder erklärten, dass die kalte Progression abgeschafft werden muss, fehlte der rot-schwar­zen Bundesregierung bis dato der Mut, aber auch die Fairness, dies zu tun. Die ÖVP schiebt die Schuld auf die SPÖ, und die SPÖ begründet ihre ablehnende Haltung mit der sogenannten Budgethoheit. In Wirklichkeit will die SPÖ weiterhin die Möglichkeit haben, im Rahmen von Steuerreformen Geld zu verteilen, das sie den Steuerzahlern vor­her abgeknöpft hat.

Damit es in Zukunft nicht mehr die Möglichkeit gibt, Steuerreformen auf Kosten der Steu­erzahler zu machen, stelle ich folgenden Antrag zur Abschaffung der kalten Progression:

Zusatz- und Abänderungsantrag

der Abgeordneten DDr. Hubert Fuchs, Kolleginnen und Kollegen zu TOP 2: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2170/A der Abgeordneten Dr. Christoph Matz­netter, Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) geändert wird (1721 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Ziffer 1 lautet:

1. In § 33 wird folgender Abs. 1a eingefügt:

„(1a) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, zur Abgeltung der Inflation die Tarifstufen des Abs. 1 einmal jährlich im Verordnungsweg zu erhöhen. Die Verordnung


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ist spätestens bis 31. Juli eines jeden Kalenderjahres im Bundesgesetzblatt kundzuma­chen und gilt für die jeweiligen Tarifstufen ab 1. Jänner des Folgejahres der Kundma­chung.

2. Die bisherigen Ziffern 1 und 2 werden zu 2 und 3.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

11.31


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Dr. Fuchs soeben einge­brachte Zusatz- und Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Zusatz- und Abänderungsantrag

der Abgeordneten DDr. Hubert Fuchs, KO Heinz-Christian Strache und weiterer Ab­geordneter zu TOP 2, Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2170/A der Ab­geordneten Dr. Christoph Matznetter, Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) geändert wird (1721 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Ziffer 1 lautet:

1. In § 33 wird folgender Abs. 1a eingefügt:

„(1a) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, zur Abgeltung der Inflation die Tarifstufen des Abs. 1 einmal jährlich im Verordnungsweg zu erhöhen. Die Verordnung ist spätestens bis 31. Juli eines jeden Kalenderjahres im Bundesgesetzblatt kundzuma­chen und gilt für die jeweiligen Tarifstufen ab 1. Jänner des Folgejahres der Kundma­chung.“

2. Die bisherigen Ziffern 1 und 2 werden zu 2 und 3.

Begründung

Zu § 33 Abs. 1a EStG 1988:

Die bisher fixen Steuer-Tarifstufen im Einkommensteuergesetz (EStG 1988) bringen dem Finanzminister auf Grund der „kalten Progression“ jedes Jahr ein Körberlgeld in Milliardenhöhe. Viele Steuerzahler bekommen nämlich jährlich eine Lohnerhöhung, die sich an der Teuerungsrate orientiert. Das bedeutet zwar nominell einen höheren Lohn, aber real nur den Erhalt der Kaufkraft. Ohne also real mehr zu verdienen, rutschen vie­le Steuerzahler in die nächsthöhere Steuerklasse und zahlen somit mehr Steuern. Un­term Strich bedeutet das weniger Kaufkraft für den Einzelnen und Mehreinnahmen beim Finanzminister. Dies ist eine Enteignung des Steuerzahlers bzw. eine jährliche Steuer­erhöhung ohne Gesetzesbeschluss.

Diese Ungerechtigkeit muss beendet werden. Die Steuer-Tarifstufen sind daher an die Inflation zu koppeln und automatisch zu valorisieren.

Auch die sogenannte Steuerreform 2015/2016 (BGBl. I 2015/118) ändert nichts an der Notwendigkeit, die kalte Progression mit sofortiger Wirkung abzuschaffen. Durch die


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Steuerreform 2015/2016 werden nämlich den Steuerzahlern seit 1. Jänner 2016 jene Milliarden Euro teilweise zurückgegeben, die man ihnen in der Vergangenheit – insbe­sondere seit 2009 – durch die kalte Progression bereits weg-genommen hat. Im Übri­gen führen Lohnerhöhungen im Jahr 2016 sowie in den Folgejahren dazu, dass die kalte Progression bereits wieder zuschlägt und die durch die Steuerreform erzielten Effekte spätestens 2019 wieder beseitigt sind.

Der Bundesminister für Finanzen soll demnach mit sofortiger Wirkung gesetzlich er­mächtigt werden, zur Abgeltung der Inflation die Tarifstufen des § 33 Abs. 1 EStG 1988 einmal jährlich im Verordnungsweg zu erhöhen.

Die Verordnung ist spätestens bis 31. Juli eines jeden Kalenderjahres im Bundesge­setzblatt kundzumachen und gilt für die jeweiligen Tarifstufen ab 1. Jänner des Folge­jahres der Kundmachung.

Die Inflationsrate der vergangenen zwölf Monate soll zum ersten Mal zum 31. Dezem­ber 2016 festgestellt werden. Die an die Inflation angepassten Tarifstufen sollen im Rah­men der erstmaligen Anpassung bis zum 31. Juli 2017 im Bundesgesetzblatt kundge­macht werden und ab 1. Jänner 2018 gelten. In der Folge soll die die Anpassung der Tarifstufen an die Inflation jährlich vorgenommen werden.

Die zeitliche Verzögerung in der Anpassung dient dazu, der EDV die nötige Vorlaufzeit für allfällige Umprogrammierungen bzw. Umstellungen zu geben.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster ist Herr Klubobmann Ing. Lugar zu Wort ge­meldet. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


11.32.13

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir im Hohen Haus haben gerade etwas gelernt, und zwar nicht nur, dass ÖVP und SPÖ sich einfach nicht mögen – das haben wir schon gewusst. Wir haben auch nicht nur gelernt, dass die beiden einfach miteinander nicht mehr arbeiten können – auch das haben wir gewusst. Genauso haben wir gewusst, dass wir, wenn es in unserer Republik so wei­tergeht und nur jeder dem anderen etwas auszurichten versucht, letztlich unser ganzes Land verspielen. Das alles haben wir schon gewusst. Was wir aber noch nicht gewusst haben und was der Kern der Sache ist – da hat uns der Herr Krainer sehr geholfen, in­dem er auseinanderdividierte, was tatsächlich der Kern der Sache ist –: dass Schulden an sich positiv sind.

Man kommt nicht überein, dass Schulden etwas Schlechtes sind und wir damit letztlich die Zukunft Österreichs verspielen. Herrn Krainer geht es nur darum, wer diese Schul­den macht. Wenn die Schulden in Wien von der SPÖ gemacht werden und nicht den Wienern, sondern der SPÖ zugutekommen, dann sind es gute Schulden, wenn aber die ÖVP Schulden in ihren Bundesländern oder im Bund macht, sind es böse Schulden. In Wirklichkeit heißt das: Für die SPÖ sind Schulden dann gut, wenn sie für die eigene Par­tei gut sind, und für die ÖVP sind Schulden dann gut, wenn es für die ÖVP einen Vor­teil bringt, so nach dem Motto, das Herr Pröll in Niederösterreich damals ausgesprochen hat: Geht es der ÖVP gut, geht es Österreich gut! – Das ist die Logik, nach der hier ge­arbeitet wird! (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Das heißt, man nimmt nicht nur Steuergeld, das wir schon haben, sondern auch sol­ches, das in Zukunft unseren Bürgern in Form von zusätzlichen Steuern abgepresst wird. Man nimmt also Schulden auf, um sich Vorteile zu verschaffen, die dann hoffentlich da­zu führen, dass man wiedergewählt wird.


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Das ist das Problem, vor dem wir in dieser Republik stehen, nämlich: Wenn wir jetzt tatsächlich Neuwahlen haben und dabei wieder das herauskommt, was wir jetzt schon seit Jahrzehnten haben, nämlich wieder eine, wenn auch nicht mehr so große Koalition aus SPÖ und ÖVP, dann wird Österreich – und das kann ich Ihnen garantieren – noch weiter im internationalen Vergleich zurückfallen. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Letztlich werden unsere Kinder und Kindeskinder – ich habe Kinder, ich weiß nicht, wie es Ihnen dabei geht – die Rechnung bezahlen und die Schulden begleichen müssen, die Sie heute machen, wobei es den Kindern komplett egal ist, ob es gute Schulden sind, die die Wiener SPÖ macht, oder ob es böse Schulden sind, die die ÖVP macht. Das spielt dann keine Rolle mehr. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) – Herr Matznet­ter, ich weiß, Sie sind ein großer Freund von Schulden. (Abg. Matznetter: Sie werden ja nicht mehr kandidieren!) – Sie wollen nicht mehr kandidieren? (Abg. Matznetter: Sie wollen nicht mehr kandidieren!) – Das wäre eine gute Nachricht. Da freue ich mich. (Bei­fall bei Abgeordneten der FPÖ.) Da gibt es einen Sonderapplaus im Parlament, wenn Sie nicht mehr kandidieren, denn Sie sind der Oberschuldenmacher in dieser Republik. (Beifall bei Team Stronach und FPÖ.)

Ich glaube, dass man endlich mit diesem permanenten Schuldenmachen auf Kosten un­serer Kinder und Kindeskinder aufhören muss, denn das genau ist das Problem. (Abg. Matznetter: Stronach hat sich dagegen verwahrt, dass man seinen Namen verwen­det!) – Herr Matznetter, seien Sie ruhig! Melden Sie sich zu Wort, wenn Sie etwas sa­gen wollen, und belästigen Sie uns nicht mit Zwischenrufen! (Abg. Bayr: Sie werden ihm nicht den Mund verbieten!) Na sicher verbiete ich ihm den Mund, weil ich hier am Rednerpult stehe und spreche. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wenn Sie etwas zu sagen haben, dann kommen Sie heraus und sprechen Sie hier vom Rednerpult aus.

Deshalb kann ich nur alle Österreicher bitten, bei der nächsten Wahl bitte nicht Rot oder Schwarz zu wählen, denn das wäre eine Katastrophe für Österreich! Herr Krainer hat heute den Beweis dafür geliefert. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

11.36


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Matznetter, Zwischenrufe: ja!, aber kei­ne Dauerzwischenrufe, bitte.

Nächster Redner ist Herr Klubobmann Strolz. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


11.36.44

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Wir haben eine ganze Pa­lette von Gesetzesnovellen im Finanzbereich, im Steuerbereich unterwegs. Ich möchte im Kontext des TOP 3 einen Vorschlag einbringen, der uns sehr wichtig ist und dessen Umsetzungen jetzt im Rahmen des freien Spiels der Kräfte hoffentlich auch möglich ist, nämlich die Abschaffung der kalten Progression, die Abschaffung der schleichenden Steu­ererhöhung.

Wir halten die schleichende Steuererhöhung für ungehörig, wir halten sie für inakzep­tabel. Wir halten sie für eine schwere Belastung für ein Land von Bürgerinnen und Bür­gern, die ohnehin schon eine der höchsten Steuerabgabenbelastungen auf diesem Pla­neten haben. Deswegen gehört die kalte Progression weg.

Ich bringe daher folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Strolz, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 69

Der dem Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2231/A der Abgeordneten Ing. Mag. Werner Groiß, Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuerge-
setz 1988, das Stiftungseingangssteuergesetz, das Aktiengesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert sowie aktienrechtliche Sonderregelungen über die planmäßige Abgabe von Aktien einer Arbeitgebergesellschaft erlassen werden (Mitar­beiterbeteiligungsstiftungsgesetz 2017 – MitarbeiterBetStG 2017) (1722 d.B.), ange­schlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

In Art. I wird nach Z. 6 folgende Z. 6a eingefügt:

„Z. 6a Nach § 134 wird folgender § 135 angefügt:

„§ 135. Beginnend mit dem 1. Jänner 2018 vermindern oder erhöhen sich die in § 33 Abs. 1 angeführten Betragsgrenzen jedes Jahr jeweils ab dem 1. Jänner in dem Maß, das sich aus der Veränderung des von der Bundesanstalt Statistik Österreich verlaut­barten Jahresdurchschnittswerts des Verbraucherpreisindex 2015 des jeweils vorver­gangenen Jahres gegenüber dem Indexwert 100,9 (Durchschnittswert des Jahres 2016) ergibt. Bei der Berechnung der neuen Betragsgrenzen sind Beträge, die einen halben Euro nicht übersteigen, auf den nächstniedrigeren ganzen Euro abzurunden und Beträ­ge, die einen halben Euro übersteigen, auf den nächsthöheren ganzen Euro aufzurun­den. Der Bundesminister für Finanzen hat die geänderten Betragsgrenzen jeweils un­verzüglich nach Verlautbarung des Jahresdurchschnittswerts des Verbraucherpreisin­dex 2015 im Bundesgesetzblatt kundzumachen.“

2. In Art. I wird in Z. 7 nach lit b) folgende lit c) angefügt:

„c) § 135 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2017 ist erstmals auf den Veranlagungszeitraum 2019 anzuwenden.“

*****

Soweit klingt das ja technisch. Was heißt das, meine Damen und Herren? – Wir wollen damit die kalte Progression, die schleichende Steuererhöhung, mit 1. Jänner 2018 ab­schaffen. Die FPÖ bringt dazu auch einen Vorschlag ein. Es gibt aber einen kleinen Un­terschied in unseren Vorschlägen. Ich finde Ihren auch okay, aber ich glaube, wir haben einen, der noch präziser ist. Die FPÖ will eine Verordnungsermächtigung für den Fi­nanzminister regeln, wir hingegen legen ganz klar fest, mit welchem Mechanismus wir die kalte Progression abschaffen wollen. Wir sind uns nach der ersten Prüfung nicht si­cher, ob Ihr Vorschlag dem Determinierungsgebot des Artikels 18 B-VG entspricht, und deswegen haben wir das konkreter vorgenommen.

Also: Weg mit der kalten Progression! Weg mit der schleichenden Steuererhöhung! Herr Finanzminister, Sie waren an und für sich auch immer ein Fan davon, haben das mehrfach versprochen, also: Machen wir es! (Beifall bei den NEOS.)

11.40


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Klubobmann Strolz eingebrachte Abände­rungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Fi­nanzausschusses über den Antrag 2231/A der Abgeordneten Ing. Mag. Werner Groiß, Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ein-


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kommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Stiftungseingangs­steuergesetz, das Aktiengesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geän­dert sowie aktienrechtliche Sonderregelungen über die planmäßige Abgabe von Aktien ei­ner Arbeitgebergesellschaft erlassen werden (Mitarbeiterbeteiligungsstiftungsgesetz 2017 – MitarbeiterBetStG 2017) (1722 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2231/A der Abgeordneten Ing. Mag. Werner Groiß, Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuerge­setz 1988, das Stiftungseingangssteuergesetz, das Aktiengesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert sowie aktienrechtliche Sonderregelungen über die planmäßige Abgabe von Aktien einer Arbeitgebergesellschaft erlassen werden (Mitar­beiterbeteiligungsstiftungsgesetz 2017 – MitarbeiterBetStG 2017) (1722 d.B.), ange­schlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

In Art. I wird nach Z. 6 folgende Z. 6a eingefügt:

„Z. 6a Nach § 134 wird folgender § 135 angefügt:

„§ 135. Beginnend mit dem 1. Jänner 2018 vermindern oder erhöhen sich die in § 33 Abs. 1 angeführten Betragsgrenzen jedes Jahr jeweils ab dem 1. Jänner in dem Maß, das sich aus der Veränderung des von der Bundesanstalt Statistik Österreich verlaut­barten Jahresdurchschnittswerts des Verbraucherpreisindex 2015 des jeweils vorver­gangenen Jahres gegenüber dem Indexwert 100,9 (Durchschnittswert des Jahres 2016) ergibt. Bei der Berechnung der neuen Betragsgrenzen sind Beträge, die einen halben Euro nicht übersteigen, auf den nächstniedrigeren ganzen Euro abzurunden und Be­träge, die einen halben Euro übersteigen, auf den nächsthöheren ganzen Euro aufzu­runden. Der Bundesminister für Finanzen hat die geänderten Betragsgrenzen jeweils unverzüglich nach Verlautbarung des Jahresdurchschnittswerts des Verbraucherpreis­index 2015 im Bundesgesetzblatt kundzumachen.“

2. In Art. I wird in Z. 7 nach lit b) folgende lit c) angefügt:

„c) § 135 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2017 ist erstmals auf den Veranlagungszeitraum 2019 anzuwenden.“

Begründung

Die kalte Progression bezeichnet eine versteckte jährliche Steuererhöhung. Sie entsteht, weil die Einkommen zwar Jahr für Jahr steigen, die Steuerstufen aber nicht an die In­flation angepasst werden. Somit erhöhen sich der Durchschnittssteuersatz und die Steu­erschuld stärker als die Inflation. D.h. die kalte Progression betrifft also alle Lohnsteu­erpflichtigen und, entgegen der gängige Auffassung, nicht nur jene, die aufgrund der In­flationsabgeltung in die nächst höhere Steuerstufe rutschen. Wenn der Bruttolohn steigt, steigt auch der Durchschnittssteuersatz – jener Anteil des Einkommens, der an den Fi­nanzminister geht, nimmt also zu.

In Österreich sind die einkommensbezogenen Abgaben in Steuern und Sozialversiche­rung (SV) zu unterteilen. Entscheidend ist dabei, dass bei der Berechnung des ver­steuerbaren Einkommens die Beiträge zur Sozialversicherung (SV) vom Bruttolohn ab­gezogen werden. Dabei werden Aufwertungsfaktoren angepasst (geregelt im Allgemei­nen Sozialversicherungsgesetz § 108). Die Freibetragsgrenze, Absetzbeträge und Steu­ertarifeckwerte im Steuersystem werden jedoch nicht angepasst.

Die kalte Progression entsteht sobald das zu versteuernde Einkommen einer Person an die Inflation angepasst wird und in der Folge zumindest den ersten Grenzsteuersatz von 25 Prozent überschreitet.


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Durch die kalte Progression verändert sich nicht nur die Steuerbelastung, sondern auch deren Verteilung. Das kann zu einer einkommensbezogenen Steuerverteilung füh­ren, die in dieser Form niemals vom Gesetzgeber legitimiert wurde. Wissenschaftler des Münchner ifo Institutes fassen dies in einem Papier so zusammen: „Durch das Hinein­rutschen in höhere Grenzsteuersätze kommt es zu einer Stauchung der gesellschaftli­chen Steuerlastverteilung und somit zu einer Abweichung von den ursprünglich vom Ge­setzgeber intendierten Verteilungswirkungen des Steuersystems. Diese Änderungen der Steuerlastverteilung sind zudem nicht explizit demokratisch legitimiert.“ (Quelle: Fuest, Clemens, Björn Kauder, Luisa Lorenz, Martin Mosler, Niklas Potrafke und Florian Dorn, Heimliche Steuererhöhungen – Belastungswirkungen der Kalten Progression und Entlas­tungswirkungen eines Einkommensteuertarifs auf Rädern, ifo Forschungsberichte 76, ifo Institut, 2016) Forscher des selbigen Instituts ziehen in einem aktuellen Papier zur kal­ten Progression folgende Schlussfolgerung: „Das Phänomen der (...) Kalten Progres­sion jedoch muss als "Irrtum" des Steuersystems aufgefasst werden. Die Kalte Progres­sion schwächt die Verteilungswirkungen des Steuersystems und führt zu einer Auswei­tung der Steuerquote, die sich der demokratischen Kontrolle entzieht. Es ist deshalb wünschenswert, die Kalte Progression zu beseitigen.“ (Quelle: Dorn, Florian; Clemens Fuest; Björn Kauder; Luisa Lorenz; Martin Mosler und Niklas Potrafke, "Steuererhöhun­gen durch die Hintertür – fiskalische Aufkommenswirkungen der Kalten Progression", ifo Schnelldienst 70 (02), 2017, 51-58)

Bei der Verteilung der Last geht es aber nicht nur um die Verteilung zwischen den ver­schiedenen Einkommensklassen, sondern um die Aufteilung von erwirtschafteten Er­trägen zwischen privat und öffentlich. Die zusätzlichen Mittel, welche an die öffentliche Hand gehen, sind auch aus ökonomischer Sicht problematisch – vor allem vor dem Hintergrund der zweithöchsten Abgabenbelastung auf den Faktor Arbeit in ganz Euro­pa. Es mangelt dem mit der kalten Progression verbundenen Anstieg der Steuerquote an Rechtfertigung. Auch aus ökonomischer Sicht ist es nicht schlüssig, warum eine schleichende Steuererhöhung im Sinne der Bürger_innen wäre, ohne dass der Gesetz­geber darlegt, dass die Nachfrage nach öffentlichen Gütern schneller steigt als die Nach­frage nach privaten Gütern - nur eine solche Nachfrageverschiebung würde eine Er­höhung der Steuerbelastung rechtfertigen.

D.h. eine Diskussion über eine Belastungsverteilung steht dem Gesetzgeber in jeder Form zu, diese sollte aber unabhängig von einer illegitimen, automatisierten Zusatzbe­lastung stattfinden. Fakt ist jedenfalls: Durch die kalte Progression kommt es zu einer Steuererhöhung, welche nicht vom Parlament beschlossen werden muss und welche somit nur selten das Ergebnis einer öffentlichen politischen Debatte ist. Diese Debatte ist aber dringend zu führen.

Durch die immer größer werdende Steuerbelastung sinkt auch der Arbeitsanreiz, vor allem in den unteren Einkommensklassen. Denn nur wenn der Unterschied zwischen dem arbeitsfreien Einkommen und dem Nettoeinkommen groß genug ist, wird der An­reiz zu arbeiten groß genug sein. Mit derselben Argumentation rechtfertigt Kanzler Kern auch seine Forderung nach einer Erhöhung des Mindestlohns. Konkret ist in dessen "Plan A" zu lesen: "Mit einem Mindestlohn von 1.500 Euro wird auch gleich der Ab­stand zu arbeitsfreiem Einkommen größer. (...) Weil uns Arbeit das wert sein muss und weil sich Arbeit lohnen muss." Auch die Sozialdemokratie erkennt also an, dass sich der Unterschied zwischen arbeitsfreiem Einkommen und Arbeitseinkommen vergrößern soll und nicht verkleinern, wie es durch die kalte Progression passieren kann.

Das ist aber nicht nur bei unteren Einkommen entscheidend. Bei größer werdender Steuerbelastung auf den Faktor Arbeit sinkt der Arbeitsanreiz auch bei höheren Steu­erklassen. Diese Erkenntnis ist auch dem BMF bekannt. Dieses bewarb die Steuerre­form auch wegen der Arbeitsanreize, wie im Budgetbericht von 2016 zu lesen ist: "... die erhöhten Arbeitsanreize durch Senkung der Steuerbelastung heben auch nachhal-


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tig Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit an. Diese Effekte haben auch die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in Gutachten bestätigt."

In den meisten OECD Ländern ist eine vergleichbare Indexierung bereits durchgesetzt.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Zakostelsky. – Bitte.

 


11.40.36

Abgeordneter Mag. Andreas Zakostelsky (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine verehrten Damen und Herren auf den Rängen, vor den Bild­schirmen! Verehrter Regierungspartner SPÖ! Es ist schon recht interessant: Wir haben heute eine ganze Reihe von wichtigen, interessanten und tatsächlich auch gut gelösten Gesetzesmaterien zu behandeln, und deswegen bin ich völlig überrascht, dass es ei­nem Regierungspartner da offensichtlich nicht darum geht, die gemeinsame gute Ar­beit positiv darzustellen und zu verkaufen. (Abg. Lugar: Überrascht Sie das wirklich?)

Kollege Krainer, der jetzt leider nicht mehr im Raum ist, von dem ich auch schon sach­liche Reden gehört habe (Rufe bei der SPÖ: Er ist da!), hat heute einen – da ist er – Rundumschlag getätigt, der mich wirklich überrascht hat. Jetzt sage ich einmal: Man kann den Finanzminister persönlich mögen oder nicht mögen, der Schnauzbart kann einem gefallen oder nicht, aber dass er Kompetenz hat, das ist wirklich unbestritten. Ich kann mir einen solchen Ausritt nur durch die guten Umfragewerte der ÖVP mit Sebastian Kurz erklären, die zu einer solchen Nervosität aufseiten der SPÖ führen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Bleiben wir bei den Gesetzesthemen. Es gäbe eine ganze Reihe von wirklich interessanten Punkten, die man ansprechen könnte. Die Erhöhung der Forschungsprämie hat Kollege Groiß schon angezogen; eine wirklich wichtige Maß­nahme.

Zwei Themen, die mir persönlich sehr am Herzen liegen, sind die Mitarbeiterbeteili­gungsstiftung und die Neueinführung des Mittelstandsfinanzierungsgesellschaftengeset­zes. Das erste angesprochene Thema, die Mitarbeiterbeteiligungsstiftung, hat einen we­sentlichen Zweck für die Unternehmungen in unserem Lande, aber auch für die Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer, nämlich die Bildung und Stärkung von Kernaktionären in den heimischen Aktiengesellschaften, um diese damit einigermaßen gegen sogenann­te feindliche Übernahmen abzusichern, um diesen Terminus zu verwenden. Vorgesehen ist, dass in Zukunft Unternehmungen, Kapitalgesellschaften, ihren Mitarbeitern pro Jahr für 4 500 € steuer- und sozialversicherungsfrei Aktien zur Verfügung stellen können. Die­se werden in der Mitarbeiterbeteiligungsstiftung gebündelt. Sie verwaltet die Aktien treu­händig, was auch zu einem gepoolten Stimmverhalten führt.

Meine Damen und Herren! Das ist ein unschätzbarer Vorteil, und wir sollten das wirk­lich nicht geringschätzen. Das stärkt die Position der Unternehmungen und damit den heimischen Wirtschaftsstandort, sichert so Arbeitsplätze und ist damit natürlich ein gro­ßer Vorteil für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Da mir die Zeit davonläuft, noch kurz zum Thema der Mittelstandsfinanzierungsgesell­schaft. Diese gab es ja bereits; das ist 2003 ausgelaufen. Ich sehe in der vorliegenden Gesetzesmaterie eine wesentliche Modernisierung, eine wesentlich flexiblere Handha­bung der geplanten Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft. Kurz erklärt: Investoren be­teiligen sich an einer solchen Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft. Diese fungiert als Finanzintermediär und stellt ganz gezielt Un­ternehmungen, die zum Beispiel in einer frühen Wachstumsphase sind, Risikokapital zur Verfügung, und jeder, der sich ein bisschen damit beschäftigt hat, weiß, dass Risiko-


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kapital eine wesentliche Voraussetzung für Innovationen ist. Innovationen brauchen wir in unserem Lande, und in diesem Sinne kann das Kapital alloziert werden. Für private In­vestoren ergibt sich daraus aufgrund der Gesetzeslage die Möglichkeit, dass ausgeschüt­tete Gewinne bis zu einem Ausmaß von 15 000 € jährlich steuerfrei lukriert werden kön­nen.

Meine Damen und Herren! Begrüßen wir gemeinsam im Sinne des Wirtschaftsstand­ortes, im Sinne unserer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beide Gesetzesmaterien und danken wir dem Finanzminister, der mit seiner vollen Kompetenz dafür gesorgt hat, dass wir zur Umsetzung kommen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

11.44


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Gusenbauer-Jä­ger. – Bitte.

 


11.45.00

Abgeordnete Marianne Gusenbauer-Jäger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich darf einen Punkt hervorheben, der mir besonders wichtig ist – Herr Zakostelsky, auch Sie haben einige hervorgehoben –, und zwar den Bil­dungskompass, das Pilotprojekt, das dazu in Oberösterreich eingeführt werden soll. Mit dem Bildungskompass setzen wir ein deutliches Zeichen dafür, dass der Kindergarten bereits die erste Bildungseinrichtung und somit eine wertvolle Institution ist.

Es ist mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass der Bildungskompass im Rahmen der Bil­dungsreform umgesetzt wird, deren Kernelemente bereits von der damaligen Unter­richtsministerin Heinisch-Hosek initiiert worden sind. In Oberösterreich wird das Pilot­projekt realisiert, gestützt auf dessen Erkenntnisse es dann auf das ganze Bundesge­biet ausgerollt werden soll. Die Aufgaben teilen sich das Charlotte Bühler Institut, das Land Oberösterreich und natürlich auch die ElementarpädagogInnen.

Was bringt der Bildungskompass? – Für alle Kinder ab dreieinhalb Jahren wird ein indi­vidueller Bildungskompass durch die KindergartenpädagogInnen erstellt. Das Lernen er­folgt nicht schulartig, es soll spielerisch, erlebnisorientiert, individuell und in keine be­sondere Zeitstruktur eingebunden sein. Darin enthalten sind auch Sprach- und Entwick­lungsscreenings. Dadurch soll frühzeitig erkannt werden, welches Kind in welchem Be­reich Förderung braucht und nach dem Motto „Stärken stärken“ auch – besonders wich­tig –, wo die Talente des Kindes liegen. Selbstverständlich sind auch die Eltern in die­sen Prozess sehr intensiv eingebunden.

In weiterer Folge soll durch den Kompass der Einstieg in die Volksschule besser gelin­gen. Er soll bis zum 14. Lebensjahr ausgedehnt werden, also bis zum Ende der Pflicht­schulzeit, sodass man dann immer noch die Aufzeichnungen seit dem Kindergarten zur Verfügung hat. Ich bin überzeugt, dass dadurch auch einige Aspekte der Integration bestens umgesetzt werden können. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.47


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Kassegger. – Bitte.

 


11.47.32

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Hohes Haus! Ich spreche über die Erhöhung der Forschungsprämie. Wir wissen ja, und das ist eine Binsenweisheit, Forschung und Entwicklung sind ganz wichtig für die Arbeitsplätze, für den Standort und für die Republik. Wir wissen auch, dass wir, was den Input, also die Aufwendungen betrifft, mit ungefähr 3 Prozent des BIP europaweit an der Spitze liegen. Wir wissen aber auch, dass wir es seit Jahren nicht schaffen, von der Gruppe der Innovation Follower in die Gruppe der Innovation Leader zu kommen. Und


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da gibt die Evaluierung der Forschungsprämie doch Hinweise darauf, woran es krankt, woran es mangelt. Es sind zwei große Bereiche, in denen wir erheblichen Verbesse­rungsbedarf haben.

Der eine ist: Wir haben viel zu wenig privat finanzierte Grundlagenforschung. Sie findet im Wesentlichen in multinational tätigen Konzernen statt, angelehnt an eine universitä­re Infrastruktur, die wir ja haben. Wir haben eine ausgezeichnete universitäre Infrastruk­tur in Österreich, wir sind allerdings nicht in der Lage, international tätige Konzerne da­zu zu bringen, ihre Headquarters nach Österreich zu verlegen. Es gibt ein klares Unter­scheidungsmerkmal zwischen guten und nicht guten Konzernen. Aus unserer Sicht sind die guten Konzerne jene, die ihre Headquarters mit angelehnter, starker, privat finan­zierter Forschung in Österreich haben. Die bösen, schlechten Konzerne sind jene, die ihre Headquarters in Steueroasen haben und dadurch Wettbewerbsvorteile insbeson­dere gegenüber klein- und mittelständischen Unternehmen in Österreich haben, was wir so nicht akzeptieren wollen.

Die Erhöhung der Forschungsprämie ist durchaus sinnvoll, um die Standortattraktivität Österreichs zu erhöhen. Ich würde sie weniger als klassische Forschungsinvestition se­hen, sondern vielmehr als eine Investition in die Standortattraktivität Österreichs. Wir wis­sen aus der Erfahrung der letzten Jahre, dass das für größere Unternehmen, Konzerne bei der Standortauswahl durchaus ein Kriterium ist und dass sie ein Plus für Österreich darstellt.

Der zweite Bereich, in dem es nicht funktioniert: Wir tun zu wenig für Start-ups, Klein- und Mittelständler. Wir schaffen den Sprung nicht, diesen Nukleus für innovative Tätig­keiten, innovative Produkte. Die Politik unterstützt das zu wenig, die Regierung macht da zu wenig. Das geht also etwas zulasten der klein- und mittelständischen Unternehmen.

Vielleicht noch eine Anmerkung zum Vorschlag der Kollegin Lichtenecker und der Grü­nen betreffend eine Erhöhung auf 18 Prozent. Unseres Erachtens ergibt die Evaluie­rung, dass die indirekte Förderung gerade bei klein- und mittelständischen Unterneh­men eben nicht diese Effekte hat, eben nicht greift. Daher halten wir eine Erhöhung auf 18 Prozent für wenig zielführend, weil sie nicht die Effekte erzielen wird, die wir uns davon erhoffen. Da müsste man sich über andere Unterstützungsmöglichkeiten, etwa im Rahmen der direkten Förderungen, für die klein- und mittelständischen Unternehmen Gedanken machen. Deswegen werden wir diesem Abänderungsantrag der Grünen nicht zustimmen.

Ich fasse zusammen: Dem Grunde nach ist es eine gute Sache. Auch die Evaluierung hat ergeben, dass das eine gute Sache ist. Das Volumen wird auf ungefähr 120 Mil­lionen € geschätzt. Das ist in Relation zu Ausgaben, die wir für andere Bereiche täti­gen, ein durchaus erträglicher, angemessener Betrag. Insofern können wir dem zustim­men. (Beifall bei der FPÖ.)

11.51


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hable. – Bitte.

 


11.51.28

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte in der Kürze der mir zur Verfügung stehenden Zeit zum Mitarbeiter­beteiligungsstiftungsgesetz sprechen. Aktien sollen also jetzt bis zu einem Betrag von 4 500 € steuer- und sozialversicherungsfrei an Mitarbeiter übergeben werden können. Mitarbeiterbeteiligung ist eine wichtige und gute Sache. Sie ermöglicht eine gleichmä­ßigere Verteilung des von Unternehmen und Mitarbeitern geschaffenen Unternehmens­werts. Natürlich bedeutet sie auch eine höhere Konkurrenzfähigkeit für das Unterneh­men durch flexiblere Löhne, und insgesamt steigt natürlich bei den Mitarbeitern die Mo­tivation, wenn sie durch die Beteiligung Mitunternehmer sind. – So weit zu den positi­ven Aspekten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 75

Was gefällt uns weniger an der Novelle? – Nun, dass die Mitarbeiterbeteiligung über Stiftungen abgewickelt wird. Faktisch sind die Mitarbeiter also nicht persönlich am Un­ternehmen beteiligt, sondern sie sind nur Begünstigte einer Stiftung. Daher fehlt das we­sentliche Element einer echten Beteiligung, eines Mitunternehmertums, nämlich die Ver­fügungsgewalt über die Anteile. In gut geübter, also in geübter, aber nicht so guter ös­terreichischer Praxis werden diese Stiftungen dann im Regelfall von den üblichen Ver­dächtigen verwaltet, also von Interessenvertretern, von Betriebsräten, das heißt von der Sozialpartnerschaft. Was wäre die Lösung? – Wenn wir das schon über Stiftungen ma­chen, müssen die Stiftungsvorstände von unabhängigen Personen und nicht von Betriebs­räten oder sonstigen Interessenvertretern besetzt werden.

Ein zweiter Einwand ist, dass eine solche Form – Weitergabe von Aktien – Großunter­nehmen vorbehalten bleibt. Andere Formen der Mitarbeiterbeteiligung haben größere Re­levanz, bleiben hier aber draußen. Sie wären allerdings auch richtig.

Insgesamt sagen wir: Die Vorteile überwiegen die Nachteile, daher werden wir mitstim­men. Wir sehen allerdings Nachbesserungsbedarf, den wir uns für die Zukunft jeden­falls wünschen würden. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

11.54


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

 


11.54.15

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Meine Damen und Herren! Ich darf kurz Bezug nehmen auf den Tagesordnungs­punkt 7. Es geht um die Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG des Landes Oberöster­reich mit dem Bund den Bildungskompass betreffend, der im Kindergartenjahr 2017/18 erprobt werden wird. Die Einführung eines Bildungskompasses im elementarpädagogi­schen Bereich für über dreieinhalbjährige Kinder wurde bereits im Zuge der Bildungsre­form diskutiert und vorgeschlagen, und genau darum geht es jetzt.

Aus diesem Grunde wurde vom Bundesministerium für Familie und Jugend bereits im Jahr 2016 ein Konzept erstellt beziehungsweise beauftragt, wie man das umsetzen kann. Das Land Oberösterreich mit Landeshauptmann Mag. Thomas Stelzer – er war damals ja Bildungsreferent der Oberösterreichischen Landesregierung – hat sich dazu bereit er­klärt, ein entsprechendes Pilotprojekt umzusetzen. Die Umsetzung wird in 50 Kindergar­tengruppen erfolgen, und es werden alle vier- bis fünfjährigen Kinder einbezogen. Es wird eine strukturierte Erfassung und Dokumentation ihrer Lerndisposition geben. Die Ergeb­nisse werden anschließend natürlich evaluiert, bevor das vielleicht auf ganz Österreich ausgerollt wird.

Wichtig ist, dass das Land Oberösterreich vom Bundesministerium für Familie und Ju­gend in Kooperation mit dem Finanzministerium mit rund 164 000 € eine gewisse Un­terstützung dafür erhält. Damit all das mit Beginn des Kindergartenjahres 2017/18 um­gesetzt werden kann, sind die Beschlüsse heute notwendig. Es ist eine wertvolle zu­kunftsträchtige Initiative, und Oberösterreich geht im positiven Sinne mit dem Pilotpro­jekt voran. (Beifall bei der ÖVP.)

11.56


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kirchgatterer. – Bitte.

 


11.56.12

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ho­hes Haus! Meine Damen und Herren! Vorweg darf ich die Schülerinnen und Schüler der Berufsschule Schärding sehr herzlich begrüßen. Die Lehrlinge sind uns sehr, sehr willkommen, wir schätzen sie sehr. Im Namen der Kollegin Gusenbauer-Jäger: Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 76

Meine Damen und Herren! Ich möchte zu Punkt 5 der Tagesordnung sprechen, zum Tabaksteuergesetz und Tabakmonopolgesetz. Die Spannenanpassung ist notwendig für die 2 400 Trafikanten mit ihren Fachgeschäften und den 3 300 Verkaufsstellen. Das zeigen die Ertragsvergleichszahlen bisher eindeutig. Das spüren die Trafikantinnen und Trafikanten Monat für Monat hautnah. Nicht wenige haben sehr zu kämpfen, sowohl auf dem Land, in den Stadtteilen als auch in manchen Stadtkernen.

Ich danke ausdrücklich den Koalitionspartnern, allen Fraktionen, die der Spannenan­passung zustimmen. Ich verhehle nicht, dass ich persönlich sehr, sehr froh bin, dass die­se Anpassung heute hier beschlossen wird. Es ist eine Gesetzesvorlage, die das Ta­bakeinzelhandelsmonopol stärkt, und das ist gut so. Die österreichischen Trafikanten bie­ten kontrollierte Qualität, das österreichische Tabakmonopol garantiert und steht für ge­prüfte Ware, und das bundesweit, auch in allen Grenzgebieten. Ohne Einzelhandelsmo­nopol wäre es in Österreich so wie in Berlin, wie im Ruhrgebiet, wo die Hälfte der kon­sumierten Tabakwaren geschmuggelt sind und unversteuert, ohne Tabaksteuer, ohne Mehrwertsteuer bleiben. Geschmuggelte Ware trägt gute Namen, beliebte Markennamen, aber der Inhalt ist von minderer oder, richtiger gesagt, von fragwürdiger Zusammenset­zung. Von Qualität kann keine Rede sein!

Neben Maßnahmen gegen gewerbsmäßigen Schmuggel von Tabakwaren ist die An­gleichung der Tabaksteuer auf EU-Ebene ein wichtiges Anliegen, eine vordringliche Auf­gabe, weil die Differenz, der Unterschied zu groß ist.

Meine Damen und Herren! In keiner anderen Branche findet man so viele Menschen mit Beeinträchtigungen als Selbständige, die ihr Einkommen mit ihrer Arbeit selbst ver­dienen. Früher waren es Kriegs- und KZ-Opfer, jetzt sind es durch Krankheit oder Un­fall gesundheitlich beeinträchtigte Menschen. Mit Stand Jänner dieses Jahres sind es mehr als 3 700 Personen. Ihr Anteil steigt kontinuierlich, der Prozentsatz wird laufend höher; in den letzten drei Jahrzehnten hat sich ihr Anteil verdoppelt.

Meine Damen und Herren! Ich darf darauf hinweisen, dass es in der Vergangenheit ge­lungen ist, dieses System zu erhalten. Ich erinnere an den Solifonds, der sehr vielen zu­gutegekommen ist und die österreichische Struktur gerettet hat, die im Ausland als vor­bildlich gesehen wird. Dr. Matznetter hat sich dafür ganz besonders eingesetzt, und ihm gebührt herzlicher Dank dafür. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir werden uns den Herausforderungen von heute und morgen laufend stellen. Es ist heute ein guter Tag für die Trafikantinnen und Trafikanten, es ist aber auch ein guter Tag für kontrollierte Qualität.

Ich darf noch folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Mag. Werner Groiß, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vereinheitlichung der Packungsgröße für Zigaretten

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Gesetzesvorlage zuzu­leiten, mit der die im Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz ver­ankerte Verpackungsgröße für Zigaretten, nach entsprechender Notifikation gemäß Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2014/40/EU, ab 1. April 2018 gesetzlich mit 20 oder 25 Stück Zi­garetten je Packung festgelegt wird.“

*****


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 77

Dies soll zur Übersichtlichkeit und zur Vergleichbarkeit beitragen beziehungsweise die­se garantieren, und das wollen die Trafikanten: Arbeit leisten, die geschätzt wird und die auch hundertprozentig korrekt ist. Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.01


Präsident Karlheinz Kopf: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Kirchgatterer einge­brachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Werner Groiß, Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Vereinheitlichung der Packungsgröße für Zigaretten

im Zuge der Debatte zu Tagesordnungspunkt 5 über den Bericht des Finanzausschus­ses über den Antrag 2238/A der Abgeordneten Ing. Mag. Werner Groiß, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tabaksteuerge­setz 1995 und das Tabakmonopolgesetz 1996 geändert werden (1724 d.B.)

Nach der derzeit gültigen Rechtslage muss die Verpackungsgröße für Zigaretten min­destens 20 Stück betragen. Dies ermöglicht der Industrie den Vertrieb unterschiedlichs­ter Packungsgrößen, beispielsweise 23 oder 27 Stück, wobei durch eine leichte Varia­tion der enthaltenen Stückzahl (Herausnahme einzelner Zigaretten bei unverändertem Packungspreis) eine tatsächliche Preiserhöhung für die einzelne Zigarette verschleiert werden kann. Auch aus gesundheitlicher Sicht sind größere, insbesondere variierende, Packungsgrößen der gesundheitspolitischen Zielsetzung bei der Prävention des Ziga­rettenkonsums entgegenlaufend. Gemäß Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2014/40/EU steht es Mitgliedstaaten zu, aus gesundheitspolitischen Gründen weitere Anforderungen betref­fend die Vereinheitlichung der Verpackungen von Tabakerzeugnissen zu treffen, weitere Gründe sind Jugend- und Konsumentenschutz. Für die bessere Vergleichbarkeit der Pro­dukte im Interesse der VerbraucherInnen und TrafikantInnen, vor allem betreffend die Preisgestaltung, aber auch aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung, soll die Packungs­größe auf 20 oder 25 Stück gesetzlich festgelegt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Gesetzesvorlage zuzu­leiten, mit der die im Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz ver­ankerte Verpackungsgröße für Zigaretten, nach entsprechender Notifikation gemäß Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2014/40/EU, ab 1. April 2018 gesetzlich mit 20 oder 25 Stück Zi­garetten je Packung festgelegt wird.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte.

 


12.01.24

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident – nachträglich noch alles Gute zum Geburtstag von dieser Stelle aus! Herr Minister! Hohes Haus! Ich möchte mich auch auf Tagesordnungspunkt 5 – ein Bundesgesetz, mit dem auch das Tabakmonopolgesetz ge­ändert wird beziehen. Es enthält eine leichte Verbesserung der Spannensituation für


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 78

Trafikanten. Ich darf aber doch ausdrücklich sagen, das kommt a) zu spät und fällt b) zu gering aus. Das heißt, es gibt im Bereich der Trafikanten ein echtes Problem.

Ein paar Zahlen: Es gab vor wenigen Jahrzehnten noch über 10 000 Trafikanten in Ös­terreich, mittlerweile stehen wir bei knapp 2 500. (Abg. Kogler: Wir können ja nicht im­mer weniger tschicken und immer mehr Trafikanten haben!) Rot und Schwarz haben also die Trafikanten nahezu ausgerottet, um es brutal zu sagen (Beifall bei der FPÖ), und diese Entwicklung wird leider weitergehen, weil die Spanne für Trafikanten nicht ausrei­chend ist, um am Markt überleben zu können.

Es sollte auch noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass 54 Prozent der Trafikanten behinderte Menschen sind. Das heißt, Sie haben in den letzten Jahren Zigtausenden behinderten Menschen in Österreich die Möglichkeit zur Selbständigkeit genommen – das ist Rot-Schwarz in Reinkultur!

Ich komme jetzt aber zu einem Thema, das Trafikanten, Raucher und Gastronomen be­trifft, und zwar zu dem drohenden absoluten, totalen Rauchverbot ab Mai 2018 in Ös­terreich. Ich möchte noch einmal alle Österreicher darauf hinweisen: Das haben Sie der ÖVP, der SPÖ und den Grünen zu verdanken, die in einer für mich nicht nachvoll­ziehbaren Brutalität ein Gesetz auf den Weg gebracht haben, das ab Mai 2018 nicht nur in der Gastronomie jede Möglichkeit des Rauchens abschafft, sondern auch im Pri­vatbereich und im Bürobereich.

Von uns aus ist eine Botschaft ganz klar, und das ist wichtig und eine eindeutige Aus­sage: Sollten wir Regierungsverantwortung übernehmen, dann werden wir dieses ab­solute Rauchverbot wieder abschaffen. (Beifall bei FPÖ und Team Stronach.)

Diese Freiheit auszuleben muss meiner Meinung nach, unserer Meinung nach erwach­senen Menschen in Österreich erlaubt sein. Sie ruinieren mit dieser Entscheidung ab Mai 2018 nicht nur Tausende Unternehmer im Gastronomiebereich, Sie ruinieren auch die jahrhundertealte Tradition des Gasthauses im ländlichen Bereich. Das heißt, spe­ziell der ländliche Bereich wird da noch einmal ganz, ganz stark in Mitleidenschaft ge­zogen, und wir werden diese Entwicklung mit Sicherheit zu verhindern versuchen.

Vielleicht ganz kurz noch ein kleines Beispiel hier aus dem Parlament: Es gibt hier im Parlament noch ein Raucherzimmer, da ganz hinten. Das ist auch im Parlament, wenn Sie mich fragen, der letzte mögliche Ort, an dem noch parteiübergreifend Kommunika­tion stattfindet. (Heiterkeit bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen. Abg. Lichten­ecker: Das haben wir hier herinnen!) Und diese Kommunikation schaffen Sie in Wirk­lichkeit auch ab. (Ruf bei der SPÖ: Der einzige Raum, das ist ja überhaupt ...! Abg. Kogler: Es gehört viel mehr getschickt!)

Ich möchte noch folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung des absoluten Rauchverbots in der Gastronomie

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, die eine Rücknahme des absoluten Rauchverbots in der Gastronomie ab Mai 2018 zum Inhalt hat und dadurch die berufliche Existenz der Trafikanten und der Gastrono­men auf der Grundlage des Tabakmonopolgesetzes weiterhin unterstützt.“

*****

Danke. (Beifall bei FPÖ und Team Stronach.)

12.05



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 79

Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Wurm eingebrachte Ent­schließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Peter Wurm und weiterer Abgeordneter

betreffend Abschaffung des absoluten Rauchverbots in der Gastronomie

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 5, Bericht des Finanz­ausschusses über den Antrag 2238/A der Abg. Ing. Mag. Werner Groiß, Kai Jan Krai­ner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tabaksteuer­gesetz 1995 und das Tabakmonopolgesetz 1996 geändert werden (1724 d.B.) in der 190. Sitzung des Nationalrats am 30.06.2017

Die Tabakgesetznovellen 2015 und 2016 bringen für die österreichischen Trafikanten, die im Tabakmonopolgesetz die Grundlage ihrer Berufsausübung finden, aber auch für die österreichischen Gastronomen durch die Einführung eines absoluten Rauchverbots ab Mai 2018 erhebliche Nachteile für Umsatz und Deckungsbeiträge (§ 40 Tabakmo­nopolgesetz: Verkauf von Tabakerzeugnissen in Gaststätten). Durch den Wegfall der Wahlmöglichkeit für die Konsumenten, einen räumlich getrennten Raucher- oder Nicht­raucherbereich in der Gastronomie in Anspruch zu nehmen, wird auch die traditionelle österreichische Wirtshauskultur existentiell gefährdet.

Der Weiterbestand einer Wahlmöglichkeit, einen räumlichen Raucher- und Nichtrau­cherbereich zu führen, ermöglicht es den Trafikanten gemäß Tabakmonopolgesetz wei­terhin entsprechende Absatzmöglichkeiten über die Gastronomie für ihre Tabakwaren zu erhalten und den Gastronomen Zusatzgeschäfte über die verkaufte Tabakware zu ma­chen. Gleichzeitig wird auch die österreichische Wirtshauskultur, die seit rund 200 Jah­ren das Rauchen in der Gastronomie ermöglicht, erhalten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, die eine Rücknahme des absoluten Rauchverbots in der Gastronomie ab
Mai 2018 zum Inhalt hat und dadurch die berufliche Existenz der Trafikanten und der Gastronomen auf der Grundlage des Tabakmonopolgesetzes weiterhin unterstützt.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Bernhard. – Bitte.

 


12.06.00

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Meine Ausführungen beziehen sich auf die Erprobung des Bildungskompasses im Land Oberösterreich – an sich ein un­terstützenswertes Vorhaben, ein sehr kleiner Schritt in die richtige Richtung, allerdings ist das tatsächlich viel zu wenig. Ich möchte kurz auf die Entstehungsgeschichte dieses Gesetzes eingehen, damit man versteht, warum wir Kritik üben.

Im Ministerrat vom 17. November 2015 hat es geheißen: „Der Kindergarten ist die erste Bildungseinrichtung, in der die wesentlichen Grundlagen für die Entwicklung der Kinder


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 80

gelegt werden. Potential-, Begabungs- und Sprachförderung beginnen schon dort. Das Fundament für den weiteren Bildungsweg der Kinder wird gebaut. Dafür braucht es gu­te Rahmenbedingungen und gut ausgebildete und engagierte Pädagoginnen und Pä­dagogen.“ – Eh klar, versteht sich von selbst. Man ist damals von bundeseinheitlichen Qualitätsstandards ausgegangen. Es soll natürlich ein Kind in Vorarlberg nicht anders als ein Kind in Oberösterreich und nicht anders als ein Kind in Wien oder in der Stei­ermark aufwachsen, im Kindergarten betreut werden und das richtige Rüstzeug mitbe­kommen.

Was ist seit 2015 geschehen? – Der Plan war, das Ganze 2016 umzusetzen und dann von 2016 bis 2025 auch in bundeseinheitliche Standards überzuführen – nichts! Das, was jetzt herausgekommen ist, mit dem Vorhaben, dass man diese bundeseinheitli­chen Standards stufenweise bis 2025 einführt und umsetzt, war tatsächlich die Erpro­bung des Bildungskompasses im Land Oberösterreich. Schwarz und Rot betreiben da eine Blockadepolitik auf dem Rücken der Kleinsten in dem Wissen, dass die Qualität in vielen Kindergärten heute nicht dort ist, wo sie der Bund sehen möchte. Wir bezahlen für Leistungen, mit denen auch die Eltern nicht zufrieden sein können.

Aus diesem Grund bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Er­möglichung eines verbindlichen bundesweit einheitlichen Qualitätsrahmens für elemen­tarpädagogische Einrichtungen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Bildung wird aufge­fordert, dafür Sorge zu tragen, dass wenigstens folgende Forderung aus dem Vortrag des Ministerrats vom 17. November 2015 hinsichtlich der Elementarpädagogik noch zeit­gerecht umgesetzt wird:

Bundesweit einheitliche Mindest-Qualitätsstandards werden gemeinsam zwischen Bund und Ländern bis Ende 2017 erarbeitet, beschlossen und in einem Stufenplan bis 2025 umgesetzt (Bildungsreformkommission: Vortrag an den Ministerrat. Jahreszahl von 2016 auf 2017 adaptiert, da Frist bereits abgelaufen).

*****

Das ist das Mindeste, was man fordern muss. Wir geben damit der aktuellen Bundes­regierung ein Jahr mehr Zeit, als sie sich selbst gegeben hat. Es geht um die Kinder, es geht um die nächste Generation, verlieren Sie keine Zeit! Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

12.08


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Bernhard eingebrachte Ent­schließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Matthias Strolz, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Ermöglichung eines verbindlichen bundesweit einheitlichen Qualitätsrahmens für elementarpädagogische Einrichtungen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 81

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1663 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Erpro­bung des Bildungskompasses im Land Oberösterreich im Kindergartenjahr 2017/18 (1731 d.B.) – TOP 7

Die Vorhaben im Elementarpädagogik-Bereich, die noch im November 2015 angekün­digt wurden, konnte bisher kaum umgesetzt werden. Die Regierung hinkt hier dem ei­genen Zeitplan hinterher, obwohl im Vortrag an den Ministerrat vom 17.11.15 zu lesen ist: „Der Kindergarten ist die erste Bildungseinrichtung, in der die wesentlichen Grund­lagen für die Entwicklung der Kinder gelegt werden. Potential-, Begabungs- und Sprach­förderung beginnen schon dort. Das Fundament für den weiteren Bildungsweg der Kinder wird gebaut. Dafür braucht es gute Rahmenbedingungen und gut ausgebildete und engagierte Pädagoginnen und Pädagogen“ (Bildungsreformkommission: Vortrag an den Ministerrat).

Auch im Rahmen der aktuellen Bildungsreform findet die Elementarpädagogik kaum Berücksichtigung, obwohl die Entwicklung eines verbindlichen bundesweit einheitlichen Qualitätsrahmens in Abstimmung mit den Ländern bereits bis Ende 2016 passieren hätte sollen. Diese Verzögerungen sind nicht mehr länger hinzunehmen. Wir brauchen endlich verlässliche Qualität statt Länder-Willkür und planlosen Wildwuchs (vgl. zuletzt die Skandale in Wiener Kindergärten). Dafür brauchen wir klare und österreichweit ein­heitliche Qualitätsstandards, die gemeinsam im Parlament beschlossen werden. Diese Standards müssen sich an den Bedürfnissen der verschiedenen Altersgruppen orien­tieren. Denn: Je jünger ein Kind ist, umso kleiner müssen Gruppe und Betreuungsschlüs­sel sein. In einem ersten Schritt wäre also – wie seit Jahren von der Regierung ange­kündigt – ein verbindlicher bundesweit einheitlicher Qualitätsrahmen zu etablieren.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Bildung wird aufge­fordert, dafür Sorge zu tragen, dass wenigsten folgende Forderung aus dem Vortrag des Ministerrats vom 17. November 2015 hinsichtlich der Elementarpädagogik noch zeitge­recht umgesetzt wird:

Bundesweit einheitliche Mindest-Qualitätsstandards werden gemeinsam zwischen Bund und Ländern bis Ende 2017 erarbeitet, beschlossen und in einem Stufenplan bis 2025 umgesetzt“ (Bildungsreformkommission: Vortrag an den Ministerrat. Jahreszahl von 2016 auf 2017 adaptiert, da Frist bereits abgelaufen).

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte.

 


12.08.41

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus, auf der Besuchergalerie und soweit Sie ORF III schauen! Es gibt einen gewissen Robert Lugar aus dieser Partei, die sich Team Stronach nennt, hereingebracht von einem Milliardär namens Frank Stronach, der sich inzwischen schon heftigst dagegen wehrt, dass sein Name da weiter verwendet wird, weil er Reputationsschäden befürchtet; er hat vor ein paar Tagen per Fernzuschal­tung verordnet, dass die gar nicht mehr antreten sollen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 82

Herr Lugar, manche hier werden Sie dann unter Umständen vermissen. – Ich gebe zu, ich werde Sie nicht vermissen, obwohl ich zugeben muss, das Vergnügen wird unter Umständen manchmal geringer sein, weil kaum ein anderer Kollege so viele Dinge, die bar jeder Substanz sind, hervorbringt.

Sie stellen sich hierher und erklären, auf welchem Abstiegspfad Österreich sei, dass Österreich herunterfalle. – Sagen Sie, lesen Sie manchmal die Zeitung, Herr Lugar?! (Abg. Neubauer: Welche denn?) – Vor ein paar Tagen, am 7. Juni, hätten Sie selbst in der „Presse“, die ja wohl kein sozialistisches Kampforgan ist, lesen können, dass wir beim Wirtschaftswachstum in Europa unter den Top 3 liegen; vor uns liegen nur Zy­pern, das nach den Verlusten in der Finanzkrise aufholt, und Rumänien, das einen lan­gen Weg aufzuholen hat. Unter den entwickelten Staaten innerhalb der EU ohne gra­vierende Bankenkrise wie in Zypern sind wir Nummer eins, Herr Lugar! – Und Sie ste­hen hier und erklären, wir fallen zurück! Wachen Sie einmal auf!

Es ist wirklich kein Schaden, wenn Sie nicht mehr kandidieren. Das ist die weiseste Äußerung, die Sie in der letzten Zeit getätigt haben: Wir treten einfach nicht mehr an! (Abg. Tamandl: Überheblich ist das schon! – Abg. Auer: Matznetter! Man müsste sinn­erfassend lesen können! Zwischenruf des Abg. Steinbichler.Na gut, okay, aber lesen kann er schon. Ich glaube, das wird er schon zusammenbringen. (Abg. Auer: Er nicht!) Ich habe es ihm gesagt.

Kommen wir dazu, warum es so ist, dass Österreich heuer ein Wachstum von 2,4 Pro­zent haben wird! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Steinbichler.) Wenn er auf der WIFO-Seite nachlesen könnte, der Herr Lugar, dann würde er sehen, dass wir heuer arbeitszeitbereinigt – nämlich um die Arbeitstage – 2,6 Prozent Nettowachstum haben werden. Die Arbeitslosigkeit sinkt. Vor einem Jahr haben die Ökonomen gesagt, das wer­den wir strukturell nie mehr erreichen. Ihr habt erklärt, wie schlecht die Regierung sei. Sagts einmal, wie geht’s euch?! Wir sind vorne! Das Land ist super, die Wirtschaft hat sich nach den Problemen der letzten zwei Jahre erholt! Die Arbeitslosigkeit sinkt! Und Sie erklären, wir haben es schlecht gemacht! Das ist absurd! (Zwischenrufe bei der FPÖ. Abg. Steinbichler: Herr Präsident, normal gibt es einen Ruf zur Sache!) Ma­chen Sie bessere Vorschläge! Es hat gut funktioniert! (Beifall bei der SPÖ und bei Ab­geordneten der ÖVP.) Und auch wenn die Regierung jetzt auseinandergegangen ist: Wir machen weiter auf dem Weg! (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Stein­bichler: Das ist eine Androhung!)

Die Forschungsprämie, die wir jetzt in ein paar Minuten beschließen werden, bedeutet, dass wir, obwohl wir bereits von 1 Prozent vor 20 Jahren auf 3,14 Prozent F&E-Quote gestiegen sind, unter den Top-Ländern und Industrienationen weiter steigen werden – eine völlig richtige Maßnahme, die gut für die Entscheidung ist, wo Konzerne ihre For­schung und Entwicklung ansiedeln.

In diesem Sinne werbe ich dafür: Zustimmen, akzeptieren, wenn die Leistung gut ist! Auch wenn Wahlkampf ist: Das Land ist ein gutes Land, es ist gut verwaltet, wir sind top! (Abg. Kassegger: Haben Sie mir zugehört?) Schlechtzureden brauchen Sie es auch nicht mehr. Wir werden es uns ersparen, das anzuhören, weil Herr Lugar ja dann nicht mehr da ist. Ich freue mich auf diese Zeit. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

12.12


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Klubobmann Ing. Lugar hat sich ein zweites Mal zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


12.12.35

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, Herr Matznetter, wenn Sie sich freuen, freue ich mich natürlich mit Ihnen, keine Frage, aber schauen wir uns einmal


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 83

an, was Sie zur Sache gesagt haben. Ich habe vorhin auch zur Sache gesprochen. – Sie zwar relativ wenig, aber schauen wir uns an, was Sie gesagt haben.

Sie haben allen Ernstes gesagt, Österreich stehe gut da, und Sie haben das damit be­gründet, dass Sie eine Zeitung gelesen haben und in dieser Zeitung gestanden ist, Ös­terreich stehe gut da. (Zwischenrufe der Abgeordneten Hauser und Peter Wurm.) –Dann schauen wir uns einmal an, wo Sie das herhaben! Ich kenne diese Zeitung nicht (Abg. Matznetter: Die „Presse“!), aber Sie werden mir sicher noch sagen, ob diese Zeitung das deshalb geschrieben hat, weil Sie darin inseriert haben – selbstverständlich mit Steu­ergeld –, oder ob das tatsächlich stimmt.

Dann schauen wir uns einmal die Fakten an! Die Fakten sind, und das haben Sie, Herr Matznetter, in Ihrem Traum- beziehungsweise Luftschloss vergessen, das sich Wirt­schaftskammer nennt, wo Sie Funktionär sind. Kein Mensch weiß, was Sie dort ma­chen, aber es soll so sein. (Abg. Schopf: Sie wissen das vielleicht? Sie wissen das!)

Und dort haben Sie wahrscheinlich noch nicht mitbekommen, dass die Österreicher, vor allem jene, die wenig verdienen, seit dem Jahr 2000 einen realen Lohnverlust von 35 Prozent hinnehmen mussten, und zwar deshalb, weil Sie auf der einen Seite die Steu­ern permanent erhöhen, permanent Ideen haben, wie man Steuern erhöhen kann, weil immer dann, wenn es um eine Steuerreform geht, am Ende des Tages eine Steuerer­höhung herauskommt, und weil auf der anderen Seite die Inflation in keiner Weise ab­gegolten wurde.

Und dann gibt es die sogenannte kalte Progression, die Sie auch nicht abschaffen wol­len, die dazu führt, dass die Österreicher de facto einen Einkommensverlust haben. Da­von spreche ich! Ich spreche nicht davon, was Sie in irgendwelchen Zeitungen lesen, sondern ich spreche davon, dass Österreich den Bach runtergeht. Wenn Sie sagen, wir haben jetzt ein Wirtschaftswachstum, das besser ist als die Jahre davor, dann stimmt das (Zwischenruf des Abg. Matznetter), nur muss man sich den ganzen Zeitraum an­sehen. Und wenn man sich den Zeitraum ansieht, dann sieht man, dass Österreich ab­sandelt, wie das Ihr Chef bei der Wirtschaftskammer immer wieder sagt, was Sie aber anscheinend nicht zur Kenntnis nehmen wollen.

Aber natürlich, wenn ein Sozialist hier ans Rednerpult tritt, dann findet er alles großar­tig, weil Sie als Sozialisten ja ohnehin schon vergessen haben, wie es den Menschen draußen geht. (Beifall bei Team Stronach und FPÖ.) Und denen geht es nun einmal schlecht, und zwar deshalb, weil sie sich – gerade in Wien, wo Sie doch vorher so ge­lobt haben, wie toll das in Wien läuft – die Wohnungen nicht mehr leisten können, weil sie sich die Betriebskosten nicht mehr leisten können. – Das ist alles Ihre Schuld, weil Sie mit dieser falschen Politik alle nach Wien locken, weil durch die falsche Baupolitik in Wien nur 10 000 Wohnungen gebaut werden und jedes Jahr 100 000 dazukommen, denen Sie dann hinten das Geld der braven Steuerzahler hineinstecken. – So schaut es nämlich aus, Herr Matznetter! (Beifall bei Team Stronach und FPÖ.)

Das machen Sie in Wien, und dann stellen Sie sich hier heraus, beflegeln uns und freu­en sich auch noch diebisch, wenn es jemand nicht ins Hohe Haus schaffen sollte. Ich weiß ja nicht, wer es schafft. Ich weiß auch nicht, ob Sie es schaffen werden, denn Sie müssen ja gewählt werden! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie müssen vom Bürger gewählt werden, und ich kann den Bürgern – ich hoffe, es hö­ren einige zu – nur eines empfehlen: Wählen Sie bitte nicht Rot und Schwarz und bitte nicht den Matznetter (Heiterkeit bei der FPÖ), denn der Matznetter hat in seinem Glas­palast, der Wirtschaftskammer, die Bodenhaftung verloren, und er weiß gar nicht mehr, wie es den Menschen da draußen geht. – So schaut es nämlich aus. Deshalb: Wählen Sie weder Rot noch Schwarz, sondern wählen Sie die Zukunft, und da ist der Matznet-


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ter hoffentlich nicht dabei! – Vielen Dank. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ. Abg. Matz­netter: Lugar ... Vorzugsstimmen ...! Bei seiner Beliebtheit!)

12.16


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


12.16.21

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich versu­che, wieder auf die sachliche Ebene zurückzukommen, und möchte zum Tagesordnungs­punkt 3 sprechen.

Meine Damen und Herren! Nach der derzeitigen Rechtslage konnten Dienstnehmer steu­erlich begünstigte Anteile am Unternehmen des Dienstgebers erwerben; dies war bis zu einem Betrag von 3 000 € per annum steuerlich begünstigt. Diese Regelung war äu­ßerst unflexibel, weswegen wir jetzt ein Mitarbeiterbeteiligungsstiftungsgesetz beschlie­ßen werden. Mit der Einführung dieses Mitarbeiterbeteiligungsstiftungsgesetzes setzen wir wirklich wichtige volkswirtschaftliche Maßnahmen, die den Wirtschaftsstandort Ös­terreich weiter stärken und festigen werden. Es geht im Kern darum, einen gesetzlichen Rahmen zur Verfügung zu stellen, der es ermöglicht, die Mitarbeiterbeteiligung in einem Unternehmen besser umzusetzen.

Sinn und Zweck der Mitarbeiterbeteiligungsstiftung ist insbesondere die Bildung bezie­hungsweise die Stärkung eines Kernaktionärs und damit einhergehend die Vermeidung einer feindlichen Übernahme eines österreichischen Unternehmens sowie die Siche­rung von Arbeitsplätzen am jeweiligen Standort. Dafür sollen die Aktien für die Mitar­beiter und Mitarbeiterinnen von der Mitarbeiterbeteiligungsstiftung treuhänderisch ver­wahrt und verwaltet werden.

Der Vorteil dieser treuhänderischen Verwaltung ist eine einheitliche Stimmrechtsaus­übung und die Sicherstellung der Mitarbeiterbeteiligungsstiftung als Kernaktionär. Um die Rolle als Kernaktionär möglichst rasch erfüllen zu können und eine Grundausstat­tung der Mitarbeiterbeteiligungsstiftung mit Aktien im Sinne eines relevanten Beteili­gungsstocks sicherstellen zu können, soll auch die Mitarbeiterbeteiligungsstiftung selbst zusätzliche Aktien am Unternehmen halten können, was ja bisher auch nicht möglich war. Diese Aktien müssen aber dann sukzessive an die Mitarbeiter und Mitarbeiterin­nen abgegeben werden und sodann von der Mitarbeiterbeteiligungsstiftung treuhände­risch verwahrt werden.

Die Anzahl der Aktien, die diese Mitarbeiterbeteiligungsstiftung selbst halten darf, ist je­doch mit 10 Prozent der Stimmrechte am Unternehmen eingeschränkt. Die Aktien sol­len auf Dauer der Betriebszugehörigkeit von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Mitarbeiterbeteiligungsstiftung zur treuhänderischen Verwaltung und Verwahrung be­lassen werden.

Meine Damen und Herren! Eine solche Konstruktion hat die Mitarbeiterbeteiligungsstif­tung der voestalpine, die ja im Jahr 2000 errichtet wurde. Die beiden größten Einzel­aktionäre der voestalpine, die Mitarbeiterbeteiligungsstiftung und die Raika Oberöster­reich, halten gemeinsam 30 Prozent. Das ist der Garant dafür, dass dieses Unternehmen in Oberösterreich bleibt, seinen Standort in Österreich hält und Arbeitsplätze für die Mit­arbeiter sichert.

Daher ist es wichtig, dieses Mitarbeiterbeteiligungsstiftungsgesetz zu beschließen – wich­tig für die Mitarbeiter, wichtig für den Standort Österreich und wichtig für die Wirtschaft in Österreich. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.19


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 85

12.19.24

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Herr Präsident! Geschätzte Kol­leginnen und Kollegen! (Der Redner stellt eine Tafel mit der Aufschrift „OÖWOHNBAU“ und dem entsprechenden grün-blauen Logo auf das Rednerpult.) Sehr verehrte Zuse­herinnen und Zuseher auf der Besuchergalerie und vor den Fernsehgeräten! Einen gu­ten Appetit jenen, die jetzt ihr wohlverdientes Mittagessen einnehmen!

In dieser doch etwas wahlkampfbetonten Debatte erlaube ich mir, auf einen Punkt be­treffend dieses vorliegende Gesetz hinzuweisen: Gestern bei der Finanz- beziehungs­weise Rechnungshofdiskussion hat Kollegin Gabriela Moser schon den Bereich der ge­meinnützigen Wohnbauträger erwähnt. Diesen Bereich möchte ich erwähnen, weil in die­sem Gesetz auch das Körperschaftsteuergesetz verpackt ist, und ich denke, es ist ganz wesentlich, dass wir da einen Gleichstand schaffen.

Ich habe damals im Zusammenhang mit OÖ Wohnbau schon auf diese politischen Be­setzungen, auf die Versorgungspositionen hingewiesen. Es geht aber auch um diese Ge­pflogenheit, dass zunehmend günstig gekauft wird – wie in dem gestern erwähnten Fall bei der Stadt Wien – und nachher sogenannte gemeinnützige Wohnbauträger diese Pro­jekte erwerben und veredeln und darin gewaltige Gewinnsteigerungen versteckt haben.

Herr Finanzminister, ich glaube, das ist ein Bereich, wo circa 2 Milliarden € Steuerein­nahmen für dich zu lukrieren wären. Das muss man sich einmal genauer anschauen, das wird eine Aufgabe in der nächsten Gesetzgebungsperiode sein.

Ich erlaube mir noch ganz kurz, auf diese, ich würde sagen doch nicht sehr der Würde des Hauses entsprechenden, Einwürfe des Kollegen Matznetter einzugehen: Herr Kol­lege, ich darf dir sagen, wir werden diese Bilanz legen, wie viele Anfragen, wie viele Ge­setzesanträge, sinnvolle Vorschläge wir für die Zukunft der Bürgerinnen und Bürger hier in diesem Haus in dieser Periode eingebracht haben und in den nächsten Sitzungen noch einbringen werden.

Wie oft aber von den beiden Regierungsparteien gegen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger gestimmt wurde, bestätigt alleine der Antrag zur Öffentlichkeit der Ausschüs­se, zu direkter Demokratie. Lassen wir die Bürgerinnen und Bürger an dieser Politik teil­haben, damit sie wissen, was in diesem Hohen Haus läuft, damit sie wissen, welche The­men, die ihnen unter den Fingernägeln brennen, hier diskutiert werden, und damit sie auch, wenn sie interessiert sind, ihre Verbesserungsvorschläge in die laufende politische Ar­beit einbringen können! Ich glaube, das ist das ganz Wesentliche. Das ist gelebte De­mokratie. Das ist unser politisches Ziel: den Mensch in den Mittelpunkt zu stellen.

Regionalisierung dient den Menschen. Regionalisierung sichert regionale Arbeitsplät­ze, schafft regionale Kaufkraft. Ihr habt die Statistik vergessen, die Arbeitnehmer haben 17 Prozent Kaufkraftverlust! Diese 17 Prozent fehlen der heimischen Wirtschaft, denn das Geld, das die Arbeitnehmer und die Familien nicht kriegen, können sie nicht inves­tieren, können sie nicht ausgeben. Das fehlt dem Turbomotor Wirtschaft.

Bleiben wir also bei den Fakten! Das dient der Zukunft unserer Kinder und unserer En­kel. Ich glaube, das muss das Ziel unserer Arbeit sein. – Danke. (Beifall beim Team Stro­nach. – Abg. Fekter: Nimm’s Taferl mit!)

12.22

12.22.51

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich sehe keinen Wunsch der Berichterstatter auf ein Schlusswort.

Damit kommen wir zur Abstimmung, die über jeden Ausschussantrag getrennt erfolgt.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird, in 1721 der Beilagen.


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Hiezu liegen ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Fuchs, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Lichten­ecker, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungs­antrag, danach über den erwähnten Abänderungsantrag und schließlich über den Ge­setzentwurf in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Fuchs, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- bezie­hungsweise Abänderungsantrag eingebracht, der die Einführung einer neuen Z 1 so­wie die entsprechende Änderung der Ziffernbezeichnung betrifft.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und da­mit abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Z 1 und Z 2 eingebracht.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist wiederum die Minderheit und somit abgelehnt.

Somit kommen wir schließlich zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer spricht sich auch in dritter Lesung dafür aus? – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Entwurf betreffend Mitarbeiterbeteiligungs­stiftungsgesetz 2017 in 1722 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Zusatzantrag der Abgeordneten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen, sowie ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Groiß, Krainer, Kolleginnen und Kollegen vor.

Daher lasse ich zunächst über den Zusatzantrag, anschließend über die vom Abände­rungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Die Abgeordneten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag be­treffend Einfügung einer neuen Z 6a und Z 7 lit. c in Art. 1 eingebracht.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Groiß, Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungsantrag betreffend Art. 1 und Art. 2 eingebracht.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Mehrheit.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist wiederum mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer spricht sich auch in dritter Lesung dafür aus? – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Entwurf betreffend Mittelstandsfinanzierungs­gesellschaftengesetz 2017 samt Titel und Eingang in 1723 der Beilagen.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Mehrheit.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 87

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer stimmt in dritter Lesung zu? – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tabaksteuergesetz 1995 und das Tabakmonopolgesetz 1996 geändert wer­den, samt Titel und Eingang in 1724 der Beilagen.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer stimmt in dritter Lesung zu? – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Groiß, Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vereinheitlichung der Packungsgröße für Zigaret­ten.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Mehrheit und somit angenommen. (E 215.)

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Wurm, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Abschaffung des absoluten Rauchverbots in der Gastro­nomie.

Wer spricht sich hierfür aus? – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Normverbrauchsabgabegesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1729 der Beilagen.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer stimmt in dritter Lesung zu? – Das ist wiederum einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Erprobung des Bildungskompasses im Land Oberösterreich im Kindergarten­jahr 2017/18 in 1663 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Wer spricht sich dafür aus? – Zustimmung von allen, somit einstimmig angenommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Strolz, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Ermöglichung eines verbindlichen bundesweit einheitlichen Qualitätsrahmens für elementarpädagogische Einrichtungen.

Wer spricht sich dafür aus? – Hierfür spricht sich nur eine Minderheit aus. Dieser An­trag ist somit abgelehnt.

12.28.318. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1662 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verord-
nung (EU) 2016/1011 über Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanzkon­trakten als Referenzwert oder zur Messung der Wertentwicklung eines Investment­fonds verwendet werden (Referenzwerte-Vollzugsgesetz – RW-VG) erlassen wird und mit dem das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Verbraucherkreditge­setz und das Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz geändert werden (1726 d.B.)


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9. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1659 d.B.): Bundes­gesetz über den Verzicht des Bundes auf den die Abschlagszahlung übersteigen­den Anteil der Forderungen gegen den Fonds „Sondervermögen Kärnten in Ab­wicklung“ (SvK-Verzichtsgesetz) (1727 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1661 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Wertpapier- und allgemeinen Waren­börsen 2018 und das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 erlassen werden und das Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz, das Aktiengesetz, das Alternative Investment­fonds Manager-Gesetz, das Alternativfinanzierungsgesetz, das Bankwesengesetz, das Bausparkassengesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsor­gegesetz, das Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014, das Bundesfinanzierungsgesetz, das Bundesgesetz zur Schaffung einer Abbaueinheit, das E-Geldgesetz 2010, das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz, das Energie-Cont­rol-Gesetz, das EU-Verschmelzungsgesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Finanzmarkt-Geldwäschegesetz, die Gewerbeordnung 1994, das Glücksspielgesetz, das Hypothekenbankgesetz, das Immobilien-Investmentfondsgesetz, die Insolvenzordnung, das Investmentfonds­gesetz 2011, das Kapitalmarktgesetz, das Kontenregister- und Konteneinschau­gesetz, das Körperschaftsteuergesetz, das Maklergesetz, das Pensionskassen­gesetz, das Pfandbriefgesetz, das Ratingagenturenvollzugsgesetz, das Rech­nungslegungs-Kontrollgesetz, das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz, das SE-Gesetz, das SFT-Vollzugsgesetz, das Spaltungsgesetz, das Sparkassengesetz, das Übernahmegesetz, das Unternehmensgesetzbuch, das Versicherungsaufsichts­gesetz 2016, das Zahlungsdienstegesetz, das Zentrale Gegenparteien-Vollzugsge­setz und das Zentralverwahrer-Vollzugsgesetz geändert werden (1728 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Somit kommen wir zu den Punkten 8 bis 10 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Ich sehe keinen Wunsch nach mündlicher Berichterstattung. Somit gehen wir in die De­batte ein.

Ich weise darauf hin, dass es nur fünf Redner gibt, danach folgt wieder eine Abstim­mung, meine Damen und Herren!

Erster Redner: Herr Abgeordneter Angerer. – Bitte.

 


12.29.56

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ge­schätzte Damen und Herren! Bei diesem Themenblock geht es wieder einmal um die Hypo, um die HETA-Abwicklung. Herr Finanzminister, ich muss schon sagen, was Sie uns da mit diesem Sondervermögen-Kärnten-Verzichtsgesetz vorlegen, ist schon aben­teuerlich, das muss ich ehrlich sagen. Das ist eine Fortsetzung der Intransparenz, was die gesamte Abwicklung betrifft.

Schauen wir uns einmal an, was der Inhalt dieses Gesetzes ist: Kärnten soll zusätzlich zu den 1,2 Milliarden € noch 67 Millionen € zahlen. Wie begründet das der Bund? – Der Bund begründet das damit, dass er im Zuge der Verstaatlichung, nach der Verstaatlichung, Haftungen, entsprechende Bürgschaften übernommen hat und dass Abgabenforderun­gen bestehen. Dann sage ich jetzt: Okay, wenn diese Abgabenforderungen zu Recht be­stehen würden, würde man das ja noch einsehen.


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Es werden jetzt aber Forderungen von 1,7 Milliarden € in den Raum gestellt, und der Herr Finanzminister schreibt selbst in sein Gesetz hinein, es sei nicht klar, ob diese For­derungen zu Recht bestehen, und man müsste das auf dem Rechtsweg klären.

Jetzt macht man offensichtlich einen Deal mit den Kärntnern, mit dem Topteam Kaiser und Schaunig, und ich verstehe nicht, warum dieses Topteam diesem Deal zustimmt. Ich weiß nicht, wer auf dieses Topteam mehr Druck ausübt: der Herr Finanzminister oder der Herr Justizminister? Sonst ist es eigentlich unverständlich, dass Kärnten die­sen Deal macht und zusätzlich 67 Millionen € gegenüber dem Bund abliefern soll, ob­wohl nicht sicher ist, ob diese Forderungen überhaupt zu Recht bestehen.

Es ist wichtig und ganz richtig, dass unsere Kollegen in Kärnten schon eine Prüfung durch den Bundesrechnungshof gemeinsam mit dem Landesrechnungshof angeregt und in die Wege geleitet haben. Dieses gesamte Abwicklungsverfahren ist von Anfang an intransparent gelaufen; wir haben zuerst von 6 Milliarden € Erlös gesprochen, jetzt sind wir bei 9 Milliarden € Erlös. Das wird nicht transparent geführt.

Die Einzigen, die sich seit der Verstaatlichung – wobei wir bis heute noch nicht wissen, warum die Herren Pröll und Schieder diese Bank übernommen haben – den Bauch vor Lachen halten, sind die Bayern, denn sie haben seit 2008 aus der Bank sage und schreibe rund 4 Milliarden € zurückbekommen.

Der österreichische Steuerzahler – und da zähle ich ja wohl den Kärntner noch immer da­zu – blutet und zahlt noch immer. Das ist unverständlich, und für Kärnten im Konkreten gilt leider ein chinesisches Sprichwort: Lächelt und seid froh, es könnte schlimmer kom­men. Und sie lächelten und waren froh, und es kam schlimmer. (Beifall bei der FPÖ.)

12.32


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


12.32.51

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Dieser Tagesordnungspunkt hätte viel zu bieten, ich werde dann auch noch da­rauf eingehen, aber man kann natürlich das, was Kollege Angerer hier gesagt hat, nicht so stehenlassen.

Dieses Gesetz – Liquidation des Sondervermögens, Ausgleichszahlung an den Bund – ist natürlich ein weiterer Schritt zur Abwicklung der den österreichischen Steuerzahlern und Steuerzahlerinnen vom Land Kärnten umgehängten Haftung. Über 20 Milliarden € an Haftungen ist das Land Kärnten mit der Kärntner Landesholding eingegangen – und keine Idee davon, dass das jemals bedient werden kann! Sie waren lang genug selbst im Untersuchungsausschuss: Die Verstaatlichung war alternativlos, und die Haftungen hat dann der Bund übernommen. (Abg. Angerer: ... die Frau Griss damals!) Es ist nur gut und richtig, dass sich das Land Kärnten mit einem Anteil beteiligt, denn das Land Kärnten hat ja immerhin auch – und das haben Sie verschwiegen – Geld von der OeBFA bekommen; auch die Gläubiger mussten ja bedient werden.

Sie haben Landeshauptmann Kaiser angesprochen: Der muss das jetzt ausbaden, was das System Haider in Kärnten und in der ganzen Republik angerichtet hat, Herr Kolle­ge Angerer. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Angerer.)

Zu diesem Tagesordnungspunkt gehört noch die Umsetzung einer EU-Richtlinie, MiFID II. Wir haben in diesem Gesetzeswerk Folgendes geregelt: beispielsweise im Börsegesetz einen erleichterten Zugang zu Kapital für Klein- und Mittelbetriebe, genau auf die Be­dürfnisse von Klein- und Mittelbetrieben zugeschnitten; eine Stärkung der Aufsicht durch erweiterte Aufsichtsmaßnahmen – ich glaube, auch das ist in unser aller Interesse; im


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Wertpapieraufsichtsgesetz einen besseren Anlegerschutz, mehr Transparenz und mehr Information für Anleger, auch Telefonaufzeichnungen bei Geschäften mit Anlegern, das betrifft also Wohlverhaltensregeln für Kreditinstitute, et cetera. Ich glaube, gerade im Sin­ne des Anlegerschutzes ist das eine ganz gute Sache.

Erfreulicherweise findet sich im Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz ein Abgehen vom Kumulationsprinzip; Kumulationsprinzip bedeutet nichts anderes, als dass man für ein und dasselbe Vergehen mehrmals bestraft wird. Davon geht man ab, und die Verhän­gung einer einzigen Strafe ist dann auf das höchste Strafausmaß begrenzt, es wird nur ein einziges Verfahren geben. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich denke, das sollte ein erster Schritt zum gesamten Abgehen vom Kumulationsprin­zip in verschiedenen Bereichen des Verwaltungsstrafrechts sein, beispielsweise bei der Falscheinstufung von Gehältern bei mehreren Dienstnehmern oder bei mehreren Ver­gehen im Lohnverrechnungsbereich, die aber eigentlich ein Vergehen sein sollten. In diesen Bereichen gehört vom Kumulationsprinzip abgegangen. Das ist ein erster guter Schritt und wir hoffen, dass wir auch in anderen Bereichen künftig vom Kumulations­prinzip abgehen können, denn oft geht es um ein Vergehen, das nicht irgendwie be­absichtigt, nicht vorsätzlich ist. Dahin gehend gehört das Unternehmertum, gehören die Unternehmer gestärkt. (Beifall bei der ÖVP.)

12.36


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hable. – Bitte.

 


12.36.58

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Hypo Alpe-Adria und deren Abwicklung beschäftigt wieder einmal das Par­lament, diesmal in Form eines Bundesgesetzes, mit dem der Bund auf rund 1,7 Milliar­den € gegenüber dem Fonds „Sondervermögen Kärnten in Abwicklung“ verzichtet und dafür 67 Millionen € Gegenleistung bekommt. Das ist natürlich kein gutes Geschäft, ins­besondere ist es kein gutes Geschäft für die Steuerzahler, und das nicht nur für die Ver­gangenheit und für die Gegenwart, sondern auch für die Zukunft.

Warum? – Weil diese Jahrhundertchance nicht genutzt wurde. Die Finanzgebarung in Kärnten war mit Haftungsübernahmen in Milliardenhöhe desaströs. Es ist immer nur am Rande erwähnt worden, sollte aber nicht vergessen werden, dass auch fast alle ande­ren Bundesländer für die Emissionen der Hypo Alpe-Adria mitgehaftet haben, im Jahr 2009 noch mit 10 Milliarden €. Das wäre die Chance gewesen, über die Finanzen, über das Geld in diesem Land endlich eine seit Jahrzehnten nicht umgesetzte Föderalismusreform anzustoßen! Weil man diese Chance eben nicht genutzt hat, ist natürlich genau das pas­siert, was zu erwarten war, nämlich gar nichts. Es sind keine Reformen umgesetzt wor­den, insbesondere zum Beispiel auch nicht ein Insolvenzrecht für Bundesländer.

Herr Finanzminister, im Konkreten haben wir Sie auch letzte Woche im Finanzaus­schuss gefragt, woraus sich denn die 1,7 Milliarden €, auf die der Bund verzichtet, ge­nau zusammensetzen. Es ist uns eine schriftliche Beantwortung versprochen worden, die wir bis dato nicht bekommen haben. Insofern ist es natürlich schon allein aus die­sem Grund unmöglich, angesichts der vorhandenen Intransparenz, die uns aber bei der Abwicklung der HETA immer schon begleitet hat, zuzustimmen.

Das Einzige, was wir wissen, ist, dass auch auf Haftungsentgelte für die sogenannte Phönix-Garantie verzichtet werden soll. Vielleicht erinnert sich noch jemand: Das ist je­ne Garantie gewesen, von der wir unter anderem auch im Untersuchungsausschuss fest­stellen mussten, dass der Bund für besonders schlechte Anteile des Hypo-Alpe-Adria-Portfolios eine Haftung übernommen hat und dementsprechend nicht ganz überraschend zum Handkuss kommt.


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Es wird auf die Haftungsentgelte verzichtet. Wir wollten allerdings wissen – und da ha­be ich Sie eben auch im Ausschuss vor zwei Wochen gebeten, uns das doch genau zu sagen –, welcher Vergleich denn bei dieser sogenannten sehr problematischen Phoe­nix-Bürgschaft abgeschlossen wurde. Das haben Sie uns beantwortet, allerdings muss ich leider feststellen, nicht sehr aufschlussreich, denn das Einzige, was Sie sagen, ist: Ja, es waren Sachen strittig und deswegen hat man einen Vergleich geschlossen. Das war uns schon klar. Es fehlt ein Datum, es fehlen konkrete Zahlen, es fehlen Grundla­gen, warum Sie einen Vergleich geschlossen haben. In Wirklichkeit haben Sie also gar nichts beantwortet. Das zieht sich, wie ich schon gesagt habe und wie auch Kollege Angerer gesagt hat, wie ein roter Faden durch den ganzen Abwicklungsprozess der Hy­po Alpe-Adria: Intransparenz von Anfang bis zum Ende.

Das lässt natürlich nichts Gutes vermuten, wenn nicht mit offenen Karten, mit Transpa­renz gespielt wird. Transparenz sieht anders aus, sorgsamer Umgang mit Steuergeld genauso. Von uns kann es in diesem Sinne keine Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

12.40


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Knes. – Bitte.

 


12.41.02

Abgeordneter Wolfgang Knes (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätz­te Kolleginnen und Kollegen! Kollege Hable spricht hier von einem roten Faden. Ich meine, die Hypo Alpe-Adria, sprich HETA, hat einen eindeutigen Faden, und der ist blau, das wissen wir. Wir wissen auch, wo dieser blaue Faden herrührt, Herr Kollege Ange­rer. Wir wissen alle, welcher Anstrengung es aller Fraktionen in diesem Haus bedurfte, um die Liquidität von Kärnten aufrechtzuerhalten. Und du stellst dich als Abgeordneter aus Kärnten hier heraus und sprichst gegen dieses Verzichtsgesetz? – Dann hast du in der Mathematik irgendetwas verpasst.

Es steht klar drinnen: Kärnten verpflichtet sich zu einer Abschlagszahlung von 67 Mil­lionen € – hast du auch angesprochen (Zwischenruf des Abg. Grillitsch) –, im Gegen­zug muss aber der Bund auf 1,71 Milliarden € verzichten. Genauso steht es auch in die­sem Gesetz, da wird nämlich Rechtssicherheit gegenüber den Gläubigern hergestellt. Somit ist auch Kärnten endlich frei von diesen ursprünglich aushaftenden Anteilen von 24 Milliarden €, die uns nur die blau-schwarze Regierung in Kärnten eingebrockt hat! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Übrigens, Herr Kollege Angerer: Sieht man heute diese damalige Regierung an, ist von dieser damaligen blau-schwarzen Regierung ein einziges Regierungsmitglied nicht rechts­kräftig verurteilt. Oh, Gott sei Dank, Herr Angerer, du sitzt noch straffrei hier in diesen Reihen, weil du nicht im Land Kärnten tätig warst. Alle deine anderen Kollegen sind rechtskräftig verurteilt, und auch Herr Dörfler wird daraus noch seine Lehren ziehen. (Abg. Mölzer: Herr Kollege, das ist ja ungeheuerlich!) – Nein, das ist nicht ungeheu­erlich! Das tut weh, klar, weil das von der blauen Regierung unter Haider eingebrockt wurde. So ist es zu diesem ganzen Hypo-Skandal gekommen. Wir haben nur zusammen­geräumt.

Wenn du, Herr Kollege Angerer, jetzt hergehst und in die Ecke schaust – hier wäre auch noch ein Staubkörnchen und das gehört auch noch zusammengekehrt –, dann hast du den ganzen Sinn und Zweck dieses Verzichtsgesetzes, nämlich für die Freiheit des Lan­des Kärnten, nicht verstanden. Wir werden im Wahlkampf darauf hinweisen, dass du das Land Kärnten deinem Redebeitrag nach eigentlich in die Insolvenz schicken willst. (Abg. Kassegger: Das ist eine Hausnummer, die 67 Millionen!)

Von Hable rede ich gar nicht mehr, er hat sowieso ein neoliberales Verhalten. Also der würde eigentlich jeden Bürger in Österreich gerne in der Insolvenz sehen, aber das möch­te ich gar nicht beurteilen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 92

Ich habe aber noch einen Auftrag erhalten. Ich möchte den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Werner Groiß, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen zur Re­gierungsvorlage (1661 der Beilagen) eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesge­setz über die Wertpapier- und allgemeinen Warenbörsen 2018 und das Wertpapierauf­sichtsgesetz 2018 erlassen werden und mehrere Gesetze geändert werden, einbringen.

Der Antrag müsste eigentlich im Saal verteilt worden sein, weshalb ich ihn der Ge­schäftsordnung entsprechend nur in seinen Grundzügen erläutere. Erstens: Bei der Än­derung des Wertpapieraufsichtsgesetzes wird die Oesterreichische Nationalbank von der allgemeinen Meldepflicht ausgenommen. Zweitens: Beim Übernahmegesetz wird ein Schreibfehler berichtigt. Drittens: Im Versicherungsaufsichtsgesetz wird klargestellt, dass die unionsrechtlichen Bestimmungen zur Anwendung technischer Standards für die Ver­sicherungs- und Rückversicherungsunternehmen und der durch die EU-Verordnung ge­regelten Anpassungsmechanismen für die Berechnung des Aktienrisikos unmittelbar an­wendbar sind.

Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.44


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Knes soeben in seinen Grund­zügen erläuterte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Werner Groiß, Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage (1661 der Beilagen) eines Bundesgesetzes, mit dem das Bun­desgesetz über die Wertpapier- und allgemeinen Warenbörsen 2018 und das Wertpa­pieraufsichtsgesetz 2018 erlassen werden und das Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz, das Aktiengesetz, das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz, das Alternativfi­nanzierungsgesetz, das Bankwesengesetz, das Bausparkassengesetz, das Betriebli­che Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014, das Bundesfinanzierungsgesetz, das Bundesgesetz zur Schaffung einer Abbaueinheit, das E-Geldgesetz 2010, das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz, das Energie-Control-Gesetz, das EU-Verschmelzungsgesetz, das Finanzkonglomera­tegesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Finanzmarkt-Geldwäschege­setz, die Gewerbeordnung 1994, das Glücksspielgesetz, das Hypothekenbankgesetz, das Immobilien-Investmentfondsgesetz, die Insolvenzordnung, das Investmentfondsge­setz 2011, das Kapitalmarktgesetz, das Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, das Körperschaftsteuergesetz, das Maklergesetz, das Pensionskassengesetz, das Pfand­briefgesetz, das Ratingagenturenvollzugsgesetz, das Rechnungslegungs-Kontrollgesetz, das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz, das SE-Gesetz, das SFT-Vollzugsgesetz, das Spaltungsgesetz, das Sparkassengesetz, das Übernahmegesetz, das Unternehmens­gesetzbuch, das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016, das Zahlungsdienstegesetz, das Zentrale Gegenparteien-Vollzugsgesetz und das Zentralverwahrer-Vollzugsgesetz ge­ändert werden, in der Fassung des Ausschussberichtes (1728 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die oben genannte Regierungsvorlage (1661 d.B.) in der Fassung des Ausschussbe­richtes (1728 d.B.), wird wie folgt geändert:

A. Artikel 3 ( Wertpapieraufsichtsgesetz 2018) wird wie folgt geändert:

§ 2 Abs. 1 Z 7 lautet:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 93

„7. die Oesterreichische Nationalbank sowie andere Mitglieder des Europäischen Sys­tems der Zentralbanken;“

B. Artikel 42 (Änderung des Übernahmegesetzes) wird wie folgt geändert:

In Z 8 wird in § 27e Abs. 7 erster Satz das Wort „Bedingung“ durch das Wort „Been­digung“ ersetzt.

C. Artikel 44 (Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes 2016) wird wie folgt ge­ändert:

1. Die Z 1 erhält die Bezeichnung 1a. Vor der neuen Z 1a wird folgende Z 1 eingefügt:

„1. Im Inhaltsverzeichnis wird nach dem Eintrag zu § 179 folgender Eintrag eingefügt:

„§ 179a Berechnung des Untermodul Aktienrisiko: symmetrischer Anpassungsmecha­nismus““

2. Nach Z 5 wird folgende Z 5a eingefügt:

„5a. In § 168 Abs. 1 wird folgender Schlussteil eingefügt:

„Wenn Technische Standards (EU) mit den in diesem Absatz genannten technischen Informationen von der Europäischen Kommission gemäß Art. 77e Abs. 2 der Richt­linie 2009/138/EG erlassen werden, haben die Versicherungs- und Rückversicherungs­unternehmen diese technischen Informationen für die Berechnung der versicherungs­technischen Rückstellungen gemäß Z 1 bis 3 zu verwenden.““

3. Nach der Z 5a wird folgende Z 5b eingefügt:

„5b. Nach § 179 wird folgender § 179a samt Überschrift eingefügt:

„Berechnung des Untermodul Aktienrisiko: symmetrischer Anpassungsmechanismus

§ 179a. (1) Das mit der Standardformel berechnete Untermodul Aktienrisiko schließt ei­ne symmetrische Anpassung der Kapitalanforderung für Aktienanlagen zur Bedeckung des mit Veränderungen des Aktienkursniveaus verbundenen Risikos ein.

(2) Die symmetrische Anpassung der gemäß § 175 Abs. 3 kalibrierten Standardkapital­anforderung für Aktienanlagen zur Bedeckung des mit Veränderungen der Aktienkurse verbundenen Risikos wird als Funktion der aktuellen Höhe eines geeigneten Aktienin­dexes und eines gewichteten Durchschnitts dieses Indexes berechnet. Der gewichtete Durchschnitt wird über einen angemessenen Zeitraum ermittelt, der für alle Versiche­rungs- und Rückversicherungsunternehmen gleich ist.

(3) Die symmetrische Anpassung der Standardkapitalanforderung für Aktienanlagen zur Bedeckung des mit Veränderungen der Aktienkurse verbundenen Risikos darf nicht zur Anwendung einer Kapitalanforderung für Aktienanlagen führen, die mehr als 10 vH über oder unter der Standardkapitalanforderung für Aktienanlagen liegt.““

4. Z 7 lautet:

„7. Dem § 340 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) § 8 Abs. 3, § 24 Abs. 3, § 94 Abs. 8, § 98 Abs. 1, § 123 Abs. 7, § 269, § 342 Abs. 1 Z 18 und 42 sowie § 342 Abs. 3 Z 11 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017 treten mit 3. Jänner 2018 in Kraft. § 168 Abs. 1, § 179a sowie die Änderun­gen des Inhaltsverzeichnisses in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.““

Begründung

Zu Artikel 3 (Wertpapieraufsichtsgesetz 2018):

Die in der Regierungsvorlage enthaltene Gegenausnahme hat zu entfallen, da der Oes­terreichischen Nationalbank gemäß der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 keine Melde-


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pflichten auferlegt werden können. Die FMA benötigt die Meldungen auch nicht, da die Transaktionen von der jeweiligen Gegenpartei gemeldet werden.

Zu Artikel 42 (Änderung des Übernahmegesetzes):

Hier ist ein Schreibfehler zu berichtigen.

Zu Artikel 44 (Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes 2016):

Die Europäische Kommission hat am 14. Juni 2017 ein Aufforderungschreiben wegen der Vertragsverletzung-Nr. 2017/2078 hinsichtlich der Umsetzung der Richtlinie 2009/138/EG betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungs­tätigkeit (Solvabilität II), ABl. L 335 vom 17.12.2009, S 1 in der Fassung der Richtlinie (EU) 2016/2314 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der be­trieblichen Altersversorgung (EbAV), ABl. L 354 vom 23.12.2016, S 37 übermittelt.

Die Europäische Kommission führt aufgrund ihrer Bewertung der Umsetzungsmaßnah­men aus, dass die nachstehend aufgeführten Bestimmungen nicht im Versicherungs­aufsichtsgesetz 2016 – VAG 2016, BGBl. I Nr. 34/2015, in der Fassung des Bundesge­setzes Nr. 118/2017, umgesetzt wurden:

– Art. 77e Abs. 3 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2009/138/EG: bezüglich der zwingenden Nutzung technischer Informationen und

– Art. 106 der Richtlinie 2009/138/EG: bezüglich des symmetrischen Anpassungsme­chanismus bei der Berechnung des Aktienrisiko-Untermoduls.

Bei den angesprochenen Punkten handelt es sich um Regelungen, die aufgrund unmit­telbar anwendbarer unionsrechtlicher Bestimmungen im Inland ohnedies zur Anwen­dung gelangen. Aus diesem Grund ist es zweckmäßig, die von der Europäischen Kom­mission geforderten Klarstellungen umzusetzen und so ein Vertragsverletzungsverfah­ren gegen die Republik Österreich zu vermeiden.

Zu Z 2 (§ 168 VAG 2016):

Mit dieser redaktionellen Anpassung wird klargestellt, dass die Versicherungs- und Rück­versicherungsunternehmen die unmittelbar anwendbaren Verordnungen der Europäi­schen Kommission anzuwenden haben, die diese in regelmäßigen Intervallen gemäß Art. 77e Abs. 2 der Richtlinie 2009/138/EG erlässt. Grundlage für diese Verordnungen sind die von der EIOPA veröffentlichten technischen Informationen.

Zu Z 1 und 3 (§ 179a VAG 2016):

Der in Art. 106 der Richtlinie 2009/138/EG geregelte symmetrische Anpassungsmecha­nismus für die Berechnung des Untermoduls Aktienrisiko wurde ursprünglich nicht in das VAG 2016 übernommen, da dieser Mechanismus vollständig in Art. 172 der Dele­gierten Verordnung (EU) 2015/35 geregelt ist, die unmittelbar anwendbar ist. Durch die redaktionelle Übernahme dieses Artikels tritt daher keine Änderung der Rechtslage für die Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen ein.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


12.45.00

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Es sind wieder mehrere Gesetze unter einem hier zu besprechen und anschließend abzustimmen. Wir werden diesem angesprochenen Kärnten-Teil, auch wenn es den einen oder die andere über­raschen sollte, zustimmen, weil da in letzter Konsequenz die Abarbeitung der Anleihen


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mit Bundeshaftungen im Zentrum steht und das eine gewisse Logik hat, obwohl wir na­türlich mit den ganzen Geschehnissen keine Freude haben.

Es sind aber noch andere Materien hier drinnen, die den Zusammenhang zu den Un­tersuchungen rund um die Hypo Alpe-Adria wunderbar herstellen werden, nämlich jene über die Wirtschaftsprüfer und mögliche Verbesserung von deren Arbeit sowie über de­ren möglicherweise zu verbessende Unbestechlichkeit.

Wie gehen die Zusammenhänge? – Wenn Sie sich schon Sorgen um die Verschuldens­kette für das größte Finanzverbrechen der Zweiten Republik machen, dann werde ich jetzt einmal die Farben weglassen, aber Sie können den Bericht des Verfahrensrichters anschauen. Ich empfehle natürlich speziell jenen der Grünen Fraktion. Für alle, die sonst zuschauen: Gehen Sie auf die Homepage!

Ich empfehle aber auch besten Gewissens – wir haben heute das erste Mal ein leicht abweichendes Abstimmungsverhalten, sehr geschätzter Kollege Hable hat ja hier schon gesprochen – ausdrücklich den Bericht der NEOS. Vielen Dank für die gute Arbeit im Un­tersuchungsausschuss!

Schauen Sie sich das an, liebe Zuseherinnen und Zuseher, da werden Sie Folgendes erkennen: Der Ursprung dieses größten Finanzverbrechens der Zweiten Republik liegt in Kärnten und bei der dortigen Landesregierung, weil nämlich unverantwortliche Leute in die diversen Firmen geschickt wurden, zuerst in die Landesholding und in weiterer Folge in das Bankmanagement. Dort sind, mit Anlauf und erkennbar, semikorrupte Bur­schen hineingesetzt worden, die mitgewirkt haben, dass uns vom Balkan aus die Mil­liarden unter dem Hintern weggefladert worden sind. So ist es, und das ist ein Versa­gen der Organe in Kärnten.

Es hat aber auch Bundesorganversagen gegeben, denn diese ganzen dicken, fetten Aufsichtsbehörden, die wir konstruiert haben, hätten das erkennen müssen und hätten damals schon genug Möglichkeiten gehabt, einzuschreiten, haben sie aber nicht. In der Konsequenz wurden diese Möglichkeiten verbessert, aber auch kaum genutzt. Wir un­tersuchen ja schon seit was weiß ich wie vielen Jahren gemeinsam, und ich werde es nicht zulassen, auch wenn es vielleicht wahltaktisch angenehmer wäre für uns, dass man dauernd so tut, als ob dafür nur eine einzige Partei verantwortlich wäre. Das ist nicht richtig. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

Die Sache war kompliziert. Richtig ist aber auch, dass in der Folge in der Bundesre­gierung, und zwar als die FPÖ schon aus der Bundesregierung draußen war, seriell grandiose Fehler mit Maximalschadenspotenzial durchgezogen wurden. Sowohl die um­nachtete Verstaatlichung als auch das anschließende Nichtstun haben den Milliarden­schaden geradezu potenziert.

Wenn wir im Nachhinein in den Untersuchungsberichten feststellen – es soll keiner sa­gen, da ist nichts herausgekommen –, dass selbst die Republik im Vorgehen gegenüber dem Freistaat Bayern moniert hat, dass damals schon, als wir „verstaatlicht“ haben – un­ter Anführungszeichen –, ein 11-Milliarden-€-Loch drinnen war, wir das aber gleichzei­tig nicht richtig anmahnen können, weil wir nämlich zu blöd waren, es zu durchschauen und deshalb die Gerichtschancen so gering sind, dann hat ja die Finanzprokuratur be­wiesen, dass unsere Bundesregierung in der Verhandlungsnacht und in der Vorberei­tung einfach total versagt hat, um jetzt nichts Schlimmeres vorzubringen. (Beifall bei Grü­nen und FPÖ.)

Das ist aber eine vielfärbige Angelegenheit, geradezu ein bunter Abend, in dem Fall eine bunte Nacht. Tragisch, ja, wir wollen das Stück nicht ins Lächerliche ziehen. Die Folgen der Untersuchungen sind leider nicht so streng gekommen, wie damals alle ge­tönt haben. Auch der Verfahrensrichter hat sich wesentlich mehr gewünscht. Größere Teile waren der Meinung, wir brauchen schön langsam – und das ist Aufgabe des Jus-


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tizministeriums – die Insolvenzordnung für die Bundesländer, und was das Wichtigste ist – und da haben wir gerade ein Gesetz zur Novelle –, eine Änderung bei den Bank- und Wirtschaftsprüfern.

Auch die haben versagt. Es war nicht nur die staatliche Aufsicht logischerweise. Alle Jahre wird das ganze Zeug testiert, aber da ist nie etwas passiert. Wenn wir eine kür­zere Rotation dieser Prüfer hätten, hätten wir zumindest die Chance, dass sich das ver­bessert. Was heißt das? Nicht alle zehn bis 24 Jahre, so wie Sie das Gesetz jetzt noch verwässert haben, soll die Wechselordnung angesiedelt sein, sondern alle sechs Jahre.

Deshalb gibt es abschließend folgenden Antrag der grünen Fraktion:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen zum Tagesordnungs­punkt 10 – das ist ein ewiger Gesetzestitel, deshalb gehe ich, Herr Präsident, nur auf die monierten Änderungen ein.

Der Nationalrat wolle beschließen:

„1. In Artikel 43 (Änderung des Unternehmensgesetzbuches) wird folgende Z 5a. ein­gefügt:

„5a. § 270a lautet:

‚§270a. Bei Gesellschaften im Sinne des § 189a Z 1 darf weder das erste Mandat ei­nes bestimmten Abschlussprüfers noch dieses Mandat in Kombination mit erneuerten Mandaten die Höchstlaufzeit von sechs Jahren überschreiten.‘ “

2. In Artikel 43 wird in Z 6. nach der Zeichenfolge „§ 267b“ die Zeichenfolge „sowie §270a“ eingefügt.“

*****

Die Begründung habe ich vorhin vorgebracht und auch eingemahnt. Geben Sie sich ei­nen Ruck, damit bei den Untersuchungen wenigstens irgendetwas herauskommt, denn es ist enttäuschend, was Rot und Schwarz für Konsequenzen ziehen, nämlich fast kei­ne. Setzen, sofern Sie nicht ohnehin schon sitzen! (Beifall bei den Grünen sowie bei Ab­geordneten von FPÖ und NEOS.)

12.51


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Mag. Kogler eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Werner Kogler, Ruperta Lichtenecker, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Finanz-Ausschusses über die Regierungsvorlage (1661 d.B.) Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Wertpapier- und allgemeinen Waren­bör­sen 2018 und das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 erlassen werden und das Abschluss­prüfer-Aufsichtsgesetz, das Aktiengesetz, das Alternative Investmentfonds Manager-Ge­setz, das Alternativfinanzierungsgesetz, das Bankwesengesetz, das Bausparkassen­gesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Bilanzbuch­haltungsgesetz 2014, das Bundesfinanzierungsgesetz, das Bundesgesetz zur Schaf­fung einer Abbaueinheit, das E-Geldgesetz 2010, das Einlagensicherungs- und Anle-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 97

gerentschädigungsgesetz, das Energie-Control-Gesetz, das EU-Verschmelzungsgesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Finanz­markt-Geldwäschegesetz, die Gewerbeordnung 1994, das Glücksspielgesetz, das Hy­pothekenbankgesetz, das Immobilien-Investmentfondsgesetz, die Insolvenzordnung, das Investmentfondsgesetz 2011, das Kapitalmarktgesetz, das Kontenregister- und Konten­einschaugesetz, das Körperschaftsteuergesetz, das Maklergesetz, das Pensionskassen­gesetz, das Pfandbriefgesetz, das Ratingagenturenvollzugsgesetz, das Rechnungsle­gungs-Kontrollgesetz, das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz, das SE-Gesetz, das SFT-Vollzugsgesetz, das Spaltungsgesetz, das Sparkassengesetz, das Übernahmege­setz, das Unternehmensgesetzbuch, das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016, das Zah­lungsdienstegesetz, das Zentrale Gegenparteien-Vollzugsgesetz und das Zentralverwah­rer-Vollzugsgesetz geändert werden (1728 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz über die Wertpapier- und allgemeinen Warenbörsen 2018 und das Wertpa­pieraufsichtsgesetz 2018 erlassen werden und das Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetz, das Aktiengesetz, das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz, das Alternativfinan­zierungsgesetz, das Bankwesengesetz, das Bausparkassengesetz, das Betriebliche Mit­arbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014, das Bundesfinanzierungsgesetz, das Bundesgesetz zur Schaffung einer Abbaueinheit, das E-Geldgesetz 2010, das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz, das Energie-Control-Gesetz, das EU-Verschmelzungsgesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Finanzmarkt-Geldwäschegesetz, die Ge­werbeordnung 1994, das Glücksspielgesetz, das Hypothekenbankgesetz, das Immobi­lien-Investmentfondsgesetz, die Insolvenzordnung, das Investmentfondsgesetz 2011, das Kapitalmarktgesetz, das Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, das Körperschaft­steuergesetz, das Maklergesetz, das Pensionskassengesetz, das Pfandbriefgesetz, das Ratingagenturenvollzugsgesetz, das Rechnungslegungs-Kontrollgesetz, das Sanie­rungs- und Abwicklungsgesetz, das SE-Gesetz, das SFT-Vollzugsgesetz, das Spaltungs­gesetz, das Sparkassengesetz, das Übernahmegesetz, das Unternehmensgesetzbuch, das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016, das Zahlungsdienstegesetz, das Zentrale Ge­genparteien-Vollzugsgesetz und das Zentralverwahrer-Vollzugsgesetz geändert werden (1728 d.B.) in der Fassung des Berichtes des Finanz-Ausschusses über die Regie­rungsvorlage (1661 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 43 (Änderung des Unternehmensgesetzbuches) wird folgende Z 5a. einge­fügt:

„5a. § 270a lautet:

‚§ 270a. Bei Gesellschaften im Sinne des § 189a Z 1 darf weder das erste Mandat ei­nes bestimmten Abschlussprüfers noch dieses Mandat in Kombination mit erneuerten Mandaten die Höchstlaufzeit von sechs Jahren überschreiten.‘ “

2. In Artikel 43 wird in Z 6. nach der Zeichenfolge „§ 267b“ die Zeichenfolge „sowie § 270a“ eingefügt.

Begründung

Hypo-Debakel sowie andere Banken- und Wirtschaftsskandale haben Österreich deut­lich vor Augen geführt, wie wichtig aussagekräftige Jahresabschlüsse von Unterneh­men sind. In dieser Hinsicht sind qualitativ hochwertige Abschlussprüfungen von be-


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sonderer Bedeutung. Sie dienen der Nachvollziehbarkeit und Richtigkeit von Unterneh­mensbilanzen und nehmen dadurch sowohl für die geprüften Unternehmen, als auch für den Finanzmarkt und die Gesellschaft als Ganzes eine unverzichtbare Kontroll- und Warnfunktion wahr.

Grundbedingung dafür ist die Unabhängigkeit der Abschlussprüfer von ihren Auf­traggebern, den zu prüfenden Unternehmen, wie auch die EU-Kommission in ihrem 2010 veröffentlichten Grünbuch schreibt, in dem sie jahrzehntelange Mandatierung als Grundübel der mangelnden Unabhängigkeit der Abschlussprüfer erkennt.

Einer der wichtigen Faktoren zur Sicherstellung dieser Unabhängigkeit ist die externe Rotation der Abschlussprüfer, also die zeitliche Beschränkung der Laufzeit der Abschluss­prüfungsmandate sowie der regelmäßige Wechsel der Abschlussprüfer bzw. der Un­ternehmen, die Abschlussprüfungen durchführen. In einem ersten Verordnungsentwurf hat die EU-Kommission daher eine maximale Laufzeit der Prüfungsmandate von sechs Jahren vorgesehen. Durch massiven Lobbyismus der Beraterindustrie wurde diese Re­gelung jedoch aufgeweicht.

Die von der EU tatsächlich verabschiedete Abschlussprüferverordnung (Nr. 537/2014) sieht im Regelfall als maximale Obergrenze nun nicht mehr sechs Jahre, sondern zehn Jahre vor, ermöglicht jedoch Mitgliedstaaten davon abzugehen und kürzere Laufzeiten von Abschlussprüfungsmandaten festzulegen.

Es ist dringend notwendig, dass aus dem Hypo-Debakel die Konsequenzen gezogen werden und der Nationalrat die Gelegenheit einer radikalen Verbesserung der Qualität von Abschlussprüfungen wahrnimmt, in dem der Freiraum der Abschlussprüferverord­nung genutzt und kürzere Rotationsfristen für Abschlussprüfer festgesetzt werden.

Die Abgeordneten zum Nationalrat treten damit sichtbar – und damit bewusst auch ge­genüber den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern – für qualitativ hochwertige Abschluss­prüfungen, die Stärkung des Finanzplatzes Österreich und die Vermeidung zukünftiger Milliardengräber zu Lasten der Öffentlichkeit, ein.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Ein zweites Mal zu diesem Tagesordnungspunkt zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Angerer. – Bitte.

 


12.51.30

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ge­schätzte Damen und Herren! Herr Kollege Knes, zuerst möchte ich aufs Schärfste zu­rückweisen, dass im Zusammenhang mit der Hypo alle meine Kollegen in Kärnten ver­urteilt worden wären und ich nur deshalb nicht verurteilt worden wäre, weil ich nicht in Kärnten tätig war. – Also das ist nicht dein Niveau, das solltest du zurücknehmen, dafür solltest du dich entschuldigen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Knes.)

Vielleicht hast du das Gesetz nicht gelesen. Ich lese dir einmal zwei Teile daraus vor, damit klar wird, warum wir das ablehnen: „Zwischen dem Bund, dem Land Kärnten und dem SvK“ – Sondervermögen Kärnten – „sind im Rahmen der Abwicklung bestimmte Rechtsfragen im Zusammenhang mit Abgaben- und Haftungsforderungen des Bundes strittig. Deren abschließende juristische Beurteilung könnte nur auf dem Prozesswege erfolgen.“

Das heißt, es ist einfach nicht klar, ob diese Forderung des Bundes gegenüber dem Land besteht. Und das noch Schlimmere ist: Diese 67 Millionen €, die der Herr Minister da hineinschreibt, hat jemand offensichtlich einfach irgendwie erfunden, fiktiv angenom­men, denn die konkrete Anfrage von uns wurde nicht beantwortet – weder im Finanz­ausschuss noch schriftlich.


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Hier steht: „Für den Fall, dass der Bund nicht verzichtet, wäre eine Insolvenz des Son­dervermögens Kärnten zu erwarten. Im Fall einer Insolvenz wäre der Bund Insolvenz­gläubiger und würde seine Forderungen nur anteilig im Rahmen der Insolvenzquote er­halten; diese wäre geringer zu erwarten als die Abschlagszahlung,“ – des Landes – „die daher aus Sicht des Bundeshaushaltes vorteilhafter ist.“

Jetzt erkläre mir einmal: Ist es ein super Vorteil für Kärnten, wenn da steht, dass es vor­teilhaft für den Bund ist? Und zum Zweiten: Wie kann man sagen, dass die Insolvenz­quote geringer wäre, wenn man es nie gerechnet hat? Der Herr Finanzminister hat uns nämlich erklärt, er hat es nicht gerechnet, das ist zu kompliziert. Deshalb kann man dem Gesetz auch nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.)

12.53

12.53.18

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich erkenne keinen Wunsch auf abschließende Worte der Berichterstatter.

Wir kommen zur Abstimmung.

Zunächst Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Entwurf betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verordnung (EU) 2016/1011 über Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanzkontrakten als Referenzwert oder zur Messung der Wertentwicklung eines Investmentfonds verwendet werden erlassen wird und mit dem das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Verbraucherkreditge­setz und das Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 1662 der Beilagen.

Wer sich hiefür ausspricht, gebe bitte ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer ist auch in dritter Lesung dabei? – Das ist wiederum einstimmig. Somit ist der Ge­setzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Entwurf betreffend SvK-Verzichtsgesetz samt Titel und Eingang in 1659 der Beilagen.

Ich bitte um Ihre Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer stimmt hier zu? – Das ist wiederum die Mehrheit und somit auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Wertpapier- und allgemeinen Warenbörsen 2018 und das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 erlassen werden und das Abschlussprüfer-Aufsichts­gesetz, das Aktiengesetz, das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz sowie wei­tere Gesetze geändert werden, in 1661 der Beilagen.

Hierzu liegen folgende Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträge vor:

Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Groiß, Krainer, Kol­leginnen und Kollegen und Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeord­neten Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen.

Ich lasse zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungs­anträgen betroffenen Teile, der Systematik des Gesetzes entsprechend, und schließ­lich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 100

Die Abgeordneten Mag. Groiß, Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungsantrag betreffend die Artikel 3 und 42 eingebracht.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit an­genommen.

Die Abgeordneten Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- bezie­hungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 43 eingebracht.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fas­sung der Regierungsvorlage. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Groiß, Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 44 eingebracht.

Wer stimmt dem zu? – Das ist wiederum die Mehrheit und somit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.

Wer stimmt hier zu? – Das ist wiederum die Mehrheit und somit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung diesem Gesetzentwurf zu­stimmen wollen, um ein Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit. Somit ist der Ge­setzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

12.57.0011. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1660 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Einrichtung eines Registers der wirt­schaftlichen Eigentümer von Gesellschaften, anderen juristischen Personen und Trusts (Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz – WiEReG) erlassen wird und das Finanzmarkt-Geldwäschegesetz, das Finanzstrafgesetz, die Notariatsordnung, die Rechtsanwaltsordnung, das Devisengesetz, das Bankwesengesetz, die Bun­desabgabenordnung, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz und das Energie­abgabenvergütungsgesetz geändert werden (1725 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1672 d.B.): Bundes­gesetz über österreichische Beiträge an internationale Finanzinstitutionen (IFI-Bei­tragsgesetz 2017) (1730 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1670 d.B.): Mehrsei­tiges Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (1732 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1638 d.B.): Abkom­men zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Staa-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 101

tes Israel zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Verhinderung der Steu­erumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (1733 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nun kommen wir zu den Punkten 11 bis 14 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Es besteht kein Wunsch auf eine mündliche Berichterstattung.

Somit gehen wir in die Debatte ein.

Als Erster ist Herr Abgeordneter Dr. Fuchs zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


12.58.16

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Finanzminister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Die Einrichtung eines Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetzes ist ein längst überfälliger Schritt. Das Fir­menbuch gibt unter anderem darüber Auskunft, in wessen zivilrechtlichem Eigentum ei­ne Gesellschaft steht, das Grundbuch gibt unter anderem darüber Auskunft, in wessen zivilrechtlichem Eigentum ein Grundstück steht, und das Register der wirtschaftlichen Eigentümer gibt eben darüber Auskunft, in wessen wirtschaftlichem Eigentum ein Rechts­träger steht.

Das Firmenbuch und das Grundbuch sind öffentlich zugängliche Register. Niemand kä­me auf die Idee, die Daten des Firmenbuches oder des Grundbuches aus Datenschutz­gründen geheim zu halten – außer unser Finanzminister. Dem Finanzminister ist es ein ganz großes Anliegen, dass die Daten des Registers der wirtschaftlichen Eigentümer nicht öffentlich zugänglich sind. Der Datenschutz und wieder einmal die EU dienen dem Finanzminister hier als fadenscheinige Ausrede. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Das erinnert mich an die Diskussion im Plenum anlässlich der Beschlussfassung des Verrechnungspreisdokumentationsgesetzes. Da hat sich der Finanzminister auch ganz dezidiert gegen eine öffentliche länderbezogene Berichterstattung, das sogenannte Coun­try-by-Country-Reporting ausgesprochen, und damals diente dem Finanzminister das Völ­kerrecht als Ausrede.

In diesem Zusammenhang darf ich auf einen Richtlinienvorschlag im Hinblick auf die Offenlegung von Ertragsteuerinformationen durch bestimmte Unternehmen verweisen, welcher derzeit in Brüssel diskutiert wird. Diese Richtlinie würde wesentlich zur Erhö­hung der öffentlichen Transparenz bei der Zahlung von Ertragsteuern durch multinatio­nale Großkonzerne führen.

Und was sagt unser Finanzminister dazu? – Ich zitiere aus dem „Kurier“ vom 31. Mai 2017: „Noch sperrt sich allerdings der Rat der EU-Finanzminister, darunter auch Hans-Jörg Schelling.“

Herr Finanzminister, die Erhöhung der Steuertransparenz wäre ein ganz wichtiger Schritt hin zur Steuergerechtigkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Finanzminister, mit Ihrer Blockadehaltung gegen öffentliche Transparenz schüt­zen Sie die multinationalen Großkonzerne zulasten der heimischen Steuerzahler. Ei­nem vernünftigen Gesetz wie dem Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz wurden von Ihnen bereits vor Inkrafttreten die Zähne gezogen. Sie, Herr Finanzminister, bewei­sen uns immer wieder, dass Sie von öffentlicher Transparenz und von Steuergerechtig­keit überhaupt nichts halten. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenbemerkung von Bundes­minister Schelling.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 102

13.01


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

 


13.01.12

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch jene auf der Galerie! Mit besonde­rer Genehmigung des Präsidenten heiße ich eine Besuchergruppe aus Kirchberg in Ti­rol besonders herzlich willkommen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Fuchs hat bereits auf die Inhalte des Gesetzes Bezug genommen. Es verwundert nicht, dass es da unterschiedliche Sicht­weisen gibt. Tatsache ist, dass die Umsetzung dieser Gesetzesregelung einen wesent­lichen Beitrag zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung leisten kann. Dieses Register soll im Finanzministerium angesiedelt werden. Das Finanzminis­terium ist daher gleich Registerbehörde und soll letztlich auch Ausgangspunkt für die Feststellung und Überprüfung der Identität der wirtschaftlichen Eigentümer sein.

Es ist gut und rechtens, wenn Geldwäscherei bekämpft wird, aber alles mit Maß und Ziel. Klar ist, dass diese zu bekämpfen ist, aber ich glaube, dass man im ursprünglichen Entwurf überschießend unterwegs war. Die vorgesehenen Regelungen gingen ein biss­chen zu weit.

Ich freue mich daher, dass es gelungen ist, folgenden Abänderungsantrag zu formu­lieren:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Werner Groiß, Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen zur Re­gierungsvorlage (1660 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Einrichtung eines Registers der wirtschaftlichen Eigentümer von Gesellschaf­ten, anderen juristischen Personen und Trusts (Wirtschaftliche Eigentümer Registerge­setz – WiEReG) erlassen wird und das Finanzmarkt-Geldwäschegesetz, das Finanz­strafgesetz, die Notariatsordnung, die Rechtsanwaltsordnung, das Devisengesetz, das Bankwesengesetz, die Bundesabgabenordnung, das Finanzmarktaufsichtsbehördenge­setz und das Energieabgabenvergütungsgesetz geändert werden (1725 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

„Die oben genannte Regierungsvorlage (1660 d.B.) in der Fassung des Ausschussbe­richtes (1725 d.B.) wird wie folgt geändert:

Artikel 2 (Bundesgesetz über die Einrichtung eines Registers der wirtschaftlichen Ei­gentümer von Gesellschaften, anderen juristischen Personen und Trusts (Wirtschaftli­che Eigentümer Registergesetz – WiEReG) wird wie folgt geändert:

In § 9 Abs. 1 wird in der Z 14 der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 15 angefügt:

‚15. die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur.‘

Artikel 3 (Änderung des Finanzmarkt-Geldwäschegesetzes) wird wie folgt geändert:

1) Nach der Z 2 wird folgende Z 2a eingefügt:

‚2a. In § 11 Abs. 1 wird folgender Schlussteil angefügt:

‚Wenn die wirtschaftlichen Eigentümer des Kunden gemäß § 2 Z 1 lit. b sublit. cc WiEReG ermittelt wurden, ist Z 2 im Falle von inländischen politisch exponierten Personen nicht anzuwenden, wenn keine Risikofaktoren vorliegen, die ein erhöhtes Risiko indizieren.‘‘

2) Z 5 lautet:

‚5. In § 43 wird folgender Abs. 3 angefügt:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 103

‚(3) § 2 Z 3, Z 6, lit. g, § 11 Abs. 1 Schlussteil, § 23 Abs. 3 und § 44 Abs. 1 Z 22 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2017 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.‘‘“

*****

Meine Damen und Herren! Ich bitte, gerade auch im Hinblick auf verschiedenste kleine Vereine oder Genossenschaften, zu sehen, dass dieser Abänderungsantrag eine we­sentliche bürokratische Erleichterung bringt. Es wäre doch ein bisschen fatal, wenn ein Mandatar, gleich welcher Fraktion, bei einem Leader-Vorstand tätig ist und daher die­ser Leader-Vorstand – weil der Mandatar eine politisch exponierte Person ist – von der Bank entsprechend zu beleuchten wäre, weil dort ja das Risiko der Terrorismusfinanzie­rung und anderer Bereiche besteht; oder auch in einer kleinen Wassergenossenschaft, wo sich 15 Mitglieder ehrenamtlich engagieren, hätte die Bank, wenn sie auf eine poli­tisch exponierte Person im Vorstand träfe, die Aufgabe, den gesamten Vorstand zu durch­leuchten.

Daher bedanke ich mich dafür bei den beiden Kollegen, nämlich bei Jan Krainer und Werner Groiß, dass es möglich war, diesen Abänderungsantrag einzubringen. – Ich be­danke mich für die Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

13.05


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Werner Groiß, Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage (1660 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundes­gesetz über die Einrichtung eines Registers der wirtschaftlichen Eigentümer von Ge­sellschaften, anderen juristischen Personen und Trusts (Wirtschaftliche Eigentümer Re­gistergesetz – WiEReG) erlassen wird und das Finanzmarkt-Geldwäschegesetz, das Finanzstrafgesetz, die Notariatsordnung, die Rechtsanwaltsordnung, das Devisengesetz, das Bankwesengesetz, die Bundes­abgabenordnung, das Finanzmarktaufsichtsbehör­dengesetz und das Energieabgabenvergütungsgesetz geändert werden (1725 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die oben genannte Regierungsvorlage (1660 d.B.) in der Fassung des Ausschussbe­richtes (1725 d.B.), wird wie folgt geändert:

Artikel 2 (Bundesgesetz über die Einrichtung eines Registers der wirtschaftlichen Ei­gentümer von Gesellschaften, anderen juristischen Personen und Trusts (Wirtschaftli­che Eigentümer Registergesetz – WiEReG) wird wie folgt geändert:

In § 9 Abs. 1 wird in der Z 14 der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende
Z 15 angefügt:

„15. die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur.“

Artikel 3 (Änderung des Finanzmarkt-Geldwäschegesetzes) wird wie folgt geändert:

1) Nach der Z 2 wird folgende Z 2a eingefügt:

„2a. In § 11 Abs. 1 wird folgender Schlussteil angefügt:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 104

„Wenn die wirtschaftlichen Eigentümer des Kunden gemäß § 2 Z 1 lit. b sublit. cc WiEReG ermittelt wurden, ist Z 2 im Falle von inländischen politisch exponierten Per­sonen nicht anzuwenden, wenn keine Risikofaktoren vorliegen, die ein erhöhtes Risiko indizieren.““

2) Z 5 lautet:

„5. In § 43 wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) § 2 Z 3, Z 6 lit. g, § 11 Abs. 1 Schlussteil, § 23 Abs. 3 und § 44 Abs. 1 Z 22 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2017 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.““

Begründung

Zu Artikel 2 (§ 9 WiEReG):

Mit dieser Änderung wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur gemäß § 1 Abs. 3 Bundesfinanzierungsgesetz, BGBl.
Nr. 763/1992, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 53/2017, Teile des Finanzmarkt-Geldwäschegesetzes (FM-GwG), BGBl. I Nr. 118/2016 anzuwenden hat. Insbesondere trifft die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur die Verpflichtung zur Feststellung und Überprüfung der wirtschaftlichen Eigentümer gemäß § 6 Abs. 1 Z 2 FM-GwG. Es ist daher erforderlich auch der Österreichische Bundesfinanzierungsagen­tur eine Einsicht in das Register gemäß § 9 Abs. 1 zu gewähren.

Zu Artikel 3 (§ 11 FM-GwG):

Mit dieser Änderung soll erreicht werden, dass auf Vereine nicht in jedem Fall ver­stärkte Sorgfaltspflichten angewendet werden müssen, wenn ein organschaftlicher Ver­treter des Vereines eine politisch exponierte Person ist. In diesen Fällen sollen nur dann verstärkte Sorgfaltspflichten angewendet werden, wenn bei der Geschäftsbeziehung zu dem Verein tatsächlich ein erhöhtes Risiko besteht. Diese Regelung nimmt zum Teil schon den aktuellen Verhandlungsstand zu dem Vorschlag der Europäischen Kom­mission für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfi­nanzierung und zur Änderung der Richtlinie 2015/101/EG, COM(2016) 450 final (idF Kommissionsvorschlag), vom 6. Juli 2016 vorweg. Gemäß dem Verhandlungsmandat des Rates vom 19. Dezember 2016, könnten in einem neu eingefügten Abs. 2 in Art. 20 der Richtlinie (EU) 2015/849 Erleichterungen für politisch exponierte Personen vorge­sehen werden, die ihren Wohnsitz in einem Mitgliedstaat haben. Zudem könnte sich aus den Trilogverhandlungen ergeben, dass gemäß § 2 Z 1 lit. b sublit. cc WiEReG fest­gestellte Personen nicht mehr als wirtschaftliche Eigentümer gelten. Diese Regelungen sollen in einem angemessenen Maß vorweg genommen werden, um eine zielgerichte­te Anwendung der verstärkten Sorgfaltspflichten zu ermöglichen.

Bei Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, die grundsätzlich keine gemeinnützi­gen Zwecke verfolgen, ist eine vergleichbare Regelung nicht indiziert. Es sollte aber dem Umstand Rechnung getragen wer-den, dass eine hohe Zahl an ehrenamtlichen Mitglie­dern in den Vorständen der inländischen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften tä­tig sind. Da die ehrenamtlichen Vorstände keinen Einfluss auf die Geschäftspolitik der Genossenschaft nehmen, werden gemäß § 6 Abs. 3 WiEReG nur die Geschäftsleiter als wirtschaftliche Eigentümer in das Register übernommen. Es wäre daher nicht sach­gerecht, wenn aufgrund der Definition des wirtschaftlichen Eigentümers gemäß § 2 WiEReG die verstärkten Sorgfaltspflichten des § 11 Abs. 1 Z 2 auf sämtliche Vorstands­mitglieder von Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften anzuwenden wären.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 105

Daher sollten die Verpflichteten bei der Anwendung der Sorgfaltspflichten zur Feststel­lung und Überprüfung der wirtschaftlichen Eigentümer eine nähere Bestimmung der obers­ten Führungsebene einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vornehmen kön­nen. So sollte die oberste Führungsebene auf-grund der jeweiligen Funktionsbezeich­nung (bspw. Geschäftsleiter), näher eingrenzt werden können.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Ross­mann. – Bitte.

 


13.05.34

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Immer dann, wenn Transparenz im Spiel ist, geht in Sachen Betrugsbekämp­fung, Steuerbetrugsbekämpfung und -vermeidung etwas weiter. All die Leaks, von Lux-Leaks über Panama-Leaks bis Bahamas-Leaks, haben das eindeutig belegt.

Heute geht es um ein Register, das wirtschaftliche Eigentümer ausweisen soll, aber ein wesentliches Element in diesem Register fehlt, nämlich der öffentliche Zugang zu die­sem Register, und Transparenz ist wirklich eine der zentralen Maßnahmen.

Herr Minister, da Sie sich in den letzten Tagen als Vorreiter in Sachen Steuerbetrugs­bekämpfung und Steuervermeidung hingestellt haben, muss ich Ihnen eines sagen: Ja, es ist einiges in Österreich passiert, das stimmt, aber immer nur auf Druck der Öffent­lichkeit – die erwähnten Leaks –, aber in Sachen Öffentlichkeit ist man in sehr vielen Fäl­len nicht weit genug gegangen. Das betrifft das sogenannte Country-by-Country-Repor­ting, das heißt die Meldung von Unternehmensdaten an die Finanzbehörden – Öffentlich­keit ausgeschlossen. Das betrifft aber auch die Sonderabsprachen, die sogenannten Tax Rulings, die zwischen Finanzbehörden auf der einen Seite und Großkonzernen auf der anderen Seite abgeschlossen wurden: Was fehlt, ist wiederum die Öffentlichkeit. Und beim Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz ist es auch wieder die Öffentlich­keit, die fehlt. Die Öffentlichkeit hat nämlich keine Möglichkeit, in dieses Register hi­neinzuschauen, um zu sehen, welche wirtschaftlichen Eigentümer jeweils dahinterstehen.

Man hat eine Konstruktion gewählt, die so ausschaut, dass man sagt, es muss ein be­rechtigtes Interesse vorliegen. Das berechtigte Interesse ist aber so zu verstehen, dass nachgewiesen werden muss, dass bereits erfolgreiche Aktivitäten zur Verhinderung von Geldwäsche vorliegen.

Herr Minister, restriktiver geht es nicht mehr! De facto ist damit die Öffentlichkeit aus­geschlossen, und dass man damit auch hinter jenen Entwurf der Richtlinie zurückge­fallen ist, den die Kommission nach Panama-Papers veröffentlicht hat, ist vermutlich wohl darauf zurückzuführen, dass heftig interveniert wurde. Da ist nämlich vorgesehen ge­wesen, dass Öffentlichkeit zugelassen wird. Nunmehr ist das – das haben Sie selbst im Ausschuss gesagt – im Ratsbeschluss nicht mehr vorgesehen.

Wir haben uns aber andere Regelungen angeschaut, nämlich die deutsche Regelung. Diese deutsche Regelung zeigt ganz eindeutig, dass man die vorliegende Richtlinie doch weiter gehender interpretieren kann und eine liberalere Fassung bezüglich Öffentlich­keit zulassen kann. Da hätte auch Österreich deutlich liberaler sein können. Im Übrigen sagt auch Tax Justice Network, dass es liberaler geht. Länder wie Großbritannien, die Niederlande und Dänemark gehen weiter.

Warum wenden Sie sich immer gegen die Transparenz? – Sie sagen, diese Daten könn­ten von der Öffentlichkeit fehlinterpretiert werden. Das sind lächerliche Argumente, Herr Finanzminister! Was Sie aber sehr wohl immer tun, ist, dass Sie immer wieder – das sagen die Steuerexperten in Brüssel – in entscheidenden Dingen blockieren und brem­sen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 106

Ich zitiere aus dem Handelsblatt: Irland gehört neben Malta und Österreich zu jenen Län­dern, die hinter den Kulissen regelmäßig Einspruch erheben, wenn die EU-Schlupflöcher in der Steuergesetzgebung geschlossen werden sollen. – Zitatende.

Von Vorreiterrolle, Herr Finanzminister, kann ich in Wirklichkeit nichts erkennen. Wa­rum geben Sie nicht Auskunft über die wirtschaftlichen Eigentümer? – Sie haben ein­mal im Ausschuss zu mir gesagt, Sie wollen die wirtschaftlichen Eigentümer vor mir schützen. – Das sind doch lächerliche Argumente! Andererseits haben Sie gesagt, es sei im österreichischen Firmenbuch hinsichtlich Privatstiftungen ohnehin alles so super­transparent. Das stimmt alles nicht, Herr Minister, da man über Zusatzurkunden alles verschleiern kann. Sie sind auch ein Minister, der versucht, zu verschleiern.

Daher bringe ich einen Entschließungsantrag betreffend die Umsetzung eines kon­kreten Aktionsplans für faire Beiträge von Konzernen ein.

Im Wesentlichen habe ich den Antrag erläutert: Ein zentrales Argument ist die Trans­parenz, ein weiteres Argument ist natürlich die Steuerharmonisierung, das heißt die Not­wendigkeit, dass Gewinne von Konzernen dort zu besteuern sind, wo sie erwirtschaftet werden. Das setzt a) eine Vereinheitlichung der Steuerbemessungsgrundlage im Un­ternehmensbereich und b) Mindeststeuersätze voraus.

Der Entschließungsantrag sollte Ihnen vorliegen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

13.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag wurde gemäß § 53 Abs. 4 GOG an die Abgeordneten verteilt. Er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bruno Rossmann, Werner Kogler, Freundinnen und Freunde

betreffend Umsetzung eines konkreten Aktionsplans für faire Beiträge von Konzernen

eingebracht im Zuge der Debatte Bericht des Finanzausschusses über die Regierungs­vorlage (1660 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Einrichtung ei­nes Registers der wirtschaftlichen Eigentümer von Gesellschaften, anderen juristischen Personen und Trusts (Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz - WiEReG) erlassen wird und das Finanzmarkt-Geldwäschegesetz, das Finanzstrafgesetz, die Notariatsord­nung, die Rechtsanwaltsordnung, das Devisengesetz, das Bankwesengesetz, die Bun­desabgabenordnung, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz und das Energieabga­benvergütungsgesetz geändert werden (1725 d.B.)

Begründung

1.000 Mrd Euro pro Jahr verlieren die EU-Mitgliedstaaten durch Steuervermeidung, be­trug und hinterziehung. Das entspricht etwa dem Dreifachen der gesamten österreichi­schen Wirtschaftsleistung. Dieses Geld fehlt in den Gesundheits-, Sozial-, und Bildungs­budgets und für die dringend notwendigen Investitionen für den Klimaschutz.

Multinationale Konzerne nutzen jede gesetzliche Lücke aus, um ihre Steuerleistung zu "minimieren". Die Gewinne werden in Niedrigststeuerländer verschoben und die Bemes­sungsgrundlagen verringert um die Steuerleistung so gering wie möglich zu halten. Die­ses schädliche Steuerdumping nach unten findet nicht nur in Übersee statt, sondern auch mitten in der EU. Bekannte Beispiele für die so genannte "aggressive Steuerplanung" sind multinationale Konzerne wie Google, Apple, Amazon, Ikea oder Starbucks.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 107

Die Liste der Skandale wird immer länger. Sie reicht von Swiss Leaks, Lux Leaks über Panama Papers bis hin zu den jüngst bekannt gewordenen Malta Files. Gemeinsam haben diese Skandale eines: Sie gelangten durch Whistleblower an die Öffentlichkeit und wurden durch internationale Kooperationen von JournalistInnen aufgearbeitet. Da­rüber hinaus leisten NGOs wie "Tax Justice Network" einen wichtigen Beitrag zur Auf­klärung.

Bereits zwei Drittel des grenzüberschreitenden Handels erfolgen innerhalb von Konzer­nen und mehr als die Hälfte des Welthandels fließt über Steueroasen. Das sollte ein Alarmsignal sein, das international aufgegriffen werden muss, um ein faires System der Besteuerung zu schaffen. Den Nationalstaaten sind im Rahmen ihrer Gesetzgebung Grenzen gesetzt. Die Mitgliedstaaten der EU, die G20 und die OECD setzen sich lau­fend mit Fragen der internationalen Steuervermeidung auseinander. Deren Aktionsplä­ne (wie z.B. BEPS) sind zwar sehr zu begrüßen, greifen jedoch zu kurz, weil die in der OECD stattfindenden Verhandlungen nicht frei von Eigeninteressen der Mitgliedstaaten und dem Lobbying von Großkonzernen sind. BEPS zielt lediglich auf eine Reparatur des bestehenden internationalen Steuerregimes ab, nicht aber auf dessen grundlegen­de Änderung, etwa des Begriffs der Betriebsstätte. Die Gelegenheit, die die Enthüllun­gen über Steuervermeidung bieten, sollte daher nicht ungenutzt bleiben und für eine In­tensivierung der Bemühungen im Kampf gegen die aggressive Steuerplanung genutzt werden. Es gilt einerseits, die Interessen der europäischen Bürgerinnen und Bürger vor jene steuervermeidender Großkonzerne zu stellen. Andererseits geht es auch darum, Wettbewerbsverzerrungen gegenüber europäischen klein- und mittelständischen Unter­nehmen zu beseitigen, die nicht multinational organisiert sind. So etwa kann ein Wie­ner Kaffeehaus seine Gewinne im Gegensatz zu einem multinationalen Konzern wie Starbucks nicht von einem Land zum nächsten verschieben. Es braucht daher einen fairen Aktionsplan gegen "aggressive Steuerplanung", damit alle faire Beiträge für die Finanzierung des Sozialstaates leisten.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefor­dert, sämtliche Maßnahmen des nachstehend dargestellten konkreten Aktionsplans für faire Beiträge von Konzernen auf nationaler, supranationaler und internationaler Ebene mit Nachdruck voranzutreiben:

1. Durchsetzung bestehender Steuergesetze

Sämtliche Leaks (von Swiss-Leaks bis zu den zugespielten maltesischen Datensätzen) auswerten und auf unzulässige steuerliche Beihilfen bzw Steuervermeidung/-hinterzie­hung prüfen

Vor allem Luxemburg, die Niederlande und Irland haben spezielle Deals mit Konzernen geschlossen, damit diese sich dort ansiedeln. Darunter dürften auch unzulässige Bei­hilfen sein, die von den Unternehmen konsequent zurückgefordert werden sollten.

Gegen Steuertricks auch in Mitgliedstaaten vorgehen

Konzerne haben allein zum Zweck der Steueroptimierung Gesellschaften in verschie­denen Mitgliedstaaten gegründet, z.B. in Malta. Diese Praxis sollte auch in den Natio­nalstaaten dringend abgeschafft werden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 108

2. Ausweitung der Transparenzbestimmungen - Meldungen an die Finanz greifen zu kurz

Öffentliche Transparenz für Unternehmensgewinne schaffen

Modelle zur "aggressiven Steuerplanung" verschleiern, in welchem Land die Gewinne erwirtschaftet werden. Die Antwort darauf ist vollständige Transparenz. Für Berichte im Rahmen des "Country by Country-Reporting" besteht eine Veröffentlichungspflicht mit kostenlosem Zugang. Die Berichtsschwelle ist von derzeit 750 Mio Euro auf 40 Mio Eu­ro zu reduzieren, und die Berichtspflicht hat getrennt für alle Staaten zu erfolgen, in de­nen ein multinationaler Konzern Niederlassungen hat.

Öffentliche Transparenz von Steuerdeals

Alle Sonderabsprachen zwischen Konzernen und Finanzbehörden der Mitgliedstaaten müssen veröffentlicht werden, um eine ungerechte Bevorzugung zu vermeiden. Eine Mel­dung an die Finanzbehörden greift zu kurz.

Kostenlose, öffentlich zugängliche Register über die wirtschaftlich Letztbegünstigten

Einkommen wird häufig in Firmen, Trusts und Privatstiftungen mit komplizierten Besitz-Strukturen ("verdeckte Treuhandschaften") versteckt. Es braucht daher in einem ersten Schritt kostenlose, öffentlich zugängliche Register über die wirtschaftlichen Nutznießer, um die Möglichkeit für gesetzeswidrige Umgehungsgeschäfte und Missbrauch zu er­schweren. Der zweite Schritt zielt auf weltweit vernetzte öffentliche Register der wirt­schaftlich Letztbegünstigten.

Implementierung eines wirksamen Sanktionsregimes

Implementierung eines wirksamen Sanktionsregimes gegen Länder, die nicht den Ver­einbarungen der Staatengemeinschaft im Zusammenhang mit dem automatischen Aus­tausch von Konto-, Steuer- und Unternehmensdaten entsprechen, wie etwa Einschrän­kungen des Kapitalverkehrs oder Handelsverbote.

3. Steuerharmonisierung statt schädlichem Steuerdumping

Gewinne von multinationalen Konzernen dort besteuern, wo sie erwirtschaftet werden

Multinational tätige Konzerne müssen mit ihren komplexen Strukturen steuerlich als ei­ne Einheit angesehen und dort besteuert werden, wo die Gewinne erwirtschaftet wer­den. Dafür ist es notwendig die Definition der Betriebsstätte, die derzeit für die Besteue­rung zentral ist, zu erweitern. Denn vor allem bei IT-Konzernen greift diese nicht.

Vereinheitlichung der Bemessungsgrundlage für die Unternehmensbesteuerung in der EU vorantreiben

Bisher unterscheidet sich von Land zu Land, worauf Unternehmen Steuern zahlen müs­sen. Deswegen sollte eine einheitliche Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer in den EU-Mitgliedstaaten eingeführt werden. Das bedeutet eine Harmonisierung der Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage, wie sie von der Europäischen Kommission in einem Vorschlag befürwortet wird.

Mindeststeuersätze für die EU-Unternehmensbesteuerung

Eine Gleichstellung der steuerlichen Bemessungsgrundlage ermöglicht die Vergleich­barkeit der nominellen Steuersätze. Eine notwendige Ergänzung ist daher ein Mindest­steuersatz auf europäischer Ebene.

Verstärkung der Steuerkooperation und Teilnahme aller Staaten am lückenlosen auto­matischen Informationsaustausch von Steuerdaten


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 109

Sind innerhalb der EU alle Lücken gestopft, müssen im nächsten Schritt auch Wege über Drittstaaten verhindert werden. Dazu ist es notwendig, dass alle Staaten am auto­matischen Informationsaustausch von Steuerdaten teilnehmen. Für ärmere Länder sind Übergangsregelungen erforderlich, da sie die Standards derzeit noch nicht erfüllen kön­nen. Es braucht "wasserdichte" Lösungen, um bestehende Lücken zu schließen. Steu­erbehörden müssen grenzüberschreitend stärker kooperieren.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


13.10.48

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Mir ist es ein Bedürfnis, auf das IFI-Beitragsgesetz einzugehen, mit dem wir festlegen, welche Bei­träge wir an internationale Finanzinstitutionen leisten. Im konkreten Fall sind das fünf un­terschiedliche Programmlinien mit in Summe 233,8 Millionen € bis zum Jahr 2021.

Mir ist auch wichtig, zu sagen, dass eine multilaterale Entwicklungszusammenarbeit ei­ne sehr sinnvolle und gute Ergänzung zu einer bilateralen ist, weil man damit viel grö­ßere Projekte angehen kann, als es auf einer bilateralen Ebene der Fall wäre.

Im Parlament haben wir uns in letzter Zeit relativ intensiv mit den IFIs beschäftigt: Der Herr Finanzminister war im Unterausschuss zur Entwicklungspolitik, wir hatten eine re­lative breite Aussprache mit Axel van Trotsenburg, dem Vizedirektor der Weltbankgrup­pe, und darüber hinaus sieht dieses Gesetz auch vor, dass wir jeweils zur Mitte und zum Ende der Finanzierungsperiode im Parlament einen Bericht über die Effekte der Bemühungen der IFIs bekommen, den wir dann im Finanzausschuss diskutieren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Eine verlässliche Finanzierung von entwicklungspoli­tischen Projekten, sei es auf bilateraler oder auf multilateraler Ebene, wie etwa der in­ternationalen Finanzinstitutionen, ist unerlässlich, um Armut zu bekämpfen und um Men­schen, vor allem im globalen Süden, eine sinnvolle Lebensperspektive vermitteln zu kön­nen. Ebenso relevant wie die Finanzierung von Entwicklungszusammenarbeit ist aber schlicht und ergreifend eine gute und kohärente, wirkliche Entwicklungspolitik. Das heißt, dass wir zum Beispiel darauf achten, dass unterschiedliche Politiken in unterschiedli­chen Bereichen – Ministerien, Ausschüssen – wirklich das Ziel verfolgen, Entwicklung möglich zu machen, wirtschaftliche wie soziale Entwicklung, individuelle wie kollektive Entwicklung. Wir müssen dafür eine Brille bekommen und das bei ganz vielen Berei­chen mitdenken!

Es ist ebenso notwendig, mit viel Ambition die nachhaltigen Entwicklungsziele der Ver­einten Nationen zu verfolgen und zu schauen, dass wir diesen Fingerzeig, wohin sich die Welt bis zum Jahr 2030 entwickeln soll – übrigens auch Österreich –, ernst nehmen und da auch unseren Impetus hineinlegen.

Zum Dritten ist es auch ganz besonders wichtig, einen gesamtstaatlichen Ansatz in der Entwicklungspolitik zu verfolgen. Dazu wäre zum Beispiel – das würde das Regierungs­programm eigentlich auch vorsehen – eine entwicklungspolitische Gesamtstrategie der Bundesregierung notwendig. Minister Kurz hat das in den letzten vier Jahren nicht zu­stande gebracht, aber ich bin optimistisch, dass wir das in der nächsten Gesetzgebungs­periode einfach ohne ihn machen werden. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 110

13.13


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Hable. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.13.44

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte in meiner Wortmeldung wieder zum Wirtschaftliche Eigentümer Re­gistergesetz zurückkommen. In der Grundrichtung ist das natürlich ein positiver Schritt. Es ist notwendig, dass die wirtschaftlichen Eigentümer von Rechtsträgern bekannt sind.

Das ist erstens für eine funktionierende Marktwirtschaft notwendig, denn für eine funk­tionierende Marktwirtschaft ist Transparenz notwendig, schließlich möchte man wissen, mit wem man es im Wirtschaftsverkehr zu tun hat. Zweitens ist das natürlich notwen­dig, um das Geschäftsmodell Anonymität hintanzuhalten; das kann man durchaus so bezeichnen. Manche Offshorezentren betreiben ja tatsächlich ein solches Geschäftsmo­dell, das nicht per se rechtswidrig ist, aber das natürlich zu Missbrauch einlädt und auch dafür verwendet wird.

Es ist natürlich erstaunlich, dass das in Österreich auf eine Art und Weise umgesetzt wird, die eben nicht Transparenz schafft. Es ist eben kein öffentliches Register, wie es notwendig wäre, es ist kein öffentliches Register, wie wir es beim Grundbuch haben, es ist kein öffentliches Register, wie es beim Firmenbuch Standard ist, sondern es ist ein Register, das vom Finanzministerium geführt wird und in das die Öffentlichkeit nicht ein­sehen kann.

Da kann ich nur sagen: Ich verstehe es nicht, warum man das macht, weder aus marktwirtschaftlichen Überlegungen heraus noch aus den Lektionen, die wir aus Lux-Leaks lernen sollten, die wir aus den Panama-Papers lernen sollten, die wir aus der Hy­po Alpe-Adria lernen sollten, wo genau diese anonymen Verschleierungskonstruktio­nen verwendet worden sind, missbraucht worden sind, um im Fall der Hypo Alpe-Adria letztlich zum Schaden der österreichischen Steuerzahler Millionen und Milliarden abzu­zweigen und den Verbleib dieser Gelder zu verschleiern. – Also nichts aus Panama-Leaks gelernt, nichts aus der Hypo Alpe-Adria gelernt!

Ich habe vorhin in meinem Debattenbeitrag gesagt: Das zieht sich wie ein roter Faden durch, das Umgehen mit diesem Desaster, dass die notwendigen Reformen, die uns allen bekannt sind und die unter anderem durch den Untersuchungsausschuss ganz klar aufgezeigt worden sind, nicht und nicht umgesetzt werden. Warum im konkreten Fall diese anonymen Verschleierungskonstruktionen weiterhin geschützt werden, wa­rum Sie, Herr Finanzminister, dafür eintreten, warum das von den Abgeordneten der ÖVP und von den Abgeordneten der SPÖ unterstützt werden wird, warum diese ano­nymen Verschleierungskonstruktionen weiterhin ermöglicht werden, weiterhin geschützt werden, das verstehe wer will, ich tue es nicht. Die Bevölkerung, die Bürger werden es auch nicht tun. Aber diesen Erklärungsbedarf haben Sie dann. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS. – Bundesminister Schelling: Sie nicht mehr, weil Sie kandidieren nicht mehr!)

13.17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Zakostels­ky. – Bitte.

 


13.17.09

Abgeordneter Mag. Andreas Zakostelsky (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr verehr­ten Damen und Herren! Schüler auf der Galerie! Einige Kolleginnen und Kollegen sind auch noch im Saal anwesend. Wir haben heute schon einiges zum Wirtschaftliche Ei­gentümer Registergesetz gehört. Ich glaube, das Wesentliche ist, dass der Hintergrund die 4. Geldwäscherichtlinie ist, welche die EU da vorgibt. All diese Themen, die dort ge­fordert werden, werden natürlich vom vorliegenden Gesetz abgebildet.

Wir wissen, dass nicht nur große Gesellschaften, sondern auch kleine Vereine – Kolle­ge Auer hat es angesprochen –, natürlich auch Stiftungen, da miteinzubeziehen sind.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 111

Wir müssen schon aufpassen, denn ich glaube, es ist nicht ungeschickt, Gesetze für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land zu machen und nicht immer mit Kanonen auf Spatzen zu schießen.

Wir haben in den letzten Jahren oft gehört, dass sowohl die EU als auch wir auf natio­naler Ebene deutlich zur Überreglementierung neigen. – Man kann sich vor jedem Risi­ko zu Tode fürchten oder man kann es sinnvoll managen.

Meine Damen und Herren! Die Beispiele, die Abgeordneter Auer angeführt hat, nämlich bei kleinen Vereinen gleich die große Geldwäsche zu vermuten – ich glaube, da bedarf es einiger vernünftiger Regelungen, statt des ewigen Gold Platings doch eher den gol­denen Mittelweg zu gehen. Wir müssen Grundsätze wie die Proportionalität einhalten – wie gesagt, nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen. Wir brauchen eine gewisse Pra­xisbezogenheit und wir brauchen keine Überreglementierung, sondern Bürgernähe.

Meine Damen und Herren! Das vorliegende Gesetz bildet alles, was in der EU-Geldwä­scherichtlinie vorgesehen ist, ab. Wir brauchen nicht noch päpstlicher zu sein als der Papst. Seien wir froh, dass es der Regierungskoalition zu dem Zeitpunkt auch gelun­gen ist, das Gesetz hier auf den Weg zu bringen, es hier ins Hohe Haus zu bringen, denn ansonsten hätte dem Staat Österreich ein Vertragsverletzungsverfahren gedroht.

In diesem Sinne ist es wieder einmal ein Beispiel dafür, dass man konstruktiv gemein­sam am meisten zustande bringt. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

13.19


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Vavrik. – Bitte.

 


13.19.21

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bun­desminister! Liebe Mitbürger und Mitbürgerinnen! Ich möchte auch ein paar Worte über das IFI-Beitragsgesetz verlieren. Es handelt sich immerhin um ein Paket von insge­samt 560 Millionen €, das wir heute verabschieden.

Die Auszahlung an die internationalen Finanzinstitutionen erstreckt sich natürlich über mehrere Jahre, aber durch vorherige Gesetze und einige kleine, die noch beschlossen werden müssen, ergibt sich, dass Österreich vom Jahr 2017 bis inklusive 2020 insge­samt jährlich ziemlich genau 250 Millionen an diese internationalen Finanzinstitutionen auszahlen wird. Das ist ein gutes Gesetz, es hilft uns, das Ziel zu erreichen, 0,7 Pro­zent des Bruttonationaleinkommens im Sinne der öffentlichen Entwicklungszusammen­arbeit auszugeben.

Dazu noch die drei anderen Säulen: Es wird oft von der bilateralen gesprochen; die be­wegt sich in der Größenordnung von 100 Millionen € jährlich. Die zweite Säule bilden natürlich unsere Beiträge über den Europäischen Entwicklungsfonds, auch in der Grö­ßenordnung von etwa knapp über 100 Millionen €. Die dritte Säule bilden, ziemlich un­gewollt und ungeplant, die Kosten der Asylbetreuung im Inland, die auch auf die ODA anrechenbar sind und im letzten Jahr fast eine halbe Milliarde Euro betrugen. Und die vierte, auch wesentliche Säule bilden die Beiträge an die IFIs. Diese sind damit ein we­sentlicher Bestandteil der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit.

Es ist ein gutes Gesetz, weil diese internationalen Finanzinstitutionen Ziele verfolgen, die sich sehr stark mit den Zielen der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit de­cken, nämlich unter anderem Armutsbekämpfung. Insbesondere die IDA, die Internatio­nal Development Association, die Organisation für Entwicklungszusammenarbeit – man nennt sie auch den Weltbankfonds für die Ärmsten –, vergibt im wesentlichen Kredite an die Ärmsten der Armen, und auch der Afrikanische Entwicklungsfonds vergibt Kredi-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 112

te an Länder, die sich nicht einmal die Kredite der Afrikanischen Entwicklungsbank leis­ten können. Diese Institutionen finanzieren sich zum Teil aus Rückflüssen und zum Teil aus Wiederauffüllungen, weil ein Teil dieser Kredite eben Zuschüsse sind.

Es ist auch deswegen gutes Geld, weil abgesehen von den Zielen zwei wesentliche Ef­fekte erwirkt werden. Und zwar ist das einerseits eine Bündelung von Mitteln. Um nur das Beispiel der IDA zu nennen: Die IDA wird in den nächsten drei Jahren einen Be­trag von 75 Milliarden Dollar zur Verfügung haben, von dem 27 Milliarden von den Ge­berländern zur Verfügung gestellt werden und ein großer Teil aus Rückflüssen kommt. Zum ersten Mal wird auch die IDA eigene Anleihen begeben. Der zweite Punkt ist nicht nur ein Effekt der Bündelung, sondern zusätzlich der Hebelung von privatem Geld.

Der Beitrag Österreichs ist ziemlich signifikant: Unser Anteil am Afrikanischen Entwick­lungsfonds beträgt 2,2 Prozent, unser Anteil an der Internationalen Entwicklungsorga­nisation 1,6 Prozent; also Österreich ist da gut aufgestellt. Ich ersuche um breite Zu­stimmung. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.23


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als vorerst letzter Redner dieser Debatte zu Wort ge­meldet ist Herr Abgeordneter Mag. Hanger. – Bitte.

 


13.23.12

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich darf im Namen meiner Kollegin Fich­tinger einleitend die ÖVP-Frauen des Bezirks Horn sehr herzlich im Haus begrüßen. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Wir debattieren unter diesem Tagesordnungspunkt Maßnahmen zur Vermeidung von Ge­winnverschiebungen und des internationalen Steuerbetruges, und mir ist es wichtig, da­rauf hinzuweisen, dass die Maßnahmen, die wir heute hoffentlich beschließen werden, nur ein eigentlich relativ kleiner Teilaspekt eines Planes sind, den der Herr Bundesfinanz­minister vor Kurzem vorgelegt hat.

Da geht es um weitreichende Maßnahmen, und ich bin manchmal erstaunt, wie un­terschiedlich der gleiche Sachverhalt beurteilt wird. Was ist angedacht? Was ist bereits umgesetzt? – Abzugsverbot für Zinsen und Lizenzen, Umsetzung Country-by-Country Reporting, automatischer Informationsaustausch, Taskforce Offshore, Aufstockung Groß­betriebsprüfung, Spezialeinheit für Verrechnungspreise, Experteneinheit im BMF für mul­tinationale Großkonzerne, und, und, und. Das ist ein weitreichendes Programm, das prä­sentiert worden ist, und ich persönlich bin sehr davon überzeugt, dass Österreich damit eine Vorreiterrolle im gesamten europäischen Raum übernommen hat.

Das ist sehr wichtig, weil es ein ganz wesentlicher Beitrag zur Steuergerechtigkeit ist. Wir haben eine sehr hohe Abgabenquote in Österreich, und es ist für die Menschen wichtig, zu erkennen, dass gerade im Bereich der internationalen Konzerne etwas ge­tan wird.

Einen Aspekt, der mir persönlich sehr wichtig ist, möchte ich noch herausgreifen: Das Internet verändert unser Leben, gar keine Frage, Geschäftsprozesse, Konsumprozes­se. Ein Mietwagen, ein Taxi wird mit einer Handy-App gebucht, Musik wird downgeloa­det, Videos werden gestreamt und Hotels werden über Buchungsplattformen gebucht. Es ist oft so, dass das Dienstleistungen sind, die von internationalen Konzernen, die in Österreich keine Betriebsstätte haben, angeboten werden. Die zahlen dann sehr wohl Mehrwertsteuer, aber keine Gewinnsteuern. Mit diesem Ansatz der digitalen Betriebs­stätte wird konkret überlegt, dass dort, wo die Wertschöpfung passiert, dort, wo die Um­sätze gemacht werden, auch der Gewinn besteuert werden soll.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 113

Das sind erste, sehr konkrete Ansätze. Da hat Österreich eine Vorreiterrolle übernom­men, darauf können wir auch ein klein wenig stolz sein. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

13.25

13.25.20

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Einrichtung eines Registers der wirt­schaftlichen Eigentümer von Gesellschaften, anderen juristischen Personen und Trusts erlassen wird und das Finanzmarkt-Geldwäschegesetz, das Finanzstrafgesetz, die No­tariatsordnung sowie weitere Gesetze geändert werden, in 1660 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Ing. Mag. Groiß, Krainer, Kolleginnen und Kollegen ei­nen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht. Ich werde daher zu­nächst über die von dem erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag be­troffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Ing. Mag. Groiß, Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zu­satz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend die Artikel 2 und 3 eingebracht.

Wer dem seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Somit kommen wir zur dritten Lesung.

Ich bitte jene KollegInnen, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzent­wurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ross­mann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung eines konkreten Aktionsplans für faire Beiträge von Konzernen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Entwurf betreffend IFI-Beitragsgesetz 2017 samt Titel und Eingang in 1730 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 114

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: dem mehrseitigen Über­einkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen zur Verhinde­rung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung in 1670 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: dem Abkom­men zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Staates Israel zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Verhinderung der Steuerumge­hung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Proto­koll in 1638 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

13.28.4215. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1664 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert, das Datenschutz­gesetz erlassen und das Datenschutzgesetz 2000 aufgehoben wird (Datenschutz-Anpassungsgesetz 2018) (1761 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Stefan. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.29.07

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Datenschutz ist ein sehr sen­sibles Thema. Es gibt eine Verordnung, die Grundsatzverordnung der Europäischen Uni­on, die umgesetzt werden muss. Das weiß man schon länger. Es gibt schon länger ei­ne Diskussion darüber, dennoch wird dieses Gesetz jetzt in einer bisher in dieser Re­publik einmaligen Art und Weise durchgesetzt und umgesetzt. Es ist nämlich so, dass noch vor Ende der Begutachtungsfrist dieses Gesetzes ein Beschluss im Ministerrat er­lassen wurde, damit dieses Gesetz beschlossen und damit umgesetzt werden kann.

Es wurde dann, zwei Tage nach dem Ende der Begutachtungsfrist, dem Verfassungs­ausschuss zur Beschlussfassung vorgelegt, und einen Tag davor wurde ein Abände­rungsantrag im Umfang von 57 Seiten vorgelegt. Das heißt, es war nicht möglich, se­riös zu prüfen, inwiefern die Begutachtung in das jetzt vorliegende Gesetz eingeflossen ist.

Es gab viele Kritikpunkte, auch von unserer Seite, vonseiten der Wirtschaft, aber auch vonseiten der Datenschützer, und es ist aus unserer Sicht, aus Sicht der freiheitlichen Fraktion, aber auch der Opposition überhaupt – davon gehe ich aus –, tatsächlich nicht seriös, diesem Gesetz zuzustimmen, weil wir es nicht prüfen konnten. Wir halten also fest: Wenn die Regierungsparteien nicht wollen, dass die Opposition zustimmt, dann ist das eben so gelaufen, aber seriös ist das nicht.

In Zusammenhang mit dem Datenschutz steht auch ein Punkt, der immer wieder dis­kutiert wird, und das ist die Frage des Bargeldes beziehungsweise der Abschaffung des Bargeldes. Es wird immer wieder gesagt, na ja, das sei reine Polemik, das sei Populis­mus und kein Mensch wolle das. – Wenn man sich aber anschaut, wie diese Diskus­sion läuft, dann sieht man, dass man sich auch in Kreisen der österreichischen Ban-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 115

ken – zum Beispiel der Österreichische Sparkassenverband – sehr massiv zu diesem The­ma äußert.

Andreas Treichl selbst geht davon aus, dass Bargeld eigentlich ein Auslaufmodell ist und es gar nicht unbedingt die Banken sind, die das Bargeld abschaffen wollen, son­dern in Wirklichkeit die Politik, denn wenn man das Bargeld abschafft, fällt auch ein we­sentlicher Teil der Freiheit weg, und die Transparenz oder sprich: die Überwachungs­möglichkeiten des Einzelnen werden damit viel größer. Wenn es kein Bargeld mehr gibt, wenn alles über Konten läuft, kann man jede Bewegung jederzeit einsehen.

Es gibt auch die Möglichkeit der Enteignung der Bürger: Ich brauche dazu bei Konten nur minimal Minuszinsen zu verrechnen – wir haben ja derzeit schon Minuszinsen. Wenn es die Möglichkeit, Bargeld abzuziehen, nicht gibt, dann kann ich das ohne je­den Widerstand oder ohne jede Möglichkeit des Widerstands durchsetzen. Es gibt noch viele Argumente mehr.

Es gibt da auch maßgebliche Stimmen, auch aus der österreichischen Politik. Harald Mahrer zum Beispiel hat sich sehr für die Rettung des Bargelds eingesetzt. Es gibt schon seit Langem Anträge von uns, insbesondere auch von Norbert Hofer, um ein Zei­chen zu setzen. Wenn die österreichische Politik – so, wie sie das immer wieder tut – tatsächlich dafür ist, dass das Bargeld erhalten bleibt, dann sollten wir das auch durch­aus als Staatszielbestimmung in die Verfassung schreiben, um all unseren Vertretern auf europäischer Ebene, in der Europäischen Zentralbank und so weiter, ganz klar mit­zugeben: Ihr habt euch dort dafür einzusetzen, dass das Bargeld erhalten bleibt.

Es gibt sehr viele Lippenbekenntnisse in diese Richtung, und daher bringe ich jetzt ei­nen Antrag ein, der wie folgt lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines Bundesverfassungsgesetzes über die Freiheit zur unbeschränkten Verwendung von Bargeld im Zahlungsverkehr

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehest möglich eine Regierungs­vorlage zuzuleiten, die eine verfassungsrechtliche Verankerung des Rechts auf Barzah­lung beinhaltet. Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, sich für eine entspre­chende Verankerung im EU-Recht einzusetzen“.

*****

Ich bitte um Zustimmung bei diesem wichtigen Punkt.

Dem Datenschutzgesetz selbst werden wir aus den angeführten Gründen nicht zustim­men. (Beifall bei der FPÖ.)

13.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Hofer, Mag. Stefan, und weiterer Abgeordneter

betreffend Schaffung eines Bundesverfassungsgesetzes über die Freiheit zur unbe­schränkten Verwendung von Bargeld im Zahlungsverkehr


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 116

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1664 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungs­gesetz geändert, das Datenschutzgesetz erlassen und das Datenschutzgesetz 2000 aufgehoben wird (Datenschutz-Anpassungsgesetz 2018) (1761 d.B.) in der 190. Sit­zung des Nationalrates, am 29.06.2017.

Diese Staatszielbestimmung („Recht auf Barzahlung“) stellt klar, dass die Beschrän­kung der Verwendung von Bargeld im Zahlungsverkehr einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Freiheitsrechte der Bürger nämlich in die Vertragsfreiheit bzw in die Privat­autonomie und in das Recht auf Datenschutz darstellt. Im Sinne einer Vertrauensbil­dung sollen weder auf österreichischer Ebene noch auf Ebene der Europäischen Union Maßnahmen gesetzt werden, die das Vertrauen der Bürger in die Bargeldbereitstellung und in das Recht auf Barzahlung erschüttern könnten.

Dem Recht auf Barzahlung steht der Annahmezwang für Banknoten bzw für Scheide­münzen gegenüber (siehe § 61 Nationalbankgesetz und § 8 Scheidemünzengesetz). Der Annahmezwang soll abseits von Onlinegeschäften grundsätzlich nicht im Rahmen der privatrechtlichen Vertragsautonomie eingeschränkt werden können.

Die Abschaffung des 500-Euro-Scheins und die Einführung von Bargeldlimits sind die ersten Schritte der EU zur kompletten Abschaffung des Bargeldes. Obwohl der Präsi­dent der Europäischen Zentralbank (EZB) Mario Draghi unlängst vor dem Wirtschafts­ausschuss des Europäischen Parlaments versichert hat, dass ein Ende des 500-Euro-Scheins nichts mit einer Begrenzung des Bargelds zu tun habe, sind die Aussagen von Spitzenrepräsentanten der EU mit großer Vorsicht zu genießen, wie die folgenden zwei Zitate des derzeitigen Präsidenten der Europäischen Union Jean-Claude Juncker zei­gen (https://de.wikiquote.org/wiki/JeanClaude_Juncker):

„Wenn es ernst wird, muss man lügen.“ (Juncker auf einer Abendveranstaltung zur Eu­ro-Krise in Brüssel im April 2011).

„Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meis­ten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“

Unter dem Deckmantel der Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzie­rung wird immer wieder versucht, die Freiheitsrechte der Bürger einzuschränken. EZB-Präsident Draghi: „Der 500-Euro-Schein ist ein Instrument für illegale Aktivitäten.“ Das Problem ist jedoch nicht das Bargeld, wie Draghi behauptet, sondern die Feinde von Freiheit und Vermögen und die sitzen in Brüssel in der EZB. Beim Bargeld wird so ge­tan, als gäbe es in der digitalen Welt keine Kriminellen und keine Terroristen.

In einer Welt ohne Bargeld, in der alles, was man bargeldlos kauft und konsumiert, ver­folgbar ist („digitaler Fingerabdruck“), gibt es keine Freiheit und keine Privatheit mehr; denn die bargeldlose Zahlung ermöglicht die totale Kontrolle durch die EU und durch die Nationalstaaten. Das Ergebnis einer Welt ohne Bargeld ist der finanziell entmündigte und gläserne Bürger. Der Bevormundung des Bürgers wären keine Grenzen mehr ge­setzt. Es macht sehr wohl einen Unterschied, ob ein Bürger freiwillig einen digitalen Fin­gerabdruck hinterlässt oder ob er mangels Bargeld gar keine andere Wahl hat. Diese Wahlfreiheit muss auch in Zukunft gegeben sein. Bargeld ist gedruckte Freiheit.

In Wirklichkeit geht es der EZB um die Erhöhung der Negativzinsen („Strafzinsen“), da­mit die hochverschuldeten Staaten insbesondere in Südeuropa zulasten der Sparer ent­schuldet werden können. Derzeit verlangt die EZB für Geldeinlagen der Banken einen Strafzins von 0,3%. Die Tresorkosten also die Kosten der Aufbewahrung der Bankno­ten implizieren eine natürliche Obergrenze für den Strafzins. Wenn die Banken nun ge­zwungen werden, statt der 500-Euro-Scheine die etwas kleineren 200-Euro-Scheine zu


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halten, steigen die Tresorkosten und damit die Negativzinsen (vgl Hans-Werner Sinn, Präsident des deutschen ifo-lnstituts für Wirtschaftsforschung, FAZ-Gastbeitrag vom 7.2.2016). Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Banken diese Straf- bzw Negativzinsen an ihre Kunden bzw Sparer weitergeben werden. Ohne Bargeld wären aber die Sparer den Negativzinsen der Banken schutzlos ausgeliefert, weil die Sparer das Geld nicht mehr abheben könnten. Anstatt Zinsen für ihre Schulden zahlen zu müssen, erhalten die hochverschuldeten Staaten aufgrund der Negativzinsen Geld von den Sparern. Die Schul­den werden also paradoxerweise nicht mehr vom Schuldner getilgt, sondern vom Spa­rer. Durch die Negativzinsen kommt es somit zu einer Umverteilung des Vermögens von den Gläubigern bzw Sparern zu den Schuldnern.

Der Plan die Bargeldzahlung einzuschränken oder auch abzuschaffen ist kein Gerücht mehr:

Kronen Zeitung“ vom 14.05.2015 Seite: 2

Ressort: Politik

Abend

Bekenntnis von Staatssekretär Harald Mahrer:

ÖVP will das Bargeld retten

„Harald Mahrer will Bargeld sichern.

Wien. – Wie von der „Krone“ schon seit einiger Zeit thematisiert, macht sich jetzt auch die ÖVP für die Rettung des Bargelds stark. Wirtschafts-Staatssekretär Harald Mahrer legte dazu ein klares Bekenntnis ab. „Verschiedene Lobbying-Gruppen planen eine EU-weite Initiative zur Abschaffung des Bargelds“, sagt Mahrer. Das widerspreche den An­sprüchen eines Rechtsstaats westlicher Prägung, der den Schutz der Bürger sicher­stellt. Daher werde er dagegen kämpfen.“

Oberösterreichische Nachrichten" vom 16.06.2017 Seite: 1

Ressort: Seite 1

Bargeld abschaffen? Die Österreicher wehren sich

„Kritik an den Plänen der EU, Barzahlungen einzuschränken Österreicher erledigen acht von zehn Einkäufen in bar.

Linz/Wien. Die Debatte um die mögliche Abschaffung von Bargeld gewinnt an Brisanz. Bis Ende Mai lief eine Online-Befragung der EU-Kommission über die Einführung von Obergrenzen bei Bargeldzahlungen. Diese wird nun ausgewertet.

„Wehret den Anfängen“, sagt Franz Portisch, Generalsekretär des Österreichischen Spar­kassenverbands. Obergrenzen könnten letztlich zu einer Bargeld-Abschaffung führen.

Die Ausgabe des 500-Euro-Scheins wird, wie berichtet, tatsächlich 2018 eingestellt. Und einige Länder haben die Prägung von Ein- und Zwei-Cent-Münzen gestoppt.

Die Österreicher wollen aber persönliche Freiheit und Anonymität beim Bezahlen, wie aus einer Studie der Nationalbank hervorgeht. Demnach werden in Österreich immer noch 82 Prozent der Einkäufe in bar bezahlt, obwohl es auch schon rund eine halbe Milliarde Kartenzahlungen pro Jahr gibt.

Portisch warnt davor, den Menschen „einen wesentlichen Teil der Privatsphäre“ zu rau­ben, da jede elektronische Zahlungsform Datenspuren hinterlasse“.

„Tiroler Tageszeitung“ vom 12.06.2017 Seite 23

Ressort: Leserforum

Diskussion um Abschaffung des Bargeldes.

Ausgabe Innsbruck, Tirol Aktuell Unterland, Tirol Aktuell Oberland, Ausgabe Osttirol


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Bargeld bleibt Zahlungsmittel

„Die Banken wollen die lästigen Zettel loswerden, um nur mehr mit Giralgeld, also Bu­chungsgeld (Zahl auf einem Konto) jonglieren zu können. Was viele nicht wissen: ge­setzliches Zahlungsmittel ist ausschließlich Bargeld. Rein theoretisch könnte man statt einer Überweisung auf der Zahlung mit Bargeld bestehen. Das heißt, dass sich der heutige Geldverkehr eigentlich in einer Grauzone abspielt. Die meisten Politiker wissen über das Schuldgeldsystem und die Geldschöpfung der Privatbanken mittels Krediten nicht Bescheid. In der Eurozone existieren ca. 800 Milliarden in Banknoten und Mün­zen, aber fast 4000 Milliarden als Zahl auf einem Konto. Die Ausgabe von Banknoten und Münzen ist noch die verbliebene Geldschöpfung des Staates.Scheinbar ist das den Banken ein Dorn im Auge. Dass Überweisungen im Euroraum ab einer Höhe von 3000 Euro vorgeschrieben werden sollen (oder schon sind),ist rechtlich also gar nicht gedeckt. Wir brauchen endlich Politiker, die nicht Handlanger der Bankenoligarchie sind, sondern echteVolksvertreter, die das Ganze im Auge haben Andreas Schlorhaufer, 6020 Innsbruck“

Sparkassenverband lobbyiert für Bargeld

Utl.: Verlust von Privatsphäre droht - Umfrage der EU-Kommission zeigte massive Ab­lehnung von Obergrenzen für Bargeldzahlungen

Wien (APA) -

„Der Österreichische Sparkassenverband (ÖSPV) lobbyiert für den Erhalt von Bargeld. Es gehe nicht nur um die persönliche Entscheidungsfreiheit der Österreicher, sondern auch um den Erhalt der Privatsphäre, hält ÖSPV-Generalsekretär Franz Portisch in ei­ner Aussendung fest. Der Sparkassenverband sei auch gegen eine Obergrenze für Bar­geldzahlungen.

Die Abschaffung von Bargeld sei ein Problem für den Datenschutz: „Big brother lässt grüßen und raubt den Menschen einen wesentlichen Teil der Privatsphäre, da jede elek­tronische Zahlungsform Datenspuren hinterlässt“, so Portisch. „Bargeld ist noch immer das am besten funktionierende und am leichtesten zugängliche Zahlungsmittel. Es ist wichtig, gebräuchlich und vor allem für Privatpersonen und Klein- und Mittelbetriebe, die das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft darstellen, das Zahlungsmittel der Wahl.“ Internetbanking werde „nie den Menschen und nie das Bargeld ersetzen können und wollen“. (…)

Bis Ende Mai hatte die EU-Kommission eine Umfrage laufen, in der es um eine Harmo­nisierung der Obergrenze für Bargeldzahlungen ging. Zwar dürfte die EU-Institution erst im Herbst ihre Schlüsse daraus publizieren, die Wünsche der Teilnehmer sind aber ein­deutig: 95 Prozent wollen keine Obergrenze, geht aus den auf der Homepage publi­zierten Ergebnissen hervor. Gut 30.000 Antworten erhielt die EU-Kommission auf ihre Fragen, darunter waren die Österreicher mit 5.724 Antworten (18,88 Prozent) weit über­proportional vertreten: Deutschland und Frankreich mit jeweils mehr als einem Drittel der Antworten machen den Löwenanteil aus. 94 Prozent der Antwortenden gaben sich als Privatpersonen aus.

Die Befürworter von Bargeld verweisen vor allem auf die Privatsphäre (87 Prozent) und darauf, dass Bargeld praktisch sei (67 Prozent). (…) 86 Prozent der Befragten glauben auch nicht, dass Obergrenzen für die Bargeldzahlung im Kampf gegen Terrorismus hel­fen würden. Knapp zwei Drittel glauben auch nicht, dass die Maßnahme gegen Steuer­hinterziehung, organisierte Kriminalität, Geldwäsche oder andere Machenschaften hel­fen würde.“

„Vorarlberger Nachrichten“ vom 30.05.2017

Ressort: VN-D


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 119

Andreas Treichl, seit 1997 Chef der Erste Bank, über Zinsen, Bargeld und Politik.

„Die Politik will Bargeld abschaffen, nicht wir“

VN-Gespräch. Andreas Treichl (64), CEO Erste Group

„Banker Andreas Treichl ist auch überzeugt, dass das Bargeld ein Auslaufmodell ist. „Die Transparenz wird immer größer, die Privatsphäre eingeschränkt.“ Irgendwann wer­de es kein Bargeld mehr geben, „aber nicht weil die Banken oder die Menschen das wollen, sondern weil die Politik das will.“ Seine Bank sei total dagegen, doch das spiele keine Rolle.(…)“

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehest möglich eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten, die eine verfassungsrechtliche Verankerung des Rechts auf Bar­zahlung beinhaltet. Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, sich für eine ent­sprechende Verankerung im EU-Recht einzusetzen“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Dr. Wittmann. – Bitte, Herr Ab­geordneter.

 


13.33.38

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Gesetzwerdungsprozess des Datenschutz-Anpassungsgesetzes ist deswegen etwas zügiger gewesen, weil die Datenschutz-Grund­verordnung mit 25. Mai 2018 in Kraft tritt und daher auch das Datenschutz-Anpassungs­gesetz in Kraft treten soll, damit sich die Normadressaten rechtzeitig und umfangreich auf dieses Gesetz vorbereiten können, weil es eine sehr umfangreiche Veränderung des ge­samten Datenschutzbereiches darstellt.

Im Wesentlichen haben wir alle Fristen eingehalten, es hat auch eine Begutachtung ge­geben, sodass der Gesetzwerdungsprozess all unseren Vorschriften und Usancen ent­sprochen hat, aber es ist natürlich eine umfangreiche Veränderung, das gebe ich schon zu.

Die meisten Kritikpunkte inhaltlicher Art betreffen jedoch gar nicht unser Gesetz, son­dern die grundsätzliche Datenschutz-Grundverordnung, die auf europäischer Ebene be­schlossen wurde und die grundsätzlich direkt anwendbar ist. Wir haben sie auch nicht wortwörtlich in das Gesetz hineingenommen, da sie von sich aus für alle europäischen Länder gilt. Gleichzeitig wurde aber eine Richtlinie beschlossen, die für die Teile des In­nen- und Justizbereiches eine eigene Umsetzung erfordert, so ist ein Großteil der ge­troffenen Regelung die Umsetzung dieser Richtlinie.

Die anderen Teile dieser Umsetzung betreffen die Behörden selbst, den Rechtsweg, die Haftung und andere Maßnahmen, die innerstaatlich zu regeln sind. Das heißt, der in­haltliche Teil ist uns im Wesentlichen durch die Datenschutz-Grundverordnung der Euro­päischen Union vorgegeben. Es ist lediglich der formelle Teil der Umsetzung der Be­hörden von uns zu vollziehen und die Umsetzung der Richtlinie. In beiden Teilen bei der Umsetzung, die dem nationalen Bereich entspricht, haben wir darauf Bezug genommen, dass es auch spezifische Ausnahmen gibt. Dort, wo es Öffnungsklauseln gibt, im Be-


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reich der Wissenschaft und auch bei Bildaufnahmen, haben wir davon Gebrauch ge­macht, und letztendlich haben wir alle Kriterien erfüllt.

Die Kritikpunkte sind, wie immer in so einem Bereich: Den Datenschützern ist es zu wenig Datenschutz, den Firmen oder Betrieben ist es zu viel Datenschutz. Wer sich ins­besondere beklagt hat, sind die Geheimdienste, die sagen, es wird wesentlich schwie­riger, weil die Daten natürlich besser geschützt sind, auch im Bereich der Strafverfolgung und der Verfolgungsbehörden.

Es gibt in Zukunft eine Löschungsverpflichtung, das heißt, wenn das Verfahren einge­stellt wird, müssen der Adressat verständigt und die gesammelten Daten gelöscht wer­den.

Im Wesentlichen ist das eine sehr moderate, mit Augenmaß durchgeführte Einbindung der Datenschutz-Grundverordnung und Umsetzung in nationales Recht, und sie erfüllt letztendlich alle Voraussetzungen. Betrachtet man die einen auf der einen Seite, die sich zu wenig bedient fühlen, und die anderen auf der anderen Seite, die sich zu viel bedient fühlen, dann wird man wohl mit dem Mittelmaß das richtige Augenmaß bewiesen haben. Daher glaube ich, dass das eine richtige, rechtzeitige und auch überschaubare Umset­zung dieser Grundverordnung ist. (Beifall bei der SPÖ.)

13.37


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Steinhau­ser. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


13.37.35

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Das vorliegende Gesetz ist jener Teil der Umsetzung im Bereich der Richtlinie und der Datenschutz-Grundverordnung, wo Österreich Umsetzungsbedarf hat. Man muss ganz grundsätzlich sagen, die Datenschutz-Grundverordnung ist ein europäisches Regelwerk, das beim Datenschutz wesentliche Verbesserungen in der Rechtsdurchsetzung bringt. Es ist federführend durch den deutschen EU-Abgeordneten der grünen Fraktion Jan Phi­lipp Albrecht verhandelt worden und sicher ein Meilenstein in der europäischen Daten­schutzpolitik.

Kein Meilenstein ist das Zustandekommen dieses Gesetzes, weil damit alle Usancen ge­brochen worden sind, die für einen qualitativ hochwertigen Gesetzgebungsprozess not­wendig sind. Das macht es uns schwer, dieses Gesetz zu beurteilen, weil die Vorgangs­weise die Zeit dafür nicht lässt.

Die Begutachtungsfrist wäre bis Freitag, den 23. Juni 2017, gegangen, aber die Regie­rungsvorlage ist, völlig unüblich, schon am 7. Juni 2017 fertiggestellt worden, und das heißt, die Begutachtung, bei der sich Expertinnen und Experten einbringen können, wäre noch fast zweieinhalb Wochen gegangen. Die Regierung hat gesagt, das interessiert uns nicht mehr, wir machen unseren Gesetzesvorschlag fertig. Man muss sich vorstel­len, allein in den letzten drei Tagen der Begutachtung, als die Regierungsvorlage schon lange fertig war, sind noch 46 Stellungnahmen eingelangt.

Damit nicht genug, hat man am Freitag, zwei Tage vor dem Ausschuss, einen umfas­senden Abänderungsantrag vorgelegt. Das heißt, die Opposition hätte eine an sich kom­plexe Materie zwei Tage vor dem Ausschuss noch einmal mit einem Abänderungsan­trag prüfen müssen. Wenn man am Freitag um 15 Uhr einen Abänderungsantrag bekommt und am Montag der Ausschuss stattfindet, dann weiß jeder, dass es da keine Chance gibt, solche Abänderungsvorschläge noch mit Expertinnen und Experten zu diskutieren. Dass wir zur Not am Wochenende arbeiten, ist in Ordnung, aber dass man uns jede Chance nimmt, mit Fachexpertinnen, Fachexperten Rücksprache zu halten, zeugt nicht von einem ordentlichen Gesetzgebungsprozess. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Scherak.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 121

Daher war es uns – und, wie ich denke, den anderen Fraktionen ebenso – auch gar nicht möglich, am Montag ein endgültiges Urteil über dieses Gesetz abzugeben. Ich glau­be, dass es inhaltlich wahrscheinlich gar nicht so schlecht ist, die Frage ist allerdings – und da möchte ich den Beamtinnen und Beamten, die sicher unter Zeitdruck gearbeitet haben, auch nichts unterstellen –: Ist es ein Werk, das legistisch passt und das auch für die Anwender eine ordentliche Rechtsanwendung zulässt, oder ist es das nicht? – Die­se Beurteilung war schlicht nicht möglich.

Natürlich gibt es auch inhaltliche Kritikpunkte, und ich möchte stellvertretend zwei nen­nen.

Der eine ist die fehlende Verbandsklage. Die wäre nach der Datenschutz-Grundverord­nung möglich, auf die hat Österreich aber verzichtet. Was heißt das im Ergebnis? – Nicht-österreichische NGOs können österreichische Unternehmen vor nicht-österreichischen Gerichten klagen, wir verzichten aber darauf, dass österreichische NGOs nicht-öster­reichische Unternehmen klagen können. – Das verstehe ich nicht! Warum vergibt man sich da eine Chance? Das ist völlig unnötig! Das schafft eine Ungleichheit: Österreichi­sche Unternehmen können von nicht-österreichischen NGOs geklagt werden, aber ös­terreichische NGOs können nicht aktiv werden. Das ist völlig unverständlich und ist auch nicht erklärbar.

Ein zweiter Punkt, der jedenfalls zu kritisieren ist, ist die formlose Einstellung des Be­schwerdeverfahrens. Jetzt kann man durchaus sagen, es macht einen gewissen Sinn, dass man nicht immer gleich straft – dafür bin ich zu haben! –, ich halte es nur für ein Problem, wenn per se die Möglichkeit geschaffen wird, dass man zuerst einmal aus­reizt, was rechtlich geht, und wenn dann die Behörde kommt und sagt: Das geht nicht!, dann ändert man alles und kommt völlig straffrei davon, es wird nicht einmal etwas fest­gestellt und es gibt keine generalpräventive Wirkung. Das halte ich nicht für sonderlich geschickt. Wir werden beobachten, wie sich das entwickelt.

Alles in allem tut es mir sehr leid, dass wir heute nicht zustimmen können, weil diese Datenschutz-Grundverordnung, ich habe es schon gesagt, grundsätzlich ein Fortschritt ist. Ich kann aber nicht die Verantwortung für ein Gesetz übernehmen, das in einer der­artigen Geschwindigkeit durch das Parlament gejagt wird und gegen alle parlamentari­schen Usancen in der Begutachtung und Beschlussfassung ist. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.41


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Himmelbauer. – Bitte.

 


13.42.01

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde schon angesprochen: Der vorlie­gende Gesetzentwurf hat zwei Grundlagen, nach denen wir uns richten: zum einen die Richtlinie betreffend die Verarbeitung personenbezogener Daten für Zwecke der Sicher­heitspolizei und zum anderen die Datenschutz-Grundverordnung.

Ich möchte auch gleich bei dieser bleiben, denn die Verordnung tritt mit 25. Mai 2018 in Kraft und bedeutet für den Einzelnen mehr Rechte hinsichtlich seiner persönlichen Da­ten – vom Namen über die Adresse über die Kontakte bis hin zu sensiblen Daten wie medizinische, biometrische Daten, unsere Vorlieben und unsere Suchanfragen –, all je­ne Daten, die uns zuordenbar sind und die wir halt preisgeben, wenn es um den Bezug von Dienstleistungen und Produkten geht. Und ich denke, wir sind uns da alle einig, dass all jene Daten, die uns zuordenbar sind, also diese persönlichen Daten, auch schüt­zenswert sind.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 122

Wir leben in einer Zeit, in der aufgrund unserer Angaben, der Vielzahl an Daten und auch verschiedenster Algorithmen ein umfassendes Bild von uns bekannt ist. Ich möchte das nicht unbedingt schlechtmachen, denn ich habe selbst in einer Organisation gear­beitet, die Betreuungsleistungen zu Hause oder auch im Pflegeheim angeboten hat; da ist oft ein umfassendes Bild notwendig, eine Vielzahl an Daten, um bestimmte Betreu­ungsleistungen auch an den persönlichen Umständen ausrichten zu können.

Worum es wirklich geht, ist, dass es ein Bewusstsein gibt und dass wir wissen, was mit unseren Daten passiert, dass wir selbst entscheiden können, was mit unseren Daten gemacht wird, und dass wir unsere Meinung auch ändern können hinsichtlich löschen und ändern oder auch, dass wir die Zustimmung wieder entziehen.

Für Unternehmen bedeutet die Verordnung aber vor allem ein Mehr an Verantwortung und Bürokratie: Zukünftig müssen Unternehmen auch erfassen, welche Daten sie zu welchem Zweck verarbeiten, das in einem sogenannten Verfahrensverzeichnis spei­chern und auch eine Risikoanalyse durchführen. Darüber hinaus müssen sie techni­sche und organisatorische Maßnahmen setzen und im Fall der Fälle auch einen Daten­schutzbeauftragten bestellen.

Das Wesen der Verordnung ist, dass sie ohne nationale Anpassung in Kraft tritt; wir setzen heute aber Anpassungen und nutzen vor allem Öffnungsklauseln, um Spielräu­me zu nutzen und im österreichischen Gesetzesrahmen auch Verbesserungen zu set­zen. Wir tun das vor allem, weil es für Unternehmen ein massiver Aufwand ist, sich nach dieser Verordnung zu richten.

Wir beschließen das Gesetz bereits jetzt, weil es für die Unternehmen hinsichtlich die­ser Öffnungsklausel und hinsichtlich der Vorbereitungen bis zu diesem Mai 2018 auch der Rechtssicherheit bedarf. Das passiert dadurch, dass wir klarstellen, dass Behörden auch beratend tätig sind, dass sie im Zuge der Kontrolle auch beraten, bevor sie stra­fen. Wir machen das aber auch im Sinne von Einwilligungen zur Datenverarbeitung, in­dem klargestellt wird, dass Einwilligungen auch Bestand haben – und wir tun das jetzt auch mit einem zusätzlichen Abänderungsantrag, den ich kurz verlesen darf:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Eva-Maria Himmelbauer, Kolleginnen und Kol­legen zur Regierungsvorlage (1664 der Beilagen) eines Bundesgesetzes, mit dem das Datenschutzgesetz 2000 geändert wird (Datenschutz-Anpassungsgesetz 2018) in der Fassung des Ausschussberichtes (1761 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Oben bezeichnete Vorlage wird wie folgt geändert:

1. Dem § 69 Abs. 9 in der Fassung der Z 7 wird folgender Satz angefügt:

„Nach dem Datenschutzgesetz 2000 erteilte Zustimmungen bleiben aufrecht, sofern sie den Vorgaben der DSGVO entsprechen.“

*****

Auch das schafft Rechtssicherheit.

Wir haben auch die Stellungnahmen, die aus der Wissenschaft und aus dem Forschungs­bereich gekommen sind, sehr ernst genommen und haben dazu im Ausschuss auch ei­ne Feststellung beschlossen, dass diesbezüglich in weiteren Materiengesetzen vor al­lem weitere Regelungen getroffen werden, damit Datenschutz mit der Forschung in Ein­klang gebracht wird, vor allem wenn man an medizinische Forschung denkt, die insbe­sondere dem Wohle der Gesellschaft dient, sodass dafür ein Rahmen geschaffen wird.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 123

Datenschutz und Datensicherheit sind wichtig, und es ist gut, dass wir selbstbestimmt sind, wenn es um die Verwendung unserer Daten geht, vor allem gegenüber den gro­ßen Internetkonzernen, die selten europäisch sind.

Ich möchte aber auch betonen, dass damit der bürokratischen Belastung für Unterneh­men, gerade für die Klein- und Mittelbetriebe, nicht Einhalt geboten wird, sondern diese sogar ausgebaut wird.

Daher auch mein Appell, Herr Minister – gerade jetzt wieder wurde die ePrivacy-Ver­ordnung im Europäischen Parlament auf den Weg gebracht –, an Sie, aber auch an al­le unseren europäischen Abgeordneten gerichtet: Wir brauchen Lösungen – wir brau­chen aber Lösungen, die unsere Klein- und Mittelbetriebe nicht belasten. – Danke. (Bei­fall bei der ÖVP.)

13.47


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Eva-Maria Himmelbauer, Kolleginnen und Kol­legen zur Regierungsvorlage (1664 der Beilagen) eines Bundesgesetzes, mit dem das Datenschutzgesetz 2000 geändert wird (Datenschutz-Anpassungsgesetz 2018) in der Fassung des Ausschussberichtes (1761 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Oben bezeichnete Vorlage wird wie folgt geändert:

1. Dem § 69 Abs. 9 in der Fassung der Z 7 wird folgender Satz angefügt:

„Nach dem Datenschutzgesetz 2000 erteilte Zustimmungen bleiben aufrecht, sofern sie den Vorgaben der DSGVO entsprechen.“

Begründung:

Zu Z 1 (§ 69 Abs. 9):

Bisher erteilte Zustimmungen gelten als Einwilligungen iSd DSGVO fort, sofern sie der Art nach den Bedingungen der DSGVO entsprechen (Erwägungsgrund 171 Satz 3 der DSGVO). Bisher rechtswirksame Zustimmungen erfüllen grundsätzlich diese Bedingung.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Scherak. – Bitte.

 


13.47.19

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ja, es ist insbesondere, wenn jetzt noch diese Abänderungsanträge hineinkommen, die ja nicht nur ihre sachliche Berechtigung haben, sondern auch sehr gut sind, umso trauri­ger, dass es zu dem Gesetz so kommen musste, wie es gekommen ist, denn ja, es geht um die notwendigen Umsetzungsschritte der Datenschutz-Grundverordnung, um das, was nicht sowieso direkt gilt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 124

Natürlich gab es am Anfang einige Probleme, die man jetzt zumindest teilweise aus­merzen konnte, aber was so schade an dem Ganzen ist, ist, dass dieser parlamenta­rische Prozess im Endeffekt so verhunzt war.

Wir haben nun die Möglichkeit der Übergangsregelungen für die entsprechenden jetzt schon gültigen Einwilligungen bei Unternehmen. Es wird so sein, dass die Datenschutz­behörde auch eine Servicefunktion wahrnehmen wird, was ich gleichfalls sehr begrüße, weil dadurch insbesondere KMUs sehr geholfen wird.

Was immer noch fehlt, ist mehr Einbindung von und mehr Fokus auf Open Data, was natürlich gerade für Start-ups ein wesentlicher Punkt ist. Und was weiterhin aus rechts­staatlicher Sicht sehr problematisch ist, ist, dass immer noch nicht geklärt ist, ob es überhaupt möglich sein kann, dass eine Behörde so hohe Strafen ausspricht. Sie wis­sen, dass gerade das im Zusammenhang mit der Finanzmarktaufsicht vor dem VfGH ist, das heißt, ich halte das für problematisch – genauso wie ich übrigens den fehlen­den Anwaltszwang in einem so grundrechtssensiblen Bereich für problematisch erachte.

Das wirklich große Problem ist aber, wie das parlamentarisch vor sich gegangen ist. Kollege Steinhauser hat es schon angesprochen: Es gab eine Begutachtung, und es ist etwas passiert, was zumindest in der Zeit, in der ich im Parlament bin, noch nie pas­siert ist, nämlich dass man, bevor die Begutachtung zu Ende ist, bevor man alle Stel­lungnahmen hat, eine Regierungsvorlage macht. In Wirklichkeit können wir uns das gan­ze Begutachtungsverfahren gleich sparen, wenn ich ohnehin einmal ignoriere, was da kommt!

Ja, ich gebe zu, es sind nachher über den Abänderungsantrag Dinge eingearbeitet wor­den, aber auch da ist es parlamentarisch, wie gleichfalls schon angesprochen wurde, ei­nigermaßen schwierig, wenn man am Freitagnachmittag solch einen Abänderungsan­trag bekommt. Auch wir haben kein Problem, übers Wochenende zu arbeiten und uns das anzuschauen (Abg. Steinhauser: Die NEOS schon gar nicht!) – wir schon gar nicht, das ist vollkommen richtig! –, nichtsdestotrotz entspricht es weder den parlamentarischen Gepflogenheiten noch hat es, ehrlich gesagt, mit ernst zu nehmender, qualitativ hoch­wertiger Arbeit, die gerade in dem Bereich so dringend notwendig wäre, etwas zu tun.

Ja, ich gestehe zu, es sind jetzt noch gute Schritte gemacht worden, ich glaube aber trotzdem, dass hier immer noch Dinge fehlen. Ich halte es einfach für keine sinnvolle Va­riante, wenn das österreichische Parlament so arbeitet. Ich denke, dass dem Parlamen­tarismus damit nicht gedient ist, und ich denke, dass wir hier viel selbstbewusster auf­treten sollten.

Was natürlich stimmt, ist, dass es notwendig ist, hier so rasch wie möglich zu einer sinn­vollen Regelung zu kommen, damit sich Unternehmerinnen und Unternehmer darauf einstellen können, nichtsdestotrotz geht es um den Mai 2018: Es ist noch knapp ein Jahr bis dorthin!

Ich glaube, wenn wir die entsprechenden Stellungnahmen noch mehr berücksichtigt und eingearbeitet hätten, hätten wir bis zum Herbst eine noch bessere Lösung hinbekom­men können, und dann, so meine ich, wäre die Umstellungszeit immer noch ausreichend lang, damit sich alle auch wirklich darauf einstellen können. Dem Parlamentarismus ist mit so einer Vorgehensweise sicher nicht gedient. (Beifall bei den NEOS.)

13.50


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Mag. Drozda zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


13.50.20

Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien Mag. Thomas Drozda: Ich möchte mich hier jetzt inhaltlich nicht verbreitern, weil vieles ohnehin schon von den


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 125

Vorrednern erwähnt wurde. Dass es sich um eine Verordnung handelt, die direkt an­wendbar ist, um eine Umsetzung auf österreichischer Ebene, dass wir dieser Richtlinie im Rat nicht zugestimmt, sondern uns enthalten haben, erwähne ich der guten Ord­nung halber.

Klar ist nur, was die Frage der Ernsthaftigkeit des Begutachtungsverfahrens betrifft, le­ge ich schon Wert auf die Feststellung – auch vor dem Hintergrund dessen, dass ich weiß, wie intensiv unsere Beamtinnen und Beamten sich da bemüht haben, alles ein­zuarbeiten –, dass alles berücksichtigt wurde und dass die maßgeblichen Stellungnah­men eingearbeitet wurden. Sie erkennen das am Umfang des Abänderungsantrages, der in diesem Zusammenhang ja auch kritisiert wurde, und Sie erkennen es an der Tat­sache, dass wir noch heute einen Abänderungsantrag in der Frage der Verarbeitung der bereits vorhandenen Daten eingebracht haben.

Dass wir das unter großem Zeitdruck gemacht haben, ist, glaube ich, nicht in Abrede zu stellen, auf der anderen Seite möchte ich schon für uns alle in Anspruch nehmen, dass wir uns bestmöglich um eine Berücksichtigung all dieser Dinge bemüht haben. – Der guten Ordnung halber erwähne ich schon noch, dass es ja nicht die sozialdemo­kratische Fraktion war, die die Regierungszusammenarbeit beendet und dadurch ge­wisse zeitliche Probleme verursacht hat.

Ich glaube, wir haben unter den gegebenen Umständen im Verfassungsausschuss, aber auch im Rahmen des Begutachtungsverfahren das Bestmögliche getan und können Ih­nen heute etwas vorschlagen, wo Sie, wenn Sie – was Sie zweifellos getan haben – die letzten drei Tage genützt haben, um sich anzusehen, was heute beschlossen wird, sich einen Ruck geben und dem wohl auch zustimmen könnten. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.52


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Troch. –Bitte.

 


13.52.32

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das Internet schafft den gläsernen Menschen. Jeder Mensch hat natürlich sensible Daten, hat ein starkes Recht auf Datenschutz, und ich sage das des­halb eingangs hier, um auch darauf hinzuweisen, dass bei der Regierungsvorlage und vor allem bei dem Abänderungsantrag sehr wohl sehr gewissenhaft vorgegangen wurde.

Es liegt an uns, diesen Handlungsbedarf in Bezug auf personenbezogene Daten ak­tuell zu regeln, und wir sagen mit dem Datenschutzgesetz ein klares Ja zum Schutz der persönlichen Daten. Es ist ja schon gesagt worden: Wir setzen eine EU-Verordnung und eine EU-Richtlinie um, aber die Umsetzung in nationales Recht bietet einige Mög­lichkeiten, und ich freue mich, hier feststellen zu können, dass wir diese Möglichkeiten beim nationalen österreichischen Recht gut nützen.

In der Begutachtungsfrist sind 109 Stellungnahmen eingegangen. Zugegebenermaßen war es eine Mammutaufgabe für die Beamten, diese in einen 59-seitigen Abänderungs­antrag einzuarbeiten, der dem Verfassungsausschuss dann tatsächlich am Montag vor­gelegt wurde.

Das Gesetz hat mit diesem Abänderungsantrag enorm an Qualität gewonnen. Ein Bei­spiel ist die Datenschutzbehörde: Im Abänderungsantrag regeln wir ganz klar, dass die Prüfbefugnis der Datenschutzbehörde, die im Bundeskanzleramt angesiedelt sein wird, nun ausgeweitet wird. Es kann generell geprüft werden und nicht nur bei begründetem Verdacht.

Die Whistleblower-Hotline, die vom EU-Recht her ein bisschen infrage gestellt wurde, wenn es um das Problem der Verarbeitung strafrechtlich relevanter Daten durch ano-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 126

nyme Anzeigen geht, regeln wir im nationalen Recht eindeutig. Die Whistleblower-Hot­lines sind ja ein ganz wesentliches Instrument in der Korruptionsbekämpfung, und das haben wir für Österreich hier klar geregelt.

Das Datenschutzgesetz regelt auch die Bestimmungen für ausländische Unternehmen, die Sitz oder Niederlassung in Österreich haben: Für sie gilt ganz klar österreichisches Recht, was in der EU-Verordnung nicht so geklärt war. Damit haben ausländische Un­ternehmen in Österreich keinen Wettbewerbsvorteil gegenüber inländischen Unterneh­men, weil sie vielleicht durch heimatliches Recht geschützt wären. Ich halte das für sehr gut.

Ich finde, SPÖ und ÖVP haben mit dieser Gesetzesvorlage ihre Hausaufgaben ge­macht, vor allem auch mit einem Punkt, nämlich dass der Missbrauch von personenbe­zogenen Daten in Gewinn- und Schädigungsabsicht ganz klar unter Strafrecht gestellt wird. Auch das entspricht unserem ganz klaren Wollen des Schutzes von personenbe­zogenen und sensiblen Daten.

In diesem Sinn: ein gutes Gesetz mit hoher Qualität. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.55


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte schön.

 


13.56.00

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Bundesminister, Sie haben es ja selbst angedeutet: Es hat laufend Abänderungsanträge zu diesem Gesetz gegeben. Einer der Abänderungsanträge ist am Freitagnachmittag, um 15 Uhr, im Klub eingelangt, da war ich bereits mit dem Auto auf dem Heimweg, ich konnte ihn also nicht lesen. Am Samstag hatte ich einen 24-Stun­den-Dienst bei der Polizei, am Sonntag bin ich wieder nach Wien gefahren, und am Montag hatten wir den Verfassungsausschuss. – Jetzt kann man sich ungefähr vorstel­len, wie die Regierung da gearbeitet hat.

Nun will ich nicht einmal negativ über den Inhalt des Gesetzes sprechen, aber es ist schier unmöglich für einen kleinen Klub mit wenigen Mitarbeitern und mit einem Abge­ordneten, der vielleicht extrem beschäftigt ist, weil er in sehr vielen Ausschüssen ist – Sie sehen ja, wie viele Punkte in diesen zwei Tagen auf der Tagesordnung sind –, der das alles verarbeiten muss. Auch mein Tag hat nur 24 Stunden, Herr Minister!

Die Vorgangsweise beim Zustandekommen dieser Vorlage hat Kollege Wittmann sehr nett ausgedrückt. Er hat gesagt, der Gesetzwerdungsprozess ist ein bisschen zügiger gewesen. – Ja, ein bisschen zu zügig, denn wir haben uns damit nicht wirklich zu 100 Pro­zent befassen können. Und wenn ich nicht weiß, was in einem Gesetz konkret drinnen steht, brauche ich Zeit, vor allem, wenn darin von da auf dort verwiesen wird und von dort wieder dahin – und das alles mit irgendwelchen Paragraphen und Zeilen und Sei­ten. Das muss man sich zuerst einmal zusammensuchen! Ich glaube, so viel Platz ha­ben wir hier herinnen gar nicht, dass wir das alles auflegen könnten, wenn wir es lesen möchten. – Nur so viel dazu, damit die Zuschauer einmal wissen, was da abgeht.

Das ist das, was ich Ihnen vorwerfe, Herr Minister – nicht der Inhalt, der Inhalt mag in Ordnung sein, das weiß ich aber nicht zu 100 Prozent –, und deswegen kann meine Fraktion beim besten Willen nicht zustimmen – und den hätten wir, das können Sie mir glauben, weil ich doch denke, dass da einige gute Sachen drinnen sind, was ich in den Teilstücken, die wir in der kurzen Zeit durcharbeiten konnten, gesehen habe. Ich kann aber nicht sagen, ob da irgendetwas Verstecktes drinnen ist. Ich erinnere Sie daran, dass es schon viele Gesetze gegeben hat, die man sehr, sehr schnell durchgezogen hat und bei denen es dann immer wieder zu Komplikationen gekommen ist. Denken wir


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 127

an das Beamten-Dienstrecht, das jetzt immer wieder vom Europäischen Gerichtshof aufgehoben wird und das wir wieder neu beschließen müssen.

So etwas möchte ich jetzt da drinnen nicht haben, und deswegen können wir leider nicht zustimmen, auch wenn es mir innerlich ein bisschen wehtut. – Danke. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Doppler.)

13.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Maurer. – Bitte.

 


13.58.31

Abgeordnete Sigrid Maurer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Albert Steinhauser hat bereits erläu­tert, wie viele andere auch, wie das sehr fragwürdige Zustandekommen dieses Geset­zesvorschlags zu beurteilen, zu bewerten ist. Ich möchte auf einen weiteren Punkt ein­gehen, der damit zusammenhängt.

Uns liegt jetzt nur mehr ein Rumpfgesetz vor: Ursprünglich wäre das eine Zweitdrittel­materie gewesen, bei der natürlich auch wir Grüne hätten mitverhandeln können; jetzt sind die Zweidrittelteile weg, was uns wieder zur grundsätzlichen Frage führt, wie gut durchdacht dieses Paket tatsächlich ist – auch hier wieder der Verweis auf die kurze Dauer der Begutachtung, der Einarbeitungszeit et cetera.

Der Wegfall der Zweidrittelteile ist jetzt aus meiner Sicht als Wissenschaftssprecherin aus einer bestimmten Perspektive insofern kein Schaden, als die ursprüngliche Version dieses Gesetzes einen großen Einschnitt, eine große Einschränkung für die österrei­chische Wissenschafts- und Forschungslandschaft bedeutet hätte.

Sie wissen, die Grünen sind eine Datenschutzpartei (Abg. Schönegger: Welche Grü­nen? Die vom Pilz oder ...?), es ist uns extrem wichtig, dass die Rechte von Betroffe­nen und von Einzelpersonen gewahrt sind. Wir sind aber auch eine Wissenschaftspar­tei, und das bedeutet, es muss klar sein, dass für wissenschaftliche Forschung Daten verwendet werden können und das nicht durch überzogene Vorgaben eingeschränkt wird.

Genau das wäre der Fall gewesen. Es gibt die Kritik vonseiten der Universitäten, der uniko, der Medizinischen Universitäten, auch der Biobankeninfrastruktur, die in Wien an­gesiedelt ist und für die dieser Gesetzentwurf mitunter bedeutet hätte, dass sie weg müssen, weil die gesetzliche Basis die wissenschaftliche Arbeit so stark erschwert hät­te, dass sie in Österreich nicht mehr durchführbar gewesen wäre.

Es gibt öffentliche Interessen, speziell im medizinischen Bereich, aber auch sonst, wo es extrem wichtig ist, dass mit großen Datenmengen, mit Big Data gearbeitet werden kann – immer unter Einhaltung ethischer und wissenschaftlicher Grundsätze. Dazu gibt es auch eigene Kommissionen an den Universitäten, und diese Grundsätze werden auch eingehalten. Da wäre aber fast etwas verunmöglicht worden, beziehungsweise es be­steht auch jetzt, mit dem jetzigen § 7, der in Bezug auf die wissenschaftliche Forschung sehr schlecht formuliert ist, dasselbe Problem.

Wir haben im Ausschuss eine Ausschussfeststellung beschlossen, dass ein zusätzli­ches Gesetz vom Wissenschaftsministerium kommen muss, mit dem für den Wissen­schaftsbereich genau diese Dinge geregelt werden. Ich appelliere ganz stark an die zu­ständigen Beamtinnen und Beamten, das sauber zu machen, damit wir im internationa­len Vergleich in der Wissenschaft und in der Forschung keinen Wettbewerbsnachteil ha­ben. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.01

14.01.31

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 128

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1761 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Wittmann, Himmelbauer, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den vom Abänderungsantrag betroffenen Teil und an­schließend über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes ab­stimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Wittmann, Himmelbauer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Z 7 eingebracht.

Wer dem seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierfür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines Bundesver­fassungsgesetzes über die Freiheit zur unbeschränkten Verwendung von Bargeld im Zah­lungsverkehr.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

14.03.3216. Punkt

Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bun­desverfassungsgesetzes über die Genehmigung des Protokolls Nr. 15 zur Kon­vention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und dessen Er­klärung zum Bundesverfassungsgesetz (1762 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.04.10

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mei­ne Damen und Herren! Ich kann mich kurz halten: Es ist eine relativ sinnlose Materie im Verfassungsrang. Wir beschließen hier die Umsetzung des Protokolls Nr. 15 zur Men­schenrechtskonvention, das sich inhaltlich eigentlich dadurch auszeichnet, dass das Al­ter der Richter festgelegt wird und das Subsidiaritätsprinzip zum x-ten Mal wiedergege­ben wird.

Wir haben nebenbei eine Möglichkeit gefunden, auch mit Unterstützung der neuen Grü­nen, hier eine Art Beschäftigungsprogramm aufzusetzen, indem wir entgegen der ur-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 129

sprünglichen Absicht, das hier in einem zu beschließen, eine zweigliedrige Vorgangs­weise schaffen, indem wir heute eine Grundlage für die im Herbst dann erneut vorzu­nehmende weitere Beschlussfassung schaffen.

Das ist vielleicht kommunikativ, aber es wäre nicht unbedingt notwendig gewesen. Man kann es auch als innovativ bezeichnen, wenn man will. Wir werden dem daher jeden­falls zustimmen. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.05


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Vetter. – Bit­te, Herr Abgeordneter.

 


14.05.19

Abgeordneter Dr. Georg Vetter (ÖVP): Grüß Gott, Herr Präsident! Hohes Haus! Ich versuche, dem Ganzen ein bisschen mehr Sinn zu geben, als mein Vorredner hier an­gedeutet hat.

Als ich studiert habe, hat man die Frage, wo man die österreichische Verfassung findet, dahin gehend beantwortet, dass es Verfassungsgesetze gibt, dass es Verfassungsbe­stimmungen in einfachen Gesetzen gibt und dass es Staatsverträge gibt. Der dritte Punkt ist irgendwann einmal so sehr zersplittert, dass der Bundesverfassungsgesetzgeber im Jahr 2008 gesagt hat, dass auch die Staatsverträge, die verfassungsändernd sind, mit eigenen Bundesverfassungsgesetzen zu regeln sind. Das ist die Ausgangslage dafür, dass wir auch dieses 15. Zusatzprotokoll in Form eines Bundesverfassungsgesetzes be­schließen müssen und sollen.

Jetzt war die erste Idee, dass man ein Staatsverträge-Bundesverfassungsgesetz macht, in dem alle Staatsverträge, die die Verfassung ändern, drinnen stehen. Das war eine ko­härente Idee, die wir leider aus den Gründen, die der Kollege schon genannt hat, hier nicht zum Durchbruch gebracht haben. Das hätte zur leichteren Lesbarkeit der Staats­verträge, die die Verfassung ändern, beigetragen.

Nun machen wir es in einem zweistufigen Verfahren, das ebenfalls nicht notwendig ist – da hat der Herr Kollege recht –, nämlich indem wir zuerst jetzt ein Bundesverfassungs­gesetz beschließen, mit dem wir das 15. Zusatzprotokoll genehmigen können – das heißt, wir machen jetzt einen ersten Schritt –, und machen dann ... (Abg. Steinhauser: Wa­rum ist der nicht notwendig? – Das ist notwendig!) – Ich glaube, das könnte man in ei­nem machen; aber Sie werden dann sagen, Herr Kollege, warum Sie es nicht glauben. Ich glaube, es wäre gegangen, dass man beides in einem Schritt macht, nämlich die Ge­nehmigung und auch das 15. Zusatzprotokoll beschließt.

Herr Kollege Jarolim hat vorhin ein paar Punkte erwähnt, die in diesem 15. Zusatzpro­tokoll drinnen stehen werden, und ich möchte noch einen ganz wichtigen, nämlich viel­leicht sogar den wichtigsten, herausgreifen, nämlich die Fristverkürzung von sechs auf vier Monate. Darüber werden nämlich einige stolpern, wenn sie zum ersten Mal sehen, was da drinnen steht, beziehungsweise wenn sie Zurückweisungen erhalten. Also das ist ganz wichtig, dass wir nur noch eine viermonatige Frist nach rechtskräftiger Beendi­gung des innerinstanzlichen Verfahrens haben.

Meine Damen und Herren! Ich nehme diesen Tagesordnungspunkt aber auch selbstkri­tisch zum Anlass, um hier einmal die Frage zu stellen, ob diese völlige Zersplitterung der Verfassung denn wirklich im Interesse von uns allen, den Richtern und der Bevöl­kerung ist. Wir haben gerade die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes gelesen, der den Bescheid hinsichtlich der dritten Piste aufgehoben hat. Wenn wir eine österrei­chische Verfassung haben, die zersplittert ist und sich in den verschiedensten Gesetzen findet, dann darf es uns auch nicht wundern, dass Leute verwirrt sind, und dies selbst dann, wenn es Richter und rechtskundige Personen sind.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 130

Vor zwei Tagen ist anlässlich des Geburtstages unseres Zweiten Nationalratspräsiden­ten der österreichische Nobelpreisträger Hayek erwähnt worden. Der ist einmal sogar so weit gegangen, dass er die Entkoppelung von einfachem Gesetzgeber und Verfas­sungsgesetzgeber gefordert hat, da der einfache Gesetzgeber immer versucht ist, die­ses Instrument der Macht, nämlich die Verfassungsgesetze, in einem inflationären Sin­ne zu verwenden.

Was ich hier sagen möchte, ist: Wir sollten uns an der Nase nehmen und nicht zu sehr von diesem Instrument Gebrauch machen, und wenn wir es tun, dann in einer kohä­renten Art und Weise, sodass man die Verfassung lesen kann, damit wir auch noch wissen, was dort wirklich drinnen steht. Eine Harmonisierung des Bundes-Verfassungs­gesetzes wäre also wünschenswert, und wenn wir mit der Harmonisierung der Staats­verträge anfangen würden, wäre das, glaube ich, ein guter Anfang. – Danke schön. (Bei­fall bei der ÖVP.)

14.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Klubobmann Mag. Steinhau­ser. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


14.09.36

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Manchmal sind parlamentarische Debatten große Redeschlachten, und manchmal sind es große rechtliche Details, die wir hier diskutieren, aber es ist auch notwendig, diese rechtlichen Details zu diskutieren, und ich schätze zum Beispiel am Kollegen Vetter von der ÖVP, dass er das mit Hingabe macht.

Ich versuche aber, das für unsere Zuhörer ein bisschen zu übersetzen: Worum geht es? – Wir müssen ein Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention be­schließen, und dieses Zusatzprotokoll ändert die Verfassung, weil die Europäische Men­schenrechtskonvention im Verfassungsrang steht.

Jetzt haben wir folgendes rechtliches Problem: Die Regierungsparteien haben einen Vor­schlag gemacht, der bedeutet hätte, dass man dieses Zusatzprotokoll mit einfacher Mehr­heit annimmt – obwohl es Verfassungsrecht ändert – und den Beschluss danach mit Zwei­drittelmehrheit in der Verfassung fasst.

Das ist eine unbefriedigende Lösung. Warum? – Weil die Situation entstehen könnte, dass das Zusatzprotokoll mit einfacher Mehrheit genehmigt würde, wir damit völker­rechtlich verpflichtet werden, aber später keine Zweidrittelmehrheit zusammenbekom­men. Das ist der Grund, warum diese Vorgangsweise aus unserer Sicht verfassungs­rechtlich und parlamentarisch falsch war.

Wir haben daher einen anderen Vorschlag gemacht, und dieser besagt, es muss zu­erst die verfassungsrechtliche Grundlage geben – die mit Zweidrittelmehrheit zu be­schließen ist –, und dann kann man auch mit Zweidrittelmehrheit, vielleicht auch mit ein­facher Mehrheit, das gebe ich zu, das Zusatzprotokoll beschließen, weil dann die ver­fassungsgesetzliche Grundlage steht und wir nicht das Problem bekommen, dass wir dann völkerrechtlich verpflichtet sind, aber vielleicht keine Mehrheit haben.

So, das machen wir jetzt, und das ist richtig; und warum ich glaube, dass die Gleich­zeitigkeit nicht geht, hat einen einfachen Grund: Weil natürlich die verfassungsrechtli­che Rechtsgrundlage zuerst auch Rechtskraft erlangen muss – nachdem auch der Bun­desrat und der Bundespräsident damit befasst waren. Erst wenn die verfassungsrecht­liche Grundlage steht, kann man dann in einem zweiten Schritt auch das Zusatzpro­tokoll annehmen. Das ist alles sehr juristisch, aber aus diesem Grund kommt die Gleich­zeitigkeit eigentlich nicht infrage und ist die Vorgangsweise, die wir gewählt haben, die juristisch und verfassungsrechtlich saubere Lösung. Dies war uns wichtig, denn so et­was hat ja auch immer Präjudizwirkung für die Zukunft.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 131

Ich bin aber froh darüber, dass wir uns in dieser sehr trockenen Materie darauf einigen konnten, diese Vorgangsweise zu wählen, was uns aber nicht davon befreit, in aller Ru­he darüber zu reden – was Sie, Herr Kollege Vetter, angesprochen haben –, wie wir in Zukunft damit umgehen, damit die Verfassung eine gewisse Geschlossenheit, Lesbar­keit und Übersichtlichkeit hat. Da wäre ich jetzt gar nicht so weit weg von Ihnen. Wie dann eine Lösung ausschaut, muss man in aller Ruhe diskutieren. – Danke schön. (Bei­fall bei den Grünen.)

14.12

14.12.14

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1762 der Beilagen.

Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um ein Bundesverfassungsgesetz han­delt, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr die Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit.

Wiederum stelle ich ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehr­heit fest.

Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

14.13.2117. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2213/A der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ORF-Gesetz, BGBl. Nr. 379/1984, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 120/2016, geändert wird (1763 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.13.56

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich weiß, Sie ha­ben wieder Sehnsucht nach einer positiven ORF-Darstellung. Sie sind ja selbst Seher und Hörer. Aber heute geht es doch materiell um etwas anderes. Es geht darum, dass wir hier einen Schritt setzen in Bezug auf den Publikumsrat, in Bezug auf die Vertre­tung behinderter Menschen, damit sie die Möglichkeit haben, quasi sich selbst zu ver­treten, und nicht immer andere Experten – aus Pflegeberufen oder von sonst wo – die­se Vertretung übernehmen, sondern dass sie im Endeffekt selbst die besten Experten dafür sind.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 132

Ich möchte aber bei dieser Gelegenheit schon auch darauf hinweisen, was die Pro­bleme der Zeit sind und wo man auch den ORF aufgrund der technischen Veränderun­gen sozusagen näher an seine Nutzer, an seine Hörer, an seine Seher bringen kann, denn manche gesetzliche Regelungen wurden getroffen, als bestimmte Entwicklungen noch nicht stattgefunden hatten. Eine dieser Entwicklungen ist der Markteintritt der so­genannten ersten iPad-Generation, der letztlich dazu geführt hat, dass man sich auch da eine gesetzliche Anpassung überlegen muss. Jetzt ist es ja so, dass faktisch nur nor­male TV-Sendungen online gestellt werden – „linear“ sagt man dazu in der Fachspra­che –, und das übersetzt sich dann eben und ist on Demand online abrufbar.

Und jetzt ist es, glaube ich, wichtig, dass man auf dieses neue Verhalten der User – das sind nicht nur junge Menschen – stärker eingeht. Ein großer Teil der Österreiche­rinnen und Österreicher konsumiert heute ORF-Produkte über Online-Dienste. Und zu Recht muss man sich eigentlich jetzt überlegen, ob nicht der Versorgungsauftrag des ORF auch diese Bereiche insofern erfassen sollte, als der ORF im Online-Bereich ei­genständigen Bewegtbild-Content anbieten kann – das wäre doch einmal ein Fortschritt! – und dass es für den ORF möglich sein soll, sein gesamtes Programm über Abrufdiens­te on Demand online anbieten zu können.

Ich finde, das wäre doch etwas, was man sich in der nächsten Gesetzgebungsperiode gleich weiter für die Zukunft überlegen sollte, dass hier Schritte zu setzen wären, die zeit­gemäß sind, die dem ORF sozusagen die Möglichkeit bieten, das zu erfüllen, was die User und die Gebührenzahler und Gebührenzahlerinnen von ihm erwarten, nämlich dass er auf dem letzten Stand der Dinge – der Technik, aber auch der Möglichkeiten – ist; das Ganze natürlich auch in Übereinstimmung mit den Interessen der Konkurrenzmedien, sage ich gleich einmal dazu, damit nicht gleich der VÖZ und andere anrufen, und auch in Übereinstimmung mit dem europäischen Recht. – Ich glaube, das soll man noch da­zusagen.

Ansonsten: Wir werden dieser Initiative – Kollegin Jarmer, die sich da besonders ein­gebracht hat, wird sich dann, glaube ich, ohnehin noch zu Wort melden –, dass man hier versucht, diesen Schritt zu setzen, zustimmen. Damit ist dann auch die Repräsentativi­tät des Publikumsrates letztendlich angehoben. Und ich denke, dass damit die Akzep­tanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, des ORF, in der gesamten Bevölkerung – eine Akzeptanz, die ja so hoch ist wie in kaum einem anderen europäischen Land – weiter abgesichert und weiter ausgebaut werden kann. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Jarmer.)

14.17


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Gerstl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.17.38

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Ich glaube, niemand in Österreich wünscht sich das, was wir hier machen, nämlich eine Überreglementierung, weil der normale Hausverstand nicht beachtet wird.

Laut dem ORF-Gesetz ist der Bundeskanzler dazu verpflichtet, aus verschiedenen Ge­sellschaftsgruppen Leute in den Publikumsrat zu entsenden. Unter anderem hat er auch Vorschläge aus dem Bereich der behinderten Menschen einzuholen.

Was hat der Bundeskanzler gemacht? – Er hat seinen Chef der Volkshilfe dorthin ent­sandt, der natürlich nicht aus dem Bereich der behinderten Menschen kommt. Hätte er einen Behindertenvertreter entsandt, müssten wir heute gar nicht hier stehen und eine neue gesetzliche Regelung schaffen. (Abg. Brosz: Wen hat der Schüssel entsandt?)

Jetzt müssen wir eine gesetzliche Regelung machen, damit das Selbstverständlichste vom Selbstverständlichen auch noch festgeschrieben wird, nämlich dass ein Behinder-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 133

tenvertreter auch aus einer Behindertenorganisation kommen muss und selbst Behin­derter sein soll (Abg. Brosz: Wen hat der Schüssel entsandt? Das würde mich jetzt in­teressieren!) – denn Sie wollen ja auch nicht, Herr Kollege Brosz, dass Frauen durch Män­ner vertreten werden, sondern Frauen auch durch Frauen vertreten werden. Ebenso ist es auch selbstverständlich, dass Behinderte durch Behinderte vertreten werden sollen. (Abg. Brosz: Sagen Sie, wen der Schüssel entsandt hat!)

Und so können wir heute hier dafür danken, dass nicht nur unser Behindertenvertreter Franz-Joseph Huainigg das gefordert hat, sondern dass auch Frau Kollegin Jarmer ge­sagt hat, dass wir jetzt eine gesetzliche Regelung schaffen müssen.

Aber ich sage Ihnen, liebe Damen und Herren und liebe Zuseherinnen und Zuseher: Wenn wir weniger direkte Regelungen im Gesetz hätten, wäre es mir lieber, und wenn mehr der Hausverstand obsiegen würde, sodass wir nicht ein Gesetz bräuchten, um den Bundeskanzler dazu aufzufordern, zum Behindertenvertreter auch wirklich einen Behin­derten auszuwählen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Cap: Aber der Schüs­sel? – Abg. Brosz: Wen hat der entsandt? – Rufe: Genau! Wen hat der entsandt? – Der Gusenbauer nicht? – Abg. Wöginger: Der war selber drinnen!)

14.19


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Jarmer. – Bitte.

 


14.19.57

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch einen Gebärden­sprachdolmetscher): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin Duzdar! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Vorredner haben es bereits teilweise erklärt, ich sage nur: Gott sei Dank, endlich – end­lich! – darf ein Mensch mit Behinderung Menschen mit Behinderungen vertreten! Wir sind also auf dem richtigen Weg.

Die KollegInnen und meine VorrednerInnen haben auch schon betont, dass es mit den Almosen und mit dem Mitleid, das diese Menschen brauchen, weil sie sich ja selbst nicht vertreten können, vorbei ist. Ja, sie können sich selbst vertreten! Aber ich muss auch dazusagen, dass diese Geschichte und diese Thematik nicht mit diesem Schritt beendet ist, sondern dass es nur ein Schritt in die richtige Richtung ist.

Es ist auch wichtig, dass im öffentlich-rechtlichen Bereich, auch beim ORF, Menschen mit Behinderungen sichtbar gemacht werden und dass dieses Leben als normal nach außen getragen wird und nicht in der Weise, dass Menschen nach einem Schicksals­schlag, beispielsweise einem Sportunfall, vor die Kamera kommen und erzählen dür­fen, dass sie eine Behinderung erworben haben, und dann gesagt wird: Ach, wie schlimm, wie traurig, mein Beileid!, et cetera, et cetera.

Nein, das sind Menschen in unserer Gesellschaft, die einen normalen Beruf haben, die einen normalen Alltag haben und die auch an politischen Diskussionen, an Debatten teil­nehmen müssen – auch im Fernsehen. Und sie sollten zu allen verschiedenen Themen im Fernsehen und auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen einen Platz bekommen. Das soll eine Selbstverständlichkeit werden, diese Inklusion soll gelebt werden!

Ich möchte mich auch bei allen, die diesen Antrag unterstützen, bedanken. Es ist ein kleiner Schritt, und zwar in die richtige Richtung. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

14.21


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 134

14.21.48

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Das ORF-Gesetz soll geändert wer­den. Es ist ein guter und richtiger Ansatz, dass jenes Mitglied im Publikumsrat des ORF, das die Interessen behinderter Menschen vertritt, selbst auch aus dem Bereich der Be­troffenen kommt.

Bereits vor der letzten Bestellung des ORF-Publikumsrates hat es fünf qualifizierte Men­schen mit Behinderung gegeben, welche auch nominiert wurden. Trotzdem ist es zu ei­ner Bestellung eines nicht behinderten Vertreters gekommen, was auch ganz klar der UN-Behindertenrechtskonvention, die den Grundsatz der Selbstvertretung von behin­derten Menschen in allen sie betreffenden Gremien vorsieht, widerspricht. – Und das ist auch richtig so. Hätte man damals darauf Rücksicht genommen, wäre dieses Gesetz heu­te überflüssig.

Betreffend die Gebührensenkung des ORF für Menschen mit eingeschränktem Sehver­mögen – ich glaube, das wurde vom Kollegen Cap angesprochen – ist zu sagen: Auch das ist ein richtiger Ansatz! Für unsere Mitmenschen, die leider behindert sind, muss das, was in Deutschland möglich ist, auch in Österreich möglich sein. – Herzlichen Dank. (Beifall des Abg. Hagen.)

14.23

14.23.08

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1763 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist ein­stimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

14.23.5018. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Anträge 2247/A der Abgeordneten Otto Pendl, Mag. Bernd Schönegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 geändert wird, und

175/A der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 27. Juni 1979 über das Dienst­recht der Beamten (Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 – BDG 1979) geändert wird (1764 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zum 18. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


14.24.23

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staats­sekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Meine Damen und Herren auf der Galerie und vor den Fernsehapparaten! Eingangs möchte ich mich be-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 135

danken, bei allen miteinander, die sich über viele Jahre als Einzelkämpfer, als Einzel­fraktion dafür eingesetzt haben. Ich stehe nicht an, an so einem Tag zu sagen: Danke! Ich glaube, alle, die sich mit dieser Materie beschäftigt haben, wissen, dass seit dem Jahr 2005, nämlich seit dem Pensionsanpassungsgesetz, diese Frage offen ist. Heute werden wir – ich darf es so formulieren – Gerechtigkeit für rund 17 000 Menschen herbei­führen. Das war eine sachliche, gute Diskussion, auch im Verfassungsausschuss. Viel­leicht gelingt ja die Beschlussfassung. Na ja, viele Grüne sind nicht da! (Abg. Wenin­ger: Der Pilz kommt gleich! – Abg. Schmuckenschlager: Der ist nicht mehr grün! – Zwi­schenruf des Abg. Schönegger.) Im Verfassungsausschuss wurde formuliert, dass sie nicht aus inhaltlichen Gründen nicht mitstimmen, sondern weil sie noch keine Zeit hat­ten, sich die Anträge anzusehen. Jetzt bin ich neugierig auf die Beschlussfassung.

Frau Staatssekretärin, ich darf mich auch bei dir und deinem Team bedanken, dass wir doch auf eine eher unkomplizierte Art und Weise am Schluss versucht haben, diese Ge­rechtigkeitsfrage, wenn ich es so formulieren darf, auch noch rasch zu lösen. Wir sind durch die Diskussion im Verfassungsausschuss draufgekommen – und das ist auch wich­tig –, dass es sein könnte, dass in den unterschiedlichsten Lehrergesetzen, derer wir meh­rere haben, und vielleicht auch im Bereich der Staatsanwälte und der Richter irgendwo noch ein ehemaliger zvS-ler steht. Wir haben uns dann dahin gehend verständigt, dass wir hier gemeinsam mit einem Abänderungsantrag versuchen werden, auch diese Grup­pen einzufangen, damit nach menschlichem Ermessen überhaupt kein Bereich übrig­bleibt, der vielleicht von einer guten Regelung ausgeschlossen sein sollte, denn ob bei dieser Zahl der eine oder andere übrigbleibt, ist, glaube ich, wirklich eine reine Solidari­tätsfrage.

Daher darf ich also folgenden Abänderungsantrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Otto Pendl, Mag. Bernd Schönegger, Mag. Günther Kumpitsch, Kol­leginnen und Kollegen

zum Bericht des Verfassungsausschusses (1764 d.B.) betreffend den Antrag der Abge­ordneten Otto Pendl, Mag. Bernd Schönegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 geändert wird (2247/A)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die oben bezeichnete Vorlage wird wie folgt geändert – ich bitte um Verständnis, ich muss das vorlesen, das geht nicht anders –:

1. Nach Z 1 wird folgende Z 1a eingefügt:

„1a. Dem § 236b Abs. 2 Z 3 wird folgender Satz angefügt:

„Diese Bestimmung gilt sinngemäß im Anwendungsbereich des Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetzes –LDG 1984, BGBl. Nr. 302/1984, des Land- und forstwirtschaftlichen Lan­deslehrer-Dienstrechtsgesetzes – LLDG 1985, BGBl. Nr. 296/1985 und des Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetzes – RStDG, BGBl. Nr. 305/1961.““

2. Nach Z 2 wird folgende Z 2a eingefügt:

„2a. Dem § 236d Abs. 2 Z 3 wird folgender Satz angefügt:

„Diese Bestimmung gilt sinngemäß im Anwendungsbereich des Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetzes –LDG 1984, BGBl. Nr. 302/1984, des Land- und forstwirtschaftlichen Lan­deslehrer-Dienstrechtsgesetzes – LLDG 1985, BGBl. Nr. 296/1985 und des Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetzes – RStDG, BGBl. Nr. 305/1961.““

*****


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 136

Meine geschätzten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich würde mich freuen und die 17 000 Menschen wahrscheinlich auch. Ich weiß nicht, Kollege Stein­hauser, ich habe gerade das gesagt, was du im Ausschuss gesagt hast. (Abg. Stein­hauser: Es ist so!) – Freut mich, dann haben wir also im Sinne der Solidarität und der Gerechtigkeit einen einstimmigen Beschluss. Die Kolleginnen und Kollegen, in welchen Bereichen sie auch sind, werden sich sicherlich sehr freuen. Ich bedanke mich aus­drücklich bei Ihnen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, ord­nungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Otto Pendl, Mag. Bernd Schönegger, Mag. Günther Kumpitsch, Kol­leginnen und Kollegen

zum Bericht des Verfassungsausschusses (1764 d.B.) betreffend den Antrag der Abge­ordneten Otto Pendl, Mag. Bernd Schönegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 geändert wird (2247/A)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die oben bezeichnete Vorlage wird wie folgt geändert:

1. Nach Z 1 wird folgende Z 1a eingefügt:

„1a. Dem § 236b Abs. 2 Z 3 wird folgender Satz angefügt:

„Diese Bestimmung gilt sinngemäß im Anwendungsbereich des Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetzes –LDG 1984, BGBl. Nr. 302/1984, des Land- und forstwirtschaftlichen Lan­deslehrer-Dienstrechtsgesetzes – LLDG 1985, BGBl. Nr. 296/1985 und des Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetzes – RStDG, BGBl. Nr. 305/1961.““

2. Nach Z 2 wird folgende Z 2a eingefügt:

„2a. Dem § 236d Abs. 2 Z 3 wird folgender Satz angefügt:

„Diese Bestimmung gilt sinngemäß im Anwendungsbereich des Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetzes –LDG 1984, BGBl. Nr. 302/1984, des Land- und forstwirtschaftlichen Lan­deslehrer-Dienstrechtsgesetzes – LLDG 1985, BGBl. Nr. 296/1985 und des Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetzes – RStDG, BGBl. Nr. 305/1961.““

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Schön­egger. – Bitte.

 


14.29.22

Abgeordneter Mag. Bernd Schönegger (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, man kann heute ohne Übertreibung sagen, dass wir endlich eine völlig absurde Situation – Otto Pendl hat es angesprochen – im Bereich von über 17 000 Zeitsoldaten beenden. Es ist eigentlich ein unwürdiges Schauspiel, das jetzt über viele Jahre zwischen Landesverteidigungs­ministerium und Sozialministerium hin und her gegangen ist.

Da gibt es Menschen in Uniform, die einen wertvollen Dienst für die Republik geleistet haben und die jetzt auf einmal – im Rahmen der Zustellung der Erstgutschrift des Pen-


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sionskontos – draufgekommen sind, dass ihnen Pensionszeiten nicht angerechnet wur­den. Diese Situation gilt es zu beenden, diese Situation werden wir heute beenden, ich glaube sogar einstimmig, und das freut mich sehr.

Dieser Sieg der Vernunft hat natürlich viele Väter. Ich bedanke mich bei allen, die am Ende noch mitgeholfen haben, dass wir das jetzt schaffen. Ich möchte vor allem auch die Bundesheergewerkschaft hervorheben, die über viele, viele Jahre diesen Punkt wirk­lich angeprangert hat. Es freut mich, dass wir diese Situation heute hier beenden kön­nen. Die Koalition arbeitet ja in wesentlichen Punkten dann doch sehr gut zusammen, auch in diesen turbulenten Zeiten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Weninger: Ich glaube, wir sollten gar nicht wählen! – Abg. Pendl: Noch haben wir keinen Auflösungs­beschluss gefasst!)

14.30


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch. – Bitte.

 


14.30.46

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekre­tärin! Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen haben es kaum für möglich gehal­ten, dass wir diesen Antrag noch durch den Ausschuss und durch das Plenum bringen werden. Gerade unsere freiheitlichen Personalvertreter, auch die freiheitliche Gewerk­schaft und wir freiheitlichen Abgeordnete versuchen seit Jahren, diesen Antrag durch die Abstimmungen zu bringen, und er ist immer wieder von den beiden Regierungspar­teien vertagt worden. Deshalb freuen wir uns ganz besonders, dass wir heute diesen An­trag hier haben und sicherstellen können, dass die Zeitsoldaten – und es sind ja viele Tausend, wie Kollege Schönegger bereits ausgeführt hat – in der Pensionsberechnung nicht mehr mit 30 Monaten gedeckelt sind, sondern die volle Anrechnung ihrer Arbeit, die sie für die Republik geleistet haben, bekommen.

Ich halte das für besonders wichtig, weil die Personalfrage – wir konnten das ja heute in der Früh in der Fragestunde mit dem Herrn Bundesminister schon diskutieren – für die Entwicklung der österreichischen Streitkräfte wie auch für die österreichische Sicher­heitspolitik eine entscheidende ist – denn jede Regierung, egal, wie sie zusammenge­setzt sein wird, die die Sicherheitspolitik ernst nimmt, muss sich nicht nur um die Poli­zei, sondern auch um die Mitarbeiter des Bundesheeres kümmern. Und es wird not­wendig sein, die Mitarbeiter des Bundesheeres auch anständig zu behandeln, egal, ob es sich um aktive oder um ehemalige Mitarbeiter handelt, oder um solche, die zukünftig eintreten werden.

Das österreichische Bundesheer muss ein attraktiver Arbeitgeber werden und sein, um die Durchführung der Aufgaben sicherstellen zu können. Das ist ein guter Schritt in die­se Richtung. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.32


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


14.32.45

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wir vom Team Stronach sind auch froh darü­ber, dass dieses Problem mit den Zeitsoldaten jetzt gelöst werden konnte. Kein Mensch hat verstanden, dass man, wenn man für den Bund arbeitet, nur eine gedeckelte Pen­sionszeit von 30 Monaten berücksichtigt bekommt und der Rest verfällt. Das fehlt ei­nem dann irgendwo im Arbeitsleben. Zum Vergleich: Wenn heute jemand eine Straftat verübt hat und im Gefängnis sitzt, dann wird ihm das weiter bezahlt. Da frage ich mich: Wo ist da die Gerechtigkeit, meine Damen und Herren?


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Ich bin froh darüber, dass wir das lösen können. Ich hoffe, dass vielleicht auch die Grü­nen da zur Einsicht kommen. (Abg. Steinhauser: Wir stimmen eh zu!) – Stimmt ihr eh zu? Na wunderbar, dann sind wir uns alle einig – also eine gute Sache.

Das Zweite, was hier beschlossen wird, ist, dass die Leiter von Polizei- und Fachins­pektionen eine neue Zuordnung bekommen, das heißt, da wird aufgewertet. Dazu ein kleiner Appell an Sie, Frau Staatssekretärin, ein Appell, den ich immer wieder ausspre­che – ich hoffe, dass wir auch da einmal zu einer guten Lösung kommen –, betreffend die Exekutivbeamten. Polizeibeamte werden immer noch nach dem Schema eines Hilfs­dienstes der Behörden beziehungsweise der Gerichte bezahlt, entsprechend niedrig ist das Grundgehalt. Das wirkt sich dann auch negativ auf die Pension aus. Alles andere ist mit Zulagen gedeckelt oder ausgearbeitet, das heißt, wenn man keine Stunden macht, wenn man im Urlaub ist, dann hat man nur ein sehr niedriges Gehalt, wenn man krank ist sowieso, und das stellt ein großes Problem dar. Auch die Einstiegsgehälter bei der Exekutive, speziell bei der Polizei, sind sehr gering, die bewegen sich im Bereich der Mindestsicherung.

Besucht man die Polizeischule, dann verdient man um die 900 €. Das bedeutet im End­effekt, dass jemand, der eine Familie hat, diesen Beruf eigentlich gar nicht mehr ergrei­fen kann, da man sich eine Familie nicht leisten kann. Da müsste man schon etwas auf der hohen Kante haben, damit man trotzdem diesen Beruf ergreifen kann. Ich glaube, das geht in die falsche Richtung.

Frau Staatssekretärin, ich habe viele, viele Vorschläge gemacht. Sie wissen – ich habe es im Ausschuss ohnehin gesagt –, ich werde meine politische Karriere beenden, aber ich möchte Ihnen dieses Problem für die Zukunft mitgeben. Momentan ist das Problem halt einfach das, dass man in Hochpreisländern wie in Vorarlberg, wo eine 3-Zimmer-Wohnung mindestens 1 000 € kostet, mit diesem Gehalt keine Chance hat. Das ist ge­nau das, was ich ansprechen möchte. Wir müssen das Gehalt anheben, damit wir wie­der mehr Exekutivbeamte bekommen. Wir haben die Nähe zur Schweiz, ein Hochge­haltsland, weshalb sehr viele sagen: In der Schweiz verdiene ich in der Fabrik, wenn ich am Fließband stehe, wesentlich mehr als bei der Polizei in Vorarlberg.

Wenn wir gut ausgebildete Polizeibeamte haben wollen, die auf unsere Sicherheit schau­en, dann müssen wir sie auch entsprechend bezahlen. Das ist mein Appell zum Ab­schluss. Ich hoffe, dass sich hier in Bälde auch etwas tut, dass wir gemeinsam oder der neue Nationalrat dann positiv abstimmt, damit dieses Problem auch gelöst werden kann. (Beifall beim Team Stronach sowie der Abgeordneten Doppler und Gerhard Schmid– Abg. Matznetter: ... gute Erfahrungen wie in Mistelbach!)

14.36


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Kum­pitsch. – Bitte.

 


14.36.28

Abgeordneter Mag. Günther Kumpitsch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Motivation der Kollegen Pendl und Schönegger war offensichtlich, dass man die Strukturreform im Verteidigungsministerium und beim Bundesheer stützen wollte, fördern wollte und dem Rechnung tragen wollte. Das ist auch gut so.

Minister Doskozil hat heute aufgezeigt, was alles zu tun ist: Man will jetzt endlich die Militärkommanden stärken, man schafft endlich eine klare Aufgabenzuweisung für den Grundwehrdienst, für die Miliz und für den Katastrophenschutz und man denkt auch ei­ne besoldungsrechtliche Anpassung oder Besserstellung an die zukünftige Situation an. – Das ist auch gut so und dringend notwendig, trotzdem möchte ich auch in Erinnerung ru­fen, was in den vergangenen Jahren passiert ist: Man hat das Heer kaputtgespart und für die Grundwehrdiener und Zeitsoldaten in Wirklichkeit nichts übrig gehabt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 139

Deshalb sind wir Freiheitlichen natürlich auch für diesen Antrag, damit man eine Unge­rechtigkeit, die früheren Grundwehrdienern und Zeitsoldaten widerfahren ist, beseitigt. Diese mussten nämlich erleben, dass sie für die Beiträge, die sie in einen Ausgleichs­fonds eingezahlt haben, nur eine Leistung für 30 Monate bekommen sollten, tatsäch­lich aber viele Jahre, vielleicht auch noch darüber hinaus, in ihrer alten Funktion waren.

Da muss ich sagen: Danke! – auch wenn es unser Antrag war, den wir im Jahr 2014 schon gestellt haben, und zwar war das mein Vorgänger Mario Kunasek. Auch wenn wir das immer wieder gefordert haben, jetzt sind wir so weit. Daher sage ich in diesem Sinne auch zur ÖVP und SPÖ: Danke, dass wir so weit sind und dass wir jetzt in der Lage sind, auch anderen Betroffenen wie Lehrern, Richtern und Staatsanwälten mit der Abänderung eine sogenannte Gerechtigkeit widerfahren zu lassen!

Abschließend möchte ich nur eines betonen: Wir müssen trotzdem daran denken, dass das nur ein erster Schritt zu einer wirklichen besoldungsrechtlichen Anerkennung sein kann, nämlich für alle Soldaten und Mitarbeiter in den Ressorts für die Arbeit, die sie ge­leistet haben und die sie in Zukunft noch leisten werden. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


14.39.08

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Frau Staats­sekretär! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Beamten-Dienst­rechtsgesetz soll geändert werden. Das ist ein ganz wichtiger und richtiger Punkt, ein ganz großes Anliegen, vor allem betreffend die Zeitsoldaten. Mit diesem Gesetzentwurf wird der Strukturreform im Verteidigungsministerium und beim Bundesheer Rechnung getragen.

Insbesondere geht es aber auch um die Änderung des Richtverwendungskatalogs. Ei­ne klare Aufgabenzuordnung auf allen Ebenen soll die optimale Zusammenarbeit der militärischen und zivilen Organisationen gewährleisten.

Ganz wichtig ist auch, wie wir heute schon gehört haben, dass den ehemaligen und jet­zigen Zeitsoldaten bei Inanspruchnahme der Hacklerregelung die gesamte Tätigkeit beim Bundesheer zur Gänze angerechnet wird. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Bisher konn­te man nämlich maximal 30 Monate des Präsenzdienstes als beitragsgedeckte Dienst­zeit geltend machen. Der 30-Monate-Deckel wird nun gestrichen beziehungsweise fin­det er sich im neuen Gesetz nicht mehr. Auch das ist vollkommen richtig und notwen­dig. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie Mario Kunasek um diese Rege­lung gekämpft hat. Jetzt ist diese Forderung auch von den Regierungsparteien gekom­men und wird im Sinne der Soldaten umgesetzt. – Ein herzliches Danke dafür. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

14.40

14.40.48

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1764 der Beilagen.

Hierzu haben die Abgeordneten Pendl, Mag. Schönegger, Mag. Kumpitsch, Kollegin­nen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den erwähnten Zusatzantrag und anschließend über den Gesetzentwurf abstimmen lassen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 140

Die Abgeordneten Pendl, Mag. Schönegger, Mag. Kumpitsch, Kolleginnen und Kolle­gen haben einen Zusatzantrag betreffend Einfügung neuer Ziffern 1a und 2a eingebracht.

Wer hierfür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein bejahendes Zei­chen. – Auch das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

14.41.5719. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2227/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das E-Government-Gesetz geändert wird (1765 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen zum 19. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stefan. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.42.22

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht beim Tagesordnungs­punkt 19 um eine Änderung des sogenannten E-Government-Gesetzes. Österreich ist damit vielen anderen Staaten sehr weit voraus. Es ist auch begrüßenswert, dass wir die­se Gesetzesmaterie hier weiterentwickeln.

Es wird mit diesem heutigen Gesetz ein sogenannter elektronischer Identitätsnachweis geschaffen. Dieser soll die Bürgerkarte und die Handysignatur ersetzen; ein grundsätz­lich richtiger Schritt. Wir werden allerdings heute gegen dieses Gesetz stimmen, weil wir einige Punkte daran kritisieren, was wir darauf zurückführen, dass dieses Gesetz nicht ausreichend diskutiert wurde und daher unsere Eingaben und unsere Anmerkun­gen nicht berücksichtigt wurden. Ich hoffe, dass man das im Nachhinein noch teilweise reparieren kann, und werde daher dann auch einen entsprechenden Entschließungsan­trag einbringen.

Nun zu den Kritikpunkten: Die Zertifikate und identitätsstiftenden Daten, die jetzt für je­den Bürger gesammelt werden, werden von sogenannten Vertrauensdiensteanbietern gehalten und verwaltet. Das sind private Gesellschaften. Ich bin der Überzeugung, dass ein derartig sensibler Vorgang wie die Verwaltung dieser Daten ein grundsätzlich ho­heitlicher Akt ist. Es ist also eine Kernaufgabe des Staates, solche Dinge zu verwalten. Daher ist es falsch, die Verwaltung solcher Daten an private Gesellschaften zu überge­ben. Und auch wenn man dann sagt: Na die unterstehen der Kontrolle des Innenminis­teriums oder sonst etwas!, ist es trotzdem grundlegend falsch, denn das ist eine typi­sche kritische Infrastruktur, wenn man so will, und daher sollte das staatlich verwaltet werden. – Das ist der erste Kritikpunkt.

Der zweite Kritikpunkt ist: So ein derartiger elektronischer Vorgang hat immer das Pro­blem, dass Dinge protokolliert werden. Das heißt, es ist nachvollziehbar, was da pas-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 141

siert ist, und daher macht man es, wenn man es richtig macht, üblicherweise mit einer zweifachen Codierung, indem man das zweimal anonymisiert, damit nicht nachvollzieh­bar ist, wer welche Anfrage zu welchem Zeitpunkt gestellt hat und sich daher wo be­wegt hat. Zum Beispiel: Ein junger Mensch will in eine Diskothek hinein und möchte nach­weisen, welches Alter er hat. Dann muss nicht im Innenministerium letztendlich ein Pro­tokoll aufscheinen, wo es heißt, der Herr Sowieso war am Soundsovielten bei dieser Diskothek und hat eine Anfrage gestellt. Das ist etwas, was nicht gewollt ist und was nicht sinnvoll ist.

Wir haben das im Ausschuss diskutiert, und man hat offenbar nicht verstanden, was ich damit gemeint habe. Denn: Zu Recht hat uns eine Auskunftsperson vom Bundes­kanzleramt erklärt, dass eben zweimal anonymisiert wird und daher dieses Protokoll nicht gemacht wird. Ich glaube auch, dass es vielleicht so gemacht wird, aber im Ge­setz steht es nicht drinnen. Es steht nicht im Gesetz drinnen, dass die technischen Vo­raussetzungen geschaffen werden, dass so eine Protokollierung nicht stattfindet. Das ist das, was ich will. Ich will, dass es im Gesetz steht, denn wenn es faktisch vielleicht anders gemacht wird, dann könnte man das aber aufgrund des Gesetzes jederzeit wie­der ändern und sehr wohl so eine Protokollierung durchführen. Das sollte unbedingt drin­nen stehen. Auch darauf zielt mein Entschließungsantrag, den ich gleich einbringen wer­de, ab.

Der dritte Kritikpunkt ist: Das Gesetz sieht an sich eine Freiwilligkeit vor. Das heißt, ich muss als Bürger so einen elektronischen Identitätsnachweis nicht haben, sondern ich kann ihn haben. Ich bekomme ihn freiwillig oder sollte ihn freiwillig bekommen. Tatsa­che ist aber, dass künftig, wenn jemand einen Pass beantragt, er automatisch einen solchen Identitätsnachweis bekommt, sofern er sich nicht dagegen wehrt. Das heißt in Wirklichkeit, man bekommt, wenn man einen Pass will, ein Formular, füllt es aus, und so­bald man eine Mobiltelefonnummer angegeben hat, hat man automatisch einen Iden­titätsnachweis. Das ist so klassisch: Man kann rausoptieren, aber in Wirklichkeit findet das nicht statt. Ich weiß auch nicht, ob es dann überhaupt eine Belehrung der Bürger gibt, indem man sagt: Das müssen Sie gar nicht, das ist freiwillig!, sondern ich glaube, es wird einfach automatisch ablaufen. Aber wenn etwas freiwillig sein soll, dann muss es umgekehrt laufen, dann muss man hineinoptieren und ausdrücklich erklären, dass man das will, und nicht umgekehrt.

Diese drei Punkte wollen wir geändert haben. Das Wichtigste aber ist vor allem, dass diese Protokollierung technisch unmöglich gemacht wird.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend E-Govern­ment

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehest möglich eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten, die folgende Punkte beinhaltet:

Verwaltung der identitätsstiftenden Daten und die Zertifikate der Bürger als zentrale ho­heitliche Tätigkeit im Bundesministerium für Inneres oder Bundeskanzleramt,

Schaffung der technischen Voraussetzungen, damit eine zentrale Protokollierung aller elektronischen Bewegungen durch die Verwendung der E-ID technisch unmöglich ge­macht wird, sowie


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 142

Opt-In Regelung für den Erhalt einer E-ID und umfangreiche Aufklärung über die Ver­wendung der E-ID.“

*****

Ich ersuche darum, diesem Antrag zuzustimmen. Sein Inhalt ist grundvernünftig. Wir wollen mit diesem Entschließungsantrag einen Rahmen zu dem Gesetz schaffen, das jetzt ja wohl beschlossen werden wird, und ich hoffe, wenn auch nicht heute, dass die Diskussion darüber weitergeht und es später zumindest dazu kommt, dass wir uns da­rauf einigen, dass es diese technischen Voraussetzungen geben muss. (Beifall bei der FPÖ.)

14.48


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Stefan, Mag. Kumpitsch und weiterer Abgeordneter betreffend E-Government

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2227/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das E-Government-Ge­setz geändert wird (1765 d.B.)

Mit dem Initiativantrag der Regierungsparteien wird die Änderung des E-Government-Gesetzes beschlossen. Kernpunkt ist, dass an Stelle der Bürgerkarte und der Handy­signatur der Elektronische Identitätsnachweis (E-ID) kommt. Die Bürgerkarte war nur ein sehr mäßiger Erfolg, daher soll dieses Thema forciert werden. Künftig wird bei jedem Passantrag automatisch eine E-ID vergeben, wenn man nicht hinausoptiert. Die E-ID ist zwar theoretisch freiwillig. Defacto wird sie aber jedem aufgedrängt werden.

Die wesentlichen Kritikpunkte sind folgende:

– die identitätsstiftenden Daten und die Zertifikate der Bürger werden von privaten Un­ternehmen sogenannten Vertrauensdiensteanbietern (z.B. A-Trust) verwaltet, obwohl das eine zentrale hoheitliche Tätigkeit ist. Technisch ist das nicht besonders aufwendig und könnte auch vom BMI direkt verwaltet werden. Misstraut man dem Staat bei der Datenverwaltung und vertraut stattdessen Privaten (Banken, Kammern usw. die solche Vertrauensdienstanbieter zu Verfügung stellen)?

– Es ist zu befürchten, dass diese E-ID eine zentrale Protokollierung aller elektroni­schen Bewegungen im Innenministerium bringt, also ein sogenanntes Verwendungs­protokoll. Das heißt alle elektronischen Anträge, Verträge, Anfragen zB. Ausweiskon­trollen bei Trafiken, Bars, Bestellung von Medikamenten, usw. werden im Innenminis­terium gespeichert. Jedenfalls sieht das Gesetz NICHT vor, dass eine solche Protokol­lierung technisch unmöglich sein muss.

Mit solchen Protokollierungen könnten die Gewohnheiten, politische Einstellungen usw. der Bürger leichter erfasst werden. Eine derart undurchsichtige Überwachungsmaßnah­me soll jetzt noch vor der Wahl durchgedrückt werden.

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 143

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehest möglich eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten, die folgende Punkte beinhaltet:

Verwaltung der identitätsstiftenden Daten und die Zertifikate der Bürger als zentrale ho­heitliche Tätigkeit im Bundesministerium für Inneres oder Bundeskanzleramt,

Schaffung der technischen Voraussetzungen, damit eine zentrale Protokollierung aller elektronischen Bewegungen durch die Verwendung der E-ID technisch unmöglich ge­macht wird, sowie

Opt-In Regelung für den Erhalt einer E-ID und umfangreiche Aufklärung über die Ver­wendung der E-ID.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


14.48.23

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Werte Kol­leginnen und Kollegen! Eine digitale Sicherheitspartnerschaft zwischen Bürgern, Wirt­schaft und Verwaltung ist das, was wir bei Government 4.0 einfordern, und das ist auch das, was in Zukunft für uns ein effizientes Weiterentwickeln ist, und zwar auch in der Verwaltung, wo immer wieder eine Reform gefordert wird. Aber die oberste Prämisse muss sein, dass es benutzerfreundlich sein muss und dass es der technischen Sicher­heit entsprechen muss.

Ziel ist es, die Digitalisierung zu fördern, Potenziale für BürgerInnen viel mehr zu er­schließen und Chancen für die Wirtschaft zu schaffen. Wir haben hier schon Gesetze be­schlossen, mit denen wir die Wirtschaft verpflichtet haben, dass sie bis 2023 ihre Geschäf­te auch online abwickeln können müssen und dass auch die Einhaltung der persönli­chen Datensicherheit gewährleistet ist. Die Nachvollziehbarkeit, das haben Sie jetzt be­krittelt, Herr Kollege Stefan, ist durch dieses Protokoll gegeben. Es gibt ein transparen­tes Protokoll, und da kann man genau nachschauen, wer, wann und wofür nachge­schaut hat und welche Daten weitergegeben wurden.

Dieses E-Government-Gesetz, das Punkt 19 der Tagesordnung ist, soll die gesetzliche Grundlage für einen elektronischen Identitätsausweis schaffen und vor allem auch die Möglichkeit für Bürger, sicher im Netz ihre Identität nachzuweisen.

Wir haben einen Anpassungsbedarf insofern, als das Ganze an zwei Vorgaben ge­knüpft ist. Einerseits gibt es auf europäischer Ebene die eIDAS- Verordnung, wo man angleichen muss, weil man eine innerstaatliche Lösung, aber auch eine überregionale für ganz Europa haben möchte. Es gibt dann auch den Vorteil für die Wirtschaft, dass die Dinge grenzüberschreitend anerkannt werden, und das kann ja nur zum Vorteil ge­reichen. Das muss letztendlich einmal geschaffen werden, und dafür legen wir heute den Grundbaustein.

Andererseits braucht man ein für dieses technische Segment sicheres, modernes und digitales Identitätsmanagement, denn es soll dann die Möglichkeit geben, dass man Dinge über das Amt erledigt, aber nicht mehr auf das Amt gehen muss, das Amt aber sicher sein kann, dass es sich wirklich um jene Person handelt, die die Daten beantragt hat. Da sind, denke ich, die Sicherheitsmerkmale sehr gut gelungen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 144

Ausstellen werden diese neue eID-card nur die öffentlichen Stellen, und zwar derzeit die Passbehörde und die Landespolizeiinspektion. Und was ändert sich? – Sie haben es selbst gesagt: Wenn man einen Reisepass beantragt, muss man sich die eID-card nicht nehmen, man kann herausoptieren. Es besteht keine Verpflichtung dazu, und so­mit hat man als Bürgerin und Bürger die freie Wahl.

Ich glaube, dass das ein guter Weg in die digitale Zukunft ist, und ich glaube, dass es auch ein sicherer Weg ist. Man muss das Ganze natürlich auch durch weitere Maßnah­men begleiten, man kann es auch evaluieren, und ich bin überzeugt davon, dass die technische Entwicklung auch voranschreiten wird, sodass man es vielleicht wieder an­passen muss, aber ich denke, dass es ein guter elektronischer Fortschritt sein wird. (Bei­fall bei der SPÖ.)

14.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Maurer. – Bitte.

 


14.51.58

Abgeordnete Sigrid Maurer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ganz grundsätzlich zu dieser E-ID-Geschichte: Wir kennen das alle, wir haben alle viel zu viele Accounts mit viel zu vielen Passwörtern, die wir allzu gerne vergessen, die nicht den Sicherheitsstandards entspre­chen – würde ich jetzt einmal vermuten –, die eigentlich notwendig sind, und genau die­ses Chaos ist zu beseitigen. Ich gehe davon aus, es geht Ihnen so wie mir: Ich habe den Überblick verloren. Ich habe keinen Überblick mehr darüber, wo ich überall einen Ac­count habe und welches Passwort ich dafür immer verwende, ich verlasse mich auf die Speicherfunktion des Browsers beziehungsweise meines Passwort-Managers. Aber ge­nau für diese Frage ist natürlich die Einrichtung eines elektronischen Identitätsnachwei­ses grundsätzlich sehr hilfreich und wäre auch zu begrüßen.

Allerdings weist der vorliegende Gesetzentwurf aus unserer Sicht ein paar größere Pro­bleme auf. Da möchte ich einmal ganz grundsätzlich sagen: Das, was notwendig ist, damit die elektronische Identität nachgewiesen werden kann, ist ja, dass das über ein Identitätsmanagementsystem zentralisiert erfolgt, und das grundsätzliche Problem da­bei ist immer: Ist das NutzerInnenverhalten nachvollziehbar, ja oder nein?

Es ist natürlich ein Problem, wenn, für wen auch immer, auch wenn das nur zwei Per­sonen sind, zum Beispiel nachvollziehbar ist, dass man zuerst etwas auf einer Online-Plattform gekauft hat und dann irgendetwas in einem Elektrofachhandel oder dass man vielleicht in einer Disco war, wie es der Herr Kollege Stefan als Beispiel gesagt hat. Das darf natürlich nicht sein. Es darf keine Möglichkeit zur Überwachung der BürgerInnen ge­ben, und das ist in diesem Gesetz nicht ausreichend sichergestellt.

Es ist richtig, wie es der Kollege Stefan gesagt hat: Ja, wir hatten diese Belehrung durch einen Beamten im Ausschuss, der uns versprochen hat, dass es eine doppelte Anonymisierung gibt, aber darauf kann man sich nicht verlassen. Entweder es steht im Gesetz oder es steht eben nicht drin, und Letzteres bedeutet, dass man sich im Zwei­felsfall als Bürger nicht dagegen wehren kann, wenn dann tatsächlich das NutzerInnen­verhalten von jemandem eingeschaut werden kann. Das ist ein ganz grundsätzliches Problem, und in diesem Gesetz ist nichts vorgesehen, wie man damit umgehen kann und wie man das ausschließen kann. Aus diesem Grund werden wir Grünen diesem Ge­setzentwurf nicht zustimmen.

Es gibt aber noch ein paar andere Punkte, die zu kritisieren sind.

Erstens: Die Stammzahlenregisterbehörde ist bei der Datenschutzbehörde angesiedelt, und sollte es Datenschutzverstöße geben, dann muss die eigene Behörde das kontrol­lieren. Das ist nicht gut, das ist ein Kontrollkonflikt, den wir eigentlich in unseren Geset­zen grundsätzlich ausschließen sollten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 145

Zweitens: In dem Datensatz wird auch ein Lichtbild abgespeichert werden, und das birgt besonders im Hinblick auf automatisierte Kameraüberwachung mit biometrischen Daten eine ganz große Gefahr in sich. Wir Grünen wollen nicht, dass es dort Datenab­griffe und Datenspeicherungen gibt und letztlich Missbrauch und Überwachung möglich werden.

Die Grünen werden diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Mein Appell ist es, in die­sen wichtigen Punkten deutlich nachzuschärfen. Wir werden unseren Beitrag dazu in der nächsten GP leisten, aber heute werden wir bei diesem Gesetz nicht mitgehen. – Dan­ke. (Beifall bei den Grünen.)

14.55


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Karl. – Bitte.

 


14.55.47

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­te Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Betreffend das E-Govern­ment-Gesetz besteht zum einen aufgrund der Notwendigkeit der Umsetzung europa­rechtlicher Vorgaben ein Anpassungsbedarf, und zum anderen wird im Sinne eines si­cheren, modernen, digitalen Identitätsmanagements die Bürgerkarte hin zu einem um­fassenden elektronischen Identitätsnachweis weiterentwickelt.

Ziel ist es, die Einsatzmöglichkeiten der Bürgerkarte zu erweitern und ihre Nutzung in anderen europäischen Ländern zu erleichtern. Dazu ist nicht nur ein neuer Registrie­rungsprozess, sondern auch eine adaptierte technische Lösung erforderlich. Außerdem werden die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen für die Verwendung notifi­zierter elektronischer Identifizierungsmittel aus anderen EU-Staaten auch für österrei­chische Online-Services geschaffen.

Trotz der genannten Änderungen bleibt die bewährte Funktion der österreichischen Bür­gerkarte, insbesondere in ihrer Ausprägung als Handysignatur, grundsätzlich bestehen. Der elektronische Identitätsnachweis wird aber deutlich mehr Einsatzmöglichkeiten ha­ben. Dies ergibt sich einerseits aus der künftigen rechtlichen Anerkennung in den an­deren EU-Mitgliedstaaten, andererseits wird man etwa unter Einsatz des elektronischen Identitätsnachweises nicht nur die Kernidentitätsdaten, also Vorname, Familienname, Ge­burtsdatum, sondern auch Daten aus behördlichen Registern übermitteln können. Das betrifft beispielsweise Führerschein- und Meldedaten oder Staatsbürgerschaftsnachweise.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie die Stellungnahmen zur Änderung des E-Government-Gesetzes durchsehen, können Sie feststellen, dass von insgesamt 26 eingelangten Stellungnahmen nur zwei sehr kritisch sind. (Zwischenruf der Abg. Mau­rer.) In vielen Stellungnahmen wird positiv angemerkt, dass der Staat und nicht private Anbieter diese Aufgaben zu erfüllen hat, da die Sicherheit besser vom Staat gewährleis­tet wird.

Immer wieder wird auch hervorgehoben, dass dieser Service ein Vorzeigeprojekt ist, wenn es darum geht, dass der Staat seine Aufgabe als Sicherheitsdienstleister für Bür­gerinnen und Bürger wahrnimmt. Der Datenschutzrat hat festgehalten, dass der elek­tronische Identitätsnachweis eine Notwendigkeit darstellt. Dazu sei auch hervorgeho­ben, dass dieses System wie schon bisher allen nationalen und internationalen Daten­schutzbestimmungen entspricht.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir befinden uns in einem Rechtsstaat mit hohen Si­cherheits- und Datenschutzstandards, wo Bürgerinnen und Bürger auf ein rechtskonfor­mes Verhalten des Staates vertrauen können. Dazu sei auch hervorgehoben, dass der Staat keinen Zugriff auf Daten bekommt, die er nicht ohnehin schon im Rahmen beste­hender Register und aufgrund bestehender Rechtsgrundlagen hat. Die Verwaltung stellt


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den Bürgerinnen und Bürgern lediglich eine sichere Infrastruktur für die Vermittlung staat­lich gesicherter Daten zur Verfügung. Diese befinden sich ausschließlich in bereits be­stehenden staatlichen Registern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sorgen Sie mit Ihrer Zustimmung dafür, dass ein einheitliches Rahmenwerk für das elektronische Identitätsmanagement geboten und der ordnungspolitische Rahmen für den Umgang mit elektronischen Identitätsnachwei­sen sichergestellt wird! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.59


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über das E-Government-Gesetz zur Durchführung einer kurzen Debatte.

14.59.37Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Die kurze Debatte betrifft den Antrag der Abgeordneten Mag. Schieder, Mag. Steinhauser, Dr. Scherak, dem Justizausschuss zur Berichterstat­tung über den Antrag 498/A der Abgeordneten Dr. Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geän­dert wird, eine Frist bis 19. September 2017 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Frist­setzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt.

Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staats­sekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Zu Wort gelangt zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Dr. Scherak. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


15.00.35

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Die Niederlande, Belgien, Spanien, die USA, Kanada, Südafrika, Norwegen, Schweden, Portugal, Island, Argentinien, Dänemark, Brasilien, Frankreich, Uruguay, Neuseeland, Ko­lumbien, Großbritannien, Luxemburg, Finnland (Ruf bei der FPÖ: Geografie-Stunde!), Slo­wenien, Taiwan: sie alle, und sogar das streng katholische Irland, sind in der Frage, ob gleichgeschlechtliche Partner auch heiraten können, weiter als Österreich.

Das ist in vielen dieser Länder mit ganz unterschiedlichen Mehrheiten – mit Konserva­tiven, Linken, Liberalen, teilweise sogar mit Rechten – beschlossen worden, und in Ös­terreich es ist leider so, dass die ÖVP diesbezüglich immer noch im letzten Jahrhun­dert verhaftet ist. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Wir NEOS sind der Meinung, dass sich der Staat nicht einmischen sollte, wenn lieben­de Menschen füreinander Verantwortung übernehmen. Wir sind überzeugt davon, dass es in grundsätzlichen moralisch-gesellschaftlichen Fragen noch nie einen so schnellen Wandel in der Bevölkerung gegeben hat, wie genau in dieser Frage.

Wie vorhin schon gesagt, haben sogar im sehr streng katholischen Irland die Bürgerin­nen und Bürger mit einer Zweidrittelmehrheit dafür gestimmt, dass in Zukunft auch Ho­mosexuelle heiraten können.

Wenn wir uns anschauen, wie das in Österreich war: 2010 haben wir die eingetragene Partnerschaft eingeführt, und damals hat ja die ÖVP quasi noch über Nacht versucht,


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so viele Diskriminierungen wie nur irgendwie möglich in dieses Gesetz hineinzuverhan­deln.

Wir erinnern uns, dass es als Erstes darum ging, dass die Verpartnerten keinen ge­meinsamen Familiennamen, sondern nur einen gemeinsamen Nachnamen tragen dür­fen, bei einem Doppelnamen durfte kein Bindestrich dazwischen sein, sodass man of­fensichtlich auch klar sieht, ob jemand verpartnert ist, und natürlich ging es auch um das Verbot der Adoption.

Jetzt hat es jahrelang gedauert, dass diverse Höchstgerichte – einerseits der Europäi­sche Gerichtshof für Menschenrechte, andererseits der Verfassungsgerichtshof – all die­se Diskriminierungen oder ganz, ganz viele Diskriminierungen aufgehoben haben.

Zuerst wurde erkämpft, dass man bei einem Doppelnamen auch einen Bindestrich ha­ben kann, wenn man in einer homosexuellen Partnerschaft lebt und die Partnerschaft eingetragen ist. Danach hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Stief­kindadoption erlaubt, und 2015 hat der Verfassungsgerichtshof in Österreich klar ge­sagt, dass das generelle Adoptionsverbot nicht sachgerecht ist, und dementsprechend wurde es aufgehoben.

Das Absurde ist, dass es jedes Mal, wenn es in Österreich zu einem Ende dieser Dis­kriminierungen in Bezug auf Homosexuelle kam, immer Gerichte waren, die Verände­rungen erwirkt haben, und wir als Gesetzgeber aufgrund der eher konservativen Ein­stellung der ÖVP nicht dazu fähig waren, Änderungen herbeizuführen. Ich halte es ei­gentlich für eine Bankrotterklärung der Politik, wenn wir es selbst nicht schaffen, einen modernen Weg zu beschreiten, uns immer auf Höchstgerichte verlassen müssen, dass wir überhaupt so weit kommen. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Grünen.)

Umso absurder habe ich die Äußerungen des neuen Vizekanzlers gefunden, als er uns vor zwei Wochen gesagt hat, na ja, also er sieht bei der Ehe für alle jetzt eigentlich kei­nen Handlungsbedarf, denn wir können ja darauf warten, wie der Verfassungsgerichts­hof entscheidet, und die Leute, die davon betroffen sind, sollen sich das gefälligst er­streiten, dass sie endlich nicht mehr diskriminiert werden.

Ich finde, das ist ein Abgesang an den Parlamentarismus, das kann eigentlich nicht die Vorstellung von moderner Politik sein, wie sie die angeblich neue Volkspartei haben soll­te. Ich verstehe nicht, dass man solche Entscheidungen grundsätzlich an Gerichte aus­lagern will, und frage, ob Sie in diesem Zusammenhang die parlamentarische Arbeit über­haupt noch ernst nehmen.

Liebe ÖVP! Sie kennen das schon, ich habe Ihnen das Zitat schon einmal vorgelesen, Ihr Gesinnungsgenosse David Cameron hat über die Einführung der Ehe für alle in Groß­britannien einerseits gesagt, dass das eine der wichtigsten Entscheidungen seines Le­bens, seiner politischen Karriere war, und er hat wortwörtlich gesagt: „Ich unterstütze nicht die gleichgeschlechtliche Ehe, obwohl ich ein Konservativer bin. Ich unterstütze die gleichgeschlechtliche Ehe, weil ich ein Konservativer bin.“.

Die Werte und Ideen der Institution Ehe haben nichts damit zu tun, was für ein Ge­schlecht die zwei Menschen haben, die sich verheiraten. (Beifall bei NEOS und Grü­nen. Zwischenruf des Abg. Zanger.)

Es ist nicht nur David Cameron, in den Reihen der ÖVP gibt es viele, die da weitaus auf­geschlossener denken. Erinnern Sie sich an Aussagen des Landwirtschaftsministers Rupprechter, der gesagt hat, dass man die Erhaltung der traditionellen Werte auch mit einem offenen Weltbild verfolgen kann. Bundesministerin Karmasin hat gesagt, Familie sei dort, wo sich Kinder wohlfühlen. EU-Kommissar Hahn hat mehrmals gesagt, dass er sich bei der Gleichstellung in diesem Zusammenhang noch weitaus offener zeigen könnte.


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Auch Reinhold Mitterlehner hat ja gesagt, er merkt, dass sich in der ÖVP da etwas be­wegt, dass es da eine Öffnung auch in Fragen der Homo-Ehe gibt und dass ein Wan­del betreffend Respekt vor anderen Lebensentwürfen auch etwas sehr Gutes hat.

In den letzten Tage haben auch sehr viele ÖVP-Funktionäre auf Facebook gepostet, dass sie sich freuen, wenn jetzt auch die Konservativen im 21. Jahrhundert ankommen, nachdem Angela Merkel gesagt hat, sie wird diese Frage im Deutschen Bundestag frei­geben.

Wenn man sich das anschaut und sieht, wie viele ÖVP-Funktionäre das gemacht ha­ben, dann freut man sich, dass auch in der ÖVP offensichtlich wirklich ein Umdenken da ist. Kollege Schönegger, den ich leider gerade nicht sehe, hat vorhin etwas sehr Net­tes auf Facebook gepostet, er hat nämlich gesagt, es sei ihm egal, wer wen heiratet, die Leute können auch ihre Nachttischlampe heiraten. (Abg. Steinhauser: Das ist aber sehr liberal!)

Es ist ein interessanter Zugang, aber es ist ein sehr liberaler Zugang, und es zeigt zu­mindest, dass sich in der ÖVP offensichtlich etwas bewegt. Das Ganze, diese Diskus­sion ist natürlich jetzt wieder relevanter geworden, nachdem die deutsche Bundeskanz­lerin Merkel gesagt hat, ja, sie will diese Entscheidung im Deutschen Bundestag frei­geben; sie sagt, es sei eine Gewissensentscheidung.

Ich frage Sie jetzt ganz ernsthaft: Wer kann es im Jahr 2017 noch mit seinem Gewis­sen vereinbaren, dass man Menschen nur aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskri­miniert? Können Sie das wirklich mit Ihrem Gewissen vereinbaren oder glauben Sie nicht auch, dass das einigermaßen daneben ist? (Beifall bei NEOS, SPÖ und Grünen.)

Das Schöne ist: Wenn Sie die heutige „Österreich“ aufschlagen – ich habe leider das In­terview mit Sebastian Kurz, dem neuen Parteiobmann der ÖVP, gestern auf „oe24.TV“ nicht sehen können –, sehen Sie, und das steht da sehr klar, dass Sebastian Kurz da of­fensichtlich eine liberalere Einstellung hat. Er sagt, dass er ein liberaler Mensch ist und deswegen natürlich gegen Diskriminierung ist.

Er hat auch gesagt: Das ist jetzt nicht im Parteiprogramm der ÖVP. Es muss aber auch nicht im Parteiprogramm der neuen Volkspartei sein, Sie könnten einfach diesem Frist­setzungsantrag, den heute SPÖ, Grüne und NEOS eingebracht haben, zustimmen. Sie könnten nach Ihrem Gewissen abstimmen und beweisen, dass Sie auch so modern sind wie 62 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher (Abg. Kickl: Das Gewissen sagt automatisch freie Fahrt?), die der Meinung sind, dass gleichgeschlechtliche Paare auch heiraten können sollen. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Grünen.)

Kollege Lopatka denkt offensichtlich gerade nach, wie das mit seinem Gewissen ver­einbar ist. Ich glaube, wenn jeder hier in diesem Saal seinem Gewissen folgen würde, dann würden wir auch in diesem Hohen Haus eine Mehrheit zustande bringen.

Wir werden sehen, dass das in Deutschland wahrscheinlich ziemlich bald kommen wird. Ich weiß, Sie können jetzt nicht mehr dafür sorgen, dass Sie als ÖVP ein Vorreiter in dieser Rolle sind, dafür ist es leider zu spät, aber Sie können dafür sorgen, dass wir nicht der letzte Nachzügler werden. Das wäre ein guter Schritt, Sie könnten Ihrem Ge­wissen folgen und auch auf die Bundeskanzlerin Merkel hören.

Sie haben nun die Chance, zu beweisen, dass diese neue Volkspartei, von der Sie so viel reden, doch nicht so rückwärtsgewandt und konservativ ist wie die alte Volkspartei. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler.) Beweisen Sie, dass zumindest Teile von Ihnen schon im 21. Jahrhundert angekommen und nicht mehr der Meinung sind, dass man Men­schen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskriminieren sollte!

Sie können diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, und wir können es schaffen, bis zum Herbst eine sinnvolle Lösung auf den Tisch zu legen, die alle Probleme, die immer


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noch da sind, beseitigt und endlich diese unerträgliche Diskriminierung gegenüber gleich­geschlechtlichen Paaren abschaffen könnte.

Ich bin überzeugt davon, dass Familie dort ist, wo Menschen in Liebe zueinander Ver­antwortung übernehmen, und ich bitte Sie wirklich: Um Himmels willen, lassen Sie die­se Menschen endlich heiraten und hören Sie mit dieser unerträglichen Diskriminierung nur aufgrund der sexuellen Orientierung auf! (Beifall bei NEOS, SPÖ und Grünen. Zwi­schenruf des Abg. Zanger.)

Ich glaube, Kollege Zanger hat wieder ein Bild vor Augen, weil er gerade dazwischen­ruft. Herr Kollege Zanger, Sie will ich gar nicht überzeugen, ich weiß, das bringt nichts. Ich wollte mich eigentlich gar nicht auf Sie beziehen, aber Sie haben mir jetzt das Stich­wort gegeben: Ich habe heute ein schönes Facebook-Shareable vom Landeshauptmann-Stellvertreter Haimbuchner aus Oberösterreich gelesen, der gesagt hat: „Ich will nicht, dass der Franz den Lois heiratet, damit sie den Sepp adoptieren können.“ (Beifall bei NEOS, SPÖ und Grünen.  Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich sage Ihnen etwas: Wenn der Landeshauptmann-Stellvertreter Haimbuchner das nicht will, dann gebe ich ihm den Tipp, einmal mit dem Lois und dem Franz zu reden. Viel­leicht klärt er das noch, vielleicht glaubt er ja, dass der Lois einen besseren Partner als den Franz hätte. Ich glaube aber nicht, dass der Staat sich einmischen sollte, ob Lois und Franz heiraten und unter Umständen dann auch den Sepp adoptieren. (Abg. Kickl: Warum wollen Sie dann am Standesamt, dass sich der Staat einmischen soll?) – Er kann das gerne nicht wollen, das ist in Ordnung, aber es ist nicht in Ordnung, dass der Staat Menschen vorschreibt, wie sie leben sollen. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Grünen.)

Wie bereits gesagt, ich habe bei der FPÖ keine Hoffnung. (Zwischenruf des Abg. Wal­ter Rosenkranz.  Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich hoffe in diesem Zusam­menhang immer noch auf die ÖVP, insbesondere auf Kollegen Schönegger, der ja meint, jeder soll unter Umständen auch seine Nachttischlampe heiraten können.

Meine lieben Damen und Herren von der ÖVP (anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ), wenn Sie das anders sehen und möchten, dass wir weiterhin diese Diskriminierung auf­rechterhalten, und wenn Sie weiterhin der Meinung sind, dass es im 21. Jahrhundert in Ordnung ist, dass man Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert, dann muss ich wieder mit einem Zitat von einem Politiker aus Ihren Reihen, einem kon­servativen Politiker, meine Ausführungen beenden: Das, meine Damen und Herren, ist alte Politik. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Grünen.)

15.10


Präsidentin Doris Bures: Die Redezeit der nun zu Wort gemeldeten Abgeordneten be­trägt 5 Minuten.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schieder. – Bitte, Herr Klub­obmann.

 


15.10.49

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Mi­nisterin! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuschauer! Das letzte Mal haben wir Sozialdemokraten gesagt, wir geben noch einmal eine Nachdenk­pause, um Positionen zu hinterfragen und vielleicht Überzeugungsarbeit zu leisten.

Die Überzeugungsarbeit ist angekommen, nämlich in Deutschland bei Angela Merkel (Zwischenruf des Abg. Mölzer), die doch immerhin die Diskussion freigegeben hat, die Ehe für alle dürfte in Deutschland kommen. Merkel wird in der „Süddeutschen Zeitung“ auch zitiert (eine Ausgabe der „Süddeutschen Zeitung“ in die Höhe haltend und daraus zitierend):


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„Ich möchte gerne die Diskussion mehr in die Situation führen, dass es eher in Rich­tung einer Gewissensentscheidung ist [...].“ (Abg. Kickl: Jetzt würd’ mich das echt in­teressieren, …!) – Das heißt, Angela Merkel, Vorsitzende der konservativen Partei in Deutschland, hat erkannt, dass diese Entscheidung von jedem Mandatar frei, wie er es hält, zu treffen ist. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Auch in Österreich gab es schon die Diskussion im konservativen Lager. Ich erinnere nur an Sepp Pröll, der damals mit der ÖVP-Perspektivengruppe genau diese Frage so be­antwortet hat: Die Homo-Ehe soll kommen. (Abg. Kickl: Gewissen ist der Kübel für al­les!) Ich möchte eines auch für alle, die dazwischenbrüllen, wie der Herr Kickl, sagen: Sexuelle Orientierung kann man sich halt nicht aussuchen. (Abg. Kickl: Sagen Sie uns, was Sie unter Gewissen verstehen!) – Ja, das kann ich Ihnen nachher sagen, wenn Sie keines haben, dann erkläre ich Ihnen nachher einmal, was Gewissen ist. Ich verstehe, dass Sie noch immer Ihr Gewissen suchen, Herr Kickl! (Beifall bei SPÖ, Grünen und NEOS. Abg. Kickl: Gewissen ist Willkür! Das ist die der SPÖ-Partie!) Aber Sie müs­sen eines wahrnehmen: Sexuelle Orientierung, ob man lieber heterosexuell oder homo­sexuell ist, sucht man sich nicht aus, sondern das ist eine Sache, in die die Menschen hineingeboren werden.

Wenn Menschen in eine Situation hineingeboren werden und damit gleichzeitig auch in eine Diskriminierung hineingeboren werden, dann ist das für diese Menschen eine sozial­politisch zutiefst schwierige Situation. (Beifall bei SPÖ, Grünen und NEOS.)

Es ist nicht leicht, homosexuell zu sein und das überall kundzutun, und es ist nicht leicht, wenn man gleichzeitig auch diskriminiert wird. Wir haben einen langen Weg zurückge­legt: Homosexualität war strafbar, Adoption war für Homosexuelle verboten, künstliche Befruchtung war für Homosexuelle verboten. Es gibt aber trotzdem noch immer Diskri­minierungen, die Ehe für alle löst die bestehenden Diskriminierungen.

Warum sollen Menschen, die zueinanderstehen, nicht auch – wenn zum Beispiel einer krank wird – füreinander da sein können? Warum geht das bei Homosexuellen nicht und bei Heterosexuellen schon? (Abg. Kickl: Ist das heute verboten?) Das ist der Punkt. Ich denke, die Ehe für alle nimmt niemandem – auch Ihnen nicht, Herr Kickl, Sie brau­chen keine Angst zu haben –, sie nimmt keinem Heterosexuellen irgendetwas weg. (Bei­fall bei SPÖ, Grünen und NEOS.) Es würde nur mehr Chancen für die anderen bedeu­ten. (Abg. Kickl: Herr Schieder, ...?!) – Hören Sie mir einmal zu! (Abg. Kickl: Herr Schie­der, warum denn nur zwei?!)

Wenn Sie mit der Frage kommen: Habt ihr keine anderen Sorgen?, dann sage ich Ih­nen: Wir Sozialdemokraten haben immer dann keine anderen Sorgen, wenn es um so­ziale Diskriminierung geht, denn wir wissen, hinter dem Eheverbot für Homosexuelle steht, dass die Leute sozial benachteiligt sind: Sie dürfen nicht füreinander da sein, sie dürfen nicht so leben wie alle anderen. Und das stört uns! (Neuerlicher Beifall bei SPÖ, Grünen und NEOS.)

Wir wollen, dass alle Menschen faire und gerechte Chancen haben. Und wir hoffen und appellieren, dass das, was in Deutschland jetzt auch möglich ist, dass jeder und jede Ab­geordnete in diesem Haus einfach so abstimmt, wie es für ihn und sie in dieser Frage richtig ist, hier heute einmal ausprobiert wird. (Abg. Walter Rosenkranz: Ist das leicht sonst nicht so?) Ich würde es mir wünschen, nicht weil ich finde, das ist eine Nebenfra­ge, sondern weil ich finde, Diskriminierung ist immer etwas, das wir Sozialdemokraten bekämpfen werden. (Beifall bei SPÖ, Grünen und NEOS.)

15.14


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stein­acker. – Bitte.

 



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15.14.45

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ge­schätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Menschen sind nicht gleich, und ihre Lebens­wege, wie wir wissen, sind es auch nicht. Wir haben deshalb in Österreich seit dem Jahr 2010 für unterschiedliche Lebensformen maßgeschneiderte Lösungen gefunden. (Ah-Rufe bei SPÖ und NEOS.)

Es gibt Regelungen mit dem Eingetragene Partnerschaft-Gesetz, das wir 2010 einge­führt haben. Jeder soll auf seine Weise Schutz und Unterstützung des Staates bekom­men, aber auch Verantwortung für sich und die Seinen übernehmen können.

Wir haben in den letzten Jahren – wie Sie wissen und wie wir es alle getan haben – mit verschiedensten Gruppierungen zahlreiche Gespräche geführt. Es war uns ein Anliegen, Diskriminierungen, nämlich Ungleichbehandlungen, die sachlich nicht gerechtfertigt sind, zu beseitigen. Aus diesem Grund haben wir gesetzlich geändert, was als diskriminie­rend empfunden wurde oder was als diskriminierend empfunden werden könnte. (Abg. Maurer: Ungleichbehandlung der Ehe?)

Wir haben im Dezember 2016 verschiedene Änderungen betreffend die eingetragene Partnerschaft im Personenstandsgesetz und im Namensrecht vorgenommen. Eingetra­gene Partnerschaften können nunmehr wie Ehen am Standesamt geschlossen werden und nicht wie früher bei den Bezirksverwaltungsbehörden. Außerdem wurde klargestellt, dass die eingetragenen Partner nunmehr auch einen Familiennamen führen können. Wie gesagt, wir haben die gesetzlichen Rahmenbedingungen an gesellschaftliche Entwick­lungen in dem Maß angepasst, wie wir seit 2010 eine Entwicklung gesehen haben. (Abg. Öllinger: Is’ eh a Lichtblick!)

Seit der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes ist die gemeinschaftliche Adop­tion auch für eingetragene Partner in Österreich möglich, was in Deutschland nicht der Fall ist.

Wie wir den Medien entnehmen können, sind derzeit verschiedene Beschwerden beim Verfassungsgerichtshof anhängig, die eine mögliche Verfassungswidrigkeit des Ehege­setzes zum Thema haben, weil gleichgeschlechtliche Partner die Ehe nach dem Ehe­gesetz nicht schließen dürfen, sondern für sie die Partnerschaft nach dem Eingetrage­ne Partnerschaft-Gesetz vorgesehen ist.

Wir gehen davon aus, dass der Verfassungsgerichtshof dieses Thema zeitnah ent­scheiden wird (Nein-Rufe bei der SPÖ), daher erachte ich es als sinnvoll (Zwischenruf des Abg. Scherak), dass wir im Parlament erst dann eine Regelung treffen, wenn über diese verfassungsrechtliche Frage eine Entscheidung unseres Verfassungsgerichtsho­fes vorliegt. (Abg. Schieder: Wer ist der VfGH?)

Damit ist auch klar, dass es zur aktuellen Vorgangsweise in Deutschland einen Unter­schied gibt, nämlich deswegen, weil in Deutschland am Bundesverwaltungsgericht ähn­liche Beschwerden nicht anhängig sind. Im Übrigen möchte ich in Richtung unseres Koa­litionspartners noch festhalten (Abg. Steinhauser: Das habt ihr ja beendet!), dass wir im Regierungsprogramm keine vereinbarte Vorgangsweise zur Abschaffung der einge­tragenen Partnerschaft haben (Zwischenrufe bei der SPÖ), auch nicht zur Änderung des Ehegesetzes.

Daher sage ich: Machen wir keine leeren Kilometer! Es ist derzeit nicht sinnvoll, sich mit der Abschaffung der eingetragenen Partnerschaft zu beschäftigen. Die Thematik ist beim Verfassungsgerichtshof anhängig und daher für uns nicht entscheidungsreif. – Dan­ke. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Kogler: Wer ist Gesetzgeber?)

15.17


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Stra­che. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 152

15.18.02

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Damen auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Also in Österreich gibt es ja bereits das Modell der eingetragenen Partnerschaft. Mit diesem Modell der eingetragenen Partnerschaft gibt es keine Diskriminierung mehr. (Abg. Stein­hauser: Ihr habt auch da dagegen gestimmt!)

All das, was immer wieder an Argumenten hervorgehoben wird: Es gibt das Besuchs­recht des Partners im Spital, es gibt das Erbschaftsrecht, es gibt die Mietrechtsübernah­memöglichkeit, also all diese Diskriminierungen der Vergangenheit sind längst nicht mehr gegeben. (Beifall bei der FPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Lugar.)

Die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe hingegen würde natürlich die Familien­strukturen aufweichen, und natürlich war das auch immer schon ein linkes Gesellschafts­modell, wo man einmal grundsätzlich immer etwas gegen die sogenannte Familie ge­habt hat. Die Familie war immer etwas, was sozusagen einem linken Gesellschaftsmo­dell zutiefst im Weg gestanden ist. (Zwischenruf des Abg. Scherak.)

Wahrscheinlich ist es auch die Absicht mancher oder einiger der Fraktionen – die sich hier entsprechend einbringen und versuchen, es auf ihre Fahnen zu heften und zu schrei­ben –, die Zerstörung der herkömmlichen Familie weiter voranzutreiben. (Abg. Königs­berger-Ludwig: Geh bitte! – Abg. Steinhauser: Blödsinn! Das Gegenteil ist der Fall!)

Das ist schon etwas, was ja in den linken Ideologieschulen immer wieder durchgekom­men ist, dass diese traditionelle Form der Ehe überholt ist. Manche wollen ja sogar die Abschaffung der traditionellen Form der Ehe.

Sie müssen sich einmal im Klaren darüber sein, was jetzt Ihr ideologisches Konzept ist. Ich habe ja in allen möglichen ideologischen Debatten von linker Seite oft gehört: fürch­terlich, diese Ehe, überholt, altvaterisch, die sollte eigentlich am besten abgeschafft wer­den.

Das ist ja auch das, was die HOSI – die Homosexuelle Initiative – interessanterweise for­dert. Die sagt ja, die traditionelle Form der Ehe ist fürchterlich, die wollen wir ja gar nicht und wir wollen auch gar keine Homosexuellen-Ehe, wir wollen am liebsten die Ehe ab­schaffen. Das ist das, was ich dort auch immer wieder wahrgenommen habe.

Irgendwie ist das ja alles ironisch, wenn man einerseits das Modell der Ehe immer wie­der denunziert und schlechtmacht und versucht, es als antiquiert und seit Jahren über­holt darzustellen, es dann aber auf einmal als ein fortschrittliches Modell darstellt. (Abg. Strolz – seinen Ehering am Finger zeigend –: Wir sind ja eh verheiratet!) – Da ha­ben Sie doch zum Glück irgendeine Entwicklung durchgemacht, das ist ja gut! Also of­fenbar ist die Ehe doch nicht so antiquiert, sondern ein fortschrittliches Modell.

Und Österreichs Gesellschaft ist ja mehr als offen für individuelle Lebensformen. (Zwi­schenruf der Abg. Königsberger-Ludwig.) Aber nicht jede Lebensgemeinschaft muss eine Ehe sein und kann eine Ehe sein. Wie gesagt, mit den gleichen Argumenten, die Sie heute hier vorbringen, könnten Sie genauso gut die Polygamie einfordern! (Ruf bei der SPÖ: Geh bitte!) – Warum sollte das Ganze bitte nur auf zwei Partner beschränkt bleiben? – Die Polygamie hat genauso Vorteile. Warum nicht gleich drei, vier Ehefrau­en? (Abg. Steinhauser: Ist das ein freundlicher Vorschlag? Schlägt das die FPÖ vor?) Oder warum nicht gleich dem politischen Islam entsprechen, auf dass man mehrere Frau­en heiraten kann? Ich meine, das ist ja dann der nächste Schritt – und dann sind wir bald bei der Kommune von Otto Muehl, die Sie so gerne gehabt haben. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Lugar.) Im Ideologiekonzept der Kommune von Otto Muehl stand ja angeblich das Kindeswohl im Vordergrund – und genau das Gegenteil war der Fall!

Außerdem leiden die traditionellen Familien nach wie vor unter steuerlichen Benachtei­ligungen – auch heute. Für Frauen ist zudem die Wahlfreiheit zwischen Kinderbetreu-


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ung und Beruf nach wie vor nicht gegeben. Die wenigsten Familien können es sich trau­rigerweise leisten, das die Mutter – wenn sie das überhaupt will – bei ihren Kindern blei­ben kann. Sie muss heute in der Regel arbeiten, denn sonst bringt man es gar nicht zu­stande, die Familie erhalten zu können. (Abg. Schieder: … psychologisch nicht wissen!) Und so lange man als Paar mit Kindern gegenüber Paaren ohne Kinder benachteiligt wird und es da keine Gleichstellung gibt, so lange sollte sich die Politik mit diesen zentralen Fragen der Gesellschaft befassen (Abg. Heinisch-Hosek: Themenverfehlung!) – und nicht mit einer Symbolpolitik, die ideologisch motiviert ist. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Lugar.)

Ich sage ja ausdrücklich: Da geht es nicht um eine alte oder neue Politik, da geht es um eine sinnvolle Politik, denn Sexualität und Liebe sind Privatsache. (Abg. Königsber­ger-Ludwig: Eben!) Das soll jeder handhaben und leben, wie er will. (Abg. Steinhau­ser: Eben!) Wir leben zum Glück in einer freien und liberalen Gesellschaft. (Beifall bei der FPÖ.) Jeder soll seine Sexualität privat so leben, wie er will, ja, da soll sich der Staat gar nicht einmischen. Genau darum geht es! Und das soll in einer freien Gesellschaft na­türlich jeder frei handhaben. (Abg. Steinhauser: Eben!)

Etwas ganz anderes ist aber die Frage, ob eine Gesellschaft eine bestimmte private Le­bensentscheidung gegenüber anderen Formen des Zusammenlebens privilegieren soll. Da reden wir dann über die Form der Ehe und darüber, warum sie gesetzlich so defi­niert ist, wie sie heute definiert ist, denn da gibt es ja einen Grund der Privilegierung. (Abg. Steinhauser: Nämlich?) Bei der Ehe handelt es sich natürlich um eine Privilegie­rung – keine Frage – gegenüber anderen Formen des nichtehelichen Zusammenlebens, die in allen Kombinationen möglich sind. Da geht es natürlich um Leistungen bei dieser Privilegierung, aber auch um Erwartungshaltungen des Gesetzgebers, die erklären, wa­rum es zu dieser Form gekommen ist. (Abg. Steinhauser: Nämlich?) Bei der Privile­gierung der Ehe ist die besondere Leistung für den Staat klar. Die Sonderstellung der Ehe zwischen Mann und Frau rührt ja auch in der Gesetzgebung daher, dass daraus eben Kinder hervorgehen können. (Beifall bei FPÖ und Team Stronach.) Das ist die Na­tur der Sache. Wir subventionieren ja nicht Sexualität – die soll jeder leben, wie er will –, sondern es geht um die Förderung und letztlich auch die Möglichkeit dessen, dass Kin­dern das Leben geschenkt wird, damit unsere Gesellschaft Zukunft hat. (Abg. Öllinger: Ja bitte!) Diese Form, wo Kinder ...

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Klubobmann, Sie müssen jetzt zum Schlusssatz kom­men!

 


Abgeordneter Heinz-Christian Strache (fortsetzend): Das wollen wir fördern, und so gesehen ist das der entscheidende Punkt.

Nun zu meinem Schlusssatz: Die eingetragene Partnerschaft gibt es, da ist keine Dis­kriminierung vorhanden, und ich sage, Sie sollten sich um wirkliche Probleme der Ge­sellschaft kümmern und nicht um solche Randnotizen. (Anhaltender Beifall und Bravo­rufe bei der FPÖ sowie Beifall beim Team Stronach.)

15.24


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.24.22

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist ja nicht der erste Fristsetzungsantrag zur Ehe für alle, aber heute ist etwas an­ders, und das freut mich. Die Sozialdemokratische Partei Österreichs wird den Fristset­zungsantrag mitbeschließen, und das ist ein Signal, das wirklich erfreulich ist, wofür ich mich auch bedanken will. Wir werden sehen, ob wir heute eine Mehrheit finden, aber ich finde es jedenfalls einen wichtigen Schritt, dass die SPÖ hier ihre bisherige Position


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aufgibt und mit uns mitstimmt. Das zeigt, dass Bewegung ins Parlament kommt. (Abg. Heinisch-Hosek: Wir waren schon immer für die Ehe für alle!) – Ich weiß schon, ihr wart immer dafür – ich will das korrekt sagen –, aber bisher wart ihr durch die Österrei­chische Volkspartei blockiert. Diese Blockade ist vorbei, das haben wir gestern schon dis­kutiert.

Bundeskanzlerin Merkel hat ein klares Signal gesetzt. (Abg. Strache: Merkel ist aber in vielen Belangen auch kein Vorbild!) Sie hat gesagt, diese Frage soll eine Gewissens­entscheidung sein, und Kollege Kickl hat gefragt, was denn das Gewissen ist. – Ja, was ist das Gewissen? Das Gewissen ist ein inneres Gerüst, das sagt, was Recht oder Un­recht ist (Beifall bei den Grünen), aber nicht im juristischen Sinn, sondern im Sinn von Gut und Böse – Sie wissen das als Philosoph. Jetzt frage ich Sie: Was ist an einer gleich­geschlechtlichen Ehe böse? Liebe Freiheitliche, erklären Sie mir das! Gehen Sie aus sich heraus! Was ist an einer gleichgeschlechtlichen Ehe böse? (Abg. Kickl: Moment ein­mal!)

Ich sag Ihnen, was gut daran ist. Gut ist, dass zwei Menschen zueinander stehen und einander lieben. (Zwischenrufe der Abgeordneten Walter Rosenkranz und Steinbich­ler.) Daher sagt das Gewissen, die Ehe für alle ist etwas Gutes, und deswegen ist es eine Gewissenentscheidung. (Beifall bei den Grünen.) Sie werden hier nicht erklären kön­nen, dass Ihr Gewissen sagt, dass Liebe zwischen zwei Menschen etwas Böses ist.

So: Worin besteht jetzt die Gewissensentscheidung im Konkreten? Es geht um die Fra­ge, ob Liebe gleich Liebe ist oder ob der Gesetzgeber werten und sagen soll, dass es ei­ne Form von Liebe gibt, die viel weniger wert ist, weil es nicht um Mann und Frau geht, sondern um Frau und Frau oder Mann und Mann.

Ist etwas Schönes, nämlich dass zwei Menschen aus Liebe füreinander Verantwortung übernehmen wollen, das Gleiche, wenn es zwei Männer oder zwei Frauen oder ein Mann und eine Frau sind? Ich sage, es ist das Gleiche. (Abg. Fekter: Sind Sie dann auch für die Kinderehe?) Daher wird eine Gewissensentscheidung in der Regel zu dem Schluss kommen, dass die gleichgeschlechtliche Ehe eine sinnvolle Maßnahme ist.

Nun aber noch zu den Argumenten von Klubobmann Strache. Erstens haben Sie ge­sagt, es gebe keine Diskriminierung mehr bei der eingetragenen Partnerschaft. – Das ist falsch: Es gibt zwei Dutzend Diskriminierungen. Zweitens finde ich es besonders iro­nisch – um Ihren Begriff aufzugreifen –, wenn sich die Freiheitlichen herausstellen und mit der eingetragenen Partnerschaft argumentieren. Sie haben damals gegen die einge­tragene Partnerschaft gestimmt. Sie sind gegen jede Gleichstellung, Sie sind homophob, so muss man das sagen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Strache schüttelt den Kopf.)

Sie schütteln den Kopf – Sie hätten damals dafür stimmen können, haben Sie aber nicht. Sie argumentieren, wir würden sagen, die traditionelle Ehe sei überholt. Ich würde mei­nen, die traditionelle Ehe braucht natürlich Reformen, aber solange die Ehe in dieser Form traditionell besteht, soll kein Unterschied gemacht werden, ob es sich um zwei Män­ner, zwei Frauen oder einen Mann und eine Frau handelt. Und ich sage Ihnen – Sie sa­gen, es ist Ironie, wenn man so argumentiert –, ich bin selber verheiratet. Es ist gar kei­ne Ironie. Ich finde es schön, wenn zwei Menschen füreinander Verantwortung überneh­men. (Abg. Stefan: Warum denn immer nur zwei?)

Und noch etwas zu den Kindern – das ist ein Argument, das von den Freiheitlichen ger­ne kommt. Sie wissen, dass dieses Argument nicht richtig ist. Sie wissen, dass in Ös­terreich zwei Personen verschiedenen Geschlechts auch dann heiraten und die Privile­gien der Ehe in Anspruch nehmen dürfen, wenn sie selbst aufgrund des Alters keine Kinder mehr zeugen können. Der Gesetzgeber unterscheidet hier nicht. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) – Das ist nicht der Punkt! Das ist eine Behauptung der Freiheitlichen Partei.


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Das Entscheidende ist: Der Staat soll nicht bewerten, ob es einen Unterschied gibt, wenn Menschen einander lieben. (Abg. Stefan: Warum immer nur zwei Personen? Es können einander auch mehr Personen lieben! – Abg. Strache: Otto Muehl lässt grü­ßen!) Der Staat soll einen modernen Rechtsrahmen zur Verfügung stellen. Und daher ist die Ehe für alle ein völlig legitimer Anspruch. Und wenn wir unserem Gewissen fol­gen, werden wir zu einem Ja kommen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

15.28

15.28.51

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Schie­der, Mag. Steinhauser, Dr. Scherak, Kolleginnen und Kollegen, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Scherak, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch ge­ändert wird, 498/A, eine Frist bis 19. September 2017 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Fristsetzungsantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abge­lehnt. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

15.29.41Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsidentin Doris Bures: Ich nehme die Verhandlungen über Punkt 19 der Tagesord­nung wieder auf.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Scherak. Ich erteile ihm das Wort, ma­che allerdings darauf aufmerksam, dass es nach seiner Wortmeldung – so wie es jetzt aussieht – gleich wieder zu einer Abstimmung kommen wird. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


15.30.13

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bundesministe­rin! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Ich möchte hier doch noch einmal fest­halten: Das ist diese neue ÖVP, die klatscht, wenn Menschen im 21. Jahrhundert wei­terhin diskriminiert werden. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Grünen.)

Jetzt zum Tagesordnungspunkt 19: Es geht ja – wir haben das vor der kurzen Debatte schon diskutiert – um die Weiterentwicklung der Bürgerkarte zur elektronischen ID. Ich halte das für eine sehr sinnvolle Maßnahme. Es geht insbesondere darum, dass wir die Verwaltung bürgernäher machen. Und – da hier Kritik vom Kollegen Stefan und von der Kollegin Maurer kam – solange es hier um Freiwilligkeit geht und man die Daten freiwil­lig zur Verfügung stellt und weiter eine Opt-out-Möglichkeit hat, halte ich das für sinnvoll. Ja, wir müssen auf die Daten aufpassen – ich glaube aber, dass das mit der aktuellen Weiterentwicklung sehr sinnvoll gestaltet ist. Der wesentliche Punkt ist die Freiwillig­keit. Die ist hier garantiert, und wir werden dem zustimmen.

In diesem Zusammenhang würde ich noch gerne einen Entschließungsantrag einbrin­gen, der sich damit auseinandersetzt, die Ungleichheit zwischen dem elektronischen Rechtsverkehr und postalischen Eingaben abzuschaffen. Es ist momentan skurrilerwei­se so, dass eine Eingabe bei Gericht über den Postweg durch das sogenannte Post­laufprivileg auch dann als fristgerecht eingebracht gilt, wenn sie noch spät am Abend zur Post gebracht wird, eine Eingabe über den elektronischen Rechtsverkehr bezie­hungsweise per E-Mail aber während der Amtsstunden erfolgen muss. Das konterka­riert die Logik des elektronischen Rechtsverkehrs natürlich vollkommen, und das könn­ten wir sehr einfach abschaffen.

Deswegen bringe ich folgenden Antrag ein:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Angleichung der Rechtzeitigkeitserfordernisse von mittels elektronischem Rechtsverkehr und E-Mail erfolgenden Eingaben mit auf pos­talischem Weg erfolgenden Eingaben

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundeskanzler wird aufgefordert, so rasch wie möglich einen Gesetzesentwurf vor­zulegen, der sicherstellt, dass mittels ERV und E-Mail gemachte Eingaben an Behör­den und Verwaltungsgerichte in Hinblick auf die Rechtzeitigkeit ihres Einlangens gleich behandelt werden wie postalisch gemachte Eingaben.“

*****

Das ist eine sinnvolle Maßnahme, die dazu führt, dass wir noch bürgernäher sind, dass der elektronische Rechtsverkehr weitaus mehr Sinn bekommt und man in Zukunft
auch gleichzeitige Rechtzeitigkeitserfordernisse hat. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Matznetter.)

15.32


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Kol­leginnen und Kollegen betreffend die Angleichung der Rechtzeitigkeitserfordernisse von mittels elektronischem Rechtsverkehr und E-Mail erfolgenden Eingaben mit auf posta­lischem Weg erfolgenden Eingaben

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag (2227/A) der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das E-Government-Ge­setz geändert wird (1765 d.B.) – TOP 19

Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 03. März 2014, G106/2013 ausgesprochen, dass es verfassungskonform ist, wenn es bei schriftlichen Anbringen, die einem Zustelldienst zur Übermittlung an die Behörde übergeben werden, auf den Zeit­punkt des Einlangens bei der Behörde nicht ankommt, weil die Tage des Postlaufes nicht eingerechnet werden, bei der Einbringung eines Anbringens im Wege des elek­tronischen Rechtsverkehrs aber schon. Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes ist eine gesetzliche Unterscheidung zwischen postalischen Sendungen und elektronischen Sendungen gerechtfertigt. Er verweist in dieser E auch auf § 13 Abs 5 AVG, demnach die Behörde nur während der Amtsstunden verpflichtet ist, schriftliche Anbringen ent­gegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten.

In seiner Entscheidung vom 17. November 2015, Zl. Ra 2014/01/0198 hat der VfGH ausgesprochen, dass auch elektronische Eingaben an das Bundesverwaltungsgericht innerhalb der Amtsstunden einlangen müssen, anderenfalls diese als verspätet zurück­gewiesen werden können, wobei hier auch die GO des BVwG eine Rolle spielt, welche sich das BVwG selbst gibt.

§ 21 Abs 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes bestimmt nun, dass nach Maßga­be der technischen Möglichkeiten Rechtsanwälte sowie Steuerberater und Wirtschafts­prüfer zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet sind.


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§ 33 Abs 3 AVG (das sogenannte Postlauf - Privileg) legt fest, dass es für die Ein­haltung der Frist genügt, wenn eine Eingabe an eine Behörde am letzten Tag der Frist bei der Post aufgegeben wird - wodurch es im Normalfall nicht an diesem Tag während der Amtsstunden bei der Behörde einlangt und somit ohne die Regelung des § 33 Abs 3 AVG verspätet wäre.

Vor dem Hintergrund der zitierten Normen und Entscheidungen zeigt sich erheblicher Re­formbedarf des Rechtzeitigkeitsregimes im verwaltungsbehördlichen und -gerichtlichen Rechtsverkehr.

Das durch die zitierten Normen zum Ausdruck gebrachte Regime konterkariert die Vor­teile, den Sinn und Zweck des ERV. Eine Vereinfachung und Erleichterung des Rechts­verkehrs tritt hierdurch gerade nicht ein. Zudem ist für den Rechtsanwender und Rechts­unterworfenen wohl schwer nachvollziehbar, warum die Teilnahme am ERV einen fak­tischen fristenmäßigen Nachteil gegenüber dem Postweg hat.

Der ERV muss den Rechtsverkehr erleichtern und vereinfachen und darf nicht nachtei­lig sein. Gleiches gilt für die Eingabe via E-Mail in den Fällen, in denen sie grundsätz­lich zulässig ist und sie einer analogen Einbringung gleichkommt. Ebensowenig wie im Falle der ERV-Eingabe sind die unterschiedliche Rechtzeitigkeitserfordernisse hier sach­gemäß.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundeskanzler wird aufgefordert, so rasch wie möglich einen Gesetzesentwurf vor­zulegen, der sicherstellt, dass mittels ERV und E-Mail gemachte Eingaben an Behör­den und Verwaltungsgerichte in Hinblick auf die Rechtzeitigkeit ihres Einlangens gleich behandelt werden wie postalisch gemachte Eingaben.“

*****

15.32.31

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Mag. Ste­fan, den Gegenstand an den Verfassungsausschuss rückzuverweisen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1765 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein entsprechendes Zei­chen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Mag. Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend E-Government.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 158

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen schließlich zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Scherak, Dr. Wittmann, Mag. Gerstl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Angleichung der Rechtzeitigkeitserfordernisse von mittels elektronischem Rechtsver­kehr und E-Mail erfolgenden Eingaben mit auf postalischem Weg erfolgenden Eingaben.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 216.)

15.34.1220. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2169/A der Ab­geordneten Josef Muchitsch, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz ge­ändert wird (1686 d.B.)

21. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2138/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kostendämp­fung bei der Zuwanderung durch Asylwerber und Asylanten im Sozialstaat Öster­reich (1687 d.B.)

22. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2228/A der Ab­geordneten Josef Muchitsch, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Ar­beitsinspektionsgesetz 1993, das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Beam­ten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz und das Arbeitsplatz-Sicherungs­ge­setz 1991 geändert werden (ArbeitnehmerInnenschutz-Deregulierungsgesetz) (1689 d.B.)

23. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2215/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Herstel­lung von mehr Verbindlichkeit bei der Gefahrenevaluierung bei schwerer Lasten­handhabe (1690 d.B.)

24. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2234/A der Ab­geordneten Josef Muchitsch, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geän­dert wird (1691 d.B.)

25. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2128/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung ei­nes transparenten Lohnzettels (1692 d.B.)

 



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Präsidentin Doris Bures: Somit gelangen wir nun zu den Tagesordnungspunkten 20 bis 25, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


15.35.53

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsident! Werte Da­men und Herren vor den Fernsehgeräten und hier herinnen! Wir haben hier als ersten Tagesordnungspunkt ein Gesetz, das einen etwas holprigen Namen trägt: Bundesge­setz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert wird. Für alle Zu­seherinnen und Zuseher sei gesagt, dass dieses Gesetz unter dem Namen „Aktion 20.000“ wahrscheinlich viel eher bekannt ist, weil schon medial immer wieder darüber geschrieben worden ist.

Was soll sie denn sein, die „Aktion 20.000“? Die Idee klingt einmal relativ gut. Man sagt, man möchte mit dieser „Aktion 20.000“ eben 20 000 Arbeitslose – Langzeitarbeitslose, die über 50 sind – wieder in den Arbeitsprozess zurückbringen.

Das ist an und für sich ein sehr positives und unterstützenswertes Ansinnen, aber die Frage ist gleich: Wie wollen wir das denn anstellen? Und wenn man sich dann an­schaut, wie diese „Aktion 20.000“ ablaufen soll, dann ist das alles schon nicht mehr ganz so positiv, denn hier sollen 20 000 Personen über 50 auf Arbeitsplätze gesetzt wer­den, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt. Das heißt, hier sollen entweder irgendwelche Arbeitsplätze geschaffen werden, die man nicht braucht, die es nicht gibt – auch für die Betroffenen ist es nicht besonders erfreulich, wenn sie eine Arbeit tun, die es gar nicht gibt, also wieder nur Zeit totschlagen –, oder aber sie verdrängen Arbeitskräfte, was be­deutet, es wird auf der anderen Seite Arbeitslosigkeit produziert.

Der Herr Bundesminister hat uns im Ausschuss erklärt, er möchte diese Arbeitskräfte beispielsweise in der Pflege einsetzen. Ich glaube, Pflege ist eine hoch qualifizierte Be­schäftigung, und frage mich, wer das tun soll. Gibt es bereits Umschulungen? – Das konnte er nicht wirklich bejahen.

Oder die Arbeitsplätze werden in den Gemeinden geschaffen. Der Herr Minister bedankt sich zwar bei den Bürgermeistern, aber es ist auch nachvollziehbar, dass jeder Bürger­meister froh sein wird, wenn er einen zusätzlichen Gemeindearbeiter hat, für den er nichts bezahlen muss. No na net wird jeder diese Arbeitskraft nehmen. Die Frage ist nur: Was lösen wir damit aus? Wenn ich diesen neuen Mitarbeiter beispielsweise für Gartenarbeiten in den Gemeinden einsetze, werden die regionalen Gärtnereien natür­lich diesen Job verlieren. Das heißt, hier setzen wir auf der anderen Seite Arbeitsplätze aufs Spiel.

In Wirklichkeit passiert wieder das, was wir diesen beiden Regierungsparteien seit Jah­ren vorwerfen, nämlich dass sie versuchen, Österreich in einen riesengroßen sozioöko­nomischen Betrieb umzubauen. Sie versuchen jetzt, hier mit irgendwelchen Geldern et­was umzuschichten, nur um zwei Jahre lang irgendwo die Arbeitslosenstatistik ein biss­chen zu beschönigen. Das kann nicht Sinn der Sache sein! Eigentlich sollte man her­gehen und sich darum bemühen, dass man diese Menschen wirklich wieder in den Ers­ten Arbeitsmarkt hineinbekommt, indem man aber auch schaut, dass man die Lohnne­benkosten senkt. Und damit meine ich nicht irgendeine Senkung um 0,001 Prozent oh­ne Auswirkung – nein! –, sondern man muss schauen, dass man hier wirklich die Lohn­nebenkosten senkt, dass man es für die Arbeitgeberseite, also für die Unternehmen, auch möglich macht, ältere Arbeitskräfte – die ja durchaus einen reichen Erfahrungs­schatz haben – wieder einzustellen. All das wird hier nicht getan. Stattdessen versucht man mit einer weiteren Aktion, den Menschen Sand in die Augen zu streuen.


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Und was passiert dann nach den zwei Jahren? – Dann ist diese Aktion ausgelaufen und diese Langzeitarbeitslosen sind gleich wieder in der Arbeitslosigkeit, denn nicht ein Einziger davon wird in den Ersten Arbeitsmarkt übertreten können, weil es keine richti­gen Arbeitsplätze sind. Genau das ist die Problematik. Das heißt, hier wird Geld in ein System hineingepulvert, das überhaupt nicht funktioniert. Das wissen Sie doch alle ganz genau! Herr Bundesminister, das ist das, was wir Ihnen zum Vorwurf machen. Sie set­zen diese „Aktion 20.000“ nur deshalb an, weil Sie endlich die Arbeitslosenstatistik ver­schönern möchten. Das ist zwar aus Ihrer Sicht nachvollziehbar, aber es ist unehrlich – vor allem den Menschen gegenüber. (Beifall bei der FPÖ.)

Den Menschen ist die Wahrheit zumutbar! Warum ist denn die Arbeitslosigkeit so hoch? Schauen Sie sich die Ursachen dafür einmal an! – Da wäre die Entsenderichtlinie – man hört seit Jänner nichts mehr. Im Jänner haben Sie groß verkündet, Sie werden einen Brief nach Brüssel schreiben. Ich weiß nicht: Haben Sie ihn abgeschickt, wurde er dort überhaupt zur Kenntnis genommen, ignoriert, gab es eine Antwort? Es ist nichts in die­ser Hinsicht geschehen!

Sie haben keine Chance genutzt, zu schauen, dass Sie beispielsweise eine sektorale Schließung des Arbeitsmarktes zustande bringen. Das blocken Sie alles ab! Es kom­men zahlreiche Arbeitskräfte aus den östlichen Nachbarstaaten. Österreich ist natürlich auch aufgrund seiner geografischen Lage ganz besonders stark betroffen. Da braucht es halt auch einmal einen Arbeits- und Sozialminister, der in Europa auch wirklich für die Österreicherinnen und Österreicher eintritt (Beifall bei der FPÖ), und nicht einen, der immer nur grinst und lächelt und freundlich ist und dann sagt: Ist halt so, nehmen wir zur Kenntnis.

Das ist der falsche Weg, so werden wir nicht zur Lösung des Problems kommen. Da können Sie die „Aktion 20.000“ so oft setzen, wie Sie wollen, die Arbeitslosigkeit wird weiter steigen. Es sind eben genau diese Personen, die weiterhin verdrängt werden. Da müssen Sie endlich den Hebel ansetzen, Herr Bundesminister! (Beifall bei der FPÖ.)

15.41


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.

 


15.41.10

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Sehr ge­schätzter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann na­türlich auch alles schlechtreden (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Man kann auch alles gutreden!), aber ich möchte klarstellen: Wir haben in Österreich sinkende Arbeitslo­senzahlen und keine steigenden! (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ja, aber bei den über 50-Jährigen? Bei den über 50-Jährigen steigt sie!) Wir haben in Österreich eine Re­kordbeschäftigung. Unsere wirtschaftliche Situation ist besser als der Durchschnitt Eu­ropas und unser Wirtschaftswachstum ist besser als jenes in Deutschland. (Abg. Bela­kowitsch-Jenewein: Also alles gut?)

Fakt ist: Wir haben 3,5 Millionen Menschen auf dem Arbeitsmarkt (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Alles gut?), so viele wie noch nie zuvor. Davon sind aber – und jetzt kom­men weitere Fakten, Frau Kollegin – eine Million Menschen in instabilen Beschäftigungs­verhältnissen. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Prekären!) Mit „instabilen“ meine ich, sie haben nicht die Chance, die Sicherheit zu haben, dass sie durchgehend beschäftigt sind. Das sind größtenteils Saisonarbeitskräfte im Tourismus, in der Bauwirtschaft, das sind aber auch Menschen – und das ist jetzt diese Gruppe; mehr als 50 000 Menschen –, die langzeitarbeitslos sind, die es seit mehr als zwölf Monaten nicht mehr geschafft haben, in der Wirtschaft einen Job zu erhalten. Und um genau diese Gruppe geht es und genau dieser Gruppe wollen wir helfen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jeder hier in diesem Saal und auch jeder, glaube ich, zu Hause vor dem Fernsehschirm kennt irgendeine betroffene Frau, irgend-


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einen betroffenen Mann, die/der unzählige Bewerbungen geschrieben hat, 50 Jahre oder älter ist, länger als zwölf Monate arbeitslos ist und keine Chance auf einen Job be­kommt. In der Regel ist es dann immer so, dass man als Betroffener zwischen AMS, Krankenversicherung und Pensionsversicherung hin- und hergeschickt wird. Es heißt: Für die Pension sind Sie zu jung, für die Wirtschaft sind Sie aber halt leider in vielen Fällen zu alt.

Und genau mit dieser Aktion tun wir etwas für diese Menschen, indem wir das große Ziel erreichen wollen, dass wir die Arbeitslosigkeit bei den Menschen 50 plus halbieren. Ja, wir nehmen dafür Geld in die Hand, und wir schaffen mit diesem Geld Anreize für Gemeinden, für gemeinnützige Trägervereine und für gemeinnützige soziale Unterneh­men.

Gehen wir das an! Machen wir es, geben wir diesen Menschen eine Chance. Ich kenne viele Beispiele, wo Gemeinden schon jetzt aktiv sind. Wenn das heute beschlossen wird, soll ich dem Bürgermeister in Eibiswald eine SMS schicken mit dem Inhalt, dass die Be­schäftigungsaktion durch ist, weil er jetzt schon fünf Leute auf der Liste hat – mit dem AMS abgeklärt – und endlich in seiner Gemeinde im Sinne seiner Bevölkerung Dinge ma­chen kann, die sich die Gemeinde bisher nicht geleistet hat oder auch nicht machen konnte.

Genau das wollen wir: Wir wollen alle Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aufrufen, hier mitzutun und sich entsprechend zu beteiligen. Und Sie werden sehen, Frau Abge­ordnete, wir werden die Arbeitslosenstatistik nicht schönen, sondern wir werden jene Men­schen in Beschäftigung bringen, die es wirklich brauchen. Wir werden zusätzliche Ar­beitsplätze schaffen.

Herr Bundesminister, mit dieser Aktion hast du eine Brücke gebaut: eine Brücke für je­ne Menschen, die damit wieder eine Chance haben, in den Ersten Arbeitsmarkt zu­rückzukommen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.44


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte.

 


15.44.46

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Ja, auch wir Grüne begrüßen den heutigen Beschluss der „Aktion 20.000“. Das da­für eingesetzte Geld ist gut und zielgerichtet investiert. Ältere Arbeitslose brauchen Un­terstützung, und die bekommen sie jetzt durch diese Möglichkeit, über dieses spezielle Programm wieder in den Arbeitsmarkt einzusteigen.

Einen kleinen Wermutstropfen sehen wir dabei allerdings, nämlich dass das Projekt auch in Kooperation mit gemeinnützigen Arbeitskräfteüberlassern, also quasi gemeinnützi­gen Leiharbeitsfirmen, gemacht werden kann. Das muss man wirklich genau beobach­ten und schauen, wie sich das auswirkt. Ich denke, es gäbe bessere Möglichkeiten, ei-ne nachhaltige Integration am Arbeitsmarkt wirklich zu fördern, als eben an Leiharbeits­firmen zu vermitteln beziehungsweise dort einen Arbeitsplatz zu schaffen.

Ein zweiter Punkt, auf den keiner meiner Vorredner bis dato eingegangen ist, ist das ArbeitnehmerInnenschutz-Deregulierungsgesetz. Dieses Gesetz enthält Verbesserun­gen beim Nichtraucherschutz, aber auch andere sehr bedenkliche Punkte. Ganz kon­kret geht es etwa um eine Verlängerung der Intervalle zwischen der Arbeitsplatzbege­hung. Diese Verlängerung wird sowohl von der AUVA als auch von der Österreichischen Gesellschaft für Arbeitsschutz als höchst bedenklich eingestuft.

Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht, dass unter dem Deckmäntelchen einer vermeintlichen Deregulierung Arbeitsschutz in Österreich geschwächt wird. Wir Grüne gehen da einfach nicht mit! Das, was wir aber sehr wohl wollen, ist eine Modernisie-


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rung des Arbeitsschutzes. Ich vermisse hier Initiativen, mit denen man auf die digitali­sierte Arbeitswelt verstärkt eingeht – Crowdworking, Cloudworking. Da ist das Thema Ar­beitsschutz ein großes Fragezeichen, das Sie dringend angehen müssen. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Aber nicht nur in diesen modernen Bereichen gibt es Lü­cken im Arbeitsschutz, sondern auch in klassischen Tätigkeitsfeldern. Und dazu habe ich einen Antrag eingebracht, der von Ihnen im Ausschuss abgelehnt wurde. Konkret geht es darum, dass bis heute eine Verordnung fehlt, die die Grenzwerte bezüglich der Handhabung von schweren Lasten definiert.

In § 72 Abs. 2 des Arbeitsschutzgesetzes wird vorgeschrieben, dass Sie, Herr Minister, eine solche Verordnung erlassen. Das Fehlen dieser Verordnung bedeutet ganz kon­kret, dass es keine Grenzwerte für das Heben schwerer Lasten gibt.

Herr Minister, Sie haben im Ausschuss gesagt, das Problem wird sozusagen dadurch bearbeitet, dass bei der individuellen Arbeitsplatzevaluierung darauf Rücksicht genom­men wird. Aber dazu muss ich sagen:

Erster Punkt: Wenn in einem Gesetz drinsteht, Sie haben eine Verordnung zu erlas-
sen, liegt es eigentlich nicht in Ihrem Ermessen, zu sagen: Wir brauchen die Verordnung nicht! – Dazu haben wir Gesetze.

Zweiter Punkt: Bei der Arbeitsplatzevaluierung wird der Arbeitsplatz evaluiert, und es geht eben nicht um die einzelne Person. Es gibt ja vielleicht drei oder vier Personen auf diesem Arbeitsplatz, und nicht alle haben dieselbe körperliche Fähigkeit zum He­ben schwerer Lasten. Das heißt, das Problem wird so nicht gelöst.

Abschließend möchte ich Sie einfach auf Folgendes hinweisen: Gut eine Million Be­schäftigte in Österreich hat regelmäßig mit schweren Lasten zu tun. Ein Drittel aller Kran­kenstandstage erfolgt aufgrund von Erkrankungen des Muskel- und Skelettapparates. Und über 11 000 Arbeitsunfälle – 11 000! – passieren jährlich durch das Hantieren mit schweren Lasten. Da kann man nicht einfach sagen, wir haben das eh alles im Griff, wir brauchen die Verordnung nicht. Bitte widmen Sie sich diesem Problem doch ernst­hafter! (Beifall bei den Grünen.)

15.48


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.

 


15.49.00

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! Der beste Garant dafür, dass die Arbeitslosigkeit zurückgeht, ist ein steigendes Wirtschaftswachstum. Wir haben in den letzten Monaten wieder positive Signale, was das Wachstum anlangt, und daher ist die Arbeitslosigkeit in Österreich auch rückläufig, und das ist sehr positiv zu bewerten.

Dennoch stehen wir in einzelnen Bereichen vor großen Herausforderungen. Die Gene­ration der über 50-Jährigen ist ein solcher Bereich. Wir kennen das ja auch von unse­ren Sprechtagen, wo Menschen zu uns kommen, die uns ihr persönliches Schicksal mit­teilen, die mit über 50 Jahren den Job verloren haben, aus welchen Gründen auch im­mer, die 60, 70, 80 Bewerbungsschreiben hinter sich haben, zahlreiche Vorstellungsge­spräche, aber schlicht und einfach auf dem Arbeitsmarkt nicht unterkommen.

Deshalb sagen wir von der Volkspartei auch Ja zu dieser „Aktion 20.000“, die sicherlich Geld kostet, wir sind aber der Meinung, dass dieses Geld richtig investiert ist, denn es geht um ältere Menschen, die mindestens ein Jahr arbeitslos und über 50 Jahre alt sind und die de facto keine bis gar keine Chancen haben, am Arbeitsmarkt unterzukommen. Diesen Menschen wollen wir helfen, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)


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Es ist uns von der ÖVP aber wichtig, dass mit den Mitteln, die hier eingesetzt werden, so sorgsam wie möglich umgegangen wird. Daher begrüßen wir es, dass letzten Endes die Beiräte des Arbeitsmarktservice vor Ort in den Bezirken die Verantwortung über­nehmen, wenn sozusagen Projekte oder Personen gefördert werden. Ich halte das für sehr entscheidend.

Wir sehen auch, dass die Maßnahmen, die wir in diesem Bereich umgesetzt haben – sei es die Eingliederungsbeihilfe, die es gibt, oder auch die Entfernungsbeihilfe –, grund­sätzlich greifen und zu einer Verbesserung der Situation insgesamt beitragen.

Wichtig ist noch, Folgendes zu erwähnen: Es ist eine Evaluierung angedacht, die En­de 2018 durchgeführt werden soll. Es ist ein neues Instrument, das wir hier einführen, daher ist es jedenfalls notwendig, eine genaue und umfassende Evaluierung durchzu­führen, um zu sehen, ob wir mit diesen Projekten erfolgreich sind, ob die Unterstützung wirkt und wir den arbeitslosen Menschen, die älter als 50 Jahre sind, auch wirklich den Rücken stärken und unter die Arme greifen konnten.

Ich sehe es jedenfalls als ein gutes, wichtiges Instrument. Wir haben uns auch im Re­gierungsprogramm damals im Jänner darauf verständigt und gesagt: Ja, wir gehen das an, wir wollen gemeinsam ein Signal setzen. – Heute beschließen wir es im Hohen Haus, im Sinne eines Rückgangs der Arbeitslosigkeit und um jenen Menschen helfen zu kön­nen, die schon lange auf Arbeitssuche sind und aufgrund ihres Alters am Arbeitsmarkt nicht unterkommen können.

Diesen Sinn hat dieses Gesetz. Es ist als Überbrückung für zwei Jahre zu sehen. Da­nach hoffen wir, dass das Wirtschaftswachstum in Österreich so ausgestattet sein wird, dass die Menschen selbst in der Lage sind, einen Job zu finden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.52


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Loacker. – Bitte.

 


15.52.40

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! 778 Millionen € soll diese „Aktion 20.000“ kosten. Es werden also 20 000 ältere Arbeitslose auf – wie ich immer sage – Posten ohne Arbeit gesetzt, denn die Plätze in Österreich sind gekehrt, die Rasen gemäht und die Bäume geschnitten. Was diese 20 000 Leute in den Gemeinden tun, ist nach wie vor ein Geheimnis.

Man bekommt dann solche Antworten wie: Sie können in einer Schule administrative Arbeiten, wie zum Beispiel Kopien machen, übernehmen. – Aha! Wie jedoch jemand von der Tätigkeit des Kopienerstellens in einer Schule in den Ersten Arbeitsmarkt über­führt werden soll, bleibt ein Rätsel. Niemand wird durch diese „Aktion 20.000“ aus der Arbeitslosigkeit in den Ersten Arbeitsmarkt geführt.

Gleichzeitig haben wir so viele offene Stellen wie noch nie. Die Firmen suchen hände­ringend nach Leuten. Die Schwierigkeit liegt darin, dass die Menschen, die auf dem Ar­beitsmarkt sind, nicht das können, was die Betriebe brauchen.

Oft sind diese Menschen schon sehr lange arbeitslos. Wir haben es mit 50 000 zu tun, die über 50 Jahre alt und langzeitarbeitslos sind. Aber wie wollen Sie mit so einer Ak­tion 40 Prozent dieser Personen in sinnvolle Jobs bringen? Das wird nicht gehen, denn vermutlich sind die Arbeitslosen nicht dort, wo ihre Jobs sind, die Sie auftreiben. Das wird nicht funktionieren.

Kollegin Schatz hat richtigerweise ausgeführt, dass dies über Leiharbeit gemacht wird. Es ist auch ganz logisch, dass es mit Arbeitskräfteüberlassung gemacht werden muss, denn die Gemeindebedienstetengesetze lassen es nicht zu, dass sich die Gemeinde


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nach zwei oder vielleicht drei Jahren – oder wann immer diese Aktion ausläuft – im We­ge der Kündigung wieder von diesen Mitarbeitern trennt. Dies zeigt auch wieder ein­mal, wie verrückt das Dienstrecht im öffentlichen Dienst ist.

Nicht ausreichend wird an der Qualifizierung dieser Leute gearbeitet. Man müsste viel mehr danach trachten, mit Einstellungsbeihilfen oder Kombilöhnen zum Ziel zu kommen. Es wird nicht darauf geachtet, dass die Menschen gar nicht erst in Langzeitarbeitslosig­keit abrutschen.

Wir bräuchten ein Arbeitslosengeld, das im Zeitverlauf sinkt, nach zwei Jahren ausläuft und in die Mindestsicherung übergeht, sodass wir die zwei sozialen Sicherungssyste­me zu einem zusammenführen. Wenn die Menschen wissen: Ich kann mich hier eine Zeitlang auf die Gemeinschaft verlassen, aber nicht auf Dauer auf hohem Niveau, dann suchen sie auch schneller wieder Arbeit.

Wir lösen gar kein Problem. Die Statistik wird nur kaschiert, und damit ist den Men­schen kein Gefallen getan. Kommt man auf einen Posten ohne Arbeit, dann ist dies ebenso erniedrigend, wie gar keine Arbeit zu haben. Wenn man irgendwo nicht ge­braucht wird, ist das ein Am-Schmäh-Führen der Leute. – Leider. (Beifall bei den NEOS.)

15.55


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Königsberger-Lud­wig. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


15.55.45

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! – Ja, Gerald Loacker, es sind 778 Millionen €, die gut investiert werden, nämlich in Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind.

Man muss schon wissen, geschätzte Damen und Herren, dass der Verlust eines Ar­beitsplatzes für die betroffenen Menschen und oftmals auch für deren Familien schwer­wiegende Folgen hat. Es kommt zu Einkommensverlusten, zur Armutsgefährdung bis hin zur Existenzgefährdung. – Das ist der eine Punkt.

Der andere Punkt ist, dass Arbeitslosigkeit auch immer am Selbstwert der Menschen knabbert, weil in unserer Gesellschaft der Wert der Arbeit ein sehr hoher ist, weshalb natürlich der Selbstwert, wenn man von Arbeitslosigkeit betroffen ist, geschmälert wird. Im Besonderen trifft das für langzeitarbeitslose Menschen zu.

Auch wenn, wie wir heute schon gehört haben, die Arbeitslosigkeit jetzt sinkt, hat die­ses Phänomen – das wurde ebenfalls schon angesprochen – in einer Altersgruppe lei­der noch nicht Einzug gehalten, und zwar bei Menschen über 50 Jahren. Menschen über 50 sind noch immer häufig von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen. Ich bin überzeugt davon, dass man das nicht hinnehmen kann. Da muss man hinschauen und etwas da­gegen tun.

Die Initiative von Bundesminister Stöger, die „Aktion 20.000“ – davon bin ich einfach überzeugt –, wird dazu führen, dass Menschen, die von Langzeitarbeitslosigkeit betrof­fen und älter als 50 Jahre alt sind, wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden kön­nen. Sie werden sinnstiftende Arbeit bei Gemeinden, bei gemeinnützigen Vereinen und auch bei gemeinnützigen Unternehmen finden. Ich bin überzeugt davon, dass wir heu­te mit dieser Maßnahme Verantwortung übernehmen, wo vielleicht der Markt – wenn ich das so sagen darf – versagt. Wir geben damit vor allem Menschen wieder Hoffnung und Zuversicht, wir geben ihnen Arbeit und Selbstwert zurück.

Da kann man aus meiner Sicht einfach nicht dagegen sein. Ich appelliere an die Kol­leginnen und Kollegen der Oppositionsparteien: Übernehmen Sie Verantwortung! Zei­gen Sie auch für jene Menschen Empathie und unterstützen Sie die „Aktion 20.000“!


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Dann wird sie hundertprozentig ein Erfolg für jene werden, die Politik für die Menschen in unserem Land machen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.57


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Ing. Dietrich. – Bitte.

 


15.58.05

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzte Frau Präsident! Ge­schätzter Herr Minister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Mit 50 arbeitslos zu werden, ist mit Sicherheit ein ausgesprochen schwieriges Schicksal, einfach deshalb, weil es in dieser Altersklasse schwer ist, wieder einen Job zu erhalten.

Ich gebe meiner Kollegin recht, es hat mit Menschenwürde zu tun, es hat mit Selbst­wert zu tun. Seitens der Gesellschaft ist alles zu unternehmen, um diese Menschen wieder in den Arbeitsprozess zu bringen. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Doppler.)

Die Herangehensweise, die jetzt von der Regierung gewählt wurde, nämlich dass man Jobs schafft, die gar keine Jobs sind, die gar keine Jobs sein dürfen, weil man ja kei­nem anderen einen Arbeitsplatz wegnehmen darf, ist aber aus unserer Sicht der ab­solut falsche Weg. (Abg. Königsberger-Ludwig: Das stimmt ja nicht!) Der Zeitpunkt wurde deshalb gewählt, weil wir Wahlen haben. Wir haben Wahlen, und das soll ein Wahlzuckerl sein. Aus diesem Grund gibt man den Menschen Hoffnung, die in Wirk­lichkeit keine Hoffnung sein kann. (Beifall beim Team Stronach.)

Hoffnung wäre, wenn wir es schaffen könnten, diese Leute wieder in den Ersten Ar­beitsmarkt zu integrieren, ihnen eine reelle Chance zu geben, dass sie dort bleiben kön­nen, denn dass Ihr Projekt keine reelle Chance ist, zeigt sich schon daran, dass es nach zwei Jahren evaluiert werden soll. Es ist nur auf zwei Jahre, nämlich auf jenen Abschnitt, in dem die Wahlen stattfinden sollten, begrenzt.

Meine geschätzten Damen und Herren, bei fast jeder Firma ist ein Schild: Wir suchen Mitarbeiter. – Gehen wir doch diesen Weg: Machen wir ältere Arbeitskräfte für die Fir­men attraktiver! Bemühen wir uns, die Wiedereinstiegsförderungen zu erhöhen! Sehen wir zu, dass wir die Lohnnebenkosten für ältere Arbeitnehmer, die langzeitarbeitslos wa­ren, senken! Geben wir ihnen eine reelle Chance, am Ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fas­sen! Machen wir nicht solche Pseudoaktionen, wo Unmengen von Steuergeld verschleu­dert werden! – Danke. (Beifall bei Team Stronach und NEOS.)

16.00


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Stöger zu Wort gemel­det. – Bitte, Herr Minister.

 


16.00.28

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Alois Stöger, diplômé: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen, liebe Zuseher! Ich war in meinem beruflichen Leben schon mehrmals dabei, wenn in internationalen Kon­zernen den Menschen gesagt wurde, der Betrieb werde geschlossen.

Ich habe Menschen in Unternehmen erlebt, in denen ein Konkurs stattgefunden hat. Man hat Menschen bei einer Betriebsversammlung in die Augen gesehen, für die eine Welt zusammengebrochen ist, weil das Unternehmen oder eine Abteilung geschlossen wurde und immer die älteren Arbeitnehmer jene waren, die ganz besonders betroffen wa­ren.

Wir sind heute in einer Zeit, in der es uns gelungen ist, mit unseren Investitionen – In­vestitionen auch in den Gemeinden – Arbeitsplätze zu schaffen. Daher haben wir eine rückläufige Arbeitslosenstatistik, und das ist gut so. (Abg. Kassegger: Leicht sinkend!) Wir sehen positive Entwicklungen, nur eine Gruppe, nämlich die Gruppe der Älteren, hat es am Arbeitsmarkt ganz besonders schwer.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 166

Sie haben es deshalb schwer, weil es so manche Vorurteile auch bei Personalchefin­nen und Personalchefs gibt, die nicht akzeptieren, dass man die Erfahrung, die Ältere einbringen, auch bezahlen muss. Sie können es nicht akzeptieren, dass möglicherwei­se ein Arbeitnehmer kommt, der älter als der Abteilungsleiter ist, weshalb sie Ältere nicht aufnehmen wollen. Es gibt solche Kriterien, das geben manche Personalchefinnen und Personalchefs auch zu.

Daher ist es mir so wichtig, dass wir diesen Menschen, die älter als 50 sind, eine Chan­ce geben. Christian Kern hat das in seinem Plan A ganz klar gesagt. Wir geben diesen Menschen die Würde zurück, indem wir Arbeitsplätze dort schaffen, wo sie auch ge­braucht werden.

Ich sage es immer sehr deutlich: Hier im Großen sind diese 20 000 Menschen eine Zahl. Wenn wir sie in den Gemeinden sehen, wenn wir bei den Bürgermeisterinnen und Bür­germeistern sind, dann haben diese Menschen ein Gesicht. Ich möchte diesen Men­schen ein Gesicht geben und die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister stärken, dass sie die Betätigungsmöglichkeiten erkennen. Ich bedanke mich bei jeder Bürgermeis­terin, bei jedem Bürgermeister, die oder der nachdenkt und sich fragt: Wo in der Ge­meinde habe ich Tätigkeiten, die die Gesellschaft eigentlich braucht, wo möchte ich ei­nen professionellen Arbeitsplatz schaffen? Wir unterstützen diese Tätigkeit. Wir wollen, dass dort die Arbeitskraft, die Arbeitsleistung eingesetzt werden kann und die Würde dieser Menschen wieder hergestellt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Das sind Arbeitsplätze in Gemeinden, bei Sozialhilfeträgern, bei sozialen Vereinen. Wir werden in neun Pilotprojekten lernen. Ich sage es noch einmal: Wir lernen im nächsten halben Jahr von den neun Pilotprojekten in jedem Bundesland, wir werden diese Erfah­rung auch einbringen, wenn wir die Aktion am 1. Jänner 2018 in ganz Österreich aus­rollen.

Ich bedanke mich für die Zustimmung, denn es ist so wichtig, dass wir für diese Ziel­gruppe, nämlich für ältere Menschen über 50, auch Entsprechendes tun.

Ich möchte auch den zweiten ganz wichtigen Bereich ansprechen, den wir heute auf der Tagesordnung haben, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz. Es gibt Menschen, die sich ein Zeitguthaben erarbeitet haben und dieses verlieren, wenn ihr Unternehmen in Konkurs geht. Zeitguthaben sind nicht gesichert. Wenn wir Flexibilisierung wollen – und wir wollen das –, dann müssen wir diese Flexibilisierung auch gesetzlich absi­chern. Heute tun wir dies, indem wir die Zeitguthaben der Menschen, die Überstunden, die sie gemacht haben, im Falle eines Konkurses auch sichern. Das bedeutet Sozial­politik! – Herzlichen Dank für Ihre Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

16.05


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. – Bitte.

 


16.05.11

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Mit älteren Menschen respektvoll umzugehen, mit Älteren wert­schätzend umzugehen, liegt uns ganz besonders am Herzen. Deshalb beschließen wir heute vielversprechende Beschäftigungsaktionen für Ältere, und zu meiner großen Freu­de wird und soll es uns heute auch gelingen, den ungerechten Pflegeregress abzu­schaffen.

Es ist ein guter Tag für Senioren, meine Damen und Herren, und nicht nur für Senio­ren, sondern für alle Generationen, denn Kinder und Enkelkinder leiden genauso, wenn sie in kritische Situationen kommen, wenn sie vielleicht das Haus verkaufen müssen, um die Pflege der Mutter im Pflegeheim finanzieren zu können. Damit muss Schluss sein. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)


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Respektvoller und wertschätzender Umgang mit älteren Menschen, das brauchen wir in der Pflege und genauso auf dem Arbeitsmarkt. Dazu beschließen wir die Beschäfti­gungsaktion 20 000, denn es sind dramatische Schicksale, wenn ältere Menschen ihre Jobs verlieren. Der Herr Minister hat es angeführt: 50 000 Menschen sind älter als 50 und ein Jahr oder länger arbeitslos. Sie brauchen dringend Hilfe. Über gemeinnützige Trägervereine, in Gemeinden, auch in Unternehmen wird der Staat zwei Jahre lang Jobs fördern.

Geschätzte Kollegin Dietrich, es werden sich immer Jobs finden, es wird immer Arbeit geben, Tätigkeiten, die man sich derzeit nicht leisten kann, die dann aber erfüllt werden können. Auch da ist klar: 20 000 Jobs kann der Staat nicht auf Dauer finanziell fördern, das heißt, es muss die Chance geben – und wir hoffen, dass es gelingt –, all diese Men­schen oder die meisten von ihnen auch auf dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt un­terzubringen. Das heißt, diese Menschen sollen die Chance bekommen, wieder in der freien Wirtschaft Fuß zu fassen. Deshalb ist diese Aktion so wichtig.

Genau so erfreulich und ein besonderes Anliegen ist uns der Beschäftigungsbonus, der ja auch beschlossen werden soll. Damit ersparen sich Unternehmer Lohnneben­kosten, es ist eine Win-win-Situation für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Meine Damen und Herren, es ist sehr wichtig, dass wir mit Älteren würdevoll und re­spektvoll umgehen, dass wir sie tatkräftig unterstützen, wieder Jobs zu finden, dann wird ihr Selbstwertgefühl wieder steigen. Darauf warten die Menschen, dazu ist die Politik da, das ist dringend notwendig. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.08


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


16.08.32

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Wer­te Kollegen! Ich möchte mich heute auf einen Antrag beziehen, den wir im letzten So­zialausschuss zum Thema Asylwerber, Asylberechtigte und Kostendämpfungsmaßnah­men eingebracht haben. Er hat doch einige Diskussionen im Ausschuss nach sich ge­zogen.

Ich möchte das Anliegen kurz erklären, es unterteilt sich in zwei Maßnahmen. Die erste Maßnahme besagt, dass Asylberechtigte in der Grundversorgung bleiben sollen und nicht mehr Anspruch auf die Mindestsicherung haben. Die zweite Maßnahme bezieht sich darauf, dass Asylberechtigte, die einen Arbeitsplatz gefunden haben, 10 Prozent an Sondersteuern bezahlen, um die Kosten des Asylverfahrens den Steuerzahlern auch wieder zurückzugeben.

Ich möchte aber doch einen historischen Vergleich heranziehen, ein Zitat, das Sie ver­mutlich kennen, und zwar: „Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst.“ Das sollte man auch im Bereich der Zuwanderung von diesen Menschen verlangen dürfen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich versuche seit mehreren Jahren eindringlich, vor allem SPÖ und ÖVP von der Kos­tenlawine zu überzeugen beziehungsweise vor ihr zu warnen. Es sind mittlerweile alle Prognosen eingetroffen. Wir geben im Asylbereich, im Zuwanderungsbereich aktuell rund 3,5 bis 4 Milliarden € pro Jahr aus, und das – ich sage es bewusst noch einmal – bei ei­ner Rekordarbeitslosigkeit, Herr Minister. Wir haben immer noch zwischen 400 000 und 500 000 Arbeitslose. Wir haben 340 000 Personen in der Mindestsicherung, mehr als die Hälfte davon aus dem Asylbereich.

Ich habe ganz aktuelle Zahlen zum Thema Notstand mit, zu dem ich mit Kollegen Mu­chitsch immer wieder Diskussionen führen muss. Vielen Dank, Herr Minister Stöger, für


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 168

die Anfragebeantwortung! Der Kreis der Bezieher von Notstandshilfe hat sich in den letzten fünf Jahren von 113 000 auf 182 000 nahezu verdoppelt. 182 000! Doppelt er­schreckend ist das, wenn man den Hintergrund kennt. Notstandshilfe bekomme ich an sich nur, wenn die AMS-Unterstützung nach 12 Monaten ausläuft. Wir haben aktuell – die Zahlen von 2016 – 25 000 Bezieher aus Drittstaaten, 15 000 Bezieher aus dem EU-Ausland und knapp 2 000 Asylberechtigte, die bereits in der Notstandshilfe sind! Das heißt, wir haben nicht nur rund 180 000 Asylberechtigte in der Mindestsicherung, son­dern jetzt kommt noch ein neues Feld dazu, die Notstandshilfe. (Abg. Königsberger-Ludwig: Das heißt, sie haben auch eingezahlt!) Diese Zahlen, Herr Minister, sind er­schreckend. Das sollten Sie bitte in der Diskussion auch immer dem Steuerzahler erklä­ren, denn diese Milliarden haben wir einfach nicht.

Ganz kurz noch eine Zahl, und zwar: Die Bezugsdauer der Notstandshilfe, Herr Minis­ter, hat sich von im Durchschnitt zwei Jahre auf mittlerweile drei Jahre erhöht. Leider ha­be ich nicht mehr viel Zeit, um das auszuführen.

Conclusio der ganzen Geschichte auch im Hinblick auf die Lawine von Schwarzafri­kanern, die in Italien Richtung Brenner ziehen: Bitte stoppen wir diesen Zuzug! Er ist dem österreichischen Sozialsystem nicht zumutbar. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.12


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hechtl. – Bitte.

 


16.12.14

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte auf diesen – man kann es wirklich so sagen – großen Wurf und die einmaligen Maßnahmen eingehen, denn so etwas hat es in diesem Um­fang meines Wissens noch nicht gegeben.

Geschätzte Damen und Herren! Wir haben hohe Arbeitslosenzahlen, obwohl wir den höchsten Beschäftigungsstand haben. Wie gesagt, wir haben leider eine Arbeitslosen­zahl, die viel zu hoch ist. Jeder Arbeitslose ist ein Arbeitsloser zu viel, und da müssen wir geeignete Maßnahmen setzen. Wir haben in der Vergangenheit bereits Maßnahmen in diesem Bereich gesetzt, und es ist erfreulich, dass diese Maßnahmen bereits positi­ve Wirkung gezeitigt haben. Wir haben jetzt um 60 000 Arbeitslose weniger als noch vor einiger Zeit. Wir haben einen wesentlichen Rückgang bei der Jugendarbeitslosigkeit. Wir haben aber offenbar – und das muss man auch feststellen – diese positive Entwicklung bei jenen, die 50 Jahre und älter sind, sprich: den Langzeitarbeitslosen, nicht.

Die Maßnahme, die wir jetzt beschließen, soll genau dahin gehend wirken, dass wir je­ne, die 50 Jahre und älter sind beziehungswiese langzeitarbeitslos sind, wieder in den ersten Arbeitsmarkt hineinbekommen. Dafür stellen wir finanzielle Mittel im Ausmaß von 778 Millionen € zur Verfügung, und das sind Mittel, die sehr, sehr gut angelegt sind. Damit geben wir ihnen wieder eine Chance und auch die Würde zurück. Wir dürfen diese Menschen in ihrer Situation nicht allein lassen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Diesner-Wais.)

Vielleicht noch eine Bemerkung zum Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das geändert wird: Ja, das ist eine wichtige Maßnahme. Bis jetzt war es so: Wenn eine Firma in Kon­kurs gegangen ist, waren die Forderungen, die sechs Monate davor entstanden sind, noch gesichert. Nunmehr sind auch jene Forderungen für Mehrstunden und Überstun­den, die vor diesen Zeiträumen liegen und in diesem Zeitraum – sechs Monate vor In­solvenzeröffnung – nicht in Entgelt abgegolten wurden oder im Zeitausgleich verbraucht werden konnten, im Insolvenzfonds gesichert. Es ist meines Erachtens nur gerecht und richtig, dass wir das so beschließen.

Einen weiteren Punkt möchte ich, obwohl die Zeit schon vorgeschritten ist, noch er­wähnen, weil er heute auch zur Beschlussfassung kommt: Wir beschließen heute nicht


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 169

nur den Beschäftigungsbonus, sondern auch die Hepatitis-A-und-B-Impfung für die Frei­willigen Feuerwehren. Wir alle wissen, was die Freiwilligen Feuerwehren in Österreich für die Gesellschaft tun. An dieser Stelle ein besonderer Dank allen Feuerwehrkamera­dinnen und -kameraden! Das sind 330 000 in Österreich, es sind zirka 90 000, 100 000 in meinem Bundesland Niederösterreich und in meinem Bezirk an die 6 000. Ein herzli­ches Danke auch dem Landesfeuerwehrkommandanten von Niederösterreich und dem Bezirksfeuerwehrkommandanten von Neunkirchen, die sich in dieser Angelegenheit sehr engagiert haben.

Herr Bundesminister, es ist eine wichtige Maßnahme, dass wir die Freiwilligen Feuer­wehren in die Risikogruppe aufnehmen. – Ein Gut Wehr und Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.15


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


16.15.21

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit)|: Frau Präsidentin! Herr Mi­nister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Hechtl, es stimmt, dass wir die Feuerwehren unterstützen müssen, es ist gut, dass sie in die Ri­sikogruppe aufgenommen werden, aber den Anstoß dazu hat Herr Abgeordneter Dopp­ler mit seiner Anfrage gegeben. Daraufhin wurde natürlich mobil gemacht und es wur­den auch dementsprechende Aktionen gesetzt. Das ist auch richtig und gut so, denn die Feuerwehr leistet hervorragende Arbeit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Damit komme ich wieder zurück zu den Ta­gesordnungspunkten 20 bis 25. Die Aktion 20 000 ist ein wichtiger Versuch, lieber Jo­sef Muchitsch. Ob es gelingen mag, schauen wir mal. Es ist aber auch richtig – und wir haben uns ja in der Zwischenzeit verständigt –, was die 50 plus betrifft. Es ist auch ein Versuch, weil das notwendig ist, und ich weiß selbst aus meiner Erfahrung und aus meiner Tätigkeit, wie schwierig es für Menschen über 50 ist, wieder einen entsprechen­den Job zu bekommen. Das ist ein großes Problem. Mein Vorredner hat es angespro­chen. Er hat gesagt, dass die Menschen Tränen in den Augen haben, meine Damen und Herren. Und genau diese Tränen müssen wir trocknen, damit der Mensch wieder Zuversicht bekommt, und daher bin ich auch dankbar, dass diese Maßnahmen gesetzt werden.

Ich nehme nun aber auch Stellung zum Antrag von Kollegen Kickl „betreffend Kosten­dämpfung bei der Zuwanderung durch Asylwerber und Asylanten im Sozialstaat Öster­reich“. Die Budgetzahlen von 2016 sind längst um ein Vielfaches übertroffen. Für das Jahr 2016 wurden vom Finanzministerium die durchschnittlichen Kosten für einen Flücht­ling mit 10 427 € angegeben; die Kosten sind in Wirklichkeit um ein Vielfaches höher. Allein für die Grundversorgung wurden circa 420 Millionen € ausgegeben, 75 Millio­nen € für Integrationsmaßnahmen. 70 Millionen € für Arbeitsmarktservice-Maßnahmen. Immer neue Projekte, immer neue Kosten! Wer soll das bezahlen?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Länder, aber speziell auch die Gemein­den wissen nicht mehr, wie sie ihr Budget erstellen sollen. Wir haben einige Bürgermeis­ter im Haus, und die wissen sehr wohl, dass es große Belastungen für die Kommunen gibt, und die sind fast nicht mehr zu bewältigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist daher ein richtiger Ansatz: Die Geld­leistungen für Asylwerber, Asylberechtigte müssen sofort eingeschränkt werden. Versor­gen ja, aber mit Sachleistungen, meine sehr geehrten Damen und Herren! – Danke schön. (Beifall des Abg. Gerhard Schmid sowie beim Team Stronach.)

16.18


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Diesner-Wais. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 170

16.18.15

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Mi­nister! Meine Damen und Herren! Ja, Arbeit ist für das Bestreiten des Lebensunter­halts, aber auch für den Selbstwert etwas ganz Wichtiges, und so haben wir heute den Beschäftigungsbonus und jetzt die Aktion 20 000 gerade für ältere Arbeitslose, die es besonders schwer haben, wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, eine Arbeit zu finden. Die Langzeitarbeitslosenquote soll mit diesem Projekt halbiert werden, und das ist eine gute Sache. Es soll in jedem Bundesland zunächst einmal ein Pilotprojekt ge­ben, das geplant und dann natürlich evaluiert wird. Besonders wichtig ist, dass man das Ganze auch hinterfragt und dann 2018 eben bundesweit ausrollt. Ja, wir haben schon gehört, dass das primär gemeinnützige Jobs auf Gemeindeebene sein sollen, und wir nehmen dafür 778 Millionen € in die Hand. Die sind wirklich gut investiert.

Als Zweites möchte ich mich noch für die Verringerung der Bürokratie für Unternehmen einsetzen, die ganz wichtig ist, denn weniger ist oft viel mehr. Es ist dringend notwen­dig, die Unternehmen ein bisschen von der Flut der Bürokratie zu entlasten, und das ArbeitnehmerInnenschutz-Deregulierungsgesetz ist hiezu ein Beitrag, durch den Auf­zeichnungs- und Meldepflichten entrümpelt werden. Die überbordenden Vorschriften und Regulierungen sind oft ein Hemmschuh für die Betriebe und damit verbunden natürlich auch für das Wirtschaftswachstum. Deswegen brauchen die Betriebe wieder mehr Frei­räume, denn damit bleibt dann mehr Zeit für ihre Kernaufgabe, und das ist gut so. (Bei­fall bei der ÖVP.)

16.20


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte.

 


16.20.21

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Zum Antrag betreffend Kostendämpfung bei Zuwanderung durch Asylwerber: Das Flüchtlingsproblem stellt für den Bund mit seinem ausgeprägten So­zialsystem eine nicht unerhebliche Herausforderung dar. Asyl stellt jedoch kein Recht auf Dauer dar, sodass ein langfristiger Aufenthalt auf österreichischem Bundesgebiet nicht ohne Gegenleistung erfolgen kann.

Die asylwerbenden Fremden sind zum Großteil als Wirtschafts- und noch viel mehr als Sozialflüchtlinge zu bezeichnen, wobei auch die ausgeprägten Bildungsdefizite und die mangelnde Integrationsbereitschaft einen hohen finanziellen Aufwand erfordern. Es gilt als erwiesen, dass die Zuwanderung aus rein wirtschaftlichen und sozialpolitischen Grün­den nicht abgeschlossen ist, sodass finanzielle Gegenmaßnahmen das Gebot der Stun­de sein müssen, um das Sozialsystem mit Rücksicht auf die heimische Bevölkerung nicht einer Unfinanzierbarkeit auszusetzen.

Die im Entschließungsantrag 2138/A(E) ausgewiesenen Finanzmittel erscheinen kei­nesfalls nachvollziehbar. Diverse Anfragebeantwortungen zeichnen ein Bild mit einem Mehrfach-Multiplikator, sodass eher von Gefahr in Verzug ausgegangen werden muss. Der Umgang mit Asylwerbern, asylberechtigten sowie schutzberechtigten Personen ist dem Grunde nach reformbedürftig. In Österreich haben die Freiwilligkeit und das Eh­renamt einen sehr hohen Stellenwert. Das System darf nicht überbelastet werden. Wenngleich die Beschäftigung einen wesentlichen Beitrag zur Integration leistet, stellt unbezahlte Arbeit durch Asylwerber einen Gegenwert zu erbrachten staatlichen Leis­tungen dar. Die Verpflichtung zu einem Sozialen Jahr ist begrüßenswert, allerdings zu wenig. Vielmehr sollte die Leistungsdauer an die Dauer des Asylverfahrens beziehungs­weise die Mitwirkung des Asylwerbers geknüpft werden.

Eine Umstellung auf Sachleistungen stellt einen vertretbaren Weg dar, der als erziehe­rische Maßnahme auch durch ein geringes Taschengeld begleitet werden sollte. Lang-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 171

zeitarbeitslosigkeit heimischer Arbeitskräfte verbietet den Zugang von Flüchtlingen zum heimischen Arbeitsmarkt. Ich finde, das ist gut so.

Österreich allein kann die Flüchtlingswelle nicht bewältigen. Die Bevölkerung ist zu Recht verunsichert. Wenngleich der Europäischen Union bisher weitreichendes Versagen vor­zuwerfen ist, ist das Problem ohne EU jedoch nicht lösbar. – Danke. (Abg. Hammer: Bravo!)

16.23

16.23.22

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 20: Entwurf be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geän­dert wird, samt Titel und Eingang in 1686 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diesen Gesetzentwurf aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit.

Wir gelangen sogleich zur dritten Lesung.

Wer stimmt in dritter Lesung dem Gesetzentwurf zu? – Das ist die Mehrheit. Damit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 21: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1687 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für die Kenntnisnahme? – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen ferner zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 22: Entwurf betref­fend ArbeitnehmerInnenschutz-Deregulierungsgesetz samt Titel und Eingang in 1689 der Beilagen.

Wer spricht sich für diesen Gesetzentwurf aus? – Das ist die Mehrheit.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Ge­setzentwurf ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen des Weiteren zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 23: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1690 der Beilagen zur Kennt­nis zu nehmen.

Wer ist für diese Kenntnisnahme? – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 24: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1691 der Beilagen.

Wer sich für diesen Gesetzentwurf ausspricht, den bitte ich um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dem Gesetzentwurf die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 172

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 25: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1692 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für die Kenntnisnahme dieses Berichtes stimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag auf Kenntnisnahme ist mit Mehrheit angenommen.

16.26.2126. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2241/A der Ab­geordneten Josef Muchitsch, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungs­gesetz und das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz 1957 geändert werden (1693 d.B.)

27. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2202/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend arbeits- und sozialrechtliche Vereinfachungen für Unternehmen im Baubereich (1694 d.B.)

28. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2203/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ab­schaffung des Überbrückungsgeldes (1695 d.B.)

29. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2233/A der Ab­geordneten Josef Muchitsch, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhege­setz und das Apothekengesetz geändert werden (1696 d.B.)

30. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2046/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Be­darfsgerechte (Jahres)-Arbeitszeit nach Schweizer Modell“ (1697 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zu den Punkten 26 bis 30 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte.

 


16.27.54

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Ich würde sagen, es war eine sehr eigenartige Debatte, die wir da im Ausschuss zum Themenkomplex, Antragskomplex Bauwirtschaft, Bauarbeiter hatten. Sie war auf­grund der wirklich unfassbaren Redebeiträge des Abgeordneten Loacker eigenartig und schwierig, aber darauf werde ich später noch eingehen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 173

Meine Damen und Herren, ich finde es gut, dass durch Veränderungen bei der Mel­dung von TeilzeitarbeiterInnen am Bau Lohn- und Sozialdumping weiter erschwert und damit auch weiter bekämpft wird.

Das Überbrückungsgeld für Bauarbeiter wieder abzuschaffen, wie Abgeordneter Loa­cker das möchte, halte ich für eine völlig unnachvollziehbare Forderung. Was genau wollen Sie denn mit älteren Bauarbeitern tun, die nicht mehr in der Lage sind, am Bau zu arbeiten? Die haben dann als Alternative nur mehr die Invaliditätspension, und Sie sind der Erste, der schreit, wenn die Zahlen bei der Invaliditätspension nach oben ge­hen.

Jetzt ist Ihnen offenbar nach der Debatte im Ausschuss selbst klar geworden, dass Sie da nicht ganz optimal liegen und bringen einen Entschließungsantrag ein, in dem Sie verstärkte Initiativen, Möglichkeiten im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik für diese Zielgruppe wollen. Das finde ich auch interessant. Rein den Antragstext kann ich ja un­terstützen, aber das ist auch wieder lustig, denn wer ist denn der Erste, der, wenn wir zu größeren arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen greifen und dafür auch Geld brau­chen, sagt, dass das gar nicht sinnvoll ist? – Das sind auch wieder die NEOS! Insofern merkt man, dass Ihnen die Sache peinlich war, aber wirklich stringent ist das nicht. Sie haben offenbar nichts übrig für Menschen, die ihr Leben lang schwer arbeiten und dann körperlich so kaputt sind, dass sie einfach nicht mehr können. Das wurde in der Debat­te im Ausschuss ganz klar.

Meine Damen und Herren, ein paar Worte möchte ich noch zum Thema Arbeitszeit für in Apotheken Beschäftigte sagen. Da ist uns die Entscheidung sehr schwergefallen, denn natürlich ist das vorliegende Gesetz eine Verbesserung der derzeitigen Situation, aber trotzdem werden damit Arbeitszeiten festgeschrieben und legitimiert, die wir an sich ablehnen.

Eine 60-Stunden-Woche oder 25-Stunden-Dienste sind nicht nur für die Betroffenen ei­ne enorme Belastung, sondern aufgrund der damit einhergehenden Übermüdung sind solche Arbeitszeiten auch ein Risiko für die PatientInnen beziehungsweise die KundIn­nen von solchen in Apotheken beschäftigten Menschen, weil diese einfach aufgrund der Übermüdung Fehlentscheidungen treffen können und dadurch womöglich Fehlleistun­gen passieren. Da können wir leider nicht mit. (Beifall bei den Grünen.)

16.31


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.

 


16.31.15

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geschätzte Damen und Herren! Es wird Sie nicht überraschen, ich werde zur BUAG-Novelle Stellung beziehen. Kollegin Schatz hat das richtig ausgeführt: Was Kollege Loacker hier und im Sozialausschuss ausgeführt hat, war unter der Gürtellinie, unter jeder Wertschätzung für Menschen, die in diesem Land Schwerarbeit verrichten. Es ist für mich unverständlich, dass die NEOS dieser Novelle nicht zustimmen können.

Wir beschließen heute eine Gesetzesänderung, mit der wir die Teilzeitbeschäftigung am Bau in den Griff bekommen wollen und werden. Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wenn von 130 000 Arbeitern 9 400 Arbeiter auf Baustellen teilzeitbeschäf­tigt sind, dann stimmt da etwas nicht.

Wenn man sich die Statistiken näher anschaut – ohne jetzt gegen den Datenschutz ver­stoßen zu wollen –, dann muss man sagen: Wenn ein österreichischer Baumeister in Niederösterreich 26 Arbeiter gemeldet hat und davon 25 teilzeitbeschäftigt sind, dann stimmt da etwas nicht, denn: Auf Baustellen geht man nicht am Mittwoch um 12 Uhr nach Hause, weil man 20 Stunden gemeldet ist.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 174

Wenn ein Parkettleger in der Steiermark von 35 Arbeitern 27 teilzeitbeschäftigt hat, wenn ein Fliesenleger in Salzburg 18 Arbeiter hat und alle 18 teilzeitbeschäftigt sind und wenn ein Trockenbauer in Wien 20 Arbeiter hat und alle 20 teilzeitbeschäftigt sind, dann stimmt da etwas nicht.

Geschätzter Kollege von den NEOS, in anderen Dingen magst du recht haben, aber im Bereich Soziales und Sozialpolitik bist du weit entfernt von jeder Realität; das haben wir im Ausschuss gesehen. Da mag es auch noch so schön sein, dass du jetzt einen an­deren Antrag einbringst. Denn: Dieser dein Entschließungsantrag ist meiner Meinung nach ein Feigenblatt und nichts anderes, weil die Praxis eine andere ist.

Wenn ein Asphaltierer im Sommer bei 30 Grad neben dem Asphalt arbeiten muss, dann hat es dort nicht 30 Grad, sondern 50 bis 60 Grad. Da kann man keinen Schalter installieren und die Sonne zurückdrehen! Wenn im Winter ein Abbrucharbeiter bei Mi­nusgraden Abbruchtätigkeiten durchführt, gibt es auch keinen Schalter, mit dem man die Temperatur hinaufdrehen kann, damit es wärmer wird.

Diese Menschen brauchen eine Sonderregelung. Diese Menschen haben Sonderbe­stimmungen, und diese Sonderbestimmungen sind in der BUAK verankert. Für diese Sonderregelungen gibt es Bausozialpartner, die diese Menschen dementsprechend ver­treten und denen es nicht wurscht ist, ob sie die Pension erreichen oder nicht. Genau deshalb: Unterstützen Sie diesen Antrag! (Beifall bei der SPÖ.)

16.34


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Loacker. – Bitte.

 


16.34.12

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Wenn der wunde Punkt getroffen ist, dann wird es ein bisschen intensiver. Der Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping soll intensiviert werden, das ist richtig und das kann man auch so umsetzen, doch es kommen wieder Regelungen, die die heimi­schen Unternehmen belasten und die Bauwirtschaft in ihrer Konkurrenzfähigkeit schä­digen.

Diese Tendenz sieht man bei der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse ver­schiedentlich. So kommt jetzt eine Sonderregelung für eine Altersteilzeit hinein, die an­ders als jene für alle anderen Arbeitnehmer ist. Es gibt ja schon ein Frühpensionie­rungsmodell namens Überbrückungsgeld ab einem Alter von 58,5 Jahren. Die Bauwirt­schaft hat sich auch erfolgreich aus dem Bonus-Malus-System für ältere Arbeitnehmer geschlichen. Das muss man schon auch einmal sagen.

Dazu kommt ein kompliziertes Verrechnungssystem mit der Kasse, das für die Betriebe sehr bürokratisch ist. Dinge müssen mehrfach gemeldet werden – an die GKK und an die BUAK –, da könnte man einiges vereinfachen, und auch dazu steht heute ein An­trag zur Abstimmung.

Natürlich kann man das gut finden, wenn diese Kasse so viele Sonderleistungen hat, aber man muss auch überlegen, ob es nicht Alternativen dazu gibt, denn diese Sonder­leistungen muss auch jemand bezahlen. Die Sonderleistungen der BUAK verteuern das Bauen, zum Beispiel für die öffentliche Hand als Einkäuferin von Bauleistungen, aber na­türlich auch für jeden, der ein Eigenheim baut und für den deswegen dann im Endeffekt der Wohnbau teurer wird. (Zwischenruf des Abg. Muchitsch.)

Selbstverständlich ist Arbeit am Bau besonders hart. Selbstverständlich ist das ein Be­ruf, den man in vielen Fällen nicht ein Leben lang ausüben kann. Die Lösung dafür kann es aber nicht sein, dass man den Menschen sagt, sie sollen irgendwann zwischen 50 und 55 vom Arbeitsmarkt verschwinden, nämlich bis man sie sich körperlich hat kaputt­arbeiten lassen und sie mit einer wesentlich niedrigeren Lebenserwartung vom Arbeits-


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markt wegschickt, sondern man muss frühzeitig Umschulungsangebote setzen. Statt ih­nen zu sagen: Bleib in dieser gesundheitsbelastenden Tätigkeit, dann kannst du früher gehen!, müsste man schauen, welche Angebote man finden kann, dass diese Menschen rechtzeitig in Berufe kommen, die körperlich nicht so belastend sind und die sie bis zum Pensionsalter ausüben können. (Abg. Muchitsch: Zur Bank! Abg. Belakowitsch-Je­newein: Als Bankmitarbeiter oder was?)

Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umquali­fizierungsmöglichkeiten für Arbeitnehmer_innen in gesundheitsgefährdenden Tätigkeits­feldern

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wird aufgefordert, ak­tive arbeitsmarktpolitische Instrumente zu etablieren, die präventiv und frühzeitig Um­schulungen von Arbeitnehmer_innen in gesundheitsbeeinträchtigenden Berufen ermög­lichen, um damit späteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorzubeugen und eine längere Erwerbstätigkeit zu ermöglichen.

*****

Man kann versuchen, an nachhaltigen Lösungen zu arbeiten. Man kann sich auch gleich persönlich angegriffen fühlen und auf stur schalten. Wir haben uns für Ersteres ent­schieden. (Beifall bei den NEOS.)

16.37


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Umqualifizierungsmöglichkeiten für Arbeitnehmer_innen in gesundheitsge­fährdenden Tätigkeitsfeldern

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2203/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Abschaffung des Überbrückungsgeldes – TOP 28

Die Beschäftigungsquote der Altersgruppe 55-64 Jahre liegt bei nur 23%, und damit um mehr als 10 Prozentpunkte unter dem EU-Durchschnitt. Die EU-Kommission stellt fest, dass die gegenwärtigen Vorruhestandsregelungen einen negativen Einfluss auf die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer_innen haben. „Die jüngsten verfügbaren Daten weisen darauf hin, dass mindestens ein Drittel der Rentner_innen gerne länger auf dem Arbeitsmarkt geblieben wäre; dieser Wert liegt um 16 Prozentpunkte über dem Durchschnitt der EU-28.“ Die Kommission macht auch deutlich, welches die wesentli­chen Faktoren sind, die eine Verlängerung des Erwerbslebens verhindern, welche sich keineswegs mit der Hauptforderung des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz – der Einführung eines „Bonus/Malus-Systems“ – decken. Sie set­zen an den Wurzeln des Problems an, statt die Symptome einer verfehlten Arbeits-


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marktpolitik bekämpfen zu wollen, wie es das Sozialministerium tut. Längere Erwerbs­tätigkeit verhindern vor allem Frühpensionierungsmöglichkeiten, zu hohe Arbeitskos­ten, fehlende altersfreundliche Arbeitsbedingungen bzw. in diesem Zusammenhang vor allem ungeeignete Qualifikationen und gesundheitliche Aspekte.

Das Beharren des Sozialministeriums auf einem Bonus/Malus-System für ältere Arbeit­nehmer_innen täuscht nur über eine verfehlte Arbeitsmarktpolitik hinweg. Vor allem, wenn man arbeitsmarktpolitische Einsparungen vorwiegend für unter 50-Jährige be­trachtet. Gerade eine langfristige Sicht auf die Erwerbsfähigkeit zeigt die möglichen ne­gativen Folgen auch für das Pensionssystem. Denn die arbeitsmarktpolitischen Instru­mente, die gegenwärtig vornehmlich für über 50-Jährige verwendet werden, setzen, ins­besondere bei Betrachtung gesundheitlicher Aspekte und dem Erhalt der Arbeitskraft, viel zu spät ein. Insbesondere wenn gesundheitliche Beeinträchtigung erst der Auslö­ser für die angesprochenen Umqualifizierungen im Rahmen des Umschulungsgeldes sind. Hier wird nicht präventiv gearbeitet, wobei das genau nötig wäre. Aus diesem Grund müssen entsprechende Umqualifizierungsmaßnahmen bereits früher ansetzen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorbeugen.

Aufgrund der ursprünglichen Qualifikationen von Arbeitnehmer_innen können oft keine altersfreundlichen Arbeitsbedingungen angeboten werden, weil damit Jobs verbunden sind, die nun einmal nicht altersgerecht sind. Ab einem gewissen Alter hat der/die ent­sprechende Arbeitnehmer_in keine geeigneten Qualifikationen mehr und durch den zu langen Verbleib in den jeweiligen Jobs auch gesundheitliche Probleme. Dennoch wer­den – möglicherweise unbewusst – monetäre Anreize gesetzt, trotzdem in den gesund­heitlich weniger förderlichen Jobs zu verbleiben, etwa durch verschiedene Frühpensio­nierungsmöglichkeiten, insbesondere die Schwerarbeiterpensionen. Anstatt Anreize zu setzen, sich bereits frühzeitig umzuqualifizieren und damit altersgerechtere Jobs anzu­nehmen, wird genau das Gegenteil gefördert – langfristig führt das für die Betroffenen aber zu einer schlechteren gesundheitlichen Verfassung, Invaliditäts- oder Schwerar­beiterpensionen, geringeren Pensionsansprüchen aber auch zu einer stärkeren Belas­tung des gesamten Pensionssystems.

Aus unserer Sicht ist deshalb der aktuelle Fokus der aktiven Arbeitsmarktpolitik auf Ar­beitnehmer_innen ab 50 Jahren, insbesondere für diese Gruppe, die später als Schwer­arbeiter_innen gelten, nicht nachhaltig und verfehlt.

Gerade der Baubereich hat sich Sonderregelungen geschaffen, die andere Schwerar­beiter_innen nicht haben. Dabei wird allerdings nicht auf Prävention gesetzt und Ar­beitnehmer_innen in andere, weniger gesundheitsgefährdende Tätigkeitsfelder umqua­lifiziert, sondern stattdessen Maßnahmen gesetzt, dass diese Menschen früher den Ar­beitsmarkt verlassen können, aber dennoch ihre Gesundheit ruinieren. Im Sinne einer präventiven Gesundheitspolitik, einer nachhaltigen und gesundheitsfördernden Arbeits­marktpolitik und einer nachhaltigen Sozial- und insbesondere Pensionspolitik, ist dieser Ansatz jedenfalls nicht zielführend und sollte überdacht werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wird aufgefordert, ak­tive arbeitsmarktpolitische Instrumente zu etablieren, die präventiv und frühzeitig Um­schulungen von Arbeitnehmer_innen in gesundheitsbeeinträchtigenden Berufen ermög­lichen, um damit spätere gesundheitliche Beeinträchtigungen, die zu Invaliditäts- oder


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Berufsunfähigkeitspensionen oder dem Anspruch auf Schwerarbeiterpension führen, zu verhindern.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Mag. Ham­mer. – Bitte.

 


16.37.19

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Es wurde von meinen Vorrednern schon angesprochen, dass wir hier ei­nen weiteren Schritt setzen, was die Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping, vor allem im Baubereich, betrifft. Wir machen den Bereich der Bauarbeiter-Urlaubs- und Ab­fertigungskasse wieder einen Schritt missbrauchssicherer.

Es hat sich bei Erhebungen herausgestellt, dass sehr viele MitarbeiterInnen und Be­schäftigte teilzeitbeschäftigt sind, vorwiegend – das war auch auffällig – ausländische Ar­beitnehmerInnen. Da der Verdacht bestanden hat, dass da nur ein Teil der Arbeitsleis­tung offiziell abgegolten wird, soll das durch diese Anpassungen geändert werden, und es soll dem durch die Meldepflichten entsprechend entgegengewirkt werden. Vor allem Unterentlohnungen et cetera sollen durch diese Meldevorschriften verhindert werden.

Wir haben in diesem Bereich schon einige Maßnahmen gesetzt, und ich sage schon da­zu: Das Gesetzliche ist das eine, auf der anderen Seite muss das aber seitens der Behörden auch konsequent verfolgt werden. Es kann nicht so sein, wie es derzeit in der Stadt Linz offensichtlich geschehen ist, dass im Bereich des Magistrats Hunderte Ak­ten, in denen es um Lohn- und Sozialdumping gegangen ist, einfach liegen gelassen und nicht bearbeitet worden sind, bis sie schließlich verjährt sind. So ist der Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping nicht zu führen, und das ist auch ein Skandal, der in der Stadt Linz aufgeschlagen ist. (Beifall bei der ÖVP. Ah-Rufe der Abg. Belakowitsch-Jene­wein.) Im Übrigen haben die einen SPÖ-Bürgermeister und einen FPÖ-Finanzstadt-
rat, weil Sie da so gelacht haben – also beide sind da verantwortlich. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.)

Wichtig ist auch, und das sieht die Novelle in den Satzungen vor, dass der Unterstüt­zungsfonds nach Maßgabe der finanziellen Mittel auch Zuschüsse für der Altersteilzeit nachgebildete Vereinbarungen vorsehen kann, insbesondere, und das wurde auch schon gesagt, für gesundheitlich nicht mehr voll einsatzfähige MitarbeiterInnen.

Wir beschließen mit diesem Gesetzespaket unter diesem Tagesordnungspunkt auch Än­derungen des Arbeitszeitgesetzes, des Arbeitsruhegesetzes und des Apothekengeset­zes, die auf eine Anpassung an EU-Recht zurückgehen. Verlängerte Dienste sollen künf­tig auch dort nur mehr bis zu 32 Stunden dauern, und die durchschnittliche Wochenar­beitszeit von 60 Stunden darf nicht überschritten werden. Wir passen das an die EU-Gesetzgebung an. Das gilt natürlich nur für die Apothekerinnen und Apotheker, nicht für das übrige beschäftigte Personal; da gelten natürlich die Regelungen der Arbeits­zeitgesetze.

Es ist auch in Aussicht genommen, in einer weiteren Novellierung eine Regelung für die Apothekerbereitschaftszeiten zu finden.

In Summe sind das sehr sinnvolle Maßnahmen, und wir werden dem natürlich zustim­men. Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.39


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Je­newein. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 178

16.39.47

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsident! Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Hammer, wir schließen nicht eine weitere Lücke im Bereich Lohn- und Sozialdumping, sondern wir schließen das erste Mal wirklich eine Lücke. Allein dass wir das heute in diesem Bereich wieder ma­chen müssen, zeigt ja, dass das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz bisher zahnlos war. Nehmen wir doch das jetzt zum Anlass: Da wird endlich einmal eine ef­fiziente Maßnahme gesetzt, mit der man wahrscheinlich wirklich einmal Lohn- und So­zialdumping aufdecken beziehungsweise dann beenden kann. Nehmen wir das jetzt end­lich zum Anlass und schauen wir uns doch einmal an, was man beim Lohn- und Sozial­dumping-Bekämpfungsgesetz wirklich braucht und was es damit wirklich auf sich hat!

Wir werden das Thema niemals in den Griff bekommen, solange in Österreich keine So­zialabgaben bezahlt werden. Wenn Sie die Entsenderichtlinie nicht endlich einmal zurück­schrauben, wird dieses Problem sowieso weiter ausufern. Da können Sie Gesetze be­schließen, wie auch immer Sie wollen, Sie werden es nicht schaffen.

Ein paar Worte ganz kurz zu den Ausführungen des Kollegen Loacker: Der Entschlie­ßungsantrag, den Sie jetzt eingebracht haben, ist meines Erachtens noch viel dramati­scher als alles, was Sie im Ausschuss gesagt haben. Sie möchten den Anspruch auf Schwerarbeiterpension quasi verhindern. Wie stellen Sie sich denn das vor? Soll jetzt ein 30-Jähriger, der beispielsweise Maurer gelernt hat, von Ihnen zum Bankmitarbeiter umgeschult werden, oder wie genau soll das funktionieren?

Irgendjemand muss diese Arbeiten ja machen, und es gibt nun einmal Menschen, die das tun. Jemandem Ansprüche im Rahmen einer Schwerarbeiterregelung verwehren zu wollen, der als Schwerarbeiter arbeitet: Das müssen Sie uns bitte erklären, wie Sie sich das genau vorstellen! Das schließt wirklich an das an, was Sie im Ausschuss ge­sagt haben, und das ist in Wirklichkeit unerträglich, weil es da schon um eine Perso­nengruppe geht, die wirklich Schwerstarbeit leistet, und das sollte auch anerkannt wer­den – auch von Ihnen, Herr Kollege Loacker – und nicht irgendwie weggewischt wer­den. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe bei Ihnen den Eindruck, Sie haben noch nie eine Schaufel oder einen Schrau­benzieher in der Hand gehabt. Diesen Eindruck gewinnt man. Vielleicht sollten Sie es bei den heißen Temperaturen einmal ausprobieren. Probieren Sie einmal, in Ihrem Gar­ten nur ein Loch zu graben! Schauen Sie einmal, ob Sie da ins Schwitzen kommen und ob das anstrengend ist, und stellen Sie sich dann vor, das müssen Sie tagein, tagaus machen! Und dann stellen Sie sich noch einmal her und wiederholen Sie Ihre Rede! (Beifall bei der FPÖ. Abg. Neubauer: Na bitte nicht! Abg. Peter Wurm: Aber bitte mit Foto, Kollege Loacker! Und twittern! Abg. Belakowitsch-Jenewein: Und dann tun wir’s liken!)

16.42


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ing. Dietrich. – Bitte.

 


16.42.12

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzte Frau Präsident! Ge­schätzter Herr Minister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ein Thema, das uns wirk­lich über die letzten Monate und Jahre beschäftigt, ist Lohn- und Sozialdumping. Da brau­chen wir nichts wegzudiskutieren, das ist gelebte Realität, dass Firmen Wege suchen, sei es über Geringfügigkeit, sei es über Teilzeit, um die Lohnkosten zu senken und dem gesetzlich vorgeschriebenen Lohn auszuweichen.

Wir wissen, speziell am Bau haben wir eine große Problematik. Wir bessern immer wie­der nach, aber ich gebe Frau Kollegin Belakowitsch-Jenewein absolut recht: Die Ent­senderichtlinie ist problematisch und zu überdenken.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 179

Meine geschätzten Damen und Herren, ich möchte aber ein anderes Thema anspre­chen, nämlich Flexibilität. Flexibilität wird in vielen Bereichen negativ gesehen, dabei kann sie, wenn es für Arbeitnehmer und Arbeitgeber passt, durchaus ein positiver Weg sein, ein positives Miteinander.

In der Schweiz hat man den Weg gewählt, dass sechs von zehn Angestellten bereits flexibel arbeiten, nämlich nach dem Modell der Jahresarbeitszeit. Da gibt es ein Am­pelsystem, wo man dann als Angestellter weiß, wenn es rot aufleuchtet, hat man zu we­nig Stunden, wenn es grün ist, dann hat man Überstunden, und der Arbeitnehmer kann sich konkret mit seinem Arbeitgeber ausmachen und vorab festlegen, ob das in Form von Geld, in Form von Urlaubszeit oder wie auch immer abgegolten wird.

Diese flexible Möglichkeit, nämlich dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusam­menreden und für sich die optimale Lösung finden, ist ein Weg, den ich mir auch für Österreich wünsche, weil ich nämlich davon ausgehe, dass die Betriebe und ihre Mitar­beiter wissen, welche Anforderungen sie haben, welches Arbeitspensum sie bewerk­stelligen müssen und wie sie es gemeinsam – und die Betonung liegt auf gemeinsam  schaffen können

Deshalb sind wir auch für Mitarbeiterbeteiligung, um im Betrieb mehr gemeinsam zu schaffen und einen gemeinsamen Weg von Arbeitnehmer und Arbeitgeber in eine posi­tive Zukunft zu gehen. – Danke.

16.44


Präsidentin Doris Bures: Jetzt hat sich Herr Bundesminister Stöger zu Wort gemel­det. – Bitte, Herr Minister.

 


16.45.00

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Alois Stöger, diplômé: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da ich je­mand bin, der auch einmal Krampen und Schaufel in der Hand gehabt hat (Abg. Be­lakowitsch-Jenewein: Echt?), habe ich einen Riesenrespekt vor der Leistung, die Bau­arbeiter erbringen. Bei jedem Wetter, bei Regen, bei Schnee, aber auch in der Hitze der Sonne bauen sie unsere Häuser. Das macht man nicht im Büro. Da sind die Bedingun­gen abhängig von der Witterung, da verändern sich die Bedingungen ständig, weil die Baustelle wächst, und daher brauchen Bauarbeiter besondere Regelungen.

Ich bedanke mich bei Beppo Muchitsch und dem Team der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse dafür, dass sie immer wieder Regelungen sozialpartnerschaftlich ent­wickeln und für diese Zielgruppe, die schwierige Arbeitsbedingungen hat, Regelungen schaffen, die diesen auch entsprechen. – Danke dafür. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, FPÖ und Grünen.)

Wir setzen damit einen Schritt, die Arbeitsbedingungen so zu regeln, dass sie den Men­schen entsprechen. Es ist uns gelungen, die Bedingungen zu verbessern, und wir set­zen heute wieder einen richtigen Schritt in diese Richtung.

Jeder, der schon einmal eine Baustelle gesehen hat, weiß, dass es dort keine Men­schen gibt – möglicherweise in einem Büro, aber nicht auf der Baustelle –, die Teilzeit arbeiten. Daher ist es so wichtig, da die Grenze zu ziehen und den Organen, die über­prüfen, auch ein Instrument in die Hand zu geben, damit Teilzeitbeschäftigung nicht missbräuchlich verwendet wird.

Wir setzen heute auch Maßnahmen, die die Versorgung mit Medikamenten, vor allem auch in der Nacht in ländlichen Regionen, ermöglichen und sicherstellen, indem wir die Nachtdienste in den Apotheken auch in den ländlichen Regionen ermöglichen und so dafür sorgen, dass die Apotheken offen sind und dass die Menschen versorgt werden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 180

Mit diesen gesetzlichen Änderungen beschließen wir wichtige Punkte in diesem Be­reich. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

16.47


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Vogl. – Bitte.

 


16.47.33

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Kollege Hammer, weißt du, was der echte Skandal in die­sem Land ist? – Der echte Skandal sind die kurzen Verfallsfristen, die dazu führen, dass Kolleginnen und Kollegen, wenn man draufkommt, dass berechtigte Ansprüche vorhan­den sind, um diese Ansprüche umfallen. Das ist der echte Skandal in diesem Land! (Bei­fall bei der SPÖ.)

Frau Kollegin Dietrich, ich weiß nicht, wo Sie die letzten Jahre waren. Wir sind flexibel und wir haben Jahresarbeitszeitmodelle. Wenn Sie sich hierherstellen und sagen, in der Schweiz arbeiten im Angestelltenbereich sechs von zehn Angestellten flexibel, sind damit zufrieden, haben Ampelmodelle, dann muss ich Sie fragen: Wo waren denn Sie die letzten Jahre? (Abg. Dietrich: Jahresarbeitszeitmodelle ...!)

Der Großteil der österreichischen Angestellten hat Gleitzeitmodelle – das heißt, die Men­schen arbeiten flexibel –, und da ist Jahresdurchrechnung möglich. Die Jahresdurch­rechnung ist möglich! (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dietrich.)

Wir haben in diesem Land viele Unternehmen, die Ampelmodelle haben – ganz nor­mal! Das gibt es ganz normal in Österreich. Gehen Sie doch bitte einmal in die Betriebe hinaus oder schauen Sie sich einmal an, was in der betrieblichen Praxis läuft! Wir haben zum Beispiel auch Vertrauensarbeitszeitmodelle. Stellen Sie sich das vor, auch das gibt es in diesem Land! All das ist möglich. (Beifall bei der SPÖ.)

Wissen Sie, was wir noch haben? Wir haben Homeoffice. Wir haben 12-Stunden-Diens­te in diesem Land – ja, auch das haben wir in vielen Bereichen –, und dort, wo wir mit 12 Stunden nicht auskommen, schaffen es die Sozialpartner, sogar noch darüber hi­naus Möglichkeiten zu schaffen.

Wir haben in der Metallindustrie ein Arbeitszeitmodell geschaffen, in dem wir über ein Jahr durchrechnen können – in der Metallindustrie, innovativ, wichtig für uns!

Wir haben in Unternehmen zum Beispiel ein Pausendurchlaufmodell geschaffen, wo Lea­singarbeiter teilzeitbeschäftigt sind – das ist nicht gerade zu meiner Freude, aber all das schaffen wir.

Wir haben Flexibilität in diesem Land. Und wissen Sie was? – In manchen Unterneh­men bräuchten wir einen zusätzlichen Kalendertag, wenn wir die Flexibilität noch erhö­hen wollten. So schaut es nämlich in der Produktion in diesem Land aus! Das ist die Nachricht: Wir sind flexibel, wir arbeiten sehr flexibel in diesem Land!

Eines muss aber auch klar sein: Flexibilität ist keine Einbahnstraße, und Flexibilität kos­tet auch etwas. Darum geht es bei dieser Diskussion.

Wir können stolz auf all das sein, was wir hier in diesem Land mit dieser Flexibilität ge­meinsam schaffen. Es ist noch kein einziger Auftrag in diesem Land deshalb nicht ab­gearbeitet worden, weil wir nicht flexibel waren. Vielleicht haben wir schlecht gesteuert, das wäre schon möglich, aber an der Flexibilität ist es nicht gescheitert. (Beifall bei der SPÖ.)

16.49

16.50.05

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 181

Wünscht die Frau Berichterstatterin beziehungsweise der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 26: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz und das Bau­arbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz 1957 geändert werden, samt Titel und Ein­gang in 1693 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für den Gesetzentwurf aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Ge­setzentwurf ist somit auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 27: Antrag des Ausschus­ses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1694 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich für die Kenntnisnahme des Berichts aus? – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 28: Antrag des Ausschus­ses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1695 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich für die Kenntnisnahme aus? – Das ist die Mehrheit, somit angenom­men.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umqualifizierungsmög­lichkeiten für Arbeitnehmer_innen in gesundheitsgefährdenden Tätigkeitsfeldern.

Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, ab­gelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 29: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Apothe­kengesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 1696 der Beilagen.

Wer sich für diesen Gesetzentwurf ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 30: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1697 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer stimmt der Kenntnisnahme des Berichts zu? – Das ist die Mehrheit und damit an­genommen.

16.52.5631. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1613 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsge­setz und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden (Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz – SV-ZG) (1698 d.B.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 182

32. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2163/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaf­fung der Geringfügigkeitsgrenze (1699 d.B.)

33. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2062/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Imple­mentierung des Lehrberufs Berater für Menschen mit Behinderungen (1688 d.B.)

34. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2037/A(E) der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Lu­xuspensionsreform jetzt – das Arbeitsprogramm der Bundesregierung 2017/2018 umsetzen“ (1700 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangen wir zu den Tagesordnungspunkten 31 bis 34, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


16.54.07

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehr­te Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren hier und vor den Fernsehgeräten! Heute ist ein gro­ßer Tag für alle Menschen in dieser Republik, wir haben etwas geschafft: Heute wird der Eigenregress abgeschafft! Das ist ein ganz, ganz großer Erfolg für alle Menschen in die­sem Land. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Steinbichler.) Es ist jetzt nicht mehr so, dass jemand, der krank wird, dafür bestraft wird, indem ihm sein ganzes Eigentum weg­genommen werden kann.

Das ist eine Forderung, die wir schon sehr lange stellen, die wir über viele Jahre immer wieder gestellt haben. Der gesamte Präsidentschaftswahlkampf im letzten Jahr war da­von geprägt. Es gab kaum eine Fernsehdiskussion, in der das nicht angesprochen wor­den ist. Heute, müssen wir ehrlicherweise sagen, wird endlich gut, was wir lange ge­fordert haben. Das ist eine ganz, ganz großartige Sache, denn bisher war es ja so, dass jemand, der sich im Leben etwas geschaffen hat und dann vielleicht in ein Pflegeheim musste, weil es mit der Heimpflege nicht mehr gegangen ist, fast alles verloren hat. Das ist ein sehr ungerechtes System gewesen. Das heißt, jeder, der sich etwas geschaffen hat, wurde dafür bestraft, während andere eben von der Gesellschaft gepflegt wurden. Diese Ungerechtigkeit wird mit dem heutigen Tag abgeschafft.

Man muss dazu wirklich sagen, dass die FPÖ hier die Regierungsarbeit übernommen hat, indem sie wirklich über viele Jahre beharrlich war, und das finde ich ganz großartig.

Ein zweiter Punkt, der heute noch beschlossen wird, auch eine Ururaltforderung, ist das Foto auf der e-card. Ich glaube, seit dem Jahr 2006 haben wir das gefordert, seit da­mals bekannt wurde, dass bei der e-card Missbrauch möglich ist. Es gibt ja offiziell kei­ne Statistiken dazu, dennoch ist es gut, dass das jetzt kommt, weil es einerseits die Ar­beit in den Ordinationen erleichtert, aber andererseits vor allem auch eine Hemm­schwelle gegen Missbrauch ist, denn es ist viel schwieriger, eine Karte mit Bild darauf illegal zu verwenden, als vorher die Karte ohne Bild.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 183

Daher, glaube ich, ist heute ein wichtiger Tag für Österreich, für die Menschen hier in die­sem Land. Ich weiß, dass es viele Kritiker gibt, die sagen, das wird alles unfinanzierbar und das wird alles teurer. Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, langfristig werden wir uns sehr viel Geld ersparen. Langfristig werden wir Österreich wiederum ein Stück ge­rechter machen. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Königsberger-Ludwig und Steinbichler.)

16.56


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Königsberger-Lud­wig zu Wort. – Bitte.

 


16.56.47

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Mi­nisterin! Geschätzter Minister! Um Österreich ein Stück gerechter zu machen, werde ich jetzt einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Königsberger-Ludwig, Wöginger, Ing. Hofer, Mag. Schwentner, Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kollegen zum Gesetzent­wurf im Bericht des Sozialausschusses 1698 der Beilagen über die Regierungsvorla-
ge 1613 der Beilagen betreffend ein Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz einbringen.

Dahinter verbirgt sich die Abschaffung des Pflegeregresses. Es wird dazu eine Verfas­sungsbestimmung geben, die klarstellt, dass der Zugriff auf das Vermögen von Men­schen, die in Pflegeeinrichtungen betreut werden, und auf jenes ihrer Angehörigen un­zulässig ist.

Ich freue mich genauso wie Kollegin Belakowitsch-Jenewein vor allem für die betroffe­nen Menschen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist richtig: Es ist nicht einzusehen, dass zum einen der größte Teil des Pflegegeldes und auch der größte Teil der Pensionen für die Pflege in Heimen herangezogen wer­den muss und darüber hinaus noch auf Erspartes, auf Privatvermögen bis hin zum Ei­genheim zurückgegriffen werden kann. Mit dem heutigen Gesetz werden rund 40 000 Men­schen und deren Angehörige davon profitieren und nicht mehr dieser Ungerechtigkeit zum Opfer fallen.

Die Initiative wurde von vielen ins Leben gerufen, auch die Sozialdemokratie hat sich immer dafür eingesetzt. Ich bin überzeugt davon, dass das im Endeffekt egal ist, wich­tig ist, dass die Initiative heute umgesetzt wird, dass der Pflegeregress abgeschafft wird. Ich möchte noch betonen, dass das vor allem aus Respekt gegenüber den älteren Men­schen, die gepflegt werden müssen, geschieht.

Geschätzte Damen und Herren, es gibt noch eine weitere Verbesserung in diesem Ab­änderungsantrag, nämlich im Bereich der beitragsfreien Selbstversicherung für Menschen, die ein behindertes Kind pflegen. Wir werden auch da eine Verbesserung beschließen, nämlich dahin gehend, dass in Zukunft auch bei der rückwirkenden Anrechnung des Pen­sionsanspruchs die überwiegende Beanspruchung der Arbeitskraft für die Pflege aus­reichen wird. Das soll heißen, dass auch eine Teilzeitbeschäftigung nicht dazu führen wird, dass das negative Auswirkungen auf die Pensionsleistungen von Menschen hat, die Kinder mit Behinderung gepflegt haben. Auch damit wollen wir unseren Respekt und auch unsere Solidarität jenen Menschen gegenüber ausdrücken, die Kinder mit Behinde­rungen pflegen.

Ich möchte sagen: Heute ist ein guter Tag für unser soziales Österreich. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abgeordneten Belakowitsch-Jenewein und Peter Wurm.)

16.59


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Eckpunkten erläutert und wird zur Verteilung gebracht.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 184

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig, Wöginger, Ing. Hofer, Mag. Judith Schwent­ner, Ing. Waltraud Dietrich, Muchitsch, Mag. Gertrude Aubauer Kolleginnen und Kolle­gen

zum Gesetzentwurf im Bericht des Sozialausschusses 1698 der Beilagen über die Re­gierungsvorlage 1613 der Beilagen betreffend ein Sozialversicherungs-Zuordnungsge­setz

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Vor der Z 1d wird folgende Z 1cc eingefügt:

»1cc. Im Fünften Teil wird nach Abschnitt II folgender Abschnitt IIa eingefügt:

„ABSCHNITT IIa

Verbot des Pflegeregresses

§ 330a. (Verfassungsbestimmung) Ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pfle­geeinrichtungen aufgenommenen Personen, deren Angehörigen, Erben/Erbinnen und Geschenknehmer/inne/n im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten ist unzulässig.

Bereitstellung von Mitteln zur Abschaffung des Pflegeregresses

§ 330b. Zur Abdeckung der Einnahmen, die den Ländern durch das Verbot des Pflege­regresses nach § 330a entgehen, sind vom Bundesminister für Finanzen aus dem all­gemeinen Bundeshaushalt der Untergliederung 21 im Ausmaß von 100 Millionen Euro jährlich im jeweiligen Bundesfinanzgesetz und Bundesfinanzrahmengesetz zusätzlich
zur
Verfügung zu stellen und den Ländern nach dem gemäß dem Finanzausgleichsge-
setz 2017, BGBl. I Nr. 116/2016, für das jeweilige Kalenderjahr ermittelten Schlüssel der Wohnbevölkerung aus dem Pflegefonds zuzuweisen.“«

b) Vor der Z 2 wird folgende Z 1h eingefügt:

»1h. § 669 Abs. 3 lautet:

„(3) Die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nach § 18a kann auf Antrag von Personen, die irgendwann in der Zeit seit dem 1. Jänner 1988 die zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Voraussetzungen für diese Selbstversicherung erfüllt ha­ben, nachträglich beansprucht werden, und zwar für alle oder einzelne Monate, längstens jedoch für 120 Monate, in denen die genannten Voraussetzungen vorlagen. § 18 Abs. 2 ist sinngemäß anzuwenden.“«

c) Nach der Z 2 wird folgende Z 3 eingefügt:

»3. Nach § 707 wird folgender § 707a samt Überschrift angefügt:

„Weitere Schlussbestimmungen zu Art. 1 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2017

§ 707a. (1) Die §§ 330b samt Überschrift und 669 Abs. 3 in der Fassung des Bundes­gesetzes BGBl. I Nr. xx/2017 treten mit 1. Jänner 2018 in Kraft.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 185

(2) (Verfassungsbestimmung) § 330a samt Überschrift in der Fassung des Bundesge­setzes BGBl. I Nr. xx/2017 tritt mit 1. Jänner 2018 in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt dürfen Ersatzansprüche nicht mehr geltend gemacht werden, laufende Verfahren sind einzu­stellen. Insoweit Landesgesetze dem entgegenstehen, treten die betreffenden Bestim­mungen zu diesem Zeitpunkt außer Kraft. Nähere Bestimmungen über den Übergang zur neuen Rechtslage können bundesgesetzlich getroffen werden. Die Durchführungs­verordnungen zu einem auf Grund dieser Bestimmung ergehenden Bundesgesetz sind vom Bund zu erlassen.“«

Begründung

Zu Art. 1 lit. a (§ 330a ASVG):

Die in den landesgesetzlichen Vorschriften verankerten Regelungen, die einen Zugriff auf das Vermögen pflegebedürftiger Personen, die in stationären Pflegeeinrichtungen betreut werden, bzw. ihrer GeschenknehmerInnen ermöglichen, führen beim betroffe­nen Personenkreis oftmals zur gänzlichen Verwertung sämtlicher oft mühsam erworbe­ner Vermögenswerte, wie etwa eines Eigenheimes oder Sparguthabens.

Dadurch kann die im Rahmen des österreichischen Pflegevorsorgesystems intendierte Wahlmöglichkeit für die Betroffenen insofern eingeschränkt werden, als dadurch ein all­fällig sachlich gebotener oder von der betroffenen Person gewünschter Umzug in eine stationäre Pflegeeinrichtung oftmals nicht realisierbar ist.

Durch die vorgeschlagene Verfassungsbestimmung soll der Pflegeregress verboten wer­den.

Zu Art. 1 lit. a (§ 330b ASVG):

Mit dieser Bestimmung wird die Bereitstellung von Mitteln, die den Ländern auf Grund des Verbots des Pflegeregresses entgehen, geregelt.

Zu Art. 1 lit. b (§ 669 Abs. 3 ASVG):

Im Jahr 2015 wurden die Voraussetzungen für die beitragsfreie Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nach § 18a ASVG für Personen, die ein behindertes Kind pfle­gen, insofern geändert, als insbesondere die Anspruchsvoraussetzung „vollständige Be­anspruchung der Arbeitskraft“ durch „überwiegende Beanspruchung der Arbeitskraft“ er­setzt wurde.

Um pensionsrechtliche Härten für Personen zu vermeiden, die während der Pflege ei­nes behinderten Kindes teilzeitbeschäftigt waren, soll auch die rückwirkende Anrech­nung von – wie bisher – bis zu zehn Jahren ermöglicht werden, wenn die zum Zeit­punkt der Antragstellung geltenden Voraussetzungen während der Pflegezeiten erfüllt waren.

Mit dieser Regelung soll ein Zeichen der Solidarität gegenüber dem Engagement von Personen gesetzt werden, die im Familienkreis und außerhalb von stationären Einrich­tungen behinderte Kinder oder Angehörige pflegen und betreuen.

Die Kosten dieser Maßnahme werden als äußerst gering eingeschätzt, weil vermutlich sehr wenige Personen betroffen sind und weil keine Auswirkungen auf das Pensions­antrittsalter zu erwarten sind.

Zu Art. 1 lit. c (§ 707a Abs. 2 ASVG):

Mit dieser Bestimmung soll sichergestellt werden, dass ab dem Inkrafttreten sowohl lau­fende gerichtliche als auch verwaltungsbehördliche Verfahren eingestellt werden. Eben­so dürfen keine neuen Rückersatzverpflichtungen auferlegt werden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 186

Es wird eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Fall vorgesehen, dass sich nähere Regelungen betreffend den Übergang zur neuen Rechtslage als erforderlich er­weisen.

Selbstverständlich treten die entgegenstehenden landesgesetzlichen Bestimmungen (zum Beispiel die §§ 26 und 27 des Wiener Sozialhilfegesetzes) nur insoweit außer Kraft, als sie sich auf den Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen auf­genommenen Personen und ihrer Erben/Erbinnen und GeschenknehmerInnen zur Ab­deckung der Pflegekosten beziehen.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schwentner zu Wort. – Bitte.

 


16.59.32

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Minister! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich freue mich auch, und wir unterstützen das gern. Es ist auch eine alte grüne Forderung, dass man den Pflegeregress, den Ei­genregress, den es noch immer gibt, abschafft. Abgesehen davon wurde der Angehöri­genregress in den Ländern abgeschafft. Der Eigenregress ist jetzt Geschichte, und ich freue mich sehr darüber.

Kollegin Belakowitsch-Jenewein hat es schon angesprochen, es ist ein nicht gerechtes System. Über Jahre war es der Fall, dass zu fast 100 Prozent auf das Vermögen von Menschen, die ins Heim kommen, zurückgegriffen wurde. Menschen, die es sich leis­ten können, eine andere Form der Pflege in Anspruch zu nehmen, die dafür sogar, wenn es die 24-Stunden-Betreuung ist, staatliche Förderung bekommen und ihr Vermögen, ihr Erbe frühzeitig weitergeben, sind nicht zum Handkuss gekommen. Dieses ungleiche System ist damit beendet. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

In einem Punkt gebe ich Ihnen aber nicht recht, Frau Kollegin, nämlich in dem Punkt, dass dadurch Gerechtigkeit hergestellt ist. Es bleibt nämlich eine große Lücke: die Fra­ge der Finanzierung. Es ist sehr, sehr bedauerlich, dass es die Regierungsparteien nicht geschafft haben, sich auf ein Gegenfinanzierungsmodell zu einigen. Somit geben sie der nächsten Regierung eigentlich einen ganz schön großen Brocken und eine riesige To-do-Liste mit: Wie stellt man das Pflegesystem für die nächsten Jahre sicher? Wie bewältigt man die großen Herausforderungen, die damit verbunden sind und die auf uns zukommen? Ich bedauere sehr, dass das von dieser Regierung aufgeschoben wur­de. Das ist der Wermutstropfen in dem, was wir heute beschließen.

Wir wissen nicht, wie es in den nächsten Jahren genau sein wird. Es ist schön, dass sehr viele Menschen in Österreich älter werden, aber wie wird sichergestellt, dass sie auch gut gepflegt werden, dass sie einen Platz finden, wo auch immer sie ihn brauchen, ob zu Hause, im Heim oder in anderen Formen der Pflege? Dahin gehend ist viel zu wenig geschehen.

Ich freue mich, aber es gibt auch einen Wermutstropfen betreffend die Gestaltung. Es gibt die Behauptung, es gäbe jetzt Möglichkeiten des Bürokratieabbaus auch bei der e-card. Ich denke, es gibt da wenig Einsparungspotenzial, und wir waren auch nie dafür, dass man unbedingt ein Foto braucht, um vor Missbrauch zu schützen. Ich bin über­zeugt davon, dass sich zeigen wird, dass das nicht besonders viel bringt – aber soll so sein.

Wir diskutieren jetzt eigentlich auch eine andere Absurdität des Sozialversicherungs­systems. Es ist ein Abänderungsantrag zum Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz ein­gebracht worden, dazu möchte ich noch etwas sagen, weil es ganz gut dazupasst: Zum


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 187

einen wird behauptet, wir bauen Bürokratie ab. Minister Kurz sagt ja auch die ganze Zeit, wie toll er bei Sozialversicherungen und Sozialleistungen durch Bürokratieabbau ein­sparen kann. Andererseits leisten wir uns aber eine Absurdität wie diese: Wir müssen die­ses Zuordnungsgesetz formulieren, damit wir die sinnlose Aufteilung in so viele ver­schiedene Sozialversicherungsträger weiter aufrechterhalten können und damit die Re­gierungsparteien nicht darauf verzichten müssen, dass ihre Jobs weiter in SVA, SVB – was haben wir noch? –, BVA, und wie sie alle heißen, abgesichert sind.

Das tun wir, anstatt endlich das Vorhaben anzugehen, dass es ein Sozialversicherungs­system, einen Krankenversicherungsträger für alle geben muss. Sie drücken sich da­vor. Wir sind uns alle einig, dass da dringend etwas passieren muss. Das ist noch ein­mal ein Ausdruck dafür, wie absurd dieses System ist. Geben Sie sich doch endlich ei­nen Ruck! Ich hoffe, das nächste Mal kommen wir zur Zusammenlegung der Sozial­versicherungsträger und betreiben nicht weiterhin solche Absurditäten zur Fortsetzung des Systems. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

17.04


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.

 


17.04.10

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Herr Bundesminister! Ich darf ebenfalls zu den beiden Abänderungsanträ­gen – einen werde ich noch einbringen, einer zur Abschaffung des Pflegeregresses wur­de bereits eingebracht – Stellung beziehen.

Ja, wir unterstützen diese Abschaffung, weil der Pflegeregress eigentumsfeindlich ist, da im Fall, dass jemand in ein Pflegeheim kommt, auf Häuser, auf Wohnungen zurückge­griffen wird. Daher unterstützen wir von der Volkspartei die Abschaffung des Pflegeregres­ses.

Unser Parteiobmann Sebastian Kurz hat aber auch klar angekündigt, dass wir Gegenfi­nanzierungsmaßnahmen brauchen, denn das kostet natürlich Geld. Die Bundesländer sind ja dadurch von Einnahmeausfällen betroffen; daher schlagen wir dazu zwei Maß­nahmen vor.

Ich bringe diesbezüglich einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Muchitsch, Wö­ginger, Dr. Belakowitsch-Jenewein, Mag. Schwentner, Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kol­legen zum Gesetzentwurf im Bericht des Sozialausschusses 1698 der Beilagen über die Regierungsvorlage 1613 der Beilagen betreffend ein Sozialversicherungs-Zuordnungsge­setz ein.

Der Abänderungsantrag wird verteilt, daher darf ich ihn in den Grundzügen erläutern:

Ich habe angekündigt, dass es Gegenfinanzierungsmaßnahmen zur Abschaffung des Pflegeregresses gibt; das ist uns von der Volkspartei besonders wichtig. Eine Maßnah­me ist das Foto auf der e-card, das fordern wir von der ÖVP schon seit längerer Zeit (Ruf bei der FPÖ: Genau! – Ruf bei der SPÖ: Ausnahmsweise stimmt’s!), weil damit ein­fach dem Sozialmissbrauch entgegengetreten werden kann.

Ich möchte nur zwei Zahlen erwähnen, die zeigen, dass es wichtig ist, dass dieses Fo­to auf der e-card kommt: Von 2008 bis 2013 wurden 913 000 e-cards gesperrt, weil sie als verloren gemeldet wurden, und in 300 000 Fällen erfolgte die Sperre, weil die Karte als gestohlen gemeldet wurde. Es ist also nicht so, dass da nicht auch Missbrauch be­trieben würde; das geht aus einer parlamentarischen Anfrage hervor.

Die zweite Kosteneinsparungsmaßnahme ist eine Kostenreduktion durch besseres Me­dikamentenmanagement in Wohn- und Pflegeheimen. Es wird jetzt ermöglicht, dass Arz­neimittel zentral eingekauft werden können, und dadurch wird man auch Kosten eindäm­men können.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 188

Ich möchte darauf hinweisen, dass in diesem Abänderungsantrag auch noch einige an­dere Punkte enthalten sind. Zum einen wird es jetzt gesetzlich ermöglicht, dass Hepati­tisimpfungen für die Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren durchgeführt werden kön­nen. Auch die Feuerwehrfrauen und ‑männer sind im Einsatz der Gefahr einer Infektion ausgesetzt, daher wird das jetzt ermöglicht.

Die Feststellung von Schwerarbeitszeiten ist jetzt bereits zehn Jahre vor dem Pensions­stichtag möglich.

Ein wichtiger Punkt, den ich zum Abschluss noch betonen möchte, richtet sich an alle Zeitsoldaten, die länger als 30 Monate Dienst versehen haben. Wir öffnen diese Be­grenzung, das geht bei manchen Kolleginnen, hauptsächlich Kollegen bis zu zehn oder 15 Jahre. Das ist eine langjährige Forderung, auch der FCG und des ÖAAB, im Be­reich der Landesverteidigung. Wir machen diese Klausel auf, damit diese Pensionszei­ten auch jenen angerechnet werden, die über Jahre hinweg als Zeitsoldaten tätig waren.

Das sind gute Maßnahmen. Wir schaffen den Pflegeregress ab, durchaus auch mit Ge­genfinanzierungsmaßnahmen, und helfen betroffenen Gruppen, sei es der Feuerwehr oder den Zeitsoldaten, damit eine Verbesserung der jeweiligen Situation eintritt. (Beifall bei der ÖVP.)

17.08


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Wöginger eingebrachte und in den Grundzügen erläuterte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Muchitsch, Wöginger, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Mag. Ju­dith Schwentner, Ing. Waltraud Dietrich

Kolleginnen und Kollegen

zum Gesetzentwurf im Bericht des Sozialausschusses 1698 der Beilagen über die Re­gierungsvorlage 1613 der Beilagen betreffend ein Sozialversicherungs-Zuordnungsge­setz

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Im Einleitungssatz wird der Ausdruck „38/2017“ durch den Ausdruck „66/2017“ er­setzt.

b) Die Z 1 erhält die Bezeichnung „1d.“.

c) Vor der Z 1d werden folgende Z 1 bis 1c eingefügt:

»1. Im § 5 Abs. 2 erster Satz wird der Ausdruck „405,98 €, vervielfacht mit den Auf­wertungszahlen für die Jahre 2016 und 2017,“ durch den Ausdruck „425,70 €“ ersetzt.

1a. Dem § 31a wird folgender Abs. 8 angefügt:

„(8) Ab 1. Jänner 2019 ist auf allen ab diesem Zeitpunkt an Personen, die das 14. Le­bensjahr vollendet haben, neu ausgegebenen oder ausgetauschten e-cards ein Licht­bild dauerhaft anzubringen, das den Karteninhaber/die Karteninhaberin erkennbar zeigt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 189

Bis 31. Dezember 2023 sind alle e-cards, auf denen noch kein Lichtbild angebracht ist, auszutauschen. Das Lichtbild ist vom Karteninhaber/von der Karten-inhaberin beizu­bringen, soweit es nicht aus Beständen von Bundes- oder Landesbehörden entnom­men wird. Die Übermittlung aus diesen Beständen an den Hauptverband ist zulässig und vorzunehmen, soweit dies automationsunterstützt möglich ist. Näheres wird durch Verordnung der Bundesregierung bestimmt. Die für die Umsetzung dieser Maßnahmen erforderlichen Mittel sind dem Hauptverband vom Bundesminister für Finanzen aus dem allgemeinen Bundeshaushalt zusätzlich zur Verfügung zu stellen.“

1b. Nach § 188a wird folgender § 188b samt Überschrift eingefügt:

„Sonstige vorbeugende Maßnahmen

§ 188b. Den Mitgliedern von freiwilligen Feuerwehren (Feuerwehrverbänden), die vom Österreichischen Bundesfeuerwehrverband der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt als Personen benannt wer-den und die einem besonderen Infektionsrisiko ausgesetzt sind, ist als vorbeugende Maßnahme die Impfung gegen Hepatitis A und B zu gewäh­ren.“

1c. § 247 Abs. 2 erster Satz lautet:

„Der leistungszuständige Pensionsversicherungsträger hat die Schwerarbeitszeiten im Sinne des § 607 Abs. 14 dieses Bundesgesetzes und des § 4 Abs. 4 APG festzustel­len, wenn die versicherte Person dies frühestens zehn Jahre vor Vollendung des An­fallsalters nach § 607 Abs. 12 dieses Bundesgesetzes oder frühestens zehn Jahre vor Vollendung des frühestmöglichen Anfallsalters nach § 4 Abs. 3 APG beantragt und auf Grund der bisher erworbenen Versicherungsmonate anzunehmen ist, dass die Voraus­setzungen nach § 607 Abs. 14 dieses Bundesgesetzes oder nach § 4 Abs. 3 APG vor der Erreichung des Regelpensionsalters erfüllt werden.“«

d) Nach der Z 1d werden folgende Z 1e bis 1g eingefügt:

»1e. Im § 607 Abs. 12 dritter Teilstrich entfällt der Ausdruck „bis zu 30“.

1f. Im § 617 Abs. 13 viertletzter Satz zweiter Teilstrich entfällt der Ausdruck „bis zu 30“.

1g. Im § 617 Abs. 13 drittletzter Satz wird der Ausdruck „Höchstgrenzen von 30 und 60 Ver­sicherungsmonaten dürfen“ durch den Ausdruck „Höchstgrenze von 60 Versicherungs­monaten darf“ ersetzt.«

e) Die Z 2 lautet:

»2. Nach § 706 wird folgender § 707 samt Überschrift angefügt:

„Schlussbestimmungen zu Art. 1 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2017

§ 707. (1) Die §§ 247 Abs. 2, 412a bis 412e samt Überschriften, 607 Abs. 12 und 617 Abs. 13 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2017 treten mit 1. Juli 2017 in Kraft.

(2) Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen hat bis 31. Dezember 2017 unter Berücksichtigung der Patienten- und Versorgungssicherheit einen Gesetzentwurf zum Medikamentenmanagement für stationäre Pflegeeinrichtungen auszuarbeiten, der ins­besondere einen begünstigten Bezug von Arzneimitteln sowie deren Bevorratung durch Wohn- und stationäre Pflegeeinrichtungen vorsieht.“«

Art. 2 (Änderung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Im Einleitungssatz wird der Ausdruck „33/2017“ durch den Ausdruck „53/2017“ er­setzt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 190

b) Nach der Z 1 wird folgende Z 1a eingefügt:

»1a. § 117a Abs. 2 erster Satz lautet:

„Der Versicherungsträger hat die Schwerarbeitszeiten im Sinne des § 298 Abs. 13a die­ses Bundesgesetzes und des § 4 Abs. 4 APG festzustellen, wenn die versicherte Per­son dies frühestens zehn Jahre vor Vollendung des Anfallsalters nach § 298 Abs. 12 dieses Bundesgesetzes oder frühestens zehn Jahre vor Vollendung des frühestmögli­chen Anfallsalters nach § 4 Abs. 3 APG beantragt und auf Grund der bisher erworbe­nen Versicherungsmonate anzunehmen ist, dass die Voraussetzungen nach § 298 Abs. 13a dieses Bundesgesetzes oder nach § 4 Abs. 3 APG vor der Erreichung des Regelpen­sionsalters erfüllt werden.“«

c) Nach der Z 2 werden folgende Z 2a bis 2c eingefügt:

»2a. Im § 298 Abs. 12 dritter Teilstrich entfällt der Ausdruck „bis zu 30“.

2b. Im § 306 Abs. 10 viertletzter Satz zweiter Teilstrich entfällt der Ausdruck „bis zu 30“.

2c. Im § 306 Abs. 10 drittletzter Satz wird der Ausdruck „Höchstgrenzen von 30 und 60 Ver­sicherungsmonaten dürfen“ durch den Ausdruck „Höchstgrenze von 60 Versicherungs­monaten darf“ ersetzt.«

d) Die Z 3 lautet:

»3. Nach § 366 wird folgender § 367 samt Überschrift angefügt:

„Schlussbestimmung zu Art. 2 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2017

§ 367. Die §§ 41 Abs. 3, 117a Abs. 2, 194b samt Überschrift, 298 Abs. 12 und 306 Abs. 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2017 treten mit 1. Juli 2017 in Kraft.“«

Art. 3 (Änderung des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Im Einleitungssatz wird der Ausdruck „38/2017“ durch den Ausdruck „53/2017“ er­setzt.

b) Nach der Z 1 wird folgende Z 1a eingefügt:

»1a. § 108a Abs. 2 erster Satz lautet:

„Der Versicherungsträger hat die Schwerarbeitszeiten im Sinne des § 287 Abs. 13a die­ses Bundesgesetzes und des § 4 Abs. 4 APG festzustellen, wenn die versicherte Per­son dies frühestens zehn Jahre vor Vollendung des Anfallsalters nach § 287 Abs. 12 dieses Bundesgesetzes oder frühestens zehn Jahre vor Vollendung des frühestmögli­chen Anfallsalters nach § 4 Abs. 3 APG beantragt und auf Grund der bisher erworbe­nen Versicherungsmonate anzunehmen ist, dass die Voraussetzungen nach § 287 Abs. 13a dieses Bundesgesetzes oder nach § 4 Abs. 3 APG vor der Erreichung des Re­gelpensionsalters erfüllt werden.“«

c) Nach der Z 2 werden folgende Z 2a bis 2c eingefügt:

»2a. Im § 287 Abs. 12 dritter Teilstrich entfällt der Ausdruck „bis zu 30“.

2b. Im § 295 Abs. 11 viertletzter Satz zweiter Teilstrich entfällt der Ausdruck „bis zu 30“.

2c. Im § 295 Abs. 11 drittletzter Satz wird der Ausdruck „Höchstgrenzen von 30 und 60 Ver­sicherungsmonaten dürfen“ durch den Ausdruck „Höchstgrenze von 60 Versicherungs­monaten darf“ ersetzt.«


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 191

d) Die Z 3 lautet:

»3. Nach § 359 wird folgender § 360 samt Überschrift angefügt:

„Schlussbestimmung zu Art. 3 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2017

§ 360. Die §§ 40 Abs. 3, 108a Abs. 2, 182a samt Überschrift, 287 Abs. 12 und 295 Abs. 11 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2017 treten mit 1. Juli 2017 in Kraft.“«

Begründung

Zu Art. 1 lit. a, Art. 2 lit. a und Art. 3 lit. a (Einleitungssätze der Novellen):

Das ASVG wurde zuletzt durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 66/2017, GSVG und BSVG wurden zuletzt im Rahmen des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 53/2017 geändert. Aus diesem Grund sind die in den Einleitungssätzen zitierten Fundstellen entsprechend zu korrigieren.

Zu Art. 1 lit. c (§ 5 Abs. 2 ASVG):

Die auf Grund der zweijährigen Legisvakanz (im Zusammenhang mit dem Entfall der täglichen Geringfügigkeitsgrenze per 1. Jänner 2017) bedingte Anführung der Aufwer­tungszahlen für die Kalenderjahre 2016 und 2017 bei der Festlegung der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze für das Jahr 2017 kann nunmehr durch den konkreten Eurobe­trag ersetzt werden.

Die jährliche Aufwertung ab dem Kalenderjahr 2018 ergibt sich durch den zweiten Satz des § 5 Abs. 2 ASVG.

Zu Art. 1 lit. c (§ 31a Abs. 8 ASVG):

Der Nationalrat hat im inhaltlichen Zusammenhang mit der Beschlussfassung über das Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung mit Entschließung 101/E vom 8. Juli 2015 aufgefordert, den Hauptverband zu beauftragen, die e-card hinsichtlich biometrischer Merkmale (Lichtbild) weiterzuentwickeln. Durch das Aufbringen des Fotos auf der e-card wird die Möglichkeit der Überprüfbarkeit der Be­rechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen aus der Sozialversicherung er-leich­tert, was insbesondere zu einer Verwaltungsvereinfachung für die LeistungserbringerIn­nen führt.

Dem Hauptverband wird nunmehr der gesetzliche Auftrag erteilt, ein Lichtbild des Kar­teninhabers/der Karteninhaberin auf der e-card anzubringen. Ab dem Jahr 2019 dürfen nur mehr e-cards mit Foto neu oder als Ersatzkarte ausgegeben werden; bis Ende 2023 sind die im Umlauf befindlichen e-cards auszutauschen. Für vorgelegte e-cards ohne Lichtbild gilt weiterhin die bereits bestehende Verpflichtung zur Überprüfung der Identi­tät. Ausgenommen sind e-cards für Kinder vor Vollendung des 14. Lebensjahres; diese Altersgrenze ist bereits derzeit für die Überprüfung der Identität als Regelungsinhalt für die Verträge (§ 342 Abs. 1 Z 3 ASVG) bzw. in den Regelungen über die Beziehungen zu den Krankenanstalten (§§ 148 Z 6 und 149 Abs. 2 ASVG) vorgesehen.

Diese Maßnahme hat keinerlei Einfluss auf das Bestehen des Versicherungsschutzes der Versicherten.

Die Fotos sollen unter Wahrung des Datenschutzes und der Persönlichkeitsrechte aus behördlichen Beständen entnommen werden, soweit dies automationsunterstützt und so­hin mit geringem Verwaltungs-aufwand möglich ist. Andernfalls ist das Foto vom Karten­inhaber/von der Karteninhaberin beizubringen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 192

Die Bundesregierung hat das Nähere – insbesondere zum EDV-lesbaren Format des Fotos, zur Übermittlung von Fotos aus behördlichen Beständen, zur Vorgangsweise bei der Beibringung des Fotos durch den Karteninhaber/die Karteninhaberin sowie zur In­formation der Versicherten – durch Verordnung zu bestimmen.

Dem Hauptverband sind die erforderlichen Kosten zur Umsetzung dieser Maßnahme aus dem allgemeinen Bundeshaushalt zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Davon er­fasst sind insbesondere auch allfällige Schadenersatzleistungen auf Grund der Verlet­zung bestehender vertraglicher Verpflichtungen.

Zu Art. 1 lit. c (§ 188b ASVG):

Mitglieder von freiwilligen Feuerwehren (Feuerwehrverbänden) sehen sich auf Grund ihrer Tätigkeit einer erhöhten Gefahr ausgesetzt, sich mit Hepatitis zu infizieren. Da diese Personen in ihrer Freizeit einen wichtigen Dienst an der Gesellschaft erbringen, soll ih­nen die Möglichkeit eröffnet werden, die Hepatitis-Impfung kostenlos durch die Allge­meine Unfallversicherungsanstalt zu erhalten.

Die Gratis-Impfung soll jenen Mitgliedern der freiwilligen Feuerwehren zu Gute kom­men, die einem besonderen Infektionsrisiko ausgesetzt sind.

Zu Art. 1 lit. c, Art. 2 lit. b und Art. 3 lit. b (§ 247 Abs. 2 ASVG; § 117a Abs. 2 GSVG;
§ 108a Abs. 2 BSVG):

Versicherten, die unter besonders belastenden Arbeitsbedingungen erwerbstätig sind, soll zur besseren Orientierung über ihren Versicherungsverlauf das Recht eingeräumt werden, das Vorliegen von Schwer-arbeitszeiten bereits zehn Jahre vor der Erreichung des einschlägigen frühestmöglichen Pensionsanfallsalters feststellen zu lassen (der­zeit: drei Jahre vor Erreichung dieses Alters). Das Vorliegen von mindestens 444 Versi­cherungsmonaten ist nicht mehr erforderlich.

Diese Maßnahme dient der besseren Abschätzbarkeit der Pensionsantrittsmöglichkei­ten.

Es sind allerdings Fallkonstellationen denkbar, in denen die Anspruchsvoraussetzun­gen für die Schwerarbeitspension nicht vor der Erreichung des Regelpensionsalters er­füllt werden können (etwa weil eine nur geringe Zahl von Versicherungsmonaten vor­liegt). In diesen Fällen wird der Versicherungsträger zunächst die antragstellende Per­son aufzufordern haben, allfällige ausländische Versicherungszeiten bekannt zu geben. Liegen auch nach einer derartigen Prüfung Versicherungszeiten lediglich in einem Aus­maß vor, das die Erfüllbarkeit der langen Versicherungsdauer bis zum Regelpensions­alter ausschließt, so kann der Antrag auf Feststellung der Schwerarbeitszeiten in ei­nem vereinfachten Verfahren zurückgewiesen werden.

Zu Art. 1 lit. d, Art. 2 lit. c und Art. 3 lit. c (§§ 607 Abs. 12 und 617 Abs. 13 ASVG;
§§ 298 Abs. 12 und 306 Abs. 10 GSVG; §§ 287 Abs. 12 und 295 Abs. 11 BSVG):

Nach geltendem Recht werden Ersatzzeiten bzw. Teilpflichtversicherungszeiten in der Pensionsversicherung für Zeiten der Leistung des Präsenzdienstes für die Erfüllung der Voraussetzungen für den Anspruch auf Langzeitversicherungspension nach den §§ 607 Abs. 12 und 617 Abs. 13 ASVG (samt Parallelrecht) – nämlich dem Vorliegen von 540 Beitragsmonaten (auf Grund einer Erwerbstätigkeit) – nur im Ausmaß von höchstens 30 Monaten als Beitragsmonate (auf Grund einer Erwerbstätigkeit) berücksichtigt. Für die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen anderer Pensionsarten waren diese Versiche­rungszeiten schon bisher in vollem Umfang zu berücksichtigen (also über die Grenze von 30 Monaten hinaus), sofern nicht ausdrücklich auf das Vorliegen von Beitragsmo­naten abgestellt wird.

Da in der Vergangenheit der Präsenzdienst als freiwillig verlängerter Grundwehrdiener bzw. als Zeitsoldat bedeutend über den Zeitraum von 30 Monaten hinaus geleistet wur-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 193

de (im Extremfall bis zu 15 Jahre), ohne dass die Betroffenen als Dienstnehmer zur So­zialversicherung gemeldet wurden, soll nunmehr auf vielfache Forderung der Betrof­fenen, aber auch des Verteidigungsressorts, der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und der Volksanwaltschaft, eine Erweiterung der Anrechnung dieser Präsenzdienstzeiten als Beitragsmonate (auf Grund einer Erwerbstätigkeit) für die Inanspruchnahme der Lang­zeitversicherungspension erfolgen.

Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Betroffenen während der Zeit ihres (erweiterten) Präsenzdienstes keine Beitragsmonate bzw. keine Beitragsmonate auf Grund einer Erwerbstätigkeit er-worben haben bzw. erwerben konnten; es wurden vom Bundesheer für diese Monate auch keine Pflichtversicherungsbeiträge in der Pen­sionsversicherung geleistet.

Demgemäß wird vorgeschlagen, die Beschränkung der Berücksichtigung der Ersatz­zeiten bzw. Teilpflichtversicherungszeiten der Präsenzdienstleistung mit höchstens 30 Mo­naten für die Erfüllung der „langen Versicherungsdauer“ nach den §§ 607 Abs. 12 und 617 Abs. 13 ASVG samt Parallelrecht aufzuheben. Diese Neuregelung soll nur für Pen­sionsstichtage nach ihrem Inkrafttreten (1. Juli 2017) gelten.

Durch die Verweisung auf § 607 Abs. 12 ASVG im § 607 Abs. 14 ASVG (bzw. durch die entsprechenden Verweisungen im Parallelrecht) ist gewährleistet, dass der Entfall der Beschränkung der Berücksichtigung dieser Versicherungsmonate auch für die Lang­zeitversicherungsregelung bei Schwerarbeit nach § 607 Abs. 14 ASVG samt Parallel­recht zur Anwendung kommt.

Bezüglich des Zivildienstes wird diese Änderung mangels außerordentlicher Einsätze (im Katastrophen-fall) keine Relevanz entfalten.

Zu Art. 1 lit. e (§ 707 Abs. 2 ASVG):

Die vorgeschlagene Maßnahme entspricht einem Vorhaben aus dem Regierungspro­gramm für die XXV. Gesetzgebungsperiode und soll die Kostendynamik in stationären Pflegeeinrichtungen dämpfen. Insbesondere soll neben dem Bezug über öffentliche Apo­theken auch ein begünstigter Bezug beim Großhandel ermöglicht werden.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Loacker. – Bitte.

 


17.08.36

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Selbstverständlich ist der Pflegeregress in seiner derzeitigen Form inakzeptabel, vor allem deswegen, weil es in jedem Bundesland anders ist, aber auch, weil es in den einzelnen Bundesländern oft höchst intransparent ist. Das Traurige ist nur, dass das Thema Pflege, das ein großes und umfassendes ist, jetzt in einer Wahlkampf­aktion populistisch verbraten wird, ohne dass man an substanziellen Lösungen arbei­tet. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.)

Wir haben eine Entwicklung der Bevölkerungsstruktur, die darauf schließen lässt, dass sich die Pflegekosten in den nächsten Jahren verdoppeln werden. Wir haben auch kürz­lich darüber diskutiert, dass die Volksanwaltschaft immer wieder Berichte aus großen Pflegeheimen bringt, in welchen die Betreuungsqualität nicht stimmt. Wir wissen, dass in den Bundesländern die Qualitätsstandards, so es überhaupt definierte gibt, ganz un­terschiedlich sind, dass die Personalschlüssel ganz unterschiedlich sind. Und jetzt wird ein Anreiz dazu gesetzt, dass mehr Personen in Heime kommen, weil das im Wahl­kampf ein schöner Schlager wird.

Finanziert soll das mit einer Reduzierung des e-card-Betrugs werden. Bitte, lieber Gustl, wenn 43 000 e-cards im Jahr als gestohlen gemeldet werden, dann weil Geldbörsen ver-


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schwinden, in denen die e-card drinnen war, die e-card wird ja nicht gezielt gestohlen. Wenn man deine e-card stiehlt, brauchst du eine neue, und dann wird die alte ungültig, und mit der kann man keinen Missbrauch betreiben. Das Geld, das ihr mit den Karten hereinholen wollt, das gibt es gar nicht und das wird nicht hereinholbar sein.

In der Pflege ist also einiges zu tun, aber das muss man im Großen, systematisch an­gehen. Wir müssen schauen, dass wir mehr mobile Pflege bekommen, wir müssen die Pflege in kleinen Einheiten, nicht in großen Bettenburgen organisieren, und daher brin­ge ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend nachhal­tige Reformen im Pflegebereich – ambulante, mobile und dezentrale Lösungen forcieren

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich Maßnahmen vor­zulegen und mit den Bundesländern auszuverhandeln, um nachhaltige Reformen im Pfle­gebereich zu realisieren. Folgende Punkte sind dabei insbesondere zu berücksichtigen:

Bekenntnis zum Ausbau mobiler Pflege, statt stationärer,

Fokus auf dezentrale und mobile Lösungen, sowohl für Gepflegte als auch Pflegende und die Organisation der Pflege selbst,

bundeseinheitliche Qualitätsstandards, insbesondere bei Personalschlüsseln.

*****

Zum Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz, das sich jetzt zufällig zur Trägerrakete für diese Pflegegeschichte entwickelt hat: Wir wollen ein System, in dem, wenn zwei Kas­sen um die Beiträge raufen, nicht eine Kasse entscheidet, wo das Geld hinkommt. Wenn jemand selbstständig sein will, als Selbständiger arbeiten möchte, dann darf es nicht in der Entscheidungskompetenz der Gebietskrankenkasse liegen, diesen Selbständigen ge­gen seinen eigenen Willen umzuqualifizieren und zum Angestellten zu machen. Das muss in einer freien Welt und in einer freien Wirtschaft doch möglich sein.

Es müsste möglich sein, dass man sagt, ab einem gewissen Einkommen im Jahr kann niemand gegen seinen Willen umqualifiziert werden. Offensichtlich schaffen wir das nicht, weil das System stärker ist. Die Regierungsparteien, Rot und Schwarz, wollen daran ar­beiten, dass ihre Kassen die Macht behalten und dass über die Köpfe der Betroffenen hinweg bestimmt wird, wer selbständig und wer unselbständig arbeitet. Das halten wir für unzumutbar. (Beifall bei den NEOS.)

17.11


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Loacker eingebrachte Ent­schließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend nachhaltige Reformen im Pflegebereich - ambulante, mobile und dezentrale Lösungen forcieren


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eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschuss für Arbeit und So­ziales über die Regierungsvorlage (1613 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Einkommensteuer-gesetz 1988 geändert werden (So­zialversicherungs-Zuordnungsgesetz - SV-ZG) (1698 d.B.) – TOP 31

Selbstverständlich ist der Pflegeregress in seiner derzeitigen Form inakzeptabel - nicht zuletzt deshalb, weil er in jedem Bundesland unterschiedlich geregelt wird und Ungleich­heiten sowie Intransparenzen auf der Tagesordnung stehen. Abermals fällt nun wieder eines der wichtigsten Zukunftsthemen kurzfristigen Wahlkampfpolemik zum Opfer. Statt nachhaltige Reformen, einen Systemwandel und eine Absicherung und Verbesserung der Pflegestandards zu erreichen, soll der Pflegeregress ohne jegliche Begleitmaßnah­men abgeschafft werden.

In den kommenden Jahrzehnten wird sich die Bevölkerungsstruktur in Österreich stark verändern. Die sogenannte Babyboomer-Generation scheidet aus dem Arbeitsmarkt aus, gleichzeitig bleibt jedoch die Geburtenrate niedrig und die Lebenserwartung steigt wei­ter an. Vor diesem Hintergrund ist eine Reform des derzeitigen Pflegesystems dringend notwendig. Nach Modellschätzungen des Ageing Reports 2015 der Europäischen Kom­mission werden sich – je nach Szenario – auch die Kosten für Pflege in den kommen­den Jahrzehnten mehr als verdoppeln. Parallel zu diesem Wandel der Bevölkerungs- und Ausgabenstruktur ändern sich auch die Haushalts- und Familienstrukturen.

Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, einen grundsätzlichen Systemwandel im Pfle­gebereich zu forcieren und politisch zu begleiten. Die Betroffenen müssen wohnort- und lebensnahe Versorgung in Netzwerken von professionellen Ansprechpartner_innen im interdisziplinären Gesundheits- und Pflegebereich vorfinden können. Dadurch muss ei­ne Verlagerung sichergestellt werden, weg von stationären Bettenburgen hin zu klei­nen Einheiten sowie zum mobilen Bereich.

Die Gründe für diesen nötigen Systemwandel liegen auf der Hand:

Stationäre Pflege (egal ob Pflegeheim, Spital, etc.) ist die teuerste Variante und hat für die Betroffenen oft keine befriedigende Betreuungsqualität. Ambulante Pflegedienste sind in der Lage, pflegebedürftige Personen in ihrer gewohnten Umgebung zu pflegen und erfüllen damit einen der größten Patient_innenwünsche.

Bei Pflege in den eigenen vier Wänden bestimmt die zu pflegende Person ihren Alltag und den Umfang der Pflege stärker selbst und ist dadurch unabhängiger. Bei akuten Krankheitsfällen schreitet der Genesungsprozess bei häuslicher Pflege deutlich schnel­ler voran.

Ambulante Pflegedienste sind auch aus volkswirtschaftlicher Sicht vorteilhaft. So führt der Verbleib in den eigenen vier Wänden bei den Betroffenen nur selten zu Abhängig­keiten von Sozialleistungen.

Ambulante Pflege sorgt dafür, dass die Menschen wirklich nur für die Dauer einer aku­ten Notsituation in ein teures stationäres System gehen (z.B. nach Hüft-OP, Übergangs­pflege, Hospizbedarf).

Ambulante Pflege bindet das soziale Umfeld (z.B. Familie) mit ein. Dies sorgt, sinnvoll umgesetzt, dafür, dass sowohl die zu pflegende Person profitiert, als auch die Familie Entlastung findet und weiterhin im Erwerbsleben verbleiben kann.

Bei einem guten System sind die Leute möglichst lange in Betreuung (Unterstützung bei den Dingen des alltäglichen Lebens), aber nur kurz bzw. nur wenig in Pflege (z.B. Inkontinenzversorgung, Versorgung chronischer Wunden, etc.). Der Betreuungsteil kann und soll, wenn möglich, durch Angehörige erfolgen. Im Pflegeheim ist die Betreuung oft aufgrund des Personalmangels und der schlechten Verteilung nicht ausreichend und bleibt auf Grund des hohen Pflegebedarfs auf der Strecke.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 196

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich Maßnahmen vor­zulegen und mit den Bundesländern auszuverhandeln, um nachhaltige Reformen im Pfle­gebereich zu realisieren. Folgende Punkte sind dabei insbesondere zu berücksichtigen:

Bekenntnis zum Ausbau mobiler Pflege, statt stationärer,

Fokus auf dezentrale und mobile Lösungen, sowohl für Gepflegte, als auch Pflegende und die Organisation der Pflege selbst,

Bundeseinheitliche Qualitätsstandards., insbesondere bei Personalschlüssel.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Stöger. – Bitte.

 


17.12.14

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Alois Stöger, diplômé: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren hier im Hohen Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Für mich ist das heute ein ganz wichtiger Tag. Wir schaffen Sicherheit, wir schaffen Sicherheit für viele, viele Menschen in Österreich: für die Jungen, die endlich keine Angst mehr haben müs­sen, wenn sie zu Hause Eltern, Großeltern haben, die gepflegt werden müssen, dass auf das Vermögen zurückgegriffen wird; für die Menschen, die sich nicht trauen, Pflege in Anspruch zu nehmen, weil dann eine Lebenswelt oder das Erarbeitete ihres ganzen Lebens verloren gehen könnte.

Das sind die Ängste, die die Menschen haben, und diese Ängste können wir heute ab­bauen. Die Leute brauchen keine Angst mehr zu haben. Es ist eine schwierige Situa­tion, wenn Menschen in Pflege kommen. Wie geht man damit um? Gerade die Angst vor dem Regress hat dazu geführt, dass manche nicht gepflegt worden sind.

Ich sage Christian Kern Danke dafür. Christian Kern hat in seinem Plan A sehr deutlich gesagt, wir wollen diesen Pflegeregress beenden, und er hat die Energie dafür aufge­bracht. Ich bin so froh, dass es heute gelingt, den Pflegeregress abzuschaffen, damit tun wir sehr, sehr viel für alle Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Peter Wurm: Dazu habt ihr 14 Jahre gebraucht!)

Wir schaffen damit für manche Personengruppen die 100-prozentige Erbschaftssteuer ab. (Abg. Tamandl: Jetzt wird’s lustig, wenn wir die Erbschaftssteuer ...!) Das ist etwas ganz Wichtiges, und ich sage dazu, dass wir damit verhindern, dass Menschen ihre Häu­ser und ihre Wohnungen verlieren. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Warum habt ihr das nicht längst gemacht? In Wien zum Beispiel!) Das ist Sozialpolitik, die gerade von der Sozialdemokratie ausgeht. (Abg. Neubauer: Unglaublich!) Wir sagen sehr deutlich, wir geben den Menschen Sicherheiten, indem wir kollektiv die Verantwortung für die beste Pflege übernehmen. (Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich bin dankbar dafür, dass die Soziallandesrätinnen und Soziallandesräte vorigen Frei­tag an einem Pflegegipfel mitgewirkt haben und wir in der Pflege ganz moderne For­men entwickelt haben. Wir werden international immer um unser Pflegesystem benei­det. (Abg. Peter Wurm: Bleiben Sie bei der Wahrheit, Herr Minister!) Ich bedanke mich auch bei allen, die in Österreich Pflegeleistungen erbringen – in allen Pflegeheimen –,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 197

bei denen, die bei mobilen Diensten tätig sind und so sicherstellen, dass die Menschen in Österreich keine Angst zu haben brauchen, wenn sie älter werden (Abg. Neubauer: Das haben Sie zu verantworten!), keine Angst zu haben brauchen, wenn sie Pflegebe­darf haben, und dank derer sichergestellt wird, dass die Menschen gepflegt werden. (Zwi­schenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein.)

Wir schaffen wieder in zwei Feldern Rechtssicherheit: Wir schaffen Rechtssicherheit da­durch, dass Menschen richtig zur Sozialversicherung zugeordnet werden – auch das ma­chen wir –, damit sie die entsprechenden Ansprüche haben, und wir schaffen heute Rechtssicherheit dadurch, dass Schwerarbeiter zehn Jahre, bevor sie in Pension ge­hen können, auch feststellen können, ob sie in die Schwerarbeiterregelung fallen. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das war aber schon vorher Tagesordnungspunkt!) Auch da schaffen Sie für Menschen Sicherheit und dafür sage ich Danke. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das haben wir schon gemacht! Das ist schon beschlossen worden!) Ich dan­ke Ihnen allen für die Unterstützung bei dieser Regelung. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Peter Wurm: Bitte, gerne! Wir ha­ben gerne geholfen, Herr Minister!)

17.16


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Muchitsch zu Wort. – Bitte.

 


17.16.24

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr ge­schätzte Frau Ministerin! Herr Minister! Ich verstehe die Unruhe nicht ganz, weil wir, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, in diesen Stunden mit sozialen Maßnahmen (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ja, richtig!), die zustande zu bringen wir uns vielleicht vor ei­nigen Tagen oder Wochen nicht haben vorstellen können, Geschichte schreiben. Des­wegen ist es ein wirklich erfreulicher Tag, weil es um die Abschaffung des Pflegeregres­ses geht.

Wir wissen, dass 454 000 Menschen in Österreich Pflegegeld beziehen – so viele wie in keinem anderen Land –, durch ein sehr schönes, dichtes und sehr gerechtes sozia­les Netz der Pflege. Unter diesen 454 000 sind aber 40 000 Betroffene, die leider nicht mehr zu Hause gepflegt werden können, sondern letztendlich Pflege in einem Heim in Anspruch nehmen müssen. Da hat sich die Vermögensfalle aufgetan, genau da haben die Bundesländer zugegriffen, als es darum gegangen ist, sich in unterschiedlicher Wei­se die Kosten von den Betroffenen zurückzuholen. Das ist Geschichte – das ist wichtig, das ist gut für alle Betroffenen; umso mehr bedanke ich mich bei allen, die möglich ge­macht haben, dass dies zustande kommt. Bundeskanzler Christian Kern hat es im Plan A ausgeführt, viele haben es für unmöglich gehalten, es ist jetzt in Umsetzung.

Wir haben auch eine klare Position, wenn es um eine Finanzierung darüber hinaus geht, weil uns gerade die Pflege auch in den nächsten Jahren noch stärker herausfordern wird. Es geht um zusätzliche Mittel, die aufzubringen sind, weil wir immer älter wer­den – das ist ein gutes Zeichen –, weil wir in einem schönen Land leben. Da gibt es un­sere klare Position für eine Erbschaftssteuer, mit der wir von jenen einen Beitrag haben wollen, die es sich wirklich leisten können, nämlich Menschen, die mehr als 1 Million € erben. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist nicht der klassische Häuslbauer, das ist nicht die Mindestpensionistin, sondern das sind jene, die es sich wirklich leisten können. (Abg. Neubauer: Wir müssen viel öfter wählen! – Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ja, wir brau­chen öfter Wahlen!)

Ich bedanke mich abschließend wirklich bei all jenen, die es möglich gemacht haben, in den letzten Stunden und in den letzten zwei Tagen so viel an gesetzlichen Verbes­serungen im Sozialwesen zustande zu bringen. Ich glaube schon fast, es ist ein biss­chen zu viel für die Medien. Herr Ettinger weiß vor all den positiven Dingen, die wir in den letzten Stunden zustande gebracht haben, vielleicht gar nicht, was er alles schreiben soll.


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Aus diesem Grund bedanke ich mich recht, recht herzlich stellvertretend für alle bei un­serer wirklich geschätzten und kompetenten Klubexpertin Gabriele Kotzegger und ihrem gesamten Team. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Loacker.) Das war eine tolle Ar­beit – es gab SMS, es gab E-Mails in den Nachtstunden – und hat wirklich toll gegriffen.

Ich bedanke mich aber auch beim Koalitionspartner, bei meinem Verhandlungspartner Gustl Wöginger und seiner Mannschaft, dass es gelungen ist, so viel zustande zu brin­gen, und letztendlich auch bei den Oppositionsparteien Team Stronach, FPÖ und Grü­nen, die da mitgehen und ein klares Zeichen setzen. (Abg. Peter Wurm: So wollen wir es haben!) Ich bedaure, dass die NEOS nicht mittun, dass sie wieder einmal ein Zei­chen sozialer Kälte setzen, das niemand versteht; das ist traurig. (Abg. Scherak: Wir sind gegen Wahlzuckerl!) Allen anderen Parteien recht herzlichen Dank. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, FPÖ und Grünen.)

17.19


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Ing. Dietrich. – Bitte.

 


17.20.02

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Minister! Frau Minister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Es ist wirklich so: Heute ist ein wichtiger Tag, heute ist ein guter Tag für jedermann in Öster­reich. Der Pflegeregress betrifft ja nicht nur ältere Menschen, sondern es gibt leider Got­tes auch viele junge Menschen, es gibt Familienväter, Mütter, junge Mütter, die einen Schicksalsschlag erleiden, die einen Unfall haben und von heute auf morgen ein Pfle­gefall sind. Da geht dann oft das Haus, wofür man viel gespart hat, viel Initiative und Kraft aufgewendet hat, drauf, und diejenigen, die die Pflege vornehmen, wissen von heu­te auf morgen nicht mehr, wie es weitergehen soll.

Aus diesem Grund geben wir allen Menschen Sicherheit, wir geben den älteren Men­schen Sicherheit, damit sie keine Angst zu haben brauchen, dass am Ende des Tages, wenn es soweit ist, dass sie Pflege in Anspruch nehmen müssen, alles draufgeht. Aus diesem Grund sind wir mit von der Partie, wenn es darum geht, den Regress abzu­schaffen.

Meine geschätzten Damen und Herren! Zur Finanzierung: Ich finde es eigenartig, wenn man sagt, man führt die e-card mit Foto ein, um den Missbrauch hintanzuhalten. Ich er­innere daran: Als wir einen Antrag eingebracht haben, dass endlich ein Foto auf die e-card kommen soll, damit der Missbrauch ein Ende hat, haben die Regierungsfraktionen gesagt, das sei viel zu teuer, das könne man auf keinen Fall machen. Meine Kollegin Ulrike Weigerstorfer hat dazu eine Anfrage eingebracht, wie viel denn da überhaupt miss­braucht wird, wie viel Geld dem Staat da verloren geht; dann sagt man plötzlich: Jetzt geben wir das Foto drauf, weil dieser Missbrauch endlich aufhören muss! – Ja, wir sind der Meinung, es darf kein Missbrauch stattfinden; ja, wir sind der Meinung, es gehört das Foto drauf; ja, das ist der richtige Weg. Schließlich und endlich war es auch unsere Initiative. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich habe schon eine Idee, wie wir diesen Regress finanzieren könnten, nämlich indem wir endlich einmal ehrlich über Luxuspensionen sprechen würden (Abg. Rädler: Über Ihre!), indem wir endlich einmal – und da appelliere ich an die Sozialdemokraten – ein so­ziales Herz zeigen würden. Wenn nämlich 900 000 Österreicherinnen und Österreicher mit 889 € Pension herumspazieren, während auf der anderen Seite viele, viele mit Zig­tausenden Euro gehen – Stichwort Nationalbankdurchschnitt 17 000 €, oder Charly Ble­cha, um Namen zu nennen (Abg. Peter Wurm: Das steht aber nicht beim Kern im Plan A!), mit 14 000 €, 300 Altpolitiker mit Pensionen zwischen 6 800 und 14 000 €; davon, wel­ches Eldorado in der Stadt Wien für Beamte herrscht, will ich gar nicht sprechen. Das


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wäre ein Weg, endlich einmal mit den Luxuspensionen, für die niemand eingezahlt hat – nämlich maximal 17 Prozent – aufzuräumen, damit würden wir ein soziales Herz zei­gen. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Lugar: Rich­tig!)

Meine geschätzten Damen und Herren! Wir haben heute, mit der Abschaffung des Pfle­geregresses, einen richtigen Schritt gesetzt. Wir müssen in Zukunft ehrlich über die Fi­nanzierung der Pflege sprechen. Das ist ein Themenbereich, der neue Herausforderun­gen mit sich bringt, der es erlaubt, auch neue Maßnahmen anzudenken. Aus unserer Sicht wäre die Pflegeversicherung, über die wir ehrlich nachdenken müssen, die wir ehr­lich andiskutieren müssen, ein richtiger Schritt. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. El Habbassi.) In diesem Sinn: Da gibt es noch viel Arbeit, da ist viel zu tun. Ich wün­sche uns allen, dass wir die richtigen Schritte setzen. (Beifall beim Team Stronach.)

17.24


Präsident Karlheinz Kopf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abge­ordneter Neubauer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


17.24.31

Abgeordneter Werner Neubauer, BA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Abgeord­neter Hammer hat in seiner Rede behauptet, die Linzer FPÖ sei in einen aktuellen Fi­nanzskandal verwickelt.

Ich berichtige tatsächlich: Die FPÖ verfügt über das Ressort Abgaben und Steuern, nicht über das Ressort Verwaltungsstrafverfahren, daher kann die FPÖ gar nicht in den ange­sprochenen Fall involviert sein. Die Aussage ist deshalb unwahr. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

17.25


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Frau Bundesministerin Dr. Rendi-Wagner zu Wort. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


17.25.00

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch für mich ist heute ein guter Tag. Warum? – Weil wir alle als Mitglieder dieser Gesellschaft vom Thema Pflege betroffen sind, weil es jeden Einzelnen von uns betreffen kann, weil es uns alle angeht und weil es auch ein Thema ist, das viele Frauen angeht, die zu ei­nem Großteil die Pflegearbeit in den Familien leisten. Es ist auch deswegen ein guter Tag, weil mit dem heutigen Beschluss 40 000 Familien in Österreich signifikant gehol­fen wird.

Es muss uns klar sein, dass jeder Einzelne betroffen sein kann, und das kann sehr bald und über Nacht eintreten. Solche Schicksalsschläge kommen von einem Tag auf den anderen. Viele von uns kennen das schon, direkt oder indirekt. Jeder hat das er­zählt bekommen, wenn die Großeltern, die sich jahrelang, jahrzehntelang um die Fa­milie kümmern, um die Enkelkinder kümmern, die immer da sind, wenn die Familie sie braucht, plötzlich diejenigen sind, die Hilfe brauchen. Das ist eine Umkehr, die plötzlich von einem Tag auf den anderen bei Familien eintritt.

Genau diese Schicksalsschläge sind es, die mit Ängsten verbunden sind. Das sind zum einen die Ängste der Betroffenen selbst, derer, die pflegebedürftig werden, weil sie von einem Tag auf den anderen den anderen – unter Anführungszeichen – „zur Last fallen“, und es sind die Ängste der betroffenen Familien, die oft nicht wissen, wie sie die­se schwere Situation schultern und bewältigen sollen.

Das Letzte, was diese Familien in dieser schweren Situation brauchen, sind Sorgen um die finanzielle Situation und Sorgen darüber, wie sie sich all das, die Jahre und Jahr-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 200

zehnte der Pflegearbeit leisten können. Das Letze, wovor sie in dieser Situation Angst haben sollen, ist, alles zu verlieren, was der- oder diejenige für die Familie ein Leben lang erarbeitet und erspart hat.

Sehr geehrte Damen und Herren! Heute ist ein guter Tag, weil wir den Pflegeregress abschaffen und damit 40 000 Familien entlasten. Wenn jemand krank ist, wenn jemand Pflege braucht, dann braucht er/sie die Unterstützung der Gesellschaft, des Systems und des Staates am allernötigsten. Da müssen sich alle, die krank oder pflegebedürftig wer­den, auf das System, die Gesellschaft und den Staat verlassen können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Lassen Sie mich auch als Frauenministerin kurz etwas zur Pflege ausführen: Das The­ma Pflegearbeitet und Pflege betrifft in sehr, sehr hohem Ausmaß, in unverhältnismä­ßig hohem Ausmaß Frauen. Warum? – Es sind die Frauen, die zu 80 Prozent die Pfle­gearbeit in den Familien leisten und damit eine Doppelbelastung, manchmal Dreifach­belastung – sie haben ja auch sehr oft Kinder – haben und diese Doppel- und Dreifach­belastung schultern müssen. Das ist keine Selbstverständlichkeit, sehr geehrte Damen und Herren, und darf so auch nicht weiter hingenommen werden. (Beifall bei Abgeord­neten der SPÖ.)

Anstatt die Pflegeaufgaben auf die Frauen dieses Landes abzuwälzen, werden wir uns künftig auch viel mehr darum kümmern müssen, erstklassige Pflege zu organisieren, gut zu organisieren und in Pflegeberufe und Gesundheitsberufe – Menschen, die Pflege je­den Tag, jede Nacht ausüben – zu investieren. Auch dort, in den Institutionen, in den Pfle­geeinrichtungen sind es zum größten Teil die Frauen, die die Pflegearbeit leisten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte auch zu einem weiteren wichtigen Vor­haben, das heute auf der Tagesordnung steht, Stellung nehmen. In Österreich gibt es mehr als 800 Pflegeeinrichtungen, Alten- und Pflegeheime, mit mehr als 80 000 Pflege­plätzen. Bis Ende des Jahres werden wir ein Gesetz erarbeiten, mit dem wir das Medi­kamentenmanagement für diese stationären Pflegeeinrichtungen vereinfachen und da­mit wesentlich kostengünstiger gestalten. Warum ist das wichtig? – Weil damit Pflege­einrichtungen Medikamente künftig nicht nur von Apotheken, sondern auch zentral und direkt von anderen Quellen beziehen können. Das hat zwei Vorteile: einerseits, dass man genau abgestimmt auf den Medikamentenbedarf und auch vorausplanend beziehen kann und die Pflegebediensteten entlastet werden, weil sie nicht täglich in die nächstgelege­ne Apotheke gehen und den täglichen Einkauf dort vornehmen müssen, und anderer­seits wird damit auch die öffentliche Hand Geld einsparen und davon profitieren, weil die Beschaffung dieser Arzneimittel dadurch wesentlich günstiger wird.

Lassen Sie mich zum Schluss noch das letzte Thema, das heute auch zur Diskussion steht, ansprechen, nämlich das Thema der Hepatitisimpfung für die freiwilligen Feuerweh­ren. In Österreich gibt es derzeit rund 250 000 Mitglieder bei freiwilligen Feuerwehren, die bei rund 250 000 Einsätzen insgesamt 1,7 Millionen Stunden Arbeit pro Jahr leis­ten.

Sie werden bei Bränden, bei Unfällen, bei Überschwemmungen, bei Hochwasserkata­strophen, bei Bergungen von Verletzten eingesetzt. Dabei riskieren diese Frauen und diese Männer ihre eigene Gesundheit, wenn nicht ihr Leben, und ein spezifisches Ri­siko ist mit dieser gefährlichen Arbeit darüber hinaus verbunden, nämlich das Risiko ei­ner Infektion mit Hepatitis A und B, beispielsweise bei der Bergung von verletzten, blu­tenden Menschen bei Autounfällen, oder Hepatitis A im Rahmen von Überschwemmun­gen. All das sind Situationen, bei denen Infektionsgefahr besteht. (Abg. Neubauer: ... wur­de das erst gestern abgelehnt?)

Ich will an dieser Stelle zu bedenken geben, dass diese Männer und Frauen der frei­willigen Feuerwehren genau diesen Einsatz, diese Arbeit im Rahmen ihrer Freizeit ma-


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chen. Sie machen das ohne Bezahlung, sie machen das ehrenamtlich, und ich bin der Überzeugung, dass wir es ihnen schulden, dass wir das Risiko einer Infektion bei der Hilfe am Nächsten so gering wie möglich halten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Das Risiko betreffend ihre Gesundheit und ihr Leben, dem die Mitglieder der freiwilli­gen Feuerwehren jeden Tag ausgesetzt sind, wird immer gegeben sein, aber da, wo wir das Risiko minimieren, reduzieren können – nämlich genau dort, wo es eine Impfung gibt, eben gegen Hepatitis A und B –, da sollten wir sie schützen und da müssen wir han­deln. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.32


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Groiß. – Bitte. (Abg. Neubauer: Der wird jetzt auch die Feuerwehr loben!)

 


17.32.35

Abgeordneter Ing. Mag. Werner Groiß (ÖVP): Sehr geehrter Präsident! Frau Minis­ter! Herr Minister! Ich versuche, über das Thema Sozialversicherungs-Zuordnungsge­setz zu sprechen, das jetzt in der Debatte ein bisschen zu einer Trägerrakete zurück­gestuft worden ist. (Abg. Kogler: Er versucht, zu sprechen!) – Ja, ich versuche, zu spre­chen, damit dieses Thema, das eigentlich auf der Tagesordnung steht, ins richtige Licht, ins Rampenlicht gerückt wird.

Als Steuerberater ist man oft damit konfrontiert, dass junge Menschen, die vielleicht kei­nen Arbeitsplatz finden, ihr Leben selbst in die Hand nehmen, sich selbständig und ihr Hobby zum Beruf machen, sei es in der EDV, sei es in sonstigen Dienstleistungsbe­reichen. Sie arbeiten für andere, sei es in Coworking Center, sei es in Start-up-Center, und wenn zwei so gut zusammenarbeiten, werden die Stunden mehr, man arbeitet im­mer mehr, und die Partnerschaft funktioniert tadellos.

Dann kommt ein, zwei Jahre später, irgendwann ein Krankenkassenprüfer zum Auf­traggeber und stellt fest: Hoppla, das könnte auch ein Angestellter sein! – Die Selbstän­digkeit wird abgesprochen, und dementsprechend kommt es zu einer Umqualifizierung. Es kommt zu enormen Nachzahlungen, es kommt zu Abwicklungen, das kann sogar da­zu führen, dass der Auftraggeber in Insolvenz gehen muss – und das sind keine Ein­zelfälle.

Folge dieser Umqualifizierung ist derzeit: kein Auftrag für den Arbeitnehmer, kein Ar­beitgeber mehr, und das AMS hat in Zukunft zwei Kunden mehr.

Als Obmann der Wirtschaftskammer in meinem Bezirk setze ich mich seit vielen Jah­ren dafür ein, dass wir genau dagegen vorgehen müssen, dass wir hier Rechtssicher­heit schaffen, und das erreichen wir mit diesem Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz. Es ist daher ein guter Tag für Kleinunternehmer, ein guter Tag insofern, als es da Rechts­sicherheit gibt (Abg. Peter Wurm: Gelöst ist das nicht, Herr Kollege! Gelöst ist das nicht!) beziehungsweise man Anträge stellen kann, dass bescheidmäßig festgestellt wird: Bin ich jetzt Selbständiger oder bin ich Angestellter? – Das kann ich im Prinzip in vielen Bereichen machen. Dabei ist die Mitwirkung aller Krankenkassen gegeben; es wird be­scheidmäßig festgestellt.

Natürlich ist es nicht befriedigend, dass die Krankenkasse, da sie bisher allein das Macht­monopol hatte, auch jetzt noch eine Vormachtstellung hat, denn sie hat natürlich Inter­esse daran, möglichst viele Beiträge einzunehmen. (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.) Es wäre daher sinnvoll, ein neutrales Schiedsverfahren einzurichten, also wahrscheinlich mit einer Behörde, die nicht von den Arbeitgebern und von den Bruttolöhnen profitiert, zum Beispiel die Gewerbebehörde; es ist aber ein Schritt in die richtige Richtung, den wir auf jeden Fall mitgehen sollten.

Am schönsten wäre es natürlich, wenn wir die Eigenverantwortung noch größer schrei­ben würden, sodass, wenn zwei erwachsene Menschen miteinander Geschäfte machen


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wollen, kein Dritter sagt: Hoppla, das sehen wir ganz anders! – So weit sind wir derzeit aber noch nicht.

Ein Wort noch zum Antrag der Frau Kollegin Schatz betreffend die Abschaffung der Ge­ringfügigkeitsgrenze: Es hat selten einen Oppositionsantrag gegeben, den ich mit einer solchen Überzeugung ablehnen konnte, denn die Geringfügigkeit hilft den Men­schen, Arbeit zu finden, damit sie dazuverdienen können. Gerade die Abschaffung der tägli­chen Geringfügigkeitsgrenze, die wir vor Kurzem erst beschlossen haben, trägt wirklich dazu bei, Bürokratie abzubauen und dass die Menschen und die Unternehmen einen vernünftigen Umgang miteinander haben, daher werden wir diesem Antrag natürlich nicht zustimmen.

Für die Kleinunternehmer ist es ein guter Tag, denn die Kleinunternehmer haben heute einen wesentlichen Schritt zur Rechtssicherheit geschafft; weitere Schritte können ger­ne folgen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Krainer.)

17.36


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Neubauer. – Bitte.

 


17.36.35

Abgeordneter Werner Neubauer, BA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin, Sie haben sich heute mit einem flammenden Appell bezüglich diese Hepatitisimpfung für Mitglie­der der freiwilligen Feuerwehren geäußert. Ich darf Sie fragen, warum dann Ihre Ge­nossinnen und Genossen gestern den freiheitlichen Antrag betreffend eine solche Imp­fung abgelehnt haben. Das würde mich wirklich interessieren. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Schieder. – Abg. Krainer: Ein Entschließer oder ein richtiges ...!)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte mich zu TOP 30 zu Wort melden. Letzte Woche hat der Seniorenrat, vertreten durch die Präsidenten Blecha und Korosec, eine Pressekonferenz abgehalten, und der Inhalt der Pressekonferenz war, die Interessen der Pensionisten aufzulisten, weil es ja in Österreich gerade vor Wahlen immer zu großar­tigen Versprechungen gegenüber einer Gruppe kommt, die in Österreich immerhin 2,3 Mil­lionen Menschen umfasst und damit einen großer Anteil an den Wählerinnen und Wäh­lern in Österreich ausmacht.

Vor solchen Wahlen werden natürlich immer Versprechungen gemacht, dabei soll aber vergessen werden, was sich in den letzten fünf Jahren auf der politischen Ebene im Wesentlichen ereignet hat. Es soll vergessen werden, dass es zum Beispiel beim Pfle­gegeld zu keiner adäquaten Anhebung gekommen ist. Wir haben da Verluste von über 30 Prozent, das wurde nicht abgegolten, stattdessen wurde der Zugang zur Pflege mas­siv erschwert. Auch das soll den Pensionistinnen und Pensionisten nicht mehr aufs Ge­müt drücken. Natürlich kam es in den letzten Jahren zu keiner adäquaten Anpassung bei den jährlich zu adaptierenden Pensionen.

Wir haben außerdem nach wir vor bei den Pensionsantritten eine Wartefrist von circa 24 Monaten. Darüber hinaus soll auch vergessen werden, dass Bundeskanzler Faymann den Menschen versprochen hat, dass 50 Prozent der Sozialversicherungsbeiträge re­fundiert werden, zumindest bis zu einer Höhe von 110 €. – Es blieb bei Versprechun­gen, umgesetzt wurde leider nichts davon.

Herr Bundesminister Stöger, auch was die 30 000 Wohnungen betrifft, die versprochen wurden, um den Menschen im Alter von 50 plus zu helfen: Bis heute hat keine einzige Wohnung den Spatenstich hinter sich gebracht.

Ich stelle deshalb heute hier einen Antrag, um Ihnen die Entscheidung zu erleichtern, ob Sie die Senioren besser unterstützen wollen. Sie können dann entscheiden, inwie-


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weit Sie den sozialdemokratischen Präsidenten Blecha oder die ÖVP-Präsidentin Koro­sec unterstützen möchten.

In diesem Sinne bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Werner Neubauer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maß­nahmenpaket für Österreichs Pensionisten

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Kon­sumentenschutz, wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der folgende Maßnahmen vorsieht:

die Pensionsanpassung für 2018 auf der Grundlage eines aktualisierten Pensionisten­preisindex,

eine Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung,

eine Abschaffung des Pensionssicherungsbeitrages bis zur ASVG-Höchstbeitragsgrund­lage im öffentlichen Dienst,

eine Steuergutschrift („Negativsteuer“) für Ausgleichszulagenbezieher,

Aufhebung der Einschleifregelung beim erhöhten Pensionistenabsetzbetrag,

eine Mindestpension von 1 200 €.

*****

Ich ersuche um Zustimmung. (Beifall bei der FPÖ.)

17.40


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Neubauer eingebrachte Ent­schließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Werner Neubauer

und weiterer Abgeordneter

betreffend Maßnahmenpaket für Österreichs Pensionisten

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 34.) Bericht des Aus­schusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2037/A(E) der Abgeordneten Ing. Wal­traud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Luxuspensionsreform jetzt - das Arbeitsprogramm der Bundesregierung 2017/2018 umsetzen“ (1700 d.B.) in der 190.Sit­zung des Nationalrates am 29.06.2017

Blecha und Korosec: Pensionsanpassung, steuerliche Entlastung und Pflege von be­sonderer Bedeutung für ältere Menschen

Seniorenrat setzt Arbeitsgruppe zur Pensionsanpassung ein

Wien (OTS) - Im Rahmen der jüngsten Sitzung des Seniorenrates wurden die aktuellen Anliegen der rund 2,3 Millionen Seniorinnen und Senioren in Österreichisch diskutiert und folgende Forderungen erhoben:


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Pensionsanpassung 2018

Entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen (§ 108f ASVG) ergibt sich aus dem Durchschnitt der VPI-Inflationsraten von August 2016 bis Juli 2017 der Richtwert für die Pensionsanpassung 2018. Auf Basis der bis dato bekannten Inflationsraten ist dadurch mit einem Anpassungsfaktor von 1,6 Prozent für 2018 zu rechen.

Für die im Herbst anstehende Beschlussfassung der Pensionsanpassung für 2018 le­gen die Pensionisten-Organisationen Wert darauf, dass die Teuerung voll und besser abgegolten werden muss. Der Seniorenrat hat eine Arbeitsgruppe zur Pensionsanpas­sung eingerichtet.

Weitere notwendige Maßnahmen im Bereich der Pensionen

Folgende Forderungen bleiben aufrecht:

Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung

Neupensionistinnen und Neupensionisten erhalten derzeit keine sofortige Anpassung, sondern haben eine Wartefrist von bis zu 24 Monaten nach Pensionsantritt. Beispiel: Wer am 1. Juni 2017 in Pension ging, wird die erste Pensionsanpassung erst ab 1. Jän­ner 2019 erhalten (19 Monate). Der Österreichische Seniorenrat fordert die Einführung einer Aliquotierung bei der ersten Pensionsanpassung, sodass künftig beispielsweise ein Pensionist mit Stichtag 1. Dezember 2017 ab dem 1. Jänner 2018 aliquot 1/12 der An­passung erhält.

Pensionssicherungsbeitrag im Öffentlichen Dienst

Die seit langem bestehenden Pensionssicherungsbeiträge für Beamte und weitere Be­rufsgruppen werden massiv kritisiert. Der Österreichische Seniorenrat fordert die Fort­setzung der Verhandlungen, mit denen insbesondere die Härtefälle bei Witwen- und Waisenrenten und die Ungleichbehandlung zwischen den Berufsgruppen beendet wer­den sollen. Konkret geht es um die Abschaffung dieses Pensionssicherungsbeitrages bis zur ASVG-Höchstbeitragsgrundlage von 4.860 Euro. Als erster Schritt wird dazu die sofortige Abschaffung des Pensionssicherungsbeitrages für Pensionen unterhalb vom 1.500 Euro gefordert. Die Kosten dafür belaufen sich auf 57,5 Millionen Euro/Jahr.

Steuerliche Maßnahmen

Steuergutschrift („Negativsteuer“) für Ausgleichszulagenbezieher

Eine Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen im Rahmen des (automatischen) Steu­erausgleichs steht generell auch Pensionistinnen und Pensionisten zu, die aufgrund ih­rer geringen Pension keine Einkommensteuer zahlen. Sie erhalten eine Rückerstattung von 50% der Sozialversicherungsbeiträge, maximal jedoch 110 Euro im Jahr. Steuer­freie Ausgleichs- oder Ergänzungszulagen mindern derzeit diese Rückerstattung.

Der Seniorenrat fordert daher, dass diese Gutschrift nicht als Einkommen auf die Aus­gleichszulagen angerechnet wird sowie eine generelle Erhöhung der Negativsteuer-Gut­schrift für alle Pensionsbezieherinnen und Pensionsbezieher. Für Aktive kann seit 2016 diese Rückerstattung bis zu 400 Euro (50% der gesetzlichen Sozialversicherung) im Jahr betragen.

Aufhebung der Einschleifregelung beim erhöhten Pensionistenabsetzbetrag

Der Seniorenrat verlangt die Wiederherstellung des AVAB nach alter Rechtslage und damit die Aufhebung der Einschleifregelung beim erhöhten Pensionistenabsetzbetrag (§ 33 Abs. 6 Z 2 EStG), damit dieser in Zukunft einkommensunabhängig gewährt wird. https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20170616_OTS0043/blecha-und-korosec-pensionsanpassung-steuerliche-entlastung-und-pflege-von-besonderer-bedeutung-fuer-aeltere-menschen


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Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Kon­sumentenschutz, wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, folgende Maßnahmen vorsieht:

die Pensionsanpassung für 2018 auf der Grundlage eines aktualisierten Pensionisten­preisindex

eine Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung

eine Abschaffung des Pensionssicherungsbeitrages bis zur ASVG-Höchstbeitragsgrund­lage im Öffentlichen Dienst

eine Steuergutschrift („Negativsteuer“) für Ausgleichszulagenbezieher

Aufhebung der Einschleifregelung beim erhöhten Pensionistenabsetzbetrag

eine Mindestpension von 1.200,- Euro“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


17.40.38

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bun­desminister! Lieber Werner Neubauer, du hast die Frau Bundesminister vorhin gefragt, wieso wir gestern nicht zugestimmt haben. – Es ist ja ganz einfach: Ihr habt gestern nur einen Entschließungsantrag eingebracht, in dem aufgefordert wurde, etwas vorzulegen, und wir haben gestern schon gewusst, dass heute ein Gesetzesantrag kommt, mit dem das umgesetzt wird. (Jaja-Rufe bei der FPÖ. – Heiterkeit des Abg. Peter Wurm.) Von dem her war das ganz einfach, das war der Grund! (Beifall bei der SPÖ. – Weitere Zwi­schenrufe bei der FPÖ.) – Es ist so, Werner!

Meine Damen und Herren, das Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz dient der Ein­führung eines Verfahrens zur Klärung der Versicherungszuordnung mit Bindungswir­kung. Damit soll im Sinne der Betroffenen eine Erhöhung der Rechtssicherheit bei der Abgrenzung von selbstständiger und unselbstständiger Erwerbstätigkeit erreicht wer­den – künftig soll ja bereits bei der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch bestimmte Personengruppen mittels Fragebogen eine Vorabprüfung durchgeführt werden, ob eine Pflichtversicherung nach dem ASVG, GSVG oder BSVG vorliegt. Die Versicherungszu­ordnung erfolgt dann mit Bescheid des zuständigen Krankenversicherungsträgers. – Dies in aller Kürze zum Gesetz.

Meine Damen und Herren, ich möchte aber auf den Abänderungsantrag eingehen, den Kollege Wöginger eingebracht hat. Darin enthalten ist ein meiner Meinung nach wirklich sehr, sehr wichtiger Teil, den der Herr Sozialminister schon angeschnitten hat: Schwer­arbeiter hatten früher erst ab dem 57. Lebensjahr und nur mit mindestens 444 Versiche­rungsmonaten die Möglichkeit, sich zu erkundigen, ob sie auch als Schwerarbeiter in Pension gehen können. War dies nicht gegeben, haben sie keine Auskunft bekommen, das heißt, sie konnten sich nicht orientieren, ob sie schon mit 60 in Pension gehen kön­nen.

Das wird mit diesem Abänderungsantrag nun erledigt: Sie können sich jetzt schon bei Halbzeit, also mit 50 Jahren – denn das Gesetz sagt ja aus, dass man vom 40. bis zum


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60. Lebensjahr zehn Jahre lang Schwerarbeit erbringen muss, um als Schwerarbeiter zu gelten – erkundigen, ob sie die Voraussetzungen erfüllen, um die Schwerarbeitspen­sion in Anspruch nehmen zu können. Sie brauchen auch die 444 Versicherungsmonate nicht mehr.

Diese Maßnahme dient wirklich der besseren Abschätzbarkeit von Pensionsantritts­möglichkeiten, weil man dann auch noch die Möglichkeit hat, sollten Zeiten der Schwer­arbeit vonseiten der Firma nicht eingereicht worden sein, diese nachzufordern, ohne dass Fristen versäumt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

17.42


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte.

 


17.43.05

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei aller Freude über die Abschaffung des Pflegeregresses habe ich doch leider viel we­niger Freude mit der Abschaffung der täglichen Geringfügigkeitsgrenze, die am 1. Jän­ner 2017 in Kraft getreten ist. Konkret bedeutet das, dass man erst ab einem Monats­verdienst von 425,70 € vollen Versicherungsschutz hat, also arbeitslosenversichert, kran­kenversichert und pensionsversichert ist, mit Beiträgen von Arbeitnehmern und Arbeit­gebern.

Meine Damen und Herren! Diese Abschaffung erzeugt ein massives Problem, das ich Ihnen am Beispiel der Filmbranche konkret erläutern will, weil dort tägliche geringfü-
gige Arbeitsverhältnisse nicht nur vorkommen, sondern fast die Regel sind. Aufgrund von mehreren täglichen geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen schaffen es dort die Be­troffenen durchaus, ein gutes Monatseinkommen zu haben, bekommen aber keinen Ver­sicherungsschutz mehr, sie haben keine Chance mehr auf eine Arbeitslosenversiche­rung und haben massive Einbußen bei ihren Ansprüchen aus der Pensionsversiche­rung.

Meine Damen und Herren! Ich habe mich sehr intensiv mit dieser Problemlage be­schäftigt und deshalb wieder einmal – auch in diesem Zusammenhang – die Abschaf­fung der geringfügigen Arbeitsverhältnisse an sich vorgeschlagen, denn geringfügige Ar­beit schafft prekäre Lebensbedingungen. Von solchen prekären Lebensbedingungen Be­troffene gibt es immer mehr, und betroffen sind vor allem Frauen – und wir Grüne wollen diese Entwicklung sicher nicht unterstützen.

Ich nehme zur Kenntnis, meine Damen und Herren vor allem von der ÖVP –Abgeord­neter Groiß hat das ja massiv verteidigt –, Sie stehen zu diesem Sozialdumpingarbeits­modell, aber wenn Sie sich das konkret vorstellen, so ist bei den jetzigen niedrigen Min­destlöhnen eine täglich geringfügige Arbeit beziehungsweise sind 425 € an Einkommen – lassen Sie es mich so formulieren! – ein 15- bis 20-Stunden-Job.

An dieser Stelle mache ich eine Klammer auf: Wie schaut es jetzt eigentlich mit dem versprochenen Mindestlohn bis Ende Juni aus? – Ich sehe davon nichts! Hier und heu­te ist die letzte Chance gewesen, dass Sie uns etwas präsentieren. Wir nehmen Sie beim Wort! Wir müssen die 1 500 € Mindestlohn zumindest noch vor dem Herbst beschlie­ßen, sonst ist das einfach nicht akzeptabel. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt aber wieder zurück zum Problem der Geringfügigkeit: Speziell in dieser Bran­che – Kameraleute, Beleuchter – hat sich durch diese Änderung von einem Tag auf den anderen der Versicherungsschutz der Menschen bei der Arbeitslosenversicherung, bei der Pensionsversicherung deutlich verschlechtert oder sie haben ihn gar verloren. Und Sie sagen im Ausschuss, es sind nur 20 000 Menschen betroffen?! – Nur 20 000 Men­schen – und dann halt noch ihre Familien!

Ich flehe Sie an, nehmen Sie diese Menschen ernst! Sie haben im Ausschuss ange­kündigt, an dem Problem zu arbeiten. Kollegen von SPÖ und ÖVP haben mir verspro-


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chen, bis zur heutigen Plenarsitzung eine Lösung, zumindest eine Teillösung, vorzule­gen. – Nichts ist gekommen, gar nichts! Deshalb bringe ich noch einmal einen weiter ge­henden Vorschlag ein, was zu tun wäre, und zwar in Form eines Abänderungsantra­ges zum Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz, das wir ja in diesem Block auch ver­handeln. Der Antrag ist ausgeteilt worden, und ich möchte ihn in groben Zügen erläutern.

Es gab von Unternehmern dieser Branche den intensiven Wunsch, eine gesetzliche Möglichkeit zu schaffen, dass Unternehmer Menschen freiwillig voll versichern kön­nen, ihre Beschäftigten voll versichern können. Wir wollen das mit diesem Antrag ein­richten, nämlich dass es künftig aufgrund einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder einer Betriebsvereinbarung oder eines Kollektivvertrags möglich sein soll, diese freiwillige Vollversicherung zu zahlen.

Ich kann nicht nachvollziehen, was gegen eine solche freiwillige Regelung sprechen könnte. Bitte fassen Sie sich ein Herz, überlegen Sie sich das! Wenn Leute Gutes tun wollen, warum wollen Sie sie daran hindern? – Bitte machen wir da endlich einen Schritt weiter! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Groiß.)

17.47


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Frau Abgeordneter Schatz eingebrachte und in sei­nen Eckpunkten erläuterte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Birgit Schatz, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Ausschus­ses für Arbeit und Soziales zur Regierungsvorlage Bundesgesetz, mit dem das Allge­meine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bau­ern-Sozialversicherungsgesetz und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wer­den (Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz – SV-ZG) (1613 dB.) in der Fassung des Ausschussberichts (1698 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozial­versicherungsgesetz und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden (Sozial­versicherungs-Zuordnungsgesetz – SV-ZG) (1613 dB.) in der Fassung des Ausschuss­berichts (1698 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. In Art. I wird die Z 1. der Gesetzesvorlage in der Fassung des Ausschussberichts in Z 6. und die Z 2. in Z 7. umbenannt und es werden vor Z 6. folgende Ziffern 1. bis 5. ein­gefügt:

„1. In § 4 Abs. Abs. 1 Z. 14 wird am Ende das Satzzeichen Punkt durch einen Strich­punkt ersetzt.

2. Nach § 4 Abs. 1 Z. 14 wird folgende Z. 15 angefügt:

‚15. Personen, die der freiwilligen Vollversicherung geringfügig erwerbstätiger Dienst­nehmerInnen (§20a) unterliegen.‘

3. Nach § 20 wird folgender § 20a samt Überschrift eingefügt:


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‚§ 20a Freiwillige Vollversicherung geringfügig erwerbstätiger DienstnehmerInnen

§20a. Dienstgeberinnen und Dienstgeber können DienstnehmerInnen nach Vereinba­rung, auf Grund einer kollektivvertraglichen Regelung oder einer Betriebsvereinbarung auch als freiwillig vollversicherte DienstnehmerInnen beschäftigen, wenn das Entgelt die in §5 Abs. 2 festgelegte Grenze unterschreitet. Dabei sind vom tatsächlichen Ent­gelt Beiträge im Ausmaß zu entrichten, das in § 51 ASVG geregelt ist.‘

4. In § 33 Abs. 1 erster Satz wird die Zeichenfolge ‚(Vollversicherte und Teilversicher­te)‘ durch ‚(Vollversicherte, freiwillig Vollversicherte und Teilversicherte)‘ ersetzt.

5. In § 53a Abs. 3 erster Satz werden nach dem Wort ‚haben‘ ein Beistrich sowie die Worte ‚sofern es sich nicht um freiwillig Vollversicherte nach § 20a handelt,‘ eingefügt.“

2. In Art 1 lautet Z 7.:

„7. Nach § 706 wird folgender § 707 samt Überschrift angefügt:

‚Schlussbestimmung zu Art. 1 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2017

§ 707. § 4 Abs. 1 Z 14 und 15, § 20a, §33 Abs. 1 und § 53 Abs. 3 sowie die §§ 412a bis 412e samt Überschriften in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2017 treten mit 1. Juli 2017 in Kraft.‘ “

Begründung

Der Vorschlag, eine Möglichkeit der freiwilligen Vollversicherung geringfügig erwerbstä­tiger DienstnehmerInnen durch den Dienstgeber oder die Dienstgeberin zu schaffen ist eine Konsequenz aus der öffentlichen Debatte um die für zahlreiche DienstnehmerIn­nen katastrophalen Folgen der Abschaffung der täglichen Geringfügigkeitsgrenze. Er er­gänzt einen von den Regierungsparteien angekündigten Antrag zur Zusammenrech­nung aller geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse einer DienstnehmerInnen oder ei­nes Dienstnehmers innerhalb eines Betriebs, insofern, als die von den Regierungspar­teien angekündigte Gesetzesänderung nicht das sich aus der Abschaffung der tägli­chen Geringfügigkeit ergebende Problem der bei mehreren Unternehmen geringfügig be­schäftigten Menschen löst. Der vorliegende Abänderungsantrag ermöglicht per Verein­barung zwischen DienstnehmerInnen und DientsgeberInnen die Abwendung eines so­zialrechtlichen Schadens für die DienstnehmerInnen.

Im Zuge der öffentlichen Debatte hatten zahlreiche DienstgeberInnen kritisiert, dass sie keine Möglichkeit haben, geringfügig Beschäftigte freiwillig in der Vollversicherung an­zumelden. Die Möglichkeit ist eine freiwillige Möglichkeit und begründet keine Pflicht­versicherung. Sie hat daher keine negativen Folgewirkungen etwa für geringfügig er­werbstätige arbeitslose Menschen.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hell. – Bitte.

 


17.48.04

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Wir beschließen heute Nachmittag eine große Anzahl an Verbesserungen im Bereich des Arbeits- und Sozialrechts – natürlich jetzt mit dem krönenden Abschluss, der Abschaffung des Pflegeregresses. Wir wollen mit all die­sen Beschlüssen Österreich sozialer machen, und vor allem mit dem letzten Beschluss den Pflegebereich weiter verbessern.

Wir behandeln heute als letzten Tagesordnungspunkt den Bericht der Volksanwalt­schaft. Dieser Bericht befasst sich auf 20 Seiten mit dem Thema Pflege, und es ist schon


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 209

sehr interessant, wenn man in diesem Bericht die Zahlen und Fakten beachtet. Da wird unter anderem festgehalten, dass die Bevölkerungsgruppe der 85-Jährigen jene Grup­pe ist, die am stärksten wächst. 2015 waren es rund 216 000 Personen, die zu dieser Altersgruppe gehörten, 2040 werden es bereits 448 000 Personen sein, die in diese Grup­pe fallen. Das heißt, das Thema Pflege ist eine der großen Herausforderungen der Zu­kunft.

Ich möchte mich auch recht herzlich bei Beppo Muchitsch bedanken. Er selbst hat sich heute schon bei sehr vielen Personen für die Vorarbeiten bedankt, aber gerade er ist im Bereich des Arbeits- und Sozialrechts jener Vorreiter und Kämpfer, der für die Men­schen in Österreich wichtige Schritte einleitet. – Beppo, ein herzliches Dankeschön! (Bei­fall bei der SPÖ.)

Ganz kurz noch zum Tagesordnungspunkt 33: Da geht es um den Lehrberuf Berater für Menschen mit Behinderung. Ich möchte nur ganz kurz darauf hinweisen, dass auf­seiten des Sozialministeriums natürlich die entsprechenden Service- und Beratungsein­richtungen schon vorhanden sind, dass es auch bereits spezielle Fördermaßnahmen für berufliche Integration oder Beratung für Menschen mit Behinderungen gibt. In einigen Bundesländern gibt es auch Peer-BeraterInnen, bei denen selbst betroffene Menschen andere Menschen entsprechend beraten und unterstützen.

Wir sehen daher keine Veranlassung, den Lehrberuf Berater für Menschen mit Behin­derung neu zu installieren. (Beifall bei der SPÖ.)

17.50


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte.

 


17.50.55

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher zu Hause! Bei der heutigen Diskussion zur Homo-Ehe war sehr viel die Rede davon, dass wir Abgeordnete bei unserem Abstimmungsverhalten unser Gewissen befragen sollten. Jetzt bin ich mir nicht ganz sicher, ob da heute, nachdem nach und nach freiheitliche Forderungen wie die Abschaffung des Pflegeregresses oder das Foto auf der e-card erfüllt werden, plötzlich SPÖ- und ÖVP-Abgeordnete ihr Ge­wissen befragt haben, denn bisher war das bei gewissen Entscheidungen eher schwie­rig. – Seien wir einmal optimistisch!

Ich bin aber auch ein bisschen verwundert, denn ich möchte mich heute auf einen An­trag der Kollegin Dietrich zu den Luxuspensionen beziehen. Diesen haben wir im Ple­num schon einige Male besprochen, und ich möchte Sie ausdrücklich dazu aufrufen – vor allem die SPÖ-Abgeordneten, die Grünen sowieso, aber auch die ÖVP-Abgeordne­ten –, dieses Thema, wenn Sie Ihr Gewissen befragen, heute auch zu lösen.

Kurz noch einmal zur Erinnerung: Wir haben in Österreich rund 40 000 sogenannte Lu­xuspensionisten, nicht nur die von der Nationalbank, sondern da sind viele andere auch dabei. Das heißt, es geht teilweise um Pensionen in der Höhe von 10 000 €, 15 000 € im Monat, was die Bevölkerung draußen natürlich nicht versteht. Ich habe auch schon mehrmals den Vorschlag gemacht – da das den Steuerzahler in letzter Konsequenz un­gefähr 1 Milliarde € kostet –, diese Luxuspensionen einfach abzuschaffen und diese Mil­liarde auf die Mindestpensionisten aufzuteilen. – Sozialdemokratie bitte hinhören, für Ihr soziales Gewissen!

Das hat Bundeskanzler Kern zwar nicht in den Plan A hineingeschrieben, aber diesen kann man ja neu schreiben. Das heißt, unser Vorschlag wäre, diese Milliarde zu neh­men und den Mindestpensionisten zu geben. Bitte befragen Sie Ihr Gewissen und stim­men Sie einer Forderung von uns Freiheitlichen, die wir seit Jahren hier an diesem Pult vorbringen, einmal zu! (Beifall bei FPÖ und Team Stronach.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 210

Ich möchte auch noch über ein Thema sprechen, wegen dem mich die Bevölkerung immer wieder kontaktiert: Wir haben im Prinzip ja auch gemeinsam eine Erhöhung auf 1 000 € für all jene beschlossen, die 30 Jahre Arbeitsleben hinter sich haben. Diese Menschen haben quasi die Möglichkeit, um diesen Zuschlag anzusuchen. Jetzt ist fol­gender Fall immer öfter aufgetreten, nämlich dass sehr viele Menschen privat vorge­sorgt haben. Das heißt, sehr viele Pensionisten haben über die Jahre eine private Ver­sicherung angespart, die keine Riesensumme ergibt; das macht zum Teil 150 € oder 200 € im Monat aus. Jetzt passiert diesen Pensionisten Folgendes: Der Zuschlag auf die 1 000 € Mindestpension wird ihnen gestrichen, weil sie privat vorgesorgt haben.

Auch das ist für mich eine soziale Ungerechtigkeit, und das sollten wir möglichst rasch ändern! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.54


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


17.54.27

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Heute ist ein guter Tag für Ös­terreich, nicht nur wegen der Abschaffung des Pflegeregresses, sondern weil heute je­de Menge ganz wichtige und gute Beschlüsse gefallen sind.

Bundeskanzler Kern hat im Jänner den Plan A – für Anpacken, für Aufbruch, für Aus­tria – vorgestellt, und wir haben in den letzten zwei Tagen sehr viele Vorschläge daraus umgesetzt: im Bereich der Bildungspolitik mit den Modellregionen, mit der Individualisie­rung des Unterrichts, im Bereich der Arbeit mit dem Beschäftigungsbonus, mit der Ak­tion 20 000, wodurch 20 000 Menschen eine Chance gegeben wird (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Falsches Thema!); das heißt, Jobs und eine zweite Chance für Menschen, die 50 Jahre oder älter sind und am heutigen Arbeitsmarkt kaum eine Chance haben. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ein bisschen spät!) Und heute beschließen wird die Ab­schaffung des Pflegeregresses: Das ist sehr wichtig, denn der Pflegeregress ist ja nichts anderes als eine hundertprozentige Erbschaftssteuer für die, die Pflege brauchen. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Warum habt ihr es nicht schon längst gemacht?)

Es wurde hier darüber diskutiert, dass da natürlich die Gegenfinanzierung auch eine ganz wichtige Frage ist. Die einzige Partei, die hier ein konzises, komplettes Finanzie­rungsmodell vorgelegt hat, ist die SPÖ. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Wir haben ge­sagt, wir ersetzen eine hundertprozentige Erbschaftssteuer für diejenigen, die Pflege brau­chen, durch eine moderate Erbschaftssteuer für diejenigen, die es sich leisten können, nämlich auf Millionenerbschaften (Abg. Neubauer: Steuern! Steuern! Steuern!) – anstatt 100 Prozent bei den Pflegebedürftigen eine moderate Steuer von 15 oder 20 Prozent auf Millionärserbschaften. (Abg. Rädler: Steuerpartei!)

Es gibt keine Mehrheit für diesen Teil, deswegen ist die Gegenfinanzierung jetzt nicht komplett gegeben – das wird noch notwendig sein. Unser Vorschlag liegt auf dem Tisch. Wir sind natürlich bereit, über andere Vorschläge Gespräche zu führen, aber Vorschlä­ge muss man auch auf den Tisch legen, und zwar echte Vorschläge, denn nur zu sa­gen: Ich finanziere das aus dem Budget!, ist keine Gegenfinanzierung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.56


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


17.56.44

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Minister! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Herr Kollege Krainer! Ja, es ist ein guter Tag, und so ein Vorwahlkampf hat auch etwas Positives an sich. Ich glaube, die Abschaffung dieses Pfle­geregresses ist ein völlig richtiger Schritt, denn die Leute haben Angst gehabt, und die-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 211

se Angst wird ihnen heute mit der Abschaffung genommen; auch wenn die Länder, die Finanzreferenten noch ein Problem mit der Gegenfinanzierung haben.

Herr Kollege Wöginger, ich schätze dich sehr, das steht außer Frage, aber du hast ge­sagt, das Foto auf der e-card sei natürlich auch eine große Errungenschaft der ÖVP. Ich glaube, die ÖVP wird auch gescheiter, denn 30 Jahre seid ihr in der Regierung, und in den letzten Jahren (Zwischenruf des Abg. Wöginger), Herr Kollege, habt ihr immer gesagt: Das Foto gehört da nicht drauf! – Ich glaube, dass es notwendig ist, dass die­ses Foto auf der e-card ist, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Kollegin Dietrich, Ihr Antrag betreffend Luxuspensionen ist völlig richtig, es wur­den Arbeitsgruppen eingerichtet, und ich bin überzeugt davon, dass das richtig ist; so­gar im Regierungsprogramm ist es drinnen gestanden. Jetzt ist dieser Antrag nicht mehr aktuell, aber der Inhalt ist aktueller denn je, das steht außer Frage.

Wir haben heute gehört, dass circa 40 000 Personen aus staatsnahen und ausgeglie­derten Betrieben diese Luxuspensionen beanspruchen. Auf der anderen Seite gibt es 40 000 Menschen, die in Pflegeheimen und dergleichen wohnen. Herr Kollege Krainer, es ist vor allem wichtig, dass man da eine Gegenfinanzierung auf die Beine stellt.

Es ist ja angesprochen worden: Legen wir endlich diese vielen Sozialversicherungsan­stalten zusammen, dann haben wir Geld genug für die e-card, für die Abschaffung des Pflegeregresses, für die Länder, denn die Finanzreferenten sind natürlich ein bisschen sauer.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Vorwahlkampf hat natürlich etwas Posi­tives an sich, das steht außer Frage. Was wir überhaupt nicht dulden, das steht auch in diesem Antrag von Frau Kollegin Dietrich so drinnen, ist, dass es betreffend Pensionen ein Zweiklassensystem gibt; das wollen wir abschaffen, das hat hier in Österreich nichts verloren! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

17.59

17.59.12

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen, da ich keinen Wunsch der Berichterstatter nach einem Schlusswort sehe, zu den Abstimmungen.

Zunächst Abstimmung über Tagesordnungspunkt 31: Entwurf betreffend Sozialversi­cherungs-Zuordnungsgesetz in 1613 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Zusatzantrag der Abgeordneten Königsberger-Ludwig, Wöginger, Ing. Ho­fer, Mag. Schwentner, Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kollegen, weiters ein Zusatz- be­ziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Muchitsch, Wöginger, Dr. Bela­kowitsch-Jenewein, Mag. Schwentner, Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Schatz, Kollegin­nen und Kollegen vor.

Weiters liegen zwei Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Mag. Loa­cker vor.

Zunächst werde ich über den erwähnten Zusatzantrag, anschließend über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen sowie von den Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Da der erwähnte Zusatzantrag Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforder­liche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 212

Die Abgeordneten Königsberger-Ludwig, Wöginger, Ing. Hofer, Mag. Schwentner, Ing. Diet­rich, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend Einfügung neuer Ziffern 1cc, 1h und 3 in Art. 1 eingebracht.

Wer dafür ist, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ich stelle ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest. (Bei­fall bei SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grünen und Team Stronach.)

Die Abgeordneten Muchitsch, Wöginger, Dr. Belakowitsch-Jenewein, Mag. Schwentner, Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Ein­leitungssatz in Art. 1 eingebracht.

Wer sich hiefür ausspricht, der gebe bitte ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ein­stimmig angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Schatz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- bezie­hungsweise Abänderungsantrag betreffend Einfügung neuer Ziffern 1 bis 5 und Umbe­nennung der ursprünglichen Ziffer 1 in Art. 1 eingebracht.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit, somit abgelehnt.

Die Abgeordneten Muchitsch, Wöginger, Dr. Belakowitsch-Jenewein, Mag. Schwent­ner, Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Ab­änderungsantrag betreffend Einfügung neuer Ziffern 1, 1a und 1b und Umbenennung der ursprünglichen Ziffer 1 in Art. 1 eingebracht.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist wiederum einstimmig angenommen.

Jetzt kommen wir zur getrennten Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordne­ten Muchitsch, Wöginger, Dr. Belakowitsch-Jenewein, Mag. Schwentner, Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfügung einer neuen Ziffer 1c in Art. 1.

Wer dafür eintritt, der gebe bitte ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Muchitsch, Wöginger, Dr. Belakowitsch-Jenewein, Mag. Schwentner, Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend Einfügung neuer Ziffern 1e bis 1g in Art. 1 eingebracht.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist wiederum einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Schatz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag betreffend Art. 1 Z 2 § 707 eingebracht.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Muchitsch, Wöginger, Dr. Belakowitsch-Jenewein, Mag. Schwentner, Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kollegen haben ebenfalls einen Abänderungsantrag be­treffend Art. 1 Z 2 § 707 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Dafür gibt es eine einstim­mige Zustimmung; einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Muchitsch, Wöginger, Dr. Belakowitsch-Jenewein, Mag. Schwentner, Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 2 Einleitungssatz eingebracht.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist wiederum einstimmig angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Art. 2 Z 1 in der Fassung der Regierungs­vorlage.

Jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, bitte ich um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist wieder einstimmig angenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 213

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Mu­chitsch, Wöginger, Dr. Belakowitsch-Jenewein, Mag. Schwentner, Ing. Dietrich, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Einfügung einer neuen Ziffer 1a in Art. 2.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich ange­nommen.

Die Abgeordneten Muchitsch, Wöginger, Dr. Belakowitsch-Jenewein, Mag. Schwentner, Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsantrag betreffend Art. 2, Einfügung neuer Ziffern 2a bis 2c und Änderung der Zif­fer 3 sowie Art. 3, Änderung des Einleitungssatzes, eingebracht.

Ich bitte um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung über Art. 3 Z 1 in der Fassung der Regie­rungsvorlage.

Jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, bitte ich um ein zustimmendes Zeichen. – Wieder einstimmige Annahme.

Wir kommen jetzt zur getrennten Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordne­ten Muchitsch, Wöginger, Dr. Belakowitsch-Jenewein, Mag. Schwentner, Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfügung einer neuen Ziffer 1a in Art. 3.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich ange­nommen.

Weiters haben die Abgeordneten Muchitsch, Wöginger, Dr. Belakowitsch-Jenewein, Mag. Schwentner, Ing. Dietrich, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungs­weise Abänderungsantrag betreffend Art. 3, Einfügung neuer Ziffern 2a bis 2c und Än­derung der Ziffer 3 eingebracht.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.

Wer stimmt hier zu? – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ich stelle ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend nachhaltige Reformen im Pflege­bereich – ambulante, mobile und dezentrale Lösungen forcieren.

Wer stimmt hier zu? – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen Abstimmung über Tagesordnungspunkt 32: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1699 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer stimmt hier zu? – Das ist wieder die Mehrheit, somit angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 33: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1688 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer stimmt dem zu? – Das ist die Mehrheit, somit angenommen.

Schließlich Abstimmung über Tagesordnungspunkt 34: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1700 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 214

Wer stimmt zu? – Das ist wieder die Mehrheit, auch dieser Antrag ist angenommen.

Wir kommen noch zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordne­ten Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket für Österreichs Pensionisten.

Wer stimmt dem zu? – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

18.07.5835. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvor­lage (1475 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird, sowie über den

Antrag 1723/A(E) der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Josef Schellhorn, Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpassung der Gewer­beordnung an veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen – Rechtssicher­heit für Gastgewerbebetriebe und Nachbarn (1752 d.B.)

36. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Antrag 2044/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (1753 d.B.)

37. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvor­lage (1667 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (Geldwäsche-Novelle) (1754 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen zu den Punkten 35 bis 37 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Ich sehe keinen Wunsch nach mündlicher Berichterstattung.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Kassegger. – Bitte sehr.

 


18.08.56

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Hohes Haus! Die Novelle der Gewerbeordnung ist sozusagen eine Never End­ing Story, heute mit einem Teilende, dem wir aber nicht zustimmen werden. Ich werde auch erläutern, warum wir das tun:

Es gibt im Rahmen des vorliegenden Entwurfs durchaus den einen oder anderen Punkt, der gut ist, der einen Schritt in die richtige Richtung darstellt. Ich nehme nur § 113 Abs. 5, der diesbezüglich auf unsere Anregung hin verbessert wurde – Gastronomiebetriebe im urbanen Umfeld, also mehr Rechtssicherheit durch eine bessere Regelung.

Zu nennen wäre da durchaus auch die eine oder andere Regelung, die Nebenleistun­gen im Tourismusbereich flexibler gestaltet, ebenso die Freigabe der Teilgewerbe – wo­bei man hier hinzufügen muss, da reden wir von 1,5 bis maximal 2 Prozent der gesam­ten Volumina, was die Gewerbe betrifft –, und auch die 30-Prozent-Regelung ist durch­aus ein Schritt in die richtige Richtung.

Aber: Wir hätten die Möglichkeit gehabt, wesentlich weiter zu gehen, wesentlich größe­re Entlastungen für die Wirtschaft, Befreiungen der Wirtschaft zu erwirken. Die Signale


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 215

waren ja da. Es waren ja mehr als Signale, es waren ja definitive Ankündigungen, und zwar nicht von irgendjemandem, sondern vom vormaligen Vizekanzler und Wirtschafts­minister Mitterlehner: ein Gewerbeschein für alle freien Gewerbe, damit der Wegfall von 40 000 Verfahren – eine echte Entlastung für die Wirtschaft.

Oder auch von Bundeskanzler Kern gab es zum zweiten Bereich die Ankündigung: Wir müssen die Zahl der reglementierten Gewerbe deutlich senken!

Dazu hat es verschiedene Vorschläge gegeben, auch was die Zahlen betrifft. Wir wis­sen, wir haben momentan 80 reglementierte Gewerbe, die Vorschläge sind da bis zu 40 gegangen. Die Grundlage ist jene des Verfassungsgerichtshofes, nämlich: Dort, wo Leib, Leben, Gesundheit oder Konsumentenschutz gefährdet sind, reglementieren!, und im Umkehrschluss: Dort, wo das nicht der Fall ist, befreien, nicht reglementieren!

Es hat ja auch Vorstöße des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes gegeben – Kol­lege Matznetter kennt das sicher. Davon sind wir mit dem, was jetzt letztlich beschlos­sen wird, weit entfernt. Ich habe mir das angeschaut: Bei Ihrem Vorschlag sind wir he­runten auf 59 reglementierten Gewerben! – Da hat Sie dann offensichtlich – ich weiß es nicht, ich bin kein Motivforscher, aber ich vermute es einmal – der Mut verlassen, der Es­prit verlassen, leider auch bei der Forderung: ein Gewerbeschein für alle freien Gewerbe!

Sehr, sehr gut gefallen hätte uns auch ein weiterer Vorschlag der Sozialdemokraten, näm­lich betreffend die Änderung des Wirtschaftskammergesetzes, der wie folgt gelautet hät­te: Auf Grundlage einer Berechtigung für freie Gewerbe wird die Mitgliedschaft zu allen Fachgruppen begründet, die den von der Berechtigung umfassten freien Gewerben ent­sprechen. Und: Die Umlage ist von Kammermitgliedern, soweit deren Mitgliedschaft auf einer Berechtigung für freie Gewerbe begründet ist, nur einmal zu erheben.

Bei diesem Antrag der Sozialdemokraten wären wir sehr gerne mitgegangen – aber es hat Sie wiederum der Mut verlassen. Übrig bleibt jetzt diese 30-Prozent-Regel, die eben nicht ein Gewerbeschein für die freien Gewerbe ist, und übrig bleiben in Wirklichkeit 78 Gewerbe – und nicht 75, wie in den Presseaussendungen von Peter Haubner und Kollegen Matznetter verkündet wird. Da wird nämlich wieder ein Trick angewendet, in­dem man einfach Gewerbe unter Ziffern zusammenfasst. Das heißt, ich habe die Zif­fern 1, 2, 3, 4, 5, fasse die Gewerbe 3, 4, 5 zusammen und schiebe sie bei 2 ein, es bleibt aber genau die gleiche Anzahl von Gewerben. Das heißt, faktisch ist die Maus, die da geboren wird, eine Verringerung um ganze zwei reglementierte Gewerbe. Da kön­nen Sie von uns nicht erwarten, dass wir dem zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich kann Ihnen aber ein Angebot für die nächste Gesetzgebungsperiode machen – es wird ja am 15. Oktober gewählt –: Die Freiheitliche Partei ist selbstverständlich sehr stark daran interessiert, die ganze Gewerbeordnung einmal den Anforderungen des 21. Jahrhunderts entsprechend neu aufzustellen, grundsätzlich neu aufzustellen und ei­ne moderne, die Wirtschaft entlastende Gewerbeordnung zu schaffen. Dasselbe gilt im Übrigen auch für das Betriebsanlagenrecht, auf das ich jetzt nicht eingegangen bin. Da­zu gibt es ja bereits freiheitliche Vorschläge aus dem Jahr 2001. Wir sind dazu gerne bereit und werden das auch in unsere, sage ich einmal, Koalitionsverhandlungen einflie­ßen lassen – nicht als Bedingung, aber als Wunsch –, dass wir die Gewerbeordnung von Grund auf neu regeln und auch das Betriebsanlagenrecht neu regeln.

Der vorliegende Minimalkompromiss – der durchaus ein Schrittchen in die richtige Rich­tung ist – ist uns viel zu wenig weit gehend. Aus diesem Grunde lehnen wir diesen Vor­schlag ab. (Beifall bei der FPÖ.)

18.14


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 216

18.14.31

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich möchte zuerst, da wir über diese Materie sehr lange verhandelt ha­ben und die Geschichte jetzt über eineinhalb Jahre gegangen ist, einen Dank an die Be­amten sagen, nämlich an Herrn Sektionschef Tschirf, an Frau Mag. Paliege, an Mag. Bog­ner, Frau Dr. Jungwirth und an Mag. Huemer, denn es war nicht ganz einfach, das al­les, was wir hier heute beschließen, auch zu Papier zu bringen – dafür einmal ein Dan­ke! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Anmerkungen zur Gewerbeordnung möchte ich eigentlich mit einem Text aus den „Meistersingern“ beginnen, nämlich mit den Worten: „Verachtet mir die Meister nicht, und ehrt mir ihre Kunst!“, denn wir von der ÖVP und ich geben ein ganz klares Be­kenntnis zu Qualität und Qualifikation ab – und der Meister ist ein Garant für diese Qua­lität und Qualifikation. Qualität und Qualifikation sind untrennbar miteinander verbun­den, und sie sind die Basis des Erfolgsmodells der dualen Ausbildung. Deshalb ist es auch so wichtig, dass wir heute hier diese Gewerbeordnung als Rahmen für diese ho­hen Qualitätsstandards beschließen und damit den Garanten für diese anspruchsvolle Ausbildung auch absichern, meine Damen und Herren.

Ich möchte an dieser Stelle auch ein großes Danke den Meister- und Ausbildungsbe­trieben sagen, die diese Jugendlichen ausbilden und ihnen eine Zukunft geben – denn es ist einfach der Meister, der dafür sorgt, dass die Lehrlinge in den Betrieben etwas lernen. Wir sehen es ja in Deutschland: Wenn es keine Meister gibt, dann gibt es auch keine Lehrlinge. (Zwischenrufe der Abgeordneten Hübner und Strolz.)

Jetzt zu unserer Novelle: Wir haben eine klare Struktur geschaffen. Es gibt nur mehr reg­lementierte und freie Gewerbe, die Teilgewerbe wurden abgeschafft; und, Kollege Kas­segger, 85 Prozent der Gewerbe sind frei – und mit der digitalen Gewerbelizenz haben wir das Hineinarbeiten in andere freie Gewerbe bis zu 30 Prozent des Jahresumsatzes ermöglicht, und damit ersparen sich die Unternehmer und die Gründer bis zu 20 Millio­nen Euro bei der Grundumlage. (Abg. Kassegger: Sofern Sie nicht autonom erhöhen!) Und die Anmeldeverfahren werden auch sehr erleichtert, das ist sicher auch ein posi­tiver Punkt.

Und drittens: Für die reglementierten Gewerbe haben wir durch die Nebenrechte, der Möglichkeit des Hineinarbeitens in andere Bereiche im Ausmaß von bis zu 15 Prozent, auf jeden Fall eine Modernisierung vorgenommen und gewisse Graubereiche beseitigt.

Und weil es heute schon angesprochen wurde: Im Bereich des Tourismus können die Hoteliers in Zukunft auch Pauschalreisen und Massagen ohne zusätzliche Gewerbebe­rechtigungen anbieten; und die Sperrstundenregelungen für die Gastronomie werden mit der notwendigen Flexibilität versehen – also lauter positive Punkte! –; auch für die Un­ternehmensberater haben wir eine wesentliche Erweiterung ihrer Rechte gewährleis­tet. – Ich habe jetzt nur einige Beispiele herausgegriffen.

Ganz besonders erwähnen möchte ich aber, dass alle Bundesgebühren wegfallen. Das heißt, die Gewerbeanmeldung, die Ummeldung, alle Auszüge aus dem GISA sind in Zu­kunft gebührenfrei. Auch dies bedeutet eine Ersparnis von circa 10 Millionen Euro für die Gründer und Unternehmen.

Leider kommt es nicht zum One-Stop-Shop. Kollege Kassegger ist nicht darauf einge­gangen: Wir hätten euch Freiheitlichen die Möglichkeit gegeben, dass ihr bei dieser wirklichen Entbürokratisierung und bei dieser Komprimierung dabei gewesen wärt, aber das Reden ist halt immer das eine und das Tun ist dann das andere. So gesehen kann ich nur sagen: Schade! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kassegger: Nur deswegen, weil Sie „One-Stop-Shop“ draufschreiben, ist es ja noch kein One-Stop-Shop!)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 217

Ich sage: Alles in allem eine gute Reform mit Maß und Ziel, eine gute Reform mit der notwendigen Modernisierung und eine gute Reform, bei der Qualität und Qualifikation erhalten bleiben und der Meister weiterhin für eine gute Ausbildung sorgt!

Zum Abschluss bringe ich noch einen Abänderungsantrag ein. – Vor zwei Tagen ha-ben wir der Opposition einen Antrag übermittelt. Jetzt haben wir die Bestimmungen zum Anlagenrecht aus dieser Regierungsvorlage in einen Initiativantrag eingearbeitet; inhalt­lich haben wir an und für sich nichts verändert.

In diesem Abänderungsantrag – er sei kurz in seinen Eckpunkten erläutert – geht es um die digitale Gewerbelizenz, zweitens um die Reduktion der reglementierten Gewer­be, die schon angesprochen worden ist, und drittens um die Auszüge aus dem GISA.

Abschließend auch noch vielen Dank dem Herrn Wirtschaftsminister! Ich denke, wir ha­ben mit dieser Modernisierung auch wieder einen entscheidenden Beitrag für den Stand­ort, für den Qualitätsstandort Österreich geliefert. – Danke. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)

18.18


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Haubner in den Grundzügen erläuterte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Christoph Matznetter, Matthias Köchl, Kollegin­nen und Kollegen

zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeord­nung 1994 geändert wird (1475 d.B.), in der Fassung des Berichtes des Wirtschaftsaus­schusses (1752 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die im Titel bezeichnete Regierungsvorlage (1475 d.B.) in der Fassung des Ausschuss­berichtes (1752 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Nach Z 1b wird folgende 1c eingefügt:

„1c. § 5 Abs. 2 lautet:

„(2) Freie Gewerbe sind Tätigkeiten im Sinne des § 1 Abs. 1, die nicht als reglemen­tierte Gewerbe (§ 94) oder Teilgewerbe (§ 31) ausdrücklich angeführt sind. Unbescha­det allfälliger Ausübungsvorschriften ist für freie Gewerbe kein Befähigungsnachweis zu erbringen.““

2. Nach Z 6a wird folgende Z 6b eingefügt:

„6b. § 38 samt Überschrift lautet:

„Wesen der Rechte zur Ausübung von Gewerben

§ 38. (1) Das Recht, gewerbsmäßig Tätigkeiten auszuüben (Gewerbelizenz), und das Recht, ein Gewerbe auszuüben (Gewerbeberechtigung), sind persönliche Rechte, die nicht übertragen werden können; sie können durch Dritte nur insoweit ausgeübt wer­den, als in diesem Bundesgesetz bestimmt ist.

(2) Die Gewerbelizenz wird mit der Anmeldung eines Gewerbes durch einen Gewerbe­treibenden, der zum Zeitpunkt dieser Anmeldung über keine Gewerbeberechtigung ver­fügt hat, begründet und umfasst sämtliche Gewerbe einschließlich der in diesem Bun-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 218

desgesetz diesen Gewerben eingeräumten Nebenrechte, deren Ausübung dem Gewer­betreibenden nach Maßgabe des Abs. 3 zusteht.

(3) Die Gewerbelizenz wird durch die Anmeldung weiterer Gewerbe erweitert. Sofern die Gewerbelizenz um ein freies Gewerbe erweitert werden soll, ist das freie Gewerbe gemäß § 345 bei der Behörde anzuzeigen; für diese Anzeige gelten die Vorschriften des § 339 Abs. 2 und 3 sinngemäß.

(4) Die Gewerbelizenz wird eingeschränkt durch Beendigung von Gewerben gemäß § 85. Die Gewerbelizenz endet, wenn das letzte Gewerbe, das sie umfasst hat, endet.

(5) Als Gewerbetreibender im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, sofern nicht ausdrück­lich anderes bestimmt ist, der Gewerbeinhaber einschließlich des Fortbetriebsberech­tigten zu verstehen.““

3. Z 7 bis Z 12 lauten:

„7. In § 87 Abs. 1 Z 4 wird der Ausdruck „§ 366 Abs. 1 Z 1“ durch den Ausdruck „§ 366 Abs. 1 Z 1 oder § 366 Abs. 1 Z 10“ ersetzt.

8. Im § 87 Abs. 1 wird dem Schlussteil folgender Satz angefügt:

„Die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne der Z 3 liegt auch dann nicht vor, wenn eine Eintragung eines Unternehmens in die Liste gemäß § 8 Abs. 10 Sozialbetrugsbekämp­fungsgesetz – SBBG, BGBl. I Nr. 113/2015, aufgrund des § 8 Abs. 3 Z 4 SBBG vor­liegt.“

9. § 94 Z 1, Z 17, Z 44, Z 57 und Z 60 entfallen.

10. § 94 Z 12 lautet:

„12. verbundenes Handwerk: Damenkleidermacher, Herrenkleidermacher, Wäschewa­renerzeugung; verbundenes Handwerk: Kürschner, Säckler (Lederbekleidungserzeu­gung)“

11. § 94 Z 53 lautet:

„53. Orthopädieschuhmacher (Handwerk); Schuhmacher (Handwerk); verbundenes Hand­werk: Sattler einschließlich Fahrzeugsattler und Riemer, Ledergalanteriewarenerzeu­gung und Taschner“

12. § 97 entfällt.“

4. Die bisherigen Z 13 bis 14g werden durch folgende Z 13 bis 14g ersetzt:

„13. § 99 Abs. 1 Z 2 lautet:

„2. Hochbauten, Tiefbauten und andere verwandte Bauten zu leiten und die Bauauf­sicht durchzuführen,“

14. § 111 Abs. 4 Z 3 lautet:

„3. soweit Gäste beherbergt werden, das Anbieten und die Veranstaltung von Pau­schalreisen sowie das Anbieten und die vertragliche Zusage von verbundenen Reise­leistungen, jeweils bestehend aus der Unterbringung im eigenen Betrieb und dem An­bieten folgender sonstiger touristischer Leistungen: Ski- und Liftkarten, Verleih von Sport­ausrüstung, Sport- und Wanderführungen, Eintrittskarten für Veranstaltungen und Frei­zeiteinrichtungen, Wellnessbehandlungen, Veranstaltung von Tagesausflügen.“

14a. In § 111 Abs. 4 wird nach der Z 3 folgende Z 3a eingefügt:

„3a. die Ausübung von Tätigkeiten der Massage (§ 94 Z 48) an den Beherbergungs­gästen im Rahmen der Beherbergung, wenn die Leistung durch facheinschlägig ausge­bildete Fachkräfte, die zumindest auf dem Niveau der Massage-Verordnung, BGBl. II Nr. 68/2003 in der Fassung BGBl. II Nr. 20/2017, ausgebildet sind, erbracht wird,“


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14b. In § 134 Abs. 1 wird nach dem Ausdruck „die Ausarbeitung von Projekten,“ der Aus­druck „die Leitung von Projekten,“ eingefügt.

14c. § 136 Abs. 3 lautet:

„(3) Unternehmensberater einschließlich der Unternehmensorganisatoren sind im Rah­men ihrer Gewerbeberechtigung insbesondere auch berechtigt zur

1. Beratung in Angelegenheiten der Unternehmensgründung, Unternehmensschließung und der Betriebsübergabe;

2. Sanierungs- und Insolvenzberatung;

3. berufsmäßigen Vertretung des Auftraggebers gegenüber Dritten, wie insbesondere Kunden und Lieferanten, sowie vor Behörden und Körperschaften öffentlichen Rechts.“

14d. § 149 Abs. 4 lautet:

„(4) Der Holzbau-Meister (§ 94 Z 82) ist jedoch berechtigt, Bauten, die ihrem Wesen nach Holzkonstruktionen sind, selbstständig sowohl zu planen und zu berechnen als auch zu leiten und die Bauaufsicht durchzuführen und nach Maßgabe des § 99 Abs. 2, der sinngemäß anzuwenden ist, auszuführen.“

14e. In § 150 werden nach dem Abs. 2 folgende Abs. 2a bis 2c eingefügt:

„(2a) Einer Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Baumeister (§ 94 Z 5) bedarf es für

1. das Aufräumen von Baustellen, bestehend im Zusammentragen und eigenverant­wortlichen Trennen von Bauschutt und -abfällen entsprechend der Wiederverwertbar­keit einschließlich des Bereitstellens zum Abtransport sowie im Reinigen von Bauma­schinen und Bauwerkzeugen durch Beseitigen von Rückständen mittels einfacher me­chanischer Methoden, wie Abkratzen, Abspachteln und dergleichen und nachfolgendem Abspritzen mit Wasser, unter Verwendung ausschließlich eigener Arbeitsgeräte,

2. die statisch nicht belangreiche Demontage und Entfernung von dauerhaft mit dem Mau­erwerk verbundenen Gegenständen wie etwa Fliesen, Türstöcken, Fensterstöcken, Fuß­böden sowie von Gipskartonwänden sowie von fest verschraubten Gegenständen, wie etwa Sanitäranlagen, zur Vorbereitung des Abrisses des Gebäudes,

3. das Verschließen von Bauwerksfugen.

In Fällen, in denen sich diese Tätigkeiten auf die Ausführung von Bauarbeiten gemäß § 149 Abs. 1 beziehen, sind auch Holzbau-Meister (§ 94 Z 82) zur Ausübung dieser Tä­tigkeiten berechtigt.

(2b) Einer Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Stuckateure und Trockenaus­bauer (§ 94 Z 67) bedarf es für das Verspachteln von bereits montierten Gipskarton­platten.

(2c) Einer Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Wärme-, Kälte-, Schall- und Branddämmer (§ 94 Z 79) bedarf es unbeschadet der den Dachdeckern gemäß Abs. 3 zustehenden Rechte für das Bauwerksabdichten (Abdichter gegen Feuchtigkeit, Druck­wasser und Zugluft, Schwarzdecker).“

14f. In § 150 Abs. 17 werden sämtliche Klammerausdrücke jeweils durch den Klam­merausdruck „(§ 94 Z 53)“ ersetz


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 220

t.

14g. Nach § 151 wird folgender § 151a eingefügt:

„Arbeitsvermittlung

§ 151a. (1) Arbeitsvermittlung ist die Zusammenführung von Arbeitsuchenden mit Ar­beitgebern zur Begründung von Arbeitsverhältnissen oder von Arbeitsuchenden mit Auf­traggebern (Zwischenmeistern, Mittelspersonen) zur Begründung von Heimarbeitsver­hältnissen im Sinne des Heimarbeitsgesetzes 1960, BGBl. Nr. 105/1961.

(2) Die Ausübung des Gewerbes der Arbeitsvermittlung erfordert

1. bei natürlichen Personen die Staatsangehörigkeit einer EWR-Vertragspartei und ih­ren Wohnsitz in einem EWR-Vertragsstaat,

2. bei juristischen Personen und eingetragenen Personengesellschaften

a) ihren Sitz oder ihre Hauptniederlassung in einem EWR-Vertragsstaat und

b) die Staatsangehörigkeit einer EWR-Vertragspartei der Mitglieder der zur gesetzli­chen Vertretung berufenen Organe oder der geschäftsführungs- und vertretungsbefug­ten Gesellschafter und deren Wohnsitz in einem EWR-Vertragsstaat.

(3) Arbeitsvermittlung ist auch die Vermittlung von Arbeitssuchenden oder Au-pair-Kräf­ten von Österreich in das Ausland und vom Ausland nach Österreich.

(4) Die Ausübung der Tätigkeit der Arbeitsvermittlung ist nur unter Einhaltung der Vor­schriften des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969 in der jeweils geltenden Fassung, zulässig.

(5) Personen, die am 30. Juni 2002 gemäß § 18 oder § 49 des Arbeitsmarktförderungs­gesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I
Nr. 13/1999 zur Durchführung der Künstlervermittlung berechtigt waren, dürfen die Künst­lervermittlung jedenfalls weiterhin in jenem Umfang weiter ausüben, zu dem sie am Tag vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/xxxx berechtigt waren.““

5. Nach Z 16 wird folgende Z 16a eingefügt:

„16a. In § 336 Abs. 1 wird der Ausdruck „§§ 366 Abs. 1 Z 1, 2, 3, 3a, 367 Z 35, 50 und 51, 366b und 367a“ durch den Ausdruck „§§ 366 Abs. 1 Z 1, 2, 3, 3a, 10, 367 Z 8, 35, 50 und 51, 366b und 367a“ ersetzt.“

6. Nach Z 17 wird folgende Z 17a eingefügt:

„17a. In § 338 Abs. 1 wird der Ausdruck „§ 366 Abs. 1 Z 1, 2 oder 3“ durch den Aus­druck „§ 366 Abs. 1 Z 1, 2, 3, 10 und § 367 Z 8“ ersetzt.“

7. Die bisherigen Z 19 bis 33b werden durch folgende Z 19 bis 33 ersetzt:

„19. Die §§ 350 bis 352b samt Überschriften lauten:

„Organisation und Verfahren bei Prüfungen

§ 350. Zur Durchführung der Meister- und Befähigungsprüfungen und der Unterneh­merprüfung sind im übertragenen Wirkungsbereich der Landeskammern der gewerbli­chen Wirtschaft Meisterprüfungsstellen eingerichtet. Diese werden durch einen Leiter vertreten. Dieser muss mit den bezüglichen Rechtsvorschriften vertraut sein und über die für diese Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenz verfügen. Die Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft hat die Funktion des Leiters der Meis­terprüfungsstelle öffentlich in geeigneter Weise auszuschreiben. Die Bestellung erfolgt durch das satzungsgebende Organ der Landeskammer.

Zusammensetzung und Bestellung der Prüfungskommissionen

§ 351. (1) Die Meisterprüfungsstelle hat zur Durchführung der Prüfungen der Module 1 bis 3 der Meister- oder Befähigungsprüfungen sowie der Unternehmerprüfung bzw. im Fall einer gemäß § 22 Abs. 2 abweichenden inhaltlichen Struktur der Prüfungsordnung


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der den Modulen 1 bis 3 entsprechenden Prüfungsgegenstände die erforderliche An­zahl von Prüfungskommissionen zu bilden. Diese bestehen aus dem Vorsitzenden und zwei Beisitzern.

(2) Der Kommission hat höchstens ein weiterer Beisitzer anzugehören, wenn dessen Mitwirkung im Hinblick auf das zu prüfende Fachgebiet der Meister- oder Befähigungs­prüfung in der Prüfungsordnung angeordnet wird. Soweit dies in der jeweiligen Prü­fungsordnung angeordnet wird, haben den Kommissionen für das Gewerbe der Bau­meister, das Gewerbe der Holzbau-Meister sowie für das Gewerbe der Ingenieurbüros (Beratende Ingenieure) jeweils höchstens zwei weitere Beisitzer anzugehören.

(3) Die Vorsitzenden sind vom Landeshauptmann mit Bescheid auf die Dauer von fünf Jahren zu bestellen. Sie müssen mit den für die Durchführung der Prüfung relevanten Rechtsvorschriften vertraut sein, über prüfungsdidaktische Kompetenz verfügen und zum Zeitpunkt ihrer Bestellung eine aktive Berufstätigkeit ausüben. Weiters ist bei der Be­stellung des Vorsitzenden darauf zu achten, dass dieser im Gewerbe, auf das sich die jeweilige Prüfung bezieht, nicht selbständig tätig ist, keine interessenpolitische Funktion ausübt und in keinem Beschäftigungsverhältnis zu einer entsprechenden Interessen­vertretung steht. Die Funktion des Vorsitzenden ist regelmäßig öffentlich in geeigneter Weise auszuschreiben. Das Ausschreibungs- und Auswahlverfahren ist vom Leiter der Meisterprüfungsstelle durchzuführen. Die Meisterprüfungsstelle hat eine öffentlich ein­sehbare Liste über sämtliche Vorsitzende (Vorname, Familienname, Nachname) aufzu­legen.

(4) Die Beisitzer sind von der Meisterprüfungsstelle mit Bescheid auf die Dauer von fünf Jahren zu bestellen. Sie müssen über eine der zu prüfenden Meister- oder Befä­higungsprüfung entsprechende fachbezogene Qualifikation verfügen, im entsprechen­den Beruf praktisch tätig sein und über mindestens fünf Jahre Berufserfahrung in ver­antwortlicher Stellung verfügen. Die Meisterprüfungsstelle hat eine öffentlich einsehba­re Liste über sämtliche Beisitzer (Vorname, Familienname, Nachname) aufzulegen.

(5) Die Meisterprüfungsstellen haben darauf hinzuwirken, dass Prüfer in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen und die betrauten Personen nach Möglichkeit abwechselnd eingesetzt werden. Die Meisterprüfungsstelle kann bei Verhinderung eines Vorsitzen­den gemäß Abs. 3 oder Beisitzers gemäß Abs. 4 eine andere Person, die über die je­weiligen gesetzlichen Voraussetzungen verfügt, ad hoc mit der Übernahme der jewei­ligen Prüftätigkeit betrauen. Personen mit Interesse an der Prüftätigkeit können bei der Meisterprüfungsstelle einen Antrag auf Eintragung in die Liste der Beisitzer stellen; die­sem Ansuchen ist stattzugeben, wenn die betreffende Person über die Voraussetzun­gen gemäß Abs. 4 verfügt. Auf Verlangen ist über die Nicht-Eintragung mit Bescheid zu entscheiden.

(6) Die Prüfer haben ihre Tätigkeit im öffentlichen Interesse unparteiisch auszuüben. Sie haben sich als befangen zu erklären, wenn sie in einem Naheverhältnis zum Prü­fungskandidaten, zB aufgrund eines Verwandtschaftsverhältnisses oder bei Beschäfti­gung im selben Unternehmen, stehen bzw. in den vergangenen zwei Jahren standen. Der Vorsitzende hat die Beisitzer vor Beginn der Prüfung über allfällige Ausschließungs­gründe zu befragen. Die Prüfer haben dem Leiter der Meisterprüfungsstelle die gewis­senhafte und unparteiische Ausübung ihres Amtes schriftlich oder mündlich zu verspre­chen. Wenn dieses Versprechen bereits einmal abgelegt wurde, genügt es, wenn an dieses Versprechen erinnert wird. Über den Ausschluss von Mitgliedern der Prüfungs­kommission entscheidet der Leiter der Meisterprüfungsstelle.

(7) Von der Bildung einer Prüfungskommission kann abgesehen werden, wenn in ei­nem Bundesland keine ausreichende Zahl von Prüfungskandidaten im betreffenden Be­ruf zu erwarten ist oder wenn die für die Prüfung benötigte Infrastruktur nicht zur Ver­fügung steht.


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(8) Der Landeshauptmann kann zur Überwachung des ordnungsgemäßen Vorganges bei der Prüfung einen Vertreter zur Prüfung entsenden.

Anmeldung zur Prüfung und Prüfungsverfahren

§ 352. (1) Die Meisterprüfungsstellen haben zur Durchführung der Prüfungen unter Be­rücksichtigung der Zahl der zu erwartenden Prüfungskandidaten regelmäßig Termine fest­zusetzen und für deren entsprechende Verlautbarung zu sorgen. Zwischen den Prü­fungsterminen soll in der Regel ein Zeitraum von höchstens sechs Monaten liegen; je­denfalls ist ein Termin einmal im Jahr anzuberaumen.

(2) Die Anmeldung zur Prüfung hat spätestens sechs Wochen vor dem festgesetzten Termin (Abs. 1) bei der Meisterprüfungsstelle zu erfolgen. Die Wahl der Meisterprüfungs­stelle steht den Prüfungskandidaten frei.

(3) Prüfungskandidaten sind von der Meisterprüfungsstelle rechtzeitig zur Prüfung ein­zuladen. Sind die Voraussetzungen für die Zulassung zur Prüfung nicht erfüllt, hat die Meisterprüfungsstelle mit Bescheid die Zulassung zu verweigern.

(4) Der mündliche Teil der Prüfung ist öffentlich, sofern der Prüfungskandidat dagegen keinen Einspruch erhebt und die räumlichen Verhältnisse es zulassen. Im Zweifelsfall entscheidet der Vorsitzende. Der mündliche Teil der Prüfung ist vor der gesamten Prü­fungskommission abzulegen. Die Prüfungsordnungen können eine davon abweichende Regelung treffen, sofern dies aufgrund des Umfangs der Prüfung sachlich gerechtfer­tigt ist und die Unmittelbarkeit der Beurteilung durch die Mitglieder der Prüfungskom­mission, zB durch Abgrenzung nach einzelnen Prüfungsgegenständen, gewährleistet ist. Das Ergebnis des mündlichen Teils der Prüfung ist dem Prüfungskandidaten durch den Vorsitzenden vor der gesamten Prüfungskommission bekannt zu geben.

(5) Das Ergebnis des schriftlichen Teils der Prüfung ist durch die Meisterprüfungsstelle schriftlich bekannt zu geben. Dem Prüfungskandidaten ist auf sein Ersuchen innerhalb eines Jahres nach der Prüfung in der Meisterprüfungsstelle Einsicht in die Beurteilung seiner schriftlichen Prüfungsarbeiten zu gewähren.

(6) Über den Verlauf der Prüfung und die Beratung der Prüfungskommission ist eine Nie­derschrift anzufertigen, die von allen Prüfern zu unterzeichnen ist.

(7) Eine Prüfung ist positiv absolviert, wenn in allen Modulen bzw. im Fall einer gemäß § 22 Abs. 2 abweichenden inhaltlichen Struktur der Prüfungsordnung in allen vorge­schriebenen Prüfungsgegenständen die für die selbständige Berufsausübung erforder­lichen Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenz gemäß dem vorgeschriebenen Qualifi­kationsniveau nachgewiesen wurden. Die Absolvierung mit Auszeichnung setzt eine ex­zellente Beherrschung der fachlich-praktischen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie Pro­blemlösungs- und Innovationsfähigkeit auch in unvorhersehbaren Arbeitskontexten vo­raus. Das Ergebnis bestimmt sich nach der Stimmenmehrheit, bei Stimmengleichheit ent­scheidet der Vorsitzende.

(8) Die Meisterprüfungsstelle hat für jedes positiv absolvierte Modul einer Prüfung eine Bestätigung auszustellen. Wurden sämtliche Module bzw. alle vorgeschriebenen Prü­fungsgegenstände positiv absolviert, ist ein Meisterprüfungszeugnis oder Befähigungs­prüfungszeugnis auszustellen. Sind die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt, hat die Meis­terprüfungsstelle über Verlangen des Prüfungskandidaten einen Bescheid zu erlassen.

(9) Hat der Prüfungskandidat die Prüfung lediglich teilweise bestanden, kann die Prü­fungskommission unter Berücksichtigung der bei der Prüfung festgestellten Kenntnis­se, Fertigkeiten und Kompetenz festlegen, welcher Prüfungsgegenstand bei der Prüfung nicht zu wiederholen ist. Über Verlangen des Prüfungskandidaten hat die Meisterprü­fungsstelle darüber einen Bescheid zu erlassen.


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(10) Bei der Durchführung der Prüfungen haben die Prüfungskandidaten ein Recht auf eine abweichende Prüfungsmethode, wenn eine Behinderung nachgewiesen wird, die die Ablegung der Prüfung in der vorgeschriebenen Methode unmöglich macht und der Inhalt und die Anforderungen der Prüfung dadurch erfüllt werden können.

(11) Prüfungen oder einzelne Module, deren Ergebnis durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder auf andere Weise erschlichen worden ist oder deren Auf­gabenstellung oder Abwicklung nachweisbar schwere Mängel aufweist, können vom Lan­deshauptmann mit Bescheid für ungültig erklärt werden.

(12) Gegen Bescheide der Meisterprüfungsstelle steht dem Prüfungskandidaten das Recht auf Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Landes zu.

(13) Alle Schriften, Zeugnisse und Amtshandlungen in Prüfungsangelegenheiten sind von den Gebühren gemäß dem Gebührengesetz 1957 und den Bundesverwaltungsab­gaben befreit.

§ 352a. (1) Der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft hat zum Zweck einer bundeseinheitlichen und transparenten Durchführung durch Verordnung nä­here Bestimmungen zu erlassen über

1. die Anberaumung der Prüfungstermine,

2. die Anmeldung zur Prüfung,

3. das Prüfungsverfahren,

4. die auszustellenden Zeugnisse,

5. die Prüfungsgebühr,

6. die aus den Prüfungsgebühren zu bezahlende Entschädigung der Mitglieder der Prü­fungskommission und

7. die Voraussetzungen für die Rückzahlung der Prüfungsgebühr bei Nichtablegung oder teilweiser Ablegung der Prüfung sowie die Höhe der rückzuzahlenden Prüfungsgebühr.

(2) Die zuständige Fachorganisation der Wirtschaftskammer Österreich kann in den Prü­fungsordnungen unter Berücksichtigung der zu prüfenden Sachgebiete und von Art und Umfang der zu absolvierenden praktischen Arbeiten nähere Bestimmungen erlassen über

1. die Zahl zusätzlicher Beisitzer,

2. die an diese Beisitzer zu stellenden Anforderungen,

3. die Kostentragung für einen allfälligen praktischen Teil der Prüfung und

4. im Fall des lediglich teilweisen Bestehens der Prüfung zu wiederholende Prüfungs­teile.

(3) Die Prüfungsgebühren gemäß Abs. 1 Z 5 sind so zu bemessen, dass der Personal- und Sachaufwand der Meisterprüfungsstelle und eine angemessene Entschädigung der Mitglieder der Prüfungskommission gedeckt sind. Auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Prüfungskandidaten kann durch Reduktion der Prüfungsgebühren Bedacht genom­men werden.

Datenverarbeitung

§ 352b. Die Meisterprüfungsstellen sind zur Verarbeitung der nachstehenden Daten sowie zu deren Übermittlung an die jeweiligen Oberbehörden ermächtigt, soweit deren Verwendung Voraussetzung zur Durchführung der Verwaltungsverfahren sowie zur Er­stellung von Statistiken über die abgelegten Prüfungen ist:


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1. Name (Vorname, Familienname, Nachname),

2. bereichsspezifisches Personenkennzeichen „Bildung und Forschung“ (bPK-BF) ge­mäß Teil 1 der Anlage zu § 3 Abs. 1 E-Government-Bereichsabgrenzungsverordnung – E-Gov-BerAbgrV, BGBl. II Nr. 289/2004, in der jeweils geltenden Fassung,

3. Geburtsdatum,

4. Sozialversicherungsnummer,

5. Geschlecht,

6. Staatsangehörigkeit, Aufenthalts- und Arbeitsberechtigungen,

7. Adresse des Wohnsitzes oder Aufenthaltsortes,

8. Telefonnummer, E-Mail-Adresse,

9. Beruf,

10. Ergebnis der Prüfung.“

20. Nach § 365b wird folgender § 365c samt Überschrift eingefügt:

„Auszüge aus dem GISA

§ 365c. Die Behörde hat auf Ersuchen eines Auskunftswerbers jene Auskünfte, welche sie nach Maßgabe des § 365e zu erteilen hat, in folgender Weise durch Erstellen eines mit einer Amtssignatur zu versehenden elektronischen Auszuges aus dem GISA zu er­teilen:

1. Auszug einer Gewerbelizenz aus dem GISA, welche folgende Informationen enthält, die zum Zeitpunkt des Erstellens des Auszuges aufrecht gültig sind:

a) Name des Gewerbeinhabers,

b) Firmenbuchnummer oder ZVR-Zahl, sofern der Gewerbeinhaber ein im Firmenbuch oder Zentralen Vereinsregister konstituierter Rechtsträger ist,

c) Bezeichnung der Gewerbe, welche von der Gewerbelizenz umfasst sind, einschließ­lich jeweils

ca) der zum Gewerbe gehörenden GISA Zahl,

cb) des Standortes des Gewerbes,

cc) des Datums, zu dem das Gewerbe entstanden ist;

2. Auszug einer Gewerbeberechtigung aus dem GISA, welche jene Informationen ent­hält, über die gemäß § 365e Abs. 1 erster Satz an jedermann Auskunft zu erteilen ist, und die zum Zeitpunkt der Erstellung des Auszuges aufrecht gültig sind;

3. Auszug einer Gewerbeberechtigung aus dem GISA, welche jene Informationen ent­hält, über die gemäß § 365e Abs. 1 erster Satz an jedermann Auskunft zu erteilen ist, wobei Informationen, die zum Zeitpunkt der Erstellung des Auszuges nicht mehr auf­recht gültig sind, als historische Information deutlich als historisch hervorzuheben sind;

4. Auszug einer Gewerbeberechtigung aus dem GISA, welche über die in Z 1 genann­ten Informationen auch Informationen gemäß § 365e Abs. 1 zweiter Satz enthält, für de­ren Erteilung der Auskunftswerber ein berechtigtes Interesse an der Auskunft glaubhaft zu machen hat, und die zum Zeitpunkt der Erstellung des Auszuges aufrecht gültig sind;

5. Auszug eines Gewerbeberechtigung aus dem GISA, welche über die in Z 1 genann­ten Informationen auch Informationen gemäß § 365e Abs. 1 zweiter Satz enthält, für de­ren Erteilung der Auskunftswerber ein berechtigtes Interesse an der Auskunft glaubhaft


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zu machen hat, wobei Informationen, die zum Zeitpunkt der Erstellung des Auszuges nicht mehr aufrecht gültig sind, als historische Information deutlich als historisch hervor­zuheben sind.“

21. § 365e Abs. 4 lautet:

„(4) Die im § 365a Abs. 1 und im § 365b Abs. 1 genannten Daten des GISA sind ein­schließlich der Daten des „Versicherungs- und Kreditvermittlerregisters“ durch das Bun­desministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft im Internet zur Abfrage un­entgeltlich bereitzustellen. Zusätzlich wird über die Daten nach Maßgabe der vorhan­denen technischen Möglichkeiten auch auf telefonische oder schriftliche oder automa­tionsunterstützte oder jede andere Art der Anfrage hin unentgeltlich Auskunft erteilt.“

22. § 365e Abs. 5 entfällt.

23. § 366 Abs. 1 Z 1 lautet:

„1. ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu ha­ben, und nicht Z 10 oder § 367 Z 8 anzuwenden sind;“

24. In § 366 Abs. 1 wird am Ende der Z 9 der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und wird der Z 9 folgende Z 10 angefügt:

„10. wiederholt ein freies Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Berechtigung zur Aus­übung des von der Gewerbelizenz umfassten Gewerbes erlangt zu haben;“

25. In § 367erhält die Z 2a die Bezeichnung „3“; Z 3 lautet:

„3. entgegen § 21 Abs. 4 die Worte „Meister“, „Meisterbetrieb“ oder Worte ähnlichen Inhalts oder ein den betreffenden Betrieb als „Meisterbetrieb“ kennzeichnendes Güte­siegel unbefugt verwendet oder bei der Verwendung des Gütesiegels der Verordnung gemäß § 21 Abs. 4 zuwiderhandelt;“

26. In § 367 wird folgende Z 4 vor der Z 5 eingereiht:

„4. entgegen § 22 Abs. 3 die Worte „staatlich geprüft“ bzw. „staatlich geprüfte“ oder Worte ähnlichen Inhalts oder ein das betreffende als „staatlich geprüft“ kennzeichnen­des Gütesiegel unbefugt verwendet oder bei Verwendung des Gütesiegels der Verord­nung gemäß § 22 Abs. 3 zuwiderhandelt;“

27. In § 367 wird nach der Z 7 folgende Z 8 eingefügt:

„8. ein freies Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Berechtigung zur Ausübung des von der Gewerbelizenz umfassten Gewerbes erlangt zu haben und nicht § 366 Abs. 1 Z 10 anzuwenden ist;“

28. § 367 Z 10 lautet:

„10. in den Fällen der §§ 107 Abs. 6, 125 Abs. 5, 132 Abs. 2 und 147 Abs. 1 ein Ge­werbe trotz Untersagung in einer weiteren Betriebsstätte oder im neuen Standort aus­übt;“

29. In § 367 Z 15, 17, 18 und 54 wird jeweils der Ausdruck „§ 366 Abs. 1 Z 1“ durch den Ausdruck „§ 366 Abs. 1 Z 1 oder § 366 Abs. 1 Z 10 oder § 367 Z 8“ ersetzt.

30. In § 376 wird nach der Z 26 folgende Z 27 eingefügt:

„27. Gewerbetreibende, die am Tag vor dem Inkrafttreten des § 150 Abs. 2a bis Abs. 2c in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/xxxx zur Ausübung der Gewerbe

a) Aufräumen von Baustellen, bestehend im Zusammentragen und eigenverantwortli­chem Trennen von Bauschutt und -abfällen entsprechend der Wiederverwertbarkeit ein­schließlich des Bereitstellens zum Abtransport sowie im Reinigen von Baumaschinen und Bauwerkzeugen durch Beseitigen von Rückständen mittels einfacher mechanischer Me-


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thoden, wie Abkratzen, Abspachteln und dergleichen und nachfolgendem Abspritzen mit Wasser, unter Verwendung ausschließlich eigener Arbeitsgeräte oder

b) Bauwerksabdichter (Abdichter gegen Feuchtigkeit, Druckwasser und Zugluft, Schwarz­decker) oder

c) Statisch nicht belangreiche Demontage und Entfernung von dauerhaft mit dem Mau­erwerk verbundenen Gegenständen wie etwa Fliesen, Türstöcken, Fensterstöcken, Fuß­böden sowie von Gipskartonwänden sowie von fest verschraubten Gegenständen, wie etwa Sanitäranlagen, zur Vorbereitung des Abrisses des Gebäudes oder

d) Verspachteln von bereits montierten Gipskartonplatten oder

e) Verschließen von Bauwerksfugen

berechtigt sind und diese Gewerbe mindestens sechs Monate ausgeübt haben, dürfen diese Tätigkeiten aufgrund der bisherigen Rechtslage weiterhin ausüben. Die in lit. a ge­nannte Berechtigung schließt die Grund- oder Bauschlussreinigung nicht ein und die in lit. c genannte Berechtigung darf nur mit der Maßgabe ausgeübt werden, dass vor Aus­führung der Tätigkeiten eine Begutachtung und Beurteilung durch einen befugten Bau­meister oder Baugewerbetreibenden, eingeschränkt auf Erdbau, zur Vorbereitung des Ab­risses des Gebäudes durch befugte Baumeister oder Baugewerbetreibende, einge­schränkt auf Erdbau, erfolgt ist und außerdem vor der Ausführung von den dazu befug­ten Gewerbetreibenden sämtliche Öl-, Dampf-, Strom-, Gas- und Wasserleitungen und Rohre ordnungsgemäß nach den jeweils geltenden Vorschriften und Richtlinien von den Versorgungsnetzen getrennt und für den Abbruch vorbereitet wurden, sowie entspre­chende schriftliche Bestätigungen ausgestellt wurden, die während der Ausführung am Ausführungsort und danach für die Dauer eines Jahres ab Beendigung der Ausführung am Standort zur jederzeitigen Einsichtnahme durch die Behörde bereit zu halten sind.“

31. Nach § 371a wird folgender § 371b eingefügt:

„§ 371b. Stellt die Behörde fest, dass die Tätigkeiten im Bereich freier Gewerbe das von der Gewerbelizenz umfasste Ausmaß angezeigter Gewerbe samt der dem Gewer­betreibenden zustehenden Nebenrechte überschreiten, so hat die Behörde den Gewer­betreibenden schriftlich unter Angabe des festgestellten Sachverhalts aufzufordern, in­nerhalb einer Frist von drei Wochen die erforderliche Anzeige zu erstatten. Die schrift­liche Aufforderung gilt als Verfolgungshandlung gemäß § 32 Abs. 2 und 3 VStG. Wird der schriftlichen Aufforderung innerhalb der von der Behörde festgelegten oder erstreck­ten Frist entsprochen, dann ist die weitere Verfolgung einer Person wegen der festge­stellten überschreitenden Ausübungen, betreffend welche der den Rechtsvorschriften und behördlichen Verfügungen entsprechende Zustand hergestellt worden ist, unzuläs­sig.“

32. Im § 373a Abs. 5 Z 2 lit. a wird das Zitat „53“ durch das Zitat „53 hinsichtlich der Or­thopädieschuhmacher“ ersetzt.

33. Im § 373a Abs. 5 Z 2 lit. b entfällt das Zitat „17“.“

8. In der Novellierungsanordnung der Z 34 wird der Ausdruck „Z 60 bis 67“ durch den Ausdruck „Z 62 bis 68“ ersetzt; in Z 34 entfallen die Z 60 und 61 und wird nach Z 67 folgende Z 68 angefügt:

„68. Die nachstehenden Rechtsvorschriften treten außer Kraft:

a. Arbeitsvermittlungs-Verordnung, BGBl. II Nr. 26/2003;

b. Verordnung der Wirtschaftskammer Österreich über die Befähigungsprüfung für das reglementierte Gewerbe der Arbeitsvermittlung (Arbeitsvermittlungs-Befähigungsprüfungs­ordnung);


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c. Kosmetikartikelerzeuger-Verordnung, BGBl. II Nr. 42/2003, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. II Nr. 275/2014.“

9. In Z 35 lauten die Abs. 7 bis 9:

„(7) Im Zeitpunkt des gemäß § 382 Abs. 85 bestimmten Inkrafttretens des Bundesge­setzes BGBl. I Nr. xxx/xxxx anhängige Verfahren betreffend die Anmeldung von in § 94 Z 1, 12, 17, 44, 53, 57, und 60 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 82/2016 genannten Gewerben und betreffend die Anmeldung von in § 162 Abs. 1 in der Fas­sung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/xxxxx genannten Gewerben sind nach den bisherigen Vorschriften zu Ende zu führen.

(8) Im Zeitpunkt des gemäß § 382 Abs. 85 bestimmten Inkrafttretens des Bundesgeset­zes BGBl. I Nr. xxx/xxxx bestehende Berechtigungen zur Ausübung des Teilgewerbes Erdbau gelten ab dem gemäß § 382 Abs. 85 bestimmten Zeitpunkt als Berechtigungen zur Ausübung des reglementierten Gewerbes Baugewerbetreibender, eingeschränkt auf Erdbau.

(9) Im Zeitpunkt des gemäß § 382 Abs. 85 bestimmten Inkrafttretens des Bundesge­setzes BGBl. I Nr. xxx/xxxx bestehende Berechtigungen zur Ausübung des Teilgewer­bes Betonbohren und -schneiden gelten ab dem gemäß § 382 Abs. 85 bestimmten Zeit­punkt als Berechtigungen zur Ausübung des reglementierten Gewerbes Baugewerbe­treibender, eingeschränkt auf Betonbohren und -schneiden.“

10. In der Novellierungsanordnung der Z 37 wird der Ausdruck „dem § 382 werden fol­gende Abs. 83 bis 88 angefügt“ durch den Ausdruck „dem § 382 werden folgende
Abs. 84 bis 88 angefügt“ ersetzt; in Z 37 entfällt Abs. 83.

11. In Z 37 lauten die Abs. 84 und 85 und 87:

„(84) § 2 Abs. 3 Z 3 und 4, § 2 Abs. 4 Z 6, § 2 Abs. 13, § 32 Abs. 1, 1a und 2, § 87 Abs. 1 Schlussteil, § 99 Abs. 1 Z 2, § 111 Abs. 4 Z 3 und 3a, § 134 Abs. 1, § 136 Abs. 3, § 149 Abs. 4, § 339 Abs. 4, § 367 Z 10, sowie § 381 Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/xxxx treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung im Bundesgesetzblatt in Kraft.

(85) § 94 Z 12 und Z 53, § 150 Abs. 2a bis 2c, § 150 Abs. 17, § 151a, § 162, § 373a Abs. 5 Z 2 lit. a und lit. b, § 376 Z 27 und 62 sowie § 379 Abs. 7 bis 9 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/xxxx treten drei Monate nach der Kundmachung im Bundesgesetzblatt in Kraft; gleichzeitig treten § 94 Z 1, Z 17, Z 44, Z 57, Z 60 und § 97 außer Kraft.“

13. In Z 37 lautet Abs. 87:

„(87) § 5 Abs. 2, § 38, § 87 Abs. 1 Z 4, § 336 Abs. 1, § 338 Abs. 1, § 365c, § 365e Abs. 4, § 366 Abs. 1 Z 1, Z 9 und Z 10, § 367 Z 8, Z 15, Z 17, Z 18 und Z 54 und § 371b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/xxxx treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung im Bundesgesetzblatt, jedoch frühestens am 1. Mai 2018, in Kraft; gleichzeitig tritt § 365e Abs. 5 außer Kraft.“

14. Z 38 entfällt.

Begründung

Allgemeiner Teil

Angesichts der eigenständigen und berufsspezifisch ungebundenen Bedeutung des ge­werblichen Betriebsanlagenrechts ist es angemessen, diesen Themenkomplex, der un­ter anderem auch für Fragen der Einbindung gewerblicher Anlagen in das soziale Um­feld und die Auswirkungen auf die Umwelt relevant ist, gesondert zu behandeln.


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Die von der Bundesregierung in der Regierungsvorlage vorgeschlagenen Maßnahmen zum gewerblichen Betriebsanlagenrecht sollen einer gesonderten Beratung und Beschluss­fassung im Plenum des Nationalrates unterzogen werden.

Im Folgenden Besonderen Teil wird ausschließlich auf jene Änderungen zur Regie­rungsvorlage in der Fassung des Berichtes des Wirtschaftsausschusses eingegangen, die sich auf den berufsrechtlichen Teil der Gewerbeordnung 1994 beziehen.

Besonderer Teil

Zu Z 1 bis 3, 5 bis 7 (Digitale Gewerbelizenz):

Durch die vorgeschlagene Änderung des § 5 Abs. 2 GewO 1994 soll die Bedeutung der freien Gewerbe hervorgestrichen werden.

Das bisherige Wesen der Gewerbeberechtigung wird in § 38 GewO 1994 zum Wesen der Rechte zur Ausübung von Gewerben umgestaltet. Durch die neu geschaffene Ge­werbelizenz wird es zukünftig möglich, das Recht zur Ausübung von gewerbsmäßigen Tätigkeiten in seiner Gesamtheit zu begründen, wobei der Nachweis dieser Berechti­gung als ebenfalls neues von GISA zur Verfügung gestelltes Produkt etabliert wird. Da­mit wird für das österreichische Gewerberecht die Digitale Gewerbelizenz, im Folgen­den als DGL bezeichnet, geschaffen.

Die DGL entsteht mit der Anmeldung des ersten Gewerbes und besteht so lange, als sie zumindest ein Gewerbe umfasst. Im Bereich freier Gewerbe kann jedes freie Ge­werbe, das im Rahmen der DGL grundsätzlich zusteht, in Zukunft einfach durch Anzei­ge aktiviert werden. Im Bereich reglementierter Gewerbe bleibt es bei der bisherigen Ge­werbeanmeldung.

Die DGL schließt ausdrücklich auch die Nebenrechte ein, zu deren Ausübung ein Ge­werbeinhaber befugt ist; dies ist insbesondere relevant für das Nebenrecht gemäß § 32 Abs. 1a GewO 1994, wonach grundsätzlich wirtschaftlich sinnvoll ergänzende Leistun­gen anderer Gewerbe zu einem bestimmten Anteil des Gesamtumsatzes erbracht wer­den können (15% aus reglementierten Gewerbe, aus freien Gewerben darf dies sogar bis zu 30% gehen), kann aber auch für andere Nebenrechte von Bedeutung sein.

Findet ein Gewerbeinhaber im freien Bereich mit seinen aktivierten Gewerben ein­schließlich der Nebenrechte nicht das Auslangen und arbeitet über diesen Gesamtum­fang in ein noch nicht aktiviertes freies Gewerbe hinüber, so hat die Behörde ihn zu­nächst zu beraten und zur Anzeige zu verhalten. Erst wenn der Gewerbeinhaber dieser Anzeige nach Beratung nicht nachkommt, wird eine Verwaltungsstrafe wegen Verlet­zung einer Obliegenheitspflicht gemäß § 367 Z 8 GewO 1994 zu verhängen sein. Ver­säumt ein Gewerbeinhaber wiederholt diese Anzeige, so wird dies im Rahmen einer qualifizierten Verletzung einer Obliegenheitspflicht gemäß § 366 Abs. 1 Z 10 GewO 1994 höher zu bestrafen sein. Dies wird auch im Rahmen der Entziehungsgründe gemäß
§ 87 GewO 1994 besonders berücksichtigt; in Zukunft wird im Bereich freier Gewerbe erst die Beihilfe zur qualifizierten – also wiederholten – Verletzung dieser Obliegen­heitsverpflichtung zur Entziehung der Berechtigung des Beihelfers führen.

Jede von der Gewerbelizenz umfasste Gewerbeberechtigung begründet für sich die Zu­gehörigkeit zu einer Fachorganisation der Wirtschaftskammerorganisation. Durch die Schaffung der Gewerbelizenz wird in das bestehende System der Kollektivvertragszu­ordnung nicht eingegriffen. Wie schon im allgemeinen Teil der Erläuterung zur Regie­rungsvorlage ausgeführt, bleibt die bisherige Kollektivvertragszuordnung unberührt.

Eine unbefugte Gewerbeausübung (§ 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1994) liegt in solchen Fäl­len aber nicht mehr vor. Eine unbefugte Gewerbeausübung im Bereich freier Gewerbe


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wird in Zukunft ausschließlich nur mehr dann vorliegen, wenn ein freies Gewerbe aus­geübt wird und der Gewerbetreibende nicht einmal über eine Gewerbelizenz verfügt.

Zu Z 3, 4, 7 und 8:

Folgende Gewerbe werden freie Gewerbe: Arbeitsvermittlung (Entfall des § 94 Z 1) und Erzeugung von kosmetischen Artikeln (Entfall des § 94 Z 17). Die besonderen Vorschrif­ten für das Gewerbe der Arbeitsvermittlung werden grundsätzlich beibehalten, werden allerdings systematisch konsequent als neuer § 151a GewO 1994 in den Bereich der Vor­schriften für freie Gewerbe transferiert.

Die Zusammenführung der bisherigen Z 12 mit der bisherigen Z 44 und die Zusam­menführung der bisherigen Z 53 mit den bisherigen Z 57 und Z 60 dient einer themati­schen Zusammenfassung relgementierter Gewerbe; die bisherige Zusammensetzung zu verbundenen Gewerben bleibt unberührt.

Die in den §§ 150 Abs. 17, 373a Abs. 5 und 379 Abs. 7 vorgesehenen Änderungen dienen der redaktionellen Anpassung an die Änderungen im § 94.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Köchl. – Bitte.

 


18.19.14

Abgeordneter Matthias Köchl (Grüne): Geschätzte Kolleginnen! Geschätzte Kolle­gen! Wenn wir von einer Reform der Gewerbeordnung sprechen, dann reden wir – dies zur Erinnerung – von 160 Jahre alten Bestimmungen, und man muss auch ganz realis­tisch sein: Wenn Rot und Schwarz, die das Ganze über Jahrzehnte aufgebaut und in einen Gesetzestext von 186 Seiten gegossen haben, das jetzt reformieren und wir das heute teilweise sogar mit einer Zweidrittelmehrheit mit unserer Zustimmung beschließen, dann ist keine große Reform dahinter. So ehrlich muss man sein.

Die Reise geht aber in die richtige Richtung: Eine Lizenz sozusagen für alle freien Ge­werbe, wo man dann die Gewerbeberechtigungen einträgt und gleich wie bisher an die Wirtschaftskammer zahlt – das war ja dann anscheinend sozusagen der Kompromiss –, das ist zumindest ein Schritt, weil wir durch die 30-Prozent-Regelung für Nebentätigkei­ten einfach die Unternehmerinnen und Unternehmer ein wenig entkriminalisieren – es ist dann nur noch ein Meldevergehen und wird nicht mehr so geahndet wie Schwarzar­beit. Es geht also in die richtige Richtung, es ist aber aus unserer Sicht nach wie vor zu wenig. Kollege Kassegger hat das ja auch gesagt – nur stimmt er halt, obwohl es in die richtige Richtung geht, aus einem Justamentstandpunkt der FPÖ heraus dagegen. (Abg. Kassegger: Nicht justament!) So weit gehen wir Grüne nicht, deswegen sind wir bei die­ser Änderung auch dabei. (Abg. Kassegger: Wer sich bald einmal mit was zufrieden gibt, wird nie weiterkommen!)

Von 80 auf 75 regulierte Gewerbe reduziert, das heißt, wie auch schon angemerkt wur­de: Drei sind zusammengelegt, zwei sind wirklich freigegeben. Da haben wir ein kleine Moderatorenrolle übernommen, indem wir eine Liste nach sachlichen Kriterien erstellt haben, und die Schnittmenge zwischen Rot und Schwarz wurde dann herausgefunden. Das ist jetzt eben die Freigabe von Arbeitsvermittlung und die Produktion von Kosme­tik.

Soll uns recht sein, es geht in die richtige Richtung. Wir hätten allerdings wesentlich mehr gefordert, und deswegen haben wir auch mit dem Kollegen Strolz einen gemein­samen Antrag von Grünen und NEOS verfasst, der die Freigabe von 15 der 80 regu­lierten Gewerbe vorsieht.

Die teilregulierten Gewerbe – das muss man noch einmal anmerken – betreffen nur et­wa 1 Prozent der Gewerbescheine. Es ist schön und nett, wenn man diese Kategorie


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der Teilregulierten kübelt, es betrifft halt nur ein Prozent. Auch das ist halt nur ein klei­ner Schritt in die richtige Richtung.

So, jetzt haben wir diese Liste. Wir haben ganz nüchtern Sachkriterien angewandt, wie etwa Einfluss auf die Umwelt, Einfluss auf Vermögen, Leib und Leben – einfach Sach­kriterien. Das war das Wesentliche und das war auch das Tolle in den Gesprächen zwi­schen Rot und Schwarz: dass ich mit meinem Excel-File gekommen bin, da standen Kriterien drinnen, ich hatte kein Einzelinteresse zu vertreten, wir suchten einfach das, was machbar ist.

Ich glaube, es ist wesentlich mehr machbar, deswegen möchte ich hier auch noch ei­nen entsprechenden Abänderungsantrag einbringen. Ich werde Ihnen jetzt nicht alle 15 Gewerbe vorlesen, das würde zu weit führen, aber die Liste ist nach Sachkriterien erstellt. Der Antrag lautet wie folgt:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Köchl, Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Aus­schusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorlage (1475 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird sowie über den Antrag 1723/A(E) der Abgeordneten MMMag. Dr. Kassegger, Schellhorn, Steinbichler, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Anpassung der Gewerbeordnung an veränderte gesellschaftliche Rah­menbedingungen – Rechtssicherheit für Gastgewerbebetriebe und Nachbarn (1752 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Gewerbeordnung 1994 geändert wird (1475 d.B.) in der Fassung des Berichtes des Ausschusses für Wirt­schaft und Industrie, 1752 d.B. vom 22.6.2017 wird wie folgt geändert:

Nach Ziffer 13. wird folgende Z 13a. eingefügt:

‚13a. In § 94 entfallen die Ziffern 1, 8, 12, 15, 17, 21, 23, 27, 29, 44, 52, 56, 57, 60 und 73.‘“

*****

Das war jetzt – zugegeben – sehr technisch, aber das sind eben bestimmte Gewerbe, die aus unserer Sicht freigegeben werden können, wie zum Beispiel die Arbeitsvermitt­lung oder etwa auch Fremdenführer – was durchaus umstritten ist, aber Sinn und Zweck erfüllt, wenn man nicht mehr die Unterschiede zwischen Reiseleiter und Fremdenführer macht, denn da kommen absurde Situationen zustande.

Wir haben uns auch ein wenig an Deutschland orientiert, aber nicht alles aus Deutsch­land übernommen, denn man soll ja das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Deutsch­land hat 41 regulierte Gewerbe und wir haben hinkünftig 75. Es ist irgendwo eine ty­pisch österreichische Lösung, das möchte ich nicht verhehlen. Ich glaube trotzdem, dass es ein Beschäftigungspotenzial von etwa 8 000 Beschäftigten hat, wenn man die Gewer­beordnung gemäß diesem Antrag von Grünen und NEOS entsprechend entrümpelt. Da­her ersuche ich auch um die Aufmerksamkeit und die Zustimmung dafür. – Danke. (Bei­fall bei den Grünen.)

18.23


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Köchl eingebrachte Abände­rungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


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Abänderungsantrag

der Abgeordneten Matthias Köchl, Matthias Strolz, Freundinnen und Freunde, Kolle­ginnen und Kollegen, zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorlage (1475 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird sowie über den Antrag 1723/A(E) der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Josef Schellhorn, Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Anpassung der Gewerbeordnung an veränderte gesellschaftliche Rahmenbedin­gungen – Rechtssicherheit für Gastgewerbebetriebe und Nachbarn (1752 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (1475 d.B.) in der Fassung des Berichtes des Ausschusses für Wirt­schaft und Industrie, 1752 d.B. vom 22.6.2017 wird wie folgt geändert:

Nach Ziffer 13. wird folgende Z 13a. eingefügt:

„13a. In §94 entfallen die Ziffern 1, 8, 12, 15, 17, 21, 23, 27, 29, 44, 52, 56, 57, 60 und 73.“

Begründung

Eine Entrümpelung des Berufsrechts in der Gewerbeordnung ist überfällig. Während Deutschland mit 41 reglementierten Gewerben auskommt, beläuft sich die Anzahl der reglementierten Gewerbe in Österreich auf 80 Gewerbe. Erklärungsversuche, weswe­gen rund 40 Gewerbe in Österreich eine höhere Gefährdung für UnternehmerInnen, Mit­arbeiterInnen, Umwelt oder Vermögen darstellen als in Deutschland, werden nicht un­ternommen: Zu offensichtlich ist, dass die bestehenden Zugangshürden von Lobbyis­ten der reglementierten Branchen zum Schutz der eigenen Pfründe beibehalten wer­den sollen. Zur Erinnerung: Die ÖVP stellt seit 1987 den Wirtschaftsminister und seit 1945 den Wirtschaftskammerpräsidenten, hätte also ausreichend Gelegenheit zur Ent­rümpelung der Gewerbeordnung gehabt.

Aufgrund der deutschen Erfahrungswerte könnte man in Österreich von mindestens 8.000 zusätzlichen Beschäftigten bei einer vernünftigen Entrümpelung der regulierten Gewerbe ausgehen. Dieser Effekt basiert im Wesentlichen auf einer höheren Grün­dungsintensität (da Zugangshürden wegfallen), der „Überführung“ von Pfusch ins an­gemeldete Gewerbe (wodurch auch das Steueraufkommen steigt) sowie der Förderung von Innovationskraft (durch die leichtere Erbringung neuer branchenübergreifender Dienst­leistungen).

Die Gewerbeordnung benötigt eine grundlegende Neukonzeption und Trennung in Be­rufs- und Anlagenrecht um lebbar, lesbar und unternehmerInnenfreundlich zu werden. Bis diese grundlegende Reform angegangen wird, können aber unmittelbar als zeit­nahe Schritte jene Gewerbe freigegeben werden, von denen kein relevantes Risiko für Gesundheit, Umwelt oder das Vermögen der KundInnen ausgeht.

Mit diesem Antrag werden folgende Gewerbe (unter Angabe der jeweiligen Ziffer) aus der Liste der reglementierten Gewerbe in § 94 GewO gestrichen:

1. Arbeitsvermittlung

8. Buchbinder; Etui- und Kassettenerzeugung;

12. Damenkleidermacher; Herrenkleidermacher; Wäschewarenerzeugung (verbunde­nes Handwerk)


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15. Drucker und Druckformenherstellung

17. Erzeugung von kosmetischen Artikeln

21. Fremdenführer

23. Fußpflege

27. Getreidemüller (Handwerk)

29. Gold- und Silberschmiede; Gold-, Silber- und Metallschläger (verbundenes Hand­werk)

44. Kürschner; Säckler (Lederbekleidungserzeugung) (verbundenes Handwerk)

52. Orgelbauer; Harmonikamacher; Klaviermacher; Streich- und Saiteninstrumenteer­zeuger; Holzblasinstrumenteerzeuger; Blechblasinstrumenteerzeuger (verbundenes Hand­werk)

56. Reisebüros

57. Sattler einschließlich Fahrzeugsattler und Riemer; Ledergalanteriewarenerzeugung und Taschner (verbundenes Handwerk)

60. Schuhmacher (Handwerk)

73. Uhrmacher (Handwerk)

Die oben genannten, unmittelbar freizugebenden Gewerbe wurden nach einem Punk­teschema hinsichtlich des Gefahrenpotentials in vier Kategorien beurteilt:

Gesundheit von UnternehmerInnen und MitarbeiterInnen,

Gesundheit von KundInnen,

Umwelt

Vermögen der KundInnen (wobei hier nur erhebliche Risiken zu berücksichtigen sind).

Alle oben angeführten Gewerbe besitzen demnach in keiner der vier Kategorien ein er­hebliches Risiko. Sie können also gefahrlos ausgeübt und freigegeben werden. Die ein­zige Gefahr, die von einer solchen Entrümpelung ausgeht, ist der Machtverlust einiger WKO Funktionäre.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Matznetter zu Wort. – Bitte.

 


18.23.32

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Ich möchte gleich zu Beginn den Dank des Kollegen Peter Haubner für die Legisten des Wirtschaftsministeriums erneu­ern. Die haben ein bisschen mit uns zu tun gehabt. Das lag natürlich auch daran, dass wir versucht haben, einen nicht ganz einfachen Kompromiss divergierender Interessen zu finden – sagen wir es einmal so.

Ein Ausfluss davon ist, dass wir mit den zwei Tagesordnungspunkten 35 und 36 – auch dank der konstruktiven Zusammenarbeit, die Kollege Köchl vorhin erwähnt hat – jetzt auch die Zustimmung der grünen Fraktion für den Antrag zur eigentlichen Gewerbeordnungs­novelle als Schritt in die richtige Richtung bekommen.

Damit wir das ganz vollziehen können, darf ich gleich zu Tagesordnungspunkt 36 den Abänderungsantrag der Abgeordneten Haubner, Matznetter, Kolleginnen und Kolle-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 233

gen einbringen. Es ist ein umfangreicher Abänderungsantrag, sodass ich mir erlaube, diesen in zweiter Lesung eingebrachten Abänderungsantrag nur in den Grundzügen zu erläutern:

Es wurden die Bestimmungen hinsichtlich der Betriebsanlagen, die bisher in der Re­gierungsvorlage enthalten waren, im Wesentlichen jetzt in die Vorlage unter TOP 36 übernommen, darunter sind die diversen Vorschriften zu den Betriebsanlagengenehmi­gungen einschließlich der Regelung der Frage, wie die Gemeinden mit der Aufsperr­stunden- und Sperrstundenregelung in § 113 Abs. 5 der Gewerbeordnung umzugehen haben, sowie eine Reihe von Dingen rund um das Verfahren, um es zu vereinfachen.

Ein wichtiger Punkt dabei ist zum Beispiel: Beraten statt strafen – also die Möglichkeit, dass die Behörde, so wie das Arbeitsinspektorat, in der jeweiligen Situation sagen kann: Freund, das ist nicht in Ordnung, aber du hast noch Zeit, das zu beheben!, und nicht au­tomatisch strafen muss.

Auch ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren ist dabei vorgesehen.

Ich möchte zur Gewerbeordnungsnovelle im Ganzen sagen: Kollege Kassegger hat völ­lig recht, wir haben weitergehende Forderungen gehabt. Natürlich ist das ein Kompro­miss, der hier stattfindet; aber eines wird sicher nicht gehen, Herr Dr. Kassegger: Dafür, dass die österreichischen Betriebe mit diesem Tag keinen One-Stop-Shop bekommen, sprich: sich zum Beispiel die Baugenehmigung woanders holen müssen als die Be­triebsanlagengenehmigung, trägt schon auch eine Oppositionspartei – und zwar auch die FPÖ, wenn sie jetzt sagt, es geht in die richtige Richtung, aber wir stimmen nicht zu – die Verantwortung.

Wer jetzt bis zum Herbst eine Betriebsanlage beantragt und dreimal um eine Genehmi­gung ansuchen muss, kann auch am 15. Oktober Danke sagen, nämlich in diesem Fall bei der FPÖ. Ich finde es schade: Wir waren so weit, wir hätten das heute machen kön­nen – aber den One-Stop-Shop gibt es nicht.

Und bitte nicht mehr uns kritisieren, dass wir die Bürokratie verteidigen! (Abg. Haider: Weil ihr die Betonierer seid!) Jetzt wart ihr diejenigen, die die Bürokratie verteidigt ha­ben. Jetzt waren wir diejenigen, die bereit waren, auch wenn die Länder nicht zustim­men, in die Kompetenz einzugreifen. Das waren jetzt nicht die früheren Regierungspar­teien, sondern die, die dauernd kritisieren, wir brauchen die Bürokratie nicht. Das wol­len wir an dieser Stelle schon gesagt haben.

Hoffen wir, dass wir das One-Stop-Verfahren irgendwann zustande bringen! Heute ha­ben wir es nicht. Ich sage dazu: Schade!

Aber nicht mit dem Finger zeigen! Diesmal kann man als Opposition mit dem Finger auf sich selber zeigen.

Ich freue mich, dass wir ein liberales Gewerberecht mit einer Single Licence haben, so wie es Kern und Mitterlehner ursprünglich vorgesehen haben. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Kassegger: Da wird mit Begriffen herumgeschmissen, dass es eine Freude ist!)

18.27


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Matznetter in den Grundzü­gen erläuterte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht somit mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 234

zum Initiativantrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (2044/A XXV. GP), in der Fassung des Berichtes des Wirtschaftsaus­schusses (1753 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der im Titel bezeichnete Initiativantrag (2044/A XXV. GP) in der Fassung des Aus­schussberichtes (1753 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Die bisherige Novellierungsanordnung erhält die Ziffernbezeichnung „1.“

2. Nach der Z 1 werden folgende Z 2 bis 20 angefügt:

„2. In § 71b wird am Ende der Z 10 der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt; folgende Z 11 wird angefügt:

„11. „CO2-Strom“ ein Stofffluss, der sich aus den Verfahren der CO2-Abscheidung er­gibt. Ein CO2-Strom besteht ganz überwiegend aus Kohlenstoffdioxid; es dürfen keine Abfälle oder anderen Stoffe zum Zweck der Entsorgung hinzugefügt werden. Ein CO2-Strom darf jedoch zufällig anfallende Stoffe aus der Quelle oder aus dem Abschei­dungs- oder Injektionsverfahren enthalten, und es dürfen Spurenstoffe zur Überwachung der CO2-Migration hinzugefügt werden. Die Konzentrationen aller zufällig vorhandenen oder hinzugefügten Stoffe dürfen ein Niveau nicht überschreiten, das die Integrität der Speicherstätte oder der einschlägigen Transportinfrastruktur nachteilig beeinflusst oder ein erhebliches Risiko für die Umwelt oder die menschliche Gesundheit darstellen oder gegen geltendes Unionsrecht verstoßen würde.“

3. In § 74 Abs. 1 wird das Wort „regelmäßig“ durch die Wortfolge „nicht bloß vorüberge­hend“ ersetzt.

4. § 77a Abs. 7 erster Satz lautet:

„(7) Die Behörde hat in einer in der betroffenen Gemeinde verbreiteten periodisch er­scheinenden Zeitung und im Internet bekannt zu geben, dass die Entscheidung über die Genehmigung einer IPPC-Anlage innerhalb eines bestimmten, mindestens sechs Wo­chen betragenden, Zeitraums bei der Behörde während der Amtsstunden zur Einsicht­nahme aufliegt.“

5. Dem § 77a werden folgende Abs. 8 und 9 angefügt:

„(8) Mit Ablauf von zwei Wochen nach der Bekanntgabe gemäß Abs. 7 gilt der Be­scheid betreffend die Genehmigung einer IPPC-Anlage auch gegenüber jenen Perso­nen als zugestellt, die sich am Verfahren nicht oder nicht rechtzeitig (§ 42 AVG) betei­ligt und deshalb keine Parteistellung erlangt haben. Ab dem Tag der Kundmachung im Internet ist solchen Personen, die glaubhaft machen, dass ihnen ein Beschwerderecht zukommt, Einsicht in den Verwaltungsakt zu gewähren.

(9) Werden in einer Beschwerde gegen den Bescheid betreffend die Genehmigung ei­ner IPPC-Anlage Einwendungen oder Gründe erstmals vorgebracht, so sind diese nur zulässig, wenn in der Beschwerde begründet wird, warum sie nicht bereits während der Einwendungsfrist im Genehmigungsverfahren geltend gemacht werden konnten, und der Beschwerdeführer glaubhaft macht, dass ihn am Unterbleiben der Geltendmachung während der Einwendungsfrist kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Ver­sehens trifft. Wenn dies bei sämtlichen Beschwerdegründen nicht glaubhaft gemacht werden kann, ist die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen, wenn jedoch nur teil­weise Gründe betroffen sind, ist die Beschwerde in diesen Punkten nicht zu behan­deln.“

6. § 81 Abs. 3 lautet:

„(3) Änderungen gemäß Abs. 2 Z 7 sind der zur Genehmigung der Anlage zuständigen Behörde vorher anzuzeigen.“


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 235

7. In § 84l Abs. 5 wird der Verweis auf „Abs. 84d Abs. 3 und 4“ durch den Verweis auf „§ 84d Abs. 3 und 4“ ersetzt.

8. Im § 113 Abs. 5 erster Satz wird die Wortfolge „hat die Gemeinde eine spätere Auf­sperrstunde oder eine frühere Sperrstunde vorzuschreiben“ durch die Wortfolge „kann die Gemeinde eine spätere Aufsperrstunde oder eine frühere Sperrstunde vorschreiben“ ersetzt und wird nach dem ersten Satz folgender Satz eingefügt:

„Vor der Beurteilung, ob eine unzumutbare Belästigung im Sinne des ersten Satzes vor­liegt, ist Beweis durch Sachverständige aufzunehmen.“

9. § 345 Abs. 6 lautet:

„(6) Die Behörde hat Anzeigen gemäß § 81 Abs. 3 binnen zwei Monaten nach Erstat­tung der Anzeige mit Bescheid zur Kenntnis zu nehmen, wenn die geforderten Voraus­setzungen gegeben sind. Der Bescheid bildet einen Bestandteil des Genehmigungsbe­scheides. Sind die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, hat die Behörde inner­halb von zwei Monaten nach Erstattung der Anzeige einen Bescheid im Sinne des Abs. 5 zu erlassen. Für die den Anzeigen gemäß § 81 Abs. 3 anzuschließenden Belege gilt
§ 353. Mit dem Betrieb der geänderten Betriebsanlage darf erst nach Erlassung des Bescheides im Sinne des ersten Satzes begonnen werden.“

10. § 353 Z 2 lautet:

„2. in einfacher Ausfertigung nicht unter Z 1 fallende für die Beurteilung des Projekts und der zu erwartenden Emissionen der Anlage im Ermittlungsverfahren erforderliche tech­nische Unterlagen und“

11. Nach § 353a wird folgender § 353b eingefügt:

„§ 353b. (1) In Verfahren betreffend Betriebsanlagen, die auf Erlassung eines an einen Antrag des Inhabers einer Betriebsanlage gebundenen Bescheides gerichtet sind, kann der Inhaber der Betriebsanlage für bestimmte Fachgebiete die Bestellung von nichtamt­lichen Sachverständigen unwiderruflich beantragen. Der Antrag muss spätestens gleich­zeitig mit dem verfahrenseinleitenden Anbringen gestellt werden und hat die genaue Bezeichnung des jeweiligen Fachgebietes, für das ein nichtamtlicher Sachverständiger bestellt werden soll, zu enthalten. § 13 Abs. 3 AVG ist auf Anträge, die keine genaue Bezeichnung des Fachgebietes enthalten, nicht anzuwenden. Verspätete Anträge oder Anträge, die keine genaue Bezeichnung des Fachgebietes enthalten, sind von der Be­hörde unverzüglich zurückzuweisen.

(2) Die Behörde hat dem Antragsteller innerhalb von vier Wochen ab Einlangen eines Antrages gemäß Abs. 1 oder ab Rechtskraft einer Entscheidung eines Verwaltungsge­richtes oder des Verwaltungsgerichtshofes, mit der ein Bescheid gemäß Abs. 1 letzter Satz aufgehoben worden ist, mit Verfahrensanordnung aufzutragen, dass ein von der Behörde zu bestimmender Betrag zur Deckung des mit der Aufnahme des Beweises durch nichtamtliche Sachverständige verbundenen Aufwandes vom Antragsteller inner­halb einer bestimmten angemessenen Frist vorschussweise zu erlegen ist. Wenn der Betrag nicht vollständig innerhalb dieser Frist vom Antragsteller bei der Behörde erlegt wird, wird der gemäß Abs. 1 gestellte Antrag unwirksam.

(3) Wenn ein Antrag gemäß Abs. 1 gestellt worden ist, beginnen die Fristen betreffend die Verpflichtung der Behörde zur Erlassung von Bescheiden ab Rechtskraft eines Be­scheides gemäß Abs. 1 letzter Satz oder mit Ablauf der von der Behörde gemäß Abs. 2 zum Erlag eines vorschussweisen Betrages bestimmten Frist zu laufen.

(4) Die Kosten für die Heranziehung eines auf Grund eines Antrages gemäß Abs. 1 bei­gezogenen nichtamtlichen Sachverständigen sind im vollen Umfang vom Antragsteller zu tragen.


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(5) Auf eine Verfahrensanordnung gemäß Abs. 2 ist § 63 Abs. 2 AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass sie nur hinsichtlich ihrer Höhe und nur dann anfechtbar ist, wenn der Gesamtbetrag der dem Antragsteller aufgetragenen Kostenvorschüsse 4 000 Euro übersteigt.“

12. § 356a Abs. 1 erster Satz lautet:

„(1) Die Behörde hat den Antrag um Genehmigung oder um Genehmigung einer we­sentlichen Änderung einer IPPC-Anlage (§ 353a) in einer in der betroffenen Gemeinde verbreiteten periodisch erscheinenden Zeitung und im Internet bekannt zu geben.“

13. § 356b Abs. 1 lautet:

„§ 356b. (1) Bei nach diesem Bundesgesetz genehmigungspflichtigen Betriebsanlagen, zu deren Errichtung, Betrieb oder Änderung auch nach anderen Verwaltungsvorschrif­ten des Bundes eine Genehmigung (Bewilligung) zum Schutz vor Auswirkungen der An­lage oder zum Schutz des Erscheinungsbildes der Anlage oder eine Bewilligung zur Ver­wendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) erforderlich ist, entfallen, soweit in den folgenden Absätzen nicht anderes bestimmt wird, gesonderte Genehmigungen (Bewilligungen) nach diesen anderen Verwaltungsvorschrif­ten, es sind aber deren materiellrechtliche Genehmigungs-(Bewilligungs-)Regelungen bei Erteilung der Genehmigung anzuwenden. Dem Verfahren sind Sachverständige für die von den anderen Verwaltungsvorschriften erfassten Gebiete beizuziehen. Die Be­triebsanlagengenehmigung bzw. Betriebsanlagenänderungsgenehmigung gilt auch als entsprechende Genehmigung (Bewilligung) nach den anderen Verwaltungsvorschriften des Bundes. Die Mitanwendung der Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 – WRG 1959, BGBl. Nr. 215/1959, in der jeweils geltenden Fassung, bezieht sich auf fol­gende mit Errichtung, Betrieb oder Änderung der Betriebsanlage verbundene Maßnah­men:

1. Wasserentnahmen aus Fließgewässern für Kühl- oder Feuerlöschzwecke (§ 9 WRG 1959);

2. Erd- und Wasserwärmepumpen (§ 31c Abs. 5 WRG 1959);

3. Abwassereinleitungen in Gewässer (§ 32 Abs. 2 lit. a, b und e WRG 1959), aus­genommen Abwassereinleitungen aus Anlagen zur Behandlung der in einer öffentlichen Kanalisation gesammelten Abwässer;

4. Lagerung von Stoffen, die zur Folge haben, dass durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird (§ 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959);

5. Abwassereinleitungen in wasserrechtlich bewilligte Kanalisationsanlagen (§ 32b WRG 1959);

6. Beseitigung von Dach-, Parkplatz- und Straßenwässern;

7. Brücken und Stege im Hochwasserabflussbereich (§ 38 WRG 1959).

Insbesondere sind die Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 betreffend Stand der Technik einschließlich der Gewährung von Ausnahmen vom Stand der Technik, per­sönliche Ladung von Parteien, Emissions- und Immissionsbegrenzungen sowie Über­wachung jedenfalls mitanzuwenden. Dem wasserwirtschaftlichen Planungsorgan (§ 55 Abs. 4 WRG 1959) kommt in allen Verfahren, durch die wasserwirtschaftliche Interes­sen berührt werden, Parteistellung zur Wahrung dieser Interessen einschließlich der Be­schwerdelegitimation an das Verwaltungsgericht des Landes, der Revision wegen Rechts­widrigkeit und des Antrages auf Fristsetzung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch ein Verwaltungsgericht an den Verwaltungsgerichtshof zu.“

14. § 356d lautet:


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„§ 356d. Im Fall der Festlegung weniger strenger Emissionsgrenzwerte im Sinne des § 77b Abs. 3 in einem Anpassungsverfahren gemäß § 81b sind die §§ 77a Abs. 7 bis 9, § 356a und § 356b Abs. 7 anzuwenden.“

15. Nach § 359 wird folgender § 359a eingefügt:

„§ 359a. (1) Soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, hat die Behörde in Verfahren betreffend Betriebsanlagen längstens binnen vier Monaten nach Einlangen des Anbringens zu entscheiden.

(2) Soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, haben die Verwaltungsge­richte der Länder in Verfahren betreffend Betriebsanlagen längstens binnen vier Mona­ten nach Einlangen der Beschwerde zu entscheiden.“

16. § 359b lautet:

„§ 359b. (1) Ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren gemäß Abs. 2 bis 4 ist durch­zuführen, wenn

1. jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Ge­nehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden, oder

2. das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m² beträgt und die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 300 kW nicht übersteigt oder

3. die Art der Betriebsanlage in einer Verordnung nach Abs. 5 genannt ist oder

4. das Verfahren eine Spezialgenehmigung (§ 356e) betrifft oder

5. bei einer nach § 81 genehmigungspflichtigen Änderung hinsichtlich der Betriebsanla­ge einschließlich der geplanten Änderung einer der in Z 1 bis 4 festgelegten Tatbestän­de erfüllt ist.

(2) Ergibt sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen (§ 353), dass zumindest eine der Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllt ist, so hat die Behörde das Pro­jekt mit dem Hinweis bekanntzugeben, dass die Projektunterlagen innerhalb eines be­stimmten, drei Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Ein­sichtnahme aufliegen und die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhö­rungsrecht Gebrauch machen können. Für diese Bekanntgabe ist § 356 Abs. 1 sinnge­mäß anzuwenden. Innerhalb dieser Frist können Nachbarn (§ 75 Abs. 2) einwenden, dass die Voraussetzungen für die Durchführung des vereinfachten Verfahrens nicht vor­liegen. Erheben sie innerhalb der gesetzten Frist keine diesbezüglichen Einwendungen, endet die Parteistellung. Auf diese Rechtsfolge ist in der Bekanntmachung ausdrück­lich hinzuweisen. § 42 Abs. 3 AVG gilt sinngemäß. Darüber hinaus gehend steht den Nachbarn keine Parteistellung zu.

(3) Nach Ablauf der in der Bekanntgabe angeführten Frist hat die Behörde unter Be­dachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn und, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden, die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit


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Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 sowie der gemäß § 77 Abs. 3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen.

(4) Der Bescheid gemäß Abs. 3 gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage. Die Behörde hat binnen zwei Monaten nach Einlangen des Genehmigungsansuchens und dessen Beilagen (§ 353) zu entscheiden. Die Verwaltungsgerichte der Länder haben spä­testens zwei Monate nach Einlangen der Beschwerde gegen den Bescheid zu ent­scheiden. IPPC-Anlagen und Betriebe im Sinne des § 84b Z 1 sind nicht dem verein­fachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen.

(5) Der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft hat durch Verord­nung Arten von Betriebsanlagen zu bezeichnen, die dem vereinfachten Verfahren ge­mäß Abs. 2 bis 4 zu unterziehen sind, weil auf Grund der vorgesehenen Ausführung der Anlagen (insbesondere der Beschaffenheit und Wirkungsweise der Maschinen, Ge­räte und Ausstattungen der Anlage, der elektrischen Anschlussleistung der eingesetz­ten Maschinen und Geräte, der Betriebsweise, der räumlichen Ausdehnung der Anla­ge, der Art und Menge der in der Anlage gelagerten, geleiteten, umgeschlagenen, ver­wendeten oder hergestellten Stoffe) nach Art, Ausmaß und Dauer der Emissionen die­ser Anlagen zu erwarten ist, dass die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interes­sen hinreichend geschützt und Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden werden.

(6) Der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft hat im Einverneh­men mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirt­schaft durch Verordnung jene Arten von Betriebsanlagen zu bezeichnen, die aus Grün­den des vorsorgenden Umweltschutzes jedenfalls nicht dem vereinfachten Genehmi­gungsverfahren zu unterziehen sind, auch wenn im Einzelfall eine derartige Anlage die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens er­füllt.“

17. Nach § 371b wird folgender § 371c eingefügt:

„§ 371c. (1) Stellt die Behörde eine Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 2, 3, 3a, § 367 Z 24a bis 26 oder § 368, sofern die Übertretung gemäß § 368 gewerbliche Betriebsan­lagen betrifft, fest und sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat gering und ist das Verschulden des Gewerbetreibenden leicht, so hat die Behörde den Gewerbetreibenden mit dem Ziel einer möglichst wirksamen Beendigung des strafbaren Verhaltens oder der straf­baren Tätigkeiten zu beraten und den Gewerbetreibenden schriftlich unter Angabe der festgestellten Sachverhalte aufzufordern, innerhalb einer angemessenen Frist den den Rechtsvorschriften und behördlichen Verfügungen entsprechenden Zustand herzustel­len. Die schriftliche Aufforderung gilt als Verfolgungshandlung gemäß § 32 Abs. 2 und 3 VStG.

(2) Wird der schriftlichen Aufforderung innerhalb der von der Behörde festgelegten oder erstreckten Frist entsprochen, dann ist die weitere Verfolgung einer Person wegen je­ner Übertretungen, betreffend welche der den Rechtsvorschriften und behördlichen Verfü­gungen entsprechende Zustand hergestellt worden ist, unzulässig.

(3) Die Intensität der Beeinträchtigung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes ist jedenfalls nicht gering, wenn die Übertretung nachteilige Auswirkungen auf Personen oder Sachgüter bewirkt hat oder das Auftreten solcher Auswirkungen bei auch nur kur­zem Andauern des strafbaren Verhaltens oder der strafbaren Tätigkeiten zu erwarten ist.

(4) Die Intensität der Beeinträchtigung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes gilt als gering, wenn geringfügige Abweichungen von technischen Maßen festgestellt wur­den und keine im Abs. 3 genannten Umstände vorliegen.

(5) Abs. 1 und 2 sind jedenfalls nicht anzuwenden auf


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1. Übertretungen von Verwaltungsvorschriften, die zur Strafbarkeit vorsätzliches Ver­halten erfordern;

2. Übertretungen, die innerhalb der letzten drei Jahre vor Feststellung der Übertretung bereits Gegenstand einer Beratung und schriftlichen Aufforderung durch die Behörde waren oder zu denen einschlägige noch nicht getilgte Verwaltungsvorstrafen bei der Be­hörde aufscheinen;

3. Übertretungen, die Anlass zu behördlichen Maßnahmen gemäß § 360 Abs. 4 geben;

4. Übertretungen, für welche die Verwaltungsvorschriften die Maßnahme der Entziehung der Gewerbeberechtigung vorsehen.“

18. In § 376 werden nach der Z 59 folgende Z 60 und 61 eingefügt:

„60. Die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungs­verfahren zu unterziehen sind, BGBl. Nr. 850/1994 in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 19/1999, gilt als auf der Grundlage des § 359b Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/xxxx erlassene Verordnung.

61. Die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der jene Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die keinesfalls dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, BGBl. II Nr. 265/1998, gilt als auf Grund­lage des § 359b Abs. 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/xxxx erlas­sene Verordnung.“

19. In § 382 wird nach dem Abs. 82 folgender Abs. 83 eingefügt:

„(83) Durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. xxx/xxxx wird die Richtlinie 2009/31/EG über die geologische Speicherung von Kohlendioxid und zur Änderung der Richtlinie 85/
337/EWG sowie der Richtlinien 2000/60/EG, 2001/80/EG, 2004/35/EG, 2006/12/EG und 2008/1/EG sowie der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006, ABl. Nr. L 140 vom 05.06.
2009 S. 114, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträg­lichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. Nr. L 26 vom 28.01.2012 S. 1., umgesetzt.“

20. Dem § 382 wird folgender Abs. 89 angefügt:

„(89) § 52 Abs. 1, § 71b Z 10 und 11, § 74 Abs. 1, § 77a Abs. 7 bis 9, § 81 Abs. 3, § 84l Abs. 5, § 113 Abs. 5, § 345 Abs. 6, § 353 Z 2, § 353b, § 356a Abs. 1, § 356b Abs. 1, § 356d, § 359a, § 359b, § 371c und § 376 Z 60 und 61 treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung im Bundesgesetzblatt in Kraft. Auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/xxxx noch nicht abgeschlossene Verfahren betreffend Betriebsanlagen ist § 356b Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/
xxxx nicht anzuwenden; für diese Verfahren ist die vor dem Inkrafttreten des Bundes­gesetzes BGBl. I Nr. xxx/xxxx geltende Rechtslage weiterhin anzuwenden. Auf zum Zeit­punkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/xxxx bereits abgeschlos­sene strafbare Tätigkeiten oder strafbares Verhalten, das zu diesem Zeitpunkt bereits auf­gehört hat, ist § 371c in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/xxxx nicht anzuwenden, wenn zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/
xxxx betreffend diese Tätigkeiten oder dieses Verhalten bereits eine Verfolgungshand­lung gesetzt worden ist.““

Begründung

Angesichts der eigenständigen und berufsspezifisch ungebundenen Bedeutung des ge­werblichen Betriebsanlagenrechts ist es angemessen, diesen Themenkomplex, der un-


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ter anderem auch für Fragen der Einbindung gewerblicher Anlagen in das soziale Um­feld und die Auswirkungen auf die Umwelt relevant ist, gesondert zu behandeln.

Dies betrifft auch die Begleitregelung für die Gastronomie zum umfassenden tabak­rechtlichen Rauchverbot (§ 113 Abs. 5 GewO 1994 idF AB 1752 d.B.). Es handelt sich dabei zwar um eine berufsausübungsrechtliche Bestimmung, die aber von ähnlicher Re­levanz ist.

Dieser Antrag ermöglicht es, die von der Bundesregierung in der Regierungsvorla-
ge 1475 d.B. vorgeschlagenen Maßnahmen zum gewerblichen Betriebsanlagenrecht ei­ner gesonderten Beratung und Beschlussfassung im Plenum des Nationalrates zu un­terziehen. Die Erläuterungen der Regierungsvorlage und die Begründungen des Wirt­schaftsausschusses zu den Bestimmungen, die nunmehr Gegenstand dieses Antrages sind, sind sinngemäß begründungsrelevant.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt nun Herr Klubobmann Dr. Strolz. – Bitte.

 


18.27.24

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger, vor allem jene mit Unterneh­mergeist in diesem Land! Was ist das Ziel einer Gesetzgebung? – Einen Rahmen zu setzen, damit die Menschen sich auch in dem, was sie tun oder tun wollen, entfalten kön­nen, und natürlich auch dort einen reglementierenden Rahmen zu setzen, wo mögli­cherweise die Freiheit des anderen Menschen negativ berührt ist oder Gefahr in Ver­zug ist.

So schauen wir auch, Herr Matznetter, weil Sie von liberaler Gewerbeordnung spre­chen, auf eine liberale Gewerbeordnung. Die aktuelle Gewerbeordnung ist natürlich kei­ne liberale. Wenn Sie jetzt von den 80 reglementierten Gewerben noch einmal fünf he­runternehmen, respektiere ich, dass sie unter großem Zwang noch einmal in Bewe­gung kamen. Das wäre ohne uns nicht passiert, denn nach dem Aufkündigen der Koa­lition durch den neuen ÖVP-Obmann habe ich im Kreis der Parteiobleute durchgesetzt, dass dieses Gesetz noch einmal in die Verhandlung zurückgeht.

Dass Single Licence kommt und dass es die Sozialdemokratie und uns mit als Hebel braucht, damit die Volkspartei, die einmal eine Wirtschaftspartei war, davon zu über­zeugen ist, dass wir zumindest diesen Schritt gehen können, das steht halt auf einem anderen Blatt Papier. – Wäre es nach euch von der ÖVP gegangen, wäre Single Li­cence, also ein Gewerbeschein für 440 freie Gewerbe, nicht gekommen. Das haben wir durchgesetzt, weil wir den Entwurf noch einmal in die Verhandlung zurückgeschickt ha­ben und weil sich jetzt hiefür eine Mehrheit findet.

Auch dass noch weitere fünf Gewerbe nicht in der Reglementierung bleiben, haben wir damit durchgesetzt. Dennoch können wir nicht mitgehen, weil natürlich das vorliegende Ergebnis weit jenseits von dem ist, was ein Unternehmergeist in Österreich braucht, da­mit er in die Entfaltung kommt.

Herr Haubner, wenn du sagst, es geht hier um Meister, um Lehrlinge oder sonst was, dann wird damit natürlich den Leuten echt Sand in die Augen gestreut, denn: Schauen wir nicht nach Deutschland, sondern in die Schweiz! Dort gibt es ein liberales Gewer­berecht – und das Lehrlingswesen blüht! Und es blüht wesentlich imposanter als in Ös­terreich, wo wir bekanntlich ein West-Ost-Gefälle im Lehrlingswesen haben. – Auch da lassen die Wirtschaftspartei ÖVP und die Sozialpartnerschaft aus.

Da lassen sie jeden Tag aus, und warum? – Weil sich die Gewerkschaft, die Wirt­schaftskammer und die Arbeiterkammer nicht auf die sogenannten Abtauschmaterien


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einigen können. Das heißt, die jungen Menschen sind Opfer einer Nichteinigung bei sogenannten Abtauschmaterien. Darunter wird sich ein 15-jähriger, ein 16-jähriger, ein 17-jähriger Lehrling nichts vorstellen können. (Beifall bei den NEOS.)

Von dem will ich eben wegkommen, und deswegen sagen wir: Eigentlich gehört die Ge­werbeordnung nicht novelliert, sondern sie gehört völlig neu geschrieben. Unser Vor­schlag liegt auf dem Tisch: 26 Branchen. Lassen Sie uns runtergehen, dann können wir auch die Kollektivverträge neu konzeptualisieren, denn auch da müssen wir durch­forsten und ausforsten. Ich war zwölf Jahre lang Unternehmer, ich weiß, welcher Wust da an Auflagen kommt. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Ich habe gestern bei einem Empfang zwei Unternehmerinnen getroffen. Die eine hat mir erzählt, dass sie, hätte sie hier keine familiären Bindungen, mit ihrem Unternehmen in die Schweiz gehen würde. Die andere ist in der Beratungsbranche, und die hat mir erzählt, dass sie beschlossen hat, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern massiv ab­zubauen, weil sie so einfach ein besseres Leben hat. Sie hat dann nicht mehr so viele Auflagen. Sie ist mit der Administration nicht mehr nachgekommen, sie ist gar nicht mehr dazu gekommen, das zu tun, was sie für ihre Kunden tun will.

Deswegen: Lassen Sie uns runtergehen, schreiben wir die Gewerbeordnung neu! Wir werden da dranbleiben. Ein Vorschlag zur Güte – da waren wir heute auch mit den Grü­nen unterwegs –: Gehen wir nicht auf 75 runter, sondern gehen wir, wenn Sie unbedingt in dieser altvaterischen, verzopften, verfilzten Gewerbeordnung aktuellen Zuschnitts blei­ben wollen, zumindest auf 60 runter! Diesen Vorschlag haben wir gemacht. Wir müs­sen Buchbinder zum Beispiel nicht als geschütztes Gewerbe in der Gewerbeordnung lassen. Da ist kein Vermögen, keine Umwelt, kein Leib und Leben in Gefahr, sondern die Qualität wird sich auf dem Markt durchsetzen, das Gleiche gilt auch beim Fremden­führer.

Abschließend ein anderes Beispiel: Da hat einer ein neues Geschäftsfeld, seinen ei­genen Job erfunden, indem er sagt: Ich gehe mit den Menschen, die es interessiert, zu den grindigsten Orten Wiens. Jetzt kann man das lustig finden oder auch nicht, aber es finden sich dafür Kunden. Er passt aber in kein Schema für eine Gewerbeordnung Ih­ren Zuschnitts, womit so ein Arbeitsplatz gefährdet ist.

Ich bin dafür, dass wir die Menschen einfach tun lassen. Wenn sie niemandem etwas Böses antun, sondern etwas Sinnvolles für sich finden und dafür auch noch Kunden, dann lassen wir sie bitte tun! – Es blühe der Unternehmergeist! (Beifall bei den NEOS.)

18.32


Präsident Karlheinz Kopf: Nun hat sich Herr Bundesminister Dr. Mahrer zu Wort ge­meldet. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Strolz und Matznetter.)

 


18.32.50

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Mag. Dr. Harald Mahrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir machen heute einen Schritt weiter in der Entwicklung eines ursprünglich legistischen Glanzwerkes der Grün­derzeit, denn zur damaligen Zeit – im Jahre 1859 – war die Gewerbeordnung wirklich ein sehr innovativer, zeitgemäßer Entwurf, um unternehmerische Freiheit sicherzustellen. Sie hat sich über die Jahre hinweg bewährt, ist aber natürlich in die Jahre gekommen.

Etwas, das zumindest über intensive Verhandlungsrunden in den letzten Monaten seit der Regierungsvorlage gelungen ist, ist, in sehr zentralen Schritten auch einen weite­ren Schritt zu setzen. Kollege Kassegger hat natürlich recht – und Matthias Strolz hat das jetzt auch angesprochen –, wenn er sagt, eine Neukodifikation oder eine Weiter­entwicklung könnte ein nächstes Projekt sein. Der ehemalige Vizekanzler und Bundes­minister Reinhold Mitterlehner hat ja einmal mit einer Professorenkommission zum 150-jäh-


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rigen Jubiläum der Gewerbeordnung, als damals der – jetzt bereits verstorbene – ehema­lige Präsident des Verfassungsgerichtshofes Korinek angeregt hat, man möge sich das im Detail ansehen, auch einige Ideen ausarbeiten lassen. Diese Ideen sind zum Teil auch in den Entwurf der Regierungsvorlage eingeflossen, und einige dieser Ideen wer­den jetzt auch, so Sie dem zustimmen, umgesetzt.

Aber keine Frage: Das Unternehmertum im 21. Jahrhundert wird noch mehr brauchen, aber es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, bürgerlichen Grundfreiheiten aus der Mitte des 19. Jahrhunderts – und das sind ein paar sehr, sehr zentrale – wieder neu­es Leben einzuhauchen.

Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, in Erinnerung zu rufen, was denn das im Jah­re 1859 war, auf das die damaligen Schöpfer dieser ursprünglichen Gewerbeordnung Wert gelegt haben: das waren die Erwerbs- und Niederlassungsfreiheit, die freie Wahl des Berufs und der Ausbildung, unternehmerische Gestaltungsfreiheit, und – ganz wich­tig – Vertragsautonomie, freier Wettbewerb und Vorrang für Innovation. (Zwischenruf des Abg. Strolz.) Das soll auch weiter gewährleistet sein.

Man kann das jetzt kleinreden, oder man kann sich die Sache auch aus einem anderen Blickwinkel heraus zu Gemüte führen; aber, Matthias Strolz, ich muss das ein bisschen zurechtrücken. Wir haben im Rahmen der Debatte rund um die Regierungsvorlage im Vorfeld des Prozesses mit Experten bereits vorgeschlagen, eine einzige digitale Ge­werbelizenz zu machen. (Abg. Strolz: War aber nicht drin!) Es war im Vorfeld bereits vorgeschlagen worden, es ist abgewogen worden, ob man etwas macht oder nicht. Der Kollege Matznetter kann sich an die damaligen Vorfelddebatten rund um die Experten vor über einem Jahr schon erinnern. (Abg. Strolz: Die SPÖ wollte es immer!) – Man hat sich jetzt auf eine sinnvolle digitale Lösung auf Höhe der Zeit geeinigt, und das ist das Spannende. (Abg. Matznetter: Da bin ich Ihnen auch dankbar!) Genau, und da­für möchte ich mich auch bei allen bedanken, die daran mitgearbeitet haben, ganz be­sonders auch – und das sei in diesem Rahmen erwähnt, sie sind schon mehrfach an­gesprochen worden – bei den Spitzenbeamtinnen und -beamten dieses Hauses, die das Parlament in diesen schwierigen Verhandlungsstunden federführend unterstützt ha­ben. Ich möchte sie alle namentlich nennen: Herr Sektionschef Dr. Tschirf, Frau Mag. Pa­liege-Barfuß, Frau Dr. Jungwirth und Herr Mag. Bogner. Vielen, vielen herzlichen Dank für diese kurzfristige intensive legistische Leistung, ohne die das nicht zustande gekom­men wäre! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

Es sei noch erwähnt, dass das schon ein sehr gewaltiger Liberalisierungsschritt in die richtige Richtung ist, denn wenn ich mit einer einzigen freien Gewerbeberechtigung und der Möglichkeit dieser 30 Prozent Nebenrechte und der 440 Tätigkeiten – vom Jahres­umsatz bemessen – allen Tätigkeiten nachgehen kann, könnte man fast versucht sein, zu sagen, dass das in diesem Bereich ein gewaltiger Schritt ist. (Abg. Scherak: ... bei einer liberalen Gewerbeordnung!) – Ich sehe noch immer nicht, wo da sozusagen der Unterschied sein sollte! Wenn Sie den Prozess verstanden haben, dann gehen Sie her und lösen in Zukunft diese eine digitale Gewerbelizenz aufgrund der Zuordnung zu Kol­lektivverträgen, wobei wir uns gemeinschaftlich darauf verständigt haben, dass das ei­ne sinnvolle Geschichte ist. Sie zeigen nur mehr an, in welchem Bereich Sie tätig sind, und können dann frei tätig sein.

Ich bringe jetzt noch einmal das Beispiel vom Unterschied zwischen vorher und in Zu­kunft: Wenn Sie zum Beispiel in der Vergangenheit unterschiedlichen Tätigkeiten nach­gegangen sind, wie der der Unternehmensberatung, hatten Sie auch noch eine Gewer­beberechtigung für zum Beispiel Pressearbeit, Werbung, Marktforschung, IT-Beratung und Online Marketing. In Zukunft brauchen Sie nur mehr diese eine Gewerbeberech­tigung und können allen anderen Tätigkeiten – sofern diese nur 30 Prozent des Jahres­umsatzes ausmachen – nachkommen. Sie brauchen nur mehr eine einzige Berechti-


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gung! Und wenn mir jemand in diesem Haus oder sonst irgendwo erklärt, dass das kei­ne gewaltige Veränderung ist, dann kenne ich mich nicht mehr aus. Das ist eine ge­waltig Veränderung, da muss man allen Abgeordneten dafür dankbar sein, die das jetzt möglich machen! (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

In diesem Sinne möchte ich auch schon wieder meine Ausführungen beenden und sa­gen – der Abgeordnete Haubner hat es auch unterstrichen –: Es ist notwendig, und das sehen wir an der Debatte in Deutschland. Da Herr Abgeordneter Strolz die Schweiz an­gesprochen hat: Man kann die unterschiedlichen Ausbildungssysteme, gewerberecht­lich oder unternehmerrechtlich organisierten Systeme nicht alle eins zu eins verglei­chen, denn wir sehen die Effekte hinsichtlich der reglementierten Gewerbe, wie sich Ge­werbe und Handwerk hinsichtlich der Ausbildung und Qualität der angebotenen Dienst­leistungen in Deutschland entwickelt haben.

Es ist in einigen dieser gewerblichen Bereiche sicher nicht wünschenswert, das auf Österreich zu übertragen, denn – und das ist das Entscheidende – in der ökosozialen Marktwirtschaft gibt es eine Güterabwägung hinsichtlich der unterschiedlichen Rechts­gütersysteme – und da gibt es auf der einen Seite die unternehmerische Freiheit, aber auf der anderen Seite die soziale Verantwortung, die unternehmerische Verantwortung und die ökologische Verantwortung. Und diese Güter sind immer in Balance zu bringen.

Ich glaube, dass der jetzige Entwurf mit sehr viel Augenmaß genau diese Dinge in Ba­lance bringt; aber keine Frage – ich unterstreiche noch einmal, was Herr Dr. Kassegger gesagt hat –: Das ist kein Abendthema vor einer Wahl, aber vielleicht ein Morgenthema nach einer Wahl, nämlich sich gemeinsam zu überlegen, wie man auch auf Basis der Expertenvorschläge eine Weiterentwicklung der österreichischen Wirtschaftsverfassung auf die Höhe der Zeit vornehmen wird. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der SPÖ.)

18.39


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Obernosterer. – Bitte.

 


18.39.07

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Lie­be Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehapparaten! Wenn man jetzt den Vorrednern zugehört hat, gerade aus der Opposition, wie etwa den Grünen, so hat man gehört, dass Kollege Köchl gesagt hat: Es geht in die richtige Richtung, aber es ist nicht alles umgesetzt, was wir uns erwartet haben, trotzdem stimmen wir mit. – Also scheint es doch nicht so schlecht zu sein.

Der Kollege von der Freiheitlichen Partei hat gesagt: Es geht in die richtige Richtung, aber es ist doch ein bisschen zu wenig, also können wir doch nicht ganz mitstimmen.

Der Herr Strolz – er war, glaube ich, lange Zeit Berater der Wirtschaftskammer – hat ge­sagt: Das ist überhaupt alles schlecht, denn wir sind sowieso die Gescheitesten. (Abg. Strolz: Nein, habe ich nie gesagt!) Ich muss aber dazusagen, dass es für die Opposi­tionsparteien in Zeiten vor einer Wahl natürlich auch schwierig ist, wenn gute Sachen auf den Tisch kommen, diese hier auch zu loben. Trotzdem, wie gesagt, haben die Re­debeiträge gezeigt, dass die Gewerbeordnung doch einiges hergibt. (Neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Strolz.)

Jetzt werde ich euch sagen, was das in der Praxis heißt, wie das ausschaut. Zwischen Theorie und Praxis, das wissen wir, ist immer ein großer Unterschied. (Abg. Steinbich­ler: ... bei den Lebensmitteln ...!) Um die Bedürfnisse eines Gastes abzudecken, braucht ein mittelständisches Hotel heutzutage sechs Gewerbescheine (Abg. Strolz: Das ist ein Fortschritt!): Hotellerie, Kaffeehaus, Massage, Kosmetik, Hoteltaxi, Animation und so­gar einen für das Gewerbe der Reisebüros, wenn er Packages verkauft.


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Was heißt das jetzt nach diesem Beschluss in der Praxis? Wir brauchen nur mehr ei­nen Gewerbeschein. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Also, meine Damen und Her­ren, wenn das kein wichtiger Wurf in die richtige Richtung ist und wenn das keine Er­leichterung für die Wirtschaft ist, auch finanziell und vom bürokratischen Aufwand her, dann kenne ich mich wirklich nicht mehr aus. Ich komme aus der Branche, und ich weiß, was das in der Praxis heißt.

Was wir heute hier noch mitbeschließen, ist die Rechtssicherheit für die Wirte, wenn vor den Lokalen geraucht wird. Das ist sehr, sehr wichtig, wenn das Gesetz in Kraft tritt, und es ist auch wichtig, dass wir es heute hier beschließen. Ich möchte mich wirk­lich bei allen, auch bei denjenigen, für die es ein bisschen zu wenig ist, recht herzlich bedanken, dass wir diese Gewerbeordnung in diesem Sinn heute hier beschließen kön­nen.

Eines wissen wir genau: Die Wirtschaft ändert sich, die Bedürfnisse der Menschen än­dern sich, und auch die Liberalisierung dieser Gewerbeordnung bleibt nicht der letzte Stand, sondern es wird wahrscheinlich nicht lange dauern, bis man es wieder neu an­geht, wie das der Herr Bundesminister bereits gesagt hat.

Da wir gerade beim Tourismus sind: Wie gesagt, die letzten Jahre sind nicht sehr leicht für ihn gewesen, aber das heutige Paket ist wirklich eine Erleichterung für den Touris­mus. In den letzten Jahren ist auch noch einiges im Tourismus umgesetzt worden: die freiwillige Mithilfe der Familienmitglieder, etwas, was arbeitsmarkttechnisch immer ein großes rechtliches Problem war, die Aufhebung der Zwei-Stunden-Regelung pro Tag bei der Geringfügigkeit. Wir wissen, dass wir die Geringfügigkeit jetzt so gestalten kön­nen, dass die Aushilfen das bei Hochzeiten und Festen am Wochenende abdecken kön­nen. Wir wissen, dass wir eine unkomplizierte Aushilfsregelung für das Jahr 2018 auf den Tisch gelegt haben.

Wie gesagt, es ist in der Bürokratie noch viel zu tun, aber hier sind uns wirklich einige Punkte gelungen, bei denen wir gesagt haben, es wird nicht jedes Mal bei jedem Ge­setz eine Vorschrift mehr aufgelegt, sondern es geht darum, zwar langsam, aber immer wieder ein Blatt der Bürokratie abzubauen, damit sich die Menschen mehr mit der Ar­beit und weniger mit der Bürokratie beschäftigen können. Wie gesagt: Danke, und ich freue mich für den Tourismus, dass wir das heute hier beschließen können. Recht herz­lichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.43


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ: Was ist mit dem Palmöl?)

 


18.43.20

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuse­her auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! (Der Redner stellt eine Tafel vor sich auf das Rednerpult, auf der ein vollbeladenes Frachtschiff abgebildet ist.) Also das war jetzt perfekt. Diese Darstellung des Kollegen Obernosterer, wie man eine Überbürokra­tisierung, die dieselbe Regierung in überhöhter Dosis eingeführt hat, leicht abspeckt und das dann den Wählern als Riesenerfolg verkauft, ist ja sensationell! (Abg. Obernoste­rer: Damals warst du auch dabei!)

Also ich bin wirklich stolz darauf, lieber Kollege Obernosterer, dass wir es in der letzten Periode geschafft haben, dass die Eltern wieder in dem Betrieb mitarbeiten dürfen, den sie selber aufgebaut haben, ohne dass sie bei der KIAB gemeldet werden müssen. Das sind ja wirklich sensationelle Ergebnisse, ich bin wirklich begeistert! (Abg. Obernos­terer: Das freut mich!)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 245

Und das ist genau das Problem: Das Problem ist ja, dass ihr die Ideen der Opposition, die Verbesserungsvorschläge der Opposition in den Ausschüssen vertagt. Deshalb wie­derhole ich meine Forderung vom Vormittag, die Ausschussarbeit öffentlich zu machen, dann hätten wir nämlich viele Themen, die heute hier diskutiert und als Erfolg verkauft werden, gar nicht mehr am Tapet, weil sie längst erledigt wären, weil wir sie vor vier Jah­ren schon erledigt hätten. Und gleichzeitig vermitteln Sie, da passiert ohnehin so viel.

An die vorderste Stelle möchte ich hier den Dank an alle Unternehmerinnen und Un­ternehmer, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer reihen, die letztlich diesen wertvollen Steuerbeitrag für dieses Wirtschaftsland Österreich leisten. (Zwischenruf der Abg. Fek­ter.) Ich darf erwähnen, dass immerhin 70 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer in KMUs arbeiten, damit wir hier in der Diskussion einmal die Dimension se­hen, wo wirklich die Steuern gezahlt und abgeführt werden, damit wir den Treibstoff für dieses Land, für den laufenden Betrieb bekommen.

Ich möchte auf einen Punkt hinweisen, der völlig unterschätzt wird, weil wir nur über die Gewerbeordnung reden. Dieses Schiff (der Redner zeigt auf die vor ihm auf dem Rednerpult stehende Tafel mit der Abbildung eines vollbeladenen Frachtschiffs) ist das Thema. Das ist das Thema, Kollege Obernosterer, nicht nur bei den Lebensmitteln. Wenn wir unseren Standort zum Handelsort machen, dann können wir uns ohnehin gleich die Diskussion über die Gewerbeordnung sparen. Wenn es nicht ermöglicht wird, am Stand­ort Österreich zu produzieren, dann werden wir ein Handelshaus für Europa. Über die Seidenstraße, über die diversen Handelswege werden die Produkte vorgefertigt und halb­vorgefertigt kommen, und dann erklärt ihr mir das Wirtschaftssystem der ÖVP.

Ich glaube, das ist das ganz Wesentliche: Lippenbekenntnisse. Nein (in Richtung des Abg. Obernosterer, der auf sein Mobiltelefon schaut), du sollst jetzt nicht die Redner­einteilung machen, du sollst jetzt bitte zuhören, Kollege Obernosterer! Den Wählern aus Angst, weil Wahlen kommen, etwas Sand in die Augen zu streuen und einen Erfolg ver­kaufen zu wollen, das geht nicht. Ich glaube, das ist einfach unfair. (Beifall beim Team Stronach.)

Wir haben in Berlin diese Thematik mit dem Chef der Handwerksbetriebe von Deutsch­land besprochen. Das war wirklich sehr interessant, damit man auch die praktische Sicht erhält. Wir sind am Brandenburger Tor gesessen. Dieser Vertreter sagt: Seid vor­sichtig, wenn ihr überschnell reagiert, denn es gibt auch eine Haftungsfrage für die Kon­sumenten, die viel zu wenig gesehen wird, weil mit gewissen Dumpingangeboten be­ziehungsweise Subunternehmen dann relativ schnell die Situation entstehen kann, dass jemand mit der schwachen Leistung überbleibt! Deshalb lasse ich nichts über dieses ös­terreichische Qualitätsgewerbe kommen, das muss man einmal in aller Deutlichkeit sa­gen. Ich glaube, wir sollten uns auch diesen Ruf Österreichs bewahren.

Weil die Lehrlingsfrage angesprochen wurde, und ich denke, diese ist wesentlich, und weil ich vorhin auf die Digitalisierung hingewiesen habe: Wenn die Allianz, ein bekann­ter Versicherer, und ein berühmtes Pharmaunternehmen in den letzten zwei Tagen be­kannt gegeben haben, 700 Stellen zu streichen, dann wissen wir, wie viele Bürolehrlin­ge, wie viele Lehrlinge in den diversen Betrieben ihren Job verlieren, einfach nicht mehr ausgebildet werden, weil sie ersetzt werden.

Deshalb brauchen wir eine wesentliche Aufwertung dieser Handwerksberufe und die­ser Lehrberufe; aber nicht nur in Form von Geld, sondern auch in Form von Wert­schätzung, denn wenn man sich an diverse Tische setzt, in eine Straßenbahn, in einen Zug und erklärt, dass jemand einen Lehrberuf ergreift, wird man gefragt: Hat er ein schlechtes Zeugnis? Ist er für ein Studium nicht fähig genug? – Also da gilt es anzuset­zen.

Wir haben in diesem Haus in den letzten Tagen sehr viel über Bildung diskutiert, und mit der Bildung wachsen die Chancen am Arbeitsmarkt. Ich bekomme relativ viele In-


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terventionen dahin gehend, dass Leute nach einer sehr guten Ausbildung kommen und sagen: Ich kriege keinen Job, denn ich bin überqualifiziert. – Also lassen wir die Kirche im Dorf.

Damit wir bei der Praxis sind: Gestern haben die Hufschmiede aus Angst vor der Zu­kunft in der „Kronen Zeitung“ inseriert, dass die Praxis sehr viel regelt; so wie bei dir in der Gastronomie und in der Hotellerie. Wenn jemand nicht zufrieden ist, kommt er nicht mehr, wenn jemand mit einem Hufbeschlag nicht zufrieden ist, wird er diesen Huf­schmied nicht mehr nehmen; und wenn jemand mit einem Handwerker nicht zufrieden ist, ist das genau dasselbe. Auch diesbezüglich gibt es bereits am Markt genug Kon­trolle. (Abg. Obernosterer: Gibt es Qualität, oder keine!)

Deshalb bringe ich zwei Entschließungsanträge ein, die sehr wesentlich wären. Der erste betrifft die Überbürokratisierung und hat zum Inhalt, dass, wenn wir hier in die­sem Haus ein neues Gesetz beschließen, zumindest zwei alte abschaffen. Der Antrag lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „One in-Two out – Wirksamer Kampf gegen die Bürokratie“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, wird aufgefordert darauf hinzuwirken, dass die Regelungsflut in Öster­reich dahingehend dezimiert wird, dass für jede neue Regulierung zwei alte Regulie­rungen aufgehoben werden.“

*****

Sonst kommen die Produkte mit dem Schiff. (Abg. Hübner: Ah!)

Der zweite Entschließungsantrag, und ich glaube, da können wir wirklich unsere Unter­nehmerinnen und Unternehmer unterstützen, betrifft die Erhöhung des Nettojahresum­satzes bei der Registrierkassenpflicht. Im ländlichen Raum – und es gibt hier ein Par­teiprogramm, das sich mit der Erhaltung des ländlichen Raumes beschäftigt – sind die Maßnahmen jetzt spürbar, dass Mostschenken, dass kleine Betriebe über die Umsatz­grenze kommen und vor gewaltigen Investitionen beziehungsweise Betriebsschließun­gen stehen. In dem Antrag geht es also um die Registrierkassenpflicht – jetzt hätte ich bald Regierungskassapflicht gesagt – und die Erhöhung des Nettojahresumsatzes.

Ich bringe jetzt den zweiten Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Regis­trierkassenpflicht – Erhöhung des Nettojahresumsatzes“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft in Zusammenarbeit mit dem Bundesminister für Finanzen, wird aufge­fordert, ehestmöglich einen Gesetzesentwurf vorzulegen, welcher hinsichtlich der Re-


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gistrierkassenpflicht die Erhöhung des Nettojahresumsatzes auf mindestens Euro 50.000 
je Betrieb vorsieht.“

*****

Ich bitte um Zustimmung. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ.)

18.50


Präsident Karlheinz Kopf: Die von Herrn Abgeordnetem Steinbichler eingebrachten Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „One in-Two out – Wirksamer Kampf gegen die Bürokratie“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 35 „Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorlage (1475 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Ge­werbeordnung 1994 geändert wird sowie über den Antrag 1723/A(E) der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Josef Schellhorn, Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpassung der Gewerbeordnung an veränderte gesellschaftli-
che Rahmenbedingungen – Rechtssicherheit für Gastgewerbebetriebe und Nachbarn (1752 d.B.)“

Dem Regierungsprogramm der Bundesregierung 2017/2018 lässt sich entnehmen, dass sich die Bundesregierung „.. zur nachhaltigen Entlastung der BürgerInnen und Unter­nehmen von bürokratischen Lasten“ bekennt und „zu diesem Zweck . ein Grundsatzge­setz erlassen ..“ wird, „.. das diesen Zielen Rechnung trägt.“ (http://archiv.bundeskanz­teramt.at/DocView.axd?CobId=65201, Seite 31 (12.05.2017)) Dazu soll z.B. „.. nach Möglichkeit eine alte Regulierung oder Förderung aufgehoben ..“ werden, wenn „.. eine neue Regulierung oder Förderung eingeführt ..“ wird. (http://archiv.bundeskanzleramt.at/
DocView.axd?Cobld=65201, Seite 31 (12.05.2017)) Diese One in-One out-Regel ist ein guter Anfang, aber noch lange nicht genug, um die herrschende Bürokratie nachhaltig zu bekämpfen.

Die österreichischen BürgerInnen sowie Unternehmen finden bürokratische Hürden als äußerst belastend. Transparenz, Rechtssicherheit, beschleunigte Verfahrensabläufe jeg­licher Art oder die Vereinfachung im Antragswesen sind nur einige wenige Beispiele, die als geeignete Mittel gegen das gegenwärtige Regelungswirrwarr angeführt werden können. Es sind unzählige Änderungen notwendig, um den Wirtschaftsstandort Öster­reich und den freien Unternehmer zu stärken. Bezugnehmend auf die Gewerbeord­nung ist eine Entrümpelung und eine gesamthafte Modernisierung (Vgl. dazu https://
www.ots.at/presseaussendung/OTS_20170428_OTS0169/stronachlugar-gewerbeord­nung-rot-und-schwarz-einigen-sich-auf-placebo (12.05.2017)) erforderlich und nicht nur ein „Reförmchen“ (Vgl. dazu https://iwww.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/SNME/
SNME_08412/imfname_577356.pdf), wie bereits der österreichische Rechtsanwalts­kammertag in Bezug auf den entsprechenden Ministerialentwurf ins Treffen führte. Selbst ÖWB-Vizepräsidentin Bettina Lorentschitsch fürchtete bereits im Jahr 2015 einen „Bürokratie-Overkill“ (http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/oesterreich/politik/
740563_Registrierkassenpflicht-Aufwand-steht-in-keiner-Relation-zu-Einnahmen.html (11.05.2017)), als die Registrierkassenpflicht thematisiert wurde. Es versteht sich fast von selbst, dass etwa Verbesserungen im Gesetzgebungsprozess und die Harmonisierung von Gesetzesbestimmungen unumgänglich sind.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen nachstehenden


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 248

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

 „Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, wird aufgefordert darauf hinzuwirken, dass die Regelungsflut in Öster­reich dahingehend dezimiert wird, dass für jede neue Regulierung zwei alte Regulie­rungen aufgehoben werden.“

*****

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Registrierkassen­pflicht – Erhöhung des Nettojahresumsatzes“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 35 „Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorlage (1475 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Ge­werbeordnung 1994 geändert wird sowie über den Antrag 1723/A(E) der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Josef Schellhorn, Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpassung der Gewerbeordnung an veränderte gesellschaftliche Rah­menbedingungen – Rechtssicherheit für Gastgewerbebetriebe und Nachbarn (1752 d.B.)“

Der Präambel des Regierungsprogramms der Bundesregierung 2017/2018 ist zu ent­nehmen, dass die Bundesregierung „.. unser Land wirtschaftlich nach vorn bringen ..“ und „.. die Klein- und Mittelbetriebe unterstützen ..“ (http://archiv.bundeskanzIeramt.at/
DocView.axd?CobId=65201 (11.05.2017)) will. Darüber hinaus soll „auch der ländliche Raum . nachhaltig gestärkt werden.“ (http://archiv.bundeskanzeramt.at/DocView.axd?
CobId=65201 (11.05.2017)) In Hinblick darauf werden „Unterstützungsprojekte“ (http://
archiv.bundeskanzleramt.at/DocView.axd?CobId=65201, Seite 5 (11.05.2017)) wie u.a. Investitionsförderungen und eine Neuregelung hinsichtlich der Entgeltfortzahlung bei Mi­krounternehmen (DipI.-VoIkswirtin Juliane Gude in Ergebnisse der Umsatzsteuersta­tistik (Voranmeldungen) 2011, Seite 725, „In Anlehnung an eine Definition der Europäi­schen Union werden Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis 2 Millionen Euro als Mi­krounternehmen (oder Kleinstunternehmen).. bezeichnet“. Das Regierungsprogramm sieht auf Seite 5 den erhöhten AUVA-Zuschuss zur Entgeltfortzahlung für alle Betriebe bis 10 vor.) genannt, weiters soll erstmals „.. ein Masterplan für die Zukunft des ländli­chen Raumes ..“ (http://archiv.bundeskanzleramt.at/DocView.axd?Cobld=65201, Seite 22 (11.05.2017)) erarbeitet werden.

Von einer Unterstützung, insbesondere der Klein- und Mittelbetriebe, kann aber gerade in Zusammenhang mit der Reform der Gewerbeordnung 1994 sowie der Registrierkas­senpflicht nicht gesprochen werden. Die Gewerbeordnung gehört grundlegend entrüm­pelt und modernisiert (Vgl. dazu https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20170428_
OTS0169/stronachlugar-gewerbeordnung-rot-und-schwarz-einigen-sich-auf-placebo (12.05.2017)). Auch der österreichische Rechtsanwaltskammertag spricht in Bezug da­rauf zu Recht von einem „Reförmchen“ (Vgl. dazu https://iwww.parlament.gv.at/PAKT/
VHG/XXV/SNME/SNME_08412/imfname_577356.pdf.). ÖWB-Vizepräsidentin Bettina Lorentschitsch fürchtete darüber hinaus zurecht bereits im Jahr 2015 durch die Einfüh­rung der Registrierkassenpflicht einen „Bürokratie-Overkill“ (http://www.wienerzeitung.at/
nachrichten/oesterreich/politik/740563_Registrierkassenpflicht-Aufwand-steht-in-keiner-Relation-zu-Einnahmen.html (11.05.2017)).

In der Vergangenheit häuften sich vermehrt Berichte über Betriebe, die der Einführung dieser neuen Bürokratiehürde namens Registrierkassenpflicht den Rücken kehrten und sich kurzerhand entschlossen, ihre unternehmerische Tätigkeit einzustellen. Besonders


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 249

betroffen waren davon Kleinbetriebe, etwa Wirtshäuser, sowie insbesondere Betriebe aus dem ländlichen Raum. Dabei schienen die kolportierten Mehreinnahmen durch die eingeführte Registrierkassenpflicht nicht realistisch zu sein. In diesem Zusammenhang sprach insbesondere der Schwarzgeld-Experte Friedrich Schneider der Universität Linz von einer „kühnen Annahme“ (http://www.tt.com/wirtschaft/wirtschaftspolitik/12781592-91/experte-registrierkassenpflicht-bringt-2016-nur-200-millionen.csp (12.05.2017)). Laut seinen Berechnungen lagen die Steuermehreinnahmen weit unter dieser Annah­me, nämlich bei 100 bis 120 Millionen Euro im Jahr 2016. Für 2017 bzw. 2018 prognos­tizierte er 180 bis 200 (2017) bzw. 300 bis 400 (2018) Millionen Euro. Diese Unter­schiede (Differenz von mehr als 50 %) kann wohl durch das seitens des Finanzminis­teriums (http://www.nachrichten.at/nachrichten/wirtschaft/Registrierkassen-brachten-nur-
300-Millionen-Euro;art15,2558342 (12.05.2017)) vorgebrachte „Rumpfjahr“ bzw. durch den neuen Manipulationsschutz, der erst mit Beginn des zweiten Quartals 2017 gilt, kaum begründet werden. Auch ist der Seite 3 der Vorlage hinsichtlich des vorläufigem Gebarungserfolgs 2016 (https://iwww.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/BA/BA_00130/
imfname_626454.pdf (16.05.2017)) zu entnehmen, dass „die Gegenfinanzierungsmaß­nahmen . zeitlich verzögert und nicht im vollen Ausmaß gegriffen“ haben. „Die Einzah­lungen aus der Mehrwertsteuer blieben um 1.144,3 Mio. Euro unter dem veranschlag­ten Wert“. Hier ist jedenfalls zu hinterfragen, ob der betriebene Aufwand in Relation zu den Einnahmen steht, denn diese Art der Überregulierung führt unweigerlich zu einer Standort- und Investitionsvernichtung in Österreich. Jegliche Mehrausgaben können nicht mehr für sinnvolle Neuinvestitionen eingesetzt werden. Es sind aber gerade diese Neu­investitionen unserer UnternehmerInnen, durch die die Arbeitsplätze am Wirtschafts­standort Österreich geschaffen werden und durch die sie sich auch künftig sichern las­sen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft in Zusammenarbeit mit dem Bundesminister für Finanzen, wird aufge­fordert, ehestmöglich einen Gesetzesentwurf vorzulegen, welcher hinsichtlich der Regis­trierkassenpflicht die Erhöhung des Nettojahresumsatzes auf mindestens Euro 50.000 je Betrieb vorsieht.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Winzig. – Bitte.

 


18.50.56

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Kolleginnen und Kollegen! Leo Steinbichler, herzlichen Dank für deinen Appell hinsichtlich der Lehrlingsausbildung. Ich kann dir nur gratulieren, dass du im Bezirk Vöck­labruck wohnst, denn wir haben im letzten Jahr wieder für eine Steigerung bei den Lehr­lingen gesorgt, ihre Zahl ist nämlich um 8 Prozent gestiegen, und wir werden das auch heuer wieder tun. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir im Hohen Haus über Aus- und Weiterbildung reden, dann fordern immer alle Fraktionen mehr Bildung für alle, und am besten von der Wiege bis zur Bahre. Ja, Aus- und Weiterbildung ist nicht nur für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wichtig, sondern vor allem auch für Unternehmerinnen und Unternehmer, denn deren Qualifikation schützt die Konsumenten, schützt aber auch die Unternehmer selbst. Wir wissen, Unternehmer


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 250

und ihre Familien haben nicht die gleiche soziale Absicherung wie Mitarbeiter, wir wis­sen aber auch, dass unsere Wirtschaft großteils lieferantenfinanziert ist, das heißt, eine Pleite eines Unternehmens löst einen Dominoeffekt aus und schädigt auch andere Be­triebe.

Ich erlebe als Bezirksobfrau der Wirtschaftskammer tagtäglich, wie schwer es Unterneh­merinnen und Unternehmer haben, wenn sie keine adäquate Ausbildung aufweisen, denn: Fakt ist auch, dass Banken und Versicherungen nicht mehr nur Unternehmen bewerten, sondern auch die Qualifikation des Unternehmers; das ist bei der Kreditver­gabe so, aber auch bei der Produkthaftpflichtversicherung spielt das eine Rolle. Daher müssen auch die Selbständigen eine umfassende Qualifikation aufweisen.

Was heißt reglementiert? – Reglementiert bedeutet eigentlich nicht mehr als den Nach­weis einer Qualifikation. Unsere Unternehmer müssen nicht nur für die aktuelle Lage, son­dern auch für zukünftige Herausforderungen gewappnet sein, denn sie sollen ja auch vom Wandel profitieren. Ich halte von Nivellierungen nach unten gerade in der Qualifi­kation überhaupt nichts und bekenne mich daher zur dualen Ausbildung und natürlich auch zur Meisterausbildung, denn die sichert die Qualität made in Austria.

Es tut mir sehr leid, aber ich hoffe da sehr auf Sie, Herr Themessl, dass wir auch die vereinfachten Betriebsanlageverfahren und den One-Stop-Shop durchsetzen können, denn ich glaube, dass das für die KMUs sehr wichtig ist und dass auch Ihnen, Herr Ab­geordneter, die KMUs genauso wie mir sehr am Herzen liegen. In diesem Sinne danke im Voraus. (Beifall bei der ÖVP.)

18.53


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Themessl.– Bitte.

 


18.53.34

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wer­te Kolleginnen und Kollegen! Aufgrund der knappen Redezeit, die wir noch haben, kann ich nicht auf alle Punkte eingehen.

Herr Bundesminister Mahrer, Sie haben hier mit sehr viel Euphorie angekündigt, was Sie aus der Gewerbeordnung in Ihrer nächsten Zeit als Wirtschaftsminister machen wol­len. Ich wünsche Ihnen bei der Umsetzung mehr Glück, als Ihr Vorgänger hatte. Ich kann mich erinnern, vor circa neun Jahren hat Ihr Vorgänger, Minister Mitterlehner, da oben von der Regierungsbank aus gesagt, dass es in der Gewerbeordnung einen großen Wurf gibt. Der Herr Matznetter hat ihm beigepflichtet. Das, was heute herausgekommen ist, ist ein Minimalkonsens.

Und wenn Sie sagen, dass gewisse Sachen positiv sind, dann gebe ich Ihnen recht, auch das mit den Nebenrechten ist sicher positiv zu vermerken, nur ist es wesentlich we­niger, als Ihr Vorgänger Mitterlehner vor einem Jahr geplant hat. Er hat geplant, für alle freien Gewerbe einen Gewerbeschein mit einer Umlage einzuführen. Das haben Sie ver­gessen dazuzusagen, nämlich dass es auch darum geht. Sie sind auch an den Wirt­schaftskämmerern und an den Gewerkschaftern gescheitert, um hier einen großen Wurf machen zu können.

Und was das Betriebsanlagenrecht betrifft, Frau Kollegin Winzig: Wir fordern schon lan­ge, das Betriebsanlagenrecht aus der Gewerbeordnung herauszunehmen und dafür ein transparentes und vor allen Dingen effizientes und einfaches Betriebsanlagengesetz zu beschließen, das auch standortsichernd ist. Das ist es im Moment nämlich nicht. Sie wis­sen ganz genau, dass das so nicht geht.

Die Agenda Austria hat ja im Mai eine bezeichnende Aussage getroffen beziehungs­weise eine Aussendung gemacht, in der sie schreibt, warum die Gewerbeordnung ein übler Geselle ist, und hat festgestellt – und das stimmt auch, und das werden Ihnen auch


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 251

viele Gewerbetreibende bestätigen –, dass in keinem anderen Industrieland den grün­dungswilligen Bürgern der Gang in die Selbständigkeit und vor allem auch der erfolg­reiche Verbleib in der Selbständigkeit mit so viel Mühsal belastet beziehungsweise so schwer gemacht wird wie in Österreich. Und wenn dann die Agenda Austria noch schreibt, dass die SPÖ die Gewerbeordnung grundlegend ändern will und sie damit recht hätte, dann ist das bezeichnend für die ÖVP, die sich seit vielen Jahren als die Wirtschafts­partei geriert. Also wenn die Agenda Austria zu der Feststellung gelangt, dass die SPÖ eigentlich recht hat, so ist das für die ÖVP als sogenannte Wirtschaftspartei ein Armuts­zeugnis, und das zeigt eigentlich, dass sie von dem, was sie ursprünglich vorgehabt hat, so gut wie nichts umgesetzt hat. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.56


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.

 


18.56.20

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich möch­te auch zur Reform der Gewerbeordnung Stellung nehmen, weil es für mich als nicht ge­rade Wirtschaftstreibenden eine sehr interessante Erfahrung war, da in gewissen Be­reichen mitwirken zu dürfen. Es war irrsinnig spannend, die verschiedenen Zugänge zur Gewerbeordnung, in der so viele Bestimmungen und so viele Materien so umfang­reich zu behandeln sind, wie auch die verschiedenen Interessen zu sehen, nämlich den Zugang zur Selbständigkeit zu erleichtern, die Qualität der Ausführung vor allem bei den Qualitätsgewerben zu sichern und letztendlich auch die Firmen, die sehr stark in der Sparte Gewerbe und Handwerk angesiedelt sind, auch was Lehrlingsausbildung be­trifft, zu schützen. Das alles unter einen Hut zu bringen, war natürlich eine große He­rausforderung.

Ich bin ja schon öfter hier am Rednerpult gestanden und habe immer wieder den Appell geäußert: Nutzen wir doch diese Novelle auch dazu, Maßnahmen im Bereich Schein­selbständigkeit und Lohn- und Sozialdumping mitzudiskutieren! Und ich bedanke mich recht herzlich bei der Bundesregierung, dass sie im Ministerrat den Beschluss gefasst hat – dies mit einer Protokollanmerkung –, dass wir hier im Hohen Haus uns die dubi­osen Gewerbe in der Bauwirtschaft anschauen sollen und auch Maßnahmen gegen Scheinselbständigkeit verhandeln sollen.

Das haben wir gemacht, wir haben uns das genau angeschaut. Es ist auch gelungen, in der neuen Regelung bei den freien Gewerben die Kollektivvertragszugehörigkeit zu sichern. Vor allem ist es aber gelungen, die dubiosen freien Gewerbe aus der Liste der freien Gewerbe zu streichen. Ich nenne nur zwei Beispiele.

Erstens: Das Aufräumen einer Baustelle war ein freies Gewerbe. Nun sind selbständi­ge Scheibtruhenfahrer – in Vorarlberg sagt man, glaube ich, Schubkarrenfahrer – aus der Liste der freien Gewerbe herausgenommen worden, denn das sind klassische Schein­selbständige.

Oder: Das größte dubiose freie Gewerbe war das Verspachteln von bereits montierten Gipskartonplatten, betreffend das wir 3 400 Gewerbescheine im Umlauf hatten. Ein Ver­spachtler auf einer Baustelle ist ein klassischer Scheinselbständiger. Es ist uns gelun­gen, auch das aus der Liste der freien Gewerbe herauszunehmen.

Wir haben außerdem die Qualität in der Aufsicht bei den Baumeistern und Holzbau­meistern verbessert, und wir haben den Betonschneider, den Betonbohrer wie auch den Erdbau aus den teilreglementierten Gewerben herausgenommen und zu den reglemen­tierten Gewerben dazugegeben und damit aufgewertet. Auch das ist ein Punkt, den man erwähnen muss.

Ich bedanke mich bei den Chefverhandlern, bei Christoph Matznetter und bei Peter Haub­ner, dass sie die Nerven bewahrt, die nötige Geduld aufgebracht und es ermöglicht ha-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 252

ben, dass wir auch diese Themen mitbehandelt und mitberaten haben. Ich bedanke mich beim Herrn Bundesminister für die Protokollanmerkung. Wir haben diese bei der Umset­zung hier im Hohen Haus sehr ernst genommen. Und natürlich bedanke ich mich auch bei allen Experten im Wirtschaftsministerium für die Ausarbeitung der legistischen Maß­nahmen, die notwendig sind. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.59


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


18.59.55

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! In aller Kürze möch­te ich zu diesem Tagesordnungspunkt aus Umweltsicht und Bürgerbeteiligungssicht Stel­lung nehmen. Wir können bei dem, was heute hier auf dem Tisch liegt, nicht mitgehen, und zwar aus mehreren Gründen, konkret aus drei ganz wesentlichen Gründen.

Der eine ist, dass das vereinfachte Verfahren ausgeweitet werden soll. Dadurch gibt es weniger Parteienstellung für Nachbarinnen und Nachbarn. Der andere ist, dass Ent­scheidungsfristen für Behörden gekürzt werden. Ich halte das für eine Fehlentwicklung, weil dadurch mehr Druck auf die Behörden, die oft ohnehin schon mit Verfahren nicht zurande kommen, ausgeübt wird. Und der dritte Punkt hängt damit zusammen, dass die Stellung von Amtssachverständigen zurückgestellt wird.

Wir haben das gestern auch schon im Rahmen der UVP besprochen. Ich halte es für einen Schuss ins eigene Knie, gerade dann, wenn man Verfahrensvereinfachungen, Ver­fahrensverkürzungen haben möchte, die Amtssachverständigen nicht zu stärken. Wir alle wissen, dass der wahre Grund für Verzögerungen von Verfahren der Umstand ist, dass Behörden nicht mit genug Amtssachverstand ausgestattet sind. Ich glaube, dass es weder aus Umweltsicht noch aus Unternehmersicht gut ist, die Amtssachverständi­gen nicht zu stärken. Das ist auch ein Grund dafür, dass wir bei diesem Gesetz nicht mitgehen können. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Es tut mir leid, dass die Verhandlungen vonseiten der Regierungsfraktionen, die sie mit uns zum sogenannten One-Stop-Shop geführt haben, abgebrochen wurden. Das ist ei­ne verlorene Chance. Ich stimme mit meinem Vorredner von der FPÖ überein, wenn er meint, dass wir ein eigenes Betriebsanlagenrecht brauchen, einen echten One-Stop-Shop. Was uns aber unterscheidet, ist, denke ich, dass wir Grünen meinen, dass in ei­nem echten, effizienten One-Stop-Shop alle Interessen auf einem Tisch liegen müssen, alle Genehmigungskriterien geprüft und berücksichtigt werden müssen und auch alle Par­teien, die in bisherigen Verfahren Parteienstellung hatten, an einem Tisch sitzen müs­sen. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben in diesen Verhandlungen – aber auch schon in Verhandlungen in früheren Jahren – mehrere Vorschläge eingebracht. Ich glaube, dass wir da eigentlich eine Win-win-Situation hätten, sowohl für die Umwelt als auch für die BürgerInnen als auch für die Unternehmen. Ich sehe nicht ein, warum Sie sich dem nicht stellen und nicht offen darauf zugehen, sondern die Verhandlungen abgebrochen werden. Ich finde, das ist ei­ne vertane Chance. Ich hoffe, es gibt in nächster Zeit noch einen neuen Anlauf. – Dan­ke. (Beifall bei den Grünen.)

19.02


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte.

 


19.02.40

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren im Hohen Haus! Dieses umfassen­de Werk der Gewerbeordnungsreform ist etwas, das mit Hängen und Würgen ins Par-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 253

lament gekommen ist. Ich bedanke mich bei Peter Haubner, dass er da wirklich etwas sehr Positives zustande gebracht hat, und bewundere seine Nervenstärke. Wenn man sich das in den vielen Punkten im Detail anschaut, so wird es einem helfen, es zu ver­stehen.

Ich will mich jetzt mit einem Thema befassen, das den Tourismus, die Landwirtschaft und die Raumordnung stark betrifft, nämlich mit der Einstellpferdehaltung. Es gibt in Ös­terreich ungefähr 130 000 Pferde, es gibt circa 25 000 Pferdehalter, und es gibt um die 5 000 Pferdehalter, die Einstellpferde in einem Ausmaß haben, in dem sie möglicher­weise mit der landwirtschaftlichen Unterordnung Probleme haben und damit unter Um­ständen in ein Raumordnungsproblem kommen, denn sollte diese Haltung als gewerb­lich eingestuft werden, haben sie ein Problem.

In den letzten Jahren seit 2013 hat es praktisch keine Investitionen mehr in diesem Be­reich gegeben, weil diese große Rechtsunsicherheit eine wirkliche Herausforderung war. Die Verbände in diesem Bereich haben gut zusammengearbeitet, wir konnten ihnen da­bei helfen, und nach langen Verhandlungen ist es jetzt möglich, dass landwirtschaftli­che Betriebe, die nicht mehr als 25 Pferde halten – nicht mehr als zwei Pferde pro Hek­tar –, weiterhin diese Pferdehaltung als landwirtschaftliche Tätigkeit definieren können und damit ihren bisherigen Status nicht verlieren.

Damit ist die gute Grundlage für viele Menschen, die gerne auf Pferden reiten, mit Pfer­den leben, mit Pferden durch den Tag kommen, gewährleistet, und zwar auf der einen Seite als wirtschaftliche Grundlage, auf der anderen Seite in der Zusammenarbeit mit allem, was der Tourismus braucht, und auf der dritten Seite ist eine wunderbare Grund­lage geschaffen worden, dass auch in Zukunft viele junge Menschen – hauptsächlich Mädchen – ihrem Vergnügen nachgehen können, denn ein Spruch gilt immer noch: „Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde“. Und auch das ist ein Thema der Ge­werbeordnung. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

19.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Doppel­bauer. – Bitte.

 


19.05.10

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! „Das Alte auf eine neue Weise tun – das ist Innovation“, so hat es schon Schumpeter gesagt, und das beschreibt die He­rausforderung, vor der viele Unternehmerinnen und Unternehmer jeden Tag stehen. Und darauf, warum das Dokument, das jetzt auf dem Tisch liegt, diesen Innovationsanspruch nicht erfüllt, möchte ich jetzt kurz eingehen.

Die vorliegende Gewerbeordnung bildet noch immer für ganz viele unternehmerische Tätigkeiten keinen brauchbaren Rahmen. Und da die rigiden Definitionen der Gewerbe mit dem Wandel des wirtschaftlichen und vor allem des technischen Umfeldes nicht Schritt halten, können wir von den NEOS bei dieser Gewerbeordnung nicht mitgehen.

Frau Minister Hammerschmid hat es gestern in ihrer Rede sehr gut formuliert, als sie gesagt hat, dass wir gar nicht wissen, was die Anforderungen für die Jobs, die die Kin­der, die heute in die Schule gehen und jetzt ausgebildet werden, später einmal machen werden, sind. Sie hat in diesem Zusammenhang auch das Wort „zukunftsfit“ verwendet.

Das Gleiche gilt auch für die Unternehmerinnen und für die Unternehmer. Die Unicorns von heute kannte man gestern nicht, und die Unicorns von morgen kennen wir auch nicht, und wir wissen nicht, welche Dienstleistungen sie anbieten werden, und wir wis­sen auch nicht, welche Produkte sie vermarkten wollen. Ob es um Digital Logistics, Soft-


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ware Start-ups, innovative Vermarktung von landwirtschaftlichen Produkten geht, Inno­vation lässt sich nicht aufhalten, sie kommt von allen Seiten und braucht Freiraum, um entstehen zu können. Wir müssen diese Dinge vertrauensvoll zulassen.

Was aber machen wir stattdessen? – Stattdessen machen wir es unseren Unterneh­mern sehr, sehr schwer, sich zukunftsfit aufzustellen und Arbeitsplätze zu schaffen. Be­sonders interessant ist der Umstand, dass sich die Arbeiterkammer und die Wirtschafts­kammer zusammentun und schon während der Arbeit an der Gewerbenovelle gemein­sam Anzeigen schalten, um Reformen zu verhindern. Und das zeigt einfach auch ganz genau, wo die Blockierer sitzen.

Die wesentlichen Themen, die wir uns anders geregelt wünschen, sind schon bespro­chen worden. Es geht dabei auch um den Wegfall von Zugangshürden. Dadurch würde es zu mehr Gründungen kommen. Es geht darum, dass es zu einer Überführung vom Pfusch in angemeldete Gewerbe kommt, wenn man es leichter macht, diesen Zugang zu ändern. Und außerdem führen gewerbeübergreifende Tätigkeiten zu Innovation und eröffnen neue Geschäftsmodelle. Es sind jetzt 15 oder 30 Prozent, aber das ist einfach nicht genug.

Abschließend, weil das Wort „kleinreden“ in den Raum geworfen wurde: Wir brauchen keinen Staat, der misstrauisch und ängstlich als Verhinderer und Regulierer und Über­wacher dient, sondern das, was wir brauchen, ist ein Staat, der sich als Partner von innovativen und starken und zukunftsfähigen Unternehmen sieht! (Beifall bei den NEOS.)

19.07


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Nachbaur. – Bitte.

 


19.07.57

Abgeordnete Dr. Kathrin Nachbaur (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minis­ter! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus und sehr geehrte Steuerzahler! Politik im Sinne des Wirtschaftsstandortes, im Sinne der Unternehmer und im Sinne der Mitarbeiter – das ist es, was wir in unserem Land brauchen! Lange genug hat es jetzt gedauert, es waren ganze eineinhalb Jahre, aber man hat letztlich doch bewiesen, dass man reformwillig und reformfähig ist. Die Bürokratie wird reduziert, die Gewerbeordnung wird modernisiert.

Wie Sie vermutlich mitbekommen haben, stieß die Modernisierung der Gewerbeordnung nicht ausschließlich auf helle Begeisterung, sondern auch teils auf regen Widerstand, muss man ehrlich sagen, und das, meine Damen und Herren, ist ein gutes Zeichen, denn das zeigt, dass man bereit war, mutig zu sein und trotz teils heftigen Widerstands sinn­volle Reformen zu erarbeiten und auch durchzusetzen.

Diesen Mut braucht es – den braucht es oft! –, und da können wir Politiker uns ein Bei­spiel nehmen an den vielen tüchtigen Unternehmerinnen und Unternehmern dieses Lan­des, die tagtäglich Mut beweisen und unternehmerisches Risiko tragen. Diesen Unter­nehmen – unter ihnen auch viele Meister- und Ausbildungsbetriebe – samt ihren Mitar­beitern verdanken wir unseren Wohlstand. Und so ist es wohl das Mindeste, sehr ge­ehrte Steuerzahler, sehr geehrte Unternehmer, dass Sie von uns hier im Hohen Haus er­warten können, dass wir nicht nur streiten, sondern auch etwas zustande bringen. Si­cher, besser geht es immer, aber trotzdem ist uns mit dieser Reform der Gewerbeord­nung etwas gelungen, worüber wir uns freuen können. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

19.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Steinbichler. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Steinbichler stellt eine Tafel auf das Rednerpult.)

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 255

19.10.03

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Herr Präsident! Herr Minister! Kol­leginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher auf den Tribünen und vor den Fernsehgeräten! Ich habe dieses Thema schon heute am Vormittag, als Kolle­ge Matznetter zu den Berichten des Finanzausschusses Stellung bezogen hat, ange­sprochen, dieses Thema trifft die Wirtschaft voll: All das Geld, das wir die Familien, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht verdienen lassen, wird der Wirtschaft feh­len. Ich glaube, das ist ein ganz wesentlicher Effekt, denn die meisten Leute haben so geringe Einkommen, dass sie damit gerade das tägliche Leben finanzieren können.

Ich möchte dazu einen ganz konkreten Entschließungsantrag ansprechen, der zu der Thematik, die Präsident Schultes gerade angesprochen hat, bestens passt. Natürlich ist die Pferdehaltung eine ganz wesentliche Sparte in der österreichischen Landwirtschaft, aber, Präsident Schultes, es wäre doch viel angebrachter, dass wir uns unserer eige­nen Stärken bewusst werden, sonst müsste ich wieder die Tafel mit dem Schiff hierher­stellen, denn bei den Lebensmitteln läuft es gleich. Wenn du in der Kammer Niederös­terreich die Lebensmittel-Aktion „Schau drauf, wo’s herkommt“ beschließen lässt, wenn in der Landwirtschaftskammer Oberösterreich vor einer Woche, vor dem Teichfest, eine Re­solution für „Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie“ beschlossen wurde, dann kön­nen wir damit Tausende Arbeitsplätze retten. Kollege Obernosterer, das betrifft auch das aktuelle Wirtesterben, das wir zu verzeichnen haben.

Wir können noch zehn solche Veranstaltungen organisieren, wie wir sie in den letzten Tagen in den Redoutensälen in Linz zum Thema „Stirbt das Dorf?“ gemacht haben – ja­wohl, es stirbt! Wenn die Wirte zu Tausenden ihre Betriebe schließen, wenn täglich zehn Bauernhöfe zugesperrt werden, heißt das: verstopfte Verkehrswege, auspendeln, die Ar­beitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind viel öfters nicht bei ihren Familien, sondern am Weg von und zur Arbeit und nach Hause. Die Zeit wird immer mehr im beruflichen All­tagsleben verbraucht, aber nicht für Erholung, nicht für die Familie, sondern am Arbeits­weg. Das müssen wir immer mehr thematisieren.

Nicht die Dauer der Arbeitszeit, Kolleginnen und Kollegen, ist das Problem, sondern immer mehr der weitere Weg zur Arbeit. Der ländliche Raum draußen ist nicht so er­schlossen, wie das im Zentralraum der Fall ist, wo man ein öffentliches Verkehrsmittel nehmen kann.

Wenn wir das als Gesamtes sehen, Herr Wirtschaftsminister Mahrer, dann, glaube ich, können wir damit wesentlich mehr bewirken als mit zig internationalen Freihandelsab­kommen, mit spekulativen Geschäften, an denen einige honorige Konzerne verdienen und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die KMUs, die Bürgerinnen und Bürger auf der Strecke bleiben. Deshalb darf ich einen Entschließungsantrag auf Einführung des Qualitätsgütesiegel-Gesetzes (Zwischenruf des Abg. Obernosterer), das seit 2009 in diesem Haus in den Ausschüssen vertagt wird, einbringen. Das ist eine ganz einfa­che Maßnahme, die nichts kostet, aber sehr viel bringt.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Qualitäts­gütesiegel-Gesetz“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, im Einvernehmen mit den in der gegenständlichen Angelegenheit relevan­ten Ressorts“

– das ist natürlich das Wirtschaftsministerium –


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 256

„dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der geeignet ist, die Einführung ei­nes rechtlich verbindlichen, einheitlichen österreichischen Qualitätssiegels für alle in Öster­reich erzeugten Lebensmittel zu ermöglichen.“

*****

Und das zum Schutze der KMUs, zum Schutze der Unternehmerinnen und Unterneh­mer, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und der regionalen Landwirtschaft!

Ich glaube, dadurch können wir auf der Stelle einen gewaltigen Vorteil erzielen. Wir bitten um Zustimmung. (Beifall beim Team Stronach.)

19.13


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

EntschIießungsantrag

der Abgeordneten Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen

betreffend "Qualitätsgütesiegel-Gesetz"

Eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 35: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorlage (1475 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Ge­werbeordnung 1994 geändert wird sowie über den Antrag 1723/A(E) der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Josef Schellhorn, Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpassung der Gewerbeordnung an veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen - Rechtssicherheit für Gastgewerbebetriebe und Nachbarn (1752 d.B.) in der Sitzung des Nationalrates vom 29.06.2017

Die Gewerbeordnung regelt viele Bereiche unseres Lebens und der Wirtschaft - unter anderem auch den Kleinverkauf von Lebensmitteln sowie die Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe. Die österreichischen Lebensmittel sind kostbar und ihre hohe Quali­tät muss erhalten bleiben.

Seit Jahren wird die Realisierung und rechtliche Verbindlichkeit eines einheitlichen Gü­tesiegels für die Lebensmittelkennzeichnung in Österreich diskutiert. In Österreich sind Produktion und Handel von Nahrungsmitteln durch eine Vielzahl von Vermerken, Auf­drucken, Gütesiegel, Biosiegel und anderer rechtlich nicht einheitlich geregelter Kenn­zeichnungen geprägt. Die Konsumenten sehen sich einer Kennzeichnungsinflation aus­geliefert, die statt Anleitung zum sicheren Einkauf von Lebensmitteln Verwirrung und Unsicherheit stiftet. Verarbeiter und Endverbraucher können nicht 100%ig sicher sein, woher die von ihnen bezogenen Lebensmittel tatsächlich stammen, wie und wo sie ver­arbeitet wurden und unter welchen Bedingungen die Aufzucht bzw. der Anbau erfolgt ist.

Die in Österreich kursierenden Kennzeichnungen sind untereinander nicht vergleichbar und haben damit für die Konsumenten keine Aussagekraft über tatsächliche Qualität und fairen Preis der angebotenen Produkte.

So sind neben dem AMA-Gütesiegel über 100 weitere "Gütezeichen" und Eigenmarken in Verkehr, die das AMA-Gütesiegel zu einem unverbindlichen Scheinsiegel degradie­ren. Aus Konsumentensicht ermöglicht aber auch das AMA-Gütesiegel keinen echten Qualitätsvergleich, da nur ein geringerer Teil der in Österreich angebotenen Lebensmittel den AMA-Richtlinien folgt.

Dessen ist sich auch der Landwirtschaftsminister bewusst:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 257

"In Österreich gibt es derzeit im Bereich der Lebensmittelkennzeichnung nur das AMA-Gütesiegel und das AMA-Biozeichen sowie in diesem Bereich auch die Zeichen BOS, SUS und OVUM, welche rechtlich relevant sind. Alle anderen Auslobungen auf Lebens­mitteln sind reine Wort-Bildmarken, die keine rechtlich verbindliche Güteaussage tref­fen. Es gibt kein Instrument, mit dem die AMA die Verwendung von anderen Wort-Bild­marken unterbinden könnte. Die Auslobung unwahrer Angaben ist allenfalls nach pa­tentrechtlichen oder strafrechtlichen Vorschriften zu beurteilen."

Darüber hinaus kann die derzeitige Handhabung des AMA-Gütesiegels ebenso keine Si­cherheit für die 100%ige österreichische Herkunft des damit versehenen Lebensmittels garantieren. Eine einheitliche, verbindliche Kennzeichnung für alle in Österreich ange­botenen Lebensmittel muss daher endlich umgesetzt werden. Laut Grünem Bericht ist die Zahl der am AMA-Gütesiegel teilnehmenden Betriebe rückläufig. Nahmen 2011 noch 48.599 Betriebe die AMA-Richtlinien an, so ging 2013 die Anzahl der teilnehmenden Betriebe um 2.299 auf 46.300 Betriebe zurück. Laut der Internetseite www.amainfo.at ist die Anzahl weiter gesunken.

 „Rund 43.000 landwirtschaftliche Erzeuger nehmen an den einzelnen Programmen teil, davon rund 33.000 Milchviehhalter, 5.000 Rinderhalter, 1.800 Schweinehalter, 700 Le­gehennenhalter, 400 Masthendl- und Putenhalter, 1.500 Obst-, Gemüse- und Kartoffel­produzenten. Rund 700 Lizenznehmer zeichnen ihre Produkte mit dem AMA-Gütesie­gel aus.“

Mit der Erfassung von AMA-Gütesiegel-Betrieben kommt es in der Regel zu Mehrfach­erfassung, was bedeutet, dass die absolute Zahl der teilnehmenden Betriebe tat­sächlich niedriger ausfällt. Insgesamt gab es 2013 in Österreich laut Statistik Austria 166.317 land- und forstwirtschaftliche Betriebe, gemessen an dieser Zahl liegt der An­teil der am AMA-Gütesiegel teilnehmenden Betriebe dann gerade einmal bei 25,9 %.

In der Vergangenheit hat es bereits mehrere Anläufe gegeben, um die Bundesregie­rung zu einer einheitlichen, rechtlich verbindlichen Kennzeichnung von Lebensmittel zu bewegen. So gab es im November 2009 einen Fünfparteienantrag für eine Reform der Gütezeichenverordnung. Damals forderten die Abgeordneten aller im Parlament vertre­tenen Parteien die Umsetzung der im Regierungsprogramm von 2010 zwischen SPÖ und ÖVP vereinbarten Reform der Gütezeichenverordnung. Im derzeit aktuellen Regie­rungsprogramm steht im Kapitel Gesundheit, dass „die Umsetzung einer klaren Her­kunftskennzeichnung der Produkte und Rohstoffe auf EU-Ebene Konsumentinnen ver­lässliche und gesicherte Informationen sowie Schutz vor Täuschung bieten“ soll.

Von einer echten Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel kann trotz aller Bemühun­gen und Anläufe leider noch immer nicht die Rede sein. Globalisierung und Industriali­sierung der Lebensmittelproduktion führen zu einer für die Konsumenten nicht mehr nachvollziehbaren "Reisetätigkeit" der Lebensmittel. Denn Lebensmittel haben zu einem großen Teil bereits mehrere tausend Kilometer hinter sich, bevor sie in den österreichi­schen Supermärkten zum Verkauf angeboten werden. Bei Obst und Gemüse ist noch leicht erkennbar, dass etwa Bananen aus Kolumbien, Weintrauben aus der Türkei, Ana­nas aus Costa Rica, Clementinen aus Spanien, Kiwis aus Neuseeland, Mangos aus Brasilien oder Papayas aus Thailand mehr von der Welt gesehen haben als diejenigen, die sie kaufen und verzehren. Bei Fleischprodukten wird es schon schwieriger, denn die wenigsten Konsumenten wissen, dass Lamm aus Neuseeland, Rindfleisch aus Bra­silien und Argentinien, Shrimps und Geflügel aus China oder Fisch (Pangasius) aus dem Mekong-Delta nach tausenden Reisekilometern u.a. als Gefrierware in Österreichs Supermärkten landen. Selbst die Fertigbackmischungen für die vorgebliche Frischware aus dem Supermarktaufbackofen beinhalten zum größten Teil Rohstoffe, die nicht aus Österreich stammen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 258

Und auch bei so Alltäglichem wie Kartoffeln gibt es negative Beispiele. Im Frühjahr bot eine renommierte österreichische Supermarktkette heurige Kartoffel aus Ägypten an, ob­wohl zu diesem Zeitpunkt mit der Sorte „Eferdinger Landl“ ausreichend inländische Kar­toffel höchster Qualität vorhanden waren. Solche Vorgehensweisen führen dazu, dass heimische Ware nicht konkurrenzfähig angeboten werden kann und vernichtet wird. Aus­ländische Ware ist trotz tausender, klimaschädlicher Transportkilometer und fehlender Umweltstandards sowie fragwürdiger Produktionsweisen (Kinderarbeit etc.) in Öster­reich billiger zu haben, als die heimische Qualitätsproduktion vor Ort. Den österreichi­schen Konsumenten wird dabei tunlichst verheimlicht, wieviel Klimaschädigung und so­ziales Leid mit dem Angebot solcher Produkte verursacht wird. Solche Beispiele ließen sich für alle Bereiche der Lebensmittelproduktion fortsetzen.

Wir brauchen daher eine rechtlich verbindliche Regelung, die garantiert, dass auf allen angebotenen Lebensmittel, wo Österreich drauf steht, auch Österreich drinnen ist. Es muss Schluss sein mit Produkten, die sich als "österreichisch" ausgeben dürfen, ob­wohl lediglich die Schlachtung bzw. die Verpackung in Österreich erfolgt. Österreich braucht ein transparentes Qualitätsgütesiegel-Gesetz für alle in Österreich angebote­nen Lebensmittel, das Herkunft, Erzeugungsart, Verarbeitung, Transport und Lagerung ausweist, um den Konsumenten den fairen Vergleich von Qualität und Preis zu ermög­lichen. Nur so kann den österreichischen Konsumenten Lebensmittelwahrheit garantiert werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden Entschließungsantrag:

EntschIießungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, in Einvernehmen mit den in der gegenständlichen Angelegenheit relevan­ten Ressorts dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der geeignet ist, die Einführung eines rechtlich verbindlichen, einheitlichen österreichischen Qualitätssiegels für alle in Österreich erzeugten Lebensmittel zu ermöglichen."

*****

19.13.54

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wird seitens der Berichterstattung das Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 35: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung geändert wird, in 1752 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Zusatzantrag der Abgeordneten Köchl, Mag. Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Haubner, Dr. Matznetter, Köchl, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über den erwähnten Zusatzantrag, sodann über den erwähn­ten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Da der Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen beinhaltet, stelle ich zunächst im Sin­ne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche An­wesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 259

Wir kommen daher sogleich zur Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Köchl, Mag. Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfügung einer neuen Zif­fer 13a.

Ich ersuche jene Damen und Herren des Hohen Hauses, die sich für diesen Zusatzan­trag aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Zusatz- beziehungsweise Abänderungs­antrag der Abgeordneten Haubner, Dr. Matznetter, Köchl, Kolleginnen und Kollegen, der die Einfügung neuer Ziffern sowie Änderungen zahlreicher Ziffern im vorliegenden Ge­setzentwurf vorsieht.

Wer sich für diesen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes und ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „One in-Two out – Wirksa­mer Kampf gegen die Bürokratie“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Stein­bichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Registrierkassenpflicht – Erhöhung des Net­tojahresumsatzes“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Stein­bichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Qualitätsgütesiegel-Gesetz“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Auch das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Jetzt gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 36: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung geändert wird, in 1753 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Matznetter, Kolleginnen und Kolle­gen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht. Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag be­troffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Ge­setzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Matznetter, Kolleginnen und Kollegen haben ei­nen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Ziffer 1 und Einfügung neuer Ziffern 2 bis 20 eingebracht.

Wer dem seine Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 260

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes, und ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist angenom­men.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist die Mehrheit. Der Ge­setzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 37: Entwurf be­treffend Geldwäsche-Novelle samt Titel und Eingang in 1667 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstim­mig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

19.18.5838. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorla­ge (1620 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft genehmigt wird sowie das Austria Wirtschaftsservice-Gesetz und das Einkommensteuerge­setz 1988 geändert werden (1755 d.B.)

39. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Antrag 2260/A der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz ge­ändert wird (1760 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Jetzt kommen wir zu den Punkten 38 und 39 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


19.19.46

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute hörten beziehungsweise lasen wir vom WIFO und dem IHS, dass die gute Ent­wicklung unserer Konjunktur anhält.

Ich sage: gut so, sehr gut so! – Aber glauben Sie wirklich, dass vor allem in Anbetracht dieser Konjunkturentwicklung gerade jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um mit diesem Be­schäftigungsbonus 2 Milliarden € zu verschenken? Einfach so? Wer rechtzeitig ansucht, der bekommt etwas?

Herr Abgeordneter Wöginger hat ein paar Tagesordnungspunkte vorher zur Ak­tion 20 000 gesagt, das sei eine sinnvolle und zielgerichtete Maßnahme. Meine Damen und Herren, dieser Beschäftigungsbonus ist genau das Gegenteil von zielgerichtet. Die


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 261

Richtlinien zur Vergabe – wir kennen sie nicht. Der Minister wird erst mit dem heute be­schlossenen Gesetz ermächtigt, solche Richtlinien zu erstellen. Sie wollen von uns al­len Ernstes 2 Milliarden € und sagen uns nicht, wie Sie diese verteilen wollen? – Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Trotzdem wurden ein paar Fragen im Ausschuss ein biss­chen beantwortet: Die Förderung bekommen nicht nur Zukunftsbereiche, die wir poli­tisch gesteuert unterstützen wollen – Ökowirtschaft, Pflege, Betreuung, Wissenschaft und Forschung –, sondern jeder kann die Förderung bekommen. Auch ein Heizölkesseler­zeuger zum Beispiel kann neue Arbeitsplätze gefördert bekommen. Ich denke nicht, dass das die Art von nachhaltiger Klimaschutzinvestition ist, wie wir sie eigentlich nach dem Pariser Abkommen dringend notwendig hätten. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Es gibt aber noch weitere Kritikpunkte: Welche Personen können einen solchen geförderten Arbeitsplatz bekommen? Jene, die Unterstützung im Sinne der Ziele unserer Arbeitsmarktpolitik brauchen? Junge und ältere Menschen, Frau­en, Langzeitarbeitslose, Menschen mit Behinderung? Gibt es da irgendeine Zielorien­tierung? – Nein, die gibt es nicht. Es kann mehr oder weniger jeder einen solchen ge­förderten Arbeitsplatz bekommen; auch ein IT-Experte, der sich einen von zehn Ar­beitsplätzen aussuchen kann.

Meine Damen und Herren! Mein nächster Kritikpunkt betrifft Klein- und Mittelbetriebe. Viele Klein- und Mittelbetriebe in Österreich kämpfen täglich darum, ihre Mitarbeiter zu halten. Davon, neue Arbeitsplätze zu schaffen, sind die meilenweit entfernt. Diese Un­ternehmen bekommen von diesen 2 Milliarden € überhaupt nichts, keinen einzigen Eu­ro. Da wäre es doch viel gescheiter gewesen, endlich eine Steuer- und Abgabenstruk­turreform anzugehen und den Faktor Arbeit für alle zu entlasten. Sie entscheiden sich jetzt für ein 2 Milliarden € teures Wahlgeschenk, das – wie man hört – vor allem der Großindustrie zugutekommen wird.

Ich beziehungsweise wir Grüne sagen, wir haben nicht einfach Geld zu verschenken. Investitionen in neue Jobs – Ja, Maßnahmen zur Entlastung des Faktors Arbeit – Ja, sinn­volle arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, um die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in ihrer Qualifikation auf die Zukunft vorzubereiten – Ja; alles aber bitte zielgerichtet! Wir haben einen konkreten Vorschlag formuliert, in dem es darum geht, was unserer Meinung nach sinnvolle Investitionen wären, und ich möchte diesen Antrag jetzt einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zielorientie­rung und wirkungsorientierten Mitteleinsatz statt Drehtüreffekte und Förderung unsiche­rer Kurzzeitjobs durch den Beschäftigungsbonus

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend folgende Maßnahmen auf Beschäf­tigungswirksamkeit zu prüfen und in Betracht zu ziehen:

Aufkommensneutrale ökosoziale Steuerreform, die die Abgaben auf Arbeitseinkommen für private Haushalte und die lohnsummenbezogenen Abgaben für Unternehmen senkt (Gesamtvolumen ca. vier Milliarden Euro),

Gezielte Investitionen für Zukunftsbereiche durch zweckgebundene Anschubfinanzie­rungen an die Länder für den Bereich Kinderbetreuung und Pflege, sowie Förderungen im Bereich der Energiewirtschaft, Wissenschaft, Forschung und Entwicklung, sowie

Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, die dazu beitragen die Arbeitszeit zu reduzieren und dadurch neue Arbeitsplätze zu schaffen, den Mitteleinsatz von Beschäftigungseinstiegs-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 262

programmen zu intensivieren, sowie den Zugang zu Erstausbildung und Nachqualifizie­rung zu verbessern.“

*****

Meine Damen und Herren! So wären unserer Meinung nach die 2 Milliarden € zielge­richtet zu investieren, einzusetzen, aber das, was Sie hier vorlegen, dieses Wahlge­schenk, dem können wir leider nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

19.25


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Birgit Schatz, Freundinnen und Freunde betreffend Zielorientierung und wirkungsorientierter Mitteleinsatz statt Drehtüreffekte und Förderung unsicherer Kurz­zeitjobs durch den Beschäftigungsbonus

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorlage 1620 d.B.: Bundesgesetz, mit dem die Begrün­dung von Vorbelastungen durch den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft genehmigt wird sowie das Austria Wirtschaftsservice-Gesetz und das Ein­kommensteuergesetz 1988 geändert werden (1755 d.b.)

Begründung

Der so genannte Beschäftigungsbonus wurde im Jänner 2017 als großes Arbeitsmarkt­programm, das auch der Wirtschaft etwas bringen soll, angekündigt. Die Grundidee des Beschäftigungsbonus besteht darin, dass Betriebe, die neue Jobs schaffen, 50% der Lohnnebenkosten im Folgejahr rückerstattet bekommen. Die vorgesehenen zwei Mil­liarden Euro sind ein enorm großes Fördervolumen. Der hohe Mitteleinsatz und diese Form der Ausgestaltung werfen zwangsläufig die Frage auf, ob eine stärkere Zielorien­tierung eine optimalere Wirkung erzeugen kann? Diese Frage ist eindeutig und zwei­felsohne mit ja zu beantworten.

Die Debatte um den sogenannten „Beschäftigungsbonus“ kreist seit der öffentlichwirk­samen Bejubelung des Projekts vor allem um die Frage(n),

was genau „neue“ Arbeitsplätze sein sollen und wie sie vom Fördergeber „erkannt“ bzw. definiert werden sollen,

welche Beschäftigungsverhältnisse überhaupt förderungswürdig sind und ob unsichere Kurzzeitjobs den Mitteleinsatz rechtfertigen,

und schließlich, welche Mindesterfordernisse derartige Jobs hinsichtlich der Lohnhöhe, der Arbeitszeiten oder des arbeitsrechtlichen Schutzes mit Steuermitteln geförderte Jobs erfüllen sollen.

Bei Beschlusslage im Wirtschaftsausschus lag die Förderrichtlinie des Austria Wirt­schaftsservices (AWS) noch nicht vor. Aber die bereits vorliegenden Informationen be­stätigen die Erwartung, dass die gute Absicht, Arbeitsplätze zu schaffen der Politik des ziellos über Unternehmen ausgeschütteten Steuermittelfüllhorns ohne Beschäftigungs­nachhaltigkeit weichen musste.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 263

Wir Grünen haben zentrale Kritikpunkte und stellen alternative Vorschläge zum be­schäftigungswirksameren Mitteleinsatz dem vorliegenden Konzept des Beschäftigungs­bonus gegenüber.

zentrale Kritikpunkte:

Grüne Alternativvorschläge:

fehlende Zielsicherheit

gezielte Investitionen für Zukunftsbereiche

First-come-first-serve-Prinzip als Unsi­cherheitsfaktor für Betriebe und „ge­schenkte“ Mitnahmeeffekte aufgrund des Konjunkturaufschwungs

aufkommensneutrale ökosoziale Steuerre­form und Entlastung des Faktors Arbeit

Fehlende Zielorientierung im Matching Beschäftigte/r und Betrieb

Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen (Ein­stieg in die Arbeitszeitverkürzung, Bildungs­konto, Beschäftigungsförderungsprogramme)

Fehlende Zielsicherheit: unter der Maxime, „neue Jobs - egal welche“ werden Arbeits­plätze gefördert, die nicht zu den Zukunftsbereichen wie erneuerbare Energie, Bildung, Wissenschaft, Soziales (z.B. Pflege und Betreuung) gehören. Darüber hinaus wird – mit Ausnahme des Ausschlusses von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen – kei­ne Bedacht auf Beschäftigungsdauer und Arbeitszeit der geförderten Arbeitsplätze ge­legt. Eine Sockelung von mindestens einem Jahr wäre durchaus möglich gewesen, um Kurzbeschäftigungen und schlecht entlohnte Teilzeitjobs von der Förderung auszuschlie­ßen.

First-come-first-serve-Prinzip als Unsicherheitsfaktor für Betriebe: die fehlende Ziel­richtung setzt sich auch beim Zugang zur Förderung bei ArbeitgeberInnen fort. Ob der Fördertopf für Betriebe gegen Mitte und Ende der Förderperiode noch zur Verfügung steht, wird nicht zu Beginn, sondern erst im Folgejahr ersichtlich. Wenn das Fördervo­lumen ausgeschöpft ist, dann endet auch das Beschäftigungsbonus-Programm.

Fehlende Zielorientierung im Matching Beschäftigte/r und Betrieb: es gibt keine Steue­rung oder Vermittlungsunterstützung wie die förderbare Personengruppe der arbeitslo­sen Menschen, der JobwechslerInnen und österreichischen AusbildungsabsolventInnen an die neu geschaffenen Arbeitsplätze kommen. Gerade bei JobwechslerInnen oder Aus­bildungsabsolventInnen besteht oftmals kein Kontakt mit dem Arbeitsmarktservice. Das Risiko, dass die förderbaren Personen und die förderbaren Arbeitsplatz-Geber sich nicht immer finden, ist gegeben. Das ist der Preis, wenn ein Arbeitsmarktprogramm als rei­nes Wirtschaftsförderungs-instrument ausgestaltet wird.

Mitnahmeeffekte aufgrund des Konjunkturaufschwungs werden der Wirtschaft „geschenkt“: Arbeitsplätze, die ohnehin aufgrund der anspringenden Konjunktur entstanden wären, bekommen eine zusätzliche Förderung durch den Beschäftigungsbonus. Während Bran­chen, in denen sich die Konjunktur nicht so stark spürbar macht, gleich zweimal leer aus­gehen. Darunter fallen auch viele KMUs, die oft den Druck haben, ihre Arbeitsplätze zu halten.

Statt einige Unternehmen frei von Qualitätskriterien und Zielorientierung zu fördern, wie die Regierung es plant, wären sozial- und wirtschaftspolitische Maßnahmen notwendig, die alle Beschäftigten und auch alle Betriebe erreichen und damit eine höhere Be­schäftigungswirksamkeit erzielen. Diese werden nun kurz beschrieben:

Aufkommensneutrale ökosoziale Steuerreform und Entlastung des Faktors Arbeit: Das Steuer- und Abgabensystem wird beim Modell der Grünen schrittweise so umgebaut, dass Arbeit weniger, Schadstoffe und Ressourcenverschwendung stärker besteuert wer-


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den. Das Umsteuerungsvolumen beträgt etwa vier Milliarden Euro. Die Ökologisierung funktioniert wie ein Bonus-Malus System: Wer viel (fossile) Energie verbraucht, zahlt mehr, wer Energie, Schadstoffe und Ressourcen schont, wird belohnt. Diese Zielrich­tung wird ebenso durch die Empfehlungen eines gesamteuropäischen Projekts „WWW for Europe“ unterstützt. Eine ökosoziale Steuerreform ist ein wichtiger Motor für die Ener­giewende und generiert Beschäftigung: Von dieser Reform profitieren die Unternehmen, indem die Lohnnebenkosten gesenkt und die privaten Haushalte, indem die Abgaben auf Arbeitseinkommen gesenkt werden.

Gezielte Investitionen für Zukunftsbereiche: Der Mitteleinsatz für den Beschäftigungs­bonus könnte auch auf andere Weise, nämlich als zukunftswirksame Investitionen ein­gesetzt werden. Diese Mittel müssten zum Beispiel als Anschubfinanzierung für die Län­der zweckgebunden etwa für Kinderbetreuung und Pflege, oder auch Förderungen im Rahmen des Ökostromgesetzes zur Verfügung gestellt werden. Denn es gibt 260 Wind­kraftanlagen, die zwar eine Baugenehmigung haben und förderwürdig sind, aber für die keine Mittel zur Förderung vorliegen. Der Bau und Betrieb dieser Windkraftanlagen ist beschäftigungswirksam. Ebenso ließen sich ein Teil der Mittel für Wissenschaft, For­schung und Entwicklung nutzen um technische und soziale Innovationen zu fördern.

Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen: Zwei der zentralen Probleme am österreichischen Arbeitsmarkt hängen mit dem ungleichen Zugang zu (Weiter)Bildung und der unglei­chen Verteilung von Arbeitszeit zusammen. Diese beiden Problembereiche sind zu­sätzlich am Arbeitsmarkt miteinander verknüpft: höher Qualifizierte arbeiten öfter Voll­zeit (inkl. Überstunden), während niedrig Qualifizierte oft nur die Möglichkeit der Teil­zeit haben.

Um der Polarisierung von Arbeitszeit – auch zwischen Männern und Frauen – entge­genzuwirken braucht es eine allgemeine gesetzliche Arbeitszeitverkürzung. Dies hätte auch zur Folge, dass neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Um Betriebe beim Lohn­ausgleich (gleiches Einkommen bei weniger Arbeitszeit) und Personalausgleich (Ent­stehung neuer Jobs) zu unterstützen, könnte ein Teil, der jetzt zur Verfügung gestellten Mittel für den Beschäftigungsbonus, aufgewendet werden.

Ebenso könnte ein Teil der Mittel für eine Anschubfinanzierung für das Grüne Konzept des Bildungskontos genutzt werden. Beim Bildungskonto besteht ein Rechtsanspruch auf eine Erstausbildung bzw. Umorientierung in Phasen der Arbeitslosigkeit.

Darüber hinaus gibt es in Österreich hervorragende Erfahrungen mit der Aktivierung pas­siver Mittel in der Arbeitsmarktpolitik: Selbst 20 Jahre nach dem von der ÖVP erzwun­genen Ende der sogenannten „Aktion 8.000“, mit der Jobs im gemeinnützigen Bereich mit 2/3 der Kosten gefördert wurden, gibt es noch immer tausende der damals ge­schaffenen Jobs. Die Erfahrungen waren so gut, dass die Bundesregierung selbst eine Art der „Aktion 8.000“ für Menschen über 50 Jahren wieder auflegt, nämlich die „Ak-
tion 20.000“.

Diese arbeitsmarktpolitische Maßnahme ist besonders effektiv, weil sie nicht nur viele Jobs schafft, sondern auch mehr als 90% der eingesetzten Mittel unmittelbar in öffentli­che Budgets zurückfließen lässt. Eine derartige Förderung – auch für junge Menschen – etwa für gemeinnützig organisierte Startups schafft Potential in Zukunftsbereichen statt Förderzuckerl für schlechte bezahlte und zeitlich befristete Minijobs in industrielastigen Betrieben auszugeben, die aufgrund des Konjukturaufschwungs ohnehin entstanden wä­ren.

All die beschriebenen Maßnahmen wirken einzeln, oder auch in Kombination als Ge­samtpaket beschäftigungswirksam und stellen mehr als einen dreijährigen Wirtschafts­förderungsbonus für Spezialkonstellationen dar.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 265

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend folgende Maßnahmen auf Beschäf­tigungswirksamkeit zu prüfen und in Betracht zu ziehen:

Aufkommensneutrale ökosoziale Steuerreform, die die Abgaben auf Arbeitseinkommen für private Haushalte und die lohnsummenbezogenen Abgaben für Unternehmen senkt (Gesamtvolumen ca. vier Milliarden Euro),

Gezielte Investitionen für Zukunftsbereiche durch zweckgebundene Anschubfinanzierun­gen an die Länder für den Bereich Kinderbetreuung und Pflege, sowie Förderungen im Bereich der Energiewirtschaft, Wissenschaft, Forschung und Entwicklung, sowie

Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, die dazu beitragen die Arbeitszeit zu reduzieren und dadurch neue Arbeitsplätze zu schaffen, den Mitteleinsatz von Beschäftigungsein­stiegsprogrammen zu intensivieren, sowie den Zugang zu Erstausbildung und Nachqua­lifizierung zu verbessern.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Obernos­terer. – Bitte.

 


19.25.29

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Lie­be Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehschirmen! Frau Kollegin Schatz, natürlich kann man im­mer darüber diskutieren, was besser ist, was effizienter ist, aber ich glaube, die Regie­rung hat sich wirklich sehr intensiv und in die Tiefe gehend damit auseinandergesetzt, was wir mit diesem Beschäftigungsbonus eigentlich bewirken möchten. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie gesagt, kleine Familienbetriebe kommen nicht da­zu. (Abg. Schatz: Die für ihre Mitarbeiter kämpfen!) Also ich weiß nicht, wo Sie das her­nehmen. Ich kenne viele kleine Familienbetriebe, die sagen, sie möchten eigentlich noch jemanden anstellen, aber nicht wissen, ob sich das rechnet.

Jeder kleine Familienbetrieb oder jeder andere Betrieb, der zusätzlich zu den beste­henden Arbeitsplätzen jemanden anstellt, bekommt für die nächsten drei Jahre oder für das nächste Jahr – in Summe läuft das Programm nach drei Jahren aus – eine Förde­rung in der Höhe von 50 Prozent der Lohnnebenkosten. Ob das ein Einmannbetrieb oder ein großer Betrieb ist, wissen wir eben nicht. Wir kennen die Arbeitsmarktzahlen – die brauche ich, glaube ich, hier niemandem mitzuteilen. Sinn und Zweck ist es, zu schauen, dass mehr Menschen an Arbeit kommen, und Betrieben, die noch am überlegen sind, ob sie einstellen können oder nicht, einen Anreiz zur Einstellung neuer Mitarbeiter zu ge­ben. Die Praxis wird zeigen, ob es ein gutes oder weniger gutes Paket ist. Ich bin über­zeugt davon, dass es seinen Zweck erfüllen wird, weil mehr arbeitende Menschen wie­derum mehr Steuern bringen, wodurch sich das Paket teilweise selbst finanziert.

Der zweite Punkt betrifft ja hauptsächlich den Tourismus. Ich denke, auch da handelt es sich um eine gute Aktion. Die Investitionen in den Tourismus sind wieder angesprun­gen. Allein über die ÖHT hat es im letzten Jahr um 64 Prozent mehr Investitionen ge­geben als im Jahr zuvor. In Kärnten haben sich die Investitionen im Tourismusbereich im letzten Jahr verdreifacht. Wir wissen, dass Klein-, Mittel- und Familienbetriebe immer schwieriger Geld am freien Markt – sprich bei den Banken – bekommen. Deshalb ge­hen immer mehr Betriebe zur ÖHT und holen sich die öffentliche Haftung ab, um leich­ter zur ihren Krediten zu kommen.


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Im Juni fand die letzte Sitzung der ÖHT statt, im Rahmen derer der Haftungsrahmen von 250 Millionen € ausgeschöpft wurde. Da wurde schnell reagiert und der Haftungs­rahmen wurde um 125 Millionen € aufgestockt. Das kommt den vielen Klein-, Mittel- und Familienbetrieben im touristischen Bereich zugute. Wenn diese Betriebe also ihre An­träge einreichen und die Voraussetzungen erfüllen, kommen sie auch an die Haftung des Bundes.

Heute war also ein guter Tag, wir haben einen positiven Vorschlag am Tisch liegen und können diesen, glaube ich, einstimmig beschließen. Im Ausschuss war der Beschluss ein­stimmig. Ich möchte mich dafür bei allen herzlich bedanken, dass das so schnell mög­lich war. Ganz besonders gilt mein Dank natürlich dem Wirtschaftsministerium und dem Finanzministerium, die das Geld zur Verfügung stellen, damit diese 125 Millionen € an Haftungen für den Tourismus bereitgestellt werden können. – Danke vielmals für eure Zu­stimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

19.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Loacker. – Bitte.

 


19.29.19

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Dieser Beschäftigungsbonus, den Kollegin Schatz schon zu Recht kriti­siert hat, ist das schwarze Gegenstück zur roten Aktion 20 000. Da wurde einfach wie­der wechselseitig etwas schön abgetauscht. Nicht nur die Grünen und wir halten das für eine schlechte Idee, sondern auch die Experten. So sagt das WIFO, es wäre wirk­samer, den Faktor Arbeit grundlegend und dauerhaft im Zuge einer Abgabenreform zu entlasten. Das IHS sagt, eigentlich kommt diese Maßnahme nicht zum optimalen Zeit­punkt, weil die Wirtschaft gerade anläuft. Die Unternehmen wachsen tendenziell sowie­so, stellen neue Leute ein, und somit wird da ein Prozess gefördert, der sowieso ge­schehen wäre. Das entsprechende Geld wird dadurch in Form des Mitnahmeeffekts ver­braten.

Eine besondere Leistung ist aber die Konstruktion des Ganzen (eine Tafel, auf der eine Grafik zu sehen ist, auf das Rednerpult stellend), die sich ideal für Missbrauch eignet. Ich möchte Ihnen ein Beispiel geben: Stellen Sie sich eine Firma mit 200 Mitarbeitern und zehn Leiharbeitern vor. Der Beschäftigtenstand liegt bei 200, weil ja nur 200 Mitar­beiter bei der Sozialversicherung gemeldet sind. Die zehn Leiharbeiter sind beim Über­lasser gemeldet. Jetzt hat diese Firma – wie das eine Firma oft hat – 5 Prozent Fluktua­tion, das heißt, zehn Mitarbeiter gehen in einem Jahr. Das sind die, die hier auf dieser Grafik (auf die Tafel auf dem Rednerpult verweisend) rot markiert sind. Jetzt übernimmt diese Firma die Leiharbeiter in den festen Beschäftigtenstand, dann haben Sie wieder 200 Mitarbeiter. Nun muss die Firma aber die zehn Abgänge ersetzen und stellt also zehn neue Mitarbeiter ein. Der Beschäftigtenstand beträgt jetzt 210. Sie haben zwar so keinen Arbeitsplatz geschaffen, aber sie haben zehn förderbare Arbeitsplätze.

Das heißt, in Wirklichkeit geht es hier um eine Industrieförderung. Deswegen hat auch die Industriellenvereinigung so großen Wert darauf gelegt, dass dieser Prozess in der Form förderbar ist. Sie können auch gar nicht kontrollieren, ob jemand, der das so macht, das System auf diesem Weg umgangen hat. Von diesen 2 Milliarden € wird nicht viel in tatsächlich neuen Arbeitsplätzen landen, sondern das sind Mitnahmeeffekte. Es ist ei­ne Industrieförderung, die die ÖVP unbedingt haben wollte und bei der die SPÖ mit­hüpft, damit sie ihre 780 Millionen für die Aktion 20 000 verbraten darf.

Was die Wirtschaft wirklich bräuchte, wäre eine flächendeckende Abgabenentlastung, wäre eine flächendeckende Entlastung von Lohnnebenkosten, anstatt eines bürokrati­schen Prozesses für die Unternehmen, die, wenn sie Leute einstellen, viel dokumentie­ren, viele Unterlagen an die aws schicken müssen und dann gnadenhalber von dem


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Staat, der sie ausgeräumt hat, eine Förderung bekommen. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Schatz.)

19.32


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Katzian ist der nächste Redner. – Bitte.

 


19.32.07

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Das war wieder ein typisches Beispiel, Herr Loacker! Jetzt habe ich gedacht, ich kann Sie ein­mal loben, aber es tut mir leid, das ist leider wieder nicht möglich. Seit Monaten, seit Jah­ren lassen Sie hier in diesem Haus keine Gelegenheit aus, um über die hohen Lohnne­benkosten und eine notwendige Senkung zu sprechen. Auf meine Frage, wo Sie kon­kret senken wollen, habe ich bis heute keine Antwort bekommen – aber das macht ja nichts.

Jetzt haben wir das Thema einmal aufgegriffen und haben gesagt, wir verlassen uns nicht auf heiße Luftblasen, sondern verbinden eine Förderung mit einer Senkung der Lohnnebenkosten, aber nur dann, wenn auch zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen wer­den. Und es geht um zusätzliche Arbeitsplätze. Wir haben sehr genau darauf geschaut und werden auch in Zukunft darauf schauen, dass es da keine Mitnahmeeffekte gibt, sondern dass tatsächlich zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden.

Ihr Beispiel mit den Leiharbeitern möchte ich gleich aufgreifen. Natürlich ist Leiharbeit ein geregeltes Gewerbe in Österreich und als solches in Ordnung – wir haben auch ent­sprechende Bedingungen –, aber unser Ziel, das Ziel der Gewerkschaft, ist es immer noch, jeden Leiharbeiter und jede Leiharbeiterin irgendwann einmal in ein ordentliches Dienstverhältnis zu bringen. Wenn dieses Paket nun einen Beitrag dazu leistet, dass auch Menschen, die jetzt in Leiharbeit sind, in ein geregeltes Dienstverhältnis überführt werden und zusätzlich neue Arbeitsplätze geschaffen werden, dann weiß ich nicht, was daran schlecht sein soll. (Abg. Loacker: Die sind ja nicht zusätzlich!) Das müssen Sie irgendjemandem erklären – uns können Sie das nicht erklären, Herr Loacker! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass die Wirtschaft anspringt. Es hat heute die neuesten Wachstumszahlen gegeben. Ich denke, 2,4 Prozent sind für ein abgesan­deltes Land – oder was ich in den letzten eineinhalb Jahren so alles gehört habe – durchaus beachtlich. Das heißt, es geht aufwärts. Wir sehen auch langsam die Auswir­kungen auf dem Arbeitsmarkt. Uns ist das aber zu wenig, weil wir nach wie vor der Mei­nung sind, dass die aktuelle Arbeitslosigkeit zu hoch ist. Deswegen wollen wir auch die­sen Aufschwung nutzen, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass der Abbau der Arbeitslosigkeit schneller voranschreitet. Wenn die Berechnungen und die Einschätzun­gen stimmen und am Ende des Tages weit über 100 000 neue Arbeitsplätze geschaf­fen werden, so bin ich sehr zuversichtlich, dass wir hier einen essenziellen Beitrag zur Senkung der Arbeitslosigkeit leisten.

Wie ich schon gesagt habe, werden wir sehr genau darauf schauen, dass es da keine Mitnahmeeffekte gibt, weil wir uns nicht mit dem Kappel fangen lassen. Daher ist es wichtig, dass wir das so umsetzen, wie es jetzt vorgeschlagen ist. – Vielen Dank. (Bei­fall bei der SPÖ.)

19.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte.

 


19.34.57

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Herr Präsident! Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher auf den Tribünen und


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vor den Fernsehgeräten! Meine Tafel ist aufgrund der zu späten Bestellung nicht mehr angekommen, dabei hätte ich eine sehr interessante mitgehabt. Ich werde sie Ihnen aber dann beschreiben.

Zur Rede des Kollegen Katzian: Die Bedenken bezüglich Leiharbeiter sind mehr als ge­rechtfertigt. Leiharbeiter werden ja nur zu Arbeitsspitzen eingesetzt, wodurch natürlich eine gewisse Stresssituation entsteht. Dass diese Arbeitsverhältnisse im Idealfall auf dau­erhafte umgestellt werden sollten, ist, glaube ich, unterstützenswert.

Kollege Loacker hat die – von der Regierung oft versprochene, aber nie umgesetzte – Bürokratieentlastung angesprochen. Auch das ist ein hoher Kostenfaktor für unsere Un­ternehmerinnen und Unternehmer und bietet sich für eine Entlastung an.

Zum Thema ÖHT – Österreichische Hotel- und Tourismusbank –, das dankenswerter­weise von Kollegen Obernosterer angesprochen wurde: Das ist eine sehr sinnvolle Ak­tion. Natürlich gehört diese Branche unterstützt, und dieses Geld im Gesamtrahmen von 250 Millionen € ist regional sehr sinnvoll investiert. Auch die Haftungskosten werden übernommen, damit dieses Geld wirklich zu 100 Prozent wirksam ist.

An dieser Stelle fehlt mir jetzt meine Tafel. Ich hätte nämlich eine Auflage für all jene Betriebe, die gerechtfertigterweise mit Steuergeldern gestützt werden: Damit dieses Steu­ergeld doppelt wirksam wird, sollte man doch die Auflage erteilen, heimische Produkte zu verarbeiten. Das hätte dann nämlich einen Dreifacheffekt.

Ich denke da an die Vorreiterrolle Österreichs, die ich schon einige Male angesprochen habe. Wir könnten uns europaweit und weltweit, aber auch gegenüber unseren heimi­schen Touristen nachhaltig und dauerhaft als Qualitätstourismusland positionieren, wenn wir die gute Luft- und Wasserqualität, die gepflegte Kulturlandschaft, all diese Quali­tätsprodukte, die wir suggerieren, auch tatsächlich anböten. Ich glaube, das wäre ein wesentlicher Punkt, der in den Regionen vor Ort sehr wirksam wäre. Wir würden da­durch nicht nur Arbeitsplätze in der Landwirtschaft erhalten, sondern gleichzeitig als wert­voller Partner für die Tourismus- und Hotelbetriebe auch Mitarbeiterinnen und Mitarbei­ter vor Ort abstellen können. Ich glaube, es wäre auch gut für einen Qualitätstourismus, wenn wir heimische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit in der Mannschaft hätten.

Alles in allem, glaube ich, würde das ein sehr wertvolles und ertragreiches Bild für Ös­terreich zeichnen und wir könnten uns als Vorzeigeland positionieren. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

19.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter MMMag. Dr. Kas­segger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


19.38.09

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Es gibt zwei Punkte, die hier zu behandeln sind. Vorab möchte ich aber sagen, dass wir dem Ganzen zustimmen werden – wenn auch mit einigermaßen Bauchweh. Für uns gibt es zwei Hauptgründe für unsere Zustimmung.

Kollege Katzian hat es ja schon angesprochen, dieses Paket bringt faktisch eine Sen­kung der Lohnnebenkosten, wenn auch nur eine punktuelle und zeitlich begrenzte. Uns wäre eine generelle Senkung der Lohnnebenkosten auch lieber. Natürlich wissen wir nicht viel zur Gegenfinanzierung, und natürlich – und da bin ich bei Ihnen, Frau Kol­legin Schatz – haben wir auch die Richtlinien noch nicht bekommen. Das Ganze ist al­so schon bisschen eine Black Box. Aber es gibt ja das Beschlussprotokoll des Minis­terrats, in dem steht, wer zu fördern ist: eine beim AMS als arbeitslos gemeldete Per­son, ein Abgänger einer österreichischen Bildungseinrichtung, eine in Österreich be­reits beschäftigt gewesene Person oder wenn ein Betreuungsverhältnis auf Basis einer


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Rot-Weiß-Rot-Card besteht. Wenn das so umgesetzt wird, dann können wir dem Gan­zen zustimmen, weil es eine Lohnnebenkostensenkung bedeutet.

Kurz zur Erweiterung des Haftungsrahmens der ÖHT von 250 Millionen € auf 375 Mil­lionen €. Das ist eine sehr, sehr sinnvolle Maßnahme, insbesondere wenn man sich die Erläuterungen anschaut. Was passiert da? – Da haben wir die klassische Finanzierungs­klemme in der anlagenintensiven Hotellerie, davon sind insbesondere kleine und mittel­ständische Unternehmen, also Familienbetriebe, betroffen. Sie bekommen von den Ban­ken, die ihrerseits durch Basel III, Basel IV gezwungen sind, Eigenkapitalhinterlegungs­maßnahmen zu setzen – und darüber sollten wir auch einmal reden, wie sinnvoll das ist –, einfach keine Kredite, die sie dringend für die Investitionen bräuchten.

Da springt dieses Instrument durch Haftungsübernahmen ein, sodass Kredite gegeben werden können, zum Beispiel für die Hotellerie, die von der Bundesregierung in den letz­ten Monaten und Jahren gebeutelt wurde. Sie hat eine Erhöhung der Umsatzsteuer von 10 Prozent auf 13 Prozent und eine Verlängerung der Abschreibungsdauer zu tragen. (Abg. Obernosterer: Warum zählst du das jetzt auf?) – Ich zähle es deshalb auf, weil wir schon vor der nächsten Gesetzgebungsperiode sind und ich gerne ankündigen wür­de, dass mit einer freiheitlichen Verantwortung diese Dinge für die Hotellerie selbstver­ständlich wieder zurückgenommen würden. (Beifall bei der FPÖ.)

Dies gilt auch für das generelle Rauchverbot, das von uns zurückgenommen würde. – Eine klare Ansage für die nächste Gesetzgebungsperiode! (Beifall bei der FPÖ.)

19.41


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichten­ecker. – Bitte.

 


19.41.19

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Damen und Herren! Investitionszuwachsprämie für die kleinen und mit­telständischen Unternehmungen und für die großen Unternehmen: Es sind 140 Millio­nen € für die kleinen und mittleren und 90 Millionen € für die größeren vorgesehen.

Was sind die Richtlinien für diese Investitionszuwachsprämie? – Einer der Gründe, wa­rum sie gewährt werden soll, wird in den Richtlinien mit der gegenwärtig zurückhalten­den Investitionsneigung angeführt. Das ist ein Stück veraltet. Heute sind die Konjunk­turprognosen zitiert worden: 2,4 Prozent Wachstum. Worauf basiert das, Frau Kolle­gin? – Das Wachstum basiert auf Konsum, Investition und Auslandsnachfrage. Es kann also keine Rede von einer gegenwärtig zurückhaltenden Investitionslage sein, im Ge­genteil, es funktioniert ja ganz gut. – Das ist das eine und wirklich Erfreuliche.

Die Frage ist generell: Wie setzen wir das Setting der Unterstützung für die kleinen und mittelständischen Unternehmungen an?

Mich erinnert das an eine Straße, wo immer, wenn ein Loch aufgeht, ein bisschen As­phalt darüber gegeben wird, und es geht schon wieder weiter. Was kommt da zum Schluss heraus? – Eine durchgehend rumpelnde Piste. Genauso ist es jetzt momentan auch mit diesem Stückwerk an verschiedenen Geschichten, das wir statt eines großen, guten Wurfs machen, beginnend bei der Steuer.

Wir brauchen ein gerechtes Steuersystem gerade für die kleinen und mittelständischen Unternehmungen – selbstverständlich mit ökologischen und sozialen Komponenten –, ei­ne Entlastung der Arbeitskosten, damit genau sie profitieren, was dann auch Arbeits­plätze gerade in den ländlichen Regionen bedeutet.

Das Zweite ist die Gewerbeordnung: Hier ist eine Entlastung von unnötiger Bürokratie nicht gelungen. Daran müssen wir weiterarbeiten.


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Kleine und mittelständische Unternehmungen brauchen vor allem eine moderne Infra­struktur, Stichwort Breitband. Wir wissen, dass wir hier enormen Verbesserungsbedarf haben.

Das nächste große Thema ist Bildung und Forschung. Hier weiter zu investieren – auch wenn das eine oder andere gelingt – ist keine Frage. Hier gilt es, trotzdem weiter zu fo­kussieren und Brücken zu bauen, sodass auch diejenigen forschen und innovations­kräftig werden, die momentan noch nicht so in der Lage sind. Und selbstverständlich braucht es einen verbesserten Zugang zu Finanzierungsquellen.

Das alles sind Punkte, die, davon sind wir überzeugt, wichtig sind, um die kleinen und mittelständischen Unternehmungen zu unterstützen, in einer konsistenten Strategie – und nicht immer mit Ressourcen zu einem Zeitpunkt, der eigentlich unpassend ist; und mo­mentan halten wir ihn für unpassend. Es wäre zu einem anderen Zeitpunkt viel besser gewesen, und jetzt wären genau diese Mittel für andere Bereiche besser eingesetzt, so wie ich es vorhin erwähnt habe. (Beifall bei den Grünen.)

19.44


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hakel. – Bitte.

 


19.44.48

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Lie­be Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute schon mehrmals gehört, dass gerade erst heute sehr gute Wirtschaftsdaten präsentiert worden sind, die der Beschäftigungs­bonus sicher weiter hinauftreiben wird, was auch sehr erfreulich ist. (Ruf bei der ÖVP: Das ist die neue Linke!)

Ich will auf die Kollegin Schatz eingehen, die am Beginn gesagt hat, das, was wir hier beschließen, sei nicht für innovative und zukunftsgerichtete Unternehmen, und man soll­te sich besser auf diese konzentrieren.

Ich möchte daran erinnern, dass wir letztes Jahr ein sehr großes Paket für Start-ups verabschiedet haben, das Anfang des Jahres in Kraft getreten ist, mit einem Ersatz der Lohnnebenkosten, ähnlich wie es jetzt eine Lohnnebenkostenförderung mit direktem Fo­kus auf KMUs und Tourismusunternehmen gibt.

Was sind Start-up-Unternehmen? – Das sind genau jene innovativen Unternehmen, von denen Sie gesprochen haben, die gefördert werden sollen. Sie sind zukunftsgerichtet, beschäftigen sich mit Digitalisierung und setzen sich mit den Themen auseinander, die uns in Zukunft noch beschäftigen werden. Sie haben eine sehr schnelle Wachstumsra­te, was Beschäftigung betrifft.

Mit dem Beschäftigungsbonus zielen wir auf Klein- und Mittelunternehmen ab, da auch die es wert sind, gefördert zu werden, denn sie tragen den Großteil zu unserer Wirt­schaft bei und dazu, dass es ihr so gut geht. (Beifall bei der SPÖ.)

19.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte.

 


19.46.42

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Kollegen! Ich möchte mich ganz kurz zum Beschäftigungsbonus äußern. Grundsätzlich ist auch im Ausschuss nach langer Diskussion klar gewesen: Es ist eine Maßnahme, die einerseits für Unternehmer die Lohnnebenkosten und andererseits die Arbeitslosig­keit senkt. Da kann man auch als Freiheitlicher schwer dagegen sein, obwohl es schon einige Argumente gibt, die heute bereits gefallen sind, und die ganze Geschichte auch sehr kritisch gesehen werden kann.


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Auf eines, das uns natürlich freut, möchte ich doch hinweisen: Es ist erstmalig so etwas wie eine sektorale Zuzugsbeschränkung am Arbeitsmarkt unterschwellig eingesetzt wor­den. Dagegen haben sich vor allem die SPÖ, aber auch die ÖVP sehr lange gewehrt. Ich bin auch schon gespannt, was die Europäische Union dazu sagen wird. Man sollte kurz erwähnen, dass alle, die neu nach Österreich kommen und vielleicht in einem Un­ternehmen eingestellt werden, keinen Anspruch auf diesen Beschäftigungsbonus ha­ben. Das empfinden wir als richtig und hätten wir gerne schon in den letzten Jahren ge­sehen, weil doch knapp 1,3 Millionen neue Bewohner in Österreich sind, die den Ar­beitsmarkt in den letzten Jahren sehr stark belastet haben.

Die Zielsetzung sollte man auch ganz kurz noch einmal erwähnen: Es sollten über 30 000 Unternehmen davon profitieren. Wir – oder Sie – erwarten, dass 160 000 Arbeits­plätze geschaffen werden, was ich sehr ambitioniert finde. Ich bin auch schon sehr ge­spannt darauf, ob diese Zielsetzung erfüllt sein wird, wenn in zwei, drei Jahren eine Bi­lanz gezogen wird. Ich vermute, ähnlich wie das heute schon zur Sprache gekommen ist, dass sehr starke Mitnahmeeffekte zum Tragen kommen werden.

Die Kosten haben wir erwähnt: 2,3 Milliarden €. Wir hätten das Programm gerne ein bisschen früher gehabt. Die Konjunktur ist Gott sei Dank in Bewegung, es sieht so aus, dass sich die Wirtschaft ein wenig erholt. Diese Maßnahme wird das noch unterstüt­zen, das ist im Sinne von uns allen.

Ein Thema sollte man vielleicht doch noch ansprechen: Mir fällt auf, in den letzten Mo­naten, fast schon Jahren, wird kaum noch nachgefragt, wer das alles bezahlen soll und wie das finanziert werden soll. Ich habe noch kein Budget erlebt, in dem wir nicht ein Milliarden-Minus gesehen haben. Die Staatsverschuldung wächst und wächst. Jetzt ha­ben wir dieses Programm mit 2,3 Milliarden €, heute Vormittag die „Aktion 20.000“ mit ei­ner knappen drei viertel Milliarde €, wir haben den Pflegeregress abgeschafft, und, und, und. Das heißt, bei den Ausgaben ist in den letzten Monaten eigentlich sehr viel Geld hi­nausgeflossen.

Das eigentliche Thema, das wir Freiheitliche immer wieder einfordern, ist, dass man aus­gabenseitig Maßnahmen setzen sollte. Da sehe ich aber von der Regierung nichts kom­men. Es wird nach wie vor im Förderungsbereich nicht gespart, Bürokratieabbau findet in Österreich nicht statt. Das heißt, im Grunde sind es Maßnahmen, die sicher sinnvoll für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt sind, aber das Finanzierungsthema wird uns früher oder später – vermutlich früher – einholen. Ich bin schon gespannt, wie die Re­gierung darauf reagiert. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.50


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

 


19.50.29

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Im Endeffekt haben wir nichts davon, wenn wir uns immer nur mit Überschriften unterhalten. Wenn zum Beispiel Bürokratieabbau ge­fordert wird, muss man dazusagen, was und wo, welche Strukturen gemeint sind, wel­che Leistungen sie bis jetzt erbracht haben und welche Leistungen sie in Zukunft nicht mehr erbringen werden, weil sie überflüssig sind. Wenn das nicht geleistet wird, kön­nen wir uns zwar über Überschriften austauschen, aber sie werden im Endeffekt nichts bewirken.

Das Zweite ist, wenn es hier Debattenbeiträge gibt, in denen von flächendeckendem Sen­ken der Lohnnebenkosten und davon, Arbeitskosten billiger zu machen, die Rede ist, ist das in Ordnung, aber es gibt zwei Möglichkeiten. Würde man das Niveau belassen, dann ist die Frage: Wie soll es finanziert werden, wenn man es dort nicht einnimmt? – Das wür­de mich dann interessieren. Oder: Diejenigen, die sagen, wir senken die Lohnnebenkos-


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ten, sollen sagen, wo im Bereich des Sozialstaates eingespart werden soll, welche Leis­tungen eingespart werden sollen. – Auch da wird nichts Konkretes gesagt.

Das heißt, da kommen viele Redner heraus, vor allem von den eher ängstlichen Oppo­sitionsparteien – denn die sagen sich, wenn ich mich da auf etwas Konkretes einlasse, wird es dann am Wahltag ein bisschen bitter –, und beschäftigen uns mit Überschriften. Also davon haben wir nichts.

Was ich positiv finde, ist, dass das erste Mal versucht wird, sich mit der Belastung des österreichischen Arbeitsmarktes – und das ist nicht nur durch Digitalisierung, Rationali­sierung und die ganz normale Zuwanderung, das ist vor allem auch durch die Perso­nenfreizügigkeit im Rahmen der Europäischen Union passiert – auseinanderzusetzen. Wenn wir uns die Arbeitslosenzahlen anschauen, dann zeigt sich eine nicht unbeträcht­liche Anzahl von Arbeitslosen, die aus dem EU-Raum kommen. Jetzt gibt es das erste Mal den Versuch, mit positiven Initiativen nicht nur zu stimulieren und damit zu versu­chen, Arbeitsplätze zu schaffen, sondern es gezielt zu machen, sodass man, wie ich hoffe, im Rahmen des europäischen Rechtsgebäudes eine mögliche Initiative setzt, um mit dieser positiven Stimulanz etwas auszugleichen. Wenn man mehr machen wollte, müsste man in die 27 Mitgliedsländer der Europäischen Union gehen, die dann die bis­herige Art der EU-Personenfreizügigkeit am Arbeitsmarkt anders definieren und ändern müssten – wofür ich auch eine leichte Schwäche hätte, darüber nachzudenken, weil das natürlich den Druck auf die Arbeitsmärkte nehmen würde.

Das Einzige, was ich korrigieren muss, ist: Es sind vor allem die SPÖ und die Arbeit­nehmervertreter aufseiten der SPÖ – und das ist ja bei uns die Mehrheit – gewesen, die darauf gedrängt haben, dass man diese Schutzfunktion am Arbeitsmarkt auch wirk­lich erfüllt. Sie haben bei diesen Bestimmungen auch ganz konkret dafür gesorgt, dass diese Gewichtung – wenn einer gerade zuwandert, fällt er nicht unter diese Förderung – vorgenommen wird. Das, finde ich, ist ganz wichtig, und, so glaube ich, eine Linie, die man durchaus weiterverfolgen sollte.

Und bitte das nächste Mal etwas konkreter sein, dann kann ich darauf eingehen, auch wenn die Redezeit nicht lang genug ist. (Beifall bei der SPÖ.)

19.53


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Mahrer. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


19.53.43

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Mag. Dr. Harald Mahrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich darf mich bei dieser Gelegenheit bei der Jungen Wirtschaft Österreich bedanken, die die Aktion #3fuerAlle  in Ergänzung zu der von Frau Abgeordneter Hakel bereits erwähnten Förderung für innovative Jungunter­nehmer – bei der Bundestagung der Jungen Wirtschaft im September 2016 mit mir ge­meinsam vorgestellt hat. Es ist daraus letztendlich eines der größten Beschäftigungs­förderungsprogramme der Zweiten Republik geworden. 2 Milliarden € für circa 150 000 bis 160 000 neue Beschäftigungsverhältnisse für 30 000 Betriebe sind eine ansehnliche Beschäftigungsaktion. Das kann sich sehen lassen.

Zur Anmerkung des Abgeordneten Loacker möchte ich hinzufügen: Sie finden bereits auf den Webseiten der aws einige Frage-Antwort-Kategorien zu den unterschiedlichen Förderungsfällen. Es ist eindeutig festgehalten – und man wird das dann auch nach der Veröffentlichung der Richtlinie klar sehen – bei der Frage der Leiharbeitskräfte, der Zu­wachs oder, wenn Sie so wollen, der Nettoeffekt über die jeweils zu berechnende Zeit betrifft immer nur die Firma, bei der die Leiharbeitskräfte beschäftigt sind, und nicht das Unternehmen, wo sie eingesetzt werden. Das ist eindeutig. Also ein Missbrauch ist da explizit ausgeschlossen. Sie werden das dann, wenn die Richtlinie veröffentlicht ist, auch sehen.


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Alles andere wäre ja sinnlos. Es geht immer nur um das Unternehmen, das die Be­schäftigten tatsächlich auch anstellt, egal, in welcher Form das auch ist. Es kann natür­lich nicht sein, dass eine Firma, die Leiharbeitskräfte anstellt und dann verleiht, über die Verleihung den Nettoeffekt erzielt. Das ist natürlich ausgeschlossen. Sie werden das dann sehen.

Der zweite Punkt, über den hier abgestimmt werden soll, ist die Erhöhung des Haf­tungsrahmens im Bereich der ÖHT für Investitionen im Tourismus. Da wird der Haf­tungsrahmen aufgrund der intensiven Nachfrage aus dem Tourismusbereich von 250 Mil­lionen € auf 375 Millionen € erhöht. Das ist auch ein sehr schönes Zeichen, weil wir se­hen, dass intensive Investitionsvorhaben im Tourismus getätigt werden, der eine der zen­tralen Leitbranchen ist, wenn es in den letzten Jahren um Investitionen gegangen ist.

Wir haben auch hier eine sehr solide Entwicklung. Ich möchte mich beim Tourismus ex­plizit bedanken, bei allen Expertinnen und Experten, die dort unterstützend tätig sind. In­frastrukturinvestitionen sind in diesem Bereich sehr, sehr notwendig, um die Attraktivi­tät des Standorts auch zu erhalten. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

19.56


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Hauser. – Bitte.

 


19.56.22

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Hohes Haus! Es ist selbstverständlich erfreulich, dass wir heute das Haftungsvolumen für die Tourismusbranche um 125 Millionen € ausweiten; Gott sei Dank passiert dieser Schritt. Fakt aber ist, Kollege Obernosterer, dass keiner anderen Branche als eben der Tourismusbranche von dieser Regierung – von ÖVP und SPÖ – wäh­rend dieser Legislaturperiode ein so schwerer Rucksack umgebunden wurde. Der Tou­rismus ist die meistbelastete Branche, und das macht uns und mich betroffen, weil der Tourismus nämlich grundsätzlich auch für Arbeitsplätze im ländlichen Raum sorgt, was immer wieder in den Sonntagsreden festgestellt wird. Wenn man aber die Aktivitäten die­ser Regierung gegenüber dem Tourismus betrachtet, so war das ein massiver Ruck­sack, welcher der Tourismuswirtschaft umgebunden wurde.

Uns wäre es ja an sich viel lieber, wenn die Tourismuswirtschaft aus eigener Kraft ohne zusätzliche Haftungen Finanzierungen zustande bringen würde, aber durch diese massi­ven Bestrafungsaktivitäten, die diese Regierung gegenüber der Tourismuswirtschaft ge­setzt hat, sind Haftungsausweitungen erforderlich, weil sonst Investitionen nahezu nie­mals stattfinden würden.

Das ist die derzeitige Situation, die auch durch aktuelle Zahlen, wie sie zum Beispiel in der Deloitte-Studie, die von der Hoteliervereinigung in Auftrag gegeben wurde, veröf­fentlicht sind, voll und ganz bestätigt wird. Es ist nach wie vor so, dass die Grundstim­mung in der Tourismuswirtschaft bestenfalls verhalten ist. Mit 2,99, bewertet nach ei­nem Schulnotensystem, ist das ein Befriedigend. So sieht sich die Tourismuswirtschaft selbst. Vor allem aber gibt es durch die erschwerten Finanzierungen einen massiven In­vestitionsrückstau.

38 Prozent der Tourismusbetriebe sagen, dass ihnen die Investitionen deutlich erschwert wurden, und 30 Prozent der Tourismusbetriebe mussten überhaupt von Investitionen zu­rücktreten, weil sie keine Finanzierung zustande brachten.

Dazu ein weiteres Beispiel: Wenn ein Tourismusbetrieb 100 € mehr Umsatz macht, ver­bleiben 28 € beim Staat und nur 3,80 € beim Hotel. Das ist ein Missverhältnis von 1 : 8, also eine klare Niederlage zuungunsten der Tourismuswirtschaft, und das ist in Wirk­lichkeit eine Schlappe. Für diese Schlappe hat diese Bundesregierung von ÖVP und SPÖ gesorgt, und das müssen wir ganz massiv ändern. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 274

Zum Abschluss noch eine schnelle Bilanz der Arbeit im Tourismusausschuss: Insge­samt wurden 28 Initiativen in dieser Periode eingebracht, 42 Prozent stammen von uns, von der FPÖ. Es hat 55 Initiativen in dieser Gesetzgebungsperiode gegeben, 48 davon von der Opposition, das sind 87 Prozent. Und wie ist es diesen Initiativen ergangen? – Von diesen 48 Initiativen der Opposition hat diese Regierung 82 Prozent vertagt.

Das ist ein Desaster, das ist kein konstruktives Vorgehen gegenüber der Tourismus­wirtschaft. Das muss sich ändern, weil es nicht sein kann, dass Betriebe, die ihren Ar­beitsstandort nicht verlagern können, maximal bestraft werden. (Beifall bei der FPÖ.)

19.59

20.00.00

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin beziehungsweise der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 38: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch den Bundesminis­ter für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft genehmigt wird sowie das Austria Wirt­schaftsservice-Gesetz und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden, samt Titel und Eingang in 1620 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit, der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zielorientierung und wirkungsorien­tierten Mitteleinsatz statt Drehtüreffekte und Förderung unsicherer Kurzzeitjobs durch den Beschäftigungsbonus.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 39: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz geändert wird, samt Titel und Ein­gang in 1760 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Le­sung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig, der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

20.02.2540. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorla­ge (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Wirtschaftstreuhandberufe (Wirtschafts­treuhandberufsgesetz 2017 – WTBG 2017) (1756 d.B.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 275

41. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Ent­wurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Genossenschaftsrevisionsgesetz geän­dert wird (1757 d.B.)

42. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvor­lage (1668 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014 ge­ändert wird (1758 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 40 bis 42 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


20.03.11

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Damen und Herren! Das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017 regelt vor allem neue Kompetenzen für die Steuerberater und für die Wirtschaftstreuhänder. Was bedeutet das? – Das bedeutet im Konkreten, dass diese künftig auch in Rechts­angelegenheiten Beratungen vornehmen können, Verträge errichten können und vor al­lem – das ist ein zentraler Punkt – die Vertretungen vor Behörden, Körperschaften und den Verwaltungsgerichten übernehmen können.

Wir haben Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen, die das auf die Mandanten haben kann, und glauben auch, dass die Evaluierung, die jetzt mit 2020 vorgesehen ist, relativ spät kommt. Wir werden daher auch dieser Gesetzesmaterie in dieser Form nicht zu­stimmen können.

Was jedenfalls unsere Unterstützung findet, ist die Änderung beim Genossenschaftsre­visionsgesetz; das halten wir für eine gute und stimmige Materie.

Ganz kurz noch einmal zum Thema Wirtschaftsprüfer zurückkommend: Was wir wirk­lich für notwendig halten würden – und diese Debatte werden wir wieder führen, wir wer­den sie immer wieder führen, bis tatsächlich die Änderung eintritt –, ist, dass man bei den Wirtschaftsprüfern letztendlich die Prüfdauer für ein Unternehmen auf sechs Jahre reduziert und dass es ein Pooling gibt, das heißt, dass den Unternehmen ein Wirt­schaftsprüfer zugewiesen wird und letztendlich die Haftungen für die Wirtschaftsprüfer erweitert und erhöht werden.

Warum? – Die Lehren aus dem Hypo-Untersuchungsausschuss haben gezeigt, dass wir hier dringenden Handlungsbedarf haben. Das sind die zentralen Punkte, die tatsächlich einer Änderung bedürfen, und weniger das große Thema der Kompetenzen, so wie es heute vorgelegt wurde. (Beifall bei den Grünen.)

20.05


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 


20.05.46

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätz­ter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Das Wirtschaftstreu­händerberufsgesetz hat Regeln und Bestimmungen in einem sehr sensiblen Umfeld zum Inhalt. Es geht um Verantwortung, es geht um Sorgfalt, und es geht um den Schutz von Berufsgruppen mit langen und heraufordernden Ausbildungen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 276

Daher ist genau hier die Interessensabwägung oberste Maxime. Vor allem die Ausbil­dung der Wirtschaftsprüfer und der Steuerberater muss zukunftsorientiert gestaltet wer­den und gleichzeitig der nachhaltigen Sicherung des Berufsstandes dienen.

Darüber hinaus geht es vor allem aber auch um Verwaltungseffizienz, um Rechtssicher­heit und natürlich auch um den Rechtsschutz für unsere kleinen und mittelständischen Unternehmer sowie für die Einpersonenunternehmen in Österreich, die für alle Abga­ben und wirtschaftsrechtlichen Angelegenheiten eben keinen Firmenanwalt, sondern meis­tens nur ihren Steuerberater als ersten Ansprechpartner, Rechtsberater und Vertreter ha­ben. Deshalb haben wir nun in der Gesamtreform des Gesetzes einige Rechteerweite­rungen vorgesehen.

Ich glaube, es ist wirklich ein guter Kompromiss zwischen den unterschiedlichen Be­rufsgruppen. Er sichert einerseits die Ausweitung der Rechte, nimmt andererseits Rück­sicht auf den Rechteumfang der anderen freien Berufe und nimmt damit natürlich auch einen gewissen Kompromiss in Anspruch.

Es ist außerdem ein echter Mehrwert für die Kunden der Wirtschaftsprüfer und Steuer­berater, weil damit viele Dienstleistungen und Beratungsleistungen aus einer Hand mög­lich sind. Ich glaube, das ist ein ganz entscheidender Punkt. Die Neuregelung dieses Wirtschaftstreuhänderberufsgesetzes ist eine Art Generalüberholung des Gesetzes und eine Anpassung an die aktuellen Ereignisse und Erfordernisse unseres Wirtschaftsle­bens.

Die Neuerungen betreffen vor allem drei Bereiche: Ganz wichtig ist die Umsetzung der Geldwäscherichtlinie sowie die Anpassung der Berufsausbildung und die bereits er­wähnten Erweiterungen und Klarstellungen der Berufsbefugnisse. Es zeigt auch die An­wesenheit des Herrn Präsidenten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, dass das für die Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater ein ganz wichtiger Punkt ist. – Herr Präsi­dent, herzlich willkommen im Hohen Haus! Wir freuen uns, dass Sie heute hier sind. (Bei­fall bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und FPÖ.)

Meine Damen und Herren, ich denke, wir machen hier klare Regelungen in einem sen­siblen Bereich der Dienstleistungen, ebenso Vereinfachungen und Auflösungen von ei­nem gewissen Kompetenzwirrwarr. Daher ist diese Novelle für uns eine sehr solide Lö­sung, und ich danke allen, die daran mitgewirkt haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP so­wie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

20.08


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte.

 


20.08.42

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätztes Hohes Haus! Auch ich begrüße die Kammerführung der KWT hier im Haus. Wir hatten ja schon Themen, bei denen wir in den Positionen weniger gut ausgekom­men sind. Ich glaube, diesmal haben wir es ganz gut hinbekommen.

Ich will nicht verhehlen, dass ich, als ich erstmals mit dem Projekt konfrontiert wurde, ein gehöriges Maß an Skepsis hatte, dass man das seit Jahrzehnten bewährte öster­reichische System – dass man die Wirtschaftsprüferbefugnis nach der Steuerberater­befugnis und mit den vollen Fähigkeiten und dem Know-how erwirbt, das man als Steu­erberater lernt, und dieses dann um die entsprechenden Befugnisse erweitert – durch­bricht.

Ich sage auch gleich, warum: Ich hatte meine Befürchtung, dass dann gerade die jun­gen Kolleginnen und Kollegen, die im Prüfungsbetrieb als Revisionsassistenten tätig sind, sehr rasch den kürzeren Weg wählen und sagen: Dann werde ich halt nur Wirtschafts-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 277

prüferin oder Wirtschaftsprüfer. Auf dem Markt insgesamt haben aber reine Wirtschafts­prüfungskanzleien kaum eine Chance. Wir haben eine Dominanz der amerikanischen Großkanzleien, die sogenannten Big Four, und meine Befürchtung war, dass bei einem Berufsstand, der eigentlich von Natur aus unabhängig sein soll, im hohen Maß ein Ab­hängigkeitsverhältnis entsteht.

Ich weiß genau von meinen Kolleginnen und Kollegen, die als Revisionsassistenten bei den Big Four – früher waren es einmal die Big Five und die Big Six – waren: Als es nicht mehr in Ordnung war, haben sie eine eigene Kanzlei eröffnet, haben aber in Wirk­lichkeit von der Steuerberatung gelebt, weil man von der Prüferei nicht leben kann.

Jetzt haben wir versucht, Verbesserungen in mehreren Richtungen hineinzubekommen, Befugniserweiterungen und auch einen modularen Aufbau, der es den jungen Kollegin­nen und Kollegen erlaubt, die Entscheidung noch nachzubessern, indem sie diese Tei­le nachmachen und den kombinierten Beruf wieder annehmen können. Insofern können wir heute auch zustimmen.

Wir haben natürlich auch um praktikable Umsetzungen der Geldwäscherichtlinie gerun­gen. Ich möchte an dieser Stelle meinen Dank auch Kollegen Fuchs von der FPÖ aus­sprechen, der sich sehr dafür eingesetzt hat, dass wir hier zu einem gemeinsamen Vor­schlag gekommen sind. Das war eine sachliche Zusammenarbeit, und ich bedanke mich dafür. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Einen Nachsatz zu den vielen Kolleginnen und Kollegen aus dem Anwalts- und No­tariatsstand (Ruf bei der ÖVP: Da sind wir jetzt neugierig!): Dieses Argument, dass Wirt­schaftstreuhänder Vertretungsaufgaben nicht erfüllen können, weil die Ausbildung in diesem Bereich zu wenig dicht gewesen sei, nehme ich ja gerne auf, nur: Denen sei ins Stammbuch geschrieben, die so argumentieren: Dann setzen wir uns mit der Rechts­anwaltsordnung und mit der Notariatsordnung auseinander und schauen sie nach den­selben Kriterien durch, wo im Jusstudium, bei der praktischen Ausbildung und bei der Prüfung diese Bereiche ausreichend tief durchgenommen worden sind. (Abg. Stefan: Können wir uns gerne anschauen!) – Das können wir uns gerne anschauen.

Ich glaube, wir sollten vielleicht auch den anderen freien Berufen gegenüber ein biss­chen liberaler sein. Ich empfehle daher dringend, den Vertretern dieser Berufe ins Stamm­buch zu schreiben, dass sie der Wirklichkeit ein bisschen näher sein und nicht auf Son­derrechten beharren sollen. Es gibt einen sehr weiten Berechtigungsumfang, seien wir froh, dass der Anwaltstand das hat, diskutieren wir aber nicht, was davon in welcher Dichte Teil der Ausbildung war. Das wollte ich nur, sozusagen fürs Stammbuch, erwäh­nen und diskutiere es auch gerne. Ich halte es für gescheiter, wir schauen darauf, ein breites Angebot für die Wirtschaft und für die Mandanten zu haben. Ich bin froh, dass wir einen solchen guten Vorschlag auch im Konsens jetzt hier heute zur Beschlussfas­sung haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter MMag. DDr. Fuchs. – Bitte.

 


20.12.36

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Eingangs darf ich den Präsidenten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Mag. Klaus Hübner und auch den Kammeramts­direktor Dr. Gerald Klement recht herzlich im Hohen Haus begrüßen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich spreche zum Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017 und auch zum Bilanzbuchhal­tungsgesetz 2014. Art. 3 Z 4 lit. f der 4. Geldwäscherichtlinie definiert den Ausdruck der


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 278

kriminellen Tätigkeit. Diese Bestimmung sieht eine Wahlmöglichkeit hinsichtlich der De­finition der kriminellen Tätigkeit vor. Entweder orientiert man sich am Höchstausmaß der Strafe oder an der Mindeststrafe. Der Vergleich mit anderen Staaten wie zum Beispiel Deutschland oder auch der Schweiz zeigt, dass dort nicht alle Steuerdelikte pauschal um­fasst sind und dass nicht allein auf die Strafdrohung abgestellt wird.

Erfreulicherweise konnte heute in letzter Minute eine Einigung hinsichtlich der Definition der Geldwäschevortat in § 87 Abs. 2 Z 2 WTBG 2017 beziehungsweise § 43 Abs. 2 Z 2 Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014 erzielt werden, die sich an der deutschen Regelung orientiert. Ansonsten wären als Geldwäschevortat auch Straftaten erfasst gewesen, die überhaupt nichts mit den Zielen der Geldwäscherichtlinie, nämlich der Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zu tun gehabt hätten.

Der Steuerberater wäre nach der alten Definition der Geldwäschevortat gemäß § 96 WTBG2017 verpflichtet gewesen, der Geldwäschemeldestelle sämtliche Steuerdelikte zu melden. Hätte der Steuerberater keine Meldung erstattet, dann hätte er sich strafbar ge­macht. Diese Regelung hätte genauso für die Bilanzbuchhalter gemäß § 52a Bilanz­buchhaltungsgesetz 2014 gegolten. Der Steuerberater und der Bilanzbuchhalter wären zukünftig Hilfssheriffs der Finanzpolizei gewesen. Gott sei Dank konnte noch gemein­sam mit dem Justizministerium und dem Wirtschaftsministerium eine richtlinienkonforme Lösung gefunden werden.

Besonders freut es mich auch, dass wir der Kammer der Wirtschaftstreuhänder doch noch die Möglichkeit geben können, sich in Kammer der Steuerberater und Wirtschafts­prüfer, kurz KSW, umbenennen zu dürfen.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich beim Obmann des Wirtschaftsausschusses Pe­ter Haubner, aber auch beim Kollegen Matznetter und bei allen involvierten Personen für die konstruktive Zusammenarbeit beim Zustandekommen dieser beiden Gesetze recht herzlich bedanken. (Beifall bei Abgeordneten von FPÖ, SPÖ und ÖVP.)

Ich stelle daher folgenden Antrag:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Haubner, Dr. Matznetter, MMag. DDr. Fuchs, Kolleginnen und Kolle­gen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz über die Wirtschaftstreuhand­berufe (Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017 – WTBG 2017) (1669 d.B.), in der Fas­sung des Ausschussberichtes (1756 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die oben genannte Regierungsvorlage (1669 d.B.) in der Fassung des Ausschussbe­richtes (1756 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Im § 2 Abs. 2 Z 7 werden nach den Worten „von Treuhandaufgaben“ die Worte „und die Verwaltung von Vermögenschaften mit Ausnahme der Verwaltung von Gebäuden“ eingefügt.

2. Im § 2 Abs. 3 wird am Ende der Z 2 das Wort „und“ angefügt, die Z 3 entfällt und die bisherige Z 4 erhält die Bezeichnung „3.“.

3. Im § 3 Abs. 2 Z 9 werden nach den Worten „von Treuhandaufgaben“ die Worte „und die Verwaltung von Vermögenschaften mit Ausnahme der Verwaltung von Gebäuden“ eingefügt.

4. Im § 3 Abs. 3 wird am Ende der Z 1 der Beistrich durch das Wort „und“ und am Ende der Z 2 der Beistrich durch einen Punkt ersetzt und die Z 3 entfällt.

5. § 87 Abs. 2 Z 2 lautet:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 279

„2. „Kriminelle Tätigkeit“ jede Form der strafbaren Beteiligung an der Begehung der fol­genden Straftaten, unabhängig davon, ob hier Tatort gemäß § 67 Abs. 2 des Strafgesetz­buches (StBG) BGBl. Nr. 60/1974, innerhalb oder außerhalb Österreichs liegt:

a) Urkundenfälschung gemäß § 223 StGB mit dem Ziel, eine terroristische Straftat ge­mäß § 278c StGB zu begehen oder sich an einer terroristischen Vereinigung gemäß § 278b Abs. 2 StGB zu beteiligen.

b) gerichtlich strafbare Handlungen nach den §§ 27 oder 30 des Suchtmittelgesetzes (SMG), BGBl I Nr. 112/1997 und

c) alle Straftaten, die mit Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr belegt werden kön­nen, jedoch in die Zuständigkeit der Gerichte fallende Finanzvergehen im Zusammen­hang mit direkten und indirekten Steuern nach österreichischem Recht nur nach Maß­gabe, dass eine solche Freiheitsstrafe nach den §§ 33, 35 und 37 FinStrG im Fall der gewerbsmäßigen Tatbegehung oder bei Begehung als Mitglied einer Bande oder unter Gewaltanwendung (§§ 38 und 38a FinStrG) verhängt werden kann, sowie Finanzver­gehen nach § 39 FinStrG.“

6. Dem § 151 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist berechtigt, die Bezeichnung „Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (KSW)“ zu führen.“

*****

Ich bringe einen weiteren Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Haubner, Dr. Matznetter, MMag. DDr. Fuchs, Kolleginnen und Kolle­gen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bilanzbuchhal­tungsgesetz 2014 geändert wird (1668 d.B.), in der Fassung des Ausschussberichtes (1758 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die oben genannte Regierungsvorlage (1668 d.B.) in der Fassung des Ausschussbe­richtes (1758 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. § 43 Abs. 2 Z 2 lautet:

„2. „Kriminelle Tätigkeit“ jede Form der strafbaren Beteiligung an der Begehung der fol­genden Straftaten, unabhängig davon, ob ihr Tatort gemäß § 67 Abs. 2 des Strafge­setzbuches (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 innerhalb oder außerhalb Österreichs liegt:

a) Urkundenfälschung gemäß § 223 StGB mit dem Ziel, eine terroristische Straftat ge­mäß § 278c StGB zu begehen oder sich an einer terroristischen Vereinigung gemäß § 278b Abs. 2 StGB zu beteiligen,

b) gerichtlich strafbare Handlungen nach den §§ 27 oder 30 des Suchtmittelgesetzes (SMG), BGBl I, Nr. 112/1997 und

c) alle Straftaten, die mit Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr belegt werden kön­nen, jedoch in die Zuständigkeit der Gerichte fallende Finanzvergehen im Zusammen­hang mit direkten und indirekten Steuern nach österreichischem Recht nur nach der Maßgabe, dass eine solche Freiheitsstrafe nach den §§ 33, 35 und 37 FinStrG im Fall der gewerbsmäßigen Tatbegehung oder bei Begehung als Mitglied einer Bande oder unter Gewaltanwendung (§§ 38 und 38a FinStrG) verhängt werden kann, sowie Finanz­vergehen nach § 39 FinStrG.“


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 280

2. Im § 52e Abs. 2 werden die Worte „Kammer der Wirtschaftstreuhänder“ durch das Wort „Behörde“ ersetzt.

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

20.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Die Abänderungsanträge sind ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und stehen somit auch in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Christoph Matznetter, MMag. DDr. Hubert Fuchs, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz über die Wirtschaftstreuhandbe­rufe (Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017 – WTBG 2017) (1669 d.B.), in der Fassung des Ausschussberichtes (1756 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die oben genannte Regierungsvorlage (1669 d.B.) in der Fassung des Ausschussbe­richtes (1756 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Im § 2 Abs. 2 Z 7 werden nach den Worten „von Treuhandaufgaben“ die Worte „und die Verwaltung von Vermögenschaften mit Ausnahme der Verwaltung von Gebäuden“ eingefügt.

2. Im § 2 Abs. 3 wird am Ende der Z 2 das Wort „und“ angefügt, die Z 3 entfällt und die bisherige Z 4 erhält die Bezeichnung „3.“.

3. Im § 3 Abs. 2 Z 9 werden nach den Worten „von Treuhandaufgaben“ die Worte „und die Verwaltung von Vermögenschaften mit Ausnahme der Verwaltung von Gebäuden“ eingefügt.

4. Im § 3 Abs. 3 wird am Ende der Z 1 der Beistrich durch das Wort „und“ und am Ende der Z 2 der Beistrich durch einen Punkt ersetzt und die Z 3 entfällt.

5. § 87 Abs. 2 Z 2 lautet:

„2. „Kriminelle Tätigkeit“ jede Form der strafbaren Beteiligung an der Begehung der fol­genden Straftaten, unabhängig davon, ob hier Tatort gemäß § 67 Abs. 2 des Strafge­setzbuches (StGB) BGBl. Nr. 60/1974, innerhalb oder außerhalb Österreichs liegt:

a) Urkundenfälschung gemäß § 223 StGB mit dem Ziel, eine terroristische Straftat ge­mäß § 278c StGB zu begehen oder sich an einer terroristischen Vereinigung gemäß § 278b Abs. 2 StGB zu beteiligen.

b) gerichtlich strafbare Handlungen nach den §§ 27 oder 30 des Suchtmittelgesetzes (SMG), BGBl I Nr. 112/1997 und

c) alle Straftaten, die mit Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr belegt werden kön­nen, jedoch in die Zuständigkeit der Gerichte fallende Finanzvergehen im Zusammen­hang mit direkten und indirekten Steuern nach österreichischem Recht nur nach Maß­gabe, dass eine solche Freiheitsstrafe nach den §§ 33, 35 und 37 FinStrG im Fall der gewerbsmäßigen Tatbegehung oder bei Begehung als Mitglied einer Bande oder unter Gewaltanwendung (§§ 38 und 38a FinStrG) verhängt werden kann, sowie Finanzver­gehen nach § 39 FinStrG.“


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 281

6. Dem § 151 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist berechtigt, die Bezeichnung „Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (KSW)“ zu führen.“

Begründung:

Durch die Änderungen des § 2 Abs. 2 und 3 und des § 3 Abs. 2 und 3 wird ein re­daktionelles Versehen bereinigt.

Durch die Änderung des § 87 Abs. 2 Z 2 wird die Umsetzung der 4. Geldwäsche-RL in Österreich gewährleistet.

Durch § 151 Abs. 4 erhält die Kammer der Wirtschaftstreuhänder die Möglichkeit, sich neben ihrer weiterhin bestehenden gesetzlichen Bezeichnung als „Kammer der Steuer­berater und Wirtschaftsprüfer“ (oder mit der Kurzform „KSW“) zu bezeichnen. Der mitt­lerweile historische Begriff „Wirtschaftstreuhänder“ ist insbesondere im europäischen/
internationalen Kontext ungebräuchlich und erläuterungsbedürftig. Durch die nunmehri­ge Möglichkeit der Bezeichnung werden die Berufsgruppen unmittelbar mehr in den Vor­dergrund der Interessenvertretung gestellt. Vor allem im Lichte der Neuordnung der Be­rufsgruppen ist die Bezeichnung als „Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer“ transparenter ohne dadurch die traditionelle gemeinsame Interessenvertretung der Be­rufsgruppen zu schmälern.

*****

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Christoph Matznetter, MMag. DDr. Hubert Fuchs, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bilanzbuchhaltungs­gesetz 2014 geändert wird (1668 d.B.), in der Fassung des Ausschussberichtes (1758 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die oben genannte Regierungsvorlage (1668 d.B.) in der Fassung des Ausschussbe­richtes (1758 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. § 43 Abs. 2 Z 2 lautet:

„2. „Kriminelle Tätigkeit“ jede Form der strafbaren Beteiligung an der Begehung der fol­genden Straftaten, unabhängig davon, ob ihr Tatort gemäß § 67 Abs. 2 des Strafge­setzbuches (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 innerhalb oder außerhalb Österreichs liegt:

a) Urkundenfälschung gemäß § 223 StGB mit dem Ziel, eine terroristische Straftat ge­mäß § 278c StGB zu begehen oder sich an einer terroristischen Vereinigung gemäß § 278b Abs. 2 StGB zu beteiligen,

b) gerichtlich strafbare Handlungen nach den §§ 27 oder 30 des Suchtmittelgesetzes (SMG), BGBl I, Nr. 112/1997 und

c) alle Straftaten, die mit Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr belegt werden kön­nen, jedoch in die Zuständigkeit der Gerichte fallende Finanzvergehen im Zusammen­hang mit direkten und indirekten Steuern nach österreichischem Recht nur nach der Maßgabe, dass eine solche Freiheitsstrafe nach den §§ 33, 35 und 37 FinStrG im Fall der gewerbsmäßigen Tatbegehung oder bei Begehung als Mitglied einer Bande oder unter Gewaltanwendung (§§ 38 und 38a FinStrG) verhängt werden kann, sowie Fi­nanzvergehen nach § 39 FinStrG.“


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 282

2. Im § 52e Abs. 2 werden die Worte „Kammer der Wirtschaftstreuhänder“ durch das Wort „Behörde“ ersetzt.

Begründung:

Durch die Änderungen des § 43 Abs. 2 Z 2 wird die Umsetzung der 4. Geldwäsche-RL in Österreich gewährleistet.

Durch die Änderung des § 52e Abs. 2 wird ein redaktionelles Versehen bereinigt.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte.

 


20.21.06

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Herr Präsident! Herr Minister! Mei­ne Vorrednerinnen und Vorredner haben die zur Debatte stehenden Themen bereits an­gesprochen. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße den Präsidenten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder auf der Besuchergalerie und die Zuschauer vor den Fernsehgeräten! Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben bereits die vorliegenden Thematiken angesprochen: Bilanzbuchhaltungsgesetz, Anpassung der Geldwäschericht­linie. Ich erlaube mir in aller Kürze, weil das vielleicht so gut zum Spannungsfeld passt, in dem sich die Politik mit der Realität überschneidet beziehungsweise manchmal dem Wähler und der Wählerin suggeriert wird, dass alles strengstens kontrolliert wird und man sich voll darauf verlassen kann, noch auf die Anpassung des Genossenschaftsre­visionsgesetzes einzugehen.

Ich habe bereits gestern im Zuge der CETA- und TTIP-Debatte darauf hingewiesen, dass da manches Mal das Mäntelchen dieser so wertvollen Einrichtung missbraucht wird. Die Genossenschaften wurden bereits vor über 100 Jahren gegründet und jetzt so­gar in den Status des Weltkulturerbes erhoben. Man sagt: In Zeiten der Digitalisierung und Globalisierung und der Wanderbewegungen haben Eigenverantwortung, Zusam­menhalt und regionale Wertschöpfung eine besonders hohe Bedeutung. Worüber ha­ben wir jetzt die ganze Zeit diskutiert? – Über den ländlichen Raum, die Erhaltung des ländlichen Raumes. Die Wirtschaftsmaßnahmen und Gesetze, die wir diskutieren, ha­ben natürlich auch Auswirkungen. Wir sollten uns jedoch zunächst auf die groben Din­ge konzentrieren.

Wenn mit Bauerngeld Anlagen an internationalen Gewässern errichtet werden, dann wissen wir, was der Gedanke dahinter ist. Vielleicht passt es ja gut, dass das Genos­senschaftsgesetz in einem Block mit dem Geldwäschegesetz behandelt wird. Wenn also Anlagen mit österreichischem Prädikat, die größten Getreidesilos Österreichs er­richtet und mit Umweltminister, Landwirtschaftsminister und prominenten Ehrengästen eröffnet werden, Kolleginnen und Kollegen, dann wird uns vielleicht auch das Umwelt­thema bewusster, dann werden uns die regionalen Themen, die regionalen Arbeitsplät­ze, die regionale Ernährung bewusster. Es ist kein einziges Korn Österreich drinnen, es werden aber österreichische Produkte erzeugt. Auch in diesem Bereich hätten wir wie im Tourismus eine Riesenmöglichkeit, uns als Vorreiter für österreichische Qualitätspro­dukte mit äußerst großer Wirksamkeit für die österreichische Wirtschaft, als Musterland, als Vorzeigeland zu positionieren. Auch diese Chance sollten wir nützen. – Danke. (Bei­fall beim Team Stronach.)

20.23

20.23.55

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 283

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 40: Entwurf betreffend Wirt­schaftstreuhandberufsgesetz 2017 in 1756 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Haubner, Dr. Matznetter, MMag. DDr. Fuchs, Kollegin­nen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse daher zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Tei­le und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwur­fes abstimmen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zu­nächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung er­forderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordne­ten fest.

Die Abgeordneten Haubner, Dr. Matznetter, MMag. DDr. Fuchs, Kolleginnen und Kolle­gen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 2, § 3, § 87 und § 151 eingebracht.

Wer hierfür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richts.

Ich bitte jene Dame und Herren, die dem Ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mehrheit­lich angenommen.

Auch da stelle ich ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 41: Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem das Genossenschaftsrevisionsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1757 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstim­mig.

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 42: Entwurf be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014 geändert wird, in 1668 der Beilagen.


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Hiezu haben die Abgeordneten Haubner, Dr. Matznetter, MMag. DDr. Fuchs, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht. Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich erneut im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderli­che Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Die Abgeordneten Haubner, Dr. Matznetter, MMag. DDr. Fuchs, Kolleginnen und Kolle­gen haben einen Abänderungstrag betreffend Z 14 § 43 sowie § 52e eingebracht.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich an­genommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbe­zügliches Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich an­genommen.

Auch da stelle ich ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

20.28.1743. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorla­ge (1519 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz 2012, das Elektrizi­tätswirtschafts- und ‑organisationsgesetz 2010, das Gaswirtschaftsgesetz 2011, das KWK-Punkte-Gesetz und das Energie-Control-Gesetz geändert werden sowie das Bundesgesetz, mit dem zusätzliche Mittel aus von der Energie-Control Aus­tria verwaltetem Sondervermögen bereitgestellt werden, erlassen wird (1527 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen jetzt zum ergänzten Punkt 43 der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr MMMag. Dr. Kassegger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


20.28.51

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Es geht um das Ökostromgesetz beziehungsweise, umgangssprachlich, um die klei­ne Ökostromnovelle, die sämtliche Parlamentsparteien seit Monaten beschäftigt. Ich muss sagen, seitens der Freiheitlichen sind wir da nur am Rande in die Verhandlungen mit­einbezogen worden. Wir sind zwar informiert worden, waren aber nicht – wie soll ich sa­gen? – direkt in die Verhandlungen eingebunden.

Warum sage ich das? – Weil wir den Abänderungsantrag – und das wird Kollegin Brun­ner so wie vielen Vertretern von Oppositionsparteien bekannt vorkommen – erst vor ein­einhalb Stunden bekommen haben. (Abg. Brunner: Ich habe Sie vorher informiert!) – Vor-


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ab waren einige Informationen durchaus schon da, aber letztlich habe ich den Abände­rungsantrag vor eineinhalb Stunden bekommen. Wir sind jetzt auch einmal als contra ge­meldet, was diesen Tagesordnungspunkt betrifft. Ich muss aber sagen, dem Grunde nach werden wir wahrscheinlich zu pro tendieren, und ich möchte das auch erläutern.

Für uns ist Energiepolitik immer in einer Balance, in einem ausgewogenen Dreiecksver­hältnis zwischen erneuerbarer Energie, Energiewende auf der einen Seite und Leistbar­keit, also der preislichen Situation, auf der anderen Seite zu sehen, und zum Dritten spielt natürlich auch die Versorgungssicherheit beziehungsweise Netzsicherheit eine Rol-
le. Diese drei Parameter sind im Rahmen einer vernünftigen Energiepolitik immer zu be­rücksichtigen.

Bei der kleinen Ökostromnovelle war für uns, diese drei Parameter berücksichtigend, wichtig, dass es zu keinen Mehrkosten für die Endkunden kommt. Eines ist klar: Das Ökostromregime wird von den Endkunden letztlich über die entsprechende Umlage be­zahlt. Wer sind die Endkunden? – Das sind die Haushalte, das sind aber natürlich auch kleine und mittelständische Unternehmen und das ist auch die Industrie, wobei unge­fähr 65 Prozent von den Haushalten und den kleinen und mittelständischen Unterneh­men bezahlt werden. Wir haben schon viel über Standortpolitik, über Preispolitik, über leistbare Preise et cetera gehört. Das war ein Kriterium für uns.

Wenn wir über die kleine Ökostromnovelle sprechen, hängt das natürlich damit zusam­men, wie viel an Förderungen in den nächsten Jahren anfällt. Da haben wir, muss ich ganz ehrlich sagen, keine validen Daten bekommen. Das heißt, unsere Entscheidungs­grundlage ist da ein bisschen im Nebel.

Worum geht es konkret? – Die vier großen Bereiche der erneuerbaren Energie sind Bio­gas, Wind, Photovoltaik und Wasser. Nach unserem Informationsstand: Die Förderung von Biogas war ja bekannt. Da ist für uns jetzt eine Verbesserung drinnen, da der Effi­zienzgrad gesteigert wurde und der Maximalanteil an Lebensmitteln, die verbrannt wer­den, definiert wurde. Auch das Fördervolumen war bekannt: Es beträgt ungefähr 160, 162 Millionen €, natürlich über die nächsten Jahre verteilt. Wind wird stark gefördert, 45 Millionen € mal 13, da reden wir also von 600 Millionen €. Bei der Photovoltaik ist für mich die klare Richtung Investitionsförderung, Technologieförderung eine Verbes­serung. Und auch die Wasserkraft – da gibt es einen Rückstau, das wissen wir – ist ent­sprechend berücksichtigt worden.

Für uns war wichtig, dass – und damit bin ich bei der dritten Seite des Dreiecks, der Ver­sorgungssicherheit, Netzsicherheit – parallel zum Ausbau der erneuerbaren Energien idealerweise auch der Ausbau der entsprechenden Infrastruktur erfolgen muss. Maß­nahmen, Gesetze und Regelungen, die diesen Ausbau der Infrastruktur über Gebühr erschweren, sind eine große Gefahr – siehe zum Beispiel Deutschland! – für den Erfolg des Umstiegs auf erneuerbare Energien. Da sind so Ideen wie strategische Umweltver­träglichkeitsprüfung, Verschärfung der Wasserrechtsrichtlinie, Verschärfung beziehungs­weise Wegfall der Ausnahmen vom Tisch, und das ist gut so.

Es sind natürlich auch ein paar Dinge drinnen, die in Wirklichkeit nichts mit Ökostrom zu tun haben. Wir wissen das alle: Da ist halt der Koalitionspartner ganz offensichtlich auch beruhigt worden, Stichwort KWK-Förderungen und Zählpunktzusammenfassung, also liebe Grüße an die Wien Energie. Politik ist halt auch immer eine Frage von Kom­promissen.

Für uns Freiheitliche ist das als Gesamtpaket durchaus tragbar, weswegen wir, abwei­chend von unserer Meldung als Contra-Redner, dieser kleinen Ökostromnovelle auch zu­stimmen werden.

Trotzdem möchte ich noch sagen, dass wir in der nächsten Gesetzgebungsperiode die große Ökostromnovelle oder noch besser ein Erneuerbare-Energie-Gesetz machen müs-


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sen, das aus den Fehlern der Zeit des Ökostromregimes seit 2003 lernt. Insbesondere müssen wir ein marktkonformeres Verhalten der Anbieter sicherstellen. Ich glaube nicht, dass das weiter so gemacht werden kann, dass völlig marktunabhängig Fixtarife – die, das muss man auch sagen, zum Beispiel bei Wind mit 15 Cent das Fünffache des Markt­preises betragen – garantiert werden. Dass das Regime so weitergeführt wird, werden wir nicht unterstützen.

Es geht also eher weg von direkten Subventionen hin zu steuerlichen Begünstigungen und indirekten Subventionen wie etwa weniger Umsatzsteuer et cetera. Eine klare Richt­linie: Fossiler Ressourcenverbrauch sollte steuerlich anders behandelt werden als er­neuerbare Energie – das nur als kleiner Ausblick auf die große Ökostromnovelle in der nächsten Gesetzgebungsperiode.

Wie bereits gesagt: Im Rahmen einer Gesamtbeurteilung werden wir diesem Gesetz zu­stimmen können. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Brunner.)

20.35


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Mag. Let­tenbichler. – Bitte.

 


20.35.25

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es heute ja schon mehrfach gehört, aber ich will es wiederholen: Heute ist ein guter Tag, ein guter Tag für Österreich, aber vor allem ein guter Tag für die erneuerbaren Energien. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin froh, dass es nach wochenlangen, monatelangen teilweise sehr intensiven Ge­sprächen heute zu dieser Beschlussfassung kommt, dass es einen ausgewogenen Kom­promiss gibt. Ich möchte mich dafür auch ausdrücklich bei jenen Oppositionsparteien bedanken, die aufgrund der ständig laufenden Verhandlungen in den vergangenen Ta­gen nicht so intensiv eingebunden wurden. Die Verhandlungen haben bis gestern in die Nacht hinein gedauert, die Ausformulierung der Ergebnisse hat heute erst vor einein­halb Stunden ihren Abschluss gefunden. Dass die Unterlagen so spät übermittelt worden sind, ist eine Folge davon, aber keinerlei böse Absicht. Herzlichen Dank dafür, dass trotz­dem mitgegangen wird. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Brunner.)

Ich darf mich bei meinen Verhandlungspartnern bedanken. Eine Zweidrittelmehrheit zu finden, ist nicht einfach, vor allem im Energiebereich nicht, weil da natürlich die unter­schiedlichsten Interessen aufeinandertreffen – nicht -prallen, sondern -treffen. Am En­de sieht man, dass wir alle nicht einfach nur ein Herz, sondern sogar ein großes Herz für die erneuerbaren Energien haben. Umso dankbarer bin ich meinen Kolleginnen und Kollegen, allen voran Christiane Brunner und Wolfgang Katzian, für die stets harten, aber konstruktiven Verhandlungen.

Ich darf mich auch bei Minister Mahrer für seine persönliche Unterstützung, aber auch bei seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken. Aus Kabinett und Ministerium möchte ich Sektionschef Losch, Kollegen Ennser, aber vor allem auch Kollegen Wi­decki namentlich erwähnen. Vergessen will ich aber auch nicht, dass Minister a. D. Mit­terlehner dieses Gesetz maßgeblich verhandelt hat, es in Form einer Regierungsvor­lage auf die Reise geschickt hat und die wesentlichen Eckpunkte, wie gesagt, ausver­handelt hat. Ihm sollten wir heute auch einen Applaus dafür spenden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die wesentlichen Eckpunkte sind teilweise schon erwähnt worden und werden dann auch noch im Abänderungsantrag, den Frau Kollegin Brunner einbringen wird, darge­stellt. Uns war es wichtig, dass wir ein ausgewogenes Paket schaffen, dass wir gerade


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in der jetzigen Zeit – und wir wissen, es hat auf dem Energiemarkt massive Verwer­fungen gegeben – der Branche helfen, wichtige Impulse zu setzen, damit der erfolgrei­che Weg, den wir in den vergangenen Jahren im Bereich der erneuerbaren Energie ein­geschlagen haben, nicht nur beibehalten, sondern massiv fortgesetzt und ausgebaut wer­den kann.

Ich darf daran erinnern, dass wir bereits jetzt knapp 80 Prozent unseres österreichi­schen Stroms aus erneuerbarer Energie erzeugen. Bei diesem Paket, das immerhin ein Gesamtvolumen von 836 Millionen € an frischem Geld beinhaltet, also keinen un­wesentlichen Betrag, handelt es sich ja, wie bereits erwähnt wurde, um eine kleine Öko­stromnovelle. Die große soll wohl in der neuen Gesetzgebungsperiode folgen. Ich glau­be, wir haben eine mittelgroße Ökostromnovelle vorliegen, und wir haben damit Gro­ßes geschaffen.

Die eingesetzten Beträge wurden schon erwähnt. Wir haben aber auch Verwaltungs­vereinfachungen durchgeführt, womit wir vor allem im Bereich Photovoltaik eine Inves­titionsfreudigkeit auslösen werden, die uns noch alle überraschen wird. Wir hören das aus der Branche selbst, und es gibt auch frisches Geld, das wir in der Investitionsför­derung einsetzen, also nicht im Bereich Nachfolgetarife. Das ist vielleicht schon ein Vor­griff auf die große Ökostromnovelle.

Kollege Kassegger hat ja erwähnt, dass wir in Zukunft eher weg von den Nachfolge­tarifen wollen, und stattdessen Investmentförderung geben wollen. Uns war auch wich­tig, dass wir im Bereich der KMUs 5 Millionen € für die Energieeffizienzberatung aus­schließlich für KMUs umschichten konnten.

Das ist natürlich auch ein großes Thema in diesem Dreieck, das im Energiebereich im­mer dargestellt wird. Ich glaube, dass wir dieses Geld, das wir da investieren, das die Stromkunden zahlen, sehr gut eingesetzt haben, auch im Hinblick auf das Pariser Kli­maschutzabkommen und auf die zugegebenermaßen sehr ambitionierten Energieeffi­zienzziele der Europäischen Union. Abschließend will ich sagen, dass Ökologie und Wirtschaft einmal mehr keinen Widerspruch darstellen, sondern dass wir da Hand in Hand gegangen sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich freue mich, dass dieses Gesetz im Sinne der Umwelt, im Sinne der erneuerbaren Energie zustande gekommen ist. Mein Kollege Schultes wird auch noch Punkte erwäh­nen, die nicht nur für ihn sehr wesentlich sind, sondern für die gesamte ÖVP. Ich glau­be, Sie sehen, die erneuerbare Energie hat in der ÖVP einen verlässlichen Partner, und so wird es auch in Zukunft bleiben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Brunner.)

20.41


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Katzian zu Wort. – Bitte schön.

 


20.41.24

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich den Danksagungen meiner Vorredner anschlie­ßen. Es waren spannende und teilweise heftige Situationen, die wir seit der Behand­lung der Vorlage im Wirtschaftsausschuss in verschiedensten Runden, an verschie­densten Plätzen, in unterschiedlichen Situationen hatten. Es waren harte Verhandlun­gen, aber ich bin sehr froh, dass wir zu einem gemeinsamen Ergebnis gekommen sind, und auch sehr stolz, dass wir wieder einmal einen Meilenstein gesetzt haben, was den Ökostrom und was die Weiterentwicklung der Energiepolitik in Österreich in die richtige Richtung betrifft.

Wir, die Sozialdemokratie, haben uns bei diesen Gesprächen schon im Vorfeld und dann auch in den Verhandlungen natürlich von den energiepolitischen Leitgedanken von Chris-


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tian Kerns Plan A leiten lassen, nämlich in Richtung maximale Fördereffizienz, mehr Öko­strom aus den effizientesten Technologien, mehr direkte Investitionen in die heimische Realwirtschaft, und daraus abgeleitet auch mehr Arbeitsplätze und vor allem auch Ver­sorgungssicherheit.

So ist, wenn man über die ganze Palette schaut, aus der sogenannten kleinen Öko­stromnovelle doch ein ganz ordentlich großes Paket geworden. Zahlen wurden ja schon genannt. Da gibt es 660 Millionen € an zusätzlichen Fördergeldern, die entsprechend massive Investitionen in den Ökostromausbau auslösen werden, andererseits Geset­zesinitiativen, die über den reinen Ökostromausbau hinausgehen, die aber insbeson­dere für die Versorgungssicherheit wichtig sind – auch unter dem Aspekt der bevorste­henden Trennung der Preiszone mit Deutschland –, die auch Investitionen ins Wärme- und Kältenetz auslösen werden, und auch noch Maßnahmen, die EU-Vertragsverlet­zungsverfahren abwehren.

Ich würde sehr viel Zeit brauchen, um all die Punkte, die da beinhaltet sind und die wir auch im Detail besprochen haben, jetzt in einer vierminütigen Rede zu präsentieren; das ist nicht möglich. Ich glaube, wir haben sichergestellt, dass es mehr Ökostrom gibt, wir haben sichergestellt, dass mehr Investitionen da sind und mindestens 10 000 Ar­beitsplätze aus diesen zusätzlichen Investitionen generiert werden. Wir haben ein intel­ligentes Ökostromfördersystem gemacht, und wir haben mehr Versorgungssicherheit durch Investitionen in zentrale Infrastrukturprojekte und eine langfristige Sicherung der Kraftwerksreserve.

Ich halte auch das für wichtig und habe mehrmals hier im Hohen Haus dazu Stellung genommen und gesagt, dass wir sicherstellen müssen, dass wir, auch wenn wir eine Situation haben wie beispielsweise im Jänner dieses Jahres – als es windstill war, kei­ne Sonne geschienen hat und alles zugefroren war –, in der Lage sind, eigene Aktivi­täten zu setzen und nicht aufs Ausland und auf Stromimporte angewiesen sind, indem auch notwendige Kraftwerkskapazitäten vorgehalten werden.

Es ist dies insgesamt ein tolles Paket. Insgesamt kann ich sagen: Der Einsatz, die Stun­den und Nächte haben sich gelohnt. Ich glaube, das ist eine gute Grundlage und ein guter Start für die große Novelle. Ich halte sehr viel davon, dass wir jetzt viel darüber reden, uns im Wahlkampf ordentlich zu diesem Thema engagieren und uns nach der Nationalratswahl zusammensetzen, in welcher Konstellation auch immer, und eine ge­scheite große Novelle machen. In diesem Sinn: Danke noch einmal an alle! (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Brunner.)

20.45


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Brunner zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


20.45.16

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Energieminis­ter! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Es wur­de schon viel gedankt. Auch ich möchte mir die Zeit nehmen, zu danken, denn ich glau­be, heute ist es angemessen.

Ich möchte zuerst zwei Personen danken, die heute nicht da sind, die aber auch einen Beitrag geleistet haben: Das ist zum einen meine frühere Klubobfrau Eva Glawisch­nig. – Danke, Eva, noch einmal für deinen Beitrag zu diesem Ökostromgesetz! (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte mich auch beim früheren Vizekanzler und Energieminister Reinhold Mitter­lehner bedanken. Es ist schon angesprochen worden: Er hat diese Ökostromnovelle dem Parlament zugewiesen. Wir konnten mit ihm auch schon in der letzten Wirtschafts-


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ausschusssitzung, an der er teilgenommen hat, einige Eckpunkte klären und Verbesse­rungen in die Wege leiten. Herr Mitterlehner, wenn Sie uns zuhören (Heiterkeit der Abg. Lichtenecker), kann ich Ihnen jetzt auch einen schönen Sommer wünschen, denn jetzt haben wir das Ökostromgesetz geschafft! (Beifall bei Grünen und ÖVP und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Ich bedanke mich auch bei Ihnen, Herr Minister Mahrer – Sie sind da jetzt kurzfristig eingestiegen –, vor allem aber auch bei Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ka­binett und in der Sektion für die sehr konstruktive, respektvolle Zusammenarbeit und ge­rade auch für das ordentliche Tempo in den letzten Stunden. Vielen Dank auch an die Vertreter des Bundeskanzleramtes! Vielen Dank für die Beiträge! (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

Bedanken möchte ich mich auch bei meinen beiden Gegenüber, Kollegen Katzian und Kollegen Lettenbichler, jeweils mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Klubs. Es waren harte Verhandlungen. Ich glaube, wir haben uns nichts geschenkt, aber wie­der einmal haben wir bewiesen: Wenn wir gemeinsam wollen, kann man auch etwas zustande bringen. Vielen Dank für die sachliche Kooperation und die Arbeit! (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

Bedanken möchte ich mich auch bei meinem neuen Klubobmann, der jetzt gerade bei einer Diskussion ist, und bei meinem Klub für das Teamwork, besonders aber bei der zweiten Hälfte des grünen Frauenpowerteams in der Energiewende: Ein ganz großes Dankeschön, Judith Neyer! Dir gilt mein großer Respekt für deinen großen Anteil an die­sem Gesetz. – Danke. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

Bedanken möchte ich mich auch bei vielen, vielen Menschen außerhalb des Parla­ments, erstens bei allen Anlagenbetreibern. Vielen Dank fürs Durchhalten! Ich weiß, es war keine einfache Situation für Sie, aber ich glaube, die Zeit, die wir uns für die harten Verhandlungen genommen haben, hat sich auch für Sie gelohnt und ausgezahlt. Ich be­danke mich bei allen Menschen in unterschiedlichsten Organisationen, die sich für die­ses Gesetz eingesetzt haben, auch bei allen über 11 000 Menschen, die in kürzester Zeit eine Petition für dieses Ökostromgesetz unterschrieben haben. Sie alle haben ei­nen Anteil daran, dass wir dieses Gesetz heute beschließen können. Vielen Dank, und ich hoffe, Sie bleiben dran, denn wir werden Sie auch weiter brauchen.

Jetzt spanne ich Sie nicht weiter auf die Folter. Habemus Ökostromgesetz, das ist es!

Ich bringe noch einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Lettenbichler, Kat­zian, Mag. Brunner, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage 1519 der Beilagen ein.

Einiges ist ja schon angesprochen worden: Es gibt einen substanziellen Abbau der War­teschlange bei Wind, auch bei der Kleinwasserkraft. Wir haben zusätzliche Mittel in die Photovoltaik gegeben. Photovoltaikanlagen auf Mehrfamilienhäusern werden möglich sein, und Biogasanlagen werden auch weiter existieren, mit ökologischen Kriterien, das war uns auch besonders wichtig.

Alles in allem ist es ein gutes Paket. Natürlich ist es nicht genug, aber ich bin sehr froh, dass wir mit diesem Paket in den nächsten ein, zwei Jahren der Ökoenergiebranche in Österreich einen stabilen Rahmen bieten können. In dieser Zeit müssen wir es dann schaffen, ein neues Gesetz auf die Beine zu stellen.

Gut, dass es jetzt einen stabilen Rahmen für die Energiewende in Österreich gibt, und wie Kollege Katzian schon gesagt hat: Die nächste Bundesregierung, der nächste Na­tionalrat muss als Erstes dieses neue Ökostromgesetz angehen. (Beifall bei den Grü­nen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Es ist schon gesagt worden, dass das Ganze als kleine Ökostromnovelle begonnen hat. Ich bin stolz darauf, dass wir Grüne daraus eine Klimaschutzmaßnahme gemacht


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haben. Es ist die erste Klimaschutzmaßnahme seit Jahren, die in diesem Haus beschlos­sen wird, seit dem Klimavertrag von Paris vor allem. Ich hoffe, dass es auch nur der ers­te Schritt bleibt, und dass wir diese Dynamik – wir sehen ja, dass wir auch gemeinsam können – fortsetzen und ein bisschen mehr Schwung in die Energiepolitik bringen.

Es ist uns gelungen, Ökostrom auszubauen, Hunderte Arbeitsplätze zu schaffen, eine halbe Milliarde Euro an Investitionen wird ausgelöst, ohne dass Haushalte, Unterneh­men auch nur einen Cent mehr dafür bezahlen müssen. Ich finde, das ist ein echt tolles Paket. Kollege Lettenbichler hat gesagt, dass Vertreter sehr unterschiedlicher Interes­sen etwas für die Umwelt, für die Haushalte und auch für die Unternehmen tun und wie gut das zusammen geht. Bitte merken Sie sich das! Wir können noch viel mehr solche Gesetze beitragen!

Es braucht auch viel mehr, das ist klar. Ich verspreche, dass ich persönlich und wir Grüne mindestens genauso hart, wie wir für dieses Gesetz gekämpft haben, für die Um­setzung des Klimavertrags von Paris, für die Energiewende weiterkämpfen werden. Ein bisserl schneller als bei diesem Gesetz könnten wir vielleicht werden und ein bisserl um­fassender könnten wir es auch angehen. Ich glaube, wenn wir das tun, dann können wir Österreich in der Energiewende wieder vorne an die Spitze der internationalen Um­weltbewegung bringen – das ist dort, wo Österreich hingehört. Dafür werden wir ganz sicher weiterkämpfen. Ich hoffe, Sie alle machen mit. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grü­nen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

20.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, ord­nungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Josef Lettenbichler, Wolfgang Katzian, Mag. Christiane Brun­ner Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage 1519 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz 2012, das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010, das Gaswirtschaftsgesetz 2011, das KWK-Punkte-Gesetz und das Energie-Control-Gesetz geändert werden, sowie das Bundesgesetz, mit dem zusätzliche Mittel aus von der Ener­gie-Control Austria verwalteten Sondervermögen bereit gestellt werden, erlassen wird, in der Fassung des Ausschussberichtes (1527 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die oben erwähnte Vorlage wird wie folgt geändert:

1. Nach Art. 1 Z 8 werden folgende Z 8a und Z 8b eingefügt:

„Z 8a. Im Inhaltsverzeichnis wird nach dem Eintrag zu § 23 folgender Eintrag eingefügt: „§ 23a. Zusätzliche Mittel“.“

„Z 8b. Im Inhaltsverzeichnis wird nach dem Eintrag zu § 27 folgender Eintrag eingefügt: „§ 27a. Investitionszuschüsse für Photovoltaikanlagen und Stromspeicher“.“

2. Nach Art. 1 Z 14 wird folgende Z 14a eingefügt:

„14a. § 5 Abs. 1 Z 10 lautet:

„10. „Eigenversorgungsanteil“ der Anteil der Engpassleistung einer Anlage, für den kei­ne Tarifförderung gemäß § 12 oder § 17 beantragt wird.“

3. Nach Art. 1 Z 28 wird folgende Z 28a eingefügt:

„28a. § 8 Abs. 2 lautet letzter Satz sowie der folgende Satz wird angefügt:


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„Der Landeshauptmann hat diese Nachweise zu prüfen und bei Vorliegen der gesetz­lichen Erfordernisse der E-Control und der Ökostromabwicklungsstelle, die erforderli­chenfalls die Vergütung der betroffenen Anlage anzupassen hat (§ 18 Abs. 2), umge­hend mit einer Bestätigung der Richtigkeit zu übermitteln. Darüber hinaus hat der Lan­deshauptmann im Fall der Anerkennung der Anlage die Konzepte über die Rohstoffver­sorgung gemäß Abs. 1 Z 3 umgehend an die Ökostromabwicklungsstelle und die E-Con­trol zum Zweck der Erstellung des Berichts gemäß § 52 Abs. 1 zu übermitteln.“

4. Nach Art. 1 Z 43 wird folgende Z 43a eingefügt:

„43a. In § 14 werden folgende Abs. 8 und 9 angefügt:

„(8) Ab dem 1.1.2018 besteht für neue Biogasanlagen nur dann eine Kontrahierungs­pflicht der Ökostromabwicklungsstelle zu den festgelegten Einspeisetarifen, wenn

1. die Einspeisung ferngesteuert regelbar ist,

2. die dabei eingesetzten Brennstoffe höchstens zu 30 % aus den Kulturarten Getreide und Mais bestehen und

3. die Anlagen eine maximale elektrische Leistung von 150 kW erbringen und einen Brenn­stoffnutzungsgrad von über 67,5 % erreichen oder

4. die Biogaserzeugungsanlagen das produzierte Biogas auf Erdgasqualität aufberei­ten, in das öffentliche Gasnetz einspeisen, zwischen Verstromungsanlage und Biogas­erzeugungsanlage eine Mindestdistanz von 5 km besteht und die Verstromung entspre­chend den Anforderungen des § 21 Abs. 1 Z 2 bis 4 erfolgt.

Der Technologiebonus gemäß § 21 kommt bei Anlagen nach diesem Absatz nicht zur Anwendung.

(9) Ab dem 1.1.2018 besteht für neue Anlagen auf Basis fester oder flüssiger Bio­masse nur dann eine Kontrahierungspflicht der Ökostromabwicklungsstelle zu den fest­gelegten Einspeisetarifen, wenn die Einspeisung ferngesteuert regelbar ist.““

5. Art. 1 Z 47 lautet:

„47. In § 15 Abs. 5 wird im letzten Satz das Wort „dritten“ durch das Wort „fünften“ er­setzt; folgender Satz wird angefügt:

„Nach Ablauf des vierten Folgejahres sind, abweichend von § 18 Abs. 1, dem Vertrag die letztverfügbaren Preise und Allgemeinen Bedingungen der Ökostromabwicklungs­stelle zugrunde zu legen.“

6. Art. 1 Z 48 lautet:

„48. § 15 Abs. 6 lautet:

„(6) Erbringt ein Antragsteller für eine Photovoltaikanlage nicht binnen drei Monaten nach Annahme des Antrages einen Nachweis über die Bestellung der Photovoltaikanlage, für die er den Antrag eingebracht hat, oder wird eine Photovoltaikanlage nicht innerhalb von neun Monaten, eine Kleinwasserkraftanlage oder eine rohstoffabhängige Anlage nicht innerhalb von 36 Monaten oder eine Windkraftanlage nicht innerhalb von 48 Monaten oder eine sonstige Anlage nicht innerhalb von 24 Monaten nach Annahme des Antrags in Betrieb genommen, gilt der Vertrag über die Kontrahierung von Ökostrom als aufge­löst, sofern der Antragsteller nicht glaubhaft macht, dass die Ursachen dafür nicht in sei­nem Einflussbereich liegen. Das aus der Auflösung dieses Vertrages frei werdende Un­terstützungsvolumen ist dem Unterstützungsvolumen der jeweiligen Anlagenkategorie im laufenden Kalenderjahr zuzurechnen.““

7. In Art. 1 Z 50 wird in § 15a Abs. 1 nach Z 8 folgende Z 9 eingefügt sowie der Aus­druck „Z 8“ im letzten Satz durch „Z 9“ ersetzt:


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„9. Eigenversorgungsanteil“

8. In Art. 1 Z 50 wird in § 15b Z 4 nach dem Wort „Engpassleistung“ die Wortfolge „und der allfällige Eigenversorgungsanteil“ eingefügt.

9. Art. 1 Z 52 lautet:

„52. § 17 Abs. 1 letzter Satz lautet:

„Die dafür notwendigen Mittel sind, soweit sie für Biogasanlagen Verwendung finden, nicht auf das zusätzliche jährliche Unterstützungsvolumen gemäß § 23 anzurechnen, wobei diese Mittel mit 11,7 Millionen Euro pro Jahr bis zum 31. Dezember 2021 begrenzt sind.“; folgende Sätze werden angefügt:

„Sollten in einem Jahr die Mittel nicht zur Gänze ausgeschöpft werden, können die in diesem Jahr übrig gebliebenen Mittel in das jeweils folgende Jahr bis zum 31. Dezem­ber 2021 übertragen werden. Sollten in einem Jahr die Mittel nicht ausreichen, um An­träge gemäß Abs. 1 zu bedecken, können zusätzlich Verträge im Ausmaß eines zwei­fachen Jahreskontingentes abgeschlossen werden, wobei die Mittel der Folgejahre an­teilig zu reduzieren sind, sodass die durchschnittlichen jährlichen Mittel 11,7 Millionen Euro nicht übersteigen. Für die übrigen Anlagen hat die Ökostromabwicklungsstelle Ver­träge über die weitere Abnahme von Ökostrom nur unter Anrechnung auf das zur Ver­fügung stehende zusätzliche jährliche Unterstützungsvolumen abzuschließen.““

10. Nach Art. 1 Z 52 wird folgende Z 52a eingefügt:

„52a. In § 17 Abs. 2 wird nach Z 3 folgende Z 3a eingefügt:

„3a. zu mehr als 60% aus den Kulturarten Getreide und Mais bestehende Brennstoffe einsetzen;““

11. Art. 1 Z 53 lautet:

„53. § 17 Abs. 3 lautet:

„Der Abschluss von Verträgen gemäß Abs. 1 darf, ausgenommen für Biogasanlagen mit Ablauf des Einspeisetarifvertrages in den Jahren 2015, 2016 und 2017, pro Anlage nur einmal erfolgen. Anträge auf Vertragsabschluss für Biogasanlagen sind binnen 3 Mo­naten nach Inkrafttreten dieser Bestimmung einzubringen und die Mittel unter Berück­sichtigung der Abs. 5 bis 7 binnen 6 Monaten nach Inkrafttreten dieser Bestimmung zu vergeben. Die aufzuwendenden Mittel sind den jeweiligen Jahren anzurechnen. § 14 Abs. 1 bis 5, Abs. 8 Z 1 und Abs. 9 sowie § 15 Abs. 1 bis 5 finden auf diese Verträge sinngemäß Anwendung, wobei für Biogasanlagen der Antrag auf Vertragsabschluss nach dieser Bestimmung frühestens 60 Monate vor Ablauf der Kontrahierungspflicht ge­mäß § 12 eingebracht werden kann. Die nach Inkrafttreten dieser Bestimmung abge­schlossenen Verträge für Biogasanlagen sind für eine Laufzeit von 36 Monaten abzu­schließen; eine einmalige Verlängerung der Laufzeit ist unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 8 auf Antrag, der frühestens 6 Monate vor Ablauf des Vertrages eingebracht werden kann, möglich. Die Kontrahierungspflicht der Ökostromabwicklungsstelle endet jedenfalls mit Ablauf von 20 Jahren ab der Inbetriebnahme der Anlage.“

12. Art 1 Z 54 lautet:

„54. Dem § 17 Abs. 4 werden folgende Abs. 5, 6 und 7 angefügt:

„(5) Vor dem Abschluss von Verträgen gemäß Abs. 1 haben die Anlagenbetreiber der Ökostromabwicklungsstelle die betriebswirtschaftlichen Kalkulationsgrundlagen (insbe­sondere Rohstoffbezugsverträge sowie Wärmeabgabeverträge, soweit verfügbar) zu über­mitteln. Ergeben sich daraus signifikante Abweichungen gegenüber den der Verordnung gemäß Abs. 4 zugrunde liegenden Kosten, hat die Ökostromabwicklungsstelle den Bun­desminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft darüber zu informieren.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 293

(6) Mit dem Antrag haben die Anlagenbetreiber

1. den Brennstoffnutzungsgrad des Kalenderjahres 2016, wobei unterjährig in Betrieb genommene Wärmenutzungen auf ein ganzes Jahr hochzurechnen sind, für Anlagen mit Ablauf des Einspeisetarifvertrages im Kalenderjahr 2015 oder 2016 jenen vor dem Auslaufen des Einspeisetarifvertrages, und

2. die Volllaststunden der Kalenderjahre 2010 bis 2016, für Anlagen mit Ablauf des Ein­speisetarifvertrages im Kalenderjahr 2015 oder 2016 jene der Kalenderjahre 2010 bis 2014 bzw. 2015, bekannt zu geben.

Der Brennstoffnutzungsgrad ist durch ein Gutachten, ausgestellt von einem Wirtschafts­prüfer, einem Ziviltechniker oder einem allgemein beeideten und gerichtlich zertifizier­ten Sachverständigen oder einem technischen Büro aus den Fachgebieten Elektrotech­nik, Maschinenbau, Feuerungstechnik oder Chemie, nachzuweisen.

(7) Die Ökostromabwicklungsstelle hat an Hand der übermittelten Werte nach Abs. 6 eine Reihung der Anlagen, wobei beide Kriterien zu jeweils 50 % in die Gewichtung ein­fließen, vorzunehmen.““

13. Art. 1 Z 56 lautet:

„56. In § 18 Abs. 1 wird nach der Wortfolge „in das öffentliche Netz abgegebene Öko­strommengen“ die Wortfolge „, soweit bei der Erzeugung die jeweils im Vertrag gemäß § 15 vereinbarte Engpassleistung, abzüglich eines allfälligen Eigenversorgungsanteils, nicht überschritten wurde“ eingefügt; folgender Satz wird angefügt: „Einer solchen Ab­gabe ist eine kurzfristige und mit dem Regelzonenführer abzustimmende Reduktion oder Unterbrechung der Einspeisung zum Zwecke der Minimierung der Aufwendungen für Ausgleichsenergie gemäß § 37 Abs. 4 gleichzuhalten.““

14. Art. 1 Z 57 lautet:

„57. Nach § 18 Abs. 1 werden folgende Absätze eingefügt:

„(1a) Bei Anlagen mit Lastprofilzählern hat die Ökostromabwicklungsstelle im Falle von Überschreitungen der Engpassleistung, abzüglich eines allfälligen Eigenversorgungs­anteils, gemäß Abs. 1 zweiter Satz die aus der Leistungsüberschreitung resultierenden Erzeugungsmengen zum Preis gemäß § 13 Abs. 3 zu vergüten. Die Abrechnung er­folgt auf Basis der Differenz zwischen den gemessenen Viertelstundenwerten und der Engpassleistung. Nähere Bestimmungen hierzu sind in den Allgemeinen Bedingungen der Ökostromabwicklungsstelle gemäß § 39 festzulegen.

(1b) Bei Anlagen ohne Lastprofilzähler ist anhand einer Plausibilitätsprüfung der ge­messenen Ein-speisemengen festzustellen, ob eine Leistungsüberschreitung, abzüg­lich eines allfälligen Eigenversorgungsanteils, vorliegt. Die dabei geltenden Kriterien sind in den Allgemeinen Bedingungen der Ökostromabwicklungsstelle gemäß § 39 festzule­gen. Eine Leistungsüberschreitung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die einge­speiste Energie die Engpassleistung, abzüglich eines allfälligen Eigenversorgungsan­teils, multipliziert mit den jeweiligen Volllaststunden gemäß § 23 Abs. 5, um 20% über­schritten hat.““

15. In Art. 1 entfällt die Z 59 (§ 20 Abs. 4 Z 6).

16. Art. 1 Z 62 lautet:

„62. In § 23 Abs. 3 Z 2 wird nach der Wortfolge „bis 500 kW“ die Wortfolge „und höchs­tens 1 Million Euro für die Kontrahierung von Biogasanlagen gemäß § 14 Abs. 8“ ange­fügt.“

17. Nach Art. 1 Z 64 werden folgende Z 64a, Z 64b und Z 64c eingefügt:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 294

„64a. In § 23 Abs. 5 lautet der dritte Satz: „Die für das zusätzliche jährliche Unterstüt­zungsvolumen maßgeblichen Mengen bestimmen sich durch Multiplikation der in dem Anerkennungsbescheid gemäß § 7 oder Vertragsantrag gemäß § 15a enthaltenen Eng­passleistung, abzüglich eines allfälligen Eigenversorgungsanteils, mit der für die Öko­stromanlage geltenden durchschnittlichen jährlichen Anzahl von Vollaststunden.“

„64b. Nach § 23 wird folgender § 23a samt Überschrift eingefügt:

„Zusätzliche Mittel

§ 23a. (1) Für die sofortige Kontrahierung von Windkraft gemäß § 56 Abs. 5 werden zusätzlich zu § 23 Abs. 3 für im Jahr 2017 abzuschließende Verträge 30 Millionen Euro und für im Jahr 2018 abzuschließende Verträge 15 Millionen Euro an Unterstützungs­volumen bereitgestellt. Soweit Mittel für das Jahr 2017 nicht ausgeschöpft werden, sind diese auf die zusätzlichen Mittel für das Jahr 2018 zu übertragen. Soweit Mittel für das Jahr 2018 nicht ausgeschöpft werden, fließen diese dem zusätzlichen jährlichen Unter­stützungsvolumen gemäß § 23 Abs. 3 Z 3 zu.

(2) Für die sofortige Kontrahierung von Kleinwasserkraft werden zusätzlich zu § 23 Abs. 3 für im Jahr 2017 abzuschließende Verträge 2 Millionen Euro und für im Jahr 2018 ab­zuschließende Verträge 1,5 Millionen Euro an Unterstützungsvolumen bereitgestellt. So­weit Mittel für das Jahr 2017 nicht ausgeschöpft werden, sind diese auf die zusätzli­chen Mittel für das Jahr 2018 zu übertragen.

(3) Für die übrigen Anlagen hat die Ökostromabwicklungsstelle Verträge über die wei­tere Abnahme von Ökostrom nur unter Anrechnung auf das zur Verfügung stehende zusätzliche jährliche Unterstützungsvolumen gemäß § 23 Abs. 3 abzuschließen.“

„64c. In § 28 sowie § 29 Abs. 1 und Abs. 8 wird die Wortfolge „§ 25 bis § 27“ durch die Wortfolge „§ 25 bis § 27a“ ersetzt.“

18. Nach Art. 1 Z 72 werden folgende Z 72a und Z 72b eingefügt:

„72a. Nach § 27 wird folgender § 27a samt Überschrift eingefügt:

„Investitionszuschüsse für Photovoltaikanlagen und Stromspeicher

§ 27a. (1) Die Errichtung und Erweiterung einer Photovoltaikanlage sowie die Erweite­rung einer bestehenden Photovoltaikanlage um eine Speicherkapazität und die Erwei­terung der Speicherkapazität kann durch Investitionszuschuss gefördert werden, wenn

1. die Anlage ausschließlich auf oder an einem Gebäude, einer baulichen Anlage oder auf einer Betriebsfläche (ausgenommen Grünfläche) angebracht wird bzw. ist,

2. die Anlage an das öffentliche Netz angeschlossen wird bzw. ist,

3. für die dem Förderantrag zugrunde liegende Errichtung oder Erweiterung keine Ta­rifförderung gemäß § 12 gewährt wird und

4. für die dem Förderantrag zugrunde liegende Errichtung oder Erweiterung keine För­derung auf Grund des Klima- und Energiefondsgesetzes, BGBl. I Nr. 40/2007, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 58/2017, oder auf Grund landesrechtlicher Bestimmungen in Anspruch genommen wird. Die jeweiligen Abwicklungsstellen haben der Abwicklungs­stelle für Investitionszuschüsse auf Anfrage die anlagenbezogenen Daten zu übermit­teln.

(2) Die für die Gewährung von Investitionszuschüssen aufzubringenden Fördermittel sind für die Jahre 2018 und 2019 mit jährlich 15 Millionen Euro begrenzt, wovon jähr­lich mindestens 9 Millionen Euro für die Errichtung oder Erweiterung einer Photovolta­ikanlage zu verwenden sind.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 295

(3) Nach Maßgabe der verfügbaren Mittel ist die Höhe des Investitionszuschusses mit maximal 30% des unmittelbar für die Errichtung der Anlage erforderlichen Investitions­volumens (exklusive Grundstückskosten) begrenzt, maximal jedoch

1. bis zu einer Engpassleistung von 100 kWpeak mit 250 Euro pro kWpeak,

2. bei einer Engpassleistung von mehr als 100 kWpeak bis 500 kWpeak mit 200 Euro pro kWpeak.

(4) Verfügt die Anlage über eine Speicherkapazität im Ausmaß von mindestens 0,5 kWh pro kWpeak installierter Engpassleistung oder wird eine bestehende Anlage oder eine bestehende Speicherkapazität in diesem Ausmaß erweitert, kann zusätzlich ein Investi­tionszuschuss von 500 Euro pro kWh gewährt werden. Es können bis zu 10 kWh Spei­cherkapazität pro kWpeak installierter Engpassleistung nach dieser Bestimmung geför­dert werden.

(5) In allen Fällen darf die Höhe des Investitionszuschusses nicht mehr als 45 % der umweltrelevanten Mehrkosten betragen. Davon unberührt bleiben allfällige Zuschläge gemäß der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimm­ter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union, ABl. Nr. L 187 vom 26.06.
2014, S. 1.

(6) Wird die Anlage bzw. die Erweiterung um Speicherkapazität nicht innerhalb von ei­nem Jahr nach Zusicherung des Investitionszuschusses durch den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft in Betrieb genommen, gilt der Antrag auf In­vestitionszuschuss als zurückgezogen und die Zusicherung des Investitionszuschus­ses als verfallen. Diese Frist kann von der Abwicklungsstelle für Investitionszuschüsse einmal um weitere sechs Monate verlängert werden, wenn besonders berücksichtigungs­würdige Gründe vorliegen. Die Inbetriebnahme ist durch eine Bestätigung des Netzbe­treibers der Abwicklungsstelle für Investitionszuschüsse nachzuweisen.

(7) Die Gewährung von Investitionszuschüssen für Photovoltaikanlagen erfolgt unter fol­genden Voraussetzungen:

1. Die Antragstellung erfolgt vor Beginn der Errichtung oder Erweiterung der Anlage oder Speicherkapazität ausschließlich über das elektronische Antragssystem der Abwick­lungsstelle für Investitionszuschüsse. Dem Antrag ist der Nachweis über alle für die Er­richtung oder Erweiterung notwendigen Genehmigungen oder Anzeigen anzuschließen.

2. Der Nachweis des für die Errichtung oder Erweiterung erforderlichen Investitionsvo­lumens erfolgt durch die Vorlage der Rechnungen und Zahlungsbelege an die Abwick­lungsstelle.

3. § 24 Abs. 1, Abs. 2 2. Satz, Abs. 5, 6 und 8 sind anzuwenden.

(8) Die Richtlinien für die Gewährung von Investitionszuschüssen für Photovoltaikanla­gen und Stromspeicher gemäß § 30 sind abweichend von § 30 Abs. 3 erster Satz vom Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen und dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Tech­nologie innerhalb von längstens sechs Monaten nach Inkrafttreten dieser Bestimmung zu erlassen. Im Übrigen gilt § 30.““

„72b. In § 29 Abs. 8 wird nach der Wortfolge „mittlere Wasserkraftanlagen“ die Wortfol­ge „sowie Photovoltaikanlagen“ eingefügt.“

19. Art. 1 Z 77 lautet:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 296

„77. In § 45 Abs. 4 Z 1 wird die Wortfolge „Förderungen gemäß KWK-Gesetz“ durch das Wort „Photovoltaikanlagen“ ersetzt.“

20. Art. 1 Z 79 lautet:

„79. In § 45 Abs. 5 lautet die Z 4:

„4. Investitionszuschüsse für Photovoltaikanlagen gemäß § 27a;“; folgende Z 5 wird an­gefügt:

5. sofern Mittel nach Abzug der Aufwendungen gemäß Z 2 bis Z 4 verbleiben, der Mehr­aufwendungen der Ökostromabwicklungsstelle für Ökostrom (§ 42).““

21. Nach Art. 1 Z 83 wird folgende Z 83a eingefügt:

„83a. Dem § 52 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

„Zusätzlich soll der Bericht eine Analyse der nach diesem Bundesgesetz zu erstellen­den Rohstoffkonzepte bei Biogas- und Biomasseanlagen beinhalten.

22. Nach Art. 1 Z 86 wird folgende Z 86a eingefügt:

„86a. In § 56 werden folgende Abs. 5 und 6 angefügt:

„(5) Für Anträge betreffend Wind- und Wasserkraftanlagen besteht nach Maßgabe der verfügbaren zusätzlichen Mittel gemäß § 23a Abs. 1 und 2 eine sofortige Kontrahie­rungspflicht der Ökostromabwicklungsstelle zu dem zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Tarif. Für Windkraftanlagen sind auf den Tarif folgende Abschläge entspre­chend dem voraussichtlichen Zeitpunkt der Kontrahierung (Reihungszeitpunkt) anzu­wenden:

Reihungszeitpunkt gemäß § 15 Abs. 5

Abschlag

2018

7 %

2019

7 %

2020

8 %

2021

10 %

2022

11 %

2023 oder später

12 %

(6) Anträge auf sofortige Kontrahierung gemäß § 23a Abs. 1 und 2 sind innerhalb von drei Monaten ab Inkrafttreten dieser Bestimmung bei der Ökostromabwicklungsstelle zu stellen. Für die Berechnung der Reihung der Anträge sowie die notwendigen Mittel wird als Basis für den Marktpreis gemäß § 41 Abs. 3 das erste Halbjahr 2017 ange­nommen; die aliquoten Aufwendungen gemäß § 42 Abs. 4 bestimmen sich anhand des Gutachtens gemäß § 18 Abs. 6 für das Jahr 2017 jedoch sind die Aufwendungen für die Technologiefördermittel der Länder gemäß § 43 nicht zu berücksichtigen. Sofern kein Antrag auf sofortige Kontrahierung gestellt wird, erfolgt eine Kontrahierung nach Maßgabe des Vorhandenseins von Mitteln aus dem zusätzlichen jährlichen Unterstüt­zungsvolumen nach § 23 Abs. 3.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 297

23. Art. 1 Z 87 lautet:„87. (Verfassungsbestimmung) Nach § 57 wird folgender § 57a samt Überschrift eingefügt:

„Inkrafttretens- und Übergangsbestimmungen der ÖSG 2012‑Novelle BGBl. I Nr. xxx/2017

§ 57a. (1) (Verfassungsbestimmung) § 1 tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

(2) Die weiteren Bestimmungen dieses Bundesgesetzes treten wie folgt in Kraft:

1. das Inhaltsverzeichnis betreffend die Einträge zu den §§ 7, 8, 9, 15a, 15b, 27a, § 5 Abs. 1 Z 5, § 5 Abs. 1 Z 17, § 5 Abs. 1 Z 19, § 5 Abs. 1 Z 20, § 5 Abs. 1 Z 23, die Über­schrift zu § 7, § 7 Abs. 1 Z 1 bis Z 3, die Überschrift zu § 8, die Überschrift zu § 9, § 10 Abs. 2, § 10 Abs. 9, § 10 Abs. 13, § 12 Abs. 2 Z 1, § 13 Abs. 1 Z 1, § 15 Abs. 3, § 15a, § 15b, § 16 Abs. 1, § 23 Abs. 3 Z 2, Z 4 und Z 5, § 26 Abs. 5, § 27 Abs. 5, die Über­schrift zu § 27a, § 27a Abs. 1 bis Abs. 7, § 37 Abs. 1 Z 9 und § 37 Abs. 5 jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2017 mit 1. Jänner 2018;

2. das Inhaltsverzeichnis betreffend den Eintrag zu § 23a, § 14 Abs. 8 und 9, § 17 Abs. 1 zweiter bis fünfter Satz, Abs. 2 Z 3a und Abs. 3 sowie Abs. 5, Abs. 6 und Abs. 7, § 23a samt Überschrift, § 26 Abs. 1 und Abs. 2, § 47 Abs. 1, § 48 Abs. 3, § 50 Abs. 3 und § 56 Abs. 5 und Abs. 6 jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2017 mit 1. Oktober 2017; für bis zu diesem Zeitpunkt bereits gestellte Anträge auf Vertragsabschluss über die Kontrahierung von Ökostrom gilt § 15 Abs. 5 in der Fas­sung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2017;

3. das Inhaltsverzeichnis betreffend den Eintrag zu § 51a, § 5 Abs. 1 Z 10, § 8 Abs. 2 fünfter und sechster Satz, § 18 Abs. 1a und Abs. 1b, § 26 Abs. 3 und Abs. 6, § 27 Abs. 3, § 51a samt Überschrift und § 52 Abs. 1 letzter Satz und 1a jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2017 mit dem der Kundmachung folgenden Monats­ersten;

4. alle übrigen Bestimmungen mit dem der Kundmachung folgenden Tag.

(3) Die für Biogasanlagen gemäß § 17 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2017 zur Verfügung stehenden Mittel sind für die Kontrahierung von Ökostrom aus Biogasanlagen zu verwenden, für welche die Kontrahierungspflicht der Ökostromabwicklungsstelle gemäß § 12 oder die Förderdauer gemäß den Bestimmun­gen des Ökostromgesetzes, BGBl. I Nr. 149/2002, in der Fassung BGBl. I Nr. 104/2009, ab dem 1. Jänner 2015 abgelaufen ist. Eine Vergütung aus diesen Mitteln erfolgt frü­hestens ab dem der Kundmachung folgenden Monatsersten.

(4) Die auf Grundlage des ÖSG 2012, BGBl. I Nr. 75/2011, in der Fassung der Kund­machung, BGBl. I Nr. 11/2012, erlassenen Verordnungen bleiben aufrecht.

(5) Die Ökostromabwicklungsstelle hat bei der Erfüllung ihrer Aufgaben gemäß § 37 die sich aus diesem Bundesgesetz ergebende geänderte Rechtslage zu beachten und ihre Allgemeinen Bedingungen sinngemäß anzupassen.“

24. (Verfassungsbestimmung) In Art. 2 Z 6 wird in § 1 nach dem Ausdruck „§ 16 Abs. 2,“ der Ausdruck „§ 16a,“ eingefügt.

25. In Art. 2 Z 14 in § 16a entfällt der Klammerausdruck „(Grundsatzbestimmung)“.

26. In Art. 2 Z 14 in § 16a Abs. 1 erster Satz lautet:

„(1) Netzzugangsberechtigte haben einen Rechtsanspruch gegenüber Netzbetreibern, gemeinschaftliche Erzeugungsanlagen unter den Voraussetzungen von Abs. 2 bis 7 zu betreiben.“


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27. In Art. 2 Z 14 in § 16a Abs. 7 wird der Einleitungssatz durch folgende Sätze ersetzt: „(7) Der Netzbetreiber hat den zwischen den teilnehmenden Berechtigten vertraglich vereinbarten statischen oder dynamischen Anteil an der erzeugten Energie den jeweili­gen Anlagen der teilnehmenden Berechtigten zuzuordnen. Bei Verwendung dynami­scher Anteile können diese zwischen den teilnehmenden Berechtigten viertelstündlich neu zugeordnet werden. Die Ermittlung der Werte erfolgt nach Maßgabe folgender Re­gelungen:“.

28. In Art. 2 Z 29 in § 104 Abs. 1 lautet der Einleitungssatz: „Über Antrag der Regu­lierungsbehörde hat das Kartellgericht mit Beschluss im Verfahren außer Streitsachen Geldbußen bis zu einem Höchstbetrag von 10% des im vorausgegangen Geschäftsjahr erzielten Jahresumsatzes über einen Übertragungsnetzbetreiber oder ein Unternehmen, das Teil eines vertikal integrierten Elektrizitätsunternehmens ist, zu verhängen, der bzw. das vorsätzlich oder grob fahrlässig“.

29. In Art. 2 Z 24 wird der Ausdruck „§ 88 Abs. 2 lautet:“ durch „§ 88 Abs. 2 erster und zweiter Satz lauten:“ ersetzt.

30. Art. 2 Z 25 lautet:

„25. § 88 Abs. 8 erster und zweiter Satz werden durch folgende Sätze ersetzt: „Die in der Verordnung der Regulierungsbehörde gemäß Abs. 2 genannten Meldepflichtigen ha­ben die Daten gemäß dieser Verordnung bis spätestens 31. März des jeweiligen Folge­jahres an die Regulierungsbehörde zu übermitteln. Die Regulierungsbehörde hat aus diesen Daten jährlich einen zusammenfassenden Bericht je Land an die jeweilige Lan­desregierung zu übermitteln. Bei Bedarf erhalten die Landesregierungen Zugang zu den jeweiligen landesspezifischen Daten gemäß Abs. 2. Weiters sind unter sinngemä­ßer Anwendung des ersten Satzes folgende Daten an die Regulierungsbehörde zu über­mitteln:““

31. In Art. 2 Z 33 in § 109 Abs. 5 wird nach der Wortfolge „Das Inhaltsverzeichnis,“ der Ausdruck „§ 16a,“ eingefügt.

32. In Art. 2 Z 33 in § 109 wird folgender Abs. 7 angefügt:

„(7) § 16a ist bis zum 31. Dezember 2024 im Sinne des § 18 BHG 2013 zu evaluieren und tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2025 außer Kraft.“

33. In Art. 2 Z 34 in § 110 entfällt der zweite Satz.

34. In Art. 3 entfallen Z 10 (§ 147 Abs. 3) und Z 11 (§ 147 Abs. 6).

35. In Art. 3 Z 14 in § 164 Abs. 1 lautet der Einleitungssatz: „Über Antrag der Regulie­rungsbehörde hat das Kartellgericht mit Beschluss im Verfahren außer Streitsachen Geldbußen bis zu einem Höchstbetrag von 10% des im vorausgegangen Geschäftsjahr erzielten Jahresumsatzes über einen Fernleitungsnetzbetreiber, ein Speicherunterneh­men, den Betreiber des Virtuellen Handelspunktes oder ein Unternehmen das Teil ei­nes vertikal integrierten Erdgasunternehmens ist, zu verhängen, der bzw. das vorsätz­lich oder grob fahrlässig“.

36. Art. 3 Z 16 lautet:

„16. Nach § 170 wird folgender § 170a samt Überschrift eingefügt:

„Übergangsbestimmungen zu Art. 3 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017

§ 170a. (1) Konzessionen der Bilanzgruppenkoordinatoren gemäß § 85 GWG 2011, BGBl. I Nr. 107/2011, erlöschen mit der Übernahme der Aufgaben durch das gemäß § 85 ernannte Unternehmen. Die Bilanzgruppenkoordinatoren sind frühestens mit Ab-


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lauf des 30. September 2021 und spätestens mit Ablauf des 30. September 2023 ge­mäß § 85 GWG 2011, BGBl. I Nr. XX/2017, zu ernennen.

„(2) Bis zum Inkrafttreten der Verordnung gemäß § 147 Abs. 1 gilt die Gasstatistikver­ordnung 2017, BGBl. II Nr. 417/2016.“

37. In Art. 4 wird folgende Z 17 angefügt:

„17. In § 20 Abs. 3 wird in Z 3 nach dem Ausdruck „des Österreichischen Gemeindebun­des“ der Ausdruck „, des Vereins Erneuerbare Energie Österreich, des Vereins „ÖKOBÜRO - Allianz der Umweltbewegung“ eingefügt.“

38. Art. 6 § 2 Abs. 1 Z 2 und Z 3 lauten:

„2. 5 Millionen Euro sind für Förderungen auf Grund des KMU-Förderungsgesetzes, BGBl. Nr. 432/1996, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 40/2014 für die Einrichtung von Energiemanagementsystemen in Unternehmen mit weniger als 250 Mit­arbeitern zu verwenden;

3. 5 Millionen Euro sind für Förderungen auf Grund des Forschungs- und Technologie­förderungsgesetzes, BGBl. Nr. 434/1982, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 110/2015, die vom Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie ge­währt werden, für den Einsatz von erneuerbaren Energieträgern sowie von Speicher- und Energieeffizienztechnologien zu verwenden, wobei Energieeffizienztechnologien, die auf fossilen Energieträgern basieren, ausgenommen sind.“

Dieser Antrag wird begründet wie folgt:

Begründung

Artikel 1 – Änderung des Ökostromgesetzes 2012

Zu § 14 Abs. 8:

Für neue Biogasanlagen sollen künftig nur unter drei zusätzlichen Voraussetzungen Einspeisetarife gewährt werden. Zum einen müssen diese ferngesteuert regelbar sein, um Ausgleichsenergiekosten soweit wie möglich zu reduzieren; dies ergibt sich bereits aus § 20 Abs. 4 Z 6 idF der Regierungsvorlage 1519 dB. Zum anderen müssen diese vorwiegend Reststoffe als Primärenergieträger einsetzen, sodass der Anteil von Mais und Getreide möglichst reduziert wird. Des Weiteren müssen alternativ folgende Vo­raussetzungen vorliegen: Entweder müssen Anlagen einen Brennstoffnutzungsgrad iHv mind. 67,5% aufweisen oder das ins Netz eingespeisten Biogas wurde auf Erdgasqua­lität aufbereitet, zwischen der Biogaserzeugungsanlage und der Verstromungsanlage besteht eine Mindestdistanz von 5 km und die Verstromung erfolgt entsprechend den in § 21 Abs. 1 Z 2 bis 4 angeführten Kriterien. Damit sollen primär Kontrahierungen von Biogasanlagen ermöglicht werden, für welche nach Ablauf der dreizehnjährigen Kontra­hierung eine realistische wirtschaftliche Perspektive im Sinne einer Einspeisung von auf­bereitetem Biogas ins Erdgasnetz abbildbar ist.

Zu § 15a Abs. 1 Z 9, § 15b Z 4 und § 23 Abs. 5:

Nach der derzeitigen Regel wird bei der Kontingentierung der vorhandenen Mittel der Eigenversorgungsanteil nicht berücksichtigt. Mit der vorgeschlagenen Änderung soll der Eigenversorgungsanteil im Antrag an die Ökostromabwicklungsstelle nunmehr an­gegeben werden, um diesen vom jährlichen Unterstützungsvolumen zum Abzug brin­gen zu können. Durch die dadurch freigewordenen Mittel können mehr Anlagen geför­dert werden; die vorgeschlagene Regelung soll – insbesondere für Photovoltaikanla-


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gen – eine bessere Ausnutzung des jährlichen Unterstützungsvolumens bewirken. An den deklarierten Eigenversorgungsanteil ist der Antragsteller in der Folge – bis zum Ab­lauf des Einspeisevertrages – gebunden. Der Eigenversorgungsanteil ist Inhalt der Ver­tragsurkunde.

Zu § 17:

Für die Sicherung von bestehenden hocheffizienten, wärmegeführten Biogasanlagen der 2. Generation werden kontingentunabhängig 11,7 Millionen Euro pro Jahr für 5 Jahre bereitgestellt, wobei die Verträge für Biogasanlagen, die diese Mittel in Anspruch neh­men, grundsätzlich auf eine Laufzeit von 36 Monaten begrenzt sind. Anträge zum Ab­schluss der Verträge können frühestens 60 Monate vor Ablauf des bestehenden Ver­trages mit der Ökostromabwicklungsstelle eingebracht werden. Nach der Laufzeit von 36 Monaten kann der Vertrag auf Antrag des Anlagenbetreibers verlängert werden, wenn die Anlage die für neue Biogasanlagen geltenden Voraussetzungen gemäß § 14 Abs. 8 erfüllt. Auch die Mittel für die Verlängerung werden aus den zusätzlichen Mitteln gemäß § 17 Abs. 1 bereitgestellt. Für die Kontrahierung ist der Zeitpunkt des Verlänge­rungsantrags maßgeblich.

Bei Vergabe der Fördermittel soll vor dem Hintergrund der erfahrungsgemäßen starken Nachfrage eine Reihung nach qualitativen Kriterien (Brennstoffnutzungsgrad, Volllaststun­den) vorgenommen werden.

Zu § 23 Abs. 3 Z 2:

Das jährliche Unterstützungsvolumen für neue Biogasanlagen wird mit maximal 1 Mil­lion Euro begrenzt.

Zu § 23a und § 56:

Zum Abbau der Wartelisten bei Wind und Kleinwasserkraft werden für die sofortige Kon­trahierung zusätzliche finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt.

Für den Abbau der Warteliste bei Wind hat die Ökostromabwicklungsstelle bei Inkraft­treten des § 23a und § 56 eine Reihung anhand des voraussichtlichen Kontrahierungs­zeitpunktes zu ermitteln, der die Basis für die Berechnung der Abschläge gemäß § 56 Abs. 5 bildet.

Fließen übrige Mittel gemäß § 23a Abs. 1 letzter Satz dem zusätzlichen jährlichen Un­terstützungsvolumen gemäß § 23 Abs. 3 Z 3 zu, werden auf die Tarife für die damit kon­trahierten Anlagen keine Abschläge gemäß Abs. 5 angewendet.

Reichen diese zusätzlichen Mittel für die sofortige Kontrahierung aller sich auf der War­teliste befindenden Anlagen nicht aus, kann die Kontrahierung nur unter Anrechnung auf das zur Verfügung stehende zusätzliche jährliche Unterstützungsvolumen gemäß § 23 Abs. 3 erfolgen.

Zu § 27a:

Die Errichtung und Erweiterung von Photovoltaikanlagen und Stromspeichern soll zu­künftig auch durch Investitionszuschüsse gefördert werden können. Keine Förderung wird für Maßnahmen gewährt, für die bereits eine Tarifförderung, eine Förderung auf Grund des Klima- und Energiefondsgesetzes oder auf Grund landesrechtlicher Bestim­mungen in Anspruch genommen wird. Um Doppelförderungen auszuschließen, hat die jeweilige Förderstelle der Abwicklungsstelle für Investitionszuschuss die dafür erforder­lichen Daten auf Ersuchen mitzuteilen.

Im Jahr 2018 und 2019 werden 15 Millionen an Fördermitteln bereitgestellt. Von den jähr­lichen Fördermitteln sind mindestens 9 Millionen den Förderungen von Errichtungen oder Erweiterungen von Photovoltaikanlage vorbehalten.


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Die Förderhöhe durch Investitionszuschuss ist durch mehrere Parameter begrenzt. Höchstgrenze bilden die Vorgaben der neuen Allgemeinen Gruppenfreistellungsverord­nung (AGVO).

Als berücksichtigungswürdige Gründe, aus denen eine einmalige Verlängerung der Ver­fallsfrist gemäß § 27a Abs. 6 gewährt werden kann, gelten solche Gründe, die nicht im Einflussbereich des Förderungswerbers liegen. Dies sind ausschließlich Fälle höherer Gewalt und netzbetreiberseitige Probleme beim Netzanschluss, z.B. fehlende oder man­gelhafte Netzanbindung, sofern absehbar ist, dass diese in angemessener Zeit beho­ben werden.

Artikel 2 – Änderung des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes 2010

Zu § 1, § 16a, § 109 und § 110:

Die vorgeschlagenen Regelungen lassen keinen weiteren Umsetzungsspielraum offen und sollen daher unmittelbar - ohne weiteren Zwischenschritt - in Kraft treten. Eine bun­desweit einheitliche Anwendung der Regelungen zu gemeinschaftlichen Erzeugungsan­lagen ermöglicht die rasche und unkomplizierte Realisierung solcher Projekte. Auch die Inkrafttretensbestimmungen sind entsprechend anzupassen.

Zu § 104 Abs. 1:

Mit der vorgeschlagenen Änderung soll Richtlinienkonformität hergestellt werden. Auch Unternehmen, die Teil eines vertikal integrierten Unternehmens sind, müssen vom Geld­bußentatbestand erfasst sein (vgl. Art. 37 Abs. 4 lit d Richtlinie 2009/72/EG).

Artikel 3 – Änderung des Gaswirtschaftsgesetzes 2011

Zu § 147 und § 170a:

Bei den vorgeschlagenen Änderungen handelt es sich um legistische Anpassungen. Die statistische Erhebung der Daten soll wie bisher von der Regulierungsbehörde vor­genommen werden. Des Weiteren soll mit der eingefügten Übergangsbestimmung in
§ 170a klargestellt werden, dass bis zum Inkrafttreten der Verordnung des Bundesmi­nister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft die Verordnung des Vorstands der E-Control (Gasstatistikverordnung 2017) gilt.

Zu § 164 Abs. 1:

Die Änderung dient der Herstellung der Richtlinienkonformität. Auch Unternehmen, die Teil eines vertikal integrierten Unternehmens sind, müssen vom Geldbußentatbestand erfasst sein (vgl. Art. 41 Abs. 4 lit d Richtlinie 2009/73/EG).

Artikel 6 – Änderung des Bundesgesetzes, mit dem zusätzliche Mittel aus dem von der Energie-Control Austria verwalteten Sondervermögen bereit gestellt werden

Zu § 2 Abs. 1:

Förderungen nach diesem Artikel, die nach den Bestimmungen des KMU-Förderungs­gesetzes und des Forschungs- und Technologieförderungsgesetzes abgewickelt wer­den, sollen auf den Einsatz erneuerbarer Energieträger sowie auf Energieeffizienztech­nologien beschränkt werden.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Dr. Mahrer zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Herr Bundesminister.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 302

20.51.54

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Mag. Dr. Harald Mahrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Österreich ist ja bereits Vorreiter in diesem Bereich und will, wie Frau Abgeordnete Brunner gesagt hat, auch wieder eine Nummer-1-Position einnehmen, nicht nur in Europa, sondern in der gesamten Welt.

Wir erzeugen ja heute schon 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien, sind europaweit Spitze, was den Stromverbrauch aus dem erneuerbaren Bereich betrifft. Mit dieser – wohlgemeint kleinen – Ökostromnovelle zeigen wir aber, dass wir einen Bei­trag leisten wollen, und auch, dass Dekarbonisierung ohne Atomstrom funktionieren kann und auch muss, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordne­ten von SPÖ und Grünen.)

Das verdanken wir schon zum jetzigen Zeitpunkt einer erfolgreichen Förderpolitik durch das Ökostromgesetz, und es war vollkommen klar, dass wir das auch weiterentwickeln wollen. Vor dem Hintergrund des Pariser Abkommens möchte ich ein paar wenige Punk­te nur grundsatzpolitisch herausheben, die, glaube ich, für eine ökosoziale Marktwirt­schaft, wo es immer um diese Balance der unterschiedlichen Güter geht, wichtig sind.

Der erste Punkt ist natürlich im Sinne der ökologischen Nachhaltigkeit, dass wir zusätz­liche Investitionen in saubere Energien auslösen. Das kommt natürlich auch dem Wirt­schaftsstandort zugute, weil wir natürlich all diejenigen Betriebe, die besonders stark auf Innovationen setzen, weiter fördern und natürlich am Heimmarkt spezifisch fördern.

Das heißt, wir machen nicht nur – unter Anführungszeichen – „etwas“ im ökosozialen Bereich selber, wo es um die Erneuerbaren und damit um zukünftiges weiteres Einhal­ten klimapolitischer Verpflichtungen geht, sondern wir fördern damit natürlich auch den Innovationszyklus, und das ist sozusagen die doppelte Win-win-Situation, die wir da ha­ben. Außerdem leisten wir auch weiter einen Beitrag in Richtung Versorgungssicherheit und zukünftige energieeffiziente Politik.

Europa wird im zweiten Halbjahr 2018, während unserer Ratspräsidentschaft, ganz be­sonders auf Österreich schauen, denn sehr, sehr wichtige energiepolitische Fragen und Dossiers auf europäischer Ebene, das sogenannte Winterpaket der Europäischen Kom­mission, werden während des zweiten Halbjahres 2018 abzuschließen sein.

Das heißt, wir werden uns gemeinschaftlich – nicht nur die Vertreterinnen und Vertreter einer zukünftigen Bundesregierung, sondern auch alle Mitglieder des Hohen Hauses – ganz spezifisch mit diesen Fragen beschäftigen müssen: Wollen wir auch in diesem Be­reich auch weiterhin eine Leuchtturmfunktion in Europa haben? Ich glaube, das ist jetzt ein erster wichtiger Schritt. Der zweite kann dann – und ich glaube, muss auch im Sin­ne einer ökosozialen Marktwirtschaft – natürlich mit einer großen Novelle ab Herbst an­gegangen werden.

Ich glaube, dass man gar nicht unterschätzen darf, wie wichtig die nächsten Minuten der Abstimmung im Sinne einer ökosozialen Marktwirtschaft sind. Sie haben für zukünf­tige Generationen eine ganz besondere Bedeutung und auch für die Innovationsführer­schaft unserer Wirtschaft und aller Betriebe in diesem Bereich.

Ich möchte mich auch hier noch einmal ganz explizit bei den Verhandlungsführern be­danken. Ich weiß, wie intensiv die letzten Tage, Stunden und Wochen waren. Da sind noch einmal Kollegin Brunner, Kollege Katzian und Kollege Lettenbichler zu nennen, aber auch in meinem persönlichen Stab der fleißige Eli Widecki, Herr Sektionschef Losch, Kollege Ennser und alle anderen, die da mitgearbeitet haben. Ich glaube, es ist eine sehr, sehr herzeigbare Lösung. Sie alle haben sich diesen Applaus verdient. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Ich bedanke mich auch ganz explizit im Sinne zukünftiger Generationen, denn dieses Paket wird für sie gemacht. Das sind wir nicht nur den zukünftigen Generationen, son-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 303

dern im Sinne einer Verantwortungspolitik auch der Erde schuldig. – Danke. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

20.55


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Weigerstorfer zu Wort. – Bitte schön.

 


20.55.41

Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer (STRONACH): Herr Präsident! Herr Minister! Wer­tes Hohes Haus! Nach so vielen positiven Worten traut man sich ja gar nicht, vielleicht dennoch das eine oder andere kritische Wort fallenzulassen.

Interessant finde ich, dass zwar monatelang in den Ausschüssen nichts weitergegan­gen ist, nicht gearbeitet wurde, vertagt wurde und nun plötzlich in diesen zwei Plenar­tagen doch noch einiges entschieden wird. Das ist leider mein erster Kritikpunkt: Wir wa­ren in diese Verhandlungen leider zu wenig eingebunden. Wir hatten jetzt eigentlich nur ein paar Minuten zum Durchlesen, zum Durcharbeiten. Das heißt, den einen oder an­deren – unter Anführungszeichen – „begrabenen Hund“ zu finden, war jetzt wahnsinnig schwer möglich.

Aber, um doch zum Positiven zu kommen: Ich gratuliere dir persönlich, Christiane, das hast du wirklich gut gemacht. Wir müssen uns trotz dieses Schönredens natürlich auch dessen bewusst sein, dass das nur ein kleiner Tropfen auf den heißen Stein ist und dass man wirklich weiterhin hart arbeiten muss, um Paris nachzukommen, um wirklich den Schulterschluss von Wirtschaft mit Umwelt zu schaffen. Ich hoffe, dass man, wenn diese Wahlen erst vorbei sind, wirklich vernünftige Wege finden kann.

Alles in allem: Gratulation! Es ist ein gutes Zeichen, auch in der Außenwirkung, dass man doch, wenn auch im letzten Moment, noch etwas erreichen kann. Es ist ein kleiner Schritt, aber zumindest in die richtige Richtung.

Abschließend: Für uns verhindert dieses Gesetz jetzt eher einen Systemzusammen­bruch, aber zum großen Systemwechsel fehlen noch viele Schritte. – Danke trotzdem an alle Beteiligten. Es ist dies zumindest einmal ein positives Zeichen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach sowie bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und Grünen.)

20.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Vorerst letzter Redner in dieser Debatte ist Herr Abge­ordneter Ing. Schultes. – Bitte schön.

 


20.57.47

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren hier im Hohen Haus! Ich kenne Familien, die auf den heutigen Tag sehr gewartet haben – Familien, die Pioniere in der Ökostrombewegung sind.

Zu einer Zeit, als wir alle gesagt haben, jede Kilowattstunde, die aus erneuerbarer Ener­gie kommt, ist wichtig, die brauchen wir, haben diese Menschen investiert, haben sich weiterentwickelt, technologisch gewaltige Fortschritte gemacht. Sonst könnten wir heu­te nicht so hohe Effizienzkriterien legen. Diese Menschen haben jetzt jahrelang nicht gewusst, wie es weitergeht. Das waren nicht Nebenbei-Geschichten, da hängen ganze Höfe, ganze Existenzen, ganze Firmen dran.

Wir beschließen heute eine Verlängerung, eine kleine Ökostromgesetznovelle, und es wird für Energiegewinnung aus Biomasse, Wind, Photovoltaik und Wasser eine gute wei­tere Entwicklung geben. Das Spannende ist: Wir haben in den letzten Wochen erlebt, dass es für alle eine Lobby gegeben hat und die Biomasse sonderbarerweise irgend­wie so nebenbei besprochen wurde. Ich erzähle Ihnen jetzt etwas:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 304

Wir haben im Jänner wenig Wasser in der Donau gehabt – jetzt ist übrigens auch we­nig Wasser in der Donau –, und wir haben in Niederösterreich zu dieser Zeit, in den käl­testen Tagen, als die ganzen Wärmepumpen gelaufen sind, unser Stromnetz zu einem Drittel – im Verhältnis zu dem, was aus der Donau gekommen ist – mit Strom aus Bio­masse bedient.

Die in Wasserkraftwerken an der Donau produzierte Energie war nur dreimal so groß wie die gesamte aus Biomasse gewonnene Energie, die in Niederösterreich dezentral in den Regionen produziert wurde, nämlich von Menschen, die sich bereit erklärt ha­ben, diesen Zukunftsweg mitzugehen. Diesen Menschen sage ich danke, weil sie in die­ser Zeit Nervenstärke gezeigt haben und nicht alle Nerven weggeschmissen haben. (Bei­fall bei der ÖVP sowie der Abg. Brunner.)

Heute können wir hier gemeinsam ein Gesetz beschließen, das uns in der nächsten Zeit
in eine Zukunft führt, in der es dann vielleicht wieder eine Regierung gibt, die eine Ener­giestrategie hat, eingebettet in eine europäische Energiepolitik, eingebettet in die Hoff­nung, dass die Pariser Klimaziele umgesetzt werden, und mit dem starken Willen aus­gestattet, eine eigenständige österreichische Energiebereitstellung aufzubauen.

Mit dem heute zu beschließenden Ökostromgesetz errichten wir einen wichtigen Brü­ckenpfeiler für eine Brücke in die Zukunft der Energiewirtschaft, die darauf aufbaut, dass viele Menschen in Österreich daran glauben, dass wir alle miteinander unser Schicksal selbst in die Hand nehmen – Menschen, die eine Photovoltaikanlage aufs Dach stellen, Menschen, die sich eine Biomasseheizung zulegen, weil sie wissen, die Wärme kommt aus der Biogasanlage, die hocheffizient arbeitet, Menschen, die mithelfen, dass wir ge­meinsam Ziele erreichen. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Ich bedanke mich bei Christiane Brunner – ich bedanke mich ehrlich und gerne bei dir! –, bei Josef Lettenbichler, der wirklich gekämpft hat, seit mehreren Jahren unendlich viel aushalten musste und sozusagen der Hitzeschild war, bei Kollegen Katzian, der auch schon weiß, dass die Donau im Winter nicht allzu viel Strom bringen kann  wir werden verschiedene Wege brauchen, um diese Lücke zu schließen, aber wir werden es ge­meinsam zustande bringen –, und ich bedanke mich bei Harald Mahrer, der in der letz­ten Zeit wirklich gezeigt hat, was gute Politik ist, und bei seinem Mitarbeiter Eli Widecki.

Wir können alle miteinander stolz darauf sein, dass wir diesen Beschluss heute fassen dürfen. Alles Gute! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grü­nen.)

21.01


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Stein­bichler. – Bitte.

 


21.01.35

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Frau Präsident! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher auf der Besuchergalerie und vor den Fernsehgeräten! (Der Redner stellt eine Tafel vor sich auf das Rednerpult, auf der zwei mit Baumstämmen beladene Lkw abgebildet sind, die auf einer Autobahn unterwegs sind.)

Ich möchte ein bisschen Realität in diese überschwängliche Diskussion hineinbringen (Zwischenrufe bei der ÖVP) – ja, Herr Kollege, und das ist notwendig! –, weil es hier nur, wie meine Kollegin Weigerstorfer ganz richtig gesagt hat, um ein Tröpfchen auf den hei­ßen Stein geht. Wenn wir, Herr Minister, hier von den Stromimporten reden, dann müs­sen wir darüber reden, wie viel Atomstrom importiert wird.

Realität ist, dass wir besonders in unserem holzreichen Land – Herr Präsident Schul­tes, das wäre auch ein Thema, das von dir ganz wesentlich zu erwähnen wäre; ich kann dir auch die Brennstoffseite zeigen (der Redner dreht die Tafel um, auf deren Rücksei-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 305

te Brennholz zu sehen ist) –, in dem wir 47 Prozent Waldfläche haben, aber den größten Holzimport im Brennholzbereich, den größten Holzimport im Pelletsbereich, aus den Ost­ländern, egal, vom Lagerhaus bis zu den Baustoffmärkten bis zu den Hotels, eine Dis­kussion führen, als ob es nur eine Rettung geben würde.

Jawohl, es ist ein richtiger erster Schritt, aber es ist auch die Erbsünde der Agrar- und Umweltpolitik, diese damals forcierte Errichtung der Biogasanlagen mit dem verloge­nen Argument der Überschussflächen. Dass beim gleichzeitigen Import von Soja – über 140 000 Hektar Anbaufläche – und Palmöl – über 100 000 Hektar Anbaufläche – von Überschussflächen in Österreich gesprochen wird und die heimische Produktion im Preis gedrückt wird – das sind die Fakten, lieber Kollege Schultes! –, das sollte man nicht schön­reden.

Ich möchte Folgendes sagen: Wenn wir unseren Wald erfolgreich bewirtschaften wol­len – egal ob Staatswald oder Privatwald –, hängen da Tausende wertvolle regionale Ar­beitsplätze dran. Dann können wir glaubwürdig bei den Klimazielen nach vorne schrei­ten, denn dies (der Redner dreht die Tafel wieder mit der anderen Seite nach vorne) ist nur ein kleines Bild. Dasselbe passiert auf der Schiene: Täglich kommen 40 Waggons ukrainische Buche nach Österreich. Es erfolgen sinnloseste Transporte kreuz und quer durch die europäischen, durch die internationalen Staaten.

Frau Kollegin Brunner und Herr Minister Mahrer, das wäre ein Thema für einen Pariser Vertrag: einmal darüber zu reden, wie die Realität aussieht, darüber zu reden, wo wir ef­fektiv und sofort einsparen können, und nicht alles schönzureden.

Das wollte ich dazu sagen. Wir werden aber zustimmen. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und Grünen.)

21.03

21.03.54

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Somit gelangen wir nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1519 der Beila­gen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Lettenbichler, Katzian, Mag. Brunner, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimm­ten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf sowie der Zusatz- beziehungsweise Abänderungs­antrag Verfassungsbestimmungen enthalten, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Die Abgeordneten Mag. Lettenbichler, Katzian, Mag. Brunner, Kolleginnen und Kolle­gen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend die Artikel 1 bis 4 und 6 eingebracht.

Wer diesen Änderungen beitritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ich stelle ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 306

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hierfür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig so angenommen; damit ist auch die verfassungsmäßig erforderliche Zwei­drittelmehrheit gegeben.

Wir gelangen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zu­stimmung geben, um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung ein­stimmig angenommen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

21.06.0444. Punkt

Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über die Re­gierungsvorlage (1671 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das FTE Nationalstiftungsge­setz geändert wird (1677 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zum 44. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Himmelbauer. – Bitte.

 


21.06.41

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Frau Präsidentin! Herren Minis­ter! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem heutigen Beschluss des vorliegenden Ge­setzes wollen wir die Grundlagen- und die angewandte Forschung stärken, indem wir mehr finanzielle Mittel, mehr Geld, für Programme und Initiativen unserer Forschungs­förderungsagenturen, für die Ludwig Boltzmann Gesellschaft, für die Christian Doppler Forschungsgesellschaft und für die ÖAW zur Verfügung stellen.

Damit wird auch ein wichtiger Punkt aus dem Forschungspaket der Regierung aus dem letzten Jahr wie vereinbart umgesetzt. Das wird notwendig, weil die Mittel der National­stiftung, des ERP-Fonds und des Österreich-Fonds vor allem in den letzten Jahren star­ken Schwankungen unterlegen sind, Schwankungen hinsichtlich ihrer Zinserträge, die dazu geführt haben, dass in einer Höhe von bis zu 100 Millionen € dotiert worden ist, aber auch auf einem Tiefstand von 36 Millionen €.

Nichtsdestotrotz: Erfreulicherweise wurden seit 2004 in diesem Rahmen über 1 Milliar­de € für Forschungszwecke ausgeschüttet, und ich glaube, das zeigt auch, wie wesent­lich dieser finanzielle Beitrag für Forschung und Innovation in Österreich ist.

Forschung und Innovation ist für die volkswirtschaftliche Entwicklung, aber auch für die gesellschaftliche Entwicklung, das gesellschaftliche Fortkommen wesentlich. Gerade in dieser Legislaturperiode haben in den letzten Jahren beide Ministerien wesentlich in For­schungseinrichtungen, in die Infrastruktur, aber auch in die Forschenden selbst inves­tiert. Diese Anstrengung trägt auch Früchte: Nicht zuletzt haben wir, wenn wir Europa ansehen, die zweithöchste Forschungsquote, und erfreulicherweise liegen wir auch, wie erst vor ein paar Tagen bekannt geworden ist, auf Platz 7 im European Innovation Score­board. Somit gehören wir auch zur Gruppe der starken Innovatoren.

Wir wissen aber auch, dass andere Länder ihre Forschungs- und Innovationsaktivitäten weiter ausbauen. Deshalb darf es und muss es auch in unserem Interesse liegen, dass wir weiterhin Anstrengungen forcieren, um auch zum Innovation Leader aufzusteigen.

Heute wurde – danke auch an den Finanzausschuss – unter anderem die Erhöhung der Forschungsprämie auf 14 Prozent beschlossen. Wir setzen heute auch ein wichtiges Zei­chen, einen wichtigen Schritt in der finanziellen Ausstattung, wenn es darum geht, der Na­tionalstiftung für die nächsten drei Jahre 300 Millionen € zusätzlich auszuschütten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 307

Damit erzielen wir auch einen Höchststand, wenn es um diese Mittel geht. Ich glaube, dieses Geld ist gut investiert, und daher bitte ich um breite Zustimmung. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

21.09


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kucher. – Bitte.

 


21.09.42

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Herren Bundesmi­nister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich Kollegin Himmelbauer nur anschließen: Ich glaube, man kann in diesem zentralen und elementaren Bereich, nämlich Forschung, Technologie und Innovation, für Österreich den Schlüssel für die Lö­sung der Fragen wie Wohlstand, Zukunftschancen junger Menschen, die ganz großen ge­sellschaftlichen Herausforderungen, vor denen wir stehen – demografische Entwicklung, Gesundheitssystem der Zukunft, Klimawandel –, sehen.

Deshalb ist es ganz wichtig, auf der einen Seite stolz auf Erreichtes zu sein – wir kön­nen auf die letzten vier Jahre durchaus gemeinsam stolz zurückblicken –, andererseits aber nicht zu vergessen, dass wir noch einiges tun müssen, wenn wir wirklich in diesen Bereichen zur Weltspitze gehören wollen.

Ich glaube, dass wir mit dem heutigen Beschluss vor allem im Bereich der Grundlagen­forschung dringend notwendige Nachbesserungen zustande bringen. Das ist mir per­sönlich ein ganz großes Anliegen, weil es vor allem auch um junge Forscherinnen und Forscher geht, die hier in Österreich gute Rahmenbedingungen brauchen, und wo wir ein­fach dranbleiben müssen, damit diese Menschen diese Rahmenbedingungen, die ihnen gebühren, in Österreich auch vorfinden.

Wir haben gestern im Bereich der Universitätsfinanzierung gemeinsam eine ganz wich­tige Absicherung beschlossen. Es hat das Start-up-Paket gegeben. Wir haben heute die Forschungsprämie beschlossen und gehen damit auf 14 Prozent, was für den Bereich der angewandten Forschung in Österreich ganz wichtig ist, und heute erfolgt auch eine Schwerpunktsetzung im Bereich der Grundlagenforschung.

Es gibt Bereiche, in denen wir gut dastehen: Wir haben den zweiten Platz im Bereich der Forschungsquote. Wir könnten auch lange über die Quote reden, sozusagen Input versus Output, aber ich glaube, die Richtung stimmt in diesem Bereich. Es gibt aber viele Bereiche, in denen wir noch deutlich besser werden müssen – gerade eben im Bereich des Outputs, auch das Bildungssystem ist ein riesengroßes Thema, die Frage der Pa­tente haben wir auch mehrmals diskutiert, aber vor allem auch in diesem elementaren Bereich der Grundlagenforschung.

Wir wissen, wie wichtig es gerade bei einem Land wie Österreich ist – die Harvard-Stu­die hat das auch sehr eindrucksvoll belegt –, das sich sozusagen haarscharf an der Tech­nologiegrenze befindet, gerade im Bereich der Universitäten und im Bereich der Grund­lagenforschung zu investieren, um auch alle Zukunftspotenziale ausschöpfen zu kön­nen. Ich darf daher alle Kolleginnen und Kollegen heute wirklich um Zustimmung zu die­sem wichtigen Beschluss bitten. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

21.11


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek zu Wort. – Bitte.

 


21.12.06

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine Herren Bun­desminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Hinter dem kleinen Titel, unter


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 308

dem wir heute dieses Gesetz beschließen, steckt eine relativ gute und wirklich wichtige Aktivität, nämlich eine stabile Dotierung der Nationalstiftung.

Wir haben schon gehört, wir leben in Zeiten der volatilen Fonds, ERP und so weiter. Wichtig ist – und das gilt nicht nur für diese Bundesregierung, sondern vor allem auch schon mit Vorausblick für die nächste Bundesregierung – eine stabile Dotierung mit ei­ner Betragshöhe von 100 Millionen € pro Jahr für die nächsten drei Jahre. Das gibt – auch wenn es ein Vorgriff in die kommende Regierungsarbeit ist – der Forschung und Ent­wicklung Stabilität. Ich sage einmal, die drei Jahre 2018 bis 2020 können damit durch­aus schon im großen Rahmen, ich will nicht sagen geplant werden, aber der Punkt ist, man muss Stabilität in diesen wirtschaftlichen Entwicklungen relativ hoch ansetzen.

Ich weiß, als Oppositionspolitiker darf man mit dem Geschehenen nie zufrieden sein, und das leitet mich, ich will nicht sagen zu Forderungen, aber zumindest zu Feststellun­gen: Wir wollen, dass mit diesem Geld Zusatzinvestitionen gemacht werden oder dass man, und das ist bei Ihren beiden Ministerien wichtig, Schwerpunktsetzungen vornimmt.

Was ich mir nicht wünsche, wäre, dass man das rein für Lückenschließungen verwen­det. Das ist gleichzeitig mit einer weiteren Bitte verbunden, nämlich in der Zukunft nicht die Mittel der Bundesministerien zu reduzieren, sondern das wirklich zu einem zusätzli­chen Mittelfluss werden zu lassen.

Wir sind derzeit in der Position des Followers. Ich glaube, dass es gerade in der For­schung nicht so leicht möglich ist – und vor allem: es ist nicht nur durch Geldfluss mög­lich –, zum Leader zu werden. Wir sollten uns wirklich anstrengen, gemeinsam mit der Industrie, gemeinsam mit den Universitäten ordentliche Schwerpunkte zu setzen. Dann machen diese Mittel, über die ich mich heute wirklich sehr freue, auch weiterhin sehr viel Sinn, und ich hoffe, dass sie sich gut auswirken. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

21.14


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


21.14.51

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister Leichtfried! Sehr geehrter Herr Minister Mahrer! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Ja, es ist selbstverständlich begrüßenswert, dass die Nationalstiftung jetzt für die nächsten drei Jahre jährlich mit 100 Millionen € gestärkt wird; selbstverständlich unter­stützen wir das.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich auf die Diskussion in den letzten Tagen und Wo­chen zum European Innovation Scoreboard eingehen, das die Kollegin vorhin auch er­wähnt hat: 2009 waren wir auf Platz 6, sind dann sukzessive auf Platz 11 abgefallen, dann hat es eine Verbesserung auf Platz 10 gegeben, und vor wenigen Wochen war die Jubelmeldung die Verbesserung auf Platz 7. Das soll jetzt nicht darüber hinwegtäu­schen, dass wir 2017 noch immer auf einer schlechteren Position sind, als wir es 2009 waren. Ich will hier bei der ganzen Geschichte nicht die Partycrasherin sein, weil ich es großartig finde, wenn wir uns verbessern, aber es ist letztendlich auch dem geschuldet, dass die Indikatoren verändert wurden.

Ich glaube, dass es bei dieser Debatte notwendig ist, sich zu fragen: Wo liegen wir?, Wo wollen wir hin und wie kommen wir dorthin?, und genau da einen scharfen und ge­nauen Blick darauf zu werfen, um tatsächlich die Schwächen, die das Innovationssys­tem hat, zu beseitigen und eine andere Dynamik hineinzubringen.

Es sind selbstverständlich die Bereiche Bildung, Grundlagenforschung, in die wir ver­stärkt investieren müssen und hinsichtlich derer wir uns darauf konzentrieren müssen, dass tatsächlich die Rahmenbedingungen verbessert werden, genauso wie für die For-


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scherinnen und Forscher in diesem Land an den Universitäten, aber auch an den nicht universitären Forschungseinrichtungen.

Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Minister! Lassen Sie mich einen Blick auf ganz, ganz wesentliche Indikatoren, die auch im Bericht angeführt sind, werfen, und zwar auf die Indikatoren gerade in den Bereichen Klima- und Umweltschutz. Da hat Österreich eine sehr bescheidene Performance; genauso wie in den Bereichen Ressourcen, Pro­duktivität und Treibhausgasemissionen liegt Österreich mit einem beachtlichen Abstand hinter den Innovation Leaders. Genau da gilt es auch, zu fokussieren und zu investie­ren. Ich glaube, dass durchaus auch heute mit dem Ökostromgesetz ein nächster Schritt gesetzt wurde, um da einen entsprechenden Beitrag zu liefern.

Nichtsdestotrotz halte ich es für erforderlich, dass wir die Mittel in der Grundlagenfor­schung, aber auch in der angewandten Forschung auf Bereiche wie Umwelt- und Ener­gietechnik oder Ressourcenmanagement fokussieren und das stärken, um entsprechend weiterzukommen.

Lassen Sie mich abschließen: Unser Innovationssystem ist nicht schlecht aufgestellt. Un­ser Innovationssystem braucht aber wesentlich mehr, um uns tatsächlich zu einem der Innovation Leaders werden zu lassen, und das heißt, dass es wichtig ist, das sehr ge­samthaft zu betrachten. Ich habe es bereits erwähnt: Das eine ist die Bildung, aber an­dererseits gilt es auch, sich weiterhin auf Wissenschaft und Grundlagenforschung zu kon­zentrieren und selbstverständlich auch die Rahmenbedingungen für moderne, forschungs­intensive Unternehmungen tatsächlich zu verbessern, und da geht es auch um die Ka­pitalausstattung und darum, Risikokapital zur Verfügung zu stellen.

Das Letzte, was ich heute hier anführen möchte – und ich glaube, da müssen wir im Herbst ganz intensiv weiter daran arbeiten, das müssen wir ganz intensiv weiter gestal­ten –, sind die Governance-Strukturen im FTE-Bereich. Das ist etwas, wo wir vor gro­ßen Herausforderungen stehen und was wir konsequent angehen müssen, um tatsäch­lich den Wissens- und Wirtschaftsstandort Österreich zu stärken und zu den Innovation Leaders aufschließen zu können. (Beifall bei den Grünen.)

21.19


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Töchterle. – Bitte.

 


21.19.30

Abgeordneter Dr. Karlheinz Töchterle (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Regie­rungsmitglieder! Hohes Haus! Das ist heute ein sehr erfreulicher Beschluss, der da an­steht.

Wir machen jährlich 140 Millionen € für die Forschung frei, was sich bis 2020 auf eine Summe von 420 Millionen € aufsummiert. Das ist ein kräftiger Betrag, der vor allem in österreichische Institutionen mit hochqualitativer Forschung oder hochqualitativer For­schungsförderung geht. Der FWF ist ja auch darunter, das wurde noch nicht erwähnt. Er wird als wichtigste Förderinstitution für Grundlagenforschung mitprofitieren.

Das alles ist sehr erfreulich, damit wird sehr gezielt Geld für hoch kompetitive For­schung eingesetzt. Deswegen möchte ich das anders als Herr Kollege Kucher nicht mit dem gestrigen Beschluss zur Universitätsfinanzierung vergleichen. Gerade das Gegen­teil ist der Fall, die Beschlüsse von heute und gestern sind zwei ganz unterschiedliche Dinge. Gestern haben wir Geld mit der Gießkanne über die Universitäten ausgeschüttet.

Die eigenartige Koalition von Grün und Rot mit den für sie sonst so bösen Blauen hat­ten wir schon vor zehn Jahren, als es um die Abschaffung der Studiengebühren ging. (Zwi­schenruf des Abg. Kucher.) Damals haben wir jährlich auf über 150 Millionen € verzich­tet, das hat sich inzwischen auch schon auf eine Summe von 1,5 Milliarden € aufsum­miert. Mit diesem Geld bewirken wir, dass die Mailänder Millionärstochter und der Arzt-


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sohn aus München zur Gänze finanziert mit österreichischem Steuergeld studieren kön­nen. Das ist nicht richtig verteiltes Geld (Beifall bei der ÖVP), und Ähnliches ist gestern passiert.

Wir müssen das Geld, das wir verteilen und das wir nicht im Überfluss haben, fokus­siert, gezielt an die richtigen Stellen leiten. Das tun wir heute, und darüber freue ich mich. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Lichtenecker.)

21.21


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster hat sich Herr Bundesminister Dr. Mahrer zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

 


21.21.45

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Mag. Dr. Harald Mahrer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich wollte noch einmal die Gesamtsumme ins rechte Licht rücken, ich glaube, das zahlt sich aus. Wir haben in den letzten 14 Jah­ren, seit 2004, wenn man das heurige Jahr mit der Budgetierung mit einrechnet, im Schnitt 76 Millionen € pro Jahr über die Nationalstiftung ausgeschüttet. Das sind Mittel, die aus OeNB- und ERP-Fonds gekommen sind, und noch die Mittel aus dem Öster­reich-Fonds, die auch über das Beiratsgremium vergeben werden. In den nächsten drei Jahren schütten wir 140 Millionen € pro Jahr aus, auch wieder die Zusatzdotierung plus die Österreich-Fonds-Mittel. Das sind immerhin plus 85 Prozent, ich glaube, das kann sich sehen lassen.

Wir haben – wie auch in den letzten eineinhalb Jahren im Ausschuss besprochen, Frau Obfrau – Wort gehalten. Wir haben gesagt, wir werden diese Sonderdotierung organi­sieren, die wir hoffentlich auch in den nächsten Jahren aufrechterhalten können. Sie ist jetzt da, und ich bedanke mich auch bei allen, die dafür gekämpft haben.

Ich halte das für sehr notwendig, der Abgeordnete Töchterle hat es gerade angespro­chen: Es geht bei den antragstellenden Organisationen um hoch kompetitive Projekte, egal ob das der FWF ist oder die Ludwig Boltzmann Gesellschaft, ob das die Maßnah­men sind, die wir im Bereich Open Innovation setzen, im Bereich der besseren Verwert­barkeit unserer Patente, der Forschungsergebnisse. Du hast ja die notwendigen Kriterien aus der neuen Evaluierung, die man sich näher anschauen muss, angesprochen. Ich den­ke, das sollten wir auch wirklich gemeinsam tun.

Wir stehen jetzt tatsächlich an einer ganz, ganz spannenden Schwelle. Im nächsten oder übernächsten Jahr können wir vielleicht wieder in diese Gruppe der Innovations­führer, zumindest auf europäischer Ebene, springen. Das ist in Reichweite, das können wir gemeinsam, wenn wir wollen, schaffen. Da gibt es einige Punkte, die man anspre­chen muss, wie die Frage des Venture Capitals, die Frage: Was schaffen wir im Be­reich der Spin-offs? Auch das wird immer recht kritisch gesehen. Der allgemeine bil­dungspolitische Block ist angesprochen, auch das ist natürlich eine Frage. Etwas ist, glaube ich, noch wichtig und passt zum vorhergehenden Beschluss, nämlich das klare Bekenntnis, im Bereich erneuerbarer Energie, im Bereich Umwelttechnologie wesent­lich mehr zu investieren.

Da wird wiederum der österreichischen Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018 ein besonderer Stellenwert zukommen. Warum? – Weil in dieser Zeit das nächste For­schungsrahmenprogramm vorzubereiten und zu fixieren ist, und da haben wir als Ös­terreicher auch die Möglichkeit, gut austarierend und balancierend jene Schwerpunkt­setzungen im europäischen Konzert festzulegen, die auch für nachhaltige, verantwor­tungsbewusste Innovationspolitik notwendig sind. Da wird natürlich die Umwelttechno­logie, so glaube ich, auch einen zentralen Stellenwert haben. So wird sich uns auch die Möglichkeit bieten, in einer guten und klugen Strategie, wie wir sie ja federführend über


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 311

die offenen Innovationsansätze in Europa zurzeit verfolgen, tatsächlich den Sprung in die Spitzengruppe zu schaffen.

Bei dieser Gelegenheit sage ich (in Richtung Bundesminister Leichtfried) dir noch ein­mal Danke für die Bereitschaft, dich auch für diese entsprechende Dotierung einzuset­zen! Danke an alle, die mitgewirkt haben. Ich glaube, das ist im Sinne der exzellenten Grundlagenforschung und angewandten Forschung, wir leisten dadurch den Beitrag, den sich die Forscherinnen und Forscher für ihre Arbeit auch verdient haben. – Herzli­chen Dank. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Lichtenecker.)

21.24


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Yılmaz. – Bitte.

 


21.24.59

Abgeordnete Nurten Yılmaz (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Heute ist wirklich ein guter Tag: noch ein Tagesord­nungspunkt, um Österreich ein Stückchen besser zu machen! Am liebsten würde ich durchmachen, denn wir haben jetzt einen Lauf. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit der Abg. Lichtenecker.) Ich habe eine ganze Liste, was man noch unterbrin­gen könnte, und ich denke, einige andere Kolleginnen und Kollegen haben auch eine.

Sehr geehrte Damen und Herren, das Ziel ist, Österreich in die Gruppe der innovativs­ten Länder Europas zu führen. Dazu hat sich die Bundesregierung bekannt, und dazu haben sich auch die Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die sich zu Wort gemel­det haben, bekannt. Ich freue mich über die breite Unterstützung. Ziel ist es natürlich auch, die Attraktivität Österreichs als Forschungsstandort zu stärken, und vor allem auch, die internationale Wettbewerbssituation der Forscherinnen und Forscher in Industrie und Wissenschaft zu verbessern.

Mit der Änderung des FTE-Nationalstiftungsgesetzes wird die gesetzliche Grundlage geschaffen, die Nationalstiftung für die nächsten drei Jahre pro Jahr mit 100 Millionen € zu dotieren, die der Grundlagenforschung zugutekommen werden. Damit werden auch Wachstums- und Beschäftigungschancen verbessert und die Entwicklung zu einem dyna­mischen wissensbasierten Wirtschaftsraum unterstützt. – Vielen Dank für die breite Unter­stützung. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Lichtenecker.)

21.26

21.26.55

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1671 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für den Gesetzentwurf aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung einstimmig angenom­men.

21.27.3345. Punkt

Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über die Re­gierungsvorlage (1656 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Markenschutzge-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 312

setz 1970, das Patentgesetz 1970, das Gebrauchsmustergesetz, das Halbleiter­schutzgesetz, das Musterschutzgesetz 1990 und das Patentamtsgebührengesetz geändert werden (1678 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zum 45. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Antoni. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


21.28.04

Abgeordneter Konrad Antoni (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herren Bun­desminister! Geschätzte Damen und Herren! Bei der Änderung der vorliegenden Geset­zesmaterien vom Markenschutzgesetz 1970 bis zum Patentamtsgebührengesetz geht es vorwiegend um die Sicherung und um den Schutz von Marken für KMUs und Start-ups. Wesentlich dabei ist, dass es bei der finanziellen Komponente zu einer wesentli­chen Vergünstigung kommen wird. Zum anderen wird mit der Umsetzung dieser EU-Richt­linie auch eine ungleiche Wettbewerbsvoraussetzung innerhalb der EU ein Stück weit ver­ringert.

Geschätzte Damen und Herren, ich denke, gerade wenn sich ein Unternehmen in der Gründungsphase befindet, kann jede zusätzliche Rechnung eine Belastung darstellen. Genau in diesem Zeitraum müssen die Unternehmen sehr, sehr gut kalkulieren, und oftmals entscheidet in dieser Phase nicht die Idee des Unternehmens darüber, ob es zu einer Markensicherung im Patentamt kommen kann oder nicht, sondern die finan­ziellen Möglichkeiten. Genau da, davon bin ich überzeugt, setzt das Gesetz an, denn die Vorgangsweisen, wie man eine Marke zukünftig schützen kann, werden für Start-ups und KMUs eindeutig besser finanzierbar sein.

Die Erneuerungsgebühren waren bis jetzt zum Beispiel gestaffelt und mit jeder Verlän­gerung der Marke war eine neue Erneuerungsgebühr zu bezahlen. Das wird jetzt neu geregelt, die Erneuerungsgebühr bei Individualmarken wird künftig 700 € betragen, egal wie viele Erneuerungen es bereits gegeben hat. Bei Verbandsmarken werden es zu­künftig 1 300 € sein, ebenfalls egal wie viele Erneuerungen es bereits gegeben hat. Zum Vergleich: Bis dato waren bei der ersten Verlängerung Gebühren in Höhe von 2 715 € fällig, bei der zweiten Verlängerung 3 133 € und bei der dritten Verlängerung sogar 3 551 €.

Ich denke, das ist eine positive Entscheidung. Der Anstoß für diese positive Änderung ist, wie gesagt, eine EU-Richtlinie, die jetzt in der nationalen Umsetzung unseren Fir­men, unseren Betrieben zugutekommt. Ich denke, das ist ein Grund mehr, um dieser Um­setzung der EU-Richtlinie zuzustimmen, was wir auch sehr gerne machen werden. – Dan­ke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.30


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Lettenbichler. – Bitte.

 


21.30.55

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Mein Vorredner hat ja schon wesentliche Punkte erwähnt. Mit der Umsetzung dieser EU-Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mit­gliedstaaten betreffend Markenschutz gibt es speziell im Hinblick auf die Bedürfnisse von Start-ups und Kleinunternehmen viele Verbesserungen und Erleichterungen. Die Eintritts­schwelle zum Markenschutz wird eben für KMUs und Start-ups gesenkt.

Vor allem für diese Betriebe, die am Beginn einer vielleicht großartigen unternehmeri­schen Karriere stehen, ist die Marke ein essenzielles Tool. Marken definieren das Pro­dukt, sie schaffen Bewusstsein und sorgen für einen Wiedererkennungswert. Ein Markt-


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eintritt ohne Marke wäre der Untergang eines jeden innovativen Unternehmens. Meine Damen und Herren, es liegt auch auf der Hand, dass das eigene Unternehmen erst dann erfolgreich sein kann, wenn es eine eigene unverwechselbare Marke hat. Mit dieser No­velle kommt es in dieser Hinsicht zu einer Stärkung.

Ich freue mich, dass es hierzu Einstimmigkeit gibt. Die wesentlichen Punkte wurden schon erwähnt, und ich bedanke mich für Ihre Zustimmung. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

21.32


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Bacher. – Bitte.

 


21.32.33

Abgeordneter Walter Bacher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Wie bereits angesprochen wird mit dieser Novelle eine EU-Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften teilweise umgesetzt. Mit dieser Ge­setzesänderung sollen vor allem Klein- und Mittelbetriebe und Start-ups unterstützt wer­den. Diese haben oft mit vielerlei Hürden und Problemen zu kämpfen, und da soll ge­holfen werden. Wie bereits angeführt werden zum Beispiel die bisherigen Anmelde- und vor allem die Erneuerungsgebühren, je nachdem welche Marke geschützt oder er­neuert werden soll, künftig wesentlich niedriger sein. Damit werden einerseits die Fir­men finanziell zumindest in dieser Hinsicht etwas entlastet, und es wird andererseits vor allem der Nachteil gegenüber anderen EU-Ländern, die die EU-Richtlinie bereits umge­setzt haben, beseitigt. Wenn es dadurch zu einem Innovationsaufschwung kommt bezie­hungsweise mehr innovative Ideen aus Österreich durch Marken geschützt werden, dann ist das umso besser.

Auch wenn die Umsetzung der EU-Richtlinie erst ab 2019 erledigt sein müsste, so trägt die vorzeitige Umsetzung bereits jetzt dazu bei, unsere KMUs und Start-ups zu entlas­ten und damit zu stärken.

Ein Großteil der Betriebe in Österreich sind Klein- und Mittelbetriebe, und jede neue in­novative Firma ist ein Gewinn für Österreich, vor allem in den ländlichen Regionen, wo wir uns über jede Firma freuen, die sich ansiedelt. Auch wenn es noch so kleine Fir­men sind, sie schaffen Arbeitsplätze, und diese Arbeitsplätze sind ein Gewinn für den ländlichen Raum und somit ein Gewinn für Österreich. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.34


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Mag. Leichtfried zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

 


21.34.11

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Jörg Leichtfried: Frau Präsidentin! Geschätztes Hohes Haus! Ich glaube, wir haben ein gemeinsames Anliegen, und das gemeinsame Anliegen ist, den Standort Österreich zu sichern, Ar­beitsplätze in Österreich zu sichern, dafür zu sorgen, dass Menschen, die bereit sind, hart zu arbeiten, auch die Möglichkeiten bekommen, das zu tun, ihr Leben zu gestalten, auf­zusteigen, wenn sie das möchten, und dafür zu sorgen, dass die Dinge so laufen, wie sich das jeder persönlich wünscht.

Wir haben als kleines Land inmitten dieses Europas, dieser Europäischen Union, eine einzige Chance, eine große Chance. Wir können und wollen nicht über Löhne konkur­rieren; wir können und wollen nicht über schlechte Sozialvorschriften konkurrieren; wir können und wollen nicht über schlechten Umweltschutz konkurrieren. Wir können aber in einem Bereich konkurrieren, und das ist die Innovation, das sind die Leistungen, die Erfindungen, die es bei uns gibt, die Ideen, die es gibt, die Möglichkeiten, die dadurch geschaffen werden. Das ist das, was unser Land stark macht.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 314

Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass diese Innovation, wenn sie entsteht, nicht nur entsteht, sondern auch geschützt wird. Wir haben eine Reihe von Reformen im Be­reich des Patentamtes durchgeführt, um es gerade kleinen Unternehmen, Unternehmen am Anfang, Start-ups, leichter zu machen, in Genuss dieses Schutzes zu kommen. Das ist jetzt sozusagen der nächste Schritt, wo es um die Marken geht, wo es darum geht, Brands zu schaffen, die irgendwann einmal unsere Landesgrenzen auch verlassen und vielleicht internationale Bekanntheit oder Berühmtheit erlangen werden.

Deshalb bin ich froh, dass schon im Ausschuss die Zustimmung zu dieser Änderung ei­ne sehr große war, und bitte Sie, auch hier zuzustimmen. Es ist wichtig für unser Land, dass wir unsere Innovation, dass wir die Ideen, die es im Land gibt, schützen, damit da­raus dann Arbeitsplätze entstehen und die Menschen ihr Leben gestalten können. – Herzli­chen Dank. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Lichtenecker.)

21.36

21.36.20

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1656 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf zustimmen, um ein Zei­chen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Ge­setzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

21.37.0046. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 2229/A der Abgeordneten An­ton Heinzl, Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 und das Unfalluntersuchungsge­setz – UUG 2005 geändert werden (1734 d.B.)

47. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 2230/A der Abgeordneten An­ton Heinzl, Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Wasserstraßengesetz geändert wird (1735 d.B.)

48. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1657 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (1736 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Somit gelangen wir zu den Punkten 46 bis 48 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Willi. – Bitte.

 


21.38.00

Abgeordneter Georg Willi (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich werde in 4 Minuten über drei Gesetze sprechen und zwei Entschließungs­anträge einbringen. (Zwischenruf der Abg. Schimanek.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 315

Ich starte mit dem Kraftfahrgesetz, eine schöne Vorlage im ersten Teil: Da wird nach ei­nigen Skandälchen die Bundesanstalt für Verkehr jetzt in das BMVIT integriert. Das ist ein bereits lange von der Frau Präsidentin, damals noch als Verkehrsministerin, angekün­digter Schritt einer Verwaltungsreform. Gleichzeitig bleibt die EU-rechtlich unverzichtbare unabhängige Unfalluntersuchungsstelle als selbständige Einheit erhalten. – So, da könn­ten wir ja zustimmen, aber da gibt es eine Passage, in der sich die Regierungsparteien schrecklich bemühen, dass man mit einem Probekennzeichen – das sind diese blauen, für die man zum Beispiel keine motorbezogene Versicherungssteuer zahlen muss – ganz viel und auch ins Ausland fahren kann. Das zu regeln ist ziemlich kompliziert, weil durch das Fahren ins Ausland entsprechend umfassende Regelungen erforderlich sind. Für so etwas so viel Aufwand zu betreiben – damit ein paar Personen kostengünstig mit dem Probekennzeichen herumfahren können –, dafür haben wir null Verständnis. Daher leh­nen wir dieses Gesetz ab.

Zweiter Punkt, Wasserstraßengesetz: Da werden einzelne Aufgaben der Schifffahrts­aufsicht vom BMVIT an die via donau übertragen. Das ist ein sinnvoller Schritt zur Ver­waltungsvereinfachung und damit werden Ressourcen frei, sodass man zum Beispiel, wenn das nächste Mal ein Tankschiff auf der Donau havariert, nicht zwei bis drei Tage warten muss, bis das Schiff weggeschleppt wird, denn ein volles Tankschiff ist einfach eine Gefahr für die Wasserstraße Donau.

Das viel Spannendere ist aber, dass ein Uraltprojekt jetzt endlich zu Grabe getragen wird, und zwar auch ganz offiziell, nämlich der Erhalt der freien Fließstrecke der Donau im Nationalpark unterhalb von Wien. Das wurde jetzt als flussbauliches Gesamtprojekt dezidiert herausgenommen. Man kann also sagen, die Überprüfung der alten Projekte hat ergeben, dass ein Projekt, das zugunsten eines Nationalparks eh längst gestorben ist, jetzt offiziell aus dem Gesetz heraußen ist – ein großer Fortschritt!

Noch eines, Herr Minister: Sie haben angekündigt, dass auch die großen Straßenbau­projekte in dieser Legislaturperiode überprüft werden. Davon ist weit und breit nichts zu sehen. Sie halten an diesem Betoniererkurs fest, in einer Zeit, in der wir, wie wir alle wis­sen, etwas gegen den Klimawandel tun müssen und den Verkehr vor allem hin zum öf­fentlichen Verkehr verlagern müssen. (Beifall bei den Grünen.)

Mein letzter Punkt ist das Luftfahrtgesetz: Da gibt es einige Änderungen, die an sich unproblematisch und auch EU-rechtlich notwendig sind. Aber wieder einmal nutzen Sie eine Gesetzesmaterie, um etwas zu verschlechtern. In dem Fall geht es um den Lärm durch die Luftfahrt. Da werden die Rahmenbedingungen für lärmgeplagte AnrainerIn­nen verschlechtert. Das können wir überhaupt nicht gutheißen, im Gegenteil. Bei so bil­ligen Flügen, wie sie derzeit von Wien aus angeboten werden, führt das zwangsläufig zu mehr Flugverkehr, weil er attraktiver wird. Ich möchte, dass wenigstens der Lärm durch den Flugverkehr die Anrainerinnen und Anrainer vor allem im Großraum Wien nicht über Gebühr belastet und bringe daher zwei Entschließungsanträge ein.

Der erste:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einhaltung des Flug­beschränkungsgebiets Wien, damit Landeanflüge über das Stadtgebiet wieder Ausnah­me statt die Regel werden

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, in Einhaltung der Vorgaben des LFG und der LVR betref­fend Flugbeschränkungsgebiet Wien dafür zu sorgen, dass die zumeist illegalen Lan-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 316

deanflüge von Westen her über das Wiener Stadtgebiet zum Flughafen ohne Aufschub auf das gesetzlich gedeckte Maß reduziert werden.“

*****

Und der zweite:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzeskonforme Optimierung der Flugrouten im Großraum Wien

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, gegenüber der AustroControl die Optimierung der Flug­routen im Sinne des Betroffenheitsminimierungsgebots gemäß § 120a Luftfahrtgesetz durchzusetzen, damit die Betroffenen im Großraum Wien endlich von vermeidbaren, ge­sundheitsschädlichen Belastungen wie Fluglärm befreit werden.“

*****

Meine Damen und Herren! Tun Sie am Ende der Legislaturperiode etwas mit uns Grü­nen für die lärmgeplagten Anrainerinnen und Anrainer des Flughafens Schwechat! Ich bitte darum. (Beifall bei den Grünen.)

21.42


Präsidentin Doris Bures: Die Entschließungsanträge sind ordnungsgemäß eingebracht und stehen daher mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Georg Willi, Freundinnen und Freunde

betreffend Einhaltung des Flugbeschränkungsgebiets Wien, damit Landeanflüge über das Stadtgebiet wieder Ausnahme statt die Regel werden

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1657 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (1736 d.B.)

Seit 1964 besteht auf Basis einer VO des damaligen Verkehrsministers ein „Flugbe­schränkungsgebiet Wien LO R 15“, seit 1967 als Teil der LVR (Luftverkehrsregeln), seit 2014 mit dem expliziten Ziel „Lärmschutz für die Stadt Wien“.

In der Rechtsgrundlage dieses Flugbeschränkungsgebiets heißt es wie folgt:

„Wenn es die Wetterlage und die Verkehrslage zulassen und Gründe der Sicherheit der Luftfahrt nicht entgegenstehen, ist auf dem Flughafen Wien-Schwechat in der Richtung nach Westen beziehungsweise nach Norden zu landen.“

Es ist also – abgesehen von exzeptionellen Wetterverhältnissen – unzulässig, in Rich­tung Osten (Landesanflug quer über das dicht verbaute Stadtgebiet von Wien) auf der Piste 11 des Flughafens Wien-Schwechat zu landen.

Solche „exzeptionellen“ Wetterverhältnisse liegen jedoch nur dann vor, wenn der Wind so stark aus süd-östlicher Richtung weht, dass eine Landung aus Süden oder Osten


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 317

technisch nicht mehr möglich ist. Wenn man aber bedenkt, dass für die Luftfahrt Wind bis circa 14 km/h als Windstille gilt, kommen derartige „Zwangslagen“ nur sehr selten vor.

Im Regelfall verstößt also eine Landung vom Westen auf die Piste 11 quer über das gesamte dichtverbaute Stadtgebiet von Wien gegen die Vorschriften über das Flugbe­schränkungsgebiet LO R 15.

Das ab und zu ins Treffen geführte Argument der Verkehrslage geht ins Leere, da ja auch bei starkem Westwind (Westwind ist die überwiegende Windlage) der Flugverkehr am Flughafen Wien-Schwechat problemlos abgewickelt wird.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, in Einhaltung der Vorgaben des LFG und der LVR betreffend Flugbeschränkungsgebiet Wien dafür zu sorgen, dass die zumeist illegalen Landeanflüge von Westen her über das Wiener Stadtgebiet zum Flughafen ohne Auf­schub auf das gesetzlich gedeckte Maß reduziert werden.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Georg Willi, Freundinnen und Freunde

betreffend gesetzeskonforme Optimierung der Flugrouten im Großraum Wien

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1657 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (1736 d.B.)

Unzählige Bürgerinnen und Bürger sind in derzeitigen An- und Abflugrouten des Flug­hafens Wien-Schwechat von vermeidbaren Belastungen speziell durch Fluglärm be­troffen. Es geht dabei um Gesundheitsfolgekosten in deutlich zweistelliger Mio-Euro-Hö­he pro Jahr.

Das Luftfahrtgesetz sieht in seinem § 120a jedoch unmissverständlich vor, dass

erstens die Austro Control GmbH (ACG) die An- und Abflugverfahren und Verfahren für den Streckenflug festzulegen hat und dabei „insbesondere auf eine möglichst geringe Immissionsbelastung“ Bedacht zu nehmen hat und dass

zweitens die Austro Control GmbH und evtl. gemäß § 120 Abs. 2 betraute Flugsiche­rungsorganisationen „im Rahmen der Wahrnehmung der ihnen übertragenen Flugsi­cherungsaufgaben die zur sicheren, geordneten und flüssigen Abwicklung des Flugver­kehrs erforderlichen allgemeinen Anordnungen treffen können“. Es ist dabei erneut „auf die Abwehr von den der Allgemeinheit aus dem Luftverkehr drohenden Gefahren, wie insbesondere auf eine möglichst geringe Immissionsbelastung, Bedacht zu nehmen.“

Trotz dieser eindeutigen gesetzlichen Vorgabe werden durch Flugroutenfestlegungen, die wirtschaftlichen Interessen der Fluglinien Vorrang vor dem Immissionsschutz etwa in Sachen Fluglärm geben, viele Bürgerinnen und Bürger unnötig mit Lärm und ande­ren Immissionen aus dem Flugverkehr belastet.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 318

Nachdem die Austro Control offensichtlich nicht gewillt ist, diesem klaren gesetzlichen Auftrag zur Minimierung der Immissionsbelastung (und nicht nur der Minimierung be­stimmter Immissionen, wo sich dies in barer Münze für die Luftfahrtkonzerne auszahlt) korrekt nachzukommen, ist ein Ein- und Durchgreifen des BMVIT als Oberste Auf­sichtsbehörde in der Luftfahrt dringend geboten.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, gegenüber der AustroControl die Optimierung der Flug­routen im Sinne des Betroffenheitsminimierungsgebots gemäß §120a Luftfahrtgesetz durchzusetzen, damit die Betroffenen im Großraum Wien endlich von vermeidbaren, ge­sundheitsschädlichen Belastungen wie Fluglärm befreit werden.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


21.42.32

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Sicherheit nicht nur im Straßenverkehr und das klare Fernziel, eines Tages keine Verkehrstoten mehr bekla­gen zu müssen, sind für mich die Eckpfeiler einer verantwortungsvollen Verkehrspolitik.

Um Unfälle zu vermeiden, ist es nötig, die Unfallursache zu kennen. Die Überprüfung von Unfällen aller Art durch eine staatliche Stelle ist daher grundsätzlich, wie ich mei­ne, sehr wichtig und auch richtig. Verantwortungsvolle Politik bedeutet aber auch, auf eine bekannt gewordene Fehlentwicklung angemessen und rasch zu reagieren. Der Rechnungshofbericht zur Bundesanstalt für Verkehr, kurz BAV genannt, hat offensicht­lich gemacht, dass da Handlungsbedarf besteht. Die heute zur Beschlussfassung vor­liegende Auflösung der BAV, also der Bundesanstalt für Verkehr, in ihrer gegenwärti­gen Form und die Neukonstruierung der Sicherheitsuntersuchungsstelle sind deshalb die einzig logischen Konsequenzen.

Der für Kfz- und Verkehrstechnik zuständige Teil der BAV wird direkt ins Verkehrsmi­nisterium wandern, der andere Teil der Bundesanstalt für Verkehr, die Sicherheitsun­tersuchungsstelle, die die Unfälle in allen anderen Verkehrsbereichen umfasst, wird als eigenständige, nachgeordnete Dienststelle des Verkehrsministeriums bestehen bleiben. Damit ist eine Übereinstimmung mit dem bestehenden EU-Recht gewährleistet.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ziel ist es, mit dieser Neustrukturierung einen wesentlichen Qualitätsschub zu erreichen. Untersuchungen sollen schneller, trans­parenter und effektiver durchgeführt werden. Dafür wird die Sicherheitsuntersuchungs­stelle auch personell aufgestockt, und – was besonders wichtig ist, wie ich meine –, die Leitung neu ausgeschrieben. Ich bin davon überzeugt, in Summe werden da die rich­tigen Maßnahmen gesetzt, um die unabhängigen Unfalluntersuchungen durch die öffent­liche Hand in Zukunft auf höchstem Niveau zu gewährleisten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir, abschließend noch ein paar persönliche Worte zu sagen. Nach fast 20 Jahren im Na­tionalrat, und davon fast zehn Jahre als Obmann des Verkehrsausschusses, werde ich


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 319

dem neuen Nationalrat nicht mehr angehören. In den vergangen zehn Jahren konnte eine Vielzahl von wichtigen Gesetzesbeschlüssen umgesetzt werden, die in Summe zu zahlreichen, wie ich meine, positiven Entwicklungen im Verkehrs- und Infrastrukturbe­reich beigetragen haben. Die Zahl der Verkehrstoten hat sich in der Zeit fast halbiert, der Ausbau der Schieneninfrastruktur ist zügig vorangeschritten und die Zahl der Fahr­radfahrer steigt ständig.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das war nur durch eine konstruktive Zusammenar­beit zwischen allen am Gesetzgebungsprozess Beteiligten möglich. Sowohl bei den di­versen Interessenvertretungen als auch bei allen vier Verkehrsministerinnen und -minis­tern, die das Ministerium in den letzten Jahren leiteten – bei Frau Ministerin a. D. Doris Bures, den Herren Minister a. D. Alois Stöger und Mag. Gerald Klug und Herrn Minister Mag. Jörg Leichtfried –, möchte ich mich für die sehr gute Zusammenarbeit bedanken. (Ruf bei der ÖVP: Minister hast du viele verbraucht!)

Mein Dank, sehr geehrte Damen und Herren, gilt auch allen Fraktionen hier im Haus, und auch wenn es sehr oft zu emotionellen Diskussionen gekommen ist, so blieben die­se sachlich und am Ende war unser gemeinsames Ziel, Österreich noch schöner und lebenswerter zu machen, stets klar.

Ich wünsche Ihnen allen für die Zukunft alles erdenklich Gute, vor allem Gesundheit! – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

21.46


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ottenschläger. – Bitte.

 


21.47.07

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Lieber Toni Heinzl, unser Obmann des Verkehrsausschusses! Ich möchte mich sehr herzlich bei dir bedanken. Erstens dafür, dass du den Ausschuss sehr um­sichtig, sehr sachlich und immer sehr fair geleitet hast, und dass du das, was wir ver­einbart haben, immer gehalten hast. Ich kann mich erinnern, als ich mich bei dir vorge­stellt habe, da hast du zu mir gesagt, wir machen das ganz ruhig und sachlich, und du hast Wort gehalten. Vielen Dank für deine Arbeit, du hast einen großen Beitrag für die Verkehrspolitik in Österreich geleistet. – Vielen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren! Georg Willi hat es schon gesagt, wir diskutieren heute eini­ge Gesetzesmaterien: das KFG, eine Änderung des Wasserstraßengesetzes und auch des Luftfahrtgesetzes. Apropos Luftfahrtgesetz: Wie Sie wissen, hat der Verfassungs­gerichtshof heute sein Urteil über den Bescheid zur dritten Piste bekannt gegeben. Ich begrüße dieses Urteil sehr, ich glaube, dass es der richtige Weg ist. Wir werden sehen, wie das Verfahren ausgeht. Ich glaube, es ist ein gutes Zeichen für den Standort Ös­terreich, vor allem für Ostösterreich. Wie Sie wissen, bietet der Flughafen viele, viele Ar­beitsplätze, Zigtausende Menschen sind davon abhängig.

Georg Willi hat vorhin den Fluglärm erwähnt, auch das ist eine Chance. Wenn wir fle­xiblere An- und Abflugrouten gestalten können, und diese Möglichkeit würde eine dritte Piste bieten, so kann das auch eine Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger bedeu­ten, weil die Routen einfach besser gestaltet werden können. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Steinbichler.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Moment lesen wir von verkehrspoliti­schen Themen leider nur in der Zeitung. Sehr geehrter Herr Minister! Ich lade Sie von hier aus ein – aber eigentlich wäre es Ihr Job als Minister, uns einzuladen –, beim The­ma Schienenverkehr und wie wir in Zukunft die Vergaben gestalten, zu einer sachli­chen Diskussion zurückzukehren, und das nicht über die Medien zu machen, noch da­zu mit Argumenten, die so einfach nicht richtig sind.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 320

Es wird immer wieder behauptet, die ÖVP wolle die Wiener Linien und sonstige lokale Verkehrsbetriebe privatisieren und an ausländische Unternehmen verscherbeln. Das ist einfach nicht richtig und entspricht nicht der Wahrheit. Ich würde Sie wirklich ersuchen, da zu einer sachlichen Diskussion zurückzukehren.

Wir haben vor einigen Wochen einen Abänderungsantrag zur Diskussion vorgelegt und wurden bis heute nicht dazu eingeladen, darüber auch wirklich sachlich und fachlich zu diskutieren. Ich halte das nicht für einen guten Weg im Sinne der Kundinnen und Kun­den, aber auch nicht im Sinne des Unternehmens ÖBB. Ich sage Ihnen auch, warum: Ihr oder unser heutiger Herr Bundeskanzler, ehemaliger Generaldirektor der ÖBB, hat selbst immer gesagt, dass Wettbewerb gut ist, auch für das Unternehmen und die Kun­dinnen und Kunden.

Ich glaube, dass es an der Zeit ist, darüber zu diskutieren. Damit ist nicht gemeint – ich wiederhole es –, dass wir den Wiener Linien oder den Verkehrsbetrieben in Salzburg oder in Linz keine Direktvergaben mehr ermöglichen können. Wir haben das immer wie­der betont, und trotzdem wird etwas anderes behauptet. Ich ersuche Sie von dieser Stel­le wirklich: Kommen wir zu einer sachlichen Diskussion zurück und finden wir eine gute Lösung! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

21.50


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Dipl.-Ing. Deimek. – Bitte.

 


21.50.54

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Meine Damen und Herren! Zuerst einmal zu dir, lieber Kollege Heinzl: Immer, wenn Kollege Hafenecker und ich da waren und du einen Zwischenruf gemacht hast, war es für uns einfach eine klare Aufgabe, heftig darauf zu reagieren. Ohne das hätte es keinen Spaß gemacht. Trotzdem stand die sachliche Diskussion im Vordergrund. Das verbale Duellieren gehört zur Aufgabe eines Abgeordneten, ohne das würde es ei­gentlich wenig Spaß machen. Es war trotzdem immer angenehm und schön, mit dir zu diskutieren und sachlich etwas weiterzubringen. (Allgemeiner Beifall.)

Ich weiß, du schwenkst langsam, aber sicher vom zweigleisigen auf das zweirädrige Sys­tem um. Über dieses Thema werden wir noch einmal reden, vor allem wenn es um Har­ley-Davidsons geht.

Zu den heute zu diskutierenden gesetzlichen Maßnahmen: dreimal ein dickes Plus für diese Themen, dreimal Zustimmung. Das erste ist die Heimholung, wenn man so will, der Bundesanstalt für Verkehr in das BMVIT. Das geht natürlich mit entsprechenden Anpassungen im KFG einher. Es ist vor allem wichtig, dass die technischen Unterwegs­kontrollen ordentlich, funktionell und vor allem der Sicherheit dienend durchgeführt wer­den können. Das ist einer der wesentlichen Punkte, der die Sicherheit im Straßenver­kehr erhöht, und sicherstellt, dass Fahrzeuge, die nicht dem Stand der Technik und der Gesetze entsprechen, mit entsprechenden Unterstützungen herausgeholt werden.

Der zweite Punkt, zu dem ich Stellung nehmen möchte, ist sozusagen die Gegenbewe­gung, aus Sparsamkeitsgründen. Die Schifffahrtsaufsicht kommt vom BMVIT hinaus und in die via donau hinein. Die Zahlen, die Sie vorgelegt haben, Herr Minister, sind nachvollziehbar. Wenn man sich rein auf das vorgelegte Zahlenmaterial konzentrieren würde, ohne Hintergründe zu wissen, sieht man, Sie wissen es, 564 000 € Zusatzauf­wand; das sind aber Einmalmaßnahmen, die durch die Ausstattung ufernaher Bojen mit GPS und so weiter entstehen. Also in Summe ist das eine kostensparende Maß­nahme, vor allem beim Personal, und auch da gehen wir mit.

Auch der dritte Punkt, die Änderung des Luftfahrtgesetzes, ist für uns durchaus nach­vollziehbar, und wir werden diesen Punkt mitbeschließen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 321

Ich möchte aber die Möglichkeit der Diskussion um Sicherheit im Verkehr nicht vorü­bergehen lassen, und Sie am Ende der Legislaturperiode auf etwas hinweisen. Sie ha­ben es selbst auch entdeckt und auch schon darauf reagiert, aber noch nicht ganz. Es gibt auch Sicherheits- und Unfalluntersuchungsstellen, die den Schienenverkehr anlan­gen. Wenn wir von der gesetzlichen Gepflogenheit ausgehen, dass Berichte in einem Jahr fertig sein sollen, diese Stelle aber einen vorläufigen Bericht in 13, 14 Monaten zu­sammenbringt, und dort Fehler drinnen sind, dann haben Sie, glaube ich, noch ein biss­chen ein anderes Arbeitsvolumen zu erledigen. Die Damen und Herren in diesen Stel­len freuen sich sicher, wenn Sie ihnen ein bisschen mehr auf die Finger schauen. Das wäre ein weiterer Punkt für die Verkehrssicherheit in Österreich. – Danke schön. (Bei­fall bei der FPÖ sowie der Abg. Fekter.)

21.54


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


21.54.55

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Im Ar­beitsprogramm der Bundesregierung von 2013 bis 2018 ist festgehalten, dass es zu einer sparsamen und effizienten Neuorganisation der verkehrssicherheitsbehördlichen Agenden und einer Bündelung der Ressourcen kommen soll. Das Bundesministerium hat zur Umsetzung dieses Regierungsauftrages ein Projekt beauftragt, welches im Sep­tember 2015 abgeschlossen und schließlich von der Ressortleitung genehmigt wurde.

Im Bereich der Schifffahrtsaufsicht ist es im Zuge dieses Projektes zum Vorschlag ge­kommen, die operativen Tätigkeiten, die derzeit noch im BMVIT angesiedelt sind, aus­zulagern. Ab sofort sollen diese Tätigkeiten, wie schon mehrfach erwähnt, von der via donau weitergeführt und durchgeführt werden.

Die via donau ist ein ausgegliederter Rechtsträger des Ministeriums, damit kann im Mi­nisterium selbst ein deutlich stärkerer Fokus auf die aufsichtsbehördlichen Tätigkeiten in der Schifffahrtsaufsicht gelegt werden.

Bei den ausgegliederten operativen Tätigkeiten handelt es sich überwiegend um Arbei­ten im Zusammenhang mit uferseitigen Schifffahrtszeichen und den Fahrwasserzei­chen. Konkret sind damit die Beschaffung, Errichtung, Wartung, Instandhaltung und Ent­fernung dieser Kennzeichnungen der Wasserstraßen gemeint, welche von der via do­nau durchgeführt werden. Die Arbeiten erfolgen aber weiterhin unter der Anordnung und der Aufsicht der Schifffahrtsaufsicht, wobei auch die nominierte Zuständigkeit und Verantwortlichkeit dieser schifffahrtspolizeilichen Aufgaben bei der Schifffahrtsaufsicht verbleiben wird. Dieser Übertrag der Arbeiten führt zu Einsparungen in der Höhe von jährlich 110 000 €, die aus reduzierten Sach- und Materialaufwendungen resultieren.

Wir sehen, es ist ein sinnvolles Gesetz, und ich hoffe natürlich auch auf Ihre Zustim­mung. (Beifall bei der SPÖ.)

21.56


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Bundesminister Mag. Leichtfried zu Wort ge­meldet. – Bitte, Herr Minister.

 


21.56.45

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Jörg Leichtfried: Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte gerne auf einige Dinge eingehen, die angesprochen wurden. Ich darf vielleicht, was die Frage Wasserstraßen betrifft, noch einige Erklärungen zu Aspekten, die auch im Ausschuss für etwas Unklar­heit gesorgt haben, anfügen, nämlich unter anderem was die wirkliche Entlastung be­trifft. Die wirkliche Entlastung findet durch die Verlagerung der Aufgaben vom Ministe­rium an die via donau statt, sodass die Überwachungsstelle – Herr Abgeordneter Willi


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 322

hat das richtig angesprochen – mehr Möglichkeiten hat, die Dinge gut und sicher zu ge­stalten und zu regeln.

Die hohen Kosten für die via donau am Anfang erklären sich dadurch, dass es jetzt not­wendig ist, das gesamte Tonnen- und Baken-Material – wenn diese Begriffe so stim­men – auszuwechseln. Wir haben derzeit noch Metall- und Plastiktonnen, die die Was­serwege begrenzen, die aber nicht nur die Wasserwege begrenzen, sondern auch als Gefahrenzeichen und Ähnliches dienen, und eben notwendig sind, um auf der Donau si­cher navigieren zu können. Aber die Zeit bleibt nicht stehen, auch in der Navigation bleibt sie nicht stehen, und die Sichtnavigation mit Wasserzeichen wird jetzt langsam, aber si­cher durch digitale Navigation abgelöst. Das heißt, es ist notwendig, diese Wasserzei­chen durch Kunststoffwasserzeichen zu ersetzen, die im Inneren GPS-Empfänger ha­ben und es für die vorbeifahrenden Schiffe auch bei null Sicht möglich machen, die Was­serzeichen mittels moderner Ortungsmethoden erkennen zu können. Das ist der Teil, der die Wasserstraßen betrifft.

Was die Bundesanstalt für Verkehr betrifft, so möchte ich mich noch einmal bei allen bedanken, die Unterstützung signalisiert haben. Ich denke, es war dringend notwendig, einige Veränderungen in der Bundesanstalt für Verkehr durchzuführen, insbesondere ging es darum, die Anstalt wieder ins Ministerium zurückzuholen, sie effizienter zu ma­chen, sie personell aufzustocken und die Führungs- und Leitungsgrundsätze etwas ge­nauer zu definieren, um auch für die Zukunft ein besseres Funktionieren gewährleisten zu können.

Ich darf zum Schluss noch zu dem kommen, was Herr Abgeordneter Ottenschläger an­gesprochen hat. Sie kennen mich wahrscheinlich als jemanden, der eher unaufgeregt an die Dinge herangeht. Lassen Sie mich eines sagen: Ich habe mich nicht mit öffentli­chen Äußerungen befasst, ich habe mich mit dem Antrag befasst, Herr Abgeordneter, und der Antrag ist in seinem Text ganz eindeutig.

Ich habe den Antrag von maßgeblichen Vergaberechtsexperten juristisch prüfen lassen. Diese Vergaberechtsexperten sind zu folgendem Schluss gekommen: Der Antrag ist ers­tens juristisch unnotwendig, weil alles, was die Vergabe von Eisenbahndienstleistungen betrifft, in der PSO geregelt ist und deshalb keinerlei Notwendigkeit besteht, das Ver­gabegesetz damit zu befassen.

Zweitens ist der Antrag juristisch verfehlt, weil der Inhalt nicht mit der Überschrift über­einstimmt. In der Überschrift stehen Eisenbahnunternehmen, der Text bezieht sich aber auf alle Beförderungsunternehmen, die in der PSO-Verordnung genannt sind – in der PSO-Verordnung sind aber auch Busse genannt. Es stimmen also Überschrift und Text nicht überein. (Abg. Fekter: Das ist aber Wortklauberei!) – Wir Juristen prüfen das halt nun einmal genauer.

Weiters ist der Text schädlich und europarechtswidrig. Beispielsweise wird in der PSO-Verordnung geregelt, dass Notvergaben durchführbar und möglich sind, wenn es irgend­welche großen Probleme gibt. Der Antrag schließt auch derartige Notvergaben aus und verlangt auch im Notfall Ausschreibungen.

Der fünfte Punkt, der mir aufgefallen ist, ist die Verwendung des Begriffs Lokalbahn im Antrag; den Begriff Lokalbahn gibt es aber weder in der PSO-Verordnung noch im ös­terreichischen Eisenbahngesetz, daher ist unklar, was damit gemeint ist. Es wäre da­durch der Schluss durchaus zulässig, dass nicht nur Überlandverbindungen, weitreichen­de Verbindungen gemeint sind, sondern genauso der Regionalverkehr, Straßenbahnen und U-Bahnen.

Aus diesen Gründen, Herr Ottenschläger, spreche ich mich gegen diesen Antrag aus. Ich finde nämlich, dass eine Regelung, die es dem Bund, den Ländern und den Ge­meinden verbietet, selbst zu entscheiden, ob sie ausschreiben wollen oder ob sie eine


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direkte Vergabe machen wollen, diese Institutionen für unmündig erklärt. Mit so einem Antrag werden Sie bei mir sicherlich keine Zustimmung finden. – Danke. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

22.01


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Pfurtscheller zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


22.01.52

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer vor den Bildschirmen! Herr Minister, da ich Sie ja über den Sommer wahrscheinlich nicht sehen werde (Abg. Jarolim: Nicht zwangsläufig!) – na ja, wer weiß –, möchte ich die letzte Ge­legenheit vor dem Sommer nutzen, das Thema Tschirganttunnel noch einmal anzuspre­chen – und zwar nicht, weil ich Ihnen auf die Nerven gehen will, sondern weil es wirk­lich einen sehr guten Grund dafür gibt. Es ist nämlich so, dass das Land Tirol in den vergangenen Wochen den letzten Bericht über die Verkehrsentwicklung in Österreich, auch in Tirol, veröffentlicht hat.

Darin findet man die Aussage, dass das gesamte Asfinag-Netz im Jahr 2016 eine Ver­kehrssteigerung von 2,6 Prozent erfahren hat. In Tirol selbst ist der Verkehr auf allen Straßen zusammengefasst um circa 2,3 Prozent gestiegen. Und jetzt kommt das wirk­lich Erschreckende: Der Lkw-Verkehr auf der Fernpassroute hat um 7,3 Prozent zuge­nommen – und das, obwohl im Jahr 2016 wieder eine Rückverlagerung auf die Arlberg­route stattgefunden hat. Im Jahr 2015 war die Arlbergroute ja für viele Lkws gesperrt. Der Gesamtverkehr auf der Fernpassroute hat auch zwischen 5 Prozent und 6 Prozent – je nachdem, welche Zählstelle man hernimmt – zugenommen.

Gleichzeitig oder fast gleichzeitig hat der Petitionsausschuss aufgrund meiner Petition eine Anfrage zum Projekt Tschirganttunnel an die Asfinag gestellt. Die Antwort der As­finag war für mich alles andere als befriedigend. Zuerst einmal war sie sehr kurz; in vier Sätzen wurde kurz zusammengefasst, dass nach dem Konjunktureinbruch in den Jah­ren 2008 und 2009 und dem damit verbundenen Rückgang der Maut eine Evaluierung durchgeführt wurde, und zwar im Jahr 2010; das kann ich ja durchaus nachvollziehen. Damals wurde keine prioritäre Bedeutung festgestellt und deswegen das Projekt zurück­gereiht.

Jetzt ganz ehrlich, Herr Minister, diese Evaluierung ist fast acht Jahre her. Die Zahlen sind seither extrem gestiegen, und ich muss ganz ehrlich sagen, ich als Abgeordnete und auch die Unterstützer und Unterstützerinnen der Petition fühlen sich – jetzt einmal sehr vorsichtig ausgedrückt – durch diese Stellungnahme der Asfinag nicht wirklich ernst genommen.

Ich bin die einzige Abgeordnete des Tiroler Oberlandes, deshalb sehe ich mich auch als Fürsprecherin aller Oberländer und Oberländerinnen und möchte Sie wirklich bitten, die Asfinag aufzufordern – Sie sind ja als Vertreter des Eigentümers quasi der Chef –, die entsprechenden Daten zu evaluieren und eine Neuberechnung anzustellen.

In diesem Sinne möchte ich Sie auch noch einmal ersuchen – wie schon öfter –, Ihre Verkehrspolitik gerade im Bereich des Außerferns, des Mieminger Plateaus und des Gurgl­tals an den Menschen auszurichten und nicht an betriebswirtschaftlichen Aspekten. Wir sind nämlich komplett alternativlos. Wir haben keine starke oder gut ausgebaute Bahn – und wir werden auch niemals eine bekommen.

Abschließend möchte ich Sie noch sehr gerne einladen, zu uns ins Außerfern oder ins Gurgltal zu kommen und sich einmal vor Ort ein Bild zu machen – dann würden wir uns diesen Sommer ja vielleicht doch sehen. (Zwischenruf der Abg. Schimanek.) – Kolle­gin Schimanek würde sich freuen, wenn Sie auch ins Unterland kämen, dann könnten


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Sie sich einmal ein Bild machen und wir könnten in dieser Sache wirklich einmal etwas weiterbringen. (Abg. Steinbichler: Das ist das Problem mit den Tiroler Lebensmittelim­porten! – Abg. Jarolim: Das wird ein Sommer mit Leichtfried für alle!) Da geht es jetzt wirklich nicht um mich, sondern um die Menschen vor Ort, und die sind mir ein großes Anliegen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Steinbichler.)

22.06


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Kumpitsch zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


22.06.20

Abgeordneter Mag. Günther Kumpitsch (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! In meinem Redebeitrag beziehe ich mich auf den Tagesordnungspunkt 46 und die darin behandelten Änderungen des Kraftfahrgesetzes.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, weiß jemand von Ihnen, wann ein sogenannter Old­timer zu einem historischen Fahrzeug wird? (Abg. Steinbichler: Versicherungstechnisch nach 24 Jahren!) – Einer weiß es zumindest, den anderen helfe ich vielleicht ein biss­chen weiter: Das ist immer dann der Fall, wenn es sich um ein Fahrzeug handelt, das erhaltungswürdig ist, das nur für eine bestimmte Zeit benutzt werden soll und – vor al­lem – das Baujahr 1955 oder früher hat oder aber älter als 30 Jahre ist und in einer Lis­te des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie als sogenanntes historisches Fahrzeug eingetragen ist. Der Punkt ist, dass diese Fahrzeuge in einem Jahr 120 Tage verwendet werden dürfen, wenn es Pkws sind, 60 Tage, wenn es Kraft­räder sind.

Was bedeutet diese Novelle des KFG für die Besitzer historischer Fahrzeuge? – Man will durch eine Hinzufügung des § 57a KFG – viele kennen ihn als die sogenannte Pi­ckerlüberprüfung – sicherstellen, dass der Zustand der Oldtimer auch tatsächlich mit dem genehmigten Zustand übereinstimmt – das ist einmal das Erste. Weiters muss neu­erdings das Genehmigungsdokument bei der Begutachtung verpflichtend vorgelegt wer­den. Außerdem ist ein Fahrtenbuch zu führen, und diese Aufzeichnungen sind drei Jahre lang aufzubewahren. Sollte nun festgestellt werden, dass das nicht gemacht wird, ist die Begutachtungsstelle verpflichtet, das in das Gutachten einzutragen, und über die Begutachtungsplakettendatenbank wird die Behörde verständigt. Die Folge davon sind vermutlich Strafen oder Weiteres.

Laut Ministerium ist die Auswirkung dieser Novelle für den Oldtimerbesitzer eine Auf­wertung dieser Fahrzeuge. Ob natürlich alle Fahrzeugbesitzer von Oldtimern damit ei­ne Freude haben werden, ist fraglich.

Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen will, ist die Möglichkeit der Umschreibung einer Heeresfahrlehrer- oder Heeresfahrschullehrerberechtigung auf eine zivile Fahrlehrer- oder Fahrschullehrerberechtigung, ohne dass man noch einmal die Lehrbefähigungs­prüfung zu machen braucht. Ich kann Ihnen sagen, meine Damen und Herren, ich kann diese neue Bestimmung nur befürworten. Ich habe in meiner Tätigkeit als Fahrlehrer im­mer wieder zivile Fahrlehrer kennengelernt, die eine solche Heeresfahrlehrerberechti­gung hatten, und ich muss sagen: Die sind wirklich ausgezeichnet geschult, und diese Ausbildung hat wirklich eine besondere Qualität. Daher finde ich es auch vernünftig, dass man diese Änderung vornimmt. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

22.09


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Singer zu Wort. –Bitte, Herr Abgeordneter.

 


22.10.12

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf über die Novelle zum Wasserstraßengesetz spre-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 325

chen, wobei vom Kollegen Keck und vom Herrn Bundesminister inhaltlich schon alles ausgeführt wurde. Ich möchte daher nur auf ein paar für mich wichtige Punkte eingehen.

Zum einen wird mit diesem Entwurf dem im Regierungsprogramm genannten Ziel einer sparsamen und effizienten Neuorganisation der verkehrsbehördlichen Agenden entspro­chen. Weiters kommt es zu einer Effizienzsteigerung und es werden Modernisierungs- und Optimierungsmaßnahmen gesetzt. Schließlich ist noch zu erwähnen, dass – wie im Ausschuss von Herrn Bundesminister Leichtfried bestätigt wurde – für den Bund keine Mehrkosten entstehen. Daher stimmen wir von der ÖVP diesem Gesetzentwurf gerne zu. (Beifall bei der ÖVP.)

22.11


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Rädler zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Deimek: Gehört der nun zur ÖVP Alt oder Neu? – Abg. Steinhauser: Neu, würde ich sagen!)

 


22.11.00

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Mit dem Kraftfahrgesetz 1967 und dem Unfalluntersuchungsgesetz bringen wir heute die Bun­desanstalt für Verkehr wieder in das Ministerium zurück. Jetzt kann man sagen, das wird für gewisse Personen, die dort beschäftigt waren, problematisch sein. – Nein, die­se werden mitübernommen, es wird wieder ein Zuhause geben. Was aber wichtiger ist, sind der Inhalt und die Sache.

Das Unfalluntersuchungsgesetz sagt uns, dass es nicht ausschließlich um Unfallursa­chen geht. Wer heute die Statistik gelesen hat, sieht, dass trotz zunehmenden Ver­kehrs – wir haben gehört: in Tirol plus 2,2 Prozent – die Todeszahlen im ersten Halb­jahr um 5,5 Prozent zurückgegangen sind. Wir hoffen, dass das auch im zweiten Halb­jahr so sein wird. Wir haben die geringste Anzahl an Verkehrstoten in Österreich seit Beginn der Erfassung. Das hat natürlich verschiedenste Ursachen: die Technik im Fahr­zeugbau, aber natürlich auch Maßnahmen, die wir im Verkehrsbereich gesetzt haben.

Ich habe jetzt leider nicht mehr sehr viel Zeit, möchte aber noch auf zwei Dinge einge­hen, die im heurigen Jahr für historische Kraftfahrzeuge umgesetzt wurden: erstens die digitale Vignette, dank derer man, wenn man ein Wechselkennzeichen hat, die Vignet­te nicht mehr zweimal bezahlen muss. Wenn wir jetzt mit diesem Gesetz die digitale Er­fassung der Fahrzeiten auch noch beschließen, dann haben wir hier wirklich etwas erreicht.

Zweitens geht es mir, Herr Kollege Willi, um den Umweltaspekt bei der Einführung der grünen Kennzeichen für die E-Mobile mit diesem Gesetzesbeschluss. In Niederöster­reich haben wir ja eine Vorreiterrolle übernommen. Wir haben bereits 2 000 Elektrofahr­zeuge; wir fördern diese Elektrofahrzeuge vom Land her mit 1 000 €, der Bund schießt noch einmal bis zu 5 000 € zu, und unser Ziel bis 2022 sind 50 000 Fahrzeuge.

Ich glaube, dass wir heute eine gute Beschlusslage haben. Da sich alle Parteien dafür ausgesprochen haben, brauche ich nicht einmal zuversichtlich zu sein – der Entwurf wird beschlossen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

22.13


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Rosenkranz zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


22.13.59

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Ich bringe einen Entschließungsantrag zum Tagesordnungspunkt 45, zum Kraftfahrgesetz 1967 ein, der für die Region Stockerau von einiger Bedeutung ist.

Der Sachverhalt: In der Stadt Stockerau ist der Bau einer Straßenunterführung der dor­tigen Bahntrasse geplant, und ab Februar 2018 wird die Horner Bundesstraße – die auch


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 326

von Pendlern stark genutzt wird – voraussichtlich für 14 Monate komplett gesperrt. Die einzige vignettenfreie Umfahrung ist sehr weiträumig. Das ist also weder den Pendlern – so denke ich – noch den Anrainern zuzumuten und stellt auch eine gewisse Belastung für die Verkehrssicherheit dar. Die einzige vernünftige Ausweichroute ist die mautpflich­tige Autobahn. Ich denke, da sollte man eine Regelung finden.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend temporä­re Aussetzung der Vignettenpflicht auf der A 22 im Abschnitt zwischen Stockerau Mitte und Stockerau Nord

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht alles Erfor­derliche zu unternehmen, damit es während der Totalsperre der Hornerstraße in Sto­ckerau zu einer zeitgleichen temporären Aufhebung der Vignettenpflicht auf der A22 zwi­schen Stockerau Mitte und Stockerau Nord kommt.“

*****

Ich denke, das ist eine Verwaltungsangelegenheit, und mit ein bisschen Flexibilität müss­te man so etwas erledigen können. Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung und den Minister um sein Handeln. (Beifall bei der FPÖ.)

22.15


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Barbara Rosenkranz und weiterer Abgeordneter

betreffend temporäre Aussetzung der Vignettenpflicht auf der A 22 im Abschnitt zwi­schen Stockerau Mitte und Stockerau Nord

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 46, Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 2229/A der Abgeordneten Anton Heinzl, Andreas Ottenschläger, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 und das Unfalluntersuchungsgesetz-UUG 2005 geändert werden (1734 d.B.)

In der Stadt Stockerau ist der Bau einer Straßenunterführung der dortigen Bahntrasse geplant. Ab Februar 2018 soll die Stockerauer Hornerstraße, an der Wohnhausanla­gen, Gastronomiebetriebe und Einkaufszentren liegen, im Bereich der Bahntrasse für voraussichtlich 14 Monate für den Straßenverkehr komplett gesperrt. Die einzige vig­nettenfreie Ausweichroute für Autofahrer ist äußerst weiträumig. Die Belastung der An­wohner dieser Ausweichroute wäre unzumutbar. Deutlich kürzer und weniger belas­tend für die betroffene Bevölkerung ist die Benutzung der mautpflichtigen A 22 (Donau­uferautobahn) als Umfahrungsmöglichkeit.

Eine temporäre Ausnahme von der Vignettenpflicht auf der Umfahrungsstrecke über die A 22 wäre zum einem aus finanzieller Sicht im Sinn der Autofahrer zu begrüßen. Zum anderen würde eine verkehrsmäßig weitaus günstiger gelegene Ausweichroute über ei-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 327

ne temporär mautbefreite Autobahn gegenüber anderen Ausweichrouten die Verkehrs­sicherheit heben und zur Senkung des Unfallrisikos beitragen.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht alles Erfor­derliche zu unternehmen, damit es während der Totalsperre der Hornerstraße in Sto­ckerau zu einer zeitgleichen temporären Aufhebung der Vignettenpflicht auf der A22 zwi­schen Stockerau Mitte und Stockerau Nord kommt.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Jetzt gelangt Herr Abgeordneter Bernhard zu Wort. – Bitte. (Bundesminister Leichtfried: Es ist soweit!)

 


22.15.41

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Minister! Ich habe es auf meinem Sitz­platz kaum ausgehalten. Das Gute gleich zu Beginn: Ich möchte mich bei Toni Heinzl verabschieden und möchte mich bedanken. In den letzten dreieinhalb Jahren waren wir gefühlt nur ein halbes Mal ein und derselben Meinung, aber wir sind immer sehr re­spektvoll miteinander umgegangen. Er ist am längeren Ast gesessen, er hat im Aus­schuss die Mehrheit hinter sich gehabt, aber tatsächlich war der Umgang ein anderer als die inhaltliche Auseinandersetzung hätte vermuten lassen. Dafür gilt ihm mein herz­licher Dank. (Allgemeiner Beifall.)

Zum Inhalt: Wir NEOS werden alle drei Tagesordnungspunkte unterstützen. Ich möch­te aber schon auf eines von mehreren verkehrspolitisch relevanten Themen eingehen und möchte einen sehr weiten Bogen spannen. Wir haben heute im Laufe des Tages den Pflegeregress abgeschafft, und mehrere Abgeordnete in diesem Haus haben sich mit der Frage befasst, warum wir etwas abschaffen können, wenn wir die Finanzierung noch nicht gesichert haben. Für uns NEOS war das auch ein sehr kritischer Punkt, al­lerdings – und das ist jetzt tatsächlich der weite Bogen zum BMVIT – haben wir in die­sem Ressort massenhaft Geld herumliegen, massenhaft. Ich weiß, die Sozialdemokra­tie sieht das anders, aber es ist tatsächlich so. Es liegt halt nicht auf der Straße, es liegt auf der Schiene.

Wir haben einen Antrag gestellt, den übrigens auch Kollege Ottenschläger vertagt hat. Er hat das zwar sehr elegant gemacht, aber ich denke, dass wir das Gleiche versucht haben, nur dass er meinen Versuch vertagt hat. Konkret geht es darum, dass man mit öffentlichen Ausschreibungen im regionalen und überregionalen Bahnverkehr knapp 200 Millionen € im Jahr sparen würde. Mit diesem Geld könnte man doppelt so viele Pflegeregresse abschaffen, wie wir das heute getan haben, das ginge sich noch aus.

Wenn wir uns bei den Infrastrukturprojekten, die 2,5 Milliarden € im Jahr ausmachen, auf die Dinge konzentrieren würden, die wir wirklich können, die wir wirklich umsetzen müssen, die wirklich einen relevanten Wert für die Zukunft haben, und uns nicht nach Landtagswahlen orientieren würden, dann reden wir von Investitionen in Höhe von cir­ca 1,5 Milliarden €.

Wir haben Vergleiche: Wenn wir einen Bahnhof renovieren, zahlen wir teilweise 20, 30, 40 Millionen €, während die Schweizer einen ähnlichen Bahnhof für 5 Millionen reno­vieren. Warum? – Weil dort einfach der Franken – in dem Fall – dreimal umgedreht wird


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und bei uns der Euro nicht. Diese Diskussion wird im Verkehrsausschuss nicht geführt, diese Diskussion wird nicht evidenzbasiert geführt. Obwohl der Minister eine hohe Fach­kompetenz hat, lässt er sich auf den Inhalt nicht ein.

Wir hätten da viel Potenzial, um unserer Republik, unseren Bürgerinnen und Bürgern et­was Gutes zu tun – das wird derzeit vergeudet. – Schönen Abend. (Beifall bei den NEOS.)

22.18


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster hat sich Herr Abgeordneter Ottenschläger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


22.18.38

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ja, Herr Bundesminister, anscheinend beginnen wir hier jetzt zum ersten Mal mit einer Diskussion. Ich möchte Ihnen nur Folgendes mit­geben: Es gibt ein Bundesgesetz über die Ordnung des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs, und da gibt es Begriffsbestimmungen.

In § 2 heißt es: „Unter Personennahverkehr im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Ver­kehrsdienste zu verstehen, die den Verkehrsbedarf innerhalb eines Stadtgebietes (Stadt­verkehre) oder zwischen einem Stadtgebiet und seinem Umland (Vororteverkehre) be­friedigen.“ – Und es heißt weiters: „Unter Personenregionalverkehr (Verkehr im ländli­chen Raum) im Sinne dieses Bundesgesetzes“ – et cetera, et cetera. Das heißt, wir hät­ten hier schon einmal einen konkreten Vorschlag zur Definition, bei welchen Verkehren es weiterhin die Direktvergabe geben soll, und welche anderen unter Umständen dem Wettbewerb ausgesetzt werden. Ich glaube, das wäre einmal eine Grundlage, über die man diskutieren kann.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, ich gehöre zu jenen, die sich gerne überzeugen las­sen. Wir können auch gerne diskutieren, und das sollten wir wenigstens einmal tun; aber diese Einladung haben Sie jetzt wieder nicht ausgesprochen. (Beifall bei der ÖVP.)

22.19


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Leicht­fried. – Bitte, Herr Minister.

 


22.20.03

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Jörg Leichtfried: Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Selbstverständlich nehme ich jede Einla­dung zu Diskussionen an oder spreche Einladungen zu Diskussionen aus. Es würde mir widerstreben, nicht zu diskutieren, also können wir gerne über alles diskutieren, Herr Abgeordneter.

Ich darf nur nochmals darauf hinweisen – auch auf die Gefahr hin, dass mich Frau Ab­geordnete Fekter dann wieder juristisch pingelig nennt –, dass die Definitionen, die Sie jetzt vorgelesen haben, meines Wissens nicht in diesem Antrag stehen. Da steht nur Lo­kalbahnen, und die gibt es nicht. Das aber ist juristisch pingelig, und ich möchte nicht weiter darauf herumreiten. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich habe mich eigentlich zu Wort gemeldet, um diese Diskussionseinladung auszuspre­chen und habe mich auch zu Wort gemeldet, etwas ganz anderes zu tun, aber ich woll­te mir das für den Schluss vorbehalten.

Ich möchte mich auch beim Vorsitzenden des Verkehrsausschusses, bei meinem gu­ten Freund Toni Heinzl, wirklich herzlich für die umsichtige und großartige Ausschuss­führung bedanken. – Alles Gute, Toni. (Allgemeiner Beifall.)

22.21

22.21.31

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 329

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit kommen wir zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 46: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 und das Unfalluntersuchungsgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 1734 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Barbara Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend temporäre Aussetzung der Vignettenpflicht auf der A 22 im Abschnitt zwischen Stockerau Mitte und Stockerau Nord.

Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 47: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserstraßengesetz geändert wird, samt Titel und Ein­gang in 1735 der Beilagen.

Wer sich für diesen Gesetzentwurf ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Ge­setzentwurf ist somit in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 48: Entwurf be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1657 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetz­entwurf ist somit in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Willi, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einhaltung des Flugbeschränkungsgebiets Wien, damit Landeanflüge über das Stadtgebiet wieder Ausnahme statt die Regel wer­den.

Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Willi, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzeskonforme Optimierung der Flug­routen im Großraum Wien.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 330

22.24.2949. Punkt

Bericht des Volksanwaltschaftsausschusses über den 40. Bericht der Volksan­waltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2016) (III-354/1759 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Schließlich kommen wir zum 49. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich verabschiede Herrn Bundesminister Leichtfried und begrüße die drei Volksanwälte.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hell. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


22.25.18

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Frau Volksan­wältin! Meine Herren Volksanwälte! Die Institution der Volksanwaltschaft hat sich in den 40 Jahren ihres Bestehens den Respekt und das Vertrauen der Bevölkerung erworben. Wie die Berichte, die wir heute hier zur Diskussion vorliegen haben, zeigen, wenden sich immer mehr Menschen mit ihren Anliegen an die Volksanwaltschaft. Gleichzeitig kommt aber auch der Arbeit der Volksanwaltschaft im Bereich des nationalen Präventionsme­chanismus immer größere Bedeutung zu. – Daher: Danke den Volksanwälten und ih­ren Mitarbeitern für die geleistete Arbeit! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und FPÖ.)

Im Berichtsjahr 2016 wurden an die Volksanwaltschaft 18 492 Beschwerden herange­tragen. Bei der Hälfte aller Beschwerden wurde ein formales Prüfverfahren eingeleitet. Wie in den letzten Jahren lag der Schwerpunkt im Bereich der inneren Sicherheit; an zweiter Stelle rangiert der Sozialbereich mit den Beschwerden im Bereich der sozial­ver­sicherungsrechtlichen Angelegenheiten und der arbeitsmarktbezogenen Beschwerden. Unverhältnismäßig hoch ist auch die Zahl der Beschwerden von Menschen mit Behinde­rung.

Die Volksanwaltschaft kontrolliert neben der Bundesverwaltung in sieben Bundeslän­dern auch die Landes- und Gemeindeverwaltung. Insgesamt wurden 3 147 Prüfverfah­ren durchgeführt. Immer mehr Landtage erkennen die Notwendigkeit des direkten Aus­tauschs mit der Volksanwaltschaft, um auch die Landesvertreter über die Überprüfun­gen zu informieren. Nachholbedarf besteht laut Volksanwaltschaft in Niederösterreich, wo die direkte Diskussion zwischen der Volksanwaltschaft und den Landesvertretern derzeit nicht besteht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auf mehr als 200 Seiten stellt die Volksan­waltschaft die Ergebnisse ihrer Tätigkeit als nationaler Präventionsmechanismus dar. Die Arbeit der Volksanwaltschaft besteht darin, Gefährdungslagen frühzeitig zu erken­nen. Dazu ist es notwendig, regelmäßig, zumeist unangekündigte, Kontrollen durchzu­führen. Bei ihrer Prüftätigkeit unterstützen die Volksanwaltschaft sechs Kommissionen. Die Prüfungen werden nach einheitlichen Methoden und Standards durchgeführt.

2016 wurden 522 präventive Menschenrechtskontrollen durchgeführt. Den größten An­teil hat der Bereich Pflege und Betreuung; es wurden 125 Einrichtungen überprüft. Miss­stände, die dabei festgestellt wurden – und das hier zu betonen ist mir auch wichtig –, lagen vor allem in der Struktur und nicht beim Personal, das wirklich aufopfernde und tolle Arbeit leistet.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die Volksanwaltschaft hat auch neue Auf­gaben zugesprochen bekommen. Wir haben vor Kurzem das Heimopferrentengesetz beschlossen, damit steht die Volksanwaltschaft auch vor neuen Herausforderungen. Die personellen und finanziellen Mittel wurden ebenfalls beschlossen. Und apropos per­sonelle Mittel: Es gibt nach Vorbesprechungen die Zusage, dass die Volksanwaltschaft


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 331

künftig das notwendige Personal nicht nur für Tätigkeiten im Rahmen der Umsetzung des Heimopferrentengesetzes, sondern auch für ihre normale Tätigkeit erhalten soll. – Danke, meine Damen und Herren der Volksanwaltschaft. (Beifall bei der SPÖ.)

22.28


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Sieber. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


22.29.09

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Volksan­wältin, meine Herren Volksanwälte! Ich möchte mich auch seitens meiner Fraktion für die Berichte und die geleistete Arbeit der Volksanwaltschaft bei Ihnen und Ihrem gesam­ten Haus herzlich bedanken.

Die Volksanwaltschaft hat einen umfangreichen Tätigkeitsbericht vorgelegt. Daraus geht hervor, dass im vergangenen Jahr 74 Beschwerden pro Arbeitstag bei der Volksanwalt­schaft eingelangt und 522 Kontrollen durch die Kommissionen durchgeführt worden sind.

Die Kommissionen sind unter anderem auch für die Prüfung der Justizanstalten zustän­dig. Bei den Justizanstalten sind in den vergangenen Jahren und auch davor immer sehr markante Missstände zutage getreten, worauf die Volksanwaltschaft auch in diesem Be­richt sehr klar hinweist.

Wir haben im Ausschuss durchaus intensiv darüber diskutiert, ob es darum geht, dass wir fachlich mehr ausgebildetes Personal für die Justizanstalten brauchen, oder ob es nur darum geht, in Summe mehr Personal für die Justizanstalten zur Verfügung zu stel­len. Faktum ist, dass es eine Mischung aus beidem ist. Wir müssen die Bereitschaft der Justizwachebediensteten stärken, sich fachlich weiterzubilden, aber es ist klar, dass wir in diesem Bereich auch mehr Personal brauchen. Es ist erfreulich, feststellen zu kön­nen, dass das Justizministerium diesen Mangel bereits erkannt hat und im Moment auch neues Personal rekrutiert.

Die Diskussion über das Personal bei der Volksanwaltschaft selbst hält natürlich immer weiter an; auch heute haben wir darüber gesprochen.

Faktum ist – und Kollege Hell hat es bereits angesprochen –, dass für die Umsetzung des Heimopferrentengesetzes, die ja nun auch bei der Volksanwaltschaft liegt, zusätz­lich neues Personal kommt. Auf die klare Frage unserer Kollegin Fekter, wie wir denn im internationalen Vergleich aufgestellt sind, wurde in der deutlichen Antwort ersicht­lich, dass wir im internationalen Vergleich personell hervorragend aufgestellt sind, wo­für wir international geradezu beneidet werden, was vor allem auch für unsere Kommis­sionen gilt.

Das soll nicht bedeuten, dass wir uns der Verantwortung unserem Kontrollorgan ge­genüber nicht bewusst wären, ich glaube aber, in Zeiten wie diesen werden wir mit ent­sprechender Sparsamkeit – aber auch mit der gegebenen Offenheit – die Volksanwalt­schaft weiterentwickeln. – Danke für Ihre Arbeit. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

22.31


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schimanek. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


22.32.02

Abgeordnete Carmen Schimanek (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Volks­anwältin! Geschätzte Herren Volksanwälte! Auch ich möchte zu Beginn meiner Rede den Dank meiner Fraktion an die Volksanwaltschaft und ihre Mitarbeiter weitergeben, denn es steht außer Zweifel, dass die Volksanwaltschaft hervorragende Arbeit für die öster­reichische Bevölkerung macht. Das ist wertzuschätzen, und deshalb noch einmal ein großes Dankeschön unsererseits.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 332

Die zwei Berichte sind heute schon angesprochen worden. Rund 19 000 Fälle hat die Volksanwaltschaft letztes Jahr bearbeitet, dabei fielen 18 492 auf die nachprüfende Kon­trolle und 522 Fälle auf die präventive Kontrolle. Ich möchte an dieser Stelle aber auch erwähnen, dass ich mich sehr gefreut hätte, wenn wir die Berichte der Volksanwaltschaft etwas früher hätten diskutieren können, vielleicht auch während der Direktübertragung im Fernsehen. Ich denke, das hätte sich die Volksanwaltschaft auch einmal verdient. (Bei­fall bei FPÖ und ÖVP.) – Danke schön.

Ich möchte mich nun auf zwei spezielle Beiträge der Volksanwaltschaft konzentrieren. Das ist zum einen der Mordfall am Brunnenmarkt. Dr. Fichtenbauer hat uns dazu im Aus­schuss schon erklärt, dass es sich dabei um ein Multiorganversagen, ein Versagen al­ler Zuständigen gehandelt hat. Ich finde, es war einfach schrecklich für uns, zu hören, dass da viele Mechanismen nicht ineinandergegriffen haben, sodass es zu diesem schreck­lichen Vorfall gekommen ist. Dieser Täter ist ja schon mehrmals mit Eisenstangen auf die Bevölkerung losgegangen, und es wurde nicht eingegriffen.

Was mich wundert, ist, dass der bereits fertige Bericht aus dem Justizministerium im­mer noch nicht vorgelegt wird. Auch das wäre ein Zeichen; es wäre wichtig, dass er jetzt einmal kommt.

Der zweite Bereich, der mir auch sehr wichtig erscheint, ist der Bereich Pflege. Wir ha­ben heute den Pflegeregress abgeschafft. In den Berichten der Volksanwaltschaft wur­de der Personalmangel in der Pflege mehrfach angesprochen. Ich denke, darauf wird die Volksanwaltschaft auch vermehrt das Augenmerk richten müssen, denn mit der Ab­schaffung des Pflegeregresses wird es auch zu mehr Betreuung in den Pflegeheimen kommen. Das macht die Aufgabe für die Pflegebediensteten in den Heimen nicht leich­ter.

Ein weiterer Punkt, der mir sehr wichtig ist – die beiden Kollegen Hell und Sieber ha­ben es ja auch schon angesprochen –: Die Volksanwaltschaft ist eines der kleinsten und sparsamsten Organe und hat jetzt mit der Rentenkommission eine weitere Aufgabe be­kommen. Das hat nur einen kleinen Schönheitsfehler: Die Volksanwaltschaft musste sich vier Planstellen des Verteidigungsministeriums ausleihen, weil sie selbst zu wenig Personal hat.

Die Kollegen Sieber und Hell haben mehr oder weniger signalisiert, sie wären bereit, der Volksanwaltschaft jetzt mehr Planstellen zur Verfügung zu stellen. Sie haben sich aber nicht durchringen können, mit mir heute gemeinsamen einen Antrag einzubringen.

Ich glaube, es wäre ein schönes Signal gewesen, den Antrag von dieser Stelle aus ge­meinsam zu beschließen, aber, meine lieben Kollegen, Sie bekommen jetzt noch ein­mal die Gelegenheit dazu, denn ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Carmen Schimanek, Kolleginnen und Kollegen betreffend zusätzli­che Planstellen in der Volksanwaltschaft

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Regierungs­vorlage zuzuleiten, die drei zusätzliche Planstellen für Prüfreferenten (Wertigkeit: A1/6) in der Volksanwaltschaft ermöglicht.“

*****

Ich bitte um Ihre Unterstützung, ich glaube, die Volksanwaltschaft hat es sich verdient. (Beifall bei der FPÖ.)

22.36



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 333

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Schimanek und weiterer Abgeordneter

betreffend zusätzliche Planstellen in der Volksanwaltschaft

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 48: Bericht des Volks­anwaltschaftsausschusses über den 40. Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2016) (III-354 d.B.) in der 190. Sitzung des Nationalrates, XXV. GP, am 29. Juni 2017

Die Volksanwaltschaft ist das kleinste, sparsamste oberste Organ der Republik. Sie ver­fügte 2016 über insgesamt 75 Planstellen im Personalplan des Bundes. Mit Teilzeit­kräften und Personen mit herabgesetzter Wochenarbeitszeit, Verwaltungspraktika und Entsendeten von anderen Gebietskörperschaften sind in der VA insgesamt im Durch­schnitt 90 Personen tätig. Die Volksanwaltschaft stößt mit dem vorhandenen Personal und den vorhandenen Geldmitteln aber bereits an die Grenzen des Machbaren. Die Om­budsstelle fordert daher seit geraumer Zeit für jeden der drei Geschäftsbereiche eine zusätzliche Planstelle für einen Prüfreferenten (Akademiker). Seitens der zuständigen Staatssekretärin im BKA, Mag. Muna Duzdar, gab es dazu bereits positive Signale.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Regierungs­vorlage zuzuleiten, die drei zusätzliche Planstellen für Prüfreferenten (Wertigkeit: A1/6) in der Volksanwaltschaft ermöglicht.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte.

 


22.36.38

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Frau Präsidentin! Werte Volksan­wälte! Frau Volksanwältin! Ich möchte mich zuerst einmal meiner Vorrednerin anschlie­ßen; ich finde es eigentlich traurig: Einmal im Jahr diskutieren wir die Berichte der Volks­anwaltschaft, und das dann spätabends. Heute ist es beinahe zeitig, 22.30 Uhr, das fand früher auch schon später statt.

Ich bin mir nicht sicher, ob wir die Möglichkeiten wirklich nützen, die das Parlament die­sem Organ übertragen hat. Wir könnten beispielsweise bei jeder Plenarsitzung ein Ka­pitel aufarbeiten. Diese Kapitel sind ja alle so gestaltet, dass sie Beschwerden von den Bürgern und Bürgerinnen beinhalten, die von der Volksanwaltschaft geprüft und als Be­schwerden, die zu Recht vorgetragen wurden, in den Bericht aufgenommen werden. Dann würde sich, glaube ich, der eine oder andere Zuseher, die eine oder andere Zu­seherin auch mehr politisch widergespiegelt fühlen, was uns allen dienen würde.

Wie dem auch sei, unabhängig von der parlamentarischen Aufmerksamkeit unserem ei­genen Organ gegenüber macht die Volksanwaltschaft hinter den Kulissen natürlich ihre Arbeit; es ist bei vielen Anliegen eine Art Korrekturarbeit, eine reinigende Arbeit.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 334

Wir wissen, dass in den letzten fünf Jahren die Kontrolle der Einhaltung der Menschen­rechte etwas Unabdingbares geworden ist, wie in den vielen Jahren davor die Kontrolle der Verwaltung – das wissen wir alles. Wir loben das dann und loben die Volksanwalt­schaft und uns selbst ein bisschen; die parlamentarische Auseinandersetzung würde ich doch verschärfen wollen, wenn das irgendwie ginge.

Zum Glück – und das freut mich sehr, ich habe es im Ausschuss schon gesagt – kommt die Volksanwaltschaft selbst auf die Idee, die Öffentlichkeitsarbeit zu verstärken und zu vermehren. Das begrüße ich sehr, denn es wirkt sich auch tatsächlich aus. Wir beob­achten eine Aufmerksamkeit in allen möglichen Bereichen, insbesondere beispielswei­se im Bereich Denkmalschutz, wo die Volksanwaltschaft etwa einen Fall in Mattersburg geprüft hat: Da hat praktisch ganz Mattersburg dagegen unterschrieben, dass das Kul­turzentrum nicht unter Denkmalschutz gestellt und abgerissen werden soll. Wenn die öf­fentliche Aufmerksamkeit für dieses Thema in ganz Österreich geweckt ist, kann sich mög­licherweise auch etwas verbessern. Das ist dann etwas.

Insbesondere denke ich an die massiven Ärgernisse im Zusammenhang mit Hochhaus­bauten in Linz oder auch am Heumarkt in Wien, wo, wenn ich zitieren darf, „stadtpoliti­sche Entscheidungen ganz offenkundig den Investoren übertragen und überlassen wer­den“. So ist es zu Korruptions- und Freunderlwirtschaftsvorwürfen nicht weit, vor allem wenn die Verwaltung selbst die eigenen Bestimmungen ignoriert.

Insgesamt entsteht ein großer Schaden auf allen Ebenen. Ich danke für diese klaren Worte seitens eines parteiunabhängigen Instrumentariums des Parlaments, und hoffe, dass es durch die Arbeit der Volksanwaltschaft eine effektivere Verwaltung gibt. – Dan­ke. (Beifall bei den Grünen.)

22.39


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Sche­rak. – Bitte.

 


22.40.04

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Volksanwälte! Ich möchte mich wie meine Vorredner auch einmal für den sehr ausführlichen Bericht bedanken, in Wirklichkeit für die zwei Berichte, die Sie uns vorgelegt haben, zusätzlich auch für die Diskussion im Ausschuss. Den Volksanwalt­schaftsausschuss hat schon immer ausgezeichnet, dass – natürlich auch wegen der Vorsitzführung – die Diskussion einfach so geführt wird, wie sie geführt wird, und dass Sie uns auf all die Fragen, die wir gestellt haben, auch sehr umfassend Antwort geben.

Ich glaube, dass man insbesondere ein bisschen einen Rückblick machen kann, was die präventive Menschenrechtskontrolle betrifft, da Sie dieses Mandat, das OPCAT-Man­dat, jetzt seit knapp fünf Jahren innehaben und wir sehen, wenn man sich die Anzahl der Kontrollbesuche im letzten Jahr anschaut – wie jedes Jahr ungefähr 500 Kontroll­besuche –, wie gut das funktioniert. Sie wissen, dass ich anfänglich immer kritisch war, was nichts mit Ihrer Arbeit zu tun gehabt hat, sondern mit der grundsätzlichen Aufstel­lung. Ich glaube, dass aber gerade die Kontrollbesuche zeigen, wie gut das funktioniert, und das ist in den Berichten auch entsprechend aufgelistet.

Gerade wenn wir uns anschauen, wie Sie, die Volksanwaltschaft, im Zusammenhang mit den Missständen in Pflegeheimen agiert haben, sehen wir, das war sehr, sehr wich­tig, wie in vielen anderen Bereichen auch. Wir haben ja im Ausschuss auch die äußerst skurrile Kritik diskutiert, die Ihnen gegenüber geäußert wurde, die man dann quasi von außen hört, dass Ihnen das nicht zustehe. Das ist für mich als Parlamentarier beson­ders schwer auszuhalten, da Sie als Organ des Parlaments die ganz wichtige Aufgabe haben, diese Missstände aufzuzeigen. Wer, wenn nicht die Volksanwaltschaft, hat in die­sem Zusammenhang die Aufgabe, Missstände, wo sie da sind, aufzuzeigen? Das macht sie auch in der richtigen Art und Weise, dafür auch vielen Dank.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 335

Auch im Zusammenhang mit dem Asylbereich gab es eine hohe Anzahl an Beschwer­den, was die Bereitstellung von Unterkünften und die überzogene Verfahrensdauer be­trifft. Wir wissen, dass es, natürlich auch aufgrund der hohen Anzahl an Flüchtlingen, die nach Österreich gekommen ist, zu Überlastungen kam, dass aber auch – wir haben erst gestern wieder darüber diskutiert – das Asyl- und Fremdenrecht in einer Art und Wei­se komplex geworden ist, dass es in Wirklichkeit dementsprechend schwer vollziehbar ist.

Wir haben im Ausschuss auch über die Frage der Betrauung des Vereins Menschen­rechte Österreich mit dem Menschenrechtsmonitoring im Zusammenhang mit Abschie­bungen diskutiert. Es hat mich sehr gefreut, Herr Volksanwalt Fichtenbauer, dass Sie da auch gesagt haben, dass wir doch sehen, dass das höchstwahrscheinlich nicht in dem Ausmaß miteinander vereinbar ist, dass der Verein Menschenrechte Österreich einer­seits versucht, an den Abschiebungen teilzunehmen, und andererseits gleichzeitig das Monitoring machen soll. Dann stellt sich auch die Frage, ob die Dolmetschleistung zu­sätzlich noch möglich ist.

Mich freut es besonders, dass diese Dinge angesprochen werden, die vor allem uns Parlamentarier dabei helfen, da weiter nachzufassen. Ich habe gerade im Zusammen­hang mit dieser Frage eine Anfrage an das Innenministerium gestellt, wie denn das ge­nau ist, wer ganz konkret im Zusammenhang mit den Abschiebungen oder der Dol­metschleistung wofür zuständig ist. Das ist etwas, woran wir einfach sehen, dass wir Parlamentarier durch Ihre Arbeit entsprechend parlamentarisch weiterarbeiten können.

Zu der tragischen Situation am Brunnenmarkt: Ich glaube, da ist durch den Bericht der Volksanwaltschaft noch einmal sehr klar dargelegt worden, welches unerträgliche Mul­tiorganversagen es gab, dass da in jeglicher Sphäre, die dem Staat zuzuordnen ist, Feh­ler gemacht wurden. All das hat dazu geführt, dass wir es nicht geschafft haben, die­sen tragischen Mord zu verhindern. Noch einmal vielen Dank für diesen Teil des Be­richts, und ich hoffe, dass wir daraus die entsprechenden Schlüsse ziehen!

Abschließend: Ich freue mich auf weitere Jahre der Zusammenarbeit und danke Ihnen für die sehr umfassende und sehr aufklärende Arbeit und für diese zwei großartigen Be­richte. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

22.43


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Kirchgatterer zu Wort. – Bitte.

 


22.43.58

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Frau Nationalratspräsidentin! Frau Volks­anwältin! Meine Herren Volksanwälte! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die Volksanwaltschaft leistet sehr, sehr gute Arbeit, das ist schon mehrfach betont worden, auch und besonders im Menschenrechtsbereich. Ich denke, die unangemeldeten Kon­trollen von Expertinnen und Experten, der uneingeschränkte Zutritt, die vertraulichen Ge­spräche, Auskünfte über Gesundheit und Medikamente, die Unabhängigkeit sind die Grund­pfeiler des großen Vertrauens, die Grundpfeiler der Wertschätzung der Volksanwaltschaft durch die Österreicherinnen und Österreicher.

Auf drei Punkte des Berichts möchte ich eingehen und diese unterstreichen:

Erstens: Es wird von der Volksanwaltschaft darauf hingewiesen, dass bei Polizeieinsät­zen bei Demonstrationen sorgfältig abzuwägen ist, ob eine sogenannte Kesselbildung notwendig, gerechtfertigt und verhältnismäßig ist, und die Kesselbildung soll so kurz wie möglich dauern. Es ist sehr wichtig, dass darauf geachtet wird.

Der zweite Punkt, der schon mehrfach erwähnt wurde, betrifft Alten- und Pflegeheime: 125 Einrichtungen unterschiedlicher Größe und Trägerschaft wurden besucht, 37 Fol-


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gebesuche waren notwendig, um Veränderungsbedarf zu prüfen und um zu prüfen, ob Empfehlungen umgesetzt wurden. Zwei Punkte: Zu wenig Personal im Nachtdienst und Schmerzbehandlung. Neun unterschiedliche Vorgaben im Pflegebereich in neun Bun­desländern sind in heutiger Zeit nicht mehr zeitgemäß.

Dritter Punkt: Das International Ombudsman Institute mit Sitz in Wien stärkt die unter Druck der Regierung stehenden nationalen Ombudsmann-Einrichtungen. Es war beein­druckend, als sich bei der Vierzigjahrfeier hier in diesem Saal der Vertreter der polni­schen Volksanwaltschaft für die erfolgreiche Unterstützung bedankt hat. Die Schulungs­tätigkeit und ein Erfahrungsaustausch auf internationaler Ebene sind ein wichtiger Bei­trag zur Stärkung und Wahrung der Menschenrechte.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss: Die Volksanwaltschaft ist eine sehr wertvolle Einrichtung des Parlaments – die vorliegenden Berichte zeigen das sehr deut­lich, ebenso die breite Zustimmung und Wertschätzung im Ausschuss. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.46


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Au­bauer. – Bitte.

 


22.46.40

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Volksan­wälte! Hohes Haus! Die Schwächsten in der Gesellschaft zu schützen, das ist wohl un­ser gemeinsames Anliegen. Der Bericht der Volksanwaltschaft beweist einmal mehr, wie wichtig die Reform der Sachwalterschaft war, der neue Erwachsenenschutz, den wir gemeinsam hier im Hohen Haus einstimmig auf den Weg gebracht haben.

Fast 240 Beschwerden haben die Volksanwälte dazu im Vorjahr bearbeitet, darunter dra­matische Schicksale: Der Sachwalter verweigert den Kontakt zur Familie, er gibt nicht genug Geld zum täglichen Leben und vieles mehr. – Damit wird Schluss sein, künftig wird auf die Wünsche der Betroffenen eingegangen; es heißt: unterstützen statt ent­mündigen. Entscheidend ist, dass man in vielen Fällen auf einen gerichtlichen Erwach­senenvertreter überhaupt wird verzichten können. Das ist auch in einem Buch nachzu­lesen, das Frau Volksanwältin Dr. Brinek vor einigen Tagen herausgegeben hat. Darin beschreiben Experten nämlich, wie in der Praxis der Weg zu mehr Selbstbestimmung auch gelingen kann.

Die Schwächsten der Gesellschaft zu schützen, das ist auch das Ziel in der Pflege. Die Volksanwaltschaft spricht in ihrem Bericht von einigen Missständen im Pflegebereich, in Pflegeheimen. Bewohner werden zu früh ins Bett gesteckt, weil zu wenig Personal für den Nachtdienst vorhanden ist. Wir wissen, dass in der überwiegenden Zahl der Al­ten- und Pflegeheime die Qualität stimmt. Die Pflegekräfte arbeiten – und das möchte ich hier ganz deutlich sagen – höchst engagiert und oft bis an die Grenze der Belast­barkeit. Wenn es zu Problemen kommt, wenn Missstände auftauchen, dann heißt es, ge­nau hinzuschauen, denn jeder Missstand ist einer zu viel. Unser Ziel ist: keine Miss­stände mehr im nächsten Bericht!

Wie können wir diese beste Pflegequalität erreichen? – Es wurde schon angesprochen, auch das steht in den Empfehlungen der Volksanwaltschaft: weitgehend einheitliche Per­sonalschlüssel für ganz Österreich, mehr Personal, spezielle Schulungen, etwa hinsicht­lich Sturzprävention. Generell herzlichen Dank für diese Empfehlungen, wir können da­durch gemeinsam zu weiteren Verbesserungen kommen! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

22.49


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Lausch. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 337

22.49.27

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Volks­anwältin! Herren Volksanwälte! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, ich kann es kurz machen: Ich schließe mich natürlich den vielen Lobesworten für diese zwei um­fangreichen Berichte an. An diesen Berichten sieht man, wie wichtig die Volksanwalt­schaft ist, wie genau das alles durchleuchtet und beobachtet wird. Dazu kann man nur gratulieren. Man sieht schon am Umfang des Berichts, dass sich die Volksanwaltschaft das Ganze nicht leicht macht, obwohl ja das Geld und das Personal für die Volksanwalt­schaft nicht unbedingt mehr werden. Zu dieser großartigen Leistung kann man nur gra­tulieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Zu den Justizanstalten: Kollege Sieber, ich weiß nicht, woher du das immer hast, dass die Ausbildung der Justizwachebeamten auch noch verbessert gehört und so weiter und so fort. Der Volksanwaltschaftsbericht zeigt das eindeutig: In Justizanstalten Josefstadt, Graz-Jakomini, St. Pölten, Linz, Feldkirch gibt es überall zu wenig Personal, überall funk­tioniert der Dienst nur mehr eingeschränkt. Man kann das Tischtuch in verschiedene Richtungen schieben, aber es wird deswegen nicht größer, sondern es liegt schon am Personal. Justizwachebeamten werden Seminare angeboten, sie machen Fortbildungs­kurse, und, und, und; daran liegt es nicht.

Auch die Aufnahme ist so streng wie nie zuvor, von zehn Bewerbern werden überhaupt nur mehr ein bis zwei aufgenommen. Da kann man schon sagen, dass diese Personal­not natürlich in den nächsten Jahren nicht unbedingt weniger wird. Verantwortlich war eigentlich deine Bundesregierung, denn die Finanzminister und die Justizministerin be­ziehungsweise Justizminister der letzten Jahre habt ja ihr von der ÖVP gestellt. Da hät­te man vielleicht schon früher vorsorgen sollen.

Das Einzige, das mir halt als Personalvertreter nicht gefällt, ist, dass die Bediensteten der Justizwache sichtbar ein Namensschild tragen sollen. Ich kann auch weitergeben, dass das zu sehr viel Unstimmigkeiten beim Personal geführt hat. Es ist so – und das erkennen Sie in dem Bericht ja sehr, sehr gut –, dass die Justizwache in den Justizan­stalten natürlich auch Betreuungs- und Erziehungs- beziehungsweise Beziehungsfunk­tionen hat, in erster Linie erfüllt sie aber schon Sicherheitsaufgaben. In den Justizan­stalten trägt weder der psychologische Dienst noch der ärztliche Dienst ein Namens­schild, auch die Krankenschwestern nicht, im Gegenteil; die haben sogar sogenannte Schwesternnamen, um die Privatsphäre und die Persönlichkeit zu schützen.

Es ist für mich nicht nachvollziehbar, was es bringen soll, wenn Justizwachebeamte ein Namensschild tragen. Immerhin ist die Justizwache auch in sehr vielen Fällen für Si­cherheitsaufgaben da, auch um in Konfliktsituationen Konflikte zu bereinigen, und ich glaube, da wäre das kontraproduktiv. Das ist aber nur eine Anmerkung, ich glaube, auch das Bundesministerium für Justiz ist nicht so glücklich darüber. Wie gesagt, ich bin da einer anderen Meinung, sonst ist der Bericht aber zur Gänze ein sehr, sehr, sehr guter. Ich gratuliere und bedanke mich dafür. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

22.53


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Neu­roth. – Bitte.

 


22.53.35

Abgeordnete Mag. Barbara Neuroth (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Hohes Haus! Wir haben im Ausschuss den 40. Bericht der Volksanwaltschaft vorgelegt und ausreichend darge­legt bekommen. Ich muss zugeben, dass das der erste Bericht war, den ich präsentiert bekam, und ich war wirklich sehr beeindruckt von den vielen Fällen, von der Akribie, wie die Fälle dargelegt werden, wie versucht wird, die Fälle aufzuarbeiten und in einen


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Kontext zu bringen, sodass man damit weiterarbeiten kann, und dass die Verwaltung den Menschen in den Mittelpunkt stellt.

In Anbetracht der späten Stunde möchte ich mich auf Fälle im Kapitel Familien und Ju­gend beschränken, weil dort auf zehn Seiten angeführt wird, wie mit der Problematik von grenzüberschreitenden Fällen von Familienleistungen umgegangen wird.

Wir haben ja hier im Saal heute schon ein paarmal das Wort Sozialmissbrauch gehört. Da sieht es aber ein bisschen anders aus. Was ist denn das konkrete Problem? – Ein Kind kommt auf die Welt, die Eltern sind aber aus unterschiedlichen EU-Staaten. Laut EU-Recht ist das Land zur Familienleistung, also Kinderbetreuungsgeld und Familien­beihilfe, verpflichtet, in dem Vater oder Mutter arbeiten, also beschäftigt sind. Das ist grundsätzlich eine vernünftige Lösung, die halt für den Normalfall brauchbar ist, es wird aber trickreich, wenn es um Sonderfälle geht.

So einen Sonderfall kenne ich: eine junge Mutter, Österreicherin, Wohnsitz in Wien, Le­bensmittelpunkt in Wien, Alleinerzieherin; Vater aus Slowenien und halt Vater auf dem Papier. Die junge Mutter hat sechs Jahre lang voll gearbeitet und die Schwangerschaft genutzt, um ihren Lehrabschluss zu machen; deshalb hat sie eben kein Beschäfti­gungsverhältnis, und jetzt soll also Slowenien für die Familienleistung zuständig sein.

In der Praxis ist dieser jungen Mutter Folgendes passiert: etliche Besuche bei der Ge­bietskrankenkassa, eine Reise nach Slowenien mit einem zwei Monate alten Kind, un­angenehme Gespräche, Unkenntnis der Bediensteten: Na, wegen Ihnen werden wir das EU-Recht nicht brechen! Inzwischen sind fünf Monate ergebnislos verstrichen.

Die Volksanwaltschaft beschreibt den Idealfall aber so: Die Wartefrist sollte laut EU-Kommission maximal zwei Monate dauern, nach zwei Monaten soll in jedem Fall das Wohnsitzland einspringen, Leistungen vorschießen und sich darum kümmern, dass der entsprechende Antrag an das zuständige Land weitergeleitet wird. Die Volksanwalt­schaft beschreibt einige Fälle dieser Art und hat auch empfohlen, dass Schulungen der Behörden oder der jeweiligen Stellen durchzuführen seien. Diese Notwendigkeit ist an­gesichts des geschilderten Falls meiner Meinung nach gegeben.

Ich appelliere an Sie: So kann man mit einer jungen Mutter, die sich als Alleinerzieherin für ihr Kind entschieden hat, nicht umspringen. (Beifall bei den Grünen.) Sie ist vertrau­end auf unser Sozialsystem in diese missliche Lage gekommen. Ich hoffe, dass mein Redebeitrag mithelfen kann, dass dieser Fall endlich zu einem guten Ende kommt und dass die notwendigen Empfehlungen der Volksanwaltschaft ernst genommen werden, denn die problematische soziale Lage für diese junge Mutter sollte eigentlich schon längst gelöst sein.

Die betroffene Mutter hat sich bereits an die Volksanwaltschaft gewandt, und ihr Fall wird leider im Bericht über das Jahr 2017 auftauchen. Ich bedanke mich aber natürlich trotzdem sehr, dass Sie das so aufzeichnen, dass Sie daran weiterarbeiten und wirk­lich für die Menschen und für die Bevölkerung da sind. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

22.57


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Fichtinger. – Bitte.

 


22.58.13

Abgeordnete Angela Fichtinger (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Volksanwälte! In zwei umfassenden Berichten haben uns die Volksanwälte ihre Arbeit des vergange­nen Jahres nähergebracht und damit eindrucksvoll einen thematischen Bogen über die gesamte Ämter- und Behördenlandschaft gespannt. Wir haben im Bericht einen Ein­blick erhalten, was die Menschen in unserem Land bewegt, in welchen Bereichen wir Verbesserungen brauchen, wo vielleicht sogar Gesetze geändert werden sollten.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 339

Als Bürgermeisterin habe ich mir natürlich besonders die Prüfungen der Landes- und Gemeindeverwaltung angesehen. 3 147 Beschwerden hat es in diesen Bereichen ge­geben; da geht es hauptsächlich um Sozialwesen, Raumordnung und Baurecht, aber auch um Angelegenheiten von Menschen mit Behinderung.

Ich empfinde die Arbeit der Volksanwaltschaft sicher nicht als Beschuldigung, sondern als Herausforderung. In der Sendung „Bürgeranwalt“ verfolge ich oft die Diskussion, wenn Bürgermeister oder Landesvertreter Rede und Antwort stehen. Da geht es nicht darum, die Arbeit der Kommunalpolitiker schlechtzureden oder sie an den Pranger zu stellen. Bürgermeister sind nun einmal in sehr vielen Dingen die erste Anlaufstelle und auch die, die als Erste Antwort geben müssen.

Abschließend möchte ich festhalten, dass ich die Volksanwaltschaft als Partner sehe, mit der wir weiterhin gemeinsam die besten Lösungen für die Bürgerinnen und Bürger finden wollen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

22.59


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Kucharowits zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


23.00.00

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin­nen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Auch ich bedanke mich für den Bericht.

Ich würde mir gerne zwei Themenbereiche herauspicken – als Erstes den Bereich Dauer von Asylverfahren. Ich glaube, wir alle kennen betroffene Menschen, die irrsinnig lange auf ihr Erstinterview warten – Monate, Jahre. Das ist ein sicherlich sehr schwieriger Zu­stand, in der Schwebe zu sein, nichts zu wissen. Leider sind davon oftmals Kinder und Jugendliche betroffen; Sie haben das auch in Ihrem Bericht dokumentiert. Das sind un­begleitete, unmündige Kinder oder mündige Jugendliche. Kinder und Jugendliche sind aber per Gesetz vulnerable Personen. Es gelten somit hier besondere Umsicht und be­sonderer Schutz – und das natürlich auch im Speziellen, was die Dauer der Verfahren anbelangt. Manchmal warten Jugendliche so lange, bis sie dann plötzlich 18 sind, und dann kommen sie plötzlich zum Interview. Was birgt diese Wartezeit? – Natürlich Pers­pektivenlosigkeit, sehr viel Angst, die damit verbunden ist, und manchmal sogar die Ge­fahr, zu verschwinden – Stichwort Missing Children.

Kurz gefasst: Es läuft nicht so, wie wir uns das in der Politik vorstellen, und es braucht einfach dringend schnellere Asylverfahren – vor allem für Kinder und Jugendliche, um dem Bundesverfassungsgesetz für Kinderrechte gerecht zu werden, und es bedarf na­türlich auch der Ratifizierung, die wir ja schon vor Jahren vorgenommen haben. Des­halb rufe ich wirklich dazu auf, Kinder und Jugendliche, so wie im Gesetz vorgesehen, als vulnerable Personen zu behandeln und dementsprechend schnelle Asylverfahren abzuhalten.

Damit komme ich zu meinem zweiten Punkt. Es kommt in letzter Zeit immer wieder vor – auch der Innenminister hat mir in einer Anfrage diesbezüglich geantwortet –, dass es verstärkte Kontrollen und Anhaltungen von Jugendlichen durch die Polizei gibt. Es gab vor Kurzem eine Identitätsfeststellung, im Zuge derer unbeteiligte Kinder angehalten wur­den.

Mir geht es überhaupt nicht darum, die Polizei, alle Polizistinnen und Polizisten über ei­nen Kamm zu scheren – ganz und gar nicht –, ich denke nur, dass es gute Program­me, gute Projekte gibt – ich sage nur: Polizei.Macht.Menschen.Rechte. Ich möchte an dieser Stelle darauf aufmerksam machen, dass auch da im Speziellen Kinderrechte zu implementieren sind. Vielleicht wäre es auch angebracht, den sensibleren Umgang zwi­schen Polizei und Kindern und Jugendlichen zu trainieren.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 340

Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, Sie müssen zum Schlusssatz kommen, weil die Redezeit der Fraktion ausgeschöpft ist. – Bitte.

 


Abgeordnete Katharina Kucharowits (fortsetzend): Dann glaube ich, dass die Polizei wirklich zur Helferin werden kann. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der Grünen.)

23.02


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


23.02.46

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Meine geschätzten Damen und Herren! Der Bericht der Volksanwaltschaft besteht aus zwei umfangreichen Bänden, und das würde jetzt Gelegenheit geben, die Nacht durchzudiskutieren. Das werden wir aber heu­te, glaube ich, nicht mehr machen.

Einige wenige Sätze zum ersten Band – Prüfung der öffentlichen Verwaltung – seien mir gestattet: Es gibt einen erneuten Anstieg der gemeldeten Fälle. 18 490 Menschen haben sich an die Volksanwaltschaft gewendet, und obwohl nur bei der Hälfte dieser Fälle ein tatsächliches formelles Prüfverfahren eingeleitet worden ist, bin ich der Mei­nung, dass es wichtig ist, dass es eine Institution gibt, bei der alle Bürger eine kompe­tente Anlaufstelle für ihre Anliegen finden.

Der zweite Punkt betrifft den präventiven Schutz der Menschenrechte. Es sind hierzu in 479 Einrichtungen 522 Kontrollen durchgeführt worden. Es gibt erfolgreiche Interventio­nen, so zum Beispiel gibt es Erwachsenenschutz statt Sachwalterschaft. Es gibt eine Kehrtwende weg von der Entmündigung hin zu mehr Autonomie, Selbstbestimmung und Entscheidungshilfe für Betroffene. Das Parlament hat reagiert und das Gesetz geändert.

Weniger erfolgreich war die Volksanwaltschaft in Kärnten. Da gibt es rund 700 Men­schen mit psychischer Erkrankung, die nicht entsprechend der UN-Behindertenrechts­konvention untergebracht sind. Die Kärntner Landesregierung hat bisher jedoch trotz mehrfacher Aufforderung keine ausreichenden Maßnahmen getroffen. Es bleibt nur zu hoffen, dass dies auch in der Zukunft wirklich zu substanziellen Verbesserungen führt. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Ich bedanke mich bei allen Menschen, die für die Menschen in unserem Land arbei­ten. – Herzlichen Dank, und ich werde natürlich dem Bericht zustimmen! (Beifall bei der ÖVP.)

23.04


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Volksanwalt Kräuter zu Wort. – Bitte.

 


23.04.55

Volksanwalt Dr. Günther Kräuter: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Tatsächlich ist es so, dass nach zwei Plenartagen der allerletzte Punkt nicht ideal für längere Referate und Diskussionen geeignet ist. (Abg. Fekter: Es waren eh alle da, das wissen alle!) Es ist allerdings durch die sehr ausführliche Ausschussdiskussion den demokratiepolitischen Erfordernissen Rechnung getragen. Es wäre aber, glaube ich, schon im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, wenn wir einmal unseren Volksanwaltschafts­bericht nicht nach 23 Uhr diskutieren würden, sondern am Tag – und eben nicht in der Nacht. (Allgemeiner Beifall.)

Die Institution ist jetzt genau 40 Jahre alt. Am 1. Juli hat die Volksanwaltschaft ihre Tä­tigkeit aufgenommen, und sie hat stets mehr und mehr Aufgaben übernommen – zum Beispiel im Jahr 2012 den präventiven Menschenrechtsschutz in Einrichtungen. Von


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den rund 500 Besuchen, die im Bericht abgebildet sind, führten immerhin 83 Prozent letztendlich zur Feststellung von Mängeln.

Stichwort Alten- und Pflegeheime, meine Damen und Herren: Da gibt es eine originelle Idee von der Verbindungsstelle der Bundesländer, dass nicht die Qualitätsdefizite oder die Missstände oder der Personalmangel das Problem seien, sondern die Berichte der Volksanwaltschaft (Abg. Jarolim: Wer sagt das?), und man möchte den Berichten der Volksanwaltschaft eine Art Eigendarstellung hinzufügen. Ich muss ganz klar dazu sa­gen: Das ist natürlich glatt gesetzeswidrig. Das ist so in den Bestimmungen nicht vor­gesehen und auch inhaltlich verfehlt, denn natürlich erhalten alle Träger ständig Infor­mationen und haben das Recht, Stellungnahmen abzugeben.

Am Samstag tritt das Heimopferrentengesetz in Kraft. Das Kollegium wird Empfehlun­gen zur Anerkennung von 300-€-Zahlungen an die Opfer der seinerzeitigen Vorkomm­nisse entwickeln. Wir sind organisatorisch und personell gut vorbereitet. Wir haben be­reits am 3. Juli die erste Tagung der Kommission. Wir werden aber von Zeit zu Zeit eva­luieren müssen, und bestimmt wird es auch noch Anpassungen und Änderungen in die­sem Gesetz geben.

Ein Kompliment an die Frau Vorsitzende des Volksanwaltschaftsausschusses und an die Mitglieder in diesem Ausschuss – es wird wirklich vorbildlich diskutiert. Das ist ein Beispiel für parlamentarische Kultur – ein wirkliches Kompliment und Dankeschön! Dan­ke generell für die Unterstützung dem Nationalrat, Ihnen, meine Damen und Herren – auch für das Lob und die Anerkennung für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. (Zwi­schenruf des Abg. Weninger.)

Danke auch für die Einsicht, dass wir zusätzliche Planstellen unbedingt brauchen, und dafür, dass diese dann so bald wie möglich freigemacht werden.

Ich wünsche vor allem – das ist mir heute wichtig – allen Mandatarinnen und Mandata­ren, die nicht mehr kandidieren, alles Gute für ihren weiteren Weg und dass sie der Ein­richtung Volksanwaltschaft verbunden bleiben. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

23.08


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Volksanwalt Fichtenbauer gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.

 


23.08.18

Volksanwalt Dr. Peter Fichtenbauer: Ich darf dem Herrn Präsidenten als jüngstem 60-Jährigen der Republik noch einmal meine Reverenz erweisen und mich ergänzend natürlich auch sehr herzlich für die besonders engagierte und hochwertige Aussprache bedanken, die wir in den beiden Ausschusstagen gehabt haben.

Manche Sachen kann man nicht oft genug wiederholen (Abg. Jarolim: Bitte nicht wie­derholen!): Auch wenn du es vielleicht schon gehört hast, aber noch nicht verinnerlicht haben magst, lieber Freund: Wir sind wie der linke und der rechte Ärmel eines Anzugs: Hier der Rechnungshof und da die Volksanwaltschaft im Dienste des Nationalrates des Hohen Hauses zur Kontrolle der Vollziehung. (Abg. Weninger: Das wissen wir, das braucht man nicht zu erklären!)

Ergänzend zu dem, was Herr Kollege Dr. Kräuter gesagt hat, möchte ich noch hinzufü­gen, dass wir natürlich keine Freunde sind, aber wir streben auch nicht nach Freund­schaft, wir streben nach Korrektheit und üben eine gewisse freundliche Unerbittlichkeit aus. Kontrolle impliziert nun einmal das Überprüfen des Handelns von Organen der Re­publik.

Abschließend – und ein klein wenig nach Unterhaltung strebend – darf ich Ihnen über die Empörung verschiedener Organwalter Auskunft geben:


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Herr Kollege Dr. Kräuter hat bereits gesagt, dass manche der Meinung sind, die Volks­anwaltschaft solle nicht prüfen, sondern die Geprüften wollen sich selber reflexiv äu­ßern und ihre positive Gebarung darbieten, und dann sollen wir das zur Kenntnis neh­men.

Unterhaltungshalber gibt es also einen neuen Sektionschef im Bundesministerium für Bildung (Abg. Kogler: Unterhaltungshalber – der ist gut!), einen Herrn Ing. Mag. Andreas Thaller, der sagt, es komme der Volksanwaltschaft überhaupt nicht zu, Vermutungen über Missstände anzustellen. – Genau das hat aber die Verfassung vorgesehen.

Also ich weiß nicht, ob dieser Herr je eine Verwaltungsakademie besucht hat, aber ich bin ohne Weiteres dazu bereit, ihn einzuladen oder 5 Schilling dazuzuzahlen, damit er sich das leisten kann.

Dann kam heute ein Brief, laut dem es der Volksanwaltschaft überhaupt nicht zukäme, irgendwelche gerichtsähnlichen Beurteilungen über eine unstrittig gegebene Rechtswid­rigkeit durchzuführen. – Das war eine Dame, die sich über die fehlerhafte Berechnung der Vorrückungsstichtage beschwert hat – übrigens ein Klassiker, dass Vorrückungs­stichtage falsch berechnet werden, die Beschwerdeführer sich an uns wenden und wir das dann korrigieren.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Tätigkeit der Volksanwaltschaft als Ge­samtbild zu betrachten ist. Nahezu 20 000 individuelle Beschwerdeinhalte wurden an uns herangetragen, beziehungsweise sind wir Dingen auch von Amts wegen nachge­gangen, wenn es galt, offenkundige Missstände aufzugreifen. Dabei reicht das Spek­trum von kleinen Causen bis zu großen Causen – da könnte ich vieles erzählen.

Abschließend möchte ich mich natürlich auch beim Hohen Haus bedanken und durch­aus die Bereitschaft darbieten, dass wir nicht nur zur Nachtzeit – was mir nichts aus­macht, ich bin ein alter Soldat, ich kenne Nachtübungen –, sondern ohne Weiteres alle Vierteljahre in einem Ausschuss laufend über die Tätigkeit der Volksanwaltschaft be­richten. Es ist uns ein großes Anliegen, über den Auftrag, den die Verfassung der Volks­anwaltschaft zugewiesen hat, nämlich die Kontrolle der Vollziehung wahrzunehmen, je­derzeit Rechenschaft abzulegen. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

23.12


Präsident Karlheinz Kopf: Frau Volksanwältin Brinek gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


23.12.30

Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek: Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Hochgeschätzte Abgeordnete! Wir haben hier vereinbart, dass ich bei der letzten Sitzung zum letzten Tagesordnungspunkt das letzte Wort haben darf. (Abg. Krai­ner: Ich glaube, das letzte Wort hat immer noch Präsident Kopf!) – Ich meine natürlich von uns Volksanwälten.

Ich denke, man kann nie genug Dank bekommen. Das möchte ich auch Ihnen gegen­über sagen. Ganz besonders möchte ich das angesichts dessen sagen, dass wir in we­nigen Stunden das 40-jährige Jubiläum der Tätigkeit der Volksanwaltschaft feiern kön­nen. Am 1. Juli 1977 hat die Volksanwaltschaft ihre Arbeit aufgenommen. Ich erinnere mich an die Feier, die wir zum Jubiläum der damaligen Verabschiedung des Gesetzes im vergangenen Jänner hatten. Vor 40 Jahren wurden wir vom damaligen Abgeordne­ten und späteren Bundespräsidenten Dr. Heinz Fischer darauf hingewiesen, dass die Volksanwaltschaft eine Einrichtung sein solle, wo dem Staatsbürger David eine Schleu­der gegen den Goliath Verwaltung in die Hand gegeben würde. (Abg. Weninger: Das haben wir so beschlossen!) Und früher noch hat Bundeskanzler Kreisky gesagt, Volks­anwälte sollten Personen sein, die mutig sind, die sich über Missstände ärgern können.


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Ich glaube, diesen Auftrag hat die Volksanwaltschaft – haben die Volksanwältinnen und Volksanwälte – in all den 40 Jahren zur vollsten Zufriedenheit erfüllt. Und so hat sich die Sache aus einem kleinen „Familienbetrieb“, in dem es um die Ahndung der Fehler der Verwaltung gegangen ist – von der Justizanstalt und der Justizwache über den Denk­malschutz bis zu anderen Bereichen der Verwaltung –, immer weiter entwickelt, und wir haben bewiesen, dass wir den Auftrag des Parlaments erfüllen.

Ich darf Ihnen daher noch einmal danken und es in Zahlen sagen: Wir haben seit dem Beginn der Tätigkeit der Volksanwaltschaft etwa 500 000 Beschwerden bearbeitet. Man hat bei der Einrichtung mit 1 500 Beschwerden pro Jahr gerechnet, aber bereits nach vier Jahren – und nicht, wie ursprünglich geplant, nach sechs Jahren – ist aus dem Pro­visorium eine Dauereinrichtung geworden. Und wir sind in der Verfassung verankert.

Wir haben – „wir“ sage ich jetzt auch im Namen der früheren Volksanwälte und Volks­anwältinnen – etwa 9 000 Sprechtage abgehalten, über 70 000 Menschen persönlich ge­troffen und ihre Beschwerden gehört. (Allgemeiner Beifall.)

Glauben Sie mir, in dieser Zeit haben wir die Sorgen kennengelernt! Lob freut uns, Un­terstützung hilft und stärkt uns, und in diesem Sinne wollen wir unsere Aufgabe auch weiter ausüben. Ich möchte nicht zu lange reden und Ihre Geduld nicht zu sehr strapa­zieren. Wir bedanken uns natürlich auch für die gute Zusammenarbeit mit dem ORF mit der Sendung „Bürgeranwalt“, die unsere Popularität sicher erhöht hat. Nicht zuletzt dank dieser Sendung haben wir eine Bekanntheit von mehr als 75 Prozent in der Be­völkerung.

Mit guten Mitteln – es sollte die schon erwähnte Steigerung an Planstellen geben –, mit einem gesicherten Auftrag und im vollen Bewusstsein, den Bürgerinnen und Bürgern ver­pflichtet zu sein, werden wir und diejenigen, die uns nachfolgen werden, auch die nächs­ten 40 Jahren weiterarbeiten.

In diesem Sinn sage ich noch einmal vielen Dank und wünsche Ihnen auch im Herbst wieder eine gute Zeit. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

23.17


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich erkenne keinen Wunsch nach abschließender Berichterstattung.

Somit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Volksanwaltschaftsausschus­ses, den vorliegenden Bericht III-354 d.B. zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Carmen Schimanek, Kolleginnen und Kollegen betreffend zusätzliche Planstellen in der Volksanwaltschaft.

Wer stimmt diesem Antrag zu? – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Die Tagesordnung ist somit erschöpft.

23.17.17Abstimmung über Fristsetzungsantrag

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen jetzt noch zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Bernhard, Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen, dem Geschäfts­ordnungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 2249/A betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird, eine Frist bis 19. September 2017 zu setzen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 344

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein Zei­chen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

*****

Die Tagesordnung ist erschöpft

23.17.38Einlauf

 


Präsident Karlheinz Kopf: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 2269/A bis 2273/A eingebracht worden sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 23.18 Uhr ein; das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung.

Diese Sitzung ist geschlossen.

23.18.02Schluss der Sitzung: 23.18 Uhr

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Parlamentsdirektion

1017 Wien