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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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184. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 5. Dezember 2012

 

 


Stenographisches Protokoll

184. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode         Mittwoch, 5. Dezember 2012

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 5. Dezember 2012: 9.05 – 23.10 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Wahl einer Ordnerin/eines Ordners

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Außer­streitgesetz, das Ehegesetz, das Justizbetreuungsagentur-Gesetz, das Rechtspfleger­gesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Bundesgesetz zur Durchführung des Über­einkommens vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung und das Namensänderungsgesetz geändert werden (Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz 2013 – KindNamRÄG 2013)

3. Punkt: Bericht über den Antrag 1776/A(E) der Abgeordneten Dr. Peter Fichten­bauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mittel für die Fortbildung der Familienrich­ter im Zusammenhang mit Obsorgestreitigkeiten sowie über den

Antrag 2086/A(E) der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Besuchsrecht für Großeltern

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessord­nung 1975, das Jugendgerichtsgesetz 1988 und das Bewährungshilfegesetz geändert werden

5. Punkt: Bericht über den Antrag 2055/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kol­leginnen und Kollegen betreffend gerichtliche Aufsicht bei Sexualstraftätern und bei se­xuell motivierten Gewalttätern nach der Haftentlassung

6. Punkt: Bericht über den Antrag 2064/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Ausweitung des Tätigkeitsverbotes gemäß § 220b StGB

7. Punkt: Bericht über den Antrag 2065/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend verfassungsgesetzliche Begrenzung des Anwendungs­bereiches von elektronisch überwachtem Hausarrest – keine Fußfessel für Sexualstraf­täter

8. Punkt: Bericht über den Antrag 1761/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Stra­che, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine Möglichkeit des Strafvollzuges durch den elektronisch überwachten Hausarrest für nach dem Zehnten Abschnitt des Straf­gesetzbuches – Strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestim­mung – verurteilte Personen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 2

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kartellgesetz 2005, das Wettbewerbsgesetz und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert werden (Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetz 2012 – KaWeRÄG 2012)

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen zum Schutz gebundener Unter­nehmer im Kraftfahrzeugsektor getroffen werden (Kraftfahrzeugsektor-Schutzgesetz – KraSchG)

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz, das Grunderwerbsteuergesetz und das Bundesgesetz über das Gebäude- und Wohnungsregister geändert werden (Grundbuchsgebührennovelle – GGN)

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Versiche­rungsvertragsgesetz, das Verkehrsopfer-Entschädigungsgesetz und das Bundes-Be­hindertengleichstellungsgesetz geändert werden (Versicherungsrechts-Änderungsge­setz 2013 – VersRÄG 2013)

13. Punkt: Bericht über den Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2011)

14. Punkt: Bericht über den Antrag 1111/A(E) der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Einführung der „Digitalen Anzeige“

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Regelung des Perso­nenstandswesens (Personenstandsgesetz 2013 – PStG 2013) erlassen sowie das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Meldegesetz 1991 und das Namensänderungs­gesetz geändert werden und das Personenstandsgesetz aufgehoben wird

16. Punkt: Bericht über den Antrag 1135/A der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die österreichische Staatsbürgerschaft (Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 – StbG), BGBl. Nr. 311/1985, geändert wird

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Sprengmittelgesetz 2010 geändert wird (Sprengmittelgesetz-Novelle 2012)

18. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Waffengesetz 1996 geändert wird

19. Punkt: Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Artikel 15a B-VG über eine Erhöhung ausgewählter Kostenhöchstsätze des Art. 9 der Grundversor­gungsvereinbarung

20. Punkt: Bericht über den Antrag 1701/A der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 5. April 1960, mit dem bestimmte Abzeichen verboten werden (Abzeichenge­setz 1960), in der Fassung des BGBl. Nr. 117/1980, geändert wird

21. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Organisation auf dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft neu geregelt wird (Elektrizitätswirtschafts- und ‑organisationsgesetz 2010 – ElWOG 2010), BGBl. I Nr. 110/2010, geändert wird

22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und das Ar­beitsinspektionsgesetz 1993 geändert werden

23. Punkt: Bericht über den Antrag 1690/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kol­legin und Kollegen betreffend Gleichstellung der ArbeitspsychologInnen als 3. Präven­tivfachkraft im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 3

24. Punkt: Bericht über den Antrag 1639/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Hinzuziehung von Arbeits- und Organisationspsy­chologInnen analog der Bestimmungen bezüglich ArbeitsmedizinerInnen

25. Punkt: Bericht über den Antrag 2093/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überprüfung der Kontrollstrukturen zur Einhaltung des Arbeitsrechts in der Arbeitskräfteüberlassung

26. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Ar­beitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche So­zialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kran­ken- und Unfallversicherungsgesetz, das Bundespflegegeldgesetz, das Nachtschwer­arbeitsgesetz, das Urlaubsgesetz und das Arbeitszeitgesetz geändert werden (Sozial­rechts-Änderungsgesetz 2012 – SRÄG 2012)

27. Punkt: Bericht über den Antrag 1702/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz (BPGG), in der Fassung des BGBl. I Nr. 110/1993, zuletzt geändert durch das BGBI. I Nr. 111/2010, geändert wird

28. Punkt: Bericht über den Antrag 1823/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bereitstellung von adäquaten Unterbringungs­möglichkeiten für junge Menschen mit Behinderung

29. Punkt: Bericht über den Antrag 1939/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend 40 Beitragsjahre für Arbeitnehmer mit Behinde­rung

30. Punkt: Bericht über den Antrag 1948/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausstellung des Ausweises gemäß § 29b StVO durch das Bundessozialamt

31. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ziviltechnikerkammergesetz 1993, das Zivil­technikergesetz 1993, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geän­dert werden (Pensionsfonds-Überleitungsgesetz – PF-ÜG)

32. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz und das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz 1957 geändert werden

33. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Bundesfinanzgericht erlassen wird und die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwaltungsorganisa­tionsgesetz 2010, die Abgabenexekutionsordnung, das Finanzstrafgesetz sowie das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert werden (Finanzverwaltungsgerichtsbarkeits­gesetz 2012 – FVwGG 2012)

34. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz 1989, das Bankwesengesetz
und das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 für die Zwecke der Verordnung (EU) Nr. 1031/2010 über den zeitlichen und administrativen Ablauf und sonstige Aspek-
te der Versteigerung von Treibhausgasemissionszertifikaten gemäß der Richtli­nie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft geändert werden

35. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Zahlungsdienstegesetz geändert wird

36. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Rechnungslegungs-Kontrollgesetz erlassen und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert wird


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 4

37. Punkt: Bericht über den Antrag 2144/A der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz 1981 geändert wird

38. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz geändert wird

39. Punkt: Bericht über den Antrag 2096/A der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem der Artikel 34 des Budgetbegleitgesetzes 2001 betreffend die steuerlichen Sonderregelungen für die Ausgliederung von Aufgaben der „Körperschaften öffentli­chen Rechts“ geändert wird

40. Punkt: Bericht über den Antrag 2114/A(E) der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Grundzüge der För­derungskriterien und Berechnung der Förderung des Strukturänderungsfonds

41. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Re­gierung Jerseys über den Informationsaustausch in Steuersachen

42. Punkt: Protokoll zwischen der Republik Österreich und Rumänien und Zusatzpro­tokoll zur Abänderung des am 30. März 2005 in Bukarest unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll

43. Punkt: Erstattung eines Vorschlages für die Ernennung eines Mitgliedes des Ver­fassungsgerichtshofes

44. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und das Verfassungsge­richtshofgesetz 1953 – VfGG, BGBl. Nr. 85/1953, geändert werden (2060/A)

45. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfas­sungsgesetz geändert wird (2068/A)

46. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, zu­letzt geändert durch BGBl. 50/2012, geändert wird

47. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ASVG (BGBl. Nr. 189/1955), zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 89/2012, abgeändert wird (2095/A)

*****

Inhalt

Nationalrat

1. Punkt: Wahl einer Ordnerin/eines Ordners ............................................................... 61

Wahlergebnis:

Ordner: Christoph Hagen ............................................................................................. 62

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 33


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 5

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen auf Einset­zung eines Untersuchungsausschusses betreffend die Gegengeschäfte und die Nachverhandlungen zur Stückzahlreduktion im Zusammenhang mit der Beschaf­fung von Luftraumüberwachungsflugzeugen des Typs Eurofighter gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung ............................................... 275

Bekanntgabe ................................................................................................................... 60

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kur­zen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 61

Redner/Rednerinnen:

Josef Bucher ............................................................................................................... 275

Stefan Prähauser ........................................................................................................ 277

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................... 278

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ....................................................................... 279

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 281

Stefan Petzner ............................................................................................................ 283

Ing. Robert Lugar ....................................................................................................... 284

Ablehnung des Antrages .............................................................................................. 285

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 61

Antrag der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Überprüfung der Notverstaatlichung der Hypo Alpe-Adria-Bank im Dezember 2009 gemäß § 33 Abs.1 der Geschäftsordnung ........................................ 285

Bekanntgabe ................................................................................................................. 219

Ablehnung des Antrages .............................................................................................. 286

Antrag der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen ge­mäß § 59 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer Debatte über Ta­gesordnungspunkt 43 – Annahme    261, 261

Verlangen auf Durchführung von Wahlen in Wahlzellen gemäß § 88 Abs. 3 der Geschäftsordnung      ............................................................................................................................. 265

Unterbrechung der Sitzung ...............................................................................  266, 266

Aktuelle Stunde (47.)

Thema: „Wehrpflicht und Neutralität – statt Söldnerheer und Nato“ .................. 33

Redner/Rednerinnen:

Heinz-Christian Strache .............................................................................................. 33

Bundesminister Mag. Norbert Darabos .................................................................... 36

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 40

Karlheinz Kopf .............................................................................................................. 42

Dr. Peter Fichtenbauer ................................................................................................ 43

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................... 44

Josef Bucher ................................................................................................................. 46

Ing. Robert Lugar ......................................................................................................... 47

Dr. Günther Kräuter ..................................................................................................... 49

Oswald Klikovits .......................................................................................................... 50


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 6

Mario Kunasek .............................................................................................................. 52

Dr. Peter Pilz ................................................................................................................. 53

Kurt List ......................................................................................................................... 55

Christoph Hagen .......................................................................................................... 56

Gerhard Köfer ............................................................................................................... 58

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 33

Verfassungsgerichtshof

43. Punkt: Erstattung eines Vorschlages für die Ernennung eines Mitgliedes des Verfassungsgerichtshofes   ............................................................................................................................. 261

Durchführung einer Debatte gemäß § 59 Abs. 3 GOG ................................................ 261

Redner/Rednerinnen:

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 261

Mag. Silvia Fuhrmann ................................................................................................ 262

Dr. Walter Rosenkranz ............................................................................................... 262

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................... 263

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 264

Kandidat für die Ernennung eines Mitgliedes: Universitätsprofessor Dr. Markus Achatz                         266

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................  59, 269, 271, 272, 274

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (2004 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Außerstreit­gesetz, das Ehegesetz, das Justizbetreuungsagentur-Gesetz, das Rechtspfleger­gesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Bundesgesetz zur Durchführung des Übereinkommens vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte inter­nationaler Kindesentführung und das Namensänderungsgesetz geändert werden (Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz 2013 – KindNamRÄG 2013) (2087 d.B.) ................. 62

3. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1776/A(E) der Abge­ordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mittel für die Fortbildung der Familienrichter im Zusammenhang mit Obsorgestreitigkeiten sowie über den

Antrag 2086/A(E) der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Besuchsrecht für Großeltern (2088 d.B.) .............................................................................................. 62

Redner/Rednerinnen:

Dr. Peter Fichtenbauer ................................................................................................ 62

Mag. Peter Michael Ikrath ............................................................................................ 63

Mag. Albert Steinhauser .............................................................................................. 65

Dr. Johannes Jarolim .................................................................................................. 66

Ursula Haubner ............................................................................................................ 68

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger ............................................................................. 70

Bundesministerin Mag. Dr. Beatrix Karl ................................................................... 71


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 7

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek ............................................................ 74

Mag. Gisela Wurm ........................................................................................................ 75

Ridi Maria Steibl ........................................................................................................... 76

Dr. Johannes Hübner ................................................................................................... 77

Mag. Daniela Musiol ..................................................................................................... 78

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 79

Anneliese Kitzmüller .................................................................................................... 80

Mag. Karin Hakl ............................................................................................................ 81

Carmen Gartelgruber .................................................................................................. 82

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher .................................................................................... 83

Eva-Maria Himmelbauer, BSc .................................................................................... 84

Gabriele Binder-Maier ................................................................................................. 84

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend automatische Obsorge als gesetzlichen Regelfall unter dem Vor­behalt einer Kindeswohlüberprüfung – Ablehnung      69, 86

Annahme des Gesetzentwurfes in 2087 d.B.................................................................. 86

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2087 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Neuregelungen des Kindschaftsrechts (E 276) ............................................................. 86

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2088 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Mittel für die Fortbildung der Familienrichter im Zusam­menhang mit Obsorgestreitigkeiten (E 277)                            86

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1991 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz 1988 und das Bewährungshilfegesetz geändert wer­den (2089 d.B.) ................................................... 86

5. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 2055/A(E) der Ab­geordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend gerichtliche Aufsicht bei Sexualstraftätern und bei sexuell motivierten Gewalttätern nach der Haftentlassung (2090 d.B.) ........................................................ 86

6. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 2064/A(E) der Abge­ordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausweitung des Tä­tigkeitsverbotes gemäß § 220b StGB (2091 d.B.)         ............................................................................................................................... 87

7. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 2065/A(E) der Abge­ordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend verfassungsge­setzliche Begrenzung des Anwendungsbereiches von elektronisch überwachtem Hausarrest – keine Fußfessel für Sexualstraftäter (2092 d.B.)                          87

8. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1761/A(E) der Abge­ordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine Möglichkeit des Strafvollzuges durch den elektronisch überwachten Hausarrest für nach dem Zehnten Abschnitt des Strafgesetzbuches – Strafbare Handlun-
gen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung – verurteilte Personen (2093 d.B.)                       87

Redner/Rednerinnen:

Christian Lausch ..................................................................................................... ..... 87

Anna Franz .................................................................................................................... 88

Mag. Albert Steinhauser .............................................................................................. 89

Otto Pendl ..................................................................................................................... 90


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 8

Ing. Peter Westenthaler ............................................................................................... 91

Bundesministerin Mag. Dr. Beatrix Karl ................................................................... 94

Mag. Johann Maier ....................................................................................................... 96

Christoph Hagen .......................................................................................................... 97

Hannes Fazekas ............................................................................................................ 98

Carmen Gartelgruber .................................................................................................. 99

Annahme des Gesetzentwurfes in 2089 d.B................................................................ 100

Kenntnisnahme der vier Ausschussberichte 2090, 2091, 2092 und 2093 d.B. ........... 100

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1804 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kartellgesetz 2005, das Wettbewerbsgesetz und das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert werden (Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetz 2012 – KaWeRÄG 2012) (2035 d.B.)                                                                                                              101

10. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1990 d.B.): Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen zum Schutz gebundener Unternehmer
im Kraftfahrzeugsektor getroffen werden (Kraftfahrzeugsektor-Schutzgesetz – KraSchG) (2094 d.B.) ............................................................................................................................. 101

Redner/Rednerinnen:

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 101

Mag. Peter Michael Ikrath .......................................................................................... 102

Ing. Peter Westenthaler ............................................................................................. 103

Dr. Johannes Jarolim .......................................................................................  104, 109

Ing. Robert Lugar ....................................................................................................... 105

Konrad Steindl ............................................................................................................ 106

Ing. Peter Westenthaler (tatsächliche Berichtigung) ................................................. 107

Mag. Bernd Schönegger ........................................................................................... 107

Bundesministerin Mag. Dr. Beatrix Karl ................................................................. 108

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2035 und 2094 d.B. ..................................... 109

11. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1984 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbrin­gungsgesetz, das Grunderwerbsteuergesetz und das Bundesgesetz über das Gebäude- und Wohnungsregister geändert werden (Grundbuchsgebührennovel­le – GGN) (2036 d.B.) .......................................................................................................... 110

Redner/Rednerinnen:

Mag. Harald Stefan ..................................................................................................... 110

Franz Glaser ................................................................................................................ 111

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 112

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 113

Christoph Hagen ........................................................................................................ 113

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 114

Dr. Peter Fichtenbauer .............................................................................................. 115

Eva-Maria Himmelbauer, BSc .................................................................................. 115

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 116

Bundesministerin Mag. Dr. Beatrix Karl ................................................................. 117

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 118

12. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (2005 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Versicherungs­vertragsgesetz, das Verkehrsopfer-Entschädigungsgesetz und das Bundes-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 9

Behindertengleichstellungsgesetz geändert werden (Versicherungsrechts-Ände­rungsgesetz 2013 – VersRÄG 2013) (2037 d.B.) ............ 118

Redner/Rednerinnen:

Dr. Franz-Joseph Huainigg ....................................................................................... 118

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 119

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 120

Erich Tadler ................................................................................................................. 122

Bundesministerin Mag. Dr. Beatrix Karl ................................................................. 122

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 123

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Be­richt der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheits­bericht 2011) (III-337/2041 d.B.) .... ... 124

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den An­trag 1111/A(E) der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Einführung der „Digitalen Anzeige“ (2047 d.B.) .................................................................................................................... 124

Redner/Rednerinnen:

Harald Vilimsky .......................................................................................................... 124

Günter Kößl ................................................................................................................ 126

Mag. Alev Korun ......................................................................................................... 127

Otto Pendl ................................................................................................................... 129

Ing. Peter Westenthaler ............................................................................................. 130

Christoph Hagen ........................................................................................................ 132

Bundesministerin Mag. Johanna Mikl-Leitner ....................................................... 134

Leopold Mayerhofer ................................................................................................... 137

Hermann Gahr ............................................................................................................ 138

Martina Schenk ........................................................................................................... 139

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 140

Ing. Christian Höbart .................................................................................................. 141

Mag. Wolfgang Gerstl ................................................................................................ 143

Rudolf Plessl ............................................................................................................... 143

Ernest Windholz ......................................................................................................... 144

Mag. Michael Hammer ............................................................................................... 145

Kenntnisnahme des Berichtes III-337 d.B. ................................................................... 146

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2047 d.B. ................................................... 146

Gemeinsame Beratung über

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (1907 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Regelung des Personenstandswesens (Personenstandsgesetz 2013 – PStG 2013) erlassen sowie das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Meldegesetz 1991 und das Namensänderungsgesetz geändert werden und das Personenstandsgesetz aufgehoben wird (2042 d.B.) ........................................................................................ 146

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den An­trag 1135/A der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die österrei­chische Staatsbürgerschaft (Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 – StbG), BGBl. Nr. 311/1985, geändert wird (2043 d.B.) ............................................................................................. 146


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 10

Redner/Rednerinnen:

Dr. Walter Rosenkranz ............................................................................................... 147

Günter Kößl ................................................................................................................ 148

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 149

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 150

Ing. Peter Westenthaler ............................................................................................. 151

Christoph Hagen ........................................................................................................ 151

Mag. Alev Korun ......................................................................................................... 152

Johann Singer ............................................................................................................ 153

Annahme des Gesetzentwurfes in 2042 d.B. .............................................................. 154

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2043 d.B. ................................................... 154

Gemeinsame Beratung über

17. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Re­gierungsvorlage (1810 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Sprengmittelge­setz 2010 geändert wird (Sprengmittelgesetz-Novelle 2012) (2044 d.B.) .................................................................................................................... 154

18. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Waffengesetz 1996 geändert wird (2045 d.B.) ......... 154

Redner/Rednerinnen:

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 155

Hannes Fazekas .......................................................................................................... 155

Werner Herbert ........................................................................................................... 156

Christoph Hagen ........................................................................................................ 157

Anton Heinzl ............................................................................................................... 157

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2044 und 2045 d.B. ..................................... 158

19. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Re­gierungsvorlage (1958 d.B.): Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Artikel 15a B-VG über eine Erhöhung ausgewählter Kostenhöchstsätze des Art. 9 der Grundversorgungsvereinbarung (2046 d.B.)                   158

Redner/Rednerinnen:

Werner Herbert ........................................................................................................... 159

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 159

Ing. Peter Westenthaler ............................................................................................. 160

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 162

Mag. Alev Korun ......................................................................................................... 163

Heinz-Christian Strache ............................................................................................ 166

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einheitlicher Standards in der AsylwerberInnenun­terbringung – Ablehnung .......  164, 167

Genehmigung der Vereinbarung in 2046 d.B. .............................................................. 167

20. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den An­trag 1701/A der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 5. April 1960, mit dem bestimmte Abzeichen verboten werden (Abzeichengesetz 1960), in der Fassung des BGBl. Nr. 117/1980, geändert wird (2048 d.B.) ..................................................... 167

Redner/Rednerinnen:

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 167


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 11

Angela Lueger ............................................................................................................ 168

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 168

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 169

21. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz, mit dem
die Organisation auf dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft neu geregelt wird (Elektrizitätswirtschafts- und ‑organisationsgesetz 2010 – ElWOG 2010), BGBl. I Nr. 110/2010, geändert wird (2067 d.B.)           ............................................................................................................................. 169

Redner/Rednerinnen:

Peter Haubner ............................................................................................................. 169

Wolfgang Katzian ....................................................................................................... 170

Ing. Norbert Hofer ...................................................................................................... 171

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 172

Ing. Robert Lugar ....................................................................................................... 173

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ........................................................................................... 175

Josef Jury .................................................................................................................... 176

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kollegin und Kol­legen betreffend Deckelung der Kosten für Heizmittel für bedürftige Menschen – Ablehnung ........................  174, 176

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 176

Gemeinsame Beratung über

22. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (1983 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutz­gesetz und das Arbeitsinspektionsgesetz 1993 geändert werden (2024 d.B.) ........................................................................................ 177

23. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1690/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betref­fend Gleichstellung der ArbeitspsychologInnen als 3. Präventivfachkraft im Ar­beitnehmerInnenschutzgesetz (2025 d.B.) ....................... 177

24. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1639/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Hinzuziehung von Arbeits- und OrganisationspsychologInnen analog der Bestimmungen bezüglich ArbeitsmedizinerInnen (2026 d.B.)              ............................................................................................................................. 177

25. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 2093/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überprüfung der Kontrollstrukturen zur Einhaltung des Arbeitsrechts in der Arbeitskräfteüberlassung (2027 d.B.) .......................................... 177

Redner/Rednerinnen:

Herbert Kickl ............................................................................................................... 177

Franz Riepl .................................................................................................................. 179

Mag. Birgit Schatz ...................................................................................................... 180

Johann Höfinger ......................................................................................................... 187

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 188

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................................................... 189

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger ........................................................................... 189

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Maßnahmen zur Senkung überlanger Arbeitszei­ten und Schaffung von gesünderen Arbeitsplätzen – Ablehnung .................................................................................  182, 191


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 12

Annahme des Gesetzentwurfes in 2024 d.B. .............................................................. 190

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 2025, 2026 und 2027 d.B. .................... 191

Gemeinsame Beratung über

26. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (2000 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversiche­rungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeits­marktservicegesetz, das Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz, das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsge­setz, das Bundespflegegeldgesetz, das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Urlaubs­gesetz und das Arbeitszeitgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungs­gesetz 2012 – SRÄG 2012) (2028 d.B.)                         191

27. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1702/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz (BPGG), in der Fas­sung des BGBl. I Nr. 110/1993, zuletzt geändert durch das BGBI. I Nr. 111/2010, geändert wird (2029 d.B.) ............................................................................................................ 191

28. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1823/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bereitstellung von adäquaten Unterbringungsmöglichkeiten für junge Menschen mit Behinderung (2030 d.B.) ........ 192

29. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1939/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend 40 Beitragsjahre für Arbeitnehmer mit Behinderung (2031 d.B.) .................................................................................................................... 192

30. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1948/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausstellung des Ausweises gemäß § 29b StVO durch das Bundesso­zialamt (2032 d.B.) ................................................................................ 192

Redner/Rednerinnen:

Herbert Kickl ............................................................................................................... 192

Renate Csörgits .......................................................................................................... 193

Karl Öllinger ................................................................................................................ 202

August Wöginger ....................................................................................................... 207

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 208

Stefan Markowitz ........................................................................................................ 209

Ing. Norbert Hofer ...................................................................................................... 210

Wolfgang Katzian ....................................................................................................... 210

Mag. Birgit Schatz ...................................................................................................... 211

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ....................................................................... 213

Mag. Gertrude Aubauer ............................................................................................. 215

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ....................................................................... 216

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 217

Rupert Doppler ........................................................................................................... 217

Anna Höllerer .............................................................................................................. 218

Dietmar Keck .............................................................................................................. 218

Annahme des Gesetzentwurfes in 2028 d.B. .............................................................. 228

Kenntnisnahme der vier Ausschussberichte 2029, 2030, 2031 und 2032 d.B. ........... 230

31. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (1992 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ziviltechnikerkammerge-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 13

setz 1993, das Ziviltechnikergesetz 1993, das Allgemeine Sozialversicherungs­gesetz, das Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden (Pensionsfonds-Überleitungs­gesetz – PF-ÜG) (2033 d.B.)   ............................................................................................................................. 220

Redner/Rednerinnen:

Erwin Spindelberger .................................................................................................. 220

Adelheid Irina Fürntrath-Moretti ............................................................................... 221

Werner Neubauer ....................................................................................................... 222

Karl Öllinger ................................................................................................................ 223

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 223

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ....................................................................... 223

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger ........................................................................... 224

Karl Donabauer .......................................................................................................... 224

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 225

32. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (2012 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs-
und Abfertigungsgesetz und das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsge­setz 1957 geändert werden (2034 d.B.) .................................................................................................................... 225

Redner/Rednerinnen:

Josef Muchitsch ......................................................................................................... 226

Johannes Schmuckenschlager ................................................................................ 227

Mag. Birgit Schatz ...................................................................................................... 227

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 228

Gemeinsame Beratung über

33. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2007 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Bundesfinanzgericht erlas­sen wird und die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwaltungsorganisa­tionsgesetz 2010, die Abgabenexekutionsordnung, das Finanzstrafgesetz sowie das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert werden (Finanzverwaltungsge­richtsbarkeitsgesetz 2012 – FVwGG 2012) (2049 d.B.) ............................................................................................ 230

34. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2006 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz 1989, das Bankwesengesetz und
das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 für die Zwecke der Verordnung (EU) Nr. 1031/2010 über den zeitlichen und administrativen Ablauf und sonstige As­pekte der Versteigerung von Treibhausgasemissionszertifikaten gemäß der Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgasemis­sionszertifikaten in der Gemeinschaft geändert werden (2050 d.B.) .......................................................... 230

35. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1987 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Zahlungsdienstegesetz geändert wird (2051 d.B.) ............................................... 231

36. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2002 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Rechnungslegungs-Kontrollgesetz erlassen und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert wird (2095 d.B.) .................................................................................................................... 231

37. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2144/A der Abge­ordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrfinanzierungsförderungsge­setz 1981 geändert wird (2096 d.B.) .................... 231


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 14

38. Punkt: Bericht und Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz geändert wird (2097 d.B.) ............................................ 231

Redner/Rednerinnen:

Elmar Podgorschek ................................................................................................... 231

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................... 234

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................... 235

Petra Bayr ................................................................................................................... 236

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger ........................................................................... 237

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................................... 239

Maximilian Linder ....................................................................................................... 240

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................... 240

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................ 241

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 241

Mag. Laura Rudas ...................................................................................................... 242

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (tatsächliche Berichtigung) ............................... 242

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 243

Mag. Christine Lapp, MA ........................................................................................... 243

Konrad Steindl ............................................................................................................ 244

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 244

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 247

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Verwaltungsvereinfachung durch das Freiheitliche Pendler-Entlastungsmodell – Ablehnung         232, 249

Annahme der sechs Gesetzentwürfe in 2049, 2050, 2051, 2095, 2096 und 2097 d.B.                    249

Gemeinsame Beratung über

39. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2096/A der Abge­ordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem der Artikel 34 des Budgetbegleitgeset­zes 2001 betreffend die steuerlichen Sonderregelungen für die Ausgliederung von Aufgaben der „Körperschaften öffentlichen Rechts“ geändert wird (2098 d.B.) .......... 250

40. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2114/A(E) der Abge­ordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Grundzüge der Förderungskriterien und Berechnung der Förderung des Strukturänderungsfonds (2099 d.B.) ........................ 250

41. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1916 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung Jerseys über den Informationsaustausch in Steuersachen (2100 d.B.) ............................................................................................ 250

42. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1934 d.B.): Protokoll zwischen der Republik Österreich und Rumänien und Zusatzprotokoll zur Abänderung des am 30. März 2005 in Bukarest unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumge­hung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (2101 d.B.)    ............................................................................................................................. 250

Redner/Rednerinnen:

Mag. Roman Haider ................................................................................................... 251

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................................... 251

Mag. Bruno Rossmann ............................................................................................. 252

Heidrun Silhavy .......................................................................................................... 253

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................... 255


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 15

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger ........................................................................... 256

Maximilian Linder ....................................................................................................... 257

Franz Kirchgatterer .................................................................................................... 258

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 258

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 259

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................ 259

Annahme des Gesetzentwurfes in 2098 d.B. .............................................................. 260

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2099 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Grundzüge der Förderungskriterien und Berechnung der Förderung des Solidaritäts- und Strukturfonds (E 278) .......................................................................................................................... 260

Genehmigung der beiden Staatsverträge in 2100 und 2101 d.B. ................................ 261

44. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz und ein Bundesge­setz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 – VfGG, BGBl. Nr. 85/1953, geändert werden (2060/A) ........................................................................................................................ 267

Redner/Rednerinnen:

Mag. Harald Stefan ..................................................................................................... 267

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 267

Mag. Silvia Fuhrmann ................................................................................................ 268

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................... 268

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 269

Zuweisung des Antrages 2060/A an den Verfassungsausschuss .............................. 269

45. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Herbert Scheibner, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bun­des-Verfassungsgesetz geändert wird (2068/A)          ............................................................................................................................. 269

Redner/Rednerinnen:

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 269

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher .................................................................................. 270

Franz Hörl .................................................................................................................... 270

Zuweisung des Antrages 2068/A an den Verfassungsausschuss .............................. 271

46. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnen­schutzgesetz, zuletzt geändert durch BGBl. 50/2012, geändert wird (2070/A) ................................................................................................. 271

Redner/Rednerinnen:

Karl Öllinger ................................................................................................................ 271

Johann Hechtl ............................................................................................................. 271

Adelheid Irina Fürntrath-Moretti ............................................................................... 272

Zuweisung des Antrages 2070/A an den Ausschuss für Arbeit und Soziales ............. 272

47. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ASVG (BGBl. Nr. 189/1955), zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 89/2012, abgeändert wird (2095/A) ............................................................................................. 272

Redner/Rednerinnen:

Karl Öllinger ................................................................................................................ 273

Mag. Christine Lapp, MA ........................................................................................... 273


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 16

Oswald Klikovits ........................................................................................................ 273

Werner Neubauer ....................................................................................................... 274

Zuweisung des Antrages 2095/A an den Ausschuss für Arbeit und Soziales ............. 274

Eingebracht wurden

Petition .......................................................................................................................... 60

Petition betreffend „Verpflichtende Aufnahme der Geschichte der Heimatvertrie­benen in die Lehrpläne der Pflichtschulen und in die Schulbücher“ (Ordnungs­nummer 181) (überreicht von den Abgeordneten Mag. Michael Hammer und Franz Kirchgatterer)

Bürgerinitiative ............................................................................................................ 60

Bürgerinitiative betreffend „Rettet Griaß di“ (Ordnungsnummer 54)

Berichte ......................................................................................................................... 60

Vorlage 114 BA: Monatserfolg Oktober 2012; BM f. Finanzen

III-369: Sozialbericht 2011–2012; BM f. Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

*****

III-291: Bericht über die Erlassung der Datensicherheitsverordnung TKG; BM f. Verkehr, Innovation und Technologie – Aufhebung der Zuweisung vom 18. Jän­ner 2012

Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG ................................................................. 60

Aufnahme der Verhandlungen über einen Vertrag zwischen der Republik Öster­reich und der Italienischen Republik über Änderungen des Verlaufes der gemein­samen Staatsgrenze in den Bereichen Reschenpass, Timmelsjoch und Brenner­pass

Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Öster­reich und Turkmenistan über die Förderung und den Schutz von Investitionen

Anträge der Abgeordneten

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen betreffend Imagekampagnen für wenig nach­gefragte Lehrberufe (2145/A)(E)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz der Grenzmur (2146/A)(E)

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz der Ark­tis (2147/A)(E)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend einen „Bewegungstausender“ für jede Schule (2148/A)(E)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtsextremismusdatei (2149/A)(E)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend Friedensbemühungen im Berg-Karabach-Konflikt (2150/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 17

Sonja Ablinger, Mag. Silvia Fuhrmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesmuseen-Gesetz 2002 geändert wird (2151/A)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend jährliche Berichtspflicht für die Agrarmarkt Austria Marketing GmbH an den Nationalrat (2152/A)(E)

Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kostenübernahme bei Lehrabschluss- und Meisterprüfung (2153/A)(E)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Zahlungsverkehr des Bundes (2154/A)(E)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine existenzbedrohende Re­duktion der Grundförderung des ÖBSV (2155/A)(E)

Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Umsatzsteuerbefreiung von Gemeinden bei Leistungserbringung für andere Gemeinden im Rahmen der Ge­meindekooperation (2156/A)(E)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Steuererleichterung für Be­zieher deutscher Sozialversicherungspension (2157/A)(E)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Steuererleichterung für Be­zieher deutscher Sozialversicherungspension (2158/A)(E)

Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zweckbindung der Wohn­bauförderung (2159/A)(E)

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz und das Pensionsgesetz 1965 geändert werden (1882/A) (Zu 1882/A)

Anfragen der Abgeordneten

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Äußerungen eines Landespolizeidirektor-Stellvertreters zur Sicherheitslage (13112/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend TBC (13113/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend TBC (13114/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend überteuerte Wohnkosten (13115/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend tageschirurgisch operierten Grauen Star (13116/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Depressionen (13117/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Kupferdiebstahl (13118/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Operationen ohne Blutkonserven (13119/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 18

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport betreffend Darabos verzweifelter Appell an Ex-Gefreite (13120/J)

Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen be­treffend Umsetzung der 599 Empfehlungen des Rechnungshofes (13121/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Schlachtungen in Österreich (13122/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Strukturänderungsfonds als „Sterbehilfe“ für Trafikanten (13123/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Übertragung der AMA-Kontrollkosten auf die Bauern“ (13124/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz (13125/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Verdacht auf Beteiligung von Wolfgang F. an der BAWAG und undurch­sichtige Beteiligungsverhältnisse (13126/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend neue Therapien für Parkinson-Patienten (13127/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend die drohende drastische Anhebung der Verkehrs­strafen (13128/J)

Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Sexualerziehungsbroschüre „Ganz schön intim“ (13129/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Rufbereitschaft für Ärzte – Situation Bundesländer“ (13130/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Amtshaftung u.a. Entschädigungsleistungen – Entwicklung 2008 bis 2011“ (13131/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Amtshaftung u.a. Entschädigungsleistun­gen – Entwicklung 2008 bis 2011“ (13132/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Amtshaftung u.a. Entschädi­gungsleistungen – Entwicklung 2008 bis 2011“ (13133/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Amtshaftung u.a. Entschädigungsleistungen – Entwick­lung 2008 bis 2011“ (13134/J)

Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend mangelhafte, unsoziale und behindertenfeindliche Anwendung des Tabak­monopolgesetzes durch die Monopolverwaltung (13135/J)

Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend fortgesetzte Behindertendiskriminierung durch Organwalter der Monopolver­waltung (13136/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 19

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend Krankheitsauslöser Schimmel (13137/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Verkaufserlöse von Heeres-Liegenschaften im Jahr 2012 (13138/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fa­milie und Jugend betreffend Missbrauch in Kinderheimen (13139/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Kontrollen nach dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (13140/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Umgang mit sichergestellten exotischen Tieren (13141/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend: saudisches „König Abdullah Zentrum“ im Parteipostenschacher? (13142/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Verteilung von Skandalbroschüren an österreichi­schen Schulen (13143/J)

Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Exekutionsordnung (13144/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend unberechenbare Einbußen in der Wohnungswirtschaft (13145/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Elektronische Dienstdokumentation (13146/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend budgetäre Rücklagen (13147/J)

Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Integrationsschwierigkeiten in Kindergärten (13148/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Lehrermobbing an der HTL Eisenstadt (13149/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Straßenkontrollen meldepflichtiger Krankheiten (13150/J)

Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Integrationsschwierigkeiten in Kindergärten (13151/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Hilfsmaßnahmen für „Internetsüchtige“ (13152/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend fragwürdige politische Vereinnahmungsversuche ei­ner Lehrerin am BG/BRG Oeversee Graz (13153/J)

Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Terrorismusverdacht nach der Festnahme eines tschetschenischen Kämp­fers mit österreichischem Asylstatus (13154/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 20

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend Verschlechterungen des Nationalen Aktions­plans Behinderung im Vergleich zum Entwurf (13155/J)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Publikation „Ganz schön intim“ (13156/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inne­res betreffend verdeckte Ermittlungen und V-Personen (13157/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend den wasserwirtschaftlichen Rahmenplan „Oberer Inn“ (13158/J)

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung und Sport betreffend „erneute irritierende Aussagen des NÖ-Mili­tärkommandanten beim traditionellen Ganslessen der Stadtgemeinde Mistelbach“ (13159/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend „Amtshaftung u.a. Entschädigungsleistungen – Ent­wicklung 2008 bis 2011“ (13160/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Amtshaftung u.a. Entschädigungsleistungen – Entwicklung 2008 bis 2011“ (13161/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend „Amtshaftung u.a. Entschädigungsleistungen – Entwick­lung 2008 bis 2011“ (13162/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend „Abgabenrückstände & Finanzstrafverfahren: Nachsichten und außergericht­liche Ausgleiche (2009–2012)“ (13163/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend Exportverbot für Güter zum Bau von Atomkraft­werken (13164/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Rech­te von Südtirolern in Österreich (13165/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Rechte von Südtirolern in Österreich (13166/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Sozia­les und Konsumentenschutz betreffend Rechte von Südtirolern in Österreich (13167/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Rechte von Südtirolern in Österreich (13168/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Rechte von Südtirolern in Österreich (13169/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Rechte von Südtirolern in Österreich (13170/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Rechte von Südtirolern in Österreich (13171/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 21

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Rechte von Südtirolern in Österreich (13172/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Rechte von Südtirolern in Ös­terreich (13173/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Rechte von Südtirolern in Österreich (13174/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Rechte von Südtirolern in Österreich (13175/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Rechte von Südtirolern in Österreich (13176/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Rechte von Südtirolern in Österreich (13177/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesmi­nister für Landesverteidigung und Sport betreffend mysteriöses Ableben eines Briga­diers (13178/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesmi­nister für Gesundheit betreffend Ausstellung „Gesundheit und Kunst wehen aus Anato­lien zu uns“ (13179/J)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Fi­nanzen betreffend die skandalöse Informationspolitik der OeNB zum Thema Gold (13180/J)

Mathias Venier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Literatur im Unterricht (13181/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesmi­nisterin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Broschüre zur Sexualerziehung (13182/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend Broschüre zur Sexualerziehung (13183/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Folgen der Demonstration zum WKR-Ball (13184/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Folgen der Demonstration zum WKR-Ball (13185/J)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Fi­nanzen betreffend die Offenlegung der Goldleihegeschäfte der Oesterreichischen Na­tionalbank (13186/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Offenlegung der Tätigkeit als Vertrauenspersonen in einem gerichtlichen Ver­fahren (13187/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 22

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Ausrichtung der Goldpolitik der Oesterreichischen National­bank (13188/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Zugriffsmöglichkeiten der Oesterreichischen Nationalbank auf ihr eigenes Gold (13189/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend berufsbegleitend organisiertes Studium (13190/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Lebenslauf, Matura, Studium, Taxiführerschein bezie­hungsweise Taxikonzession für Werner Faymann (13191/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Lebenslauf, Matura, Studium, Taxiführerschein beziehungsweise Taxikon­zession für Werner Faymann (13192/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Lebenslauf, Matura, Studium, Taxiführerschein beziehungsweise Taxikonzession für Werner Faymann (13193/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend Lebenslauf, Matura, Studium, Taxiführerschein bezie­hungsweise Taxikonzession für Werner Faymann (13194/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend „Sportwetten – Spielabsprachen, Wettbetrügereien und Geldwäsche – Pers­pektiven für eine einheitliche bundesgesetzliche Regelung“ (13195/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend „Sportwetten – Spielabsprachen, Wettbetrügerei-
en und Geldwäsche – Perspektiven für eine einheitliche bundesgesetzliche Regelung“ (13196/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Sportwetten – Spielabsprachen, Wettbetrügereien und Geldwäsche – Pers­pektiven für eine einheitliche bundesgesetzliche Regelung“ (13197/J)

Ing. Robert Lugar, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Landwirtschaftsminister Berlako­vich beim Konferenzbesuch in Indien (13198/J)

Ing. Robert Lugar, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend: Infrastrukturministerin Doris Bures trifft Chinas Ver­kehrsminister LI Shenglin (13199/J)

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger und Kollegen an die Bundesministerin für Finan­zen betreffend Staatsverschuldung Österreichs (13200/J)

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend „Rauschendes Geburtstagsfest – 175 Jahre Eisen­bahn für Österreich“ (13201/J)

Ing. Robert Lugar, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen be­treffend Staatssekretär Schieder bei ASEM-Treffen in Laos (13202/J)

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Lehrstellen beim österreichischen Bundesheer (13203/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend private Nutzung des Dienstfahrzeuges (13204/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 23

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend private Nutzung des Dienstfahrzeuges (13205/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für europäische
und internationale Angelegenheiten betreffend private Nutzung des Dienstfahrzeuges (13206/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend private Nutzung des Dienstfahrzeuges (13207/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betref­fend private Nutzung des Dienstfahrzeuges (13208/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend private Nutzung des Dienstfahrzeuges (13209/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend private Nutzung des Dienstfahrzeuges (13210/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend private Nutzung des Dienstfahrzeuges (13211/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend private Nutzung des Dienstfahrzeuges (13212/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend private Nutzung des Dienstfahr­zeuges (13213/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend private Nutzung des Dienstfahrzeuges (13214/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend private Nutzung des Dienstfahrzeuges (13215/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fa­milie und Jugend betreffend private Nutzung des Dienstfahrzeuges (13216/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend private Nutzung des Dienstfahrzeuges (13217/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Kofinanzierung von Lan­des-Energieversorgern über den Klima- und Energiefonds KLI.EN – Beispiel „illwerke vkw“ (13218/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Beschneiung, Klimawan­del und Förderung (13219/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Beschneiung, Klimawandel und Förderung (13220/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Missstände im Bereich des Landesschulrats für Niederös­terreich (13221/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 24

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Eisenbahnsicherheitsvorschriften als Sicher­heitsgefährdung – legistischer Lapsus oder Absicht? (13222/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Einreiseverbot für Güterwagen – ÖBB als Sün­denbock für Versäumnisse der Eisenbahnaufsicht? (13223/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend bundesweite Umsetzung von Jugendtickets als Schritt Richtung Österreich-Ticket (13224/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Sportwetten – Spielabsprachen, Wettbetrügereien und Geldwäsche – Perspektiven für eine einheitliche bundesgesetzliche Regelung“ (13225/J)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend „Politische Intervention im Linzer Swap-Strafverfahren“ (13226/J)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Politische Intervention im Linzer Swap-Strafverfahren“ (13227/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Gewährleistung elektronisch überwachten Hausarrests an einen Salz­burger Vergewaltiger (13228/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Förderun­gen an den Verein „Nova Europa“ (13229/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend Förderungen an den Verein „Nova Europa“ (13230/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Förderungen an den Verein „Nova Europa“ (13231/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Sozia-
les und Konsumentenschutz betreffend Förderungen an den Verein „Nova Europa“ (13232/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betref­fend Förderungen an den Verein „Nova Europa“ (13233/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Förderungen an den Verein „Nova Europa“ (13234/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Förderungen an den Verein „Nova Europa“ (13235/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Förderungen an den Verein „Nova Europa“ (13236/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Förderungen an den Verein „Nova Europa“ (13237/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Förderungen an den Verein „Nova Europa“ (13238/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Förderungen an den Verein „Nova Europa“ (13239/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 25

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend Förderungen an den Verein „Nova Europa“ (13240/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fami­lie und Jugend betreffend Förderungen an den Verein „Nova Europa“ (13241/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Förderungen an den Verein „Nova Europa“ (13242/J)

Hermann Gahr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Schließung der Landesstelle Tirol des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (13243/J)

Harry Rudolf Buchmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend unzureichende Anfrage­beantwortung Quecksilber in Energiesparlampen (11889/J – 11554/AB) (13244/J)

Walter Schopf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Sozia-
les und Konsumentenschutz betreffend Unterwanderung des Arbeitszeitgesetzes (13245/J)

Oswald Klikovits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend aufklärungsbedürftige Vorgänge bei der Veräußerung von heereseigenen Liegenschaften in Wien (13246/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen (12379/AB zu 12616/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12380/AB zu 12637/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeord­neten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12381/AB zu 12639/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen (12382/AB zu 12650/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen (12383/AB zu 12654/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12384/AB zu 12582/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Afrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (12385/AB zu 12583/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (12386/AB zu 12584/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neu­bauer, Kolleginnen und Kollegen (12387/AB zu 12605/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Ger­hard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (12388/AB zu 12606/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 26

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (12389/AB zu 12617/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (12390/AB zu 12620/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (12391/AB zu 12621/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (12392/AB zu 12624/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kollegin­nen und Kollegen (12393/AB zu 12625/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12394/AB zu 12630/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12395/AB zu 12631/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12396/AB zu 12632/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12397/AB zu 12633/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12398/AB zu 12640/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (12399/AB zu 12644/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Rosa Lohfeyer, Kolleginnen und Kollegen (12400/AB zu 12645/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen (12401/AB zu 12646/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (12402/AB zu 12648/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Winter, Kollegin­nen und Kollegen (12403/AB zu 12649/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen (12404/AB zu 12652/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Win­ter, Kolleginnen und Kollegen (12405/AB zu 12576/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Win­ter, Kolleginnen und Kollegen (12406/AB zu 12577/J, 12578/J, 12585/J, 12586/J, 12587/J, 12591/J, 12592/J, 12593/J, 12594/J, 12596/J, 12597/J, 12598/J, 12599/J,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 27

12600/J, 12601/J, 12603/J, 12604/J, 12607/J, 12608/J, 12609/J, 12611/J, 12612/J, 12613/J, 12614/J, 12615/J, 12618/J, 12627/J, 12628/J, 12629/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12407/AB zu 12581/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Win­ter, Kolleginnen und Kollegen (12408/AB zu 12595/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (12409/AB zu 12602/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12410/AB zu 12610/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (12411/AB zu 12619/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neu­bauer, Kolleginnen und Kollegen (12412/AB zu 12622/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12413/AB zu 12635/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kol­leginnen und Kollegen (12414/AB zu 12643/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Win­ter, Kolleginnen und Kollegen (12415/AB zu 12653/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (12416/AB zu 12623/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Wilhelm Haberzettl, Kolleginnen und Kollegen (12417/AB zu 12626/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12418/AB zu 12636/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Win­ter, Kolleginnen und Kollegen (12419/AB zu 12651/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (12420/AB zu 12659/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (12421/AB zu 12660/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (12422/AB zu 12661/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (12423/AB zu 12663/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (12424/AB zu 12664/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Elmar Podgor­schek, Kolleginnen und Kollegen (12425/AB zu 12665/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 28

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen (12426/AB zu 12666/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Jury, Kol­leginnen und Kollegen (12427/AB zu 12667/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mathias Venier, Kolleginnen und Kollegen (12428/AB zu 12668/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mathias Venier, Kolleginnen und Kollegen (12429/AB zu 12669/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (12430/AB zu 12658/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (12431/AB zu 12662/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (12432/AB zu 12670/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (12433/AB zu 12728/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (12434/AB zu 12732/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (12435/AB zu 12740/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (12436/AB zu 12863/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (12437/AB zu 12672/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (12438/AB zu 12673/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Peter Westen­thaler, Kolleginnen und Kollegen (12439/AB zu 12674/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Win­ter, Kolleginnen und Kollegen (12440/AB zu 12676/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen (12441/AB zu 12677/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (12442/AB zu 12678/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (12443/AB zu 12680/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher, Kolleginnen und Kollegen (12444/AB zu 12675/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Win­ter, Kolleginnen und Kollegen (12445/AB zu 12679/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 29

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (12446/AB zu 12682/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen (12447/AB zu 12776/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen (12448/AB zu 12843/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12449/AB zu 12681/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12450/AB zu 12703/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12451/AB zu 12704/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12452/AB zu 12705/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12453/AB zu 12706/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage
der Abgeordneten
Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (12454/AB zu 12723/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (12455/AB zu 12756/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (12456/AB zu 12817/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (12457/AB zu 12819/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12458/AB zu 12877/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (12459/AB zu 12943/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Oswald Klikovits, Kolleginnen und Kollegen (12460/AB zu 12688/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen (12461/AB zu 12708/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (12462/AB zu 12690/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (12463/AB zu 12692/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen (12464/AB zu 12684/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 30

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeord­neten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12465/AB zu 12699/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (12466/AB zu 12700/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (12467/AB zu 12713/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen (12468/AB zu 12683/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (12469/AB zu 12685/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (12470/AB zu 12686/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (12471/AB zu 12687/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (12472/AB zu 12689/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (12473/AB zu 12691/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (12474/AB zu 12693/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (12475/AB zu 12694/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (12476/AB zu 12695/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (12477/AB zu 12696/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (12478/AB zu 12697/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Win­ter, Kolleginnen und Kollegen (12479/AB zu 12698/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12480/AB zu 12702/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen (12481/AB zu 12709/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen (12482/AB zu 12715/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (12483/AB zu 12727/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (12484/AB zu 12736/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 31

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen (12485/AB zu 12739/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen (12486/AB zu 12760/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (12487/AB zu 12765/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen (12488/AB zu 12780/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Oswald Klikovits, Kolleginnen und Kollegen (12489/AB zu 12714/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfra­ge der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (12490/AB zu 12717/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage
der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (12491/AB zu 12729/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12492/AB zu 12742/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Dopp­ler, Kolleginnen und Kollegen (12493/AB zu 12862/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen (12494/AB zu 12982/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (12495/AB zu 12710/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen (12496/AB zu 12716/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (12497/AB zu 12722/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten August Wögin­ger, Kolleginnen und Kollegen (12498/AB zu 12719/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen (12499/AB zu 12718/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen (12500/AB zu 12720/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Dopp­ler, Kolleginnen und Kollegen (12501/AB zu 12834/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Dopp­ler, Kolleginnen und Kollegen (12502/AB zu 12878/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 32

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (12503/AB zu 12738/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Dopp­ler, Kolleginnen und Kollegen (12504/AB zu 12860/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (12505/AB zu 12864/J)


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 33

09.05.25Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neuge­bauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 184. Sitzung des Nationalrates.

Die Amtlichen Protokolle der 179. und 180. Sitzung vom 13. November 2012, der 181. Sitzung vom 14., 15. und 16. November 2012 sowie der 182. und 183. Sitzung vom 16. November 2012 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstan­det geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Weninger, Großruck, Dr. Strutz, Zan­ger, Mag. Brunner, Mag. Jarmer und Dr. Moser.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures wird durch den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos, der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner wird durch die Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner und der Bun­desminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Ni­kolaus Berlakovich wird durch die Bundesministerin für Finanzen Dr. Maria Fekter vertreten. (Unruhe im Sitzungssaal.)

*****

Ich gebe bekannt, dass diese Sitzung von ORF 2 bis 11.50 Uhr und von ORF III in vol­ler Länge live übertragen wird.

09.07.11Aktuelle Stunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Wehrpflicht und Neutralität – statt Söldnerheer und NATO“

Zunächst darf ich um ein bisschen mehr Aufmerksamkeit bitten und Sie ersuchen, Ihre Plätze einzunehmen.

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Klubobmann Strache. Ich erteile ihm das Wort und mache darauf aufmerksam, dass seine Redezeit 10 Minuten beträgt. – Bitte.

 


9.07.23

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Minister auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wünsche einmal vorweg allen einen wundervollen Krampus-Tag. Manch-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 34

mal ist es vielleicht wichtig, auch hier im Haus das Böse mit der Rute auszutreiben. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir machen heute im Rahmen der Aktuellen Stunde die Beibehaltung der Wehr­pflicht und damit letztlich auch die Sicherung der Neutralität ganz bewusst noch ein­mal zum Thema, weil ja am 20. Jänner kommenden Jahres eine Volksbefragung statt­finden wird, die wesentlich im Interesse der österreichischen Zukunft, des Heimatschut­zes und der Erhaltung der Neutralität steht, und nur ein Ja zur Wehrpflicht auch ein Ja zur Weiterführung des österreichischen Zivildienstes bedeutet, was für unser Land enorm wichtig ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Natürlich kann ich es mir nicht ganz verkneifen, Herr Verteidigungsminister, Ihnen zu sagen, dass man manchmal den Eindruck hat, dass Sie genauso wenig ein Verteidi­gungsminister sind, wie der ehemalige Innenminister Strasser ein Agent ist, denn Sie haben in den letzten Jahren in Ihrer Verantwortung als Verteidigungsminister in vielen Bereichen versagt. Wenn wir heute das österreichische Bundesheer beurteilen und im­mer wieder zu Recht gesagt wird, dass in vielen Bereichen die Ausbildung der Grund­wehrdiener zu optimieren wäre, dass man Systemerhalter abschafft, dass man für mehr und bessere Ausbildung und Gerätschaft sorgen sollte, dann muss ich sagen: Sie haben in all diesen Bereichen nachweislich als Verantwortungsträger versagt.

Sehr geehrter Herr Verteidigungsminister Darabos, eingangs möchte ich aber, bevor wir auf den Kern des Themas zu sprechen kommen, erwähnen, dass Sie sich in den letzten Tagen in den medialen Schlagzeilen wiedergefunden haben, jedoch ausnahms­weise nicht zum Thema Wehrpflicht, sondern weil die Wirtschafts- und Korruptions­staatsanwaltschaft gegen Sie wegen des Verdachtes der Korruption und des Amts­missbrauchs ermittelt, und zwar in einer Geschichte, die ganz nach illegaler Parteifi­nanzierung riecht. So will zum Beispiel der Kabinettschef des Verteidigungsministers, der auch gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender der Strategischen Immobilien Verwer­tungs-, Beratungs- und Entwicklungsgesellschaft m.b.H., kurz SIVBEG genannt, ist, ein Amtsgebäude am Franz-Josefs-Kai, das laut Schätzgutachten rund 40 Millionen € wert ist, um 20 Millionen € verkaufen. Außerdem ist bekannt, dass man vorhat, die Bediens­teten in einem Gebäude in der Gudrunstraße, das jährlich Kosten in der Höhe von 10 Millionen € für die Jahresmiete verursacht, unterzubringen. Dass der anbietende Im­mobilienmakler ausgerechnet der Schwiegersohn des planenden und zuständigen Mi­nisterialbeamten im Verteidigungsministerium ist, rundet dieses Bild – im negativen Sinne – noch ab!

Ähnliche Vorgänge soll es beim Verkauf der Kremstal-Kaserne, beim Amtsgebäude Vorgartenstraße, bei der Starhemberg-Kaserne und beim Kommandogebäude Theodor Körner geben. Dort haben offenbar ähnliche Entwicklungen stattgefunden, wo man Fa­miliensilber wesentlich unter seinem Wert verscherbelt. Anders kann man das nicht be­zeichnen. Da riecht es natürlich nach Netzwerk und Freunderlwirtschaft und auch nach einem konkreten Verdacht auf Korruption, der in diesem Bereich stattgefunden haben könnte, wenn man sich da den Sachverhalt ansieht.

Aber nun zum eigentlichen Thema: Natürlich ist das ein Teilbereich, der auch ein biss­chen ein anderes Licht auf die Berufsheer-Befürworter fallen lässt, denn wenn man vorhat, dieses Familiensilber an irgendwelche Freunde zu verscherbeln, die dann kon­krete Vorteile daraus ziehen, dann muss man sagen: Das stinkt gewaltig! – Das ist ein Teilaspekt der Wehrpflichtdebatte.

Tatsache ist auch, Herr Verteidigungsminister Darabos, dass Sie gemeinsam mit Herrn Bundeskanzler Werner Faymann letztlich durch diese Debatte und Ihre Pläne, die Sie in den letzten Wochen und Monaten auf den Tisch gelegt haben, die Landesverteidi­gung massiv gefährden, aber auch den Katastrophenschutz und letztendlich auch die soziale Sicherheit, und zwar im Zusammenhang mit dem Zivildienst, denn die Zivildie-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 35

ner leisten im Bereich des Wehrersatzdienstes exzellente Arbeit für die Blaulichtorga­nisationen, für Rettungseinsätze, für Krankentransporte, für Altenpflege und -betreu­ung. Da ist ein großer Bedarf an Hilfeleistung gegeben, die Sie offenbar nicht mehr wertschätzen, die aber für unsere Gesellschaft notwendig ist, neben dem Aspekt der Mannstärke im Rahmen der Grundausbildung für Wehrdiener. (Beifall bei der FPÖ.)

Natürlich wissen wir bei all den Vorschlägen, die Sie gebracht haben, dass ein Berufs­heer nach den Vorstellungen der SPÖ viel teurer ist als das jetzige Heeressystem. Wesentlich weniger Mann kosten nach Ihrem Modell wesentlich mehr als eine größere Mannstärke, und die Hilfe bei Naturkatastrophen wäre obendrein nicht mehr gesichert. Erinnern wir uns doch bitte an die großen Naturkatastrophen in Niederösterreich, wo wir ohne gut ausgebildete Grundwehrdiener – neben den vorhandenen österreichi­schen Berufssoldaten, neben den Zivildienern, die auch geholfen haben, und neben den Ehrenamtlichen, die geholfen haben – das gar nicht hätten bewerkstelligen kön­nen! (Beifall bei der FPÖ.)

Bei der letzten Hochwasserkatastrophe in Kärnten sollen Sie, Herr Bundesminister Da­rabos, die Weisung gegeben haben, dass Grundwehrdiener nicht ausrücken dürfen zur Hilfe für die eigene Bevölkerung, und daher soll es zu größeren Schäden gekommen sein, wie wir hören konnten. Zum Glück sind dann vonseiten des Kommandos die Grundwehrdiener doch zum Hilfseinsatz abkommandiert worden.

Also mehr Geld für weniger Leistung auf allen Ebenen ist offenbar Ihr Konzept, und es ist im Großen und Ganzen eigentlich unvorstellbar, was Sie da vorantreiben. Schon aus der historischen Erfahrung heraus sollte gerade die Sozialdemokratie sich an Bru­no Kreisky erinnern, der zu Recht gesagt hat: Nie wieder ein Berufsheer! – aus der his­torischen Erfahrung, wo schon einmal ein Berufsheer auf das eigene Volk geschossen hat.

Wir wollen das jedenfalls nicht. Wir haben eine klare Position in dieser Frage: Ja zur Wehrpflicht, Ja zur Beibehaltung der Neutralität (demonstrativer Beifall bei der FPÖ), Ja zum Zivildienst, Ja zu einem zeitlich befristeten Bereich, wo junge Männer dem Staat auch etwas zurückgeben im Sinne eines John F. Kennedy, der zu Recht einmal gesagt hat: Fragt nicht immer nur, was der Staat für euch tun kann, sondern fragt vielleicht auch einmal, was ihr zeitlich befristet für den Staat tun und dem Staat im Sin­ne einer Gemeinschaftsbildung zurückgeben könnt. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.) Nämlich: Dass man nicht nur immer dann etwas tut, wenn man etwas dafür bekommt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Einführung eines Berufsheeres wäre außerdem ein weiterer Schritt weg von der liebgewonnenen und guten Entwicklung der österreichischen Neutralität. Ich bin zwar felsenfest davon überzeugt, dass am 20. Jän­ner 2013 die Mehrheit der Bevölkerung zur Volksbefragung hingehen und Ja zur Wehrpflicht und Ja zur Beibehaltung des Zivildienstes sagen wird – aber stellen wir uns vor, es würde anders ausgehen! In diesem Fall höre ich schon den Herrn Verteidi­gungsminister Darabos und andere Genossen in den kommenden Jahren sagen: Na ja, jetzt haben wir so wenig Mann, die sich da freiwillig gemeldet haben, dass wir die Sicherheit und die Neutralität unseres Landes nicht mehr aufrechterhalten können und daher auch die Neutralität in Frage stellen sollten und es vielleicht doch vernünftiger wäre, einem Militärbündnis wie der NATO beizutreten!

Ich sage Ihnen klar und deutlich: Nein, das wollen wir nicht! (Demonstrativer Beifall bei der FPÖ.) Wir haben nichts in einem Militärbündnis wie der NATO zu suchen, und ös­terreichische Soldaten haben niemals für irgendwelche Militärinteressen im Ausland in Kampfeinsätze geschickt zu werden! – Das ist unser Standpunkt, und genau diesen Standpunkt wollen wir auch für die kommenden Jahrzehnte in Österreich vertreten, damit unsere liebgewonnene Neutralität nicht flöten geht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 36

Ich meine, Österreich hat in schwierigen Zeiten durchaus gut gelebt mit dieser Neutra­lität. Wir sollten uns ein Beispiel an der Schweiz nehmen und nicht an jenen Ländern, die Teil- oder Bündnispartner der NATO sind und dort eine Berufsarmee eingeführt ha­ben. Die Schweiz würde niemals auf diesen Gedanken kommen, beziehungsweise alle Volksabstimmungen würden in der Schweiz einen Prozess in Richtung Berufsheer ver­hindern.

Mit einer Berufsarmee geht natürlich auch die Identifikation des Staatsbürgers mit der Landesverteidigung und mit dem Heimatschutz verloren. Ich will keine zusammenge­würfelte Söldnertruppe, wie wir es am Beispiel Belgien sehen, wo heute schon 35 Pro­zent der belgischen Berufssoldaten marokkanischer Herkunft sind und vorwiegend aus der Arbeitslosigkeit heraus rekrutiert werden.

Da Herr Verteidigungsminister Darabos immer wieder Deutschland bemüht: Dr. Detlef Buch, Oberstleutnant im Generalstab der deutschen Bundeswehr und Wissenschaftler mit Schwerpunkt Wehrformen hat in einem Artikel in der Zeitung „Die Presse“ am Sonntag, dem 2. September 2012, zum Thema Wehrpflicht ausgeführt, „eine Wieder­einführung würde ein hohes eskalierendes Potenzial in sich bergen und somit sehr un­wahrscheinlich und politisch höchst brisant sein“.

Des Weiteren hat Herr Dr. Buch ausgeführt, dass sich in Deutschland für die 15 000 notwendigen Posten nur 12 000 freiwillige Taugliche gemeldet beziehungswei­se gefunden haben, von denen dann aber nur 8 000 geblieben sind.

Das heißt: Ein konkreter Fehlstand in der Bundesrepublik Deutschland von über 7 000 Mann! Doch Sie, Herr Minister Darabos, bejubeln dieses Modell permanent fälschlicherweise.

Das Thema Berufsheer ist aber auch innerhalb der SPÖ nicht unumstritten. Auch Ihre Landeshauptfrau Gabi Burgstaller spricht sich für die Beibehaltung der Wehrpflicht aus, so wie viele Gemeinderäte der SPÖ. (Demonstrativer Beifall bei der FPÖ.) – Und das ist gut so, denn da geht es um Gesamtverantwortung! (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Ich komme schon zum Schlusssatz: Das Bundesheer ist wie eine Brandschutzversi­cherung, wo man hofft, dass es nie brennen wird; aber wenn es einmal in zehn, zwanzig, dreißig Jahren brennt, sind wir froh, dass wir eine entsprechende Mannstärke gut ausgebildeter Männer beim Bundesheer als Berufssoldaten, als Grundwehrdiener, als Milizionäre haben und dass wir exzellente Zivildiener haben, die unser Land und die Menschen in unserem Land schützen können. (Lang anhaltender lebhafter Beifall bei der FPÖ.)

9.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Mag. Darabos zu Wort gemeldet. Die Redezeit sollte 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


9.18.15

Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Strache, ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie dieses Thema heute zum Thema der Aktuellen Stunde gemacht haben. Sie hätten etwas zu diesem Thema sagen können, Sie haben dazu jedoch kaum etwas gesagt, daher nehme ich mir die Freiheit heraus, hier eine sachliche Diskussion zu führen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Im Übrigen: Dass Sie Ihre Rede einleiten mit einem hanebüchenen Vorwurf, der weder eine Grundlage hat noch irgendwo eine Tatsache widerspiegelt  (Abg. Dr. Belako­witsch-Jenewein: Erklären Sie, wie es wirklich ist!) – Es gibt keinen Verkauf von Lie-


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genschaften. Richtig ist: Ich bin dafür, dass wir Liegenschaften zusammenlegen, weil wir das Bundesheer damit besser ausstatten können. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.) Das ist das Einzige, was hier auf dem Tisch liegt, und das können Sie mir gerne vorwerfen. (Abg. Strache: Das wirft Ihnen die Staatsanwaltschaft vor!) Aber jetzt zur Sache!

Übrigens möchte ich vorausschicken – das ist mir ein emotionales Bedürfnis –: Bitte zitieren Sie nie wieder Bruno Kreisky. Bruno Kreisky würde sich im Grab umdrehen, wenn Sie ihn zitieren. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Und was die zweite Sache betrifft, wo Sie Kennedy zitiert haben: Interessant, ja! Die USA – ein bisschen größer als Österreich –, was haben die für ein System? (Abg. Strache: Das wollen wir nicht!) Raten Sie! – Berufsheer. Dass Sie hier Kennedy zitie­ren, ist interessant und gut. Es ist richtig, die haben ein System, das auf einem Be­rufsheer aufbaut. (Abg. Strache: Das wollen Sie! Sie wollen das amerikanische Sys­tem!)

Ich werde Ihnen jetzt meine grundlegenden Vorstellungen näherbringen. (Abg. Kickl: Was machen die Amerikaner mit ihren Berufssoldaten? Wollen Sie das?)

Ich darf Sie an ein Dokument aus dem Jahr 2000 erinnern. (Ruf bei der FPÖ: Wir ha­ben aber schon das Jahr 2012!)

Ich zitiere wörtlich: „Die Entscheidungsgrundlagen für die Umgestaltung des Bundes­heeres zu einem Freiwilligenheer mit einer starken Milizkomponente sind vorzuberei­ten.“

Einige von Ihnen waren damals vielleicht schon im Haus und werden wissen, woher dieses Zitat stammt. (Abg. Strache: Keiner war im Haus!) Es stammt aus dem Regie­rungsprogramm der ÖVP/FPÖ-Regierung  im Jahre 2000 so formuliert. (Zwischenrufe bei ÖVP und BZÖ. Beifall des Abg. Scheibner.) Und etwas später glaubte ein hoch­rangiger Politiker, der es bis zum Bundeskanzler geschafft hat, die Neutralität, die heu­te ja im Mittelpunkt dieser Aktuellen Stunde stehen sollte  nach Ihren Angaben, allerdings nicht nach Ihrer Rede , mit Mozartkugeln, mit Lipizzanern vergleichen zu können.

Ich stehe nicht dazu, und ich stehe auch nicht zu einem NATO-Beitritt, wie Sie ihn damals mit Ihrer ÖVP- und FPÖ-dominierten Regierung eingefordert haben (Beifall bei der SPÖ Zwischenrufe der Abgeordneten Strache, Kickl und Amon), nämlich im Jahr 2001 in eine Sicherheitsdoktrin gegossen, erstmals in der Zweiten Republik ohne Stimmen der sozialdemokratischen Fraktion in diesem Haus beschlossen, mit den Stimmen Ihrer Partei beschlossen und mit den Stimmen der ÖVP beschlossen, wo drinsteht, dass wir uns an die NATO annähern sollen und dass ein NATO-Beitritt das Ziel sein sollte und die Neutralität hintangestellt wurde. (Abg. Strache: ... zeigen mit Ih­rer Politik nicht! Schließen wir explizit aus !)

Wir, die Regierung, die jetzt die politische Verwaltung führt, haben im März des Jah­res 2011 festgelegt – gemeinsam festgelegt, mit Stimmen der ÖVP, mit Stimmen der SPÖ –, dass die Neutralität wieder stärker in die Sicherheitsstrategie eingeführt werden soll und dass der NATO-Beitritt aus dieser Sicherheitsstrategie herausgestrichen wird, unabhängig vom Wehrsystem, wie es auch in Zukunft sein soll. (Beifall bei der SPÖ. Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein und Kickl.)

Das sollte auch Ihnen und Ihrer Partei zu denken geben, die einen klaren Kurs in Rich­tung NATO-Beitritt gefahren ist! (Abg. Strache:  Strache-FPÖ hat das im Gegenteil gemacht!) Wir beziehungsweise ich als Verteidigungsminister stehe für diesen Kurs nicht – egal, welches Wehrsystem in Österreich etabliert ist. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Strache: Die sitzen da drüben, die NATO-Befürworter!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 38

Wir bekennen uns aber zur gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidi­gungspolitik. Österreich ist kein Trittbrettfahrer. Österreich bekennt sich zu dieser Stra­tegie, dieser Zusammenarbeit innerhalb von Europa. Wir sind bei sogenannten Krisen­managementtruppen dabei, dazu stehen wir. Im Vertrag von Lissabon ist ganz klar ge­regelt, dass Österreich als neutraler Staat immer die Souveränität hat, die Entschei­dungen für sich selbst zu treffen. Wir werden uns die Entscheidungen nicht von der Eu­ropäischen Union, nicht von der NATO und auch nicht von der UNO aufs Auge drücken lassen, sondern wir entscheiden hier in diesem Haus, in dem Sie Parlamentarier sind, souverän. Wir stehen zur Neutralität, und das wird auch in Zukunft so sein. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ.)

Wir haben – das möchte ich in diesem Haus auch einmal sagen – sozusagen eine Par­lamentsarmee. Ich kann etwas vorschlagen, wir können es im Ministerrat beschließen. Sie, die hier im Haus sitzen, treffen die endgültige Entscheidung im Hauptausschuss. Zu dem stehe ich. Sie treffen die Entscheidungen, wo Österreich teilnimmt, in welcher Form Österreich teilnimmt, und Sie sollten Ihr Recht der Mitbestimmung nicht zu gering schätzen. (Zwischenrufe bei der ÖVP sowie des Abg. Strache.) Das ist eine gute, de­mokratische Einrichtung, dass der Hauptausschuss des Nationalrates im Endeffekt be­stimmt, wohin der Weg führt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich stehe zu Friedensmissionen, ich stehe zur Mission am Golan  eine ganz schwie­rige Mission, wie wir jetzt wissen, mit Verletzten. Ich stehe zur Mission im Libanon, ich stehe zur Mission am Balkan mit Kosovo und Bosnien, und das wird auch in Zukunft so sein, wenn das Haus das auch in dieser Form so anerkennt.

Zu dieser Mär mit dem NATO-Beitritt: Meine sehr geehrten Damen und Herren im Ho­hen Haus, Irland und Schweden sind bekanntermaßen allianzfrei oder neutrale Staa­ten. Beide Länder haben mittlerweile auf ein Berufsheer umgestellt, und es denkt dort keiner darüber nach, der NATO beizutreten. Also diese Vermischung von Wehrsystem und politischer Ausrichtung ist völlig falsch. Wir werden auch in Zukunft mit einer Be­rufsarmee, mit einer Freiwilligenkomponente zur Neutralität stehen. Dazu stehe ich, da­zu steht meine Fraktion, und dazu steht auch die Mehrheit in diesem Hohen Haus  und damit wird das auch so bleiben. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Strache: So wie die Wehrpflicht „in Stein gemeißelt ist“ bei Ihnen! So sagen Sie dazu!)

Offensichtlich haben Ihre Strategen gemeint, dass diese Formulierung für die Frage zur Aktuellen Stunde bei der Bevölkerung nichts Positives auslöst, Sie sprechen von „Söld­nertum“, was Berufssoldaten betrifft. Sie wissen, dass mein Konzept weniger Berufs­soldaten vorsehen würde als jetzt. Statt 12 700 Berufssoldaten 8 500 Berufssoldaten (Ruf bei der FPÖ: Das auch noch! Sogar weniger als jetzt!), also eine Reduzierung der Zahl der Berufssoldaten, dafür eine Erhöhung der Zeitsoldaten. Das würde dafür sor­gen, dass wir eine Blutauffrischung haben könnten (Zwischenruf der Abg. Dr. Belako­witsch-Jenewein): eine drei-, sechs-, neunjährige Verpflichtung für junge Männer, jun­ge Frauen, die die Möglichkeit nutzen sollten, etwas zur österreichischen Sicherheit beizutragen. Und wenn Sie diese Soldaten als „Söldner“ bezeichnen, dann ist das eine Verunglimpfung der Sonderklasse. (Beifall bei der SPÖ.)

„Söldnertum“ beschreibt etwas Kriminelles, und Menschen wie Vizeleutnant Lorenzer, den ich selbst vom Flughafen abgeholt habe, der jetzt auf den Golanhöhen verletzt wurde, würde sich gegen diesen Begriff des „Söldnertums“  er ist Berufssoldat  hun­dertprozentig wehren. Es geht nicht um „Söldnertum“, sondern um eine Mischung aus Berufssoldaten, Zeitsoldaten, einer Profimiliz und einem Vertragsbedienstetenbereich, die dafür sorgen würde, dass wir eine gesellschaftspolitische Durchmischung haben, dass wir eine Genderdurchmischung haben, dass wir nämlich auch mehr Frauen beim österreichischen Bundesheer hätten (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Super!) und dass wir dafür sorgen könnten, dass wir eine junge, leistungsfähige Truppe im Berufs-


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bereich aufstellen könnten. Keiner braucht vor diesem System Angst zu haben. Es
ist das bessere System für Österreich. (Beifall bei der SPÖ. 
Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.)

Es kommen vom Koalitionspartner Ideen, die da lauten: Man kann den Grundwehr­dienst ja reformieren, indem man ihn reduziert!  Da sage ich: Nein! (Zwischenruf des Abg. Klikovits.) Selbst die Hardcore-Befürworter aus dem ÖVP-Offizierscorps sagen, dass eine Reduzierung auf fünf Monate das Bundesheer wirklich zu Tode sparen wür­de und auch die Leistungen nicht mehr ermöglichen würde, die es jetzt bringt. (Zwi­schenruf des Abg. Dipl.-Ing. Deimek.)

Ich würde Sie bitten, diese Sicherheitsstrategie, die bei Ihnen im Parlament liegt, die in der Regierung einstimmig mit ÖVP-Stimmen und SPÖ-Stimmen beschlossen wurde, endlich auch zu beraten und zu einem Ende zu bringen. Wir haben andere Herausfor­derungen. Die Panzerschlacht im Marchfeld ist passé, der Kalte Krieg ist vorbei. Der Krieg kommt, wenn Sie so wollen, möglicherweise aus der Steckdose. Cyber-Attacks, das Scheitern von Staaten oder Terrorbekämpfung oder -bedrohung, das sind die Auf­gaben. Dafür brauchen wir Profis, und diese Profis bekommen wir nur mit diesem neu­en System, denn wir brauchen keine Grundwehrdiener.

Niemand würde auf die Idee kommen, bei der Polizei beispielsweise  ein ÖVP-ge­führtes Ressort –, Polizeischüler nach vier Monaten sozusagen in die Praxis zu schi­cken und mit Aufgaben, beispielsweise was den Schutz der Infrastruktur betrifft, zu be­trauen. Das können wir nicht, das wollen wir nicht. Wir wollen mehr Profis. Wir brau­chen für die neuen Aufgaben auch neue, besser ausgebildete Soldatinnen und Solda­ten  und deshalb trete ich für dieses Berufs- und Freiwilligenheer ein. (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, die Frau Merkel ist ja jetzt mit einem überwältigenden Votum wiedergewählt worden. Sie war es mit ihrer Regierung, die in Deutschland  ohne das Volk zu befragen!  eine Umstellung des Systems ermöglicht hat. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan. Abg. Strache: Sie reduzieren die Wehr­pflichtsdaten!) Die schwarz-gelbe Koalition in Deutschland hat eine Umstellung auf ei­ne Berufsarmee mit einer Miliz- und Freiwilligenkomponente durchgesetzt, ohne das Volk zu befragen. (Abg. Mag. Stefan: Was machen unsere Berufssoldaten jetzt?)

Und die Erfahrungen, die dort gemacht worden sind, sind durchwegs positiv. (Zwi­schenruf bei der ÖVP.) Man hat die Wehrpflicht dort von neun auf sechs Monate re­duziert und ist dann draufgekommen, dass eine sechsmonatige Wehrpflicht nicht den Aufgaben einer funktionierenden Armee entspricht – deshalb auch dort die Erkenntnis, die rationale Erkenntnis, das umzustellen. (Abg. Marek: Falsch!) Ich verstehe nicht, warum Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen in Deutschland so gering schätzen; sonst be­rufen Sie sich ja auch immer auf die Politik dort. (Abg. Strache: Weil es nicht funk­tioniert, wie wir lesen!)

Ganz kurz zum Zivildienst – es ist nicht mein Ressort, aber trotzdem –: Ein bezahltes Sozialjahr kann diesen Zivildienst mehr als gut ersetzen. (Abg. Kickl: Wo waren Sie Zivildiener? Wo haben Sie Zivildienst geleistet?) Es ist eine bessere Möglichkeit für die Menschen, sich zu binden. (Zwischenruf der Abg. Marek.) Wir haben eine breitere Auf­stellung in diesem Bereich, Männer und Frauen – jetzt gibt es ja nur Männer im Wehr­ersatzdienstbereich –, nicht mehr nur in der Altersschiene von 18, 19, 20, 21, 22 Jah­ren, sondern 18 plus bis über 50.

Wenn es in Österreich nicht gelingt, diese 8 000 Menschen, die wir brauchen, bereitzu­stellen für einen Dienst, der mit 1 400 € kollektivvertraglich entlohnt wird, im Gegensatz zu einem Zivildiener, der derzeit 300 bis 400 € bekommt, dann gute Nacht, soziales Ös­terreich!  Wir schaffen das! (Beifall bei der SPÖ. Zwischenruf des Abg. Wöginger.)


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Ich möchte gar nicht auf die Diskussion zu sprechen kommen, dass Zivildiener  wie das auch in Zwischenrufen jetzt ganz kurz herausgekommen ist  ehemals von jenen, die jetzt den Zivildienst sozusagen hochloben, als Drückeberger bezeichnet worden sind und jetzt plötzlich für die Aufrechterhaltung der Wehrpflicht herhalten sollen. (Abg. Kickl: Wo haben Sie Zivildienst geleistet?) Das ist eine politische Diskussion, die wir führen werden und auch gewinnen werden. (Beifall bei der SPÖ. Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Deimek.)

Abschließend: Das Umstellen eines Wehrsystems hat nichts mit der politischen Aus­richtung eines Staates zu tun. Wir stehen zur Neutralität. Wir stehen dafür, dass wir nicht der NATO beitreten. Wir stehen für ein rot-weiß-rotes Bundesheer mit rot-weiß-roten Soldatinnen und Soldaten im Einsatz für Österreich, im Katastrophenschutz im Inland, im Auslandseinsatz, im sehr theoretischen Fall der Landesverteidigung  und auf Basis der immerwährenden Neutralität. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

9.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Rede­zeit aller weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Aktuellen Stunde laut § 97a Abs. 6 der Geschäftsordnung 5 Minuten nicht übersteigen darf. (Abg. Kickl: Herr Mi­nister, wo haben Sie Ihren Zivildienst gemacht? Zwischenbemerkung von Bundesmi­nister Mag. Darabos.)

Als Erster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte.

 


9.30.33

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich begrüße auch die vielen jungen Österreicherinnen und Österreicher, die hier heute auf der Galerie dieser Diskussion beiwohnen. (Beifall bei der SPÖ.) Ihnen kann man gleich die Frage stellen, ob sie – sollten sie das noch vor sich haben – sechs Monate ihres Lebens im Bundesheer vergeuden wollen (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ), ob sie das wirklich wollen.

Ich kann nur sagen: Das kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, denn für diese sechs Monate Vergeudung kann der Satz: „Alles grüßen, was sich bewegt, und alles putzen, was sich nicht bewegt!“, als Symbol genannt werden. (Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Kickl: Unglaublich!)

Sechs Monate Vergeudung des Lebens auch deswegen, weil gerade ein veritabler Streit innerhalb der ÖVP heute in der „Presse“ unter dem Titel „Offiziere gegen die ÖVP. Die ÖVP will auch bei Wehrpflicht keine verpflichtenden Pflicht-Milizübungen mehr abhalten“ dargestellt wurde. (Abg. Kickl: Selbst Ausbildner und dann so einen Schmarrn Abg. Strache: Dr. Cap war als Ausbildner beim Bundesheer in !)

Was heißt das? Was sagt der Streit? – Die Offiziere sagen, wenn es einen Präsenz­dienst gibt, sechs Monate oder, wie manche in der ÖVP meinen, nur fünf Monate, dann muss es Übungen geben – jahrelang, immer wiederkehrend, am besten am Wochen­ende die jungen Menschen in die Kasernen einziehen, dass sie dort die Übungen ma­chen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Wurm und Kickl.) Die Frage ist: Wollt ihr das wirklich? (Abg. Marek: Das ist ja tiefste Propaganda, was Sie da machen!)

Und da kommt ja noch etwas dazu: Die ÖVP, Ministerin Mikl-Leitner sagt Nein – also hat sie Angst, dass sie die Abstimmung verliert. Dann sagen die ÖVP-Offiziere: Dann ist es sinnlos, dann brauchen wir diesen Präsenzdienst nicht, denn der Präsenzdienst macht nur Sinn, wenn nachher jahrelang diese Übungen stattfinden. – Das steht im Wesentlichen in diesem Artikel in der „Presse“ von heute, und ich hoffe, Sie haben das alle auch gelesen. (Ruf bei der ÖVP: Noch was vorlesen, nicht nachlesen!) – Na ja, nachlesen und dann diskutieren – aber auch im Klub, schlage ich vor! (Heiterkeit bei der SPÖ.)


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Es kommt noch etwas dazu in diesem Zusammenhang. Weiters steht hier: „Vergessli­che Volkspartei“ – also heute die „Presse“ zu lesen, das ist ein echter Genuss –, ich zi­tiere:

„Die ÖVP inszeniert sich heute als Retterin der allgemeinen Wehrpflicht, als ob sie nie anderes im Sinn gehabt hätte.“

Jahrelang haben ÖVP, FPÖ, BZÖ im Nationalen Sicherheitsrat immer gegen die Wehr­pflicht gewettert. (Abg. Bucher:  tun es heute noch!) Da ist er gestanden, der Bun­deskanzler Schüssel, und hat sich für das Berufsheer und gegen die Wehrpflicht aus­gesprochen. (Abg. Strache: Und Sie haben die Wehrpflicht in Stein gemeißelt, Herr Dr. Cap!) Da sitzt der Minister Bartenstein und ist heute noch gegen die Wehrpflicht. (Beifall bei der SPÖ.) Leider – vielleicht bin ich der Einzige, der das hier herinnen sagt – ist Erwin Pröll nicht unter uns, er war nämlich auch gegen die Wehrpflicht, auch für das Berufsheer. (Zwischenruf des Abg. Kößl. Rufe bei FPÖ und ÖVP: „Wehr­pflicht in Stein gemeißelt“!) Das sollte man hier einmal in aller Deutlichkeit feststellen. Und das, glaube ich, ist ein Punkt, wo die „Presse“ recht hat.

Dann steht dort weiters: „Und stellt ausgerechnet den lange ungeliebten Zivildienst als Grund dafür in die Auslage.“

Sie waren immer gegen den Zivildienst. Wir haben den Zivildienst gegen den Wider­stand vieler hier durchgesetzt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Allerdings muss ich sagen, ich gebe selber zu, aufgrund der demographischen Entwicklung ist der Zivildienst ein Auslaufmodell – das wissen Sie. Daher wird das Sozialjahr, wie es von Minister Hunds­torfer vorgeschlagen wurde, kommen müssen (Beifall bei der SPÖ Abg. Strache: Aufgrund der demographischen Entwicklung findet er dann die Freiwilligen?), denn es kann kein Spiel mit der Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher geben – we­der im sicherheitspolitischen Bereich noch im Versorgungsbereich. (Abg. Ing. Höbart: Sagen Sie das dem Verteidigungsminister!)

Stellen Sie sich einmal vor, es gibt einen Unfall auf der Straße! Da will ich doch, dass gut ausgebildete Mitarbeiter im Rahmen dieses Sozialjahres, die vielleicht später dann sogar einmal beruflich weiter im Sozialdienst tätig sind, mich versorgen (Abg. Strache: Waren Sie selbst so ein schlechter Ausbildner? Zwischenruf der Abg. Tamandl), qualifizierte Leute, die ein Jahr dort arbeiten, die wirklich wissen, wie jeder Handgriff sitzt – und nicht, wie Sie früher gesagt haben, Drückeberger, Wehrersatzdienstler, die sozusagen nur darauf warten, bis die neun Monate vorbei sind. (Ruf bei der ÖVP: Funktioniert es oder funktioniert es nicht jetzt? Zwischenrufe bei der FPÖ.) Da geht es um die Sicherheit der Versorgung. Da geht es darum, dass die Rettung rechtzeitig da ist, wenn man sie ruft, da geht es darum, dass die Versorgung am Unfallort recht­zeitig, qualifiziert, professionell stattfindet. Das ist entscheidend, und nicht ein Spiel auf dem Rücken der Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir alle wissen, in Deutschland gibt es dieses Modell schon, 50 000 kämpfen dort um die 30 000 Plätze für das Sozialjahr – das sagt doch alles. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Wöginger: Geh hör auf! Abg. Strache: Lesen Sie die Berichte, Herr Cap! Das stimmt ja nicht!) Sie können doch nicht sagen, dass Kanzler Schüssel total danebengelegen ist, als er zum Beispiel gesagt hat, wir brauchen jetzt Profis beim Heer, um Cyberkriminalität und den Herausforderungen auch wirklich etwas entgegen­setzen zu können!

Also wir sind für Professionalität und Sicherheit für Österreich! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Waren Sie selbst wirklich so ein schlechter Ausbildner? – Weitere Zwi­schenrufe.)

9.35



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 42

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Kopf. – Bitte.

 


9.35.54

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Herren Bundesminister! Hohes Haus! Geschätz­te Zuseherinnen und Zuseher hier im Plenarsaal, aber auch vor den Fernsehgeräten! Die Frage, ob wir unsere Landesverteidigung, ob wir die Hilfe im Katastrophenfall oder auch die Unterstützung der zivilen Hilfsorganisationen auf Basis der allgemeinen Wehr­pflicht und des Zivildienstes organisieren oder, wie es die SPÖ will, auf der Basis einer Verstaatlichung (Oh-Rufe bei der SPÖ Zwischenruf des Abg. Krainer) unserer Bür­gergesellschaft, das ist eine zutiefst gesellschaftspolitische Frage.

Ich bin dem Kollegen Cap sehr dankbar für – auch wenn ich den Satz nicht nur nicht unterstütze, sondern geradezu verwerflich finde (Abg. Silhavy: Ja, ja, ja!) – die Aus­sage, dass er – und mit dir, lieber Josef Cap, offenbar die SPÖ – die Wehrpflicht als eine „Vergeudung von Lebenszeit“ betrachtet (Abg. Kickl: Unglaublich!) oder, wie es Herr Minister Darabos einmal gesagt hat, die Wehrpflicht vielen jungen Menschen Le­benszeit stehle. – Eine solche Aussage ist ein Schlag ins Gesicht all jener, die sich ehrenamtlich engagieren und die bereit sind, für die Gesellschaft Verantwortung zu tra­gen! Ja, ein Schlag ins Gesicht! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren: Solidarisches Engagement für die Gesell­schaft ist kein Verlust von Zeit, sondern ein Gewinn von emotionalem Reichtum. (Bei­fall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wer zivilgesellschaftliches Engagement als „Diebstahl von Lebenszeit“ abtut, meine Damen und Herren, der arbeitet an der moralischen Armutsgefährdung dieses Lan­des – und das lehnen wir ab. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Meine Damen und Herren, Österreich ist ein reiches Land! (Ruf bei der SPÖ: Themen­verfehlung!) Und da spreche ich nicht von Wirtschaftsleistung, da spreche ich nicht von Einkommen (Abg. Bucher: Von der Kultur!), sondern da spreche ich davon, dass Ös­terreich reich ist an zivilgesellschaftlichem Engagement und auch reich ist an zwi­schenmenschlicher Solidarität. Zigtausende Menschen in diesem Land engagieren sich in Krankenpflegevereinen, in mobilen Hilfsdiensten (Zwischenrufe bei der SPÖ Abg. Marek: Genau das ist das Thema!), bei Essen-auf-Rädern, in Rettungsorganisationen wie dem Roten Kreuz oder der Freiwilligen Feuerwehr, in Kulturvereinen, in Sportver­einen. Meine Damen und Herren, diese Menschen fragen nicht ständig: Was bekomme ich für dieses Engagement? (Beifall bei ÖVP und FPÖ. Ruf bei der SPÖ: The­menverfehlung! Abg. Silhavy: „Freiwillige“, das ist das Stichwort! Abg. Krainer: Die machen das alle freiwillig!)

Meine Damen und Herren, der Dienst im Rahmen der Wehrpflicht – ob Landesverteidi­gung, ob bei Naturkatastrophen, ob bei Rettungsorganisationen – basiert auf einer ge­setzlichen Verpflichtung, ja, aber auch diese gesetzliche Verpflichtung unterstützt den Gedanken des bürgergesellschaftlichen Engagements und ist kein Widerspruch dazu. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Meine Damen und Herren, wir wissen alle, dass die Wehrpflicht und der sechsmonati­ge Wehrdienst reformiert werden müssen. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeord­neten von SPÖ und ÖVP.) Er muss inhaltsreicher werden, er muss lehrreicher werden, es müssen Leerläufe beseitigt werden, überhaupt keine Frage.

Nur, Herr Bundesminister, ich verstehe nicht, wieso Sie sich zuerst dagegen wehren, dass der Kollege Strache Kreisky zitiert, und meinen, dass das Kreisky im Grabe stö­ren könnte, und ihn dann selber kritisieren. (Abg. Amon: Er rotiert schon!) Wieso kriti-


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sieren Sie Kreisky? Kreisky hat gesagt: Sechs Monate sind genug. Und Sie sagen jetzt, sechs Monate seien nicht genug. Also was ist da los? (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Sie kritisieren Ihren Altparteivorsitzenden!

Aber noch einmal, meine Damen und Herren: Der Wehrdienst muss reformiert werden. Unsere Soldaten sind da, meine Damen und Herren, wenn im Ausland friedenssi­chernde Dienste zu leisten sind. Unsere Soldaten sind da, wenn Naturkatastrophen die Menschen in Österreich heimsuchen. Unsere Zivildiener sind da, wenn die Rettung bei Unfällen rasch zur Stelle sein muss. Unsere Zivildiener sind da, wenn betagte Men­schen in Sozialzentren betreut werden müssen.

Ich appelliere daher an alle Bürgerinnen und Bürger des Landes: Gehen Sie am 20. Jänner zur Volksbefragung! Stimmen Sie für die Beibehaltung der Wehrpflicht und des Zivildienstes! Sie leisten damit einen Beitrag zur Stärkung des Solidaritätsgedan­kens in unserer Gesellschaft. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Bravorufe bei der ÖVP.)

9.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Fich­tenbauer. – Bitte.

 


9.41.30

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geschätzte junge Zuschauer hier im Parlament! Landsleute auf den Fernsehschirmen (Rufe beim BZÖ: „Auf“?), also: an den Fernsehschirmen, die ihr diese Debatte mitverfolgt, ich fordere euch dazu auf, am 20. Jänner 2013 zu den Wahlurnen zu gehen, abzustimmen und dafür zu stimmen, dass das Land weiter seine Souveränität verteidigen kann, indem die allgemeine Wehr­pflicht und somit die Schlagkraft des österreichischen Bundesheeres aufrechterhalten werden!

Das ist die letzte Gelegenheit, aus dem Parlament für dieses Anliegen zu werben. (Bei­fall bei FPÖ und ÖVP.)

Lieber Kollege Spadiut, dein Vater würde sich im Grabe umdrehen, wenn er gehört hätte, wie verächtlich du heute über den Wehrdienst gesprochen und ihn verunglimpft hast! Dein Vater war nämlich noch ein Dienst Tuender. (Abg. Scheibner: Hören Sie auf mit Ihren komischen Reden da unten!)

Wir haben in Österreich Folgendes historisch zu konstatieren: Nummer eins: Herr Bun­desminister Darabos hat sich in unspezifischer Weise befleißigt, irgendwelche gerade passend erscheinenden politischen Zitate zum Ausdruck zu bringen, und hat sich auf den Bundeskanzler Schüssel bezogen, der bekanntlich niemals Parteiobmann der Frei­heitlichen gewesen ist. (Abg. Scheibner: Sehr peinlich!)

Aber wenn wir im Rahmen historischer Zitate arbeiten wollen, dann, würde ich sagen, soll sich die Sozialdemokratie auf das Parteiprogramm von 1978 stützen, das besagt, dass die militärische Landesverteidigung auf der Grundlage der allgemeinen Wehr­pflicht von einem milizartigen System getragen werden soll, das durch Mitwirkung und Mitgestaltung aller, durch eine aufgabenbezogene Ausbildung – Herr Cap möge zuhö­ren! – und eine heimische Produkte vorrangig berücksichtigende Ausrüstung und so weiter gestärkt werden muss. – Das ist die Gründungsgeschichte, das ist die Parteige­schichte der SPÖ, die Sie mit einem Fußtritt von einem Tag auf den anderen in den Abgrund geworfen haben, und zwar ohne jeden Grund! (Beifall bei der FPÖ.)

Und: Ihre internationalen Beispiele sind alle nicht passend, um nicht zu sagen, sie sind einen Schmarr’n wert, da die angeblich vorhandenen Aufkommenszahlen zum Beispiel in der Bundesrepublik Deutschland unwahr sind. Es wird mit falschen Zahlen Propa­ganda betrieben. Nicht einmal 50 Prozent der erforderlichen Mannstärke gehen freiwil­lig zur deutschen Bundeswehr.


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Es ist unverzichtbar, durch die allgemeine Wehrpflicht für eine Aufwuchsfähigkeit im Land zu sorgen. Die allgemeine Wehrpflicht trägt das Milizsystem. Das Milizsystem ist in der Verfassung verankert – und das nicht aus Lust und Laune, sondern aus ratio­naler Einsicht, nach der das österreichische Bundesheer richtigerweise strukturiert wur­de: aus einem hohen Anteil von Berufssoldaten, nämlich 16 000, aus einem Milizsys­tem und aus den jährlich einzuberufenden Menschen, die nach herrschender Doktrin 55 000 in Summe auszumachen haben.

Es gibt nicht den geringsten rationalen Grund, sondern es handelt sich um eine Ver­geudung staatsrationaler Prinzipien – wenn schon das Wort „Vergeudung“ in den Mund genommen wird –, die von diesem System aus Jux und Tollerei, aus parteipolitischen Gründen, die sich auf die Wiener Wahl im Jahr 2010 bezogen haben, die für die Roten ohnedies verloren gegangen ist, in die Wege geleitet wird.

Es wäre hoch an der Zeit, zur Ebene der Verantwortung in Angelegenheiten der öster­reichischen Sicherheitspolitik zurückzukehren, wenn dies schon das oberste Organ und seine Mitstreiter nicht tun. Allerdings haben Sie in dieser Frage nicht die Gefolg­schaft Ihrer gesamten Partei, nicht der gesamten Sozialdemokratie, wie wir wissen. Aber Sie riskieren es, Österreich in Angelegenheiten der Sicherheitspolitik in ein Risiko zu führen, das unser Land nicht verdient hat.

Österreicher, wehrt euch! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Spadiut hat mich – ich möchte das an dieser Stelle sagen – wissen lassen, dass sich sein Vater 92-jährig bes­ter Gesundheit erfreut. Wir wünschen ihm auch alles Gute. (Beifall beim BZÖ.)

Nächste Wortmeldung: Frau Klubvorsitzende Dr. Glawischnig-Piesczek. – Bitte.

 


9.47.26

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Wir Grünen sind der Meinung, Österreich braucht im 21. Jahrhundert keine Kampfpanzer mehr, Österreich braucht im 21. Jahr­hundert keine Artillerie mehr, Österreich braucht im 21. Jahrhundert keine Jagdbomber und Österreich hätte im Übrigen auch nie die Eurofighter gebraucht. Aber die 2 Milliar­den €, die sie gekostet haben, die brauchen wir im Übrigen sehr wohl. Österreich braucht im 21. Jahrhundert auch keinen Zwangsdienst für junge Männer. Meine Solida­rität gilt in erster Linie einmal diesen jungen Menschen. Es wäre notwendig, einmal ei­ne Argumentation zu liefern  und die sind Sie schuldig geblieben –, warum man in Ös­terreich weiterhin eine personenstarke Armee braucht, um sich zu verteidigen.

Da frage ich Sie, Herr Klubobmann Kopf: Gegen wen soll sich Österreich verteidigen? Wir sind mitten in Europa, umgeben von befreundeten Staaten innerhalb der Europäi­schen Union, und es braucht eine ausgesprochen gute Begründung, um jungen Men­schen sechs Monate ihrer Zeit, die in eine sehr wichtige Phase fällt – Berufsausbil­dung, Einstieg ins Berufsleben –, zu nehmen und sie einfach zu einem Zwangsdienst zu verpflichten. (Abg. Amon: Der Pilz hat vor 1991 auch so argumentiert!) Dieses Ar­gument sind Sie bis zum heutigen Tag schuldig geblieben. Es gibt kein militärisches Argument mehr. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Mangels Feind entfällt die zentrale Aufgabe des österreichischen Bundesheeres, näm­lich die militärische Landesverteidigung über eine personenstarke Bodenarmee. All die jungen Menschen warten jetzt auf ein Argument von Ihnen, warum dieser Zwangs­dienst weiter aufrechterhalten bleiben muss, und das Argument, das von Ihrer Seite kommt, ist der Zivildienst. – Ich finde dieses Argument grundfalsch.

Was spricht dagegen, ein freiwilliges Modell für alle Menschen zu machen, nämlich für Frauen und Männer, ab 18 Jahren zugänglich, pädagogische Begleitung, Ausbildung


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Anrechenbarkeit auf bestimmte Berufssparten, klares Prinzip der Freiwilligkeit so wie in Deutschland? Kanzlerin Merkel hat gesagt, das System funktioniert hervorragend. Sie schwärmt eineinhalb Jahre nach Einführung dieses Freiwilligensystems davon, dass sie sich vor Bewerberinnen und Bewerbern nicht mehr retten können. Wenn Sie es mir schon nicht glauben, dann glauben Sie es zumindest Ihrer Parteikollegin in Deutsch­land, die in aller Deutlichkeit sagt: Wir waren selbst überrascht, wie gut sich der Bun­desfreiwilligendienst in Deutschland entwickelt. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Aber, Herr Minister Darabos, eines möchte ich Sie schon fragen: Sie sind für die Ab­schaffung der allgemeinen Wehrpflicht. Aber, bitte, wer in dieser Republik hat Ihnen diese völlig verquere Fragestellung eingeredet? Für die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht und für die Einführung eines Berufsheeres – so lautet die Fragestellung. Diese Fragestellung ist wirklich ein Blödsinn.

Österreich hat – das wissen Sie – ein Berufsheer mit 21 000 Menschen, und es geht einzig und allein um die Frage, ob dieses Berufsheer weiterhin 24 000 junge Menschen jedes Jahr zur sogenannten Ausbildung – und dann schauen wir uns einmal an, wie diese Ausbildung ausschaut – erhält oder nicht.

Warum wurde nicht die einfache Frage gestellt: Für die Abschaffung der Wehpflicht – ja oder nein? Vielleicht können Sie das einmal beantworten. (Beifall bei den Grünen.)

Da brauchen Sie sich bitte auch nicht auf den Koalitionspartner auszureden. Sie sind der Verteidigungsminister. Hier geht es um eine Grundsatzfrage. Der Bevölkerung eine klare Frage vorzulegen, wäre eigentlich Ihre Aufgabe gewesen. – Das ist jedenfalls kei­ne klare Fragestellung.

Trotzdem rufen wir Grüne dazu auf, zur Volksbefragung zu gehen und auch tatsächlich für die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht zu stimmen. Unbedingt! Es geht um Tausende junge Menschen, für die es keinen Grund mehr gibt, dass sie Zwangsdienst mit der Waffe oder Zivildienst leisten müssen. Freiwillig können sie es nach wie vor tun. Es hat nichts mit der Beleidigung von jenen zu tun, die ehrenamtlich arbeiten, Herr Kol­lege Kopf, wenn man gegen die allgemeine Wehrpflicht ist.

17 europäische Staaten haben in den letzten zehn Jahren nacheinander die Wehr­pflicht abgeschafft. Nacheinander! Die Einzigen, die sie noch haben, sind Randstaaten: Estland, Finnland, Griechenland, Zypern. Diese haben eine andere geopolitische Situa­tion. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Österreich liegt im Herzen von Europa, umgeben von NATO-Staaten, umgeben von EU-Staaten. Was ist die Begründung dafür, dass man im 21. Jahrhundert Jugendliche weiterhin in einen Zwangsdienst schickt? Sagen Sie mir ein einziges Argument dafür – und kommen Sie mir nicht mit dem Zivildienst! (Beifall bei den Grünen.)

Schauen wir uns einmal an, was daran jetzt noch so erhaltenswert ist. Im Moment die­nen 1 769 Rekruten als Kellner, 815 leisten ihren Dienst als Köche, 531 als Feldkoch­gehilfen. Alleine in Zeltweg sitzen 400 junge Leute ausschließlich als sogenannte Sys­temerhalter auf einem Flughafen. Ich frage mich, ist das sinnvoll? (Abg. Amon: Ja, es ist sinnvoll!) Ich sage ganz klar: Nein, das ist nicht sinnvoll. (Beifall bei Grünen und SPÖ. – Abg. Amon: Natürlich!) Junge Leute haben etwas Wichtigeres zu tun, als Sys­temerhalter bei einem Bundesheer zu sein, das man in dieser Form nicht mehr braucht. Was ist daran sinnvoll? (Abg. Amon: Man merkt, Sie haben keine Ahnung da­von!)

Ich habe zwei Söhne. (Abg. Amon: Ich auch, meiner dient gerade!) Und ich sage Ih­nen eines: Im 21. Jahrhundert möchte ich, dass sie sich freiwillig für einen Dienst an der Gesellschaft entscheiden, freiwillig ein soziales oder ökologisches Jahr machen,


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aber nicht über Zwang, mit Sicherheit nicht über Zwang. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Klubobmann Bucher zu Wort. – Bitte.

 


9.52.38

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kolle­gen! Meine sehr geehrten Damen und Herren zu Hause an den Bildschirmgeräten! Ich denke, es ist niemandem, der heute zusieht, übel zu nehmen, wenn er zu der Erkennt­nis gelangt, dass das heute ein einzigartiges Kasperltheater ist, das hier stattfindet. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die einen, die vor wenigen Monaten noch dafür waren, sind plötzlich dagegen, die an­deren, die heute dagegen sind, waren vor Kurzem noch dafür. So gehen die Argumen­te kreuz und quer durch die Gegend, die Menschen sind uninformiert und kennen sich nicht aus. Das ist die Realität.

Man kann in Anbetracht der Situation, in der sich viele Menschen, Bürgerinnen und Bürger unseres Landes heute, ja zur Stunde befinden, ihnen nicht übel nehmen, dass sie mit der Politik unzufrieden sind.

Natürlich ist es das Recht jeder einzelnen Partei, selbstverständlich auch der FPÖ, das zum aktuellen Thema zu machen, was sie für richtig hält. Ich sage Ihnen, das aktuelle Thema der Menschen in unserem Land ist ein ganz anderes. (Beifall beim BZÖ.)

Wir haben in Österreich 300 000 Menschen, die zur Stunde nicht wissen, wie sie ihre Wohnungen heizen sollen. Gestern präsentierte der Herr Bundesminister für Arbeit und Soziales, dass 350 000 Bürgerinnen und Bürger unseres Landes keine Arbeit haben. Diese sind zu Weihnachten zu Hause, sitzen mit ihren Angehörigen beim Christbaum und wissen nicht, wie ihr Leben in Zukunft aussehen wird und wie sie dieses finan­zieren werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, und wir streiten hier herin­nen, ob es eine Wehrpflicht geben soll oder nicht, ohne dass wir ein Sicherheits­konzept für Österreich haben. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Mag. Schickhofer: 8 000, 7 000 Jobs!) Das ist eine Schande für das Parlament, meine lieben Freunde, und eine Geringschätzung der österreichischen Bevölkerung! Das ist die Realität.

Deswegen verzweifeln die Menschen zu Hause an den Bildschirmgeräten und können es nicht wahrhaben, was hier im Parlament abläuft. Ja was sagen Sie denn den Men­schen auf der Straße, Ihren Genossinnen und Genossen, die einen Arbeitsplatz haben wollen, die jetzt vor Weihnachten nicht wissen, was sie tun sollen, die keine Perspek­tive haben? Was sagen Sie diesen Menschen?

Sie geben ihnen so ein Blatt in die Hand (der Redner zeigt ein Flugblatt), habe ich ge­sehen, mit fünf Argumenten, wo darauf steht: „Weil unser Heer, Katastrophenhilfe und Sozialdienste mehr Profis brauchen und nicht Systemerhalter.“

Das geben Sie einem Arbeitslosen in die Hand. Der pfeift Ihnen etwas, sage ich Ihnen, meine lieben Herrschaften von SPÖ und auch ÖVP, da ist es ja nicht anders. (Zwi­schenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Die wollen endlich Lösungen haben, die wollen endlich Entscheidungen von der Bun­desregierung haben, damit Arbeitsplätze geschaffen werden. (Beifall beim BZÖ.)

Den Unternehmern geht es ja nicht anders. Ich mache genügend Betriebsbesuche. Was man dort hört, meine lieben Kolleginnen und Kollegen: Fehlende Aufträge und Umsatzeinbußen. Das hören wir gegenwärtig von den kleinen mittelständischen Unter­nehmen.


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Und die Bundesregierung beschäftigt sich mit der Wehpflicht, ohne zu wissen, wie das Landesverteidigungskonzept Österreich in Zukunft aussehen soll. Da kann man ja nur zu der Erkenntnis kommen, dass das ein reines Ablenkungsmanöver dieser Bundesre­gierung ist (Beifall beim BZÖ), weil Sie nicht ein und nicht aus wissen, schieben Sie al­les auf eine Volksbefragung.

Eine Frage, die Sie selbst nicht imstande sind zu lösen, schieben Sie jetzt auf die Be­völkerung ab, das in einer Zeit, in der die Bevölkerung ganz andere Dinge und Sorgen im Kopf hat, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist die eigentliche Lebens­realität: abzulenken von den großen Problemen der Zeit, die uns in Europa beschäf­tigen. Ja wo ist denn Ihr Konzept? Wie sollen wir denn die Währungskrise auf europäi­scher Ebene lösen? Wie sollen wir die bevorstehende Wirtschaftskrise in den Griff be­kommen, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien? Wo sind denn Ihre Lösungsansätze?

Ihnen geht es nur darum, abzulenken, abzuschieben, die Entscheidungen der Bevölke­rung zurückzugeben. Sie werden dafür bezahlt, die Entscheidungen zu treffen.

Wir sind nicht gegen Volksbefragungen. Aber sinnvolle Information muss an der Spitze stehen, damit die Bevölkerung weiß, zwischen welchen Modellen sie entscheiden kann. Das kann sie gegenwärtig nicht (Beifall beim BZÖ), weil Sie nicht sagen, was un­ter dem Strich herauskommen wird, wenn Sie bei der Wehpflicht bleiben.

Und ich prophezeie Ihnen eines: Es werden ganz wenige Menschen zu den Wahlurnen gehen, ganz wenige. Und ich bin knapp davor, sage ich Ihnen ganz offen, einen Boy­kott zu unterstützen. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

9.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Ing. Lu­gar. – Bitte.

 


9.57.57

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Mei­ne sehr geehrten Fernsehzuschauer und meine sehr geehrten Gäste hier im Saal! Ich glaube, dass wir heute etwas mehr Ehrlichkeit in die Diskussion bringen sollten. Es geht letztlich hier nur um eine Frage: Es geht darum: Wollen wir einen Zwangsdienst in Österreich oder wollen wir ihn nicht? Wir haben heute schon gehört, es gibt hier bei der ÖVP und vor allem bei der FPÖ eine Vermischung zwischen Zwangsdienst und Berufs­heer, zwischen Zwangsdienst und NATO-Beitritt und zwischen Zwangsdienst und der Frage der Neutralität.

Und das ist unehrlich, weil das eine mit dem anderen nichts zu tun hat. Es ist selbst­verständlich möglich. Wenn wir von diesem Zwangsdienst abgehen, wenn wir nicht mehr junge Menschen, bestens ausgebildete junge Menschen, 27 000 jedes Jahr, zwangsverpflichten, im Heer sechs Monate zu dienen, mit einer sehr zweifelhaften Ausbildung, wenn wir davon abgehen, ist deshalb unsere Neutralität nicht gefährdet. Sie ist nicht gefährdet und sie war nie gefährdet. Das ist letztlich unsere Entscheidung, wie wir hier vorgehen, auch was den NATO-Beitritt betrifft. Das ist unsere Entschei­dung. Für uns ist es heute wichtig zu fragen: Brauchen wir einen Zwang oder brauchen wir ihn nicht?

Wir kennen ja in Österreich viele Zwangssysteme: Wirtschaftskammer zum Beispiel. Auch da bräuchten wir theoretisch keinen Zwang. Und wir brauchen auch beim Bun­desheer keinen Zwang (Abg. Kickl: Schulzwang!), denn es gibt genug Menschen in Österreich, die freiwillig mitmachen wollen, weil sie eben einen Dienst für die Gesell­schaft leisten wollen. (Abg. Strache: Schulzwang!)


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Und wenn Herr Kopf sagt, dass dieser Zwangsdienst hier in Österreich wichtig ist, und das mit der Freiwilligen Feuerwehr und anderen freiwilligen Organisationen vergleicht, dann ist da genau dieser Unterschied sichtbar. Der Unterschied ist, dass in Österreich 300 000 Menschen bei der Freiwilligen Feuerwehr sind, ohne Zwang (Beifall beim Team Stronach), aber Sie glauben, wir brauchen beim Bundesheer einen Zwang. Ich sage Ihnen, wir brauchen ihn nicht! – Das ist einmal der erste Punkt.

Der zweite Punkt ist – und das muss mir einmal jemand erklären –: Wir bilden sechs Monate lang Menschen aus, die angeblich einen großen Dienst für die Bevölkerung und für die Gesellschaft leisten sollen. (Abg. Kickl:  heute noch dem Land dienen!) Ein Bodenleger zum Beispiel muss drei Jahre lang lernen, es gibt viele andere Berufe, die drei, vier, fünf Jahre Ausbildung brauchen, aber für den Dienst an der Waffe, für den Dienst beim Heer, wo man mit Sprengmitteln, mit explosiven Stoffen hantiert, wo man scharf schießt, reichen angeblich sechs Monate?! – Das reicht nicht!

Wir haben ein System, in dem wir mühsam bis zu 30 000 junge Menschen pro Jahr durchschleusen, in dem die Berufssoldaten, die wir ja schon haben – wir haben 17 000 Berufssoldaten –, zum größten Teil dafür verantwortlich sind, diese 30 000 durchzuschleusen. Und was kommt letztendlich dabei heraus? – Nichts! Jene, die nach sechs Monaten ein bisschen etwas gelernt haben – vor allem stramm ste­hen –, sind nach einigen Jahren ohnehin nicht mehr einsetzbar. (Abg. Dr. Graf: Blöd­sinn!)

Wir brauchen sie auch nicht mehr, denn die allgemeine Wehrpflicht wurde zu einer Zeit eingeführt, in der wir große Schlachten zu erwarten hatten. (Abg. Kickl: Wann ist denn die Demokratie erfunden worden?) Die allgemeine Wehrpflicht wurde eingeführt, um im Bedarfsfall riesige Heere aufstellen zu können und damit zumindest die „Ausgebilde­ten“ – unter Anführungszeichen – wissen, wo bei der Waffe vorne und hinten ist. Das war der Hintergrund, und das brauchen wir heute nicht mehr. Was wir heute brauchen, und das brauchen wir in allen Bereichen, sind bestens ausgebildete Profis. (Beifall beim Team Stronach.)

Es würde ja auch niemand auf die Idee kommen und sagen: Bei der Polizei reicht es vollkommen, wenn wir Hunderttausende durchschleusen, und wenn wir sie dann brau­chen, ziehen wir sie ein. Das würde auch niemand machen. Auch bei der Polizei haben wir Profis, und es würde wahrscheinlich niemand von der FPÖ sagen, dass das Söld­ner sind. Das passte genau in Ihr Konzept. Wenn Sie sagen, ein Berufssoldat ist ein Söldner – es gibt übrigens 17 000 in Österreich, auch aktuell schon –, wenn Sie sagen, ein Berufsheer wäre ein Söldnerheer, dann haben wir bei der Polizei ein Söldnerheer – wissen Sie das? (Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Oder: die Berufsfeuerwehr. – Sind die Mitglieder der Berufsfeuerwehr denn schlecht ausgebildet? Sind das in Ihren Augen auch „Söldner“? (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Wenn Sie davon sprechen, dass es darum geht, dass ein Berufsheer eher auf die eige­ne Bevölkerung schießt als ein Freiwilligenheer, dann kann ich Ihnen nur eines sagen, und dafür gibt es genug Beispiele: In Syrien schießt das Freiwilligenheer auf die Bevöl­kerung, in Syrien ist es das Freiwilligenheer, nicht das Berufsheer. (Abg. Strache: Dort gibt es kein Freiwilligenheer! Seit wann haben die in Syrien ein Freiwilligenheer?)

Das heißt, das können Sie nicht ausschließen. Entscheidend ist die Führung des Hee­res, und hier gibt es einiges zu verbessern, und nicht die Frage Zwangsdienst oder Freiwilligenheer. (Abg. Strache: Wo leben Sie denn, dass es in Syrien ein Freiwilligen­heer gibt?)

Letztlich geht es darum (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen): Wenn wir jedes Jahr 30 000 junge, bestens ausgebildete Österreicher zwangsverpflichten, anstatt sie das machen zu lassen, wofür sie ausgebildet sind, dann ist das ein Fehler,


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und diesen Fehler müssen wir möglichst schnell korrigieren. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

10.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Kräu­ter. – Bitte.

 


10.03.21

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Ver­teidigungsminister! Meine Damen und Herren! Das Thema, das die FPÖ formuliert hat, ist ein heilloses Durcheinander, denn Wehrpflicht hat natürlich überhaupt nichts mit der Frage der Neutralität zu tun, auch nicht – um Gottes willen, Herr Strache! – mit einem Söldnerheer oder mit der NATO. Das ist eine Nebelgranate von Ihnen, Herr Strache! Sie sind ja der Oberfreiheitliche, Herr Strache, und auf einmal sind Sie für Zwang für junge Leute! Das ist eine absolute Chuzpe.

Ich selbst bin Spezialist bei der Wehrpflicht, meine Damen und Herren. Ich habe acht Monate als Systemerhalter Zeit vergeuden müssen, und ich sage Ihnen, mein ganzer Zug – so heißt das beim Bundesheer – hat in dieser Zeit keinen einzigen Katastro­pheneinsatz gehabt. Ich habe meine Erlebnisse auch öffentlich geschildert, so wie viele andere auch. Wer sich dafür interessiert, es gibt sogar eine eigene Homepage, auf der man das nachlesen und durchaus auch eigene Erlebnisse mitteilen kann. (Der Redner platziert auf dem Rednerpult eine Tafel mit der Aufschrift „Für Profiheer und soziales Jahr“, www.wehrpflichtade.at.)

Herr Generalstabschef Entacher verteidigt dieses System nach wie vor. Er ist übrigens der beste Werbeträger für die Abschaffung der Wehrpflicht, zumal er in den letzten Ta­gen gesagt hat, ein Teil der Rekrutenausbildung sei in den letzten Jahren „lieblos“ ge­worden. Man kann sich diese Qualifizierung sehr genau im Internet anschauen. (Abg. Kickl: Das ist aber jetzt interessant! – Abg. Klikovits: Wieso sagen Sie das nicht Ih­rem Minister? Reden Sie mit Ihrem Minister! Das ist doch unglaublich!)

Was aber die Wirtschaft betrifft, Herr Kollege von der ÖVP, der Sie sich gar so über die Abschaffung der Wehrpflicht aufregen, möchte ich Ihnen sagen: Es gibt aus Ihren Reihen ein Gutachten, das eine eindeutige Sprache spricht. Es ist ganz aktuell, stammt vom September, und darin heißt es:

„Volkswirtschaftlich betrachtet liegt bei einer Wehrpflicht ein ineffizienter Einsatz von Arbeit und Kapital vor.“

Weiters: „Aus arbeitsmarktpolitischer Sicht ist eine Aussetzung der Wehrpflicht ange­sichts der mittel- bis längerfristigen Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt durchaus zu be­grüßen.“

Meine Damen und Herren von der sogenannten oder doch nicht Wirtschaftspartei ÖVP, was sagen Sie dazu, wenn aus Ihren Reihen ein Gutachten belegt, eine Berufs­armee sei volkswirtschaftlich kostengünstiger und ordnungspolitisch sinnvoller als eine Wehrpflichtarmee? Der Redner von der ÖVP nach mir wird gleich Gelegenheit haben, dazu Stellung zu nehmen. (Abg. Kickl: Habt ihr überhaupt noch einen Heeresspre­cher?)

Aber es geht ja nicht nur um die Volkswirtschaft, meine Damen und Herren, sondern auch um individuelle Nachteile. 5 Prozent Verlust des Lebensverdienstes – wer will denn so etwas seinen Kindern, seinen Enkelkindern zumuten? Ist es nicht besser, dass junge Frauen und Männer eine Chance bei einem Profiheer haben, ähnlich wie bei der Polizei, eine Chance auf eine top Ausbildung, auf einen interessanten Beruf? Die Auf­gaben der Zukunft können wir doch nicht Wehrpflichtigen für fünf oder sechs Monate überantworten.


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Internationale Terrorbekämpfung zum Beispiel, Gefahren der Massenvernichtungswaf­fen, Cyber Attacks oder Bedrohungsszenarien der Infrastruktur, wir brauchen natürlich auch einen hoch professionellen Katastrophenschutz – das ist nun einmal nichts für Laien, sondern etwas für Profis. Der Herr Minister hat ganz klar aufgelistet: 13 700 ste­hen sofort zur Verfügung, 2 700 Pioniere, 11 300 Berufs- und Zeitsoldaten und in weni­gen Tagen 55 000, die für den Einsatz zur Verfügung stehen, und zwar Profis.

Oder geht es doch um die 200 Generäle in Österreich?! Wenn man vergleicht, Deutschland hat weniger Generäle, aber ein zehnmal so großes Heer. Weil sie alle ei­nen Fahrer, einen Kellner und Köche brauchen?! 1 800 Wehrpflichtige im Jahr sind zwangsweise als Fahrer eingesetzt. Also bitte, da greift ja wirklich der Spruch des Jah­res von Hannes Androsch: Alles, was sich bewegt, grüßen und alles, was sich nicht be­wegt, putzen! (Ruf bei der ÖVP: Wann war das?)

Zum sozialen Jahr, das angesprochen wurde, vielleicht auch noch ein paar Anmerkun­gen. Sehr, sehr, sehr viele Frauen haben, wenn sie keine Söhne haben, die zwangs­verpflichtet werden, vielleicht weniger Interesse, was das Militär betrifft, aber sie wollen eine Chance haben, meine Damen und Herren, und werden den oberen Kreis auf dem Stimmzettel ankreuzen. Sie sind nämlich sehr daran interessiert, 14 Mal im Jahr 1 400 € zu verdienen, weil das vielleicht ein Berufseinstieg ist, weil es vielleicht ein Be­rufswiedereinstieg ist, wenn die Kinder ein bisschen größer sind. (Abg. Dr. Graf: Und wenn man das richtige Parteibücherl hat!)

Es ist ja bis zum Pensionsantrittsalter möglich, dass man, sehr professionell, bei der Rettung, bei sozialen Diensten, in der Altenversorgung, in der Pflege tätig ist. (Abg. Amon: Sie sind so realitätsfremd, das gibt es überhaupt nicht!) Die Skeptiker fragen: Werden sich genug melden? 90 000, Herr Kollege von der ÖVP, fangen jährlich in ei­nem Gesundheitsberuf zu arbeiten an – und für solch eine interessante und qualifi­zierte Tätigkeit sollen sich keine 8 000 finden?

Meine Damen und Herren! Die Volksbefragung am 20. Jänner 2013 ist eine ausge­zeichnete Gelegenheit, endlich mit dieser sinnlosen Wehrpflicht abzufahren, etwas Neues zu machen, den Weg freizumachen für zwei sehr interessante neue Berufe (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), nämlich die Tätigkeit bei einem Profiheer und die Tätigkeit bei einem fair bezahlten sozialen Dienst. (Beifall bei der SPÖ.)

10.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Klikovits gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.08.37

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus, vor allem aber geschätz­te Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Galerie und vor den Fernsehbildschirmen! Es ist erstaunlich, welch unglaubliche Debattenbeiträge bisher erfolgt sind. Vor allem Ihnen von der SPÖ muss ich sagen: Es ist in höchstem Maße enttäuschend, wie Sie das heutige Bundesheer und damit die 16 000 Berufssoldaten, wie Sie die jährlich 23 000 Grundwehrdiener und wie Sie die Milizsoldaten, die Tag für Tag zur Verfügung stehen, herabwürdigen, diffamieren und einfach als unnötig und keine Profis darstellen! Das ist wirklich beschämend, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Mag. Rudas.)

Herr Bundesminister, wenn das alles so wäre, wie Sie sagen, dann gibt es dafür einen Verantwortlichen, der auch einen Namen hat, und der heißt: Bundesminister Darabos! (Neuerlicher Beifall bei ÖVP und FPÖ.)


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„Solange ich in der Funktion des Verteidigungsministers bin, wird es keine Berufsar­mee in Österreich geben. Darauf haben all jene mein Wort, die auf das derzeitige Sys­tem vertrauen, aber auch jene, die es lieber heute als morgen abschaffen wollen!“

Herr Bundesminister Darabos, das waren Ihre Worte! (Abg. Strache: „In Stein gemei­ßelt!“) Das ist nicht in Stein gemeißelt, sondern ist irgendwo in einer Zeitung gestan­den, denn der Stein, den Sie behauen, Herr Bundesminister, ist bestenfalls harte But­ter. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es ist ein hartes Los für die Bürgerinnen und Bürger, mitansehen zu müssen – Sie rüh­men sich immer damit, der am längsten dienende Verteidigungsminister in der Europäi­schen Union zu sein; welch ein Unglück für Österreich! –, wie Sie ein bewährtes Sys­tem behandeln.

Herr Bundesminister, wenn Sie heute bekritteln, dass die Wehrpflichtigen keine ordent­liche Ausbildung haben, so sind Sie und Ihre Generäle es, die heute zum Teil auch hier anwesend sind, die das verabsäumt haben. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Wir als Öster­reichische Volkspartei wollen, dass die jungen Männer eine nachhaltige Ausbildung be­kommen, dass sie, wenn sie aus dem österreichischen Bundesheer ausscheiden und für die Miliz und für die Bevölkerung zur Verfügung stehen, auch das Gefühl haben, dass das, was sie gelernt haben, in Ordnung ist.

Es ist beschämend, wenn die Grünen heute vorbringen, sie wollen das Bundesheer als Ganzes abschaffen, wenn Sie nicht anerkennen, welch wichtigen Wert das österreichi­sche Bundesheer auch für Integration hat, meine Damen und Herren von den Grünen! Das ist das erste Mal, dass Ärmere und Reichere, dass neue Österreicher und Öster­reicherinnen und Österreicher und Österreicherinnen, die hier geboren sind, zusam­menkommen und gemeinsam für ihr Land einstehen. Können Sie sich das vorstellen?! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Josef Auer.)

Geschätzte Damen und Herren! Es ist beschämend, es ist wirklich beschämend, wie Sie heute mit dem österreichischen Bundesheer und der Ausbildung umgehen. Es ist ein Faktum, Herr Bundesminister, und das wissen Sie: Das österreichische Bundes­heer, so wie Sie es künftig gestalten wollen, ist weder finanzierbar noch kann es
die Leistungen erbringen, die wir uns wünschen. Es ist überhaupt fraglich, ob wir die notwendige Anzahl nur annähernd erreichen, Sie sind ja nicht einmal heute imstande, ihre Pilotversuchsprojekte, ihr Probierheer nur im Ansatz aufzustellen. (Bundesminister Mag. Darabos: Sicher!)

Das, was wir heute haben, ist Verlässlichkeit, das sind 16 000 Berufssoldaten, Milizsol­daten, Grundwehrdiener für den täglichen Einsatz in Österreich, wenn es um Katastro­phen geht, wenn es darum geht, bei Lawineneinsätzen ihre Arbeit zu leisten. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Wir können uns heute auf ein System verlassen, das funktioniert. Es muss weiterentwickelt werden, aber nicht mit Ihnen, Herr Bundesminister, denn das, das haben Sie schon bewiesen, funktioniert nicht. (Abg. Dr. Graf: Sieben Jahre gestohlene Zeit! – Abg. Strache: Und am 20. Jänner gibt es den Abgang für Darabos!)

Geschätzte Damen und Herren! Wenn wir am 20. Jänner aufgrund des Versagens des Bundesministers aufgefordert sind, für die Wehrpflicht zu stimmen, für den Zivildienst, dann bitte ich Sie, das auch zu tun! Es geht nicht um eine parteipolitische Entschei­dung, es geht um eine Entscheidung für Österreich. Nicht die Parteipolitik ist im Vor­dergrund, sondern Österreich ist im Vordergrund. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Viele Sozialdemokraten, viele Blaue, viele Grüne und natürlich die ÖVP als Ganzes sind für diese Entscheidung: Ja zum Wehrdienst, Ja zum Katastrophenschutz, Ja zum Zivildienst – Ja zu Österreich! (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Bravorufe bei der ÖVP.)

10.13



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 52

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Kunasek. – Bitte.

 


10.13.52

Abgeordneter Mario Kunasek (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich hätte nicht gedacht, dass ich als Abgeordneter, aber auch als Personalvertreter irgend­wann einmal hier im Hohen Haus am Rednerpult stehen und mich gegen diese un­glaublichen, unqualifizierten Vorwürfe, die seitens der SPÖ gegen die Berufssoldaten gekommen sind, gegen jene, die tagtäglich in Österreich, im Ausland, beim Katstro­phenschutz ihren Einsatz leisten, zur Wehr setzen muss. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Mag. Rudas.)

Es ist eigentlich beschämend, aber, Herr Bundesminister, wir sind es schon gar nicht mehr anders gewöhnt. Ich sage ganz offen: Ihre Forderung nach mehr Profis ist eine Beleidigung (Abg. Mag. Rudas: Ihr seid beleidigend!), nämlich nicht nur für die Kader­soldaten des Bundesheeres, sondern auch für die Grundwehrdiener, für die Milizsolda­ten und auch für die Zivildiener, die in Österreich tagtäglich ihren Mann und ihre Frau stehen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Herr Bundesminister Darabos, wie unehrlich Sie immer wieder agieren, möchte ich jetzt mit ein paar Beispielen schon auch belegen! Vor gar nicht langer Zeit, vor rund eineinhalb Jahren, waren Sie ein glühender Befürworter der Wehrpflicht. Ich hätte es mir bei der Vorbereitung dieser meiner heutigen Rede leicht machen können, ich hätte eigentlich nur Ihre Zitate aneinanderreihen müssen und hätte eine wunderbare Brand­rede für die Wehrpflicht gehabt. (Beifall bei der FPÖ.) Ich habe es aber nicht so ge­macht, Herr Bundesminister, sondern ich habe mir ein paar Schmankerln herausge­sucht.

Sie haben zum Beispiel am 18. Juli 2010 gesagt, dass ein Berufsheer das Doppelte kosten würde und Sie den Katastrophenschutz mit 10 000 Mann damit nicht sicherstel­len können.

Bei der Klubklausur der SPÖ im September 2012, bei einer PowerPoint-Präsentation, mit der Sie Ihre eigenen Genossen überzeugen wollten, hat das Ganze ganz anders ausgesehen. Das Profiheer könne kostenneutral umgesetzt werden – keine Rede mehr von doppelten Kosten –, ein Profiheer könne im Katastrophenfall noch effizienter sein, es stünden 12 500 Spezialisten bereit.

Herr Bundesminister, glauben Sie mir, nicht nur wir hier im Hohen Haus haben die-
se Zahlenspielchen durchschaut, sondern ich bin davon überzeugt, dass auch die Österreicher diese Zahlenspielchen durchschaut haben, damit dieses Polittheater am 20. Jänner hoffentlich beendet wird.
(Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist unbestritten, meine sehr geehrten Damen und Herren – und ich schaue ganz be­wusst hier in die Reihen, wo Milizsoldaten, aber auch Kadersoldaten des Bundes­heeres sitzen –, wir alle wissen, dass es Reformbedarf gibt, und ich fordere wirklich al­le auf, dass wir diesen Reformbedarf und diesen Reformstau endlich abarbeiten, dass wir auch die Empfehlungen der Zilk-Kommission endlich abarbeiten und nicht auf Kos­ten des Bundesheeres ein Polittheater spielen. Denn eines ist klar, meine sehr geehr­ten Damen und Herren: Wie lange das System Bundesheer die Politik, die von Bun­desminister Darabos und von der Bundesregierung betrieben wird – und da kann ich auch die ÖVP nicht aus der Pflicht nehmen –, noch aushalten kann, das weiß ich nicht, aber ich möchte nicht, dass wir irgendwann einmal feststellen müssen, dass es keine Reform mehr geben kann, weil es nichts mehr zu reformieren gibt. Das ist unsere Ver­antwortung, meine sehr geehrten Damen und Herren, die wir hier in diesem Haus auch zu leben haben! (Beifall bei der FPÖ.)


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Wenn heute angesprochen worden ist, dass alles so wunderbar funktioniert in anderen Ländern, die umgestellt haben, dann frage ich mich, warum man im Internet nur kurz zu recherchieren braucht, um festzustellen, dass es viele Länder gibt, die auf eine Be­rufsarmee umgestellt haben und die liebend gerne zu einer Wehrpflicht zurückkommen würden, was aber politisch nicht möglich ist. In Tschechien überlegt man, in Frankreich überlegt man, man hat massivste Schwierigkeiten bei der Rekrutierung in Großbritan­nien, wo man teilweise in Gefängnissen rekrutiert, Spanien rekrutiert in Südamerika, setzt den Intelligenzquotienten für die Rekrutierung runter.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Österreicher! Wollen wir in Österreich so eine Armee? – Nein! Wir wollen eine Armee für das Volk, vom Volk, und das ist mit uns Freiheitlichen auch entsprechend sichergestellt. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn alles so furchtbar und schlecht ist – ich bin Herrn Abgeordnetem Klikovits dank­bar dafür, dass er das angesprochen hat –, dann frage ich: Wer hat denn die Verant­wortung in den letzten Jahren getragen, sehr geehrter Herr Bundesminister? Waren Sie es, war es die SPÖ in der Regierung, wer war es? Wir hätten die Möglichkeit ge­habt, Reformen umzusetzen, den Grundwehrdienst zu attraktivieren und auch wichtige Infrastrukturmaßnahmen sicherzustellen, Herr Bundesminister! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich sage es ganz offen: Wir bringen junge Menschen, die sich beim Bundesheer en­gagieren, schlechter unter, als wir Häftlinge in Österreich unterbringen, wenn ich mir das Gefängnis in Leoben anschaue, oder Asylwerber, die so nicht untergebracht wer­den können, wie es beispielsweise in meiner Heimatkaserne in Graz, in der Kirchner-Kaserne, passiert. Dafür sind Sie verantwortlich, Herr Bundesminister, und aus dieser Verantwortung kann man Sie auch nicht entlassen.

Abschließend, meine sehr geehrten Damen und Herren, fordere ich alle Österreiche­rinnen und Österreicher auf, am 20. Jänner zur Wahlurne zu gehen, ein klares, deutli­ches Zeichen für die Wehrpflicht, für den Zivildienst und damit auch für ein sicheres Österreich abzugeben. Es geht um die Sicherheit jedes Einzelnen!

Der Herr Bundesminister rühmt sich immer damit, der am längsten dienende Verteidi­gungsminister in der EU zu sein – ich sage den Österreicherinnen und Österreichern: Am 20. Jänner haben wir die Möglichkeit, dieses Trauerspiel zu beenden. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ. – Abg. Strache: Sieben Jahre gestohlene Zeit durch Verteidi­gungsminister Darabos!)

10.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Pilz gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.19.10

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Danke für den Begrüßungsapplaus seitens der Freiheitlichen Partei, er ist völlig unverdient. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einen Monat nach dem Ende des Korrup­tions-Untersuchungsausschusses traut sich die schwarz-blaue Allianz zum ersten Mal wieder an die Öffentlichkeit.

Und wir sollten eines nicht vergessen: ÖVP und FPÖ sind nicht nur die Zwangsdienst-Parteien, ÖVP und FPÖ sind auch die Eurofighter-Parteien. (Zwischenruf des Abg. Strache.) Das ist ein ganz entscheidender Punkt, denn das alte Bundesheer, das nie­mand in dieser Republik mehr braucht bis auf ein paar Provisionsbezieher, besteht aus Wehrpflicht und aus Eurofightern. Das sind die beiden Symbole für das alte Bundes­heer.

Schauen Sie nach Zeltweg! 400 Präsenzdiener als Systemerhalter, die dort herumste­hen, um ein System, das uns 2 Milliarden € gekostet hat und nicht funktioniert, halb-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 54

wegs über die Runden zu bringen. – Das ist heute Präsenzdienst in Österreich! (Abg. Dr. Graf: Das ist eine Kritik an Darabos! – Ruf bei der ÖVP:  zum Quadrat! – Abg. Dr. Graf: Das ist alles Kritik am Minister!) Oder: 1 700 Präsenzdiener arbeiten jedes Jahr als Kellner, weil man sie bei der Truppe nicht braucht; 1 500 als Chauffeure (Abg. Kickl: In Zukunft !), weil die Herren Entacher und Co von Präsenzdienern spazieren gefahren werden müssen (Zwischenrufe der Abgeordneten Strache, Dr. Graf und Rädler); 531 als Feldkochgehilfen. – Und jetzt sage ich Ihnen, warum die Präsenzdie­ner Erdäpfel schälen, Offiziere bedienen (Abg. Rädler:  Zentralküchen!), das höhere Personal spazieren fahren und – wie es in „Heute“ gestanden ist – Laminatfußböden für Unteroffiziere privat verlegen: weil sie einfach nicht gebraucht werden, weil sie mili­tärisch nicht gebraucht werden.

Ich war im Gegensatz zu Ihnen, Herr Klubobmann Kopf, im Präsidium der Bundesheer-Reformkommission (Ruf bei der ÖVP: Was haben Sie gemacht?), in der wir alle ge­meinsam, glaube ich, ganz gute Arbeit geleistet haben, und zwar aus allen Fraktionen. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Die wesentliche Empfehlung der Bundesheer-Reformkom­mission – ich trage es Ihnen gerne vor – lautet:

„Für die voraussehbare Zukunft besteht keine konventionelle militärische Bedrohung des österreichischen Staatsgebietes. () Kräfte, die für die Verteidigung auf österrei­chischem Territorium gegen konventionelle Bedrohungen bestimmt sind, sind in der Präsenzstruktur des österreichischen Bundesheeres daher nicht mehr im bisherigen Umfang erforderlich.“

Und deswegen haben wir gesagt, wir brauchen das alles nicht mehr. Wir brauchen die Präsenzdiener nicht mehr, wir brauchen die Wehrpflicht nicht mehr. (Zwischenruf des Abg. Ing. Hofer.) Wir brauchen nur gut ausgebildete, hoch qualifizierte Freiwillige, die wir möglicherweise später – ab ihrem dreißigsten Lebensjahr und nach langer Berufs­erfahrung im Ausland – in den Polizeidienst als hoch qualifizierte Kräfte übernehmen können. – Das sind Berufsbilder, das ist Sicherheitspolitik, das ist Seriosität und Ver­antwortung, und da wissen die Menschen in der Republik, wofür ihr Geld ausgegeben wird.

Auf der anderen Seite haben wir einen Raiffeisen-Generaldirektor, der sagt, wir ma­chen ein Pro-Wehrpflicht-Komitee im Raiffeisen-Haus, stecken Raiffeisen-Geld hinein, damit er als Milizgeneral in seiner Freizeit Präsenzdiener herumkommandieren kann, Krieg spielen kann – obwohl wir alle wissen, dass sich Österreich mitten in der Euro­päischen Union zum Glück auf keine Kriege mehr vorbereitet. (Abg. Strache: So wie die Schweiz! Wie die Schweiz!)

Herr Abgeordneter Kopf, das ist ja das große Problem Ihrer Fraktion und der Frei­heitlichen Partei: Ihnen ist der Feind abhandengekommen. (Zwischenruf des Abg. Kli­kovits.) Und was Ihnen in der Debatte so fehlt ist Sachverstand. Herr Abgeordneter Kopf, ich würde Ihnen gerne einmal den Unterschied zwischen einem Hubschrauber und einem Mähdrescher erklären, weil das wichtig ist, um einfachstes technisches Ver­ständnis in diese Debatte einzubringen.

Ich warne Sie aber vor einem: Nur weil Sie der SPÖ eins auswischen wollen, nur weil Sie selbst mit Hilfe der FPÖ den nächsten Bundeskanzler stellen wollen (Ruf bei der ÖVP:  Zwentendorf, oder?), deswegen jedes Jahr 22 000 junge Männer zu einem sinnlosen Dienst zu zwingen, das ist ein politisches Spiel mit der Zukunft und mit der Lebenszeit junger Männer, das schlicht und einfach verantwortungslos ist. Das geht nicht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22 000 junge Männer in dieser Republik sind nicht etwas, wo man ein halbes Jahr einsetzt, um möglicherweise die Generalprobe für einen Wahlkampf zu gewinnen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 55

Der 20. Jänner 2013 ist für Sie, Herr Kopf, und für Sie, Herr Strache, doch kein Tag der Sicherheitspolitik in Österreich, sondern der Tag der Generalprobe für die Wiederho­lung der schwarz-blauen Koalition.

Ich bin ein Jahr lang im Korruptions-Untersuchungsausschuss gesessen, und ich war­ne davor, dieses Experiment zu wiederholen. (Abg. Kickl: Wo sind Sie gesessen?) Ich ersuche daher, am 20. Jänner auch zu überlegen, dass es nicht nur um die Abschaf­fung eines sinnlosen Dienstes (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glocken­zeichen), sondern auch um die Verhinderung einer sehr, sehr gefährlichen politischen Generalprobe geht. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter List gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.25.10

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Hohes Haus! Diese Debatte bestätigt: Der Koalitions­krach um das Bundesheer ist perfekt, er eskaliert. Das zeigen auch die laufenden Vor­bereitungen zur Volksbefragung. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Selbst Verteidigungsmi­nister Darabos wird von den Schwarzen mit magerer Unterstützung der Blauen atta­ckiert.

Die ÖVP erteilt dem Freiwilligenberufsheer eine klare Absage und bunkert sich damit ein. Vorher aber wurden die politischen Standpunkte und Argumente kurzerhand noch getauscht. Jetzt müssen die Roten Brandreden für ein Berufsheer halten, die Schwar­zen den Wehrersatzdienst, den Zivildienst für Weicheier loben. Auch behauptet die ÖVP plötzlich, Katastrophenhilfe und Assistenzeinsatz können nur mit Rekruten bewäl­tigt werden. – Das ist ein billiges und falsches Argument. Das können wir leicht widerle­gen. Rekruten, Grundwehrdiener können nur unterstützen; Berufssoldaten hingegen werden im Vorfeld für jede Art von Katastrophe in Österreich hervorragend ausgebildet. (Beifall beim BZÖ.)

Die Profis im Heer sind sofort verfügbar und einsatzbereit. Nur Berufssoldaten garan­tieren selbstverständlich die sofortige Hilfe bei jeder Art von Katastrophe; das ist und bleibt eine der Kernaufgaben unseres Bundesheeres. Auch in anderen Bereichen, et­wa beim Auslandseinsatz, werden immer mehr Profis verlangt. Das bestätigt der aktu­elle und gefährliche Einsatz im Pulverfass Naher Osten. Deshalb haben wir mit Exper­ten längst die Lage beurteilt. Wir, das BZÖ, mit Herbert Scheibner und Josef Bucher, sind zum Entschluss gekommen: Die Abschaffung der Wehrpflicht ist ein Sicher­heitsgewinn für die umfassende Landesverteidigung. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Dr. Cap.)

Ich, geschätzte Damen und Herren, als aktiver Offizier und Angehöriger des Bundes­heeres wiederhole: Die Abschaffung der Wehrpflicht ist ein Sicherheitsgewinn für Ös­terreich!

Geschätzte Damen und Herren! Grundsätzlich sind wir vom BZÖ für das demokra­tische Instrument der Volksbefragung, nur nicht in jener Form, in der sie diese geschei­terte Bundesregierung jetzt durchpeitschen will. Wir vermissen Wesentliches, nämlich das klar definierte Ziel, welche Aufgaben ein Bundesheer der Zukunft in Österreich und in Europa bewältigen muss. Für eine seriöse Lagebeurteilung benötigen wir als Basis die Sicherheitsdoktrin. (Beifall beim BZÖ.)

Diese Sicherheitsdoktrin wird von den Schwarzen bereits seit über 20 Monaten im Aus­schuss schubladisiert. Diese Sicherheitsdoktrin ist wichtig. Sie soll der Bevölkerung als Unterstützung für ihre Entscheidung dienen. Die Bürger müssen wissen, welche lang­fristigen Konsequenzen beim jeweiligen Abstimmungsverhalten eintreten können.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 56

Unser Verlangen, vor der Volksbefragung eine zeitgerechte Information aller Stimmbe­rechtigten nach Schweizer Vorbild als seriöse Entscheidungshilfe zu geben, wurde von dieser bereits gescheiterten Bundesregierung konsequent abgelehnt. Sie von Rot und Schwarz verweigern den Bürgern die notwendige sachliche Information. (Beifall beim BZÖ.)

Ihre Absicht, getrennte, ausschließlich von den Parteizentralen erstellte Broschüren zu verteilen, ist schäbig. Sie täuschen die Bürger vorsätzlich. – Das ist ungeheuerlich! (Beifall beim BZÖ.)

Bereits die Fragestellung zur Volksbefragung ist absurd; Klubobfrau Glawischnig hat dies schon erwähnt. Darabos und seine Genossen wissen nicht, dass Österreich ohne­hin ein Berufsheer hat; auch die Freiheitlichen dürfte das nicht überraschen. Wir haben ein Berufsheer. Insgesamt sind rund 23 000 Mann aktives Kader im Stand. Warum sol­len die Bürger jetzt trotzdem über die Einführung eines Berufsheeres abstimmen? Die­se Fragestellung wurde völlig falsch gewählt und ist eine Peinlichkeit der Extraklasse. Da liegt Ex-Minister Androsch mit seiner Beurteilung völlig richtig: Die Bürger fühlen sich gefrotzelt, die verantwortlichen Berater aus Ihrem Ressort, Herr Bundesminister, gehören sofort in die Wüste geschickt.

Die korrekte Frage für den 20. Jänner nächsten Jahres müsste lauten (Zwischenruf bei der SPÖ): Will man die Qualität des Berufsheeres mit Freiwilligen unter Abschaffung der Wehrpflicht verbessern oder mit dem Zwangsdienst weiterhin verschlechtern? – Das ist die Frage. ÖVP und FPÖ müssten praktisch zwei Mal das Kreuz machen. Da­mit ist diese Volksbefragung eine reine Farce.

Das Bundesheer wird wieder für einen Zwischenwahlkampf von Rot und Schwarz missbraucht. Dieser Missbrauch wird vom BZÖ auf das Schärfste abgelehnt. Der politi­sche Verlierer dieser Volksbefragung – neben dem Bundesheer – steht natürlich be­reits fest, das wissen Sie (Zwischenruf des Abg. Rädler): Das ist die arrogante, abge­hobene Österreichische Volkspartei. Sie will auch im Bereich der Landesverteidigung an alten, ausgedienten Strukturen krampfhaft festhalten, dafür dienen die Freiheitlichen als Steigbügelhalter. Die ÖVP hat wieder eine große Chance verspielt: die Chance, das Bundesheer zu reformieren und zukunftsorientiert in Europa auszurichten. Sie schaden Österreich! (Beifall beim BZÖ.)

10.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Hagen ist als Nächster zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Heinzl  in Richtung des sich zum Rednerpult begeben­den Abg. Hagen –: Jetzt sag’s Ihnen, Christoph!)

 


10.30.24

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ho­hes Haus! Herr Abgeordneter Klikovits hat vorhin erklärt, dass es hier nicht um partei­politisches Geplänkel geht. Aber nichts anderes ist das Ganze, denn sonst hätten Sie die Fragestellung ganz anders gewählt und in der Vorgeschichte die Aufgaben ge­macht. Also bei dieser Volksbefragung am 20. Jänner 2013 kann man wirklich nur zwischen schlecht und schlechter entscheiden, Sie haben Ihre Hausaufgaben nicht ge­macht. – So viel dazu.

Mich hat auch gewundert, dass Herr Pilz von den Wiener Grünen hier zu diesem The­ma spricht – für das Bundesheer, gegen das Bundesheer, für das Berufsheer, gegen das Berufsheer. Die Wiener Grünen haben ja die totale Abschaffung des Bundes­heeres beschlossen – ich weiß nicht, ob Ihnen das entgangen ist (Abg. Dr. Glawisch­nig-Piesczek:  Bundes-Grünen!) –, aber das wäre natürlich der schlechteste Weg.

Meine Damen und Herren! Sicherheit kostet Geld, und diese Sicherheit beim österrei­chischen Bundesheer hat in der Vergangenheit sehr wenig Geld gekostet; in entspre-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 57

chendem Zustand ist das Bundesheer auch, Herr Minister, denn Sie haben es finanziell verkommen lassen. Es muss die Möglichkeit geschaffen werden, dass das österreichi­sche Bundesheer finanziell wieder gut ausgestattet wird und die Soldaten eine ordentli­che Ausrüstung und Bezahlung erhalten.

Es wurde hier auch schon angesprochen, dass Berufsheere nicht funktionieren wür­den. Meine Damen und Herren, schauen wir einmal nach Frankreich! In Frankreich gibt es ein Berufsheer mit einer ordentlichen Bezahlung. Dieses Heer hat keine Rekrutie­rungsprobleme. Wenn die Bezahlung stimmt, dann bekommen Sie auch die Leute.

Nun stellt sich schon die Frage – wenn wir jetzt noch einmal auf die Volksbefragung zurückkommen –: Wie schaut das Ganze dann aus? Was kommt nach der Volksbe­fragung? Wenn diese Volksbefragung negativ ausgeht, gibt es dann von der Regierung schon einen Plan B? Soll der Wehrdienst komplett abgeschafft werden, oder wie funktioniert das Ganze dann? Wie soll das Bundesheer danach aussehen? Wollen wir eine Katastrophenschutzgruppe wie das Technische Hilfswerk in Deutschland aus dem Bundesheer machen? Was will die Regierung genau?

Herr Minister, erklären Sie den Menschen einmal, worüber sie da abstimmen sollen! Sollte diese Katastrophenschutzgruppe kommen, dann erklären Sie bitte, wie der Zivil­schutz ausschauen soll! Die Kompetenz liegt beim Innenministerium; das müssten Sie zum Bundesheer verlegen und dort die Aufgaben auch klar regeln.

Sprechen wir auch einmal Klartext darüber, was die Regierung wirklich will und was die Parteien wirklich wollen! Politisches Geplänkel, das habe ich vorhin schon angeschnit­ten. Worum geht es hier wirklich? Welche künftigen Aufgaben hat das Bundesheer? Soll eine EU-Schutztruppe gebildet werden oder eine Truppe nur für Katastrophentätig­keiten?

Wir haben in Österreich derzeit insgesamt 21 000 Berufssoldaten und Vertragsbe­dienstete in diesem Bereich. Ich glaube, wir sollten uns darüber Gedanken machen, wie der Zivildienstersatz ausschaut, sollte es zu einem Berufsheer kommen. Auch das ist nicht klar geregelt.

Das Team Stronach nimmt im Hinblick auf diese Zivildienstersatztätigkeiten eine klare Position ein. Wir gehen davon aus, dass Langzeitarbeitslose mit einem finanziellen An­reiz – sie sollten zusätzlich zur Mindestsicherung 500 € bekommen – entsprechend ausgebildet werden, in Hilfsorganisationen, Rettungsorganisationen ihren Dienst verse­hen und die Aufgaben der heute Zivildienstleistenden übernehmen. (Beifall beim Team Stronach.) Das heißt, man sollte das auch wirklich auf zwei Jahre fixieren, da sich sonst die Ausbildung dieser Leute nicht rentiert. Ich glaube, da könnte man sehr viel Gutes machen.

Ich habe die Überlegung des Teams Stronach von diesem Rednerpult aus schon ein­mal erklärt, bei der Zivildienstdebatte vor einigen Wochen, dass man Berufssoldaten bei Rettungsorganisationen einsetzt. Diese sollen dort Dienst machen, wo die Freiwil­ligen nicht können. Es gibt immer mehr Probleme, Freiwillige für gewisse Einsätze und zu gewissen Zeiten zu rekrutieren, speziell bei der Rettung oder bei der Feuerwehr. Da könnte man Berufssoldaten einsetzen, die entsprechende Ausbildungen beim Bundes­heer erhalten – bei der Rettung Notfallsanitäter –, die dann diese Zeiten abdecken. Ich glaube, das wäre eine vernünftige Art, die Bundesheersoldaten einzusetzen. (Beifall beim Team Stronach.)

Dasselbe gilt für die Freiwilligen Feuerwehren. Da viele pendeln, kommt es immer wie­der zu Problemen, wenn in Gemeinden Alarm gegeben wird – also bei Firmen oder Ähnlichem, wenn ein Feuer ausbricht –; die bringen die Leute nicht mehr zusammen. Man müsste Bundesheersoldaten an Stützpunkten so stationieren, dass diese ein ge-


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wisses Gebiet abdecken und diese Ersteinsätze machen können; bei den großen Ein­sätzen werden dann wieder die freiwilligen Feuerwehrleute eingesetzt. Ich glaube, das wäre der richtige Schritt, da könnten wir viel Gutes machen. (Präsidentin Mag. Pram­mer gibt das Glockenzeichen.)

Zum Abschluss: Ich glaube, dass wir niemanden zu einem Dienst zwingen sollten, und meine, dass die Leute bei der Volksbefragung schon richtig entscheiden können – oder nicht entscheiden können. Ich kann es nicht; ich kann nur zwischen schlecht und schlechter entscheiden. Das lehnen wir vom Team Stronach ab. (Beifall beim Team Stronach.)

10.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Köfer. – Bitte.

 


10.35.54

Abgeordneter Gerhard Köfer (ohne Klubzugehörigkeit): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! (Ruf beim BZÖ: Das ist ein Missbrauch der Ge­schäftsordnung! Wo gehören Sie eigentlich dazu, Herr Kollege? – Weitere Zwischen­rufe beim BZÖ und Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) – Gut, das wird irgendwer klä­ren. Ich habe jetzt keine großen Ambitionen, als freier Abgeordneter dazu Stellung zu nehmen, als kein Mitglied eines Klubs. (Abg. Scheibner: Aber beim Team Stronach sind Sie schon, oder?) – Ja, das schon.

Herr Bundesminister! Manche Entscheidungswege in Österreich sind offenbar etwas komplizierter als in unseren Nachbarländern, wahrscheinlich auch komplizierter als im Rest von Europa. Aber es ist einfach nicht zu verstehen und nachzuvollziehen, wenn wir in dieser Form eine Diskussion führen müssen, die eine gewisse Hartnäckigkeit, ei­ne gewisse Geduld, aber auch ein gemeinsames koordiniertes Vorgehen aller verant­wortlichen Kräfte – nicht nur im Wehrpflichtbereich – erfordert. Daher ist meine Bitte an dieses Hohe Haus, speziell bei dieser Debatte: Hören wir endlich auf zu streiten! Das Volk hat es satt, das miterleben zu müssen. Wahrscheinlich geht es allen gleich, neh­me ich an: Ich bekomme Mails und SMS, dass es in dieser Form schon nahezu uner­träglich ist.

Aber nun zum Wehrsystem in Österreich: Egal, wie die Abstimmung am 20. Jän-
ner 2013 ausgehen wird, es wird sich so oder so etwas ändern müssen. Ich bin kein Gegner des Berufsheers, überhaupt nicht, nur ist meiner Auffassung nach der Zeit­punkt falsch gewählt. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich behaupte, dass eine unkontrollierte Umstellung der österreichischen Wehrpflicht mit den derzeit notwendigen Verzierungen – Katastropheneinsätze und Zivildienst – zu ei­nem Berufsheer ohne Anschubfinanzierung und ohne Sicherstellung von leistbaren freiwilligen Katastropheneinsatzkräften sowie freiwilligen Sozialdiensten kerzengerade in ein Debakel führen wird. Daher wäre ein reines Berufsheer bei einer vernünftigen Übergangslösung und bei guter Vorbereitung durchaus auch irgendwann möglich und vielleicht irgendwann auch sinnvoll – aber nicht jetzt als Faustpfand für eine bevor­stehende Landtagswahl in Niederösterreich oder für die kommenden Nationalrats­wahlen. In Österreich wurde das Militär – und das ist eine Aussage eines mir sehr wichtigen hohen Offiziers des österreichischen Bundesheers – nämlich nie wirklich als bewaffnete Formation geschätzt, sondern wurde immer als Feigenblatt für eine ange­passte Neutralität missbraucht – sagt er; ich würde sagen: gebraucht.

Gemäß unserer Verfassung auch für Assistenzen vorgesehen waren der Hauptzweck sicherlich die Sicherungs- und Katastropheneinsätze; Nebenprodukt war der Zivil­dienst, der sich aber im Laufe der letzten Jahrzehnte vorzüglich als wertvoller Sozial-


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dienst etabliert hat. Alles läuft hier auch zusammen unter dem Schutzschirm eines durchaus brauchbaren Auslandsengagements kleinerer Truppenkontingente.

Herr Bundesminister Darabos, die Symbiose funktioniert derzeit, weil das österreichi­sche Bundesheer durch den sinnvollen Mix aus Berufssoldaten, zeitverpflichteten Sol­daten, Milizsoldaten und eben Grundwehrdienern immer wieder die passende Struktur für ein erfolgreiches Einsatzmodell geschaffen hat. All das ist gewachsen und durch Gesetze im Verfassungsrang mittlerweile auch abgesichert, durch die politischen Par­teien unter Mitwirkung der Gewerkschaft und des Beamten-Dienstrechtsgesetzes ein­zementiert. Man kann diese Form nicht mit einem Federstrich verändern – es sei denn, man erhöht den Budgetanteil für die Landesverteidigung in Form einer Anstoßfinan­zierung um das Dreifache oder verwendet mehr Zeit dafür, die überzähligen Häuptlinge durch notwendige billigere Indianer zu ersetzen.

Herr Bundesminister! Ich bin durchaus bereit, mitzuhelfen, dass das österreichische Bundesheer und alles, was damit zusammenhängt, reformiert wird, jedoch mit Augen­maß und ohne das Kind mit dem Bade auszuschütten.

Ich habe die Infrastruktur, welche dann logischerweise auch den jeweiligen Stärken an­gepasst werden muss, gar nicht angesprochen. Ich habe auch die Auseinandersetzun­gen in den Ländern mit den Gemeinden, die Kasernenstandorte sind, nicht angespro­chen.

Das Ganze ist ein ziemlicher Brocken und verlangt einen sehr langen politischen Atem. Daher spreche ich mich in dieser Phase sehr deutlich für die Beibehaltung der Wehr­pflicht in Österreich aus. Ich lasse mich aber im Laufe der nächsten Jahre – auch als Bürgermeister einer Bataillonsstadt – gerne davon überzeugen, dass ein schlankeres, kleineres, vielleicht effizienteres Berufsheer irgendwann – vielleicht in 15 Jahren – die bessere Alternative für Österreich ist.

Daher ersuche ich Sie, meine heutige Rede und meine Haltung als nicht in Stein ge­meißelt anzusehen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

10.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

10.40.47Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsge­genstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsord­nung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 13112/J bis 13197/J;

2. Anfragebeantwortungen: 12379/AB bis 12505/AB;

3. Anträge:

Zurückziehungen: Zu 1882/A.

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:


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Budgetausschuss:

Monatserfolg Oktober 2012, vorgelegt von der Bundesministerin für Finanzen (Vorla-
ge 114 BA);

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 181 betreffend „Verpflichtende Aufnahme der Geschichte der Heimatver­triebenen in die Lehrpläne der Pflichtschulen und in die Schulbücher“, überreicht von den Abgeordneten Mag. Michael Hammer und Franz Kirchgatterer,

Bürgerinitiative Nr. 54 betreffend „Rettet Griaß di“;

Zuweisungen auf Ersuchen des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen an andere Ausschüsse:

Außenpolitischer Ausschuss:

Petition Nr. 167 betreffend „0,7% des BNE für EZA ,We want you to act‘“, überreicht von den Abgeordneten Petra Bayr, Franz Glaser und Mag. Judith Schwentner;

Unterrichtsausschuss:

Bürgerinitiative Nr. 39 betreffend „Direktwahl der Landes- und Bundesschülervertretung durch die OberstufenschülerInnen der österreichischen AHS, BMHS und BS“,

Bürgerinitiative Nr. 40 betreffend „Zentralmatura verschieben“,

Bürgerinitiative Nr. 45 betreffend „Barrierefreiheit als Pflichtfach“;

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Ent­scheidung des Ausschusses):

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Sozialbericht 2011–2012 des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumenten­schutz (III-369 d.B.);

3. Aufhebung der Zuweisung:

Bericht der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie über die Erlas­sung der Datensicherheitsverordnung TKG (III-291 d.B.); Aufhebung der Zuweisung vom 18. Jänner 2012 an den Ausschuss für Forschung, Innovation und Technologie.

C. Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

Aufnahme der Verhandlungen über einen Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Italienischen Republik über Änderungen des Verlaufes der gemeinsamen Staatsgrenze in den Bereichen Reschenpass, Timmelsjoch und Brennerpass,

Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und Turkmenistan über die Förderung und den Schutz von Investitionen.

*****

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kol­legen haben gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt, einen Untersu­chungsausschuss betreffend die Gegengeschäfte und die Nachverhandlungen zur Stückzahlreduktion im Zusammenhang mit der Beschaffung von Luftraumüberwa­chungsflugzeugen des Typs Eurofighter einzusetzen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 61

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung ge­stellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen.

Gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung finden die Debatte und Abstimmung nach Erledigung der Tagesordnung statt.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 2 und 3, 4 bis 8, 9 und 10, 13 und 14, 15 und 16, 17 und 18, 22 bis 25, 26 bis 30, 33 bis 38 sowie 39 bis 42 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonfe­renz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Ta­gesblockzeit von 8,5 „Wiener Stunden“ vereinbart.

Entsprechend der vorläufigen Neuverteilung der Redezeit innerhalb einer „Wiener Stunde“ ergeben sich für 8,5 „Wiener Stunden“ folgende Redezeiten: SPÖ und ÖVP 119, FPÖ 106, Grüne 94, BZÖ 81 sowie STRONACH 68 Minuten.

Weiters schlage ich gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung vor, die Redezeit des Abgeordneten ohne Klubzugehörigkeit auf 10 Minuten pro Debatte zu beschränken.

Für die Dauer der Fernsehübertragung von nun bis 11.50 Uhr wurde folgende Rede­ordnung vereinbart: Erste Runde: 6 Minuten. Reihenfolge: FPÖ, ÖVP, Grüne, SPÖ, BZÖ, STRONACH. Dann die zwei Bundesministerinnen – zunächst Dr. Karl mit 7 Mi­nuten, dann Heinisch-Hosek mit 5 Minuten – und dann noch eine Runde mit je 4 Minu­ten.

Der vorsitzführende Präsident verteilt vor Beginn der letzten Runde nach Rücksprache mit den Klubvorsitzenden die verbleibende Redezeit auf die sechs Fraktionen in der Weise, dass noch alle Fraktionen in der Fernsehzeit gleichmäßig zu Wort kommen.

Tatsächliche Berichtigungen werden erst nach Ende der Fernsehzeit von ORF 2 auf­gerufen.

Wir kommen zur Abstimmung über die soeben dargestellten Redezeiten.

Wer dem die Zustimmung gibt, gebe bitte ein Zeichen. – Das ist einstimmig ange­nommen.

10.43.481. Punkt

Wahl einer Ordnerin/eines Ordners

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Aufgrund der Neugründung des Parlamentsklubs Team Stronach ist die Wahl eines Ordners vorzunehmen.

Der Wahlvorschlag des Parlamentsklubs Team Stronach lautet auf Christoph Hagen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 62

Da nur ein Wahlvorschlag vorliegt, werde ich im Sinne des § 87 Abs. 7 in Verbindung mit § 66 Abs. 1 der Geschäftsordnung hierüber nicht mit Stimmzetteln, sondern durch Erheben von den Sitzen abstimmen lassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Wahl, und ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Wahl­vorschlag des Parlamentsklubs Team Stronach sind, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

10.45.002. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (2004 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Außerstreitgesetz, das Ehegesetz, das Justizbetreuungsagentur-Gesetz, das Rechtspflegergesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Bundesgesetz zur Durchführung des Überein­kommens vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internatio-
naler Kindesentführung und das Namensänderungsgesetz geändert werden (Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz 2013 – KindNamRÄG 2013) (2087 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1776/A(E) der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mittel für die Fort­bildung der Familienrichter im Zusammenhang mit Obsorgestreitigkeiten sowie über den

Antrag 2086/A(E) der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Besuchsrecht für Großeltern (2088 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 2 und 3 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen somit in die Debatte ein.

Als Erster ist Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer zu Wort gemeldet. Erste Runde je 6 Minuten. – Bitte.

 


10.45.40

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Ministerinnen! Hohes Haus! Die zur Debatte stehende Vorlage ist eine, die weitgreifende Wirkung hat, die die Regelungsinhalte der Eltern-Kindschafts-Beziehun­gen in einem hohen Maß angeht und diese regeln soll und die nach den eigenen pro­grammatischen Inhalten eine bessere rechtliche und prozessuale Voraussetzung dafür bieten soll.

Es ist ja so, dass wir uns seitens der Freiheitlichen Partei mit diesem Thema sehr in­tensiv befasst und auseinandergesetzt haben, weil bei familienbezogenen Streitigkei­ten besonders jene Unannehmlichkeiten und Verletzungen, die mit nicht ausreichender Beziehungsqualität zwischen Eltern und Kindern – speziell bei Auflösung der Ehe oder Auflösung der ehelichen Partnerschaft – einhergehen, dringend der Abhilfe bedürfen.

Faktum ist ferner, dass für eine bestimmte, nicht zu unterschätzende große Zahl die gerichtliche Antwort, die im Kern friedensstiftend sein und eine Lebensbasis, mit der die Beteiligten auskommen können, bieten soll, nicht hinreichend gesichert war und


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dass vor allem im Falle von wirklich nicht als übel genug zu bezeichnenden Versu­chungen eines der Elternteile, das Kind als Waffe gegen den anderen zu verwenden, nicht Abhilfe geleistet werden konnte. Wenn ich den heutigen Entwurf betrachte, so muss ich realistischerweise sagen, dass wenig Aussicht darauf besteht, dass das mit Hilfe dieses Gesetzesvorschlages beendet werden könnte.

Der heutige Entwurf hat ohne Zweifel Vorteile, die zu loben sind. Insbesondere gibt es eine sehr klare und ausführliche gesetzliche Festschreibung der Begriffsinhalte bezüg­lich Kindeswohl. Dieser Begriff wurde eigentlich von der Judikatur als Schlagwort ent­wickelt und von Fall zu Fall judiziell ausgekleidet, aber was der Gesetzgeber unter Kin­deswohl verstanden wissen möchte, wurde bislang nicht geregelt. Die Festschreibung ist auch im Sinne der Fortentwicklung auf europarechtlicher und menschenrechtlicher Ebene absolut als Fortschritt zu bezeichnen.

Es gab eine umfangreiche parlamentarische Enquete unter Beiziehung inländischer und ausländischer Experten, namentlich auch eines hochrangigen deutschen Familien­richters, der die unglaublichen Vorteile des deutschen Regelungssystems, das beiden Elternteilen die Obsorge zuspricht, dargestellt hat. Das ist auch inhaltlich nicht wider­legbar, weil dadurch nach den Erkenntnissen des deutschen – aber auch des österrei­chischen – Justizministeriums kraft der gesetzlichen Anordnung a priori ein hohes Maß an Obsorgestreitigkeiten ausscheidet. Natürlich heißt das nicht, dass bei unqualifizier­ter Tätigkeit eines der Elternteile diesem nicht die Obsorge zu entziehen ist – na selbst­verständlich!

Es ist auch nicht so, dass dieser gesetzliche Hinweis völlig im Gesetz fehlt. Im Grund­satz ist ja angeordnet, dass beiden Elternteilen die Obsorge belassen werden soll. Die neue Regelung des § 180 erlegt aber den Eltern quasi eine Bewährungsprobe von sechs Monaten auf. Abgesehen von der Unwürdigkeit, dass von einem Tag auf den an­deren einer der Elternteile nicht mehr als würdig angesehen wird, sich direkt durch ge­setzliche Anordnung erproben und bewähren muss, führt dies ohne Zweifel zu einer Verlängerung der damit verbundenen gerichtlichen Auseinandersetzung anstatt zu ei­ner Verkürzung.

Es gäbe noch andere Dinge dazu zu sagen, warum wir uns im Zweifel dagegen ent­schieden haben, dieser Vorlage zuzustimmen, abgesehen von der auch nicht mehr der Zeit entsprechenden Regelung, dass bei unehelicher Geburt nur der Mutter die Ob­sorge zukommt, nicht dem Vater. Es gibt noch viele andere Dinge mehr, auf die Red­ner nach mir noch zu sprechen kommen werden. Ich verkenne nicht, dass der Ansatz gut gemeint ist, aber er ist nicht vollständig gut geglückt. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

10.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Ik­rath. – Bitte.

 


10.51.27

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mi­nisterinnen! Kolleginnen und Kollegen! Zuhörer und Zuhörerinnen auf der Tribüne und auch geschätzte ZuschauerInnen und ZuhörerInnen zu Hause an den Fernsehschir­men! Ich glaube, dieses Gesetzespaket ist im Familienrecht ein wirklicher Durchbruch. Es ist das, was ich gesetzgeberisch als einen wirklich großen Wurf bezeichnen würde. Warum ist das so? – Weil wir wissen und auch zur Kenntnis nehmen müssen, dass sich Familienstrukturen, Familiensysteme in den letzten zehn, zwanzig Jahren wesent­lich verändert haben. Wir finden heute ganz unterschiedliche Familienstrukturen vor, wenn auch das Idealbild – und zu dem bekenne ich mich, auch für die ÖVP – der ver­heirateten Eltern mit Kindern nach wie vor unsere gesellschaftspolitische Leitvorstel-


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lung ist. Aber gerade im urbanen Raum sind wir mit einer Vielfalt von Familienstruk­turen konfrontiert. Und da war es unser zentrales Anliegen, konsequenter, als es bisher in der Obsorgeregelung der Fall war, das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt der Gestaltung zu stellen. Es geht uns vor allem um das Kind und sein Wohl.

Das erste Mal haben wir auch Kriterien in diesem Gesetz definiert, die das Wohl der Kinder rechtlich fassbar machen und gleichermaßen sowohl für Familiengerichte als auch für Eltern und alle anderen in diesem Zusammenhang Betroffenen als Orientie­rungshilfe und Leitlinie gelten werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

An der Reform des Familienrechtes wurde, weil es eine sehr komplexe Aufgabenstel­lung ist, seit 2009 gearbeitet. Es handelt sich dabei nicht nur um eine schwierige Mate­rie, sondern es ist damit auch ein hohes Maß an Verantwortung für uns als Gesetz­geber verbunden, da es um einen der sensibelsten Lebensbereiche der Menschen geht, nämlich um das Beziehungsleben zwischen Eltern, aber vor allem zwischen den Eltern und Kindern.

Es wurde daher nicht nur eine umfangreiche Begutachtung des Regierungsentwurfes durchgeführt. Es kamen mehr als 100 Stellungnahmen, die wesentliche Anpassungen des Entwurfes bewirkten. Uns Parlamentariern war es ein Anliegen, die Regierungsvor­lage auch noch einem Experten-Hearing zu unterziehen. Es war erfreulich, festzustel­len, dass die Experten generell das Gesetz und die Vorlage durchaus positiv bewertet haben. Natürlich gibt es bei einer so großen und schwierigen Gesetzesmaterie auch immer wieder einzelne Kritik und Meinungen, die abweichend sind, aber generell ha­ben wir uns durch die Meinung der Experten bestätigt gesehen.

In diesem Zusammenhang möchte ich einen Dank aussprechen, einen Dank an alle Fraktionen, insbesondere an den Regierungspartner vertreten durch Frau Heinisch-Ho­sek, die auch beim Hearing anwesend war, was ich als sehr wertschätzend empfunden habe. Der Dank gilt der konstruktiven Arbeit an dieser Gesetzgebung. Ich möchte die Opposition in den Dank mit einbinden. Vor allem möchte ich aber auch den Beamten des Justizministeriums, die Entscheidendes geleistet haben, und ebenso den Exper­ten, die uns begleitet und uns ihr wertvolles Wissen zur Verfügung gestellt haben, herz­lich danken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der Opposition gelingt es naturgemäß, bei einer grundsätzlichen Anerkennung dieses großen Wurfs, wie ich es gerne noch einmal bezeichne, dann doch wieder einige Haare in der Suppe zu finden. Das ist auch das Rollenverständnis der Opposition, das ist legitim, aber ich freue mich, dass die grundsätzliche Anerkennung vorhanden ist. Ich hoffe, dass das auch bei den Folgerednern der Opposition sichtbar wird.

Meine Kollegen werden in der Folge auf die Details eingehen. Ich möchte allerdings noch einmal die zentralen Ziele betonen; Kollege Fichtenbauer hat es schon zum Teil getan. Wir wollen schnellere Entscheidungen der Familiengerichte herbeiführen, damit der Schwebezustand, der für die Kinder das Unangenehmste ist, möglichst kurz gehal­ten wird. Wir wollen eine Kontinuität der Kinderobsorge gewährleisten, das heißt im Regelfall die gemeinsame Obsorge auch bei Trennungen sicherstellen, allerdings ohne Automatik, sondern bei Prüfung des Einzelfalles, was sinnvoller ist als die deutsche Lö­sung, und wir wollen auch, dass die Menschenrechte gewahrt werden und dass künftig auch nicht verheiratete Väter den Müttern beziehungsweise verheirateten Vätern gleichgestellt werden und, Kollege Fichtenbauer, selbstverständlich auch die Obsorge beantragen können.

Ich glaube, das ist ein wirklich guter Tag, ein guter Tag für das Parlament, ein guter Tag für die Familien, ein guter Tag für die Kinder, und ich hoffe, es wird breite Unter­stützung dafür geben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.57



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 65

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stein­hauser. – Bitte.

 


10.57.36

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Ikrath hat von einem großen Durchbruch gesprochen, ich würde es anders einschätzen: Es ist ein Gesetz der vergebenen Chancen. Wir wollten einen grundle­genden Bruch bei der Neuregelung der Obsorge. Wir haben ein Ziel formuliert, nämlich dass die Obsorgestreitigkeiten und die Besuchsrechtsstreitigkeiten weg vom Gericht hin zu Schlichtungsstellen kommen. Im Rahmen von Obsorge- und Besuchsrechts­streitigkeiten sind ja nur in zweiter Linie Rechtsstreitigkeiten zu lösen, in erster Linie geht es um etwas ganz anderes, nämlich darum, Trennungskonflikte aufzuarbeiten. Und eines ist klar: Dafür sind Gerichte der falsche Ort. Nicht, weil unsere Richterinnen und Richter schlecht qualifiziert wären, nein – ich bin selbst Jurist, ich bin überzeugter Jurist und weiß, dass wir gute Richterinnen und Richter haben –, sondern weil wir bei Beziehungskonflikten – und das sind Trennungskonflikte – andere Instrumente und Methoden brauchen. Wir brauchen eine Schlichtungsstelle, die es möglich macht, dass gemeinsame Lösungen erarbeitet werden, denn die besten Lösungen sind nicht immer die, die das Gesetz verordnet, oder meistens sogar nicht die, die das Gesetz verord­net, sondern die besten Lösungen sind die, die man gemeinsam erarbeitet. (Beifall bei den Grünen.)

Diese Chance hätte die Schlichtungsstelle geboten, und diese wurde nicht genützt. Ich bin überzeugt, dass 90 Prozent aller Trennungskonflikte im Zusammenhang mit Obsor­ge und Besuchsrecht in solchen Schlichtungsstellen gelöst werden könnten. Wir haben ja Beispiele aus Deutschland, die das zeigen. Experten haben das auch bestätigt. 90 Prozent! Das hätte den Vorteil, dass jene 10 Prozent, die nicht gelöst werden können, dann zu Gericht gehen könnten und dort eine klare Entscheidung getroffen werden könnte, wer die Obsorge bekommt, Vater oder Mutter.

Meine Damen und Herren! Ich habe einmal den Vorschlag mit den Schlichtungsstellen einem Journalisten vorgestellt, und am Ende hat der Journalist, nachdem er sich das angehört hat, gesagt: Ja wer kann denn gegen so eine Idee überhaupt etwas haben? Ich habe darauf gesagt, das weiß ich nicht, da fragen Sie den Falschen, ich bin ja da­von überzeugt. Aber ich kann bestätigen, dass in allen Gesprächen, die ich geführt ha­be, das positiv gesehen wurde. Die überwiegende Zahl der ExpertInnen hat mir da recht gegeben, ja sogar die RichterInnen haben selbst gesagt, ja, es stimmt, es ist für uns schwierig, Obsorge- und Besuchsrechtsentscheidungen zu treffen, es braucht ei­gentlich andere Professionen dafür.

Mütter, Väter – egal, mit wem ich diskutiert habe –, alle haben gesagt, ja, wir brauchen solche Instrumente, damit wir gemeinsame Lösungen erarbeiten können.

Frau Justizministerin, ich bin sogar davon überzeugt, dass Sie, wenn Sie sich mit unse­rem Vorschlag beschäftigt haben, in Wirklichkeit für die Einführung von Schlichtungs­stellen sind. Ich weiß das ja aus Gesprächen, die im Ministerium geführt werden. Und ich frage mich, warum man sich nicht dazu durchringen konnte. Wenn ich dann das Argument höre, das sei eine gute Idee, aber es brauche drei bis vier Jahre, um die Struktur umzustellen, dann stimmt das zwar, aber ich sage, in Wirklichkeit läuft die ganze Obsorge- und Besuchsrechtsdebatte bereits drei bis vier Jahre und wir haben viel Zeit mit Vorschlägen verloren, die wenig zielführend waren, und hätten viel früher in die Debatte um Schlichtungsstellen einsteigen sollen. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt kommt ein Vorschlag – und ich gestehe zu, Sie haben durchaus versucht, das eine oder andere aus der Schlichtungsstellenidee in Ihren Entwurf einzubauen –: Sie sehen vor, dass es die Möglichkeit zur Mediation gibt. Sie versuchen, mit der Familien-


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gerichtshilfe die Entscheidungsgrundlage für die Richterinnen und Richter zu verbes­sern. All das will ich anerkennen. Das Hauptproblem bleibt aber, dass die Gerichte ers­tens bereits ein eskalierender Ort sind und dass zweitens eine Schlichtungsstelle, die vorgelagert ist, natürlich etwas anderes ist – ganz abgesehen davon, dass die Res­sourcenausstattung in Frage steht. Es gibt weder eine flächendeckende Familienge­richtshilfe noch ist garantiert, dass das, was Sie zum Ziel haben, funktioniert, nämlich dass die Familiengerichtshilfe den Gerichten dann die Gutachten als Grundlage für de­ren Entscheidung liefern kann.

Sie selbst schreiben in Ihre Vorlage hinein: soweit die Ressourcen vorhanden sind. – Was Sie machen, ist Folgendes: Sie machen eine weitere Entscheidungsoption auf, Vater, Mutter oder beide – und das Gericht soll dann die richtige Entscheidung treffen. Das halten wir für den falschen Weg. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte aber noch drei Dinge ansprechen, die ich gut finde. Das Erste sind die Be­suchsmittler – mit dem Makel, dass wieder 200 € Gebühren dafür zu zahlen sind, näm­lich pro Partei, das ist ganz schön viel, nämlich pro drei Monate. Sechs Monate Be­suchsmittler bedeuten dann 400 € pro Elternteil. Außerdem finde ich es gut, dass das Kindeswohl definiert ist. Und das Dritte, was ich anerkenne, ist, dass das Namensrecht neu geregelt wird.

Damit wird es möglich, dass es mehr Optionen für Doppelnamen gibt. Es besteht der Wunsch von vielen Österreicherinnen und Österreichern, dass Kinder und Eltern ge­meinsam einen Doppelnamen führen, weil sie sagen, eine Heirat bedeutet heute nicht, dass eine familiäre Identität übernommen wird, sondern dass wir gemeinsam eine neue familiäre Identität bilden. Das muss man anerkennen. Vor fünf Jahren haben wir Grüne den ersten Vorschlag gemacht, einen Antrag eingebracht, und ich anerkenne, dass im Zusammenhang mit dem Namensrecht jetzt wirklich ein guter, passabler Vor­schlag vorliegt, der einen Quantensprung im österreichischen Namensrecht bedeutet und vielen weiterhilft. Das anerkenne ich.

Ich kann mich noch daran erinnern, als mich einmal ein Jagdwaffengeschäftsbesitzer angerufen und gesagt hat: Meine Frau hat ein Trachtenmodengeschäft. Bitte, Herr Steinhauser, setzen Sie sich für die Doppelnamen ein. Wir wollen, dass die Firmenna­men erhalten bleiben. – Spätestens da habe ich gewusst, dass das liberale Namens­recht in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.

Ja, hätten Sie auch so viel Mut beim Obsorgerecht bewiesen, dann hätten wir jetzt eine deutlich bessere Lösung. So ist es nicht. Wir werden jedenfalls dafür weiterkämpfen, dass auch beim Obsorgerecht unsere Ideen im Zusammenhang mit einer Schlich­tungsstelle irgendwann aufgegriffen werden. Ich bin überzeugt davon, dass wir da er­folgreich sein werden. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

11.03


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


11.03.47

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Werte Ministerinnen! Frau Kollegin Lohfeyer hat uns darauf hingewiesen, dass die SchülerInnen und Pro­fessorInnen des Elisabethinums aus St. Johann im Pongau heute hier sind. Wir be­grüßen diese natürlich recht herzlich bei dieser interessanten Diskussion. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Ich darf dem Kollegen Ikrath eingangs dafür danken, dass es ihm gelungen ist, diese doch auch teilweise sehr kontrovers geführte Diskussion gleich durch seine Einfüh­rungsworte sachlich zu gestalten. Ich würde mir es wünschen, dass wir das etwa auch


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bei der Bundesheerdiskussion zusammenbringen, weil man so zeigen kann, wie man wirklich Erfolge erzielt. Das ist, so glaube ich, der richtige Weg.

Die Opposition hat bei dieser Lösung sicherlich ihren Teil dazu beigetragen, das ist wirklich ein großer Fortschritt. Ich würde sagen, Kollege Steinhauser hat hier Dinge dargestellt, die aus meiner Sicht wesentlich überzeichnet sind. Wir haben natürlich auch – und das ist ja ein Bestandteil dieses Konzepts – großen Wert darauf gelegt, dass zukünftig Einvernehmen dort erzielt wird, wo das momentan nicht der Fall ist, dass wir auch die gesetzlichen Regelungen schaffen, um mehr Mediatoren, mehr Fa­miliengerichtshilfe, deren sich die Gerichte bedienen können – ein ganz wesentlicher Schritt –, und Besuchsmittler einsetzen zu können.

Das, was im Rahmen einer Scheidung stattfindet, wenn zwei Partner miteinander nicht mehr so können, ist ganz einfach die Frage: Können die beiden so miteinander ihre Ehe auflösen, dass es das Kind nach Möglichkeit nicht betrifft? – Das ist eine sehr schwere Entscheidung, ein sehr schwerwiegender Punkt; diesen wollen wir hier lösen, weil wir einfach wissen, dass das nur dann möglich ist, wenn sich die Elternteile ihrer Rolle wirklich bewusst sind.

Bei zirka 90 Prozent aller Fälle gibt es ein Einvernehmen, gibt es eine Lösung, gibt es einen Vertrag und leiden die Kinder nicht. Bei den verbleibenden 10 Prozent kommt es immer wieder zu Konflikten. Unser wesentlicher Punkt ist, das Kindeswohl in den Vor­dergrund zu stellen, um zu verhindern, dass das Kind quasi zur Waffe und zwischen den beiden zerrieben wird. Daher haben wir die Mediation in den Vordergrund gestellt. Daher gibt es jetzt eine Familiengerichtshilfe, wo die Richter anordnen können, dass schlichtend in die jeweiligen Auseinandersetzungen eingegriffen wird.

Wir haben nun eine gemeinsame Obsorge, die vernünftig geregelt wird. Ich erinnere mich noch mit Schaudern an den Vorschlag der Kollegin Bandion-Ortner. Die beiden Ministerinnen Karl und Heinisch-Hosek federführend, aber auch das Parlament haben dazu beigetragen, eine vernünftige Lösung zustande zu bringen, denn manchmal gibt es eben diese Gemeinsamkeit nicht, dann muss man das Kind schützen. Dadurch gibt es jetzt auch ein neues Modell, es heißt: „Modell der besonderen elterlichen Verant­wortung“.

Dort, wo es also Konflikte gibt, wird es für die Dauer von sechs Monaten eine Lösung geben, die sowohl die hauptsächliche Betreuung regelt – die Kontakte sollen ja auf­rechterhalten werden –, aber auch den Unterhalt, weil es äußerst wichtig ist sicherzu­stellen, dass ein Konflikt nicht noch dadurch verstärkt wird, dass dann ein Elternteil – meistens sind es die im beruflichen Bereich Stärkeren, es geht ja noch um junge Kin­der, also meist die Väter – quasi seine Rolle dazu verwenden kann, die Unterhalts­zahlung davon abhängig zu machen, dass er Pflegschafts- und Besuchsrechte be­kommt, wenn es einen Konflikt in der Familie gibt.

Wir haben eine sehr ausgeglichene Lösung gefunden, eine sehr gute Lösung. Natürlich kann man immer alles noch verbessern, aber ich glaube, es verschließt ja keiner hier im Parlament die Ohren davor, dass wir, wenn sich herausstellen sollte, dass die Pra­xis noch das eine oder andere Verbesserungspotenzial notwendig macht und aufzeigt, hier nicht auch weitere Schritte setzen werden.

In Summe kann man daher sagen: ein sehr guter Vorschlag, eine – „epochal“ ist viel­leicht etwas übertrieben – Weiterentwicklung, die einfach dem Rechnung trägt, dass hier das Kindeswohl im Vordergrund steht. Ich darf vielleicht noch abschließend darauf hinweisen, dass es erstmals geglückt ist, „Kindeswohl“ zu definieren. Wir haben ja im­mer wieder darüber diskutiert: Was ist eigentlich das Kindeswohl? Und wenn ich mir jetzt anschaue, dass es auch das Wohl des Kindes ist, dass wir darauf Wert legen, dass die Eltern das Kind nicht in ihre Streitigkeiten miteinbeziehen und dass, falls das


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trotzdem der Fall sein sollte, auch dieses Verhalten entsprechend berücksichtigt wird, wenn es dann um die gemeinsamen Regelungen geht, so ist das wirklich sehr ver­nünftig.

Ich gratuliere uns allen, weil es natürlich gesellschaftlich sehr wichtig ist, dass wir uns hier mit Konfliktszenarien in den geschiedenen Ehen auseinandersetzen, aber auch der Bereich des Einvernehmens ist dort wichtig, wo Vater und Mutter nicht verheiratet sind. Ich meine, dass wir hier auf einem guten Weg sind. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.08


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


11.09.06

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mi­nisterinnen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ein zeitgemäßes Kindschafts- und Na­mensrechts-Änderungsgesetz ist und war dringend notwendig, denn ein derartiges Ge­setz muss einfach die Realität im Leben widerspiegeln und auch auf die geänderten Lebenssituationen Antwort geben.

Dass man diese vorliegende Gesetzesnovelle als Meilenstein oder epochales Werk oder großen Wurf bezeichnet – ich glaube, da muss man ein bisschen vorsichtig sein. Es hätte vielleicht eines werden können, wenn aus unserer Sicht die gemeinsame Ob­sorge als gesetzlicher Regelfall festgeschrieben worden wäre. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Mag. Stefan.)

In erster Linie, sehr geehrte Damen und Herren, ist dieses Gesetz eine erzwungene Reparatur, denn es geht um die Aufhebung einer verfassungswidrigen Bestimmung, in der es eben zu einer Ungleichbehandlung von ledigen Vätern gegenüber ledigen Müt­tern gekommen ist.

Insgesamt, muss man sagen, gibt es einige Verbesserungen zur geltenden Rechtsla­ge, wie zum Beispiel das gemeinsame Sorgerecht durch nicht verheiratete Eltern, das am Standesamt vereinbart werden kann. Außerdem, wie schon gesagt, dass ledige Väter die gemeinsame oder alleinige Obsorge beantragen können. Aber natürlich ist weiterhin die Obsorge nichtehelicher Kinder, wenn es diesbezüglich keine Einigung gibt, grundsätzlich der Mutter zugedacht.

Schnellere Entscheidungen soll es geben. Die sogenannte Abkühlphase ist ja schon besprochen worden, sie hat sicher etwas Gutes für sich. Nur frage ich mich – der Vater muss sich in dieser Abkühlphase bewähren –: In welcher Form bewährt er sich? Dass er mehr Unterhalt bezahlt? Sonst kann er ja nicht sehr viel tun. Hier muss man schon auch die Kirche im Dorf lassen und fragen: Wie können sich Väter in einer Abkühl­phase bewähren?

Ich glaube, dass die Chance, auch im Sinne der Gleichbehandlung von Müttern und Vätern, die gemeinsame Obsorge als Regelfall im Gesetz zu verankern und die alleini­ge Obsorge als Ausnahme festzustellen, mit diesem Kompromissgesetz vertan wurde.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Haubner, Grosz, Scheibner, Ing. Westenthaler, Kollegin und Kollegen betreffend automatische Obsorge als gesetzlichen Regelfall unter dem Vorbe­halt einer Kindeswohlüberprüfung

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 69

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat umgehend einen Gesetzesentwurf vorzulegen, mit dem die gemeinsame Obsorge als gesetzlicher Regelfall unter dem Vorbehalt einer Kindeswohlüberprüfung festgelegt wird.“

*****

Das Kindeswohl im Mittelpunkt. Es ist für mich, für uns, für das BZÖ einer der posi­tivsten Aspekte in diesem neuen Gesetz, dass das Kindeswohl erstmals als oberste Maxime festgeschrieben ist und dies vor allem mit einer klaren Zwölf-Punkte-Definition ganz klar beschrieben ist. Es können nur mehr Entscheidungen gefällt werden, in de­ren Zentrum steht, was den Kindern guttut, und nicht, was irgendein Elternteil gerne hätte. (Beifall beim BZÖ.)

Positiv ist auch aus unserer Sicht, dass schnellere Verfahren durch Familiengerichts­hilfe, durch Besuchsmittler kommen sollen, um das Kontaktrecht rasch umsetzen zu können. Ich frage mich nur: Haben wir genug Planstellen? Wird es genug Personal geben, um diese Aufgabe auch wirklich zu erfüllen? Denn sonst ist dieses Ansinnen zahnlos.

Ich möchte auch erwähnen, dass leider die Chance vertan wurde, sich im Rahmen die­ses Gesetzes einmal intensiv mit dem Modell der Doppelresidenz auseinanderzuset­zen. Es ist eine der Möglichkeiten des Zusammenlebens von Familienmitgliedern aus getrennten Beziehungen. Es gibt hier ein Pilotprojekt der Universität Wien, das klar, von neutral bis positiv, die Antworten der jeweiligen Befragten zeigt. Es hat auch im Petitionsausschuss eine Bürgerinitiative gegeben, die zu diesem Thema über tausend Unterschriften gebracht hat.

Ich bedauere auch, dass man die Chance hat verstreichen lassen, das Unterhaltsrecht neu zu regeln. Es wäre richtig gewesen, an dieser Stelle das mitzuverhandeln, es gäbe hier viele Ideen und Ansatzpunkte, zum Beispiel, dass man das Unterhaltsrecht an den Betreuungszeiten orientiert.

Daher: Wenn diese Dinge mit eingepackt gewesen wären und man das intensiv disku­tiert hätte, dann, so glaube ich, wäre es ein wirklich epochaler Wurf geworden. So hat sich einiges bewegt, viele Fragen sind aber offen. Viele Richter, Anwälte und Gutachter werden beschäftigt sein und müssen bezahlt werden. Die Gemeinden bekommen neue Aufgaben, wobei es auch noch nicht ganz klar ist, wie es finanziell geregelt ist, wenn das Standesamt auf einmal Obsorgeangelegenheiten übernehmen muss.

Es ist ein unvollendetes Gesetz. Es ist in erster Linie ein Reparaturgesetz aus einem gebotenen Zwang. (Beifall beim BZÖ.)

11.14


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Haubner, Grosz, Scheibner, Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen

betreffend automatische Obsorge als gesetzlicher Regelfall unter dem Vorbehalt einer Kindeswohlüberprüfung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 70

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Justizausschusses über die Regie­rungsvorlage (2004 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetz­buch, das Außerstreitgesetz, das Ehe-gesetz, das Justizbetreuungsagentur-Gesetz, das Rechtspflegergesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Bundesgesetz zur Durch­führung des Übereinkommens vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung und das Namensänderungsgesetz geändert wer-
den (Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz 2013 – KindNamRÄG 2013) (2087 d.B.)

Nach geltender Rechtslage kommt die Obsorge für nicht eheliche Kinder allein der Mutter zu. Beide in einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft lebenden Elternteile kön­nen bei Gericht einen Antrag auf gemeinsame Obsorge stellen. Wenn sie getrennt le­ben, müssen sie dem Gericht eine Vereinbarung vorlegen, bei wem sich das Kind hauptsächlich aufhalten soll.

Auch weiterhin soll die Obsorge für nicht eheliche Kinder grundsätzlich allein der Mut­ter zukommen. Allerdings kann künftig das gemeinsame Sorgerecht durch nicht ver­heiratete Eltern auch am Standesamt vereinbart werden; der Weg zu Gericht ist nicht mehr zwingend nötig. Zudem sollen auch ledige Väter die gemeinsame oder die allei­nige Obsorge beantragen können. Die richterliche Entscheidung ist im Sinne des Kin­deswohles zu treffen.

Im Vergleich zur geltenden Rechtslage sind insofern Fortschritte zu erkennen, wenn­gleich diese als sehr gering einzustufen sind. Denn letztlich ergibt eine systematische Betrachtung der Neuregelungen, dass auch weiterhin Ungleichbehandlungen zwischen Müttern und Vätern gegeben sein werden bzw. die gemeinsame Obsorge eben nicht als gesetzlicher Regelfall festgelegt werden soll. Vielmehr werden lediglich Erleichte­rungen zur Erlangung der gemeinsamen Obsorge sowie ein Antragsrecht für ledige Vä­ter geschaffen. Im Sinne der Gleichbehandlung ist ein Obsorgeautomatismus vorzug­würdig, von dem nur zum Kindeswohl abgewichen werden kann.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat umgehend einen Gesetzesentwurf vorzulegen, mit dem die gemeinsame Obsorge als gesetzlicher Regelfall unter dem Vorbehalt einer Kindeswohlüberprüfung festgelegt wird.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kaufmann-Bruck­berger. – Bitte.

 


11.14.56

Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Seit 1. Ju­li 2001 gibt es ja die Möglichkeit in Österreich, die gemeinsame Obsorge im Falle einer Trennung oder einer Scheidung ganz einfach freiwillig zu vereinbaren. Davon machen bis jetzt ungefähr 53 Prozent der Getrennten Gebrauch, die Vorteile diesbezüglich lie­gen ja auch auf der Hand. Auf der einen Seite ist es der bessere Kontakt der Kinder zu beiden Elternteilen. Somit kommt es auch zu geringeren Konflikten zwischen den El­ternteilen. Es ist auch eine höhere Zufriedenheit zwischen den beiden Elternteilen ge­geben. Aber auch die pünktliche Überweisung von Unterhaltszahlungen macht sich be­merkbar.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 71

Es bleiben jedoch natürlich 47 Prozent übrig. Und da muss man sagen: Bei diesen 47 Prozent, die diese gemeinsame Obsorge nicht wählen oder sich nicht dafür ent­scheiden, kommt es zu enormen Streitigkeiten.

Das heißt, man kann sagen, die Neuregelung der Obsorge ist ein wichtiger Schritt. Ich möchte jetzt nicht sagen, es ist ein Meilenstein, aber es ist immerhin eine Annäherung.

Besonders hervorzuheben ist aus meiner Sicht, dass sich die Novelle speziell mit dem Wohle des Kindes auseinandergesetzt hat. Ich weiß selbst aus meinem Bekannten­kreis, dass in Österreich speziell Obsorgestreitigkeiten viel zu lange dauern. Ich weiß von einem Obsorgestreit, der zwölf Jahre lang gedauert hat; mittlerweile ist der Bursch großjährig, das heißt, der Obsorgestreit hat sich quasi ungelöst selbst gelöst.

Mit diesem Gesetz soll es auch eine Verfahrensbeschleunigung geben – und das ist auch gut so. Das ist speziell für das Wohl des Kindes wichtig, denn die ewigen Streitig­keiten im Falle einer Trennung sind für Kinder unerträglich. Das kann auch zu psychi­schen Krankheiten führen.

Besonders hervorzuheben ist weiters die sechsmonatige gemeinsame elterliche Ver­antwortung. Dadurch kann einer Entfremdung des Kindes gegenüber einem Elternteil entgegengewirkt werden. Und sollte es dennoch zu Streitigkeiten kommen, gibt es ja noch immer die Rechtsprechung des Familiengerichtes.

Frau Bundesministerin Karl, Sie haben im Ausschuss auch gesagt, es stehe dem Staat nicht zu, über die Namensführung zu entscheiden. Daher ist es auch zu begrüßen, dass dieser Ansatz hier beinhaltet ist.

Es gibt natürlich auch Mängel in dieser Novelle, bei dieser Neuregelung der Obsorge. Ich glaube, wir sollten in Zukunft schon auch dafür sorgen, dass die Ungleichbehand­lung von Lebensgemeinschaften, also ehelich und unehelich, noch einmal diskutiert wird und vielleicht einmal eine Gleichstellung erfolgt.

Wir unterstützen dieses Gesetz, da es ein Schritt in die richtige Richtung ist. Und, Frau Ministerin, wenn Sie in Zukunft noch Mittel für die Weiter- oder Ausbildung der Fami­lienrichter im Zusammenhang mit Obsorgefragen bereitstellen, dann haben wir zwar keine ehelichen oder unehelichen Lebensgemeinschaften gerettet, aber immerhin ein Zeichen für das Wohl der Kinder in unserem Land gesetzt. (Beifall beim Team Stro­nach.)

11.18


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Dr. Karl. – Bitte.

 


11.18.50

Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher auf der Besuchergalerie und vor den Fernsehschirmen! Als ich vor mehr als eineinhalb Jahren das Amt der Justizministerin angetreten habe, war mir klar, dass ich neben einer Fülle anderer Aufgaben und Herausforderungen vor allem auch zwei Themenbe­reiche dringend zu bewältigen habe. Das ist zum einen, das Vertrauen in die Justiz zu stärken; da geht es um die Bekämpfung von Korruption und Wirtschaftskriminalität. Und zum anderen geht es natürlich darum – das war mir ein besonderes Anliegen –, ein modernes, neues Familienrecht zu schaffen, das den heutigen gesellschaftlichen Strukturen angepasst ist.

Dieses neue, moderne Familienrecht sind wir meines Erachtens den Familien in Öster­reich, aber vor allem den Kindern schuldig, denn gerade die Kinder sind ja viel zu häu­fig die Leidtragenden, wenn sich die Eltern nicht mehr einigen können.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 72

Deshalb war es mir von Anfang an wichtig, ein umfassendes Gesetzespaket vorzule­gen – und nicht, so wie Sie es genannt haben, Frau Abgeordnete Haubner, ein bloßes Reparaturgesetz. Das vorliegende Gesetzespaket geht nämlich über eine bloße Repa­ratur bei Weitem hinaus. (Beifall bei der ÖVP.)

Es geht ja nicht nur darum, die notwendige Umsetzung des Verfassungsgerichtshof-Er­kenntnisses und des Erkenntnisses des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs vorzunehmen, sondern wir sehen in diesem Paket viele weitere Neuerungen vor. Von einer Neuregelung der Obsorge und des Besuchsrechtes über die Beschleunigung des Verfahrens bis hin zu einem modernen, familienfreundlichen Namensrecht, all das ist in diesem Paket enthalten.

Natürlich enthält dieses Paket auch, in Umsetzung der höchstgerichtlichen Erkennt­nisse, ein neues Antragsrecht für Väter von unehelichen Kindern. Das heißt, es liegt Ih­nen heute ein sehr umfassendes Familienrechtspaket zur Beschlussfassung vor.

Dieses umfassende Familienrechtspaket hat auch langer Verhandlungen bedurft. Die Verhandlungen haben vor rund drei Jahren begonnen und konnten nun zu einer Eini­gung, die meines Erachtens eine sehr gute Lösung darstellt, geführt werden. Ich bin sehr froh darüber, dass es in konstruktiven Verhandlungen gemeinsam mit Kollegin Gabriele Heinisch-Hosek gelungen ist, hier wirklich einen Durchbruch zu erzielen, ei­nen Durchbruch für ein modernes Familienrecht, das einzig und allein das Kindeswohl in den Mittelpunkt rückt.

Und damit bin ich gleich bei einem ganz wichtigen Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren: Beim vorliegenden Familienrecht geht es nicht um ein Müttergesetz, geht es nicht um ein Vätergesetz, sondern es geht um ein Gesetz, das die Interessen der Kinder, das das Kindeswohl in den Mittelpunkt rückt. (Beifall bei der ÖVP.)

Denn – ich möchte es noch einmal betonen – es sind ja gerade die Kinder, die unter Trennungen ganz besonders leiden. Deshalb ist es auch besonders wichtig – und es hat mich gefreut, dass das auch von allen Abgeordneten, die bisher gesprochen ha­ben, hervorgehoben wurde –, dass das Kindeswohl ausführlich definiert wird. Das neue Familienrecht enthält eine neue, ausführliche Definition des Kindeswohls und bietet damit für die familiengerichtlichen Entscheidungen eine viel bessere und fundiertere Entscheidungsgrundlage und ist dadurch wirklich wegweisend.

Ich habe auch immer betont, dass ich mit dem Familienrechtspaket drei Hauptziele ver­folge, und diese werden durch den vorliegenden Entwurf auch erreicht. Es geht zum ei­nen, und das wurde auch schon mehrfach angesprochen, um die Beschleunigung der Verfahren. Es darf durch die Dauer der Verfahren zu keinen Entfremdungen mehr kom­men.

Zweitens geht es mir darum, so weit wie möglich Kontinuität für die Kinder zu wahren. Wie gesagt, sie sind Leidtragende bei Trennungen, sie sind Leidtragende bei Streitig­keiten zwischen den Eltern, sie wollen aber beide Elternteile haben, und so weit wie möglich, soweit es dem Kindeswohl entspricht, soll hier Kontinuität gewahrt werden für die Kinder, sowohl was die Obsorge betrifft als auch was das Besuchsrecht betrifft.

Schließlich geht es natürlich auch darum, eine menschenwürdige Lösung, eine men­schenrechtskonforme Lösung zu schaffen und hier eben auch das Erkenntnis des Eu­ropäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, das Erkenntnis des Verfassungsgerichts­hofs umzusetzen, das heißt, auch den Vätern ein Antragsrecht auf alleinige oder ge­meinsame Obsorge einzuräumen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein meiner Ansicht nach ganz zentraler Punkt in diesem neuen Gesetz ist, dass die gemeinsame Obsorge in Zukunft zum Re­gelfall werden wird, weil es nämlich in der Regel für das Kind das Beste sein wird, wenn Vater und Mutter für sie da sind, wenn beide Elternteile für das Kind da sind.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 73

Nach einer Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung wird es in Zukunft den Fa­milienrichterinnen und -richtern auch bei streitigen Scheidungen möglich sein, nicht nur die alleinige Obsorge zuzusprechen, sondern auch die gemeinsame Obsorge beiden Eltern zuzusprechen. Und diese vorläufige Phase der elterlichen Verantwortung ist kei­ne Bewährungsphase, wie es oft gemeint wird.

Sowohl Herr Abgeordneter Fichtenbauer als auch Frau Abgeordnete Haubner haben von Bewährung gesprochen. Frau Abgeordnete Haubner hat davon gesprochen, dass sich Väter „bewähren“ müssen. Ich möchte da schon darauf hinweisen, dass es ja da­rum geht, dass beide Elternteile Rechte und Pflichten wahrnehmen, dass beide Eltern­teile Verantwortung für das Kind wahrnehmen. Und darum geht es in dieser Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung.

Schnellere Verfahren – ich möchte noch einmal auf dieses sehr zentrale Thema einge­hen, weil das immer ein Hauptthema war, wenn ich von betroffenen Vätern und Müt­tern angesprochen wurde. Ich habe immer wieder gehört, dass die Verfahren zu lange dauern, dass das wahnsinnig belastend für die Eltern, aber vor allem wahnsinnig be­lastend für die Kinder ist. Deswegen müssen wir hier ansetzen. Und durch das neue Familienrecht, aber vor allem auch durch eine Aufstockung im Bereich der Familien­richterinnen und Familienrichter werden die Verfahren beschleunigt werden.

Frau Abgeordnete Haubner hat gefragt, ob wir wirklich ausreichend Personal zur Ver­fügung haben. Die Antwort lautet: Ja. Ich bin sehr froh darüber, dass es bei den Bud­getverhandlungen gelungen ist, für den Bereich der Justiz 93 zusätzliche Planstellen zu bekommen, und ein großer Teil dieser 93 Planstellen geht an die Familiengerichte, um einmal hier die Verfahren zu beschleunigen.

Herr Abgeordneter Steinhauser hat etwas sehr Wesentliches angesprochen, nämlich dass es natürlich darum geht, Beziehungskonflikte zu lösen. Nur haben wir unter­schiedliche Lösungsansätze: Sie wollen das in einem vorgelagerten Schlichtungsver­fahren; wir setzen im familiengerichtlichen Verfahren an und sehen dort neue, zusätzli­che Möglichkeiten der Schlichtung von Familienkonflikten, von Beziehungskonflikten vor. So ist es etwa künftig möglich, dass die Richterinnen und Richter den verpflich­tenden Besuch einer Erziehungsberatung, einer Elternberatung anordnen oder ein Erstgespräch über Mediation oder über ein Schlichtungsverfahren. All das ist eben vor­gesehen, um Beziehungskonflikte zu bereinigen.

Und ganz wesentlich ist natürlich auch die Familiengerichtshilfe. Die Familiengerichts­hilfe soll den Eltern helfen, die Beziehungskonflikte aufzuarbeiten, damit sie nicht län­ger den Blick verstellt haben für das Wohl des Kindes. Die Familiengerichtshilfe soll da­zu dienen, dass die Eltern den Blick frei machen können für das Wohl des Kindes. Und die Familiengerichtshilfe schafft es, dass in vielen Fällen einvernehmliche Lösungen er­zielt werden können.

Ganz kurz noch zum Kontaktrecht:

 


Präsident Fritz Neugebauer: Den Schlusssatz, bitte!

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl (fortsetzend): Ich höre gleich auf. – Auch das Besuchsrecht wird in ein Kontaktrecht umgewandelt. Kontaktrecht heißt, dass beide Elternteile ein Recht auf den persönlichen Kontakt mit dem Kind ha­ben wollen.

Ich habe schon angesprochen, wir nehmen Änderungen im Namensrecht vor. Das Na­mensrecht soll flexibler werden, familienfreundlicher werden.

All diese Maßnahmen dienen dazu, dass dem Kindeswohl Rechnung getragen wird, dass Familienkonflikte besser gelöst werden können. Ich bin zuversichtlich, dass das mit dem neuen Familienrechtspaket gelingen wird. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

11.27



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 74

Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Heinisch-Hosek. – Bitte.

 


11.27.02

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Jedes Kind muss sich auf seine Eltern verlassen können. Und wenn Erwachsene es nicht mehr schaffen, ei­nen respektvollen und auch wertschätzenden Umgang miteinander zu pflegen, wenn sie vor Gericht gehen, um dort Scheidungen zu vollziehen, wenn sie sich nicht einver­nehmlich einigen können, dann braucht es Hilfe. Wir haben lange gebraucht, um ein gutes, ein modernes Familienrechtspaket zustande zu bringen, und ich sage, es ist gelungen. Nicht verhehlen möchte ich, dass sich 90 Prozent aller Erwachsenen, die
sich trennen, auf etwas einigen können, aber es geht uns um zirka 10 Prozent, fast 2 000 Scheidungen im Jahr, wo man gar nicht mehr gut miteinander kann und wo man unter Umständen in der eigenen Verzweiflung Kinder als Druckmittel verwendet. Das zu minimieren, am besten ganz zu verhindern, das soll das Familienrechtspaket sicher­stellen.

Daher ist es so wichtig, dass wir gerade jetzt, während der „16 Tage gegen Gewalt“, mit diesem Paket auch ausschließen werden, dass es Eltern dann, wenn sie gar nicht miteinander können und wenn in einer Beziehung Gewalt im Spiel war, möglich sein wird, zu einer gemeinsamen Obsorge zu kommen. Und wenn sich Eltern, wenn keine Gewalt im Spiel war – was wir hoffen –, auch nicht einigen können, dann gibt es diese sechs Monate Abkühlphase nach einer Trennung oder Scheidung. Wenn zwischen den Erwachsenen einiges geklärt und geregelt ist – nämlich: wie oft sieht jemand das Kind?, wo lebt das Kind?; das muss geklärt sein; wie regeln sich die Erwachsenen die Pflege und die Erziehung des Kindes?, und auch: wie wird ein vorläufiger Unterhalt festgelegt? –, dann kann diese Phase beginnen, wo man erprobt, ob das Miteinander zugunsten des Kindes funktioniert. Und dann wird, nach sechs Monaten – bei Bedarf auch länger, diese Phase kann unter Umständen verlängert werden –, der Richter und die Richterin jeden einzelnen Fall geprüft haben und entschieden haben, was das Bes­te für das Kind ist.

Und diese Definition des Kindeswohls – jeder hat bisher über das Kindeswohl ge­sprochen, aber es war nie klar, was das eigentlich alles ist, und auch, was es nicht sein darf, was dem Kindeswohl zuwiderläuft –, das haben wir festgeschrieben. Das Kindes­wohl ist jetzt definiert. Das ist ein großer Punkt, der hier gelungen ist.

Und jetzt schauen wir, wie es in der Praxis funktioniert. Ich bin zutiefst überzeugt davon, dass sich Erwachsene, wenn sie diese Auflagen haben, auch entsprechend da­nach ausrichten werden. Es geht um Rechte und Pflichten auf beiden Seiten, aber vor allem darum, und das wurde heute von allen auch schon gesagt: Wie kann sich das Kind darauf verlassen, dass das, was in einer Beziehung vorher auch dem Kind Gutes getan wurde, auch nachher dem Kind entspricht und nicht dem Kindeswohl zuwider­läuft?

Auf der einen Seite gibt es die Trennungen und Scheidungen, auf der anderen Seite kann man ja jetzt schon sagen, wir wollen gemeinsam für das Kind sorgen. Das soll so bleiben, auch auf dem Standesamt. Es soll aber auch, und das wurde schon gesagt, für ledige Väter möglich werden, zu sagen, ich will jetzt aber gemeinsam für das Kind sorgen. Dieses Antragsrecht räumen wir ein. Und auch hier gilt: Es ist zu prüfen, ob das Miteinander der Erwachsenen, mit dem Kind vor allem, funktioniert, und dann kann auch diese gemeinsame Obsorge für ledige Eltern ausgesprochen werden.

Was ich sehr begrüße, ist, dass – und das wurde auch gesagt – das Namensrecht ganz modern geworden ist, dass Doppelnamen für Kinder möglich werden. Was ich sehr, sehr begrüße, ist, dass es entsprechende Regelungen auch in sogenannten Re-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 75

genbogenfamilien gibt, wo gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern leben. Das ist in unserem heutigen Alltagsleben ganz normal, das glauben nur manche von den Poli­tikern und Politikerinnen nicht (Abg. Kitzmüller: „Ganz normal“?!), dass es auch sein kann, dass Kinder in der Schule zum Beispiel fragen: Meine Freundin hat zwei Mamis. Warum ist das so? – Und da braucht man Antworten. Und wir wollen hier rechtliche Antworten geben. Das heißt, im normalen Umgang miteinander, in den Fragen der alltäglichen Obsorge soll es möglich sein, dass Patchwork-Familien, gleichgeschlechtli­che Familien die Kinder so betreuen, wie es den modernen Zeiten entspricht.

Und heute wird ebenfalls noch ein Meilenstein in Bezug auf die Pflegefreistellung be­schlossen werden.

Mir ist es wichtig, zu schauen: Funktioniert es zwischen den Eltern oder funktioniert es nicht?, und dann zu entscheiden.

Daher möchte ich mich sehr herzlich bedanken bei Frau Kollegin Karl. Es hat lange ge­dauert, aber es ist wichtig. Und, ja, ich gestehe zu, das Unterhaltsrecht werden wir ge­meinsam auch noch angehen müssen, und wir wollen das auch. Es ist wichtig, dass ein Kind die zum Leben notwendigen Dinge zeitgerecht bekommt, eben in Form der Unterhaltsleistung des Partners, der nicht mehr im gemeinsamen Haushalt lebt, der verpflichtet ist, dem Kind diesen Unterhalt zuzugestehen. Das wird unser nächstes Pro­jekt.

Dieses Projekt ist ein gutes geworden und stellt einen großen Schritt in Richtung mo­dernes Familienrecht dar. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Steibl.)

11.32


Präsident Fritz Neugebauer: Für die nächste Rednerrunde während der Fernsehzeit stehen je Redebeitrag 3 Minuten zur Verfügung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


11.32.55

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundes­ministerinnen! Als Überschrift über dieses Familienrechtspaket würde ich den Titel wählen: „Was lange währt, wird endlich gut.“ Es ist ein guter Kompromiss, der hier ge­schnürt wurde, und wir können stolz sein, dass das Familienrecht jetzt ins 21. Jahr­hundert, wenn ich es so sagen darf, katapultiert wurde.

Einem großen Familienrechtler, der in Pension gegangen ist, aber aus Interesse heute noch hier anwesend ist, der diesen Entwurf auch mitgestaltet hat, möchte ich auch hier vom Rednerpult aus alles Gute für die Pension wünschen – das ist der Herr Abtei­lungsleiter für Familienrecht Dr. Stormann. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Das Wichtigste bei diesem Gesetzentwurf, sehr geehrte Damen und Herren, ist, dass das Kindeswohl wirklich im Mittelpunkt steht, dass wir endlich eine Definition haben und wissen: Was ist denn damit gemeint? – Das schafft mehr Klarheit für die Eltern, für die Obsorgeberechtigten, für die Richter und Richterinnen, die damit zu tun haben, auch für die Jugendwohlfahrt und so weiter. Das ist ein zentraler Punkt in diesem Ge­setzesvorschlag.

Ein weiterer wichtiger Schritt ist auch die Neuregelung des Besuchsrechtes – sei es nun Besuchsmittler oder Kontaktrecht, wie immer das genannt wird –, dass hier die Verfahren beschleunigt werden können, dass auch das geregelt ist. Oder auch die so­genannte, was ein bisschen sperrig klingt, vorläufige elterliche Verantwortung, dass al­so immer dort, wo es strittige Fälle gibt, geprüft wird.

Und für das Prüfen und das Sich-genauer-Anschauen bekommen die Familienrichter und -richterinnen nicht nur mehr Richterstellen und Richterinnenstellen, sondern auch Familiengerichtshilfen beigestellt.


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Ich habe mir in Innsbruck eines der vier Pilotprojekte, wo Familiengerichtshilfe angebo­ten wird, angeschaut und kann Ihnen sagen, ich bin begeistert vom Engagement dieser vier Frauen, die dort Dienst tun, wie ernst sie das nehmen. Auch die Richterschaft ist damit sehr zufrieden. Und weil auch immer wieder beklagt wird, dass wir in diesem Be­reich oft ein Gutachterrecht haben: Hier wird direkt von der Familiengerichtshilfe nach­recherchiert und darauf geachtet, dass dann wirklich im Sinne des Kindeswohls ent­schieden wird.

In diesem Sinne, sehr geehrte Damen und Herren, glaube ich, dass es wirklich ein wichtiger und wesentlicher Schritt ist, den wir hier setzen.

Ganz wichtig ist mir als Frauensprecherin auch eines, und ich habe diesmal beim Hea­ring gefragt, auch bei der Enquete im Jahr 2010 schon gefragt und jetzt am 20. No­vember wieder: Wie schaut es denn aus? Ist wirklich gewährleistet, dass, wenn Gewalt gegen Kinder, Gewalt gegen einen Elternteil oder einen Obsorgeberechtigten verübt wird, dann keine gemeinsame Obsorge möglich ist? – Alle Beteiligten haben das be­stätigt, und das ist gut so.

In diesem Sinne: ein gutes Gesetz! Und ich wünsche mir, dass im Jahr 2017, wenn wir evaluieren, vielleicht das eine oder andere geändert wird, dass wir aber grundsätzlich alle sagen können, da haben wir einen guten Beschluss gefasst. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.36


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

 


11.36.20

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Bundes­ministerinnen! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ja, es wurde schon gesagt, aber ich möchte es trotzdem noch einmal wiederholen: Mit dem Familienrechtspaket ist nach jahrelangen Verhandlungen, eben seit 1994, nunmehr mit Justizministerin Beatrix Karl und Bundesministerin Heinisch-Hosek eine Reform zum Wohl des Kindes gelungen, ei­ne Reform, mit der geänderten gesellschaftlichen Entwicklungen entsprochen wird, wie einer hohen Zahl an Trennungen und Patchwork-Familien, aber auch der steigenden Berufstätigkeit von Frauen sowie – wie man mit Stolz sagen kann – der stärkeren Be­teiligung der Väter an der Erziehung ihrer Kinder, der eben mehr Rechnung getragen werden soll.

Die wesentlichen Eckpunkte im Bereich der Obsorge sind, wie schon erwähnt: Die bis­herige Obsorgeregelung bei der Geburt eines Kindes bleibt aufrecht. Das bedeutet: Sind die Eltern verheiratet, haben beide die Obsorge; sonst kommt der Mutter die allei­nige Obsorge zu. Nicht verheiratete Eltern können auf dem Standesamt – und das ist, glaube ich, auch sehr wichtig –, aber natürlich auch bei Gericht bestimmen, dass beide Eltern mit der Obsorge betraut sind. Und nach einer Trennung besteht die Obsorge zu­nächst weiter, die Eltern können aber auch eine Vereinbarung über die Obsorge tref­fen. Können sich die Eltern nicht einigen, dann gibt es eben diese vorläufige elterliche Verantwortung und auch die Unterstützung durch die Familiengerichtshilfe. Das ist ein wichtiger Schritt in eine richtige Richtung, wenn es eben bei Streitigkeiten sozusagen eine heiße Phase gibt.

Die Evaluierung dieses Pilotprojektes zeigt auch, dass die Familiengerichte diese Fa­miliengerichtshilfen dringend brauchen, und sie bekommen sie auch fix zur Seite ge­stellt. Erwähnt werden soll auch – dieses neue Gesetz und überhaupt dieser Bereich braucht ja zur Beschleunigung mehr Unterstützung –, dass nunmehr 17 Richter, zehn Rechtspfleger und elf Beamte zusätzlich zur Verfügung gestellt werden. Es sind auch breite Schulungsmaßnahmen geplant, was, glaube ich, insbesondere für junge Fami­lienrichter wichtig ist.


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Hinweisen möchte ich auch darauf: Wenn es uns nunmehr in der Folge dieses Geset­zes gelingt, auch die Pflegefreistellung für nicht im Haushalt lebende Elternteile in den nächsten Tagen gemeinsam zu beschließen, dann ist das, glaube ich, ein weiterer wichtiger Schritt. Also nach der gemeinsamen Obsorge soll es auch für den außer Haus lebenden Elternteil oder für alle Elternteile, die außer Haus leben, diese Pflege­freistellung geben, wenn das Kind krank ist oder ins Krankenhaus kommt.

Abschließend möchte ich noch auf etwas hinweisen: In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, zu schauen, was Eltern, was Väter und Mütter brauchen, um Kinder ins Leben zu begleiten. Es ist notwendig, verstärkt mehr zeitgemäße Partner- und Eltern­bildungsangebote, die in diese Richtung gehen, zu bringen, um Vorsorge und Präven­tion zu betreiben, damit es möglicherweise nicht zu einer Scheidung kommen muss. (Beifall bei der ÖVP.)

11.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte.

 


11.40.01

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Kollegin Steibl hat gesagt, es ist natürlich richtig, Vorsorge zu betrei­ben, damit es nicht zu Scheidungen kommen muss, aber davon reden wir jetzt nicht, sondern wir reden von dem Fall, dass es zu Scheidungen kommt.

Und dazu sind, glaube ich, zwei Dinge wichtig, und zwar wichtig im Hinblick auf die Grundsätze, die heute alle außer Streit gestellt haben, nämlich das Kindeswohl und das Nichtverwenden des Kindes als Waffe im Krieg der Eltern.

Dazu sind einige Dinge wichtig. Da ist zunächst einmal wichtig, dass es eine vorher­sehbare, klare Regelung gibt – eine gesetzliche, staatliche Regelung –, damit jeder weiß, womit er im Falle einer Scheidung zu rechnen hat. Und das Zweite ist, dass die entsprechenden Verfahren rasch und möglichst ohne unnötigen Aufwand geschehen, sodass das Kind und auch die Eltern bald wissen, woran sie sind. Nichts ist schlimmer als ein jahrelanges Hin- und Herziehen und vielleicht ein zwei- oder dreimaliges Än­dern der Obsorge, des gewöhnlichen oder hauptsächlichen Aufenthaltes des Kindes und dergleichen.

Dazu gibt es viele Möglichkeiten. Die eine Möglichkeit ist die gemeinsame Obsorge. Da könnte das Gesetz klarstellen, im Falle, dass Beziehungen auseinandergehen – aus welchen Gründen auch immer –, gibt es eine gemeinsame Obsorge, außer über Antrag einer Partei wird gerichtlich festgestellt, dass einer der beiden unfähig ist, dabei mitzu­spielen. – Das wäre eine klare Regelung.

Es gibt aber auch eine andere Regelung. Es könnte so geregelt sein wie bei den außerehelichen Kindern: Das Sorgerecht steht im Zweifel der Frau zu und es bleibt der Frau, außer der antragstellende Mann beweist, dass die Frau unfähig ist, im Sinne des Kindes zu handeln. – Auch das wäre eine Möglichkeit.

Hier hat man sich entschieden, eigentlich nichts zu machen. Was hier geschehen ist, ist – § 180 ff. ABGB –, dass man jetzt gar nichts mehr regelt und alles den Gerichten überlässt. Da gibt es so einige Leitfäden, man macht eine schwammige Diskussion über das Kindeswohl, sagt, damit ist Klarheit geschaffen, macht dann ein Chill-out-Ver­fahren oder wie das jemand hier jetzt genannt hat, so eine sechsmonatige Phase des Überlegens, wo vorher der Richter entscheidet und das Kind irgendwo wohnen lässt, dann der Richter noch einmal entscheidet, der Richter verlängert und so weiter.

Na ja, das klingt ja noch schön, wenn das Wort „Richter“ dabei ist – wir alle sind justiz­gläubig –, aber der tut ja nichts, der entscheidet ja nicht, der macht ja nur die formelle


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Entscheidung! Hinter den Kulissen entscheiden Jugendämter und Sachverständige, das heißt, das Schicksal der Kinder wird in eine zweite, nicht ersichtliche und im Ge­setz gar nicht genannte Ebene, nämlich die Ebene der Ämter und Sachverständigen verlegt. Und das ist sicher nicht richtig.

Man müsste eigentlich sagen, es wird auf die Ebene der „Sachverständinnen“ gelegt, also mit kleinem Binnen-I geschrieben, denn dabei handelt es sich ja um 90 Prozent weibliche Belegschaft, sowohl in den Jugendämtern als auch bei den Sachver­ständigen, wenn Sie sich da die Gerichtsakten durchschauen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Interessanterweise gibt es da auch keine Gender-Forderung. (Zwischenruf der Abg. Mag. Steßl-Mühlbacher.) Also ich habe im Zusammenhang mit dem Gesetz nicht ge­hört, dass man das Übergewicht der Frauen in diesen Berufsständen oder bei diesen Sachen hier einmal gendert. Das wäre interessant. Der Grund mag sein, dass man vielleicht nicht konsequent ist beim Gendern, es mag aber auch sein, dass die Grund­lagen des Genderns (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen – Zwischenruf der Abg. Mag. Schwentner), nämlich, dass alles Geschlechtliche nur Einbildung und Erziehung ist, nicht ganz stimmen.

Unsererseits daher zu diesem Gesetz, da es mehr Unklarheit schafft als Klarheit, ein Nein. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.43


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Musiol. – Bitte.

 


11.43.16

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Herr Präsident! Meine Frauen Ministerin­nen! Sehr geehrte ZuhörerInnen! Diese Debatte hat ja sehr lange in der Öffentlichkeit stattgefunden und ist sehr emotional geführt worden. Nicht zuletzt war sie deshalb emotional, weil wahrscheinlich alle Menschen in diesem Land, in diesem Europa, auf dieser Welt – „auf dieser Welt“, das weiß ich nicht, aber in diesem Europa – irgendje­manden kennen, der von dieser Debatte betroffen ist. Das ist entweder jemand, der sich selbst vom Partner getrennt hat oder in Trennung begriffen ist, oder jemand, der aus einer Familie kommt mit geschiedenen, getrennten Eltern, oder jemand, der je­manden kennt, der oder die sich von der Partnerin oder vom Partner getrennt hat. Das heißt, alle haben etwas dazu zu sagen, und genau das hat die Emotionalität dieser De­batte ausgemacht.

Manche haben sie hier, das muss man schon sagen, nicht nur emotional geführt – das wäre ja noch nicht schlimm –, sondern sie haben dann irgendwie versucht, sie durch­aus in eine Schwarz-Weiß-Debatte, in eine Debatte Männer gegen Frauen, in eine De­batte mit dem Titel: „Die Frauen sind die Bösen, die den Kindern die Männer weg­nehmen“, oder: „Die Männer sind die, die sich nie um die Kinder kümmern wollen“, zu lenken.

Was diese Debatte aber darüber hinaus gezeigt hat, ist, dass selbst bei einem Gesetz, bei dem man im Justizministerium bemüht war – und da möchte ich den Beamten, die damit betraut waren, hier noch einmal meine Anerkennung aussprechen –, damit eine Regelung zu finden, die für so viele Familien und für so viele Fälle wie möglich eine sinnvolle Regelung ist, auch klar ist, dass jeder dieser Fälle, die Sie alle vielleicht ken­nen und die auch die Österreicherinnen und Österreicher und die Europäerinnen und Europäer kennen, ein individueller ist, weil die Beziehungsgeschichte, die diesem Fall vorgelagert ist – nämlich die Beziehungsgeschichte der Eltern, die in der Regel von Enttäuschungen, von Verletzungen, von Konflikten oder wovon auch immer geprägt ist –, sehr unterschiedlich ist.


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Wir Grüne freuen uns aber darüber – diesbezüglich habe ich auch im Ausschuss noch einmal extra nachgefragt, und Kollegin Wurm und auch die Ministerin Heinisch-Hosek haben das jetzt auch noch einmal bekräftigt –, dass jetzt einmal klargelegt ist: Gewalt, nicht nur gegenüber dem Kind, sondern auch gegenüber Familienangehörigen, dient nicht dem Kindeswohl, und es muss daher ausgeschlossen sein, dass Elternteile, die Gewalt ausgeübt haben, da auch nur irgendein Anrecht haben, die Obsorge übertra­gen zu bekommen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Wurm.)

Aber was dieser Entwurf nicht erledigt und was dieser Entwurf nicht schafft, ist, jeden dieser verschiedenen einzelnen biografischen Fälle zu lösen. Und, Frau Ministerin Karl, wenn Sie hier sagen, es gebe Auffassungsunterschiede zwischen Ihnen und uns, was sozusagen die Lösung dieser Beziehungskonflikte betrifft, dann sind die gar nicht so klein, wie das jetzt hier geklungen hat, als Sie das gesagt haben.

Der Auffassungsunterschied ist folgender: Sagt man, Eltern, die eine gemeinsame Ob­sorge haben wollen (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen), brauchen eine gemeinsame Grundlage, und deswegen geht das nur, wenn sie sich darauf einigen, oder sagt man, auch wenn sie mit aller Unterstützung durch Schlichtungsstellen und was auch immer keinen Weg gefunden haben, sich zu einigen, kann ein Gericht ent­scheiden (Präsident Neugebauer gibt neuerlich das Glockenzeichen) – gleich, Herr Präsident, ich spreche nur den Satz fertig –, kann also ein Gericht entscheiden, dass sie das trotzdem gemeinsam erledigen müssen, obwohl sie sich nicht geeinigt haben. Und da sagen wir ganz klar, das kann nicht gehen und das ist auch nicht zum Wohle des Kindes.

Deswegen werden wir weiter für eine Schlichtungsstelle vor Gericht eintreten und nicht erst nachher. (Beifall bei den Grünen.)

11.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


11.47.05

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen Bundesminis­terinnen! Vorerst ein „Herzlich willkommen!“ an die Schülerinnen und Schüler der Be­rufsschule in Rohrbach, die dieser Sitzung heute folgen! (Beifall beim BZÖ und bei Ab­geordneten der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Ikrath hat gemeint, die Opposition muss immer ein Haar in der Sup­pe finden, und das sei ihr – also uns – auch zugestanden. – Herzlichen Dank für das Zugeständnis. Wir wollen das aber gar nicht, Kollege Ikrath, und schon gar nicht bei ei­ner so wichtigen Materie, bei der es, wie alle Redner vor mir und auch die beiden Bun­desministerinnen gesagt haben, einzig und allein um das Kindeswohl gehen sollte, sa­ge ich jetzt einmal. Da wollen wir gar kein Haar in der Suppe finden!

Ich glaube, die Vorrednerin aus meiner Partei, die Abgeordnete Ursula Haubner, hat schon sehr differenziert auf die Problembereiche, die wir sehen, hingewiesen, trotzdem aber durchaus, und das möchte ich gleichfalls machen, selbstverständlich auch aner­kannt, dass es gute Regelungen in diesem Gesetz gibt, vor allem das Namensrecht – dem werden wir auch zustimmen –, denn ein Wahlrecht ist für uns immer ein wichtiges Gut. Damit wird ja niemand gezwungen, einen Doppelnamen anzunehmen, aber die Möglichkeit soll es in verstärktem Ausmaß geben, und das unterstützen wir durchaus. (Beifall beim BZÖ sowie der Abg. Mag. Wurm.)

Auch bei der Frage der Obsorge ist es so: Der Status in dieser Vorlage ist besser als der derzeit in Geltung befindliche, das ist überhaupt keine Frage. Nur, Frau Abgeord­nete Wurm, weil Sie gerade gesagt haben – Sie haben es blumiger ausgedrückt, das kann ich jetzt nicht wiedergeben –, dass man sehr lange an diesem Gesetz gearbeitet


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hat – das ist richtig, da gab es ja auch schon viele, manchmal durchaus auch weiter gehende Ideen –, möchte ich Folgendes anmerken, und das ist unser Kritikpunkt: Wenn man schon so lange gebraucht hat oder sich so lange Zeit genommen hat, eine neue Vorlage zu machen, das Obsorgerecht neu zu regeln, dann hätte man, glaube ich, diesen Grundsatz des Kindeswohls noch deutlicher verankern können. Das ist mein grundsätzlicher Kritikpunkt.

Frau Bundesministerin Heinisch-Hosek, Sie haben gesagt, unabhängig davon, ob je­mand verheiratet ist oder nicht, das Kindeswohl steht im Vordergrund. – Wenn das so ist, dann frage ich mich aber, warum bei der Frage der gemeinsamen Obsorge noch immer betreffend das Kindeswohl unterschieden wird, ob die Eltern einen Trauschein haben oder nicht? Das ist noch immer dieser Geist des alten Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches von 1811. (Beifall beim BZÖ.)

Da gab es die Ehe mit Trauschein, möglichst noch von der katholischen Kirche sanktio­niert – das war der gewünschte Regelfall, der vom Gesetzgeber gewünschte Regelfall, und alles andere sind unerwünschte Unfälle, wenn es also einmal eine Scheidung gibt, wenn vielleicht sogar einmal Mann und Frau gemeinsam leben und ein Kind haben, oh­ne den Sanktus der katholischen Kirche oder dann später des Staates zu haben.

Dieser Grundsatz wird zwar abgemildert, weil ledige Väter jetzt ein Antragsrecht ha­ben, aber er wird nicht umgestoßen, und gerade bei der Sozialdemokratie wundert es mich besonders, dass man diese Historie von 200 Jahren nicht endlich mit diesem Ge­setz beseitigt hat. (Beifall beim BZÖ.)

Und das alleine ist für uns schon Grund genug, diese Vorlage abzulehnen (Zwischen­ruf der Abg. Mag. Wurm), weil zu befürchten ist, dass es jetzt wieder sehr lange dau­ern wird, bis man da noch einen Schritt weiterkommt, nämlich in die Richtung, wie wir es verlangt haben: dass es eine automatische gemeinsame Obsorge gibt. Wenn es Gründe gibt, die dagegen sprechen, sollte man das prüfen und Maßnahmen setzen, aber grundsätzlich sollte man sagen, wenn Mann und Frau ein Kind haben, dann sollte man das Vertrauen haben, dass sie die gemeinsame Obsorge übernehmen können – egal, ob sie verheiratet sind oder nicht. (Beifall beim BZÖ.)

11.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kitzmüller. – Bitte.

 


11.51.09

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­te Frauen Ministerinnen! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Dieses Gesetz, wie das meine Kollegen zuvor schon gesagt haben, ist kein großer Wurf. Durchaus be­grüßenswert sind hier die Berücksichtigung des Kindeswohls und auch die für das Ge­setz gewählte Ausformulierung. Es soll nur nicht bei dieser Ausformulierung bleiben, sondern es sollen auch Taten folgen.

Die Regelung der Obsorge sollte unserer Meinung nach auch weiterhin bei Gericht bleiben und nicht zum Standesamt wandern. Eine gewisse Irritation bringt aber § 179 Abs. 2 mit sich, der da lautet – ich zitiere –:

„Im Fall einer Obsorge beider Eltern nach Auflösung der Ehe oder der häuslichen Ge­meinschaft haben diese vor Gericht eine Vereinbarung darüber zu schließen, in wes­sen Haushalt das Kind hauptsächlich betreut wird.“

Warum, frage ich Sie, muss es da einen Haushalt erster Ordnung und einen Haushalt zweiter Ordnung geben? Kann es nicht eine Gleichstellung beider Haushalte geben, ei­ne Doppelresidenz, wie wir schon gehört haben, eine Möglichkeit sein – natürlich nur, wenn die Eltern das wollen? Hier wird nicht auf das Kindeswohl geschaut! (Beifall bei der FPÖ.)


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Ich glaube, dass es auch nicht im Sinne des Kindeswohles ist, dass es zwei Mütter und zwei Väter hat. Das ist nichts, was normal ist, und das ist auch nicht modern. (Zwi­schenruf der Abg. Binder-Maier.)

Besonders kritisieren möchte ich hier aber noch einen anderen Punkt, und zwar das Namensrechts-Änderungsgesetz, das jetzt keinen gemeinsamen Familiennamen mehr vorsieht, sondern wo jeder sich aussuchen kann, wie er heißt. Das ist sicherlich nicht modern und ganz offensichtlich auch wieder als Anschlag auf die Familie geplant. Wenn es schon nicht möglich war, die Familien so irgendwie zu unterwandern (Zwi­schenrufe bei der SPÖ), dann versucht man hier eben auch vom Gesetz her, die tradi­tionelle Familie zu zerstören, indem kein einheitlicher Name mehr gegeben ist. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Binder-Maier: Toleranz ist nicht Ihre Stärke!)

Ich komme zu der ernüchternden Schlussfolgerung, dass die Forderungen nach der gemeinsamen Obsorge, wie sie eben im deutschen Vorbild möglich ist, nicht oder nur teilweise umgesetzt wurden.

Die Rechtsfolgen bei der Verweigerung eines zugesprochenen Besuchsrechtes wer­den nicht durchgesetzt. – Bisher wurden Väter, wenn sie von ihrem Recht auf die Ein­bringung von Rechtsmitteln Gebrauch gemacht haben, oft mit einer Besachwaltung be­droht; meistens, weil die Richter einfach überfordert waren.

Die Verfahrensdauer wird sich meines Erachtens auch nicht wirklich verkürzen. Ein Mindestbesuchsrecht ist wiederum nicht gesetzlich festgelegt, und die Abkühlphase ist nicht sinnvoll und wird sicherlich zu weiteren Streitereien führen.

Außerdem ist zu befürchten beziehungsweise abzusehen, dass Väter, die ihre Kinder bisher nicht sehen durften, dadurch auch weiterhin ihre Kinder nicht sehen dürfen. (Beifall bei der FPÖ.)

11.54


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

 


11.54.30

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Bundesministerin­nen! Hohes Haus! Gott sei Dank ist die Politik nicht für die wichtigsten Dinge des Le­bens zuständig. Ob Beziehung, ob Liebe funktioniert, das können wir hier Gott sei Dank nicht regeln. (Abg. Binder-Maier: Das wollen wir auch gar nicht!) – Ich sage ja, ich freue mich darüber. – Wir können nur Gesetze machen, die dann, wenn Dinge schiefgehen, wenn Lebensentwürfe scheitern, wenn es Streitereien gibt, ein Mindest­maß an Rechtssicherheit und Verlässlichkeit für die Betroffenen bieten. Und ich bin der Ansicht, dass wir hier heute einen ganz riesigen Schritt nach vorne gehen.

Wenn Paare sich trennen, dann zerplatzt oft ein ganzer Lebensentwurf. Wenn Paare sich trennen, hat meistens die Frau – sehr, sehr oft beide Partner – wirkliche Existenz­ängste, und die Kinder stehen irgendwo dazwischen. Ich gebe zu, dass ich mir ge­wünscht hätte, dass es in Österreich ganz grundsätzlich – ob verheiratet oder nicht – die gemeinsame Obsorge als Regelfall gegeben hätte (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirkl­huber), und zwar deswegen, weil ich sehr oft festgestellt habe, dass bei Paaren, die sonst die friedliebendsten Menschen waren, eskalierende Streitereien untereinander stattgefunden haben. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Jeder von uns kennt Männer, die Frauen schäbig im Stich gelassen haben, oder um­gekehrt, jeder von uns kennt Partner, die wirklich grottenschlecht sind, aber trotzdem ganz hervorragende und liebevolle Väter, ganz hervorragende und liebevolle Mütter, und diese Streitereien untereinander haben in den seltensten Fällen mit den Bezie­hungen zu den Kindern zu tun. Immerhin gibt es jetzt in den meisten Fällen die Mög­lichkeit auf eine gemeinsame Obsorge.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 82

Das, was mir bleibt, ist, von hier aus an die Eltern zu appellieren, dass sie ihre Streitig­keiten, wenn es oft ganz, ganz schwierig ist, so wenig wie möglich ihren Kindern „um den Hals hängen“ und so gut wie möglich für ihre Kinder die guten Eltern sind oder bleiben, wie sie es sich immer vorgestellt haben. Alles andere, der Gesetzgeber, kann hier nur immer zweitbeste Krücken bilden – aber die gemeinsame Obsorge ist eine ganz hervorragende, die den Eltern ein gutes Elternsein wirklich erleichtern sollte. – Dafür bedanke ich mich.

Ich danke ganz besonders auch Herrn Dr. Kathrein aus dem Justizministerium, der ganz unbeobachtet im Hintergrund sitzt (Abg. Hörl: Ein Tiroler!) und von dem ich weiß, dass er sehr viele Jahre an diesem Entwurf gearbeitet hat. Danke dafür! Ich hoffe, dass die meisten Kinder von Scheidungen möglichst unbelastet bleiben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.57


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gartelgruber. – Bitte.

 


11.57.52

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frauen Mi­nisterinnen! Hohes Haus! Wie meine Vorrednerinnen aus meiner Fraktion schon ge­sagt haben, sind wir aus berechtigten Gründen gegen diesen Gesetzentwurf zum Fa­milienrechts-Änderungsgesetz. Gerade in der Frage der gemeinsamen Obsorge blei­ben für uns sehr viele essenzielle Fragen ungelöst, und auch die Beurteilungskriterien zum Kindeswohl gehen mir nicht weit genug. Ich glaube auch nicht, dass die Verfah­rensdauer durch diese neuen Regelungen verkürzt wird.

Natürlich ist es immer schwierig, bei Trennungen, die sehr oft sehr emotional vonstat­tengehen, objektiv zu bleiben, und oft sind es die Kinder, die von einem oder dem an­deren Elternteil instrumentalisiert werden. Und wenn die Gräben zwischen den Er­wachsenen so groß und tief sind, wird leider vergessen, dass zarte Kinderseelen unter diesen Streitereien sehr großen Schaden nehmen.

Für mich ist auch eines ganz klar – da gebe ich der Kollegin Hakl recht –: Kein Gesetz der Welt kann diese Wunden heilen, aber mit einer verpflichtenden Obsorge hätte man sehr viel Druck aus den Diskussionen nehmen und sehr viel Schaden von den Tren­nungskindern abwenden können.

Für mich bleiben Mütter immer Mütter und Väter immer Väter, und die Kinder haben Anrecht auf beide Elternteile. Aber Kinder haben nicht nur Mama und Papa, sondern auch Oma und Opa, und die werden gerade bei Trennungsfällen nicht berücksichtigt. Deshalb kann ich es auch nur sehr begrüßen, dass unser Antrag betreffend das Be­suchsrecht der Großeltern hier teilweise mit eingeflossen ist. Ich finde es aber ein bisschen schade, dass dieser Antrag der FPÖ, der im Vorarlberger Landtag einstim-
mig angenommen worden ist, also von allen Fraktionen, hier nicht 1 : 1 übernommen wurde.

Ich möchte hier noch einmal betonen: Das Wohl des Kindes muss im Vordergrund ste­hen, nicht die Streitigkeiten, die die Eltern nicht regeln können! Und das ist auch der Grund, warum ich glaube, dass den Großeltern der Besuch ihrer Enkel nicht untersagt werden darf. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben es hier wieder einmal mit einem halbherzigen Regierungsbeschluss zu tun. Ein großer Gesetzentwurf sieht für mich anders aus. Unterm Strich bleibt ein Flickwerk, diese Obsorgeregelung ist keine wirklich gute Lösung, auf Kosten unserer Kinder. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.00



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 83

Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühl­bacher. – Bitte.

 


12.00.49

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr ver­ehrten Bundesministerinnen! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Familienrecht ist ein, würde ich sagen, sehr sensibles Thema und ist von sehr, sehr vielen Einzelfällen geprägt.

In der heutigen Debatte hat Kollege Ikrath vom sogenannten Idealbild der Familie ge­sprochen. Aber man muss auch sagen, dass die Realität – nicht nur in der heutigen Zeit, sondern auch schon früher – einfach anders aussieht. Wir haben heute Patch­workfamilien, die Gesamtscheidungsrate liegt bei fast 50 Prozent, es gibt Regenbogen­familien (Zwischenruf der Abg. Steibl), und wir als Gesetzgeber müssen auch auf die­se Fälle reagieren.

Frau Kollegin Steibl, die Realität sieht nun einmal so aus, dass sehr, sehr viele Fami­lien und Menschen an diesem Idealbild scheitern. Und wir als Gesetzgeber müssen versuchen, gesetzliche Rahmenbedingungen auch für diese Fälle zu schaffen.

Frau Kollegin Kitzmüller hat das neue Namensrecht angesprochen. Ich befürworte das neue Namensrecht sehr, nicht nur deshalb, weil ich selbst Trägerin eines Doppelna­mens bin, sondern auch, weil das neue Namensrecht wirklich ein Meilenstein ist. Es ist ein modernes Namensrecht. Man hat die Auswahlmöglichkeit, es ist kein Muss, Frau Kollegin Kitzmüller, und deswegen verstehe ich nicht, dass Sie dieses neue Namens­recht als Anschlag auf die Familie oder auf den traditionellen Familiennamen sehen. Sie haben nach wie vor die Möglichkeit, ganz traditionell den Namen des Mannes an­zunehmen und ganz traditionell den Kindern den Namen des Mannes zu geben. Also von diesem Gesichtspunkt her bitte ich Sie, dieses Gesetz noch einmal näher durchzu­sehen.

Etwas ist in der Debatte zu kurz gekommen, gerade für die Zuhörerinnen und Zuhörer: In 90 Prozent der Fälle gibt es Vereinbarungen, gibt es keine Streitigkeiten. Wir be­fassen uns hier jetzt mit den 10 Prozent der Fälle, in denen es eben zu Streitigkeiten kommt.

Wir von der Sozialdemokratie haben uns immer dafür eingesetzt, auch während des Gesetzwerdungsprozesses, dass die Interessen der Kinder im Vordergrund stehen – weder die Interessen der Mütter noch jene der Väter, sondern die Interessen der Kin­der sind da in den Vordergrund zu stellen. Und es sind auch klare Verhältnisse zu schaffen, ohne dass der Streit auf dem Rücken der Kinder ausgetragen wird.

Es gibt nach wie vor auch die Möglichkeit, weil Kollege Scheibner moniert hat, dass un­eheliche Kinder anders behandelt werden (Zwischenruf des Abg. Scheibner), die ge­meinsame Obsorge zu vereinbaren, auch bei unehelichen Kindern.

Ganz besonders hervorheben möchte ich, dass nach diesem Entwurf die Familienge­richtshilfe und auch das Instrument des Besuchsmittlers im Gesetz verankert werden, denn mittlerweile ist es manchmal schon so, dass es nicht mehr möglich ist, dass bei der Ausübung des Besuchsrechts das Kind zum Beispiel vom Vater abgeholt werden kann oder die Mutter das Kind zum Vater bringt, weil sich die Erwachsenen einfach nicht mehr unter die Augen treten können. Daher ist das Instrument des Besuchsmitt­lers hier auch zu erwähnen.

Sehr geehrte Bundesministerinnen! Ich glaube, dass wir hier einen guten Gesetzent­wurf vorliegen haben. Aber, Frau Bundesministerin Karl, die Reformen sind damit noch nicht beendet. Ich darf auch hier wieder eindringlich bitten, sich das Unterhaltsvor­schussrecht noch einmal anzusehen. Und wir haben – ich habe das auch schon im


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 84

Ausschuss moniert – nach wie vor eine offene Diskriminierung, was das Namensrecht betrifft, gerade bei den Doppelnamen von Schwulen und Lesben, wo kein Bindestrich vorgesehen ist, sodass man auf den ersten Blick sieht, dass dieser Mann oder diese Frau schwul beziehungsweise lesbisch ist. Das sollten wir unbedingt ändern. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.05


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Himmelbauer. – Bitte.

 


12.05.31

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Bundesministerinnen! Werte Kollegen und Kolleginnen! Dass Beziehungen nicht immer im Guten enden, ist keine Neuigkeit. Und dass dabei die Wogen hochgehen können und Entscheidungen nicht immer rational getroffen werden, ist auch keine Neu­igkeit. Sind dabei aber Kinder im Spiel, muss klar sein, dass die persönlichen Befind­lichkeiten zurückgestellt werden müssen – zum Wohle des Kindes.

Dieses Kindeswohl findet sich nun erstmals in dem zur Abstimmung stehenden Kind­schafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz. Zwölf Kriterien, die im Gesetz aufgelis­tet sind, sorgen dafür, dass das Kindeswohl als leitender Gesichtspunkt zu berücksich­tigen und zu gewährleisten ist.

Mit diesen zwölf Kriterien als oberstem Prinzip ist ein Familienrechtspaket entstanden, das schnellere Entscheidungen in familiengerichtlichen Verfahren und Kontinuität für die Kinder auch nach der Trennung der Eltern ermöglicht. Die Verfahrensdauer wird dabei durch den Einsatz der Familiengerichtshilfe deutlich reduziert. Die positiven Er­fahrungen hat auch der Modellversuch in den vier Bezirksgerichten seit Anfang des Jahres gezeigt; sie bestätigen auch den bundesweiten Ausbau. So sollen auch fami­liäre Konflikte rascher und für alle Parteien befriedigender gelöst werden. Und das ist natürlich auch zum Wohle des Kindes.

Die Obsorge beider Elternteile nach einer Trennung bleibt dabei vorerst aufrecht. Die gemeinsame Obsorge soll so auch in Zukunft der Regelfall sein.

Das Familienrechtspaket beinhaltet neben dem Kontaktrecht, der Obsorge nach der Trennung, dem Instrument des Besuchsmittlers, der Gleichstellung von Vater und Mut­ter auch das weitere, flexiblere Namensrecht, das das Tragen eines Doppelnamens er­möglicht – nicht vorschreibt, sondern zusätzlich ermöglicht – und so auch zur Schaf­fung beziehungsweise Steigerung der Familienidentität beiträgt. Somit werden eheliche und uneheliche Kinder gleichgestellt und die Bestimmung des Familiennamens ohne langwierige Verfahren wird erleichtert.

All diese Punkte dieses Gesetzesvorschlages tragen zur Stärkung und Sicherung des Kindeswohls bei. (Beifall bei der ÖVP.)

12.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Binder-Maier. – Bitte.

 


12.08.06

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Mi­nisterinnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Wie der Name Kind­schaftsrechts-Änderungsgesetz aussagt, geht es um die Kinder, es geht um deren Wohlbefinden, es geht um die Befindlichkeit, es geht schlicht und einfach um das Le­ben der Kinder und deren Lebenssituation.

Meine Damen und Herren! Menschen, die mit Kindern leben, haben Verantwortung übernommen und müssen diese auch wahrnehmen. Nur: Lebenswege von Erwachse-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 85

nen trennen sich – und trotz alledem muss, wenn Kinder vorhanden sind, die eigene Persönlichkeit, Befindlichkeit hintangestellt werden, und es müssen die Interessen der Kinder in den Vordergrund gerückt werden. Die besten Lösungen für unsere Kinder stehen im Vordergrund, auch bei Trennungen.

Bei 10 Prozent der Trennungen kommt es letztendlich zu Hass, Zerrüttung, Zorn, Kum­mer, Leid und Traurigkeit. Daher besteht akuter Handlungsbedarf des Gesetzgebers, denn darauf muss reagiert werden. Wenn keine Einigung mehr möglich ist, wenn keine gemeinsamen Lösungen erreicht werden können, dann sollen durch gesetzliche Rege­lung Lösungen angeboten werden können.

In diesem Zusammenhang eine Bemerkung zu einer meiner Vorrednerinnen: Gerade in diesen strittigen Fällen gibt es keine Schwarz-Weiß-Lösungen, sondern viele Varian­ten, wie Menschen wieder zueinanderfinden im Sinne ihrer Kinder.

Die Novelle beinhaltet viele wesentliche Punkte, zum Beispiel die Gleichbehandlung unehelicher Kinder und ehelicher Kinder. Es wurden Schritte eingeleitet, sodass es in den letzten Jahrzehnten wirklich zu einer Gleichstellung gekommen ist, bis hin zum Na­mensrecht, das eine Möglichkeit schafft, aber keinen Zwang vorsieht. Eine weitere Neuerung ist die Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung. – Punkte, die wichtig und notwendig sind.

Ich persönlich möchte die Neuregelung der Definition des Kindeswohles hervorstrei­chen. Zum ersten Mal wird das Kindeswohl im Gesetz festgehalten, es wird berück­sichtigt und auch gewährleistet. Dazu gehören zum Beispiel angemessene Versor­gung, Fürsorge, Geborgenheit und Schutz, Wertschätzung und Akzeptanz des Kindes, Förderung der Anlagen, Fähigkeiten und Neigungen, Berücksichtigung der Meinung des Kindes, Vermeidung der Beeinträchtigung des Kindes durch Umsetzung von Maß­nahmen gegen den Willen des Kindes und noch viele weitere wichtige Punkte. (Unruhe im Saal. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Ich denke, es wird auch die Männer der ÖVP interessieren, dass Kinder Rechte haben, die auch umgesetzt werden müssen – auch in strittigen Fällen, auch bei Scheidungen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Dies ist ein Paket von Maßnahmen, die wir natürlich sehr begrüßen.

Ein Satz zur Neuerung der Familiengerichtshilfe: Sie bietet die Möglichkeit, Menschen dabei zu begleiten, die bestmögliche Lösung für ihre zerstrittenen Verhältnisse zu fin­den, um wieder gemeinsam für das Kind sorgen zu können.

Ich konnte mich persönlich im Bezirksgericht Amstetten davon überzeugen, wie hervor­ragend die Zusammenarbeit funktioniert. Kollegin Andrea Gessl-Ranftl war in Leoben, wo unterstrichen wurde, dass der Schutz des Kindeswohls durch professionelle Be­gleitung gewährleistet wird und dass es durch die Betreuung und Begleitung durch die Familiengerichtshilfe zu einer Deeskalation kommt.

Frau Bundesministerin, ich denke daher, dass es wichtig ist, dass wir in ganz Öster­reich derlei begleitende Stellen einrichten.

Ich meine, meine Damen und Herren, die eingeschlagene Richtung stimmt, um Lösun­gen gerade in strittigen Fällen herbeizuführen. Es gibt noch viel Handlungsbedarf, vor allem auch im Unterhaltsbereich. Ich kann Sie alle, die Sie davon betroffen sind, nur bitten, diesem neuen Gesetz, diesen neuen Regelungen eine Chance zu geben. (Bei­fall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.12

12.10.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 86

Wir kommen zu den Abstimmungen, die wir über jeden Ausschussantrag getrennt vornehmen.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 2: Entwurf be­treffend Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz 2013, in 2087 der Beilagen.

Hiezu liegt ein vom Abgeordneten Mag. Steinhauser eingebrachtes Verlangen auf ge­trennte Abstimmung vor.

Ich werde daher zunächst über die vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betrof­fenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Ge­setzentwurfes abstimmen lassen.

Getrennte Abstimmung über Artikel 1 Ziffern 1 und 2, §§ 155 bis 157 in Ziffer 4, Ar­tikel 1 Ziffer 40 sowie Artikel 8 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Teil des Gesetzentwurfes ihre Zustim­mung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wenn Sie dafür Ihre Zustimmung geben, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über die dem Ausschussbericht 2087 der Beilagen angeschlossene Ent­schließung betreffend Neuregelungen des Kindschaftsrechts.

Wenn Sie dafür eintreten, bitte ich Sie um Ihr Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen. (E 276.)

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend automatische Obsorge als gesetzlichen Regelfall unter dem Vorbehalt einer Kindeswohlüberprüfung.

Wer diesen Entschließungsantrag unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Der Antrag findet keine Mehrheit und ist abgelehnt.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: die dem Ausschussbericht 2088 der Beila­gen angeschlossene Entschließung betreffend Mittel für die Fortbildung der Familien­richter im Zusammenhang mit Obsorgestreitigkeiten.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig an­genommen. (E 277.)

12.15.194. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1991 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz 1988 und das Bewährungshilfegesetz geändert werden (2089 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 2055/A(E) der Abgeordneten Ur­sula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend gerichtliche Aufsicht bei Se­xualstraftätern und bei sexuell motivierten Gewalttätern nach der Haftentlassung (2090 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 87

6. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 2064/A(E) der Abgeordneten Jo­sef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausweitung des Tätigkeitsver­botes gemäß § 220b StGB (2091 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 2065/A(E) der Abgeordneten Jo­sef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend verfassungsgesetzliche Be­grenzung des Anwendungsbereiches von elektronisch überwachtem Hausar­rest – keine Fußfessel für Sexualstraftäter (2092 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1761/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine Möglichkeit des Strafvollzuges durch den elektronisch überwachten Hausarrest für nach dem Zehnten Abschnitt des Strafgesetzbuches – Strafbare Handlungen gegen die se­xuelle Integrität und Selbstbestimmung – verurteilte Personen (2093 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zu den Tagesordnungspunkten 4 bis 8, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lausch. – Bitte.

 


12.16.51

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ho­hes Haus! Ja, wir werden diesen Gesetzentwurf insgesamt ablehnen. Aus unserer Sicht ist das maximal – wenn man es sehr positiv sieht – ein Schritt in die richtige Rich­tung.

Wir wollen keine Fußfessel, keinen elektronisch überwachten Hausarrest für Sexual­straftäter! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich erinnere an eine Ausschussfeststellung, die bei Einführung des elektronisch über­wachten Hausarrests getroffen wurde – Frau Bundesministerin, sie wird Ihnen bekannt sein –: Damals haben sich alle fünf Parteien gegen die Fußfessel, den elektronisch überwachten Hausarrest, wie es richtig heißt, hier in diesem Haus ausgesprochen.

Das wurde dann ein bisschen verwässert. Man hat uns immer erzählt, man könne da nicht eine Tätergruppe konkret ausschließen. Das ist aus unserer Sicht nicht wirklich rechtlich fundiert, denn eines ist klar – auch in der Ausschussfeststellung steht das so drinnen –: Die Generalprävention hat da eine Rolle zu spielen. Und es hat eine ganz schlechte Wirkung für die Allgemeinheit, wenn man Sexualstraftätern eine Hafterleich­terung zukommen lässt.

Vor Kurzem war ja zu lesen, wie aufgebracht die Bevölkerung ist, die Menschen drau­ßen sind, wenn Sexualstraftäter entweder nie in Haft kamen oder schon nach kurzer Zeit eine Hafterleichterung bekamen. Sie planen ja jetzt ein sogenanntes Verschärf­chen. Man kann nicht einmal sagen, eine Verschärfung. Sie lassen jetzt nach der Hälf­te der Haftstrafe, aber mindestens drei Monaten die Sexualstraftäter wieder heraus.

Sollte einem Opfer eine Therapie zukommen – was oft gar nicht der Fall ist, denn da gibt es meist die Verkehrung: meist macht man aus Tätern, wenn sie überhaupt in Haft sind, Opfer und aus den Opfern dann Täter; das wird dann immer umgedreht –, sollte also einem Opfer eine Behandlung zukommen, dann braucht es das Opfer sicherlich


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am wenigsten, am nächsten Tag oder nach kurzer Zeit dem Täter auf der Straße zu begegnen.

Wir sind der Meinung, das ist das absolut falsche Zeichen, und es ist eigentlich eine Schande, dass man hier über solche Sachen diskutiert (Beifall bei der FPÖ), die Opfer meist nicht zur Ruhe kommen lassen und wodurch die Opfer weiterhin hämischen Bli­cken der Täter und so weiter ausgesetzt sind.

Das kann es aus unserer Sicht nicht sein. Darum sagen wir klipp und klar: Nein! Se­xualstraftäter haben die Hafterleichterung des elektronisch überwachten Hausarrests nicht zu spüren! Da gibt es für uns kein Wenn und Aber. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie sich alle die Berichte anschauen, auch Zeitungsberichte, dann wissen Sie auch, wie die Bevölkerung darüber denkt: Man will es nicht! Schlicht und einfach, Frau Bundesminister: Man will es nicht. Was man vielleicht schon will – und das hätte dann vielleicht schon etwas gebracht –, ist, wenn man denkt, dass natürlich Delikte gegen das Eigentum in Österreich sehr hoch bestraft werden, solche wie jene im 10. Ab­schnitt im Strafgesetzbuch – Vergewaltigung, geschlechtliche Nötigung – relativ milde bestraft werden. Da geht die Haft immer los: sechs Monate bis zehn Jahre, sechs Mo­nate bis fünf Jahre und, und, und. Mindeststrafe relativ nieder: sechs Monate.

Da hätten Sie etwas tun können! Da liegt die Verantwortung bei Ihnen. Hier hätte man schon etwas verschärfen können, dann hätte man vielleicht so eine Klientel wie Se­xualstraftäter, Kinderschänder von Haus aus schon ausschließen können. Aber da hat man nichts gemacht, da laviert man herum und sagt: die Hälfte der Freiheitsstrafe, min­destens drei Monate. Das ist aus unserer Sicht nicht Fisch und nicht Fleisch, ein leidi­ges Herumlavieren.

Da ist den Opfern nicht geholfen, das ist aus unserer Sicht absoluter Täterschutz! Da findet wieder diese Opfer-Täter-Verkehrung statt, und es ist ein Schlag ins Gesicht von Sexualopfern, dem ausgesetzt zu werden. Wir lehnen das striktest ab. Hier hätten Sie sich mit Ihrem Haus innovativere, bessere Sachen einfallen lassen können, das ist uns mit Punkt und Beistrich auf jeden Fall einmal zu wenig. Es ist eigentlich wirklich eine Schande, dass man hier wieder einmal herumlaviert, genau bei diesem Abschnitt im Strafgesetzbuch, was das Abscheulichste ist.

Man muss eines schon berücksichtigen: Wenn sich heute jemand an Kindern vergeht, dann bekommen die Kinder das nie wieder weg, das ist, so sage ich – vielleicht können Sie jetzt sagen, das ist überzogen, aber es ist trotzdem so –, Mord auf Raten! Es ist Seelenmord auf Raten, das bekommt ein Kind nicht mehr weg. (Beifall bei der FPÖ.)

Bei so etwas hat, wie gesagt, eine Fußfessel-Hafterleichterung nichts verloren. Darum lehnen wir das schlicht und einfach ab. (Beifall bei der FPÖ.)

12.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Franz. – Bitte.

 


12.22.06

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Ho­hes Haus! In dieser vorliegenden Gesetzesvorlage geht es um die notwendig geworde­ne Anpassung der Bestimmungen über den elektronisch überwachten Hausarrest, die sogenannte Fußfessel. Neben der Anpassung von bestehenden Regelungen werden auch neue gesetzliche Grundlagen geschaffen für die Videoüberwachung von Anstal­ten und die Entsendung von Strafvollzugsbediensteten ins Ausland.

Nun ist die Fußfessel in letzter Zeit vor allem deshalb ins Gerede gekommen, weil Se­xualstraftätern von unabhängigen Gerichten die Vollzugsform des elektronisch über­wachten Hausarrests gewährt wurde. Ich erinnere aber daran, dass es diese Fußfessel


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seit 1. September 2012 gibt, und es gibt dazu rigorose Einschränkungen: Erstens ein­mal darf das Strafausmaß von zwölf Monaten nicht überschritten werden; es braucht für den Straftäter eine geeignete Unterkunft im Inland; er oder sie muss eine Beschäfti­gung haben; er oder sie muss ein Einkommen haben, von dem man auch leben kann; er oder sie muss kranken- und unfallversichert sein; und die im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen müssen auch damit einverstanden sein.

Ja, ich habe Verständnis für Opfer, und es ist sicher schwierig, wenn man weiß, dass ein Täter mit einer Fußfessel herumgeht. Aber es gibt dazu natürlich verfassungsrecht­liche Bedenken. Es können nicht ganze Tätergruppen ausgenommen werden.

Nun werden verschärfte Kriterien vorgeschlagen, die der Kritik bezüglich einer restrikti­ven Anwendung des elektronisch überwachten Hausarrests Rechnung tragen: Es muss die Hälfte der Freiheitsstrafe in der Vollzugsanstalt verbüßt werden, jedoch min­destens drei Monate; es muss eine günstige Prognose geben, dass dieser Straftäter den Hausarrest nicht missbraucht; das Opfer hat ein Äußerungs- und Informations­recht, wenn es das will; und es können auch zusätzliche Auflagen gemacht werden, beispielsweise eine GPS-Fessel, wodurch der Bewegungsradius des Täters deutlich eingeschränkt wird.

Nun zur Videoüberwachung von Anstalten: Es besteht die Möglichkeit, die Vollzugsan­stalten und ihre Außengrenzen mittels Videokameras zu überwachen. Damit kann dem gesetzlichen Auftrag des angemessenen Strafvollzugs entsprochen werden. Die Video­überwachung dient der Sicherung der Insassen, sie dient der Vermeidung von Flucht­versuchen, sie dient auch dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und der Verhinde­rung von Straftaten.

Den datenschutzrechtlichen Bestimmungen wird Rechnung getragen. Der Anstaltsleiter wird ermächtigt, die Videoüberwachung zum Einsatz zu bringen, er muss das aber nicht machen. Die Videoüberwachung erhöht damit das Sicherheitsgefühl sowohl der Insassen als auch der dortigen Bediensteten, zum Beispiel derjenigen Personen, die in den Vollzugsanstalten als Therapeuten oder als Sozialarbeiter arbeiten. Gleichzeitig er­höht sie die Bewegungsfreiheit der Insassen und ermöglicht Einsparungen beim Perso­nalaufwand.

Alles in allem ist es ein Gesetz, das den elektronisch überwachten Hausarrest nun bes­ser regelt, und die Videoüberwachung ist hier gut geregelt. Ich glaube, es wäre gut, wenn auch die Opposition sich dazu entschließen könnte, diesem Gesetz zuzustim­men. (Beifall bei der ÖVP.)

12.26


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhau­ser. – Bitte.

 


12.26.20

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Das Parlament hat vor noch nicht allzu langer Zeit einstimmig den elektronischen Hausarrest verabschiedet. Unabhängig vom debattierten Teil kann man, glaube ich, sagen, dass der elektronische Hausarrest grundsätzlich eine gute Maßnahme ist, die mit Sicherheit der Resozialisierung dient.

Jetzt gibt es einen medial debattierten Fall, der offensichtlich auch Anlass für die Ge­setzesänderung ist. Ich habe mich mit der Betroffenen, mit dem „Opfer“ – unter Anfüh­rungszeichen; der Begriff Betroffene gefällt mir an sich besser –, getroffen und mir auch angehört, was sie zu sagen hat. Die Initiative ist von ihr ausgegangen, und sie hat für mich als Strafrechtspolitiker interessante Dinge geschildert. Was sie gestört hat, ist, dass die Schadenersatzzahlung offensichtlich nicht funktioniert hat. Sie hat von Be­lästigungen berichtet und davon, dass es beim Täter keine Tateinsicht gebe.


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Ich sage dazu, ich kann den Fall nicht überprüfen, und ich bin auch nicht das Gericht, aber ich finde, was man jedenfalls sehen kann, ist, wie sich Betroffene mit dem Delikt, das ihnen widerfahren ist, auseinandersetzen und was für sie besonders zentral ist, nämlich eben Fragen der Wiedergutmachung, Fragen wie diese: Setzt sich der Täter mit der Tat auseinander? Gibt es eine Schuldeinsicht?

All das arbeitet in den Betroffenen, in den Opfern weiter, und darauf gibt das Strafrecht noch viel zu wenig Antworten. Es gibt die Idee von Restorative Justice, wo man sagt, man zieht im Strafrecht noch eine viel stärkere Komponente ein und fragt: Wie geht es den Betroffenen? Wie kann man ihnen sozusagen in der Situation beistehen?

Auf alle diese Fragen gibt aber der vorliegende Gesetzentwurf meiner Einschätzung nach keine Antwort. Er ist einzig und allein eine Reaktion auf eine mediale Debatte. Ob es die richtigen Antworten sind, kann ich nicht beurteilen, das ist schwer zu sagen. Ich lese, es gibt von unterschiedlichsten Einrichtungen massive Kritik an den Vorschlägen; es sind unverdächtige Einrichtungen: Rechtsanwaltskammer, Richtervereinigung und Universität. Ich glaube, dass es angesichts dieser Einwände und der Gesamtsituation – nämlich der Auseinandersetzung mit der Betroffenen und der Frage, welche Bedürf­nisse sie formuliert hat – eigentlich Sinn gemacht hätte, dass man nicht zu einem Schnellschuss neigt, sondern dass man sich grundsätzlich mit der Frage auseinan­dersetzt, wie man in so einer Situation adäquate Antworten geben kann.

Der zweite Punkt des Gesetzes betrifft den Maßnahmenvollzug. Im Maßnahmenvollzug besteht massiver Reformbedarf, weil wir seit Jahren steigende Zahlen beobachten müssen. Der Abgeordnete Pendl hat, wenn ich ihn richtig verstanden habe, im Aus­schuss vorgeschlagen, dass wir uns einmal in einer Enquete intensiver damit ausein­andersetzen. Das kann ich nur sehr unterstützen. Ich glaube, dass eine Enquete ein sinnvoller Beginn einer Reformdebatte sein kann, wo immer sie uns hinführt. Das wer­den wir sehen, in einer Enquete wird ja ergebnisoffen debattiert.

Ein Punkt ist jetzt drinnen, den ich ansprechen möchte: Das ist das Anliegen des Ge­setzes, dass nunmehr Außenstellen, in denen es Maßnahmenvollzug gibt, zu Außen­stellen des Normalvollzugs erklärt werden können. Ich weiß schon, dass sich an der or­ganisatorischen Situation grundsätzlich nichts ändert, habe aber trotzdem Bedenken.

Historisch ist man immer davon ausgegangen, dass es eine strikte Trennung zwischen Maßnahmenvollzug und Normalvollzug gibt. Natürlich wird das rein formal nicht durch­brochen, ich bin aber skeptisch bei allen Entwicklungen, die einen Schritt in diese Rich­tung darstellen können, und bin daher auch bei dieser Formulierung extrem skeptisch – obwohl ich sagen muss, dass in Asten meiner Einschätzung nach hervorragende Ar­beit getätigt wird.

Aber ich glaube eben – jetzt darauf zurückkommend –, wir sollten uns in einer Enquete Zeit nehmen und einmal ganz grundlegend über den Maßnahmenvollzug und Reform­möglichkeiten diskutieren. Es gibt Finanzierungsprobleme – der Maßnahmenvollzug ist teuer –, und es gibt natürlich auch ein menschenrechtliches Problem, wenn immer mehr Menschen im Maßnahmenvollzug sitzen. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

12.30


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


12.30.38

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Wie oft haben wir hier im Plenum schon das Wort „Anlassgesetzgebung“ gehört? – Wer sich zurückerinnert: jahrelang immer wieder!


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Jetzt sind wir bei einer typischen Anlassgesetzgebung – auch wenn ich es verstehe, das sage ich gleich dazu –, aber das Problem ist, dass man diese zentrale Frage nicht nur auf Sexualdelikte fokussieren sollte. Wir haben – Frau Bundesministerin, wir haben im Ausschuss darüber diskutiert – bereits seit Längerem eine Entwicklung, dass Ver­mögensdelikte viel strenger bestraft werden als Verbrechen gegen Leib und Leben. Das ist eine Entwicklung, die man meiner Ansicht nach nicht hinnehmen kann, auch wir hier als Gesetzgeber nicht. Dieser Frage muss man sich stellen, denn ich glaube nach wie vor, dass das wichtigste Gut die Gesundheit und das Wohlergehen des Menschen ist und nicht irgendein materieller Wert. Das ist eine Entwicklung, glaube ich, an der man ansetzen muss. – Erstens.

Zweitens: Wir haben das Problem – mein Vorredner hat es angesprochen, und ich ha­be hier in den letzten Jahren schon öfters versucht, diesbezüglich einen Anlauf zu nehmen –, dass das Strafgesetzbuch in die Jahre gekommen ist und damit automa­tisch auch der Maßnahmenvollzug. Wenn man sich die Entwicklung nach § 21 Abs. 1 und § 21 Abs. 2 StGB ansieht, haben wir steigende Zahlen. Wir haben nach § 22 StGB überhaupt nichts, und nach § 23 haben wir einen, wenn ich es richtig im Kopf habe, im ganzen Bundesgebiet.

Daher gehört der Maßnahmenvollzug einmal zur Gänze wirklich durchdiskutiert, um zu schauen, ob wir ihn nicht überhaupt auf neue Beine stellen sollen. Ich kenne die Dis­kussion schon sehr lange. Da haben wir die, sage ich, medizinisch zu Betreuenden – da mache ich jetzt keinen Unterschied zwischen § 21 Abs. 1 und § 21 Abs. 2 – inner­halb des Vollzuges oder außerhalb des Vollzuges. Diese Diskussion ist eine uralte, jahrzehntelang ist es immer darum gegangen: Wo ist es billiger, wo sind höhere Kos­ten?

Frau Ministerin! Das ist ein Thema, an dem man sich nicht auf Dauer vorbeischwindeln kann. Ich lade Sie wirklich ein, dass wir ernst darüber diskutieren. Wenn ich in normale Anstalten, wo ich ohnehin einen schlechten Personalschlüssel im Vergleich Insas­sen/Beamte habe, auch noch einen Maßnahmenvollzug hineingebe, weiß ich, was da­bei herauskommt. Denn ein Maßnahmenvollzug soll nicht nur strikt getrennt vom Nor­malvollzug sein, sondern wenn der Strafvollzug überhaupt einen Sinn machen soll, dann gehören sie auch betreut. Aber der Betreuungsaufwand nach § 21 Abs. 1, vor al­lem jedoch nach § 21 Abs. 2 ist ein großer.

Ich kenne schon die organisatorischen Probleme, glaube aber trotzdem eines – und deshalb wirklich noch einmal mein Appell, ich habe es ja auch im Ausschuss ver­sucht –: Versuchen wir, auch diese zentrale Frage des Vollzuges neu zu diskutieren und auf neue Beine zu stellen! Ich glaube, es werden Ihre Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter und schlussendlich alle zufrieden sein, wenn wir zu einer neuen Lösung kom­men. Die jetzige ist nicht zufriedenstellend, und vor allem geht sie ausschließlich zulas­ten des Personals. Das muss man auch in aller Klarheit sagen. Darum meine ich, dass wir hier Handlungsbedarf haben. Ich lade Sie sehr herzlich zur Zusammenarbeit ein! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Hornek.)

12.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Westentha­ler. – Bitte.

 


12.34.22

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Mi­nisterin! Zunächst zwei positive Bemerkungen: Ich halte es für richtig und positiv, dass Sie angekündigt haben, bezüglich des Strafrahmens bei sexuellem Missbrauch und bei Sexualstrafdelikten sowohl die Mindeststrafen als auch die Höchststrafen anzuheben. Das ist richtig! Ich weiß schon, dass da auch Vorgaben seitens der Europäischen Uni-


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on vorhanden sind, aber trotzdem glaube ich, dass es richtig ist, hier eine Verschärfung anzugehen und damit mehr Möglichkeiten dafür zu geben, in diesem Deliktsbereich auch schärfer und härter zu bestrafen.

Auf der anderen Seite ist es auch positiv, dass Sie jetzt darangehen wollen – das ist ein großes Werk, da wissen wir, dass das nicht einfach ist –, in Form einer Evaluierung einmal das Gesamtgefüge des Strafgesetzbuches zu durchforsten, wo – und da hat Kollege Pendl völlig recht – eigentlich noch jede Menge an falschen Relationen zwi­schen Vermögensdelikten und Delikten gegen Leib und Leben vorhanden sind.

Das ist positiv, umso mehr, weil Sie das immer ankündigen und weil ich Ihnen, im Ge­gensatz zu manch einem Ihrer Amtsvorgänger, den Kampf gegen Sexualstraftaten wirklich abnehme und mir sicher bin, dass Sie das ernst nehmen. Genau deshalb verstehe ich jetzt diesen halben Schritt bei den Fußfesseln einfach nicht, weil wir hier einen anderen Zugang haben und weil wir wirklich der Meinung sind – ich stelle jetzt sehr provokant die Frage –: Wovor muss sich heute ein Straftäter, der ein vorsätzliches Sexualstrafdelikt in Österreich begeht, eigentlich wirklich fürchten?

Eine sehr provokante und zugespitzte Frage. Vor einer besonders langen unbedingten Freiheitsstrafe offenbar nicht! Denn wir wissen – und die Statistiken liegen vor –, dass jedes Jahr 500 bis 600 Verurteilungen laut Sexualstrafrechts-Paragraphen zum Tragen kommen, aber gerade einmal die Hälfte, das heißt, nur jeder zweite Sexualstraftäter, überhaupt eine unbedingte Strafe ausfasst – nur jeder Zweite! –, die andere Hälfte be­dingt.

Da beginnt schon einmal das Unverständnis bei der Bevölkerung, dass es bei solchen schweren Delikten eigentlich überhaupt zu bedingten und zu milden Strafen kommt. Das ist einmal das Erste, da muss er sich also nicht besonders fürchten. Wird er verur­teilt, dann kann er davon ausgehen, dass er, wenn er überhaupt die Hälfte der Strafe absitzen muss – das kommt ja noch dazu, Frau Ministerin: wenn er überhaupt die Hälf­te absitzen muss –, dann die Chance hat, eine Fußfessel zu bekommen, nach Hause zu gehen und dort weiter seine Strafe zu – unter Anführungszeichen – „verbüßen“; denn ob das tatsächlich eine Verbüßung ist, ist eine andere Frage.

Wenn das nicht der Fall ist, geht er ohnehin vorzeitig bedingt nach Hause. Auch da ist unsere Kritik immer wieder die, dass wir es nicht verstehen, dass Sexualstraftäter auch vorzeitig bedingt entlassen werden.

Das sind die drei Punkte: zu milde Strafen, vorzeitig bedingte Entlassungen, und im schlimmsten Fall geht er nach der Hälfte mit der Fußfessel nach Hause. Da frage ich mich jetzt, Frau Ministerin: Ist das die präventive, abschreckende Wirkung für die ab­scheulichsten Taten in unserer Gesellschaft und für solche Täter? – Ich glaube: Nein, das ist sie nicht, hier gehört nachgeschärft, Frau Ministerin! (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Das Richtige wäre selbstverständlich gewesen – da hat der Kollege von der FPÖ völlig recht –, ganz klar zu definieren, nicht nur aufgrund des Anlassfalles, der ja besonders tragisch ist, weil der Täter überhaupt keine Reue zeigt und das Urteil des Verwaltungs­gerichtshofes – da sind wir einer Meinung – überhaupt nicht akzeptabel ist, hier klar zu determinieren, dass es für Sexualstraftäter, für diese Gruppe eben keine Fußfesseln geben kann. Und kommen Sie jetzt nicht mit dem Argument daher, das geht nicht, weil man eine Gruppe nicht ausnehmen kann! – Selbstverständlich geht das, wie es andere Länder in der EU, in Europa auch vorzeigen, Deutschland zum Beispiel. Es gibt diese Beispiele, wo das natürlich möglich ist.

Das ist also kein Argument, und daher sind wir wirklich der Meinung, dass die Fußfes­sel sozusagen nach der Halbzeit der Strafe ein ungeeignetes Mittel dafür ist, präventiv zu wirken. Wie wir überhaupt der Meinung sind, dass die einzige Sicherheit gegen Se-


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xualstraftäter – und ich grenze jetzt noch mehr ein, gegen Sexualstraftäter, die Sexual­straftaten gegen Unmündige, gegen Kinder begehen –, dass die einzige Sicherheit vor diesen Menschen jene ist, sie sicher aufzubewahren und wegzusperren, so lange es nur geht und so lange es möglich ist. Das ist die entscheidende Frage. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Da bin ich mittlerweile auch mit vielen Richtern einer Meinung, die das auch öffentlich mitteilen und sagen: Wir haben aber nur diesen Strafrahmen, wir haben nicht mehr! Deswegen gehört hier ausgeweitet, denn – ich sage es immer wieder – das Opfer, das Kind ist ein Leben lang betroffen. Der Sexualstraftäter muss zumindest wissen – das ist die Prävention –, wenn er so ein Vorsatzdelikt begeht, dass er sein Leben lang, wenn er sich an einem Kind vergreift, das Recht auf ein freies und selbstbestimmtes Leben verwirkt hat! Das ist das, wo wir hinwollen, denn das wäre Prävention! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Das ist Abschreckung, und das ist der Schutz unserer Kinder, meine sehr geehrten Da­men und Herren. Deswegen haben wir auch diese drei Anträge eingebracht, die das al­les mitberücksichtigen, Frau Ministerin. Hier haben wir auch auf ein Argument reagiert, das Sie uns genannt haben. Sie haben uns gesagt: Vorzeitig bedingte Entlassung ist deshalb sinnvoll, weil es dann auch eine begleitende Kontrolle danach gibt.

Das gibt es bei der Haftentlassung nicht. Wenn jemand unbedingt verurteilt wird und di­rekt aus der Haft in die Freiheit kommt, dann kann er nicht mehr beaufsichtigt und kon­trolliert werden, deswegen heute unser Antrag.

Machen wir es möglich! Zäumen wir das Pferd nicht von der falschen Seite auf und sa­gen nicht: Na ja, bringen wir immer mehr Sexualstraftäter vorzeitig bedingt aus dem Gefängnis heraus, damit wir sie beobachten können! Wir sagen: Nein, wir schränken die vorzeitige bedingte Entlassung noch mehr ein oder verbieten sie für Sexualstraf­täter und machen daher möglich, wenn sie einmal wieder entlassen werden, dass sie dann lebenslang beaufsichtigt und kontrolliert werden!

Das wäre die richtige Maßnahme, und das ist auch ein Antrag, den wir stellen, genau­so wie eine zwingend gesetzliche Determinierung, dass Kinderschänder, also Sexual­straftäter, die sich an Unmündigen vergehen, künftig ein lebenslanges Tätigkeitsverbot in sämtlichen Bereichen, wo sie mit Kindern zu tun haben, verhängt bekommen. Das soll nicht eine Kannbestimmung sein, eine Einzelprognose, sondern das muss klar sein und gesetzlich determiniert. Einer, der sich an Kindern vergeht, darf nie mehr auch nur in die Nähe von Kindern gebracht werden. Die Kinder müssen geschützt werden. (Bei­fall bei BZÖ und FPÖ.)

Frau Ministerin, es läuft immer auf dasselbe hinaus und Sie werden es vielleicht heute auch wieder sagen. Sie sagen immer öfter – und da sind wir eben anderer Meinung –, es kommt immer auf die Prognose an. Man gibt sehr viel auf die Prognose, die wis­senschaftliche Untersuchung von Sexualstraftätern, wie die weitere Entwicklung ist und nach der sollen sie beurteilt werden. Man soll ihnen noch vielleicht eine zweite Chance geben. – Das höre ich von Ihnen Gott sei Dank nicht, aber das kam immer wieder von so manchen auch aus der linken Reichshälfte. Das ist die zweite Chance, die Kinder nicht haben.

Jetzt lese ich da – und das war schon sehr interessant – in der Tageszeitung „Die Presse“ vor ein paar Wochen: „Sexualtäter im Risiko-Check.“ Da hat „Die Presse“ die Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter analysiert. Das ist eine Stelle, die eben dafür verantwortlich zeichnet, Sexualstraftäter zu untersuchen. Die kommen dort hin, bleiben dort zwei Wochen, werden analysiert. Dort gibt es einen Leiter, Dr. Reinhard Eher, vor dem ich großen Respekt habe und der eine sehr expo­nierte Position inne hat, aber der hier unglaublich offen und ehrlich von seiner Arbeit


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spricht. Das sollten Sie sich wirklich, falls Sie es noch nicht gelesen haben, einmal an­schauen.

Er wird von der „Presse“ interviewt und sagt  ich zitiere : „Wir versuchen, empirisch gesicherte Annäherungen zu treffen.“ Vorsichtiger geht es ja nicht mehr: Annäherun­gen treffen, um überhaupt zu prognostizieren. – Das sagt Dr. Reinhard Eher, der Lei­ter.

Und jetzt kommt ein zweites Zitat: „Denn das Verhalten einer Person können wir natür­lich nie genau vorhersagen.“

Frau Ministerin, deutlicher geht es nicht mehr: „nie genau vorhersagen.“ Und dann geht es weiter. Er sagt, dass von 500 bis 600 Menschen nur die Hälfte überhaupt in die un­bedingte Haft kommen.

„Am Ende“, liest man in der „Presse“, „landet der Täter in einem Kastl mit einer be­stimmten Rückfallwahrscheinlichkeit.“ Das wird in dieser Stelle festgestellt: „60 Pro­zent, steht dann da, oder auch nur 5.“ – Das ist die Palette. „Ob der Täter mit der ge­ringen 5 Prozent-Wahrscheinlichkeit wirklich zu diesen 5 Prozent gehört, kann vorher aber niemand sagen.“ – Um genau das geht es uns.

Frau Ministerin, das kann niemand sagen. Das war ein ehrlicher Leiter, der dort mitteilt, dass sie nur Prognosen stellen können, die in Wirklichkeit – und jetzt bringe ich es auf den Punkt – völlig uninteressant sind, weil jeder, egal, welche Prognose er hat, trotz­dem zum Rückfalltäter werden kann, und daher sage ich: Hände weg von vorzeitig be­dingtem Vollzug und Entlassung von Sexualstraftätern, vor allem von Kinderschändern! Hände weg von Fußfesseln für Kinderschänder! Hände weg von milden Strafen, von bedingten Strafen! Bitte, unbedingte Verurteilungen – das wäre das, was eine wirklich interessante Diskussion wäre.

Ich möchte noch etwas zum Abschluss sagen, Frau Ministerin. Ich werde es immer wieder sagen, solange es noch immer im Gesetz steht: Bitte, Frau Ministerin, überle­gen Sie und lassen Sie Ihre Experten darauf schauen, warum im Strafgesetzbuch der sexuelle Missbrauch von Unmündigen nach wie vor in zwei Paragraphen zwischen „normalem“ und „schwerem“ sexuellen Missbrauch von Unmündigen unterschieden wird! Es muss endlich einmal klar und deutlich gesagt werden: Jeder sexuelle Miss­brauch von Unmündigen ist schwer, Frau Ministerin! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Es kann hier keine Unterscheidung geben und es darf hier keine Unterscheidung ge­ben. Es wäre eine Aufgabe, Frau Ministerin – ich würde mich sehr freuen, wenn Sie das auch so sehen –, wenn Sie sagen: Okay, wir schauen uns das an. Wir setzen hier ein Signal. Genauso wie es beim Polizeibeamten keine normale Körperverletzung gibt, sondern nur eine schwere, müssen auch die Kinder eine besonders schützenswerte Gruppe im Strafgesetzbuch werden. Jede sexuelle Straftat an einem Kind soll schwer geahndet werden. Das wäre das, was wir uns wünschen würden, Frau Ministerin. Da haben Sie uns als Partner und ich hoffe, dass Sie hier auch tätig werden. – Danke schön. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

12.44


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort kommt nun Frau Bundesministerin Dr. Karl. – Bitte.

 


12.45.00

Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Das Thema des Umgangs mit Sexualstraftätern löst verständlicherweise immer sehr große Emotionen aus und erschwert damit aber auch eine rationale De­batte.


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Wie viele von Ihnen bin ich aber auch der Meinung, dass dem besonderen Umstand solcher Taten angesichts der durch sie verursachten besonderen seelischen Verletzun­gen in den gelten Strafrahmen noch nicht das richtige Gewicht beigemessen wird. Ich habe daher vor, Ihnen bald den Entwurf einer Reform des Strafgesetzbuches vorzule­gen, der unter anderem zur Anhebung einzelner Strafdrohungen führen soll. So habe ich vor, die Mindeststrafdrohung bei Vergewaltigung von derzeit sechs Monaten auf ein Jahr zu verdoppeln. Darüber hinaus soll der Strafrahmen bei der qualifizierten ge­schlechtlichen Nötigung, der derzeit bei einem bis zu zehn Jahren liegt, auf fünf bis 15 Jahre verschärft werden.

Weiters darf ich Sie daran erinnern, dass hier im Hohen Haus einstimmig eine Ent­schließung angenommen wurde, die den sexuellen Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person betrifft. Da haben Sie sich darauf geeinigt, dass die Grundstrafdrohung von derzeit sechs Monaten bis zu fünf Jahren auf ein bis zehn Jahre erhöht werden soll. All dies wird in dem Entwurf, der Ihnen bald vorliegen wird, enthalten sein. Ich glaube, dass damit wirklich ein ganz wichtiges Signal in Richtung ei­ner verstärkten Berücksichtigung opferbezogener Faktoren im Rahmen der Strafzu­messung gesetzt wird.

Auch die Ihnen heute zum Beschluss vorliegende Novelle des Strafvollzugsgesetzes fügt sich sehr gut in dieses Bild ein. Rechtsbrecher, die wegen schwerer Sexualdelikte verurteilt werden, können sich ihre Haftstrafe in Zukunft nicht mehr durch eine Fuß­fessel ersparen. Solche Täter können nämlich frühestens nach Verbüßung der Hälfte der Haftstrafe um eine Fußfessel ansuchen. Für alle sonstigen strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität, Selbstbestimmung oder sexuelle motivierte Gewaltdelikte darf die Fußfessel nur dann gewährt werden, wenn aus besonderen Gründen Gewähr dafür geboten ist, dass der Verurteilte den elektronisch überwachten Hausarrest nicht missbrauchen wird.

Ganz wichtig ist mir natürlich auch, die Opfer zu stärken und die Opfer stärker mitein­zubeziehen. Ich habe viele Gespräche mit verschiedenen Opferschutzeinrichtungen geführt. Da haben wir auch verschiedene Möglichkeiten besprochen, wie wir die Opfer stärker einbinden können. Die Opfer dieser Delikte sollen eben durch Einräumung ei­nes Äußerungsrechtes in die Entscheidung über den Hausarrest stärker miteingebun­den werden. Zusätzlich soll ihnen auch ein Anspruch auf psychosoziale Prozessbeglei­tung zukommen.

Betreffend die Gewährung eines Äußerungsrechtes möchte ich aber schon auch er­wähnen, dass es natürlich nur in jenen Fällen zur Anwendung gelangt, in denen dies das Opfer auch tatsächlich will. Wenn ein Opfer mit der konkreten Tat, mit dem Täter nichts mehr zu tun haben will, nicht mehr daran erinnert werden will, nicht mehr damit konfrontiert werden will, dann muss es von diesem Anhörungsrecht nicht Gebrauch machen. Das heißt, das liegt natürlich im freien Willen des Opfers.

Nächster Punkt: Es wird in Zukunft bei Sexualstraftätern eine GPS-Fußfessel zur An­wendung gelangen, die eine ständige örtliche Kontrolle des Fußfesselträgers ermög­licht. Es sind bei einigen Redebeiträgen von Ihnen auch Zweifel aufgekommen, ob es nicht doch sinnvoller wäre, eine gesamte Tätergruppe, nämlich die gesamte Gruppe der Sexualstraftäter auszunehmen. Wie Sie wissen, habe ich hier verfassungsrechtli­che Bedenken, aber selbst wenn ich keine verfassungsrechtlichen Bedenken hätte, hielte ich die Ausnahme einer gesamten Tätergruppe deshalb nicht für sinnvoll, weil eben die Gewährung der Fußfessel am Ende der Haftstrafe nach Verbüßung von min­destens der Hälfte der Haftstrafe sinnvoll ist, um hier auch Auflagen erteilen zu kön


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 96

nen.

Es wurde von der Frau Abgeordneten Franz bereits erwähnt, dass die Fußfesseln na­türlich nur nach sehr strengen Kriterien vergeben werden. Man muss eine Reihe von Kriterien erfüllen, um überhaupt die Fußfessel bekommen zu können. Zusätzlich kön­nen Auflagen erteilt werden, wie zum Beispiel dass verpflichtend eine Therapie absol­viert werden muss oder auch die Schadenswiedergutmachung. All das kann als Aufla­ge erteilt werden.

Herr Abgeordneter Westenthaler, wir haben das ja schon im Justizausschuss bespro­chen, wo Sie vorgeschlagen haben, dass man diese Auflagen auch nach der vollen Verbüßung der Haftstrafe ermöglichen können muss. Ich habe Ihnen damals schon ge­sagt, dass es da meines Erachtens vor dem Hintergrund der Europäischen Menschen­rechtskonvention und des österreichischen Verfassungsrechtes Bedenken gibt. Ich sage jetzt noch einmal, weil Sie wieder darauf hingewiesen haben, dass ein lebenslan­ges Tätigkeitsverbot sinnvoll ist: Die Möglichkeit ist ja vorgesehen und ich halte es im Gegensatz zu Ihnen für gut, dass das der Richter oder die Richterin im Einzelfall ent­scheidet, ob ein lebenslanges Tätigkeitsverbot verhängt werden soll.

Auf eines möchte ich im Zusammenhang mit der Gewährung von Fußfesseln an Se­xualstraftäter noch hinweisen: Ich glaube, man muss sehen – und das bleibt sehr häu­fig unerwähnt –, dass ja heute schon Richter und Richterinnen die Möglichkeit haben, im Urteil den Ausschluss der Gewährung des elektronisch überwachten Hausarrests festzulegen. Also das geht jetzt schon, dass das ein Richter im Urteil ausdrücklich aus­schließt.

Ich möchte an dieser Stelle aber auch festhalten, dass sich die Fußfessel als Vollzugs­form absolut bewährt hat. Das zeigt auch eine im Herbst vorgestellte Evaluierungs­studie des Instituts für Rechts- und Kriminalsoziologie, die auch dem Parlament über­mittelt wurde. Fast 1 100 Personen haben in den vergangenen zwei Jahren zumindest einen Teil ihrer Haft im elektronisch überwachten Hausarrest absolviert. Rund 200 Per­sonen sind derzeit Fußfesselträger. Das entspricht der Größe einer mittelgroßen Haft­anstalt. Wenn wir schon bei den Zahlen sind, möchte ich erwähnen, dass von diesen 1 100 Fußfesselträgern nur knapp über 20 Sexualstraftäter waren. (Abg. Ing. Westen­thaler: Das waren 20 zu viel!) Also schon bisher wurde sehr rigide bei der Gewährung von Fußfesseln für Sexualstraftäter umgegangen. Es wurden schon bisher sehr stren­ge Kriterien angelegt. Von den Sexualstraftätern, denen die Fußfessel gewährt wurde, wurde kein Einziger einschlägig rückfällig – auch das möchte ich hier erwähnen. Ins­gesamt ist es so, dass in nur 44 Fällen, damit in weniger als 5 Prozent, der elektronisch überwachte Hausarrest vorzeitig abgebrochen werden musste.

Ich denke, dass diese Zahlen sehr gut belegen, wie sorgsam mit dieser speziellen Form des Strafvollzuges umgegangen wird. Mit der heutigen Beschlussfassung tragen Sie auch dazu bei, notwendige Korrekturen zu schaffen, ohne dass das Gesamtsys­tem infrage gestellt wird.

Hohes Haus! Als Justizministerin kommt mir auch die ganz zentrale Aufgabe zu, das Vertrauen in unseren Rechtsstaat zu sichern und zu bewahren. Dazu zählt der Respekt vor der unabhängigen Rechtsprechung. Dazu zählt aber auch die Anerkennung der schwierigen, sehr verantwortungsvollen und leider auch oft sehr undankbaren Aufgabe des Strafvollzugs und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir sollten daher vermei­den, Ängste zu schüren oder pauschale Kritik an Einzelfällen zu üben, die wir aus der Ferne oft nur sehr, sehr schwer beurteilen können. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.52


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bit


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te.

 


12.52.39

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ho­hes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir befinden uns heute hier in ei­ner justizpolitischen Debatte, die weit über diesen Tagesordnungspunkt hinausgeht. Die sozialdemokratische Fraktion erachtet es für absolut notwendig, diese Debatte wei­terzuführen, und begrüßt daher die Vorschläge der Frau Bundesministerin für Justiz, die eine Reform des StGB angekündigt hat. Es sollen dabei, wie wir erfahren haben, die Mindeststrafandrohungen und anderes erhöht werden.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich halte das persönlich, näm­lich in Kenntnis parlamentarischer Anfragebeantwortungen, für absolut notwendig. Wenn ich mir die Verfahrensläufe und die Gerichtserkenntnisse bei Vergewaltigungen ansehe, dann verstehe ich nicht, warum es zu teilbedingten oder bedingten Strafen in Österreich kommen kann. Ich verstehe nicht, warum die unabhängige Justiz die be­stehenden Strafsätze nicht ausnützt. Gerade das, Frau Bundesministerin, führt in Ös­terreich zur Kritik an der Justiz.

Kollege Steinhauser hat in seinem Debattenbeitrag auf etwas ganz Wesentliches ver­wiesen: Wir setzen uns zu wenig mit der Situation der Opfer auseinander. Ich glaube, im Zuge einer justizpolitischen Debatte werden wir auch das tun müssen.

Ich komme kurz zum Thema Videoüberwachung. Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin sehr froh, dass es hier zu einer klareren, restriktiveren Re­gelung gekommen ist, dass dem Gutachten und der Stellungnahme des Datenschutz­rates in dieser Frage gefolgt wurde, und, was für die Vollzugsbeamten besonders we­sentlich ist, dass eine Videoüberwachung zur Leistungskontrolle der Strafvollzugsbe­amten untersagt ist.

Ich möchte mich namens des Datenschutzrates recht herzlich dafür bedanken, dass unsere Vorstellungen aufgenommen worden sind, und ich möchte mich auch bei den Mitgliedern des Datenschutzrates, insbesondere bei meinen Stellvertretern, dem Kolle­gen Herbert von der Freiheitlichen Partei und Herrn Univ.-Prof. Baumgartner von der Österreichischen Volkspartei, bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)

12.55


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


12.55.23

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Frau Bundesminister, falls Sie es noch nicht gemerkt ha­ben: Wir sind sechs Fraktionen und die Minister melden sich normalerweise nach Ende der Diskussionsrunde zu Wort. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.) Das ist Usus in diesem Haus. Ich sage es Ihnen noch einmal. Vielleicht schaffe ich es künftig, bei meinen Redebeiträgen dementsprechend zu argumentieren, dass Sie dann direkt noch auf mich eingehen werden.

Meine Damen und Herren! Vielleicht zum Tagesordnungspunkt 4 zuerst das Positive: Die bessere Überwachung in den Haftanstalten mit Video finden wir gut. Da hätten wir auch zugestimmt, wenn es ein eigener Punkt gewesen wäre; genauso die Anhebung der Strafsätze bei Sexualstrafdelikten, da hätten wir auch gerne zugestimmt. Aber das Negative – und das ist hier schon in mehreren Diskussionen gefallen – ist diese Fuß­fessel. Ich frage mich schon, wo da die Abschreckung für gewisse Täter ist, wenn man heute eine Fußfessel erhält, dann heimgeht und gemütlich sein Leben weiterführt wie eh und je, vielleicht mit der kleinen Einschränkung, dass man nicht überall hingehen kann, wo man hingehen möchte.

Die Abschreckung bleibt da schon auf der Strecke und darum finde ich das sehr be­denklich, gerade bei Sexualstraftaten, wo es bei mir keinen Pardon gibt. Dass hier Fußfesseln eingesetzt werden, das ist der falsche Weg, meine Damen und Herren. Das gehört ganz klar abgelehnt. Deswegen werden wir diesem Punkt nicht zustimmen, auch wenn positive Aspekte in diesem Tagesordnungspunkt drinnen wären.

Ich möchte zu Punkt 5 kommen, zum Antrag der Kollegin Haubner. Über die Rückfall­quote bei Sexualstraftätern muss man ja nicht diskutieren. Die ist sehr hoch. Das ist


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bekannt. Deswegen ist der Antrag auf gerichtliche Aufsicht meines Erachtens mehr als zu unterstützen, er ist mehr als gerechtfertigt.

Wir diskutieren hier in vielen Bereichen über präventive Maßnahmen. Zum Beispiel beim Alkohol hat man die Strafsätze erhöht, damit die Prävention gewährleistet wird. Dort ist die Prävention überall recht, aber im Bereich des Sexualstrafrechts, wo ein wirklich schlimmes Verbrechen – und ich sage bewusst „Verbrechen“ – in vielen Be­reichen gesetzt wird, ist sie es nicht. Das ist für mich unverständlich, und deswegen ist die Gesetzgebung in diesem Bereich meiner Ansicht nach sehr zu hinterfragen. Ich frage mich, warum es hier keine Prävention gibt, meine Damen und Herren.

Kollegin Franz hat das damit begründet, dass es verfassungsrechtlich bedenklich sei, dass man alle in einen Topf wirft. Meine Damen und Herren! Mir ist lieber, dass es im Sexualstrafbereich etwas mehr Prävention gibt und dadurch ein paar Straftaten verhin­dert werden, als Täter zu schützen.

Ich komme zum nächsten Punkt. In dieselbe Richtung geht der Antrag des BZÖ, und zwar betreffend § 220b StGB, das Tätigkeitsverbot von sexuellen Straftätern in gewis­sen Bereichen, nämlich dort, wo es um Kinder geht. Es geht da um die Kinderschän­der. Meine Damen und Herren! Ich glaube, dort muss man mit aller Schärfe hineinfah­ren. Dort ist es gerechtfertigt, extreme Maßnahmen zu setzen. Wir müssen schauen, dass Sexualstraftäter und Kinderschänder nicht mehr in die Nähe von Kindern kom­men.

Sie können sich erinnern: Ich habe vor einigen Jahren, ziemlich am Anfang der Ge­setzgebungsperiode, hier schon einmal ein Beispiel aus diesem Bereich gebracht. Sie können es nachlesen. In Bregenz, in einer großen Siedlung, ist ein Sexualstraftäter, ein Kinderschänder, der freigelassen worden ist, wieder in den Kindergärten und Schulen herumgegeistert. Er hat dort dann wieder Kinder angesprochen und es ist dann wirklich wieder zu einem Übergriff gekommen. Dieser Täter sitzt jetzt, aber nur mit Hilfe der Eltern, die aufmerksam aufgepasst haben, und so sind wir draufgekommen, dass die­ser Herr schon mehrfach vorbestraft war. Dadurch hat man ihn ein bisschen über­wacht, obwohl es damals nicht ganz legal war. Aber die Eltern haben mitgeholfen, es hat viele Leute gegeben, die sich eingebracht haben, und man hat diesen Täter wieder überführen und beweisen können, dass er Kinder sexuell belästigt hat und es sogar zu sexuellen Übergriffen gekommen ist.

Meine Damen und Herren, deswegen eine ganz klare Sache: Tagesordnungspunkt 6 bekommt volle Befürwortung von uns. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Wenn wir die anderen beiden Punkte, die sich mit der Fußfessel für Sexualstraftäter befassen, TOP 7 und TOP 8, anschauen, dann ist das ebenfalls eine klare Sache. Ich habe das ja schon vorhin angesprochen: Fußfessel für Sexualstraftäter, speziell für Kinderschänder – auf jeden Fall Nein. Da ist keine Abschreckung gegeben. Das sind keine Präventivmaßnahmen, das lehnen wir ganz klar ab. Deswegen wird das Team Stronach dem BZÖ-Antrag in diesem Punkt zustimmen. Das BZÖ hat da eine gute Idee, die ich, als ich noch beim BZÖ war, dort immer schon propagiert habe, aufge­nommen, und ich finde das positiv. Und deswegen wird das Team Stronach dem ganz klar zustimmen. (Beifall beim Team Stronach.)

13.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Fazekas. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.00.56

Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Es gibt zwei Aspekte dieses Gesetzespakets. Der eine ist


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schon von meinem Abgeordneten-Kollegen Maier angesprochen worden. Es geht um die Videoüberwachung in Haftanstalten, die ich für besonders positiv erachte, weil das nicht nur zum Schutz der Häftlinge beiträgt, sondern auch garantiert, dass die Beschäf­tigten und auch die Besucherinnen und Besucher besseren Schutz genießen. Hier ist es gelungen, die Datenschutzkomponente, die bei umfangreichen Videomaßnahmen immer mit im Vordergrund steht, zu respektieren und einzuarbeiten.

Der zweite Aspekt ist das Thema, mit dem wir uns bereits auseinandersetzen. Ich ver­trete da nach wie vor die Meinung, dass wir da so wie in letzter Zeit schon oftmals versuchen, gesellschaftliche Entwicklungen und Phänomene der Gesellschaft aus­schließlich über die strafrechtliche Komponente in den Griff zu bekommen. Ich bin al­lerdings davon überzeugt, dass uns das nicht gelingen wird, obwohl ich mich natürlich nicht dagegen wehre, den Strafrahmen zu erhöhen. Es wird uns jedoch nicht gelingen, ausschließlich dadurch Sexualdelikte zu verhindern. Wir wissen, dass das Phänomene sind, die ihre Ursachen anderswo haben. Daher muss im Vorfeld viel öfter die Frage gestellt werden, was wir dazu tun können, Phänomene dieser Art zu verhindern, um letztendlich Täter nicht lange wegsperren zu müssen.

Ich bin übrigens auch davon überzeugt, dass gerade für Sexualstraftäter eine Haftan­stalt, wo der Umgang mit Gewalt und Sexualität sicher einer eigenen Betrachtung un­terzogen werden muss, nicht wirklich immer auf Dauer der geeignetste Ort ist. Es sind da sehr viele Nebenaspekte und therapeutische Maßnahmen zu berücksichtigen. Letztendlich ist die Lösung, wie wir sie jetzt hier in diesem Gesetzesvorschlag haben, auch aus meiner Sicht die geeignete.

Ich greife gerne auch den Vorschlag des Abgeordneten Steinhauser auf und appelliere noch einmal, darüber zu diskutieren, welche Maßnahmen wir zusätzlich setzen kön­nen, auch wenn natürlich die Polemik und der Umgang damit in der Öffentlichkeit und den Medien dazu geneigt macht, auf diesem Gebiet Schnellschüsse abzufeuern. Ich möchte mehr Verantwortung einfordern und auch darum bitten, bei allem Verständnis für Empörung eine sachliche Diskussion zu ermöglichen. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.03


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzte Rednerin zu diesem Tagesord­nungspunkt gelangt Frau Abgeordnete Gartelgruber zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.03.40

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Ich habe heute Ihre Ankündigung ernst genommen und dem Entwurf eines Strafrechtsände­rungsgesetzes mit Spannung entgegengesehen. Ich denke auch, dass der Druck der Öffentlichkeit zu groß geworden ist, sodass es jetzt absolut notwendig wird, eine Ände­rung vorzunehmen.

Zum Gesetz, das wir heute diskutieren, möchte ich Ihnen sagen: Für uns ist ganz klar: Es darf keine Fußfessel für Sexualstraftäter geben! (Beifall bei der FPÖ.)

Kollege Westenthaler hat dies auch schon ausgeführt: Das Rückfallrisiko von Sexual­straftätern ist einfach ungleich höher als bei anderen. Dem muss auch präventiv entge­gengearbeitet werden.

Frau Minister! Ihnen ist wohl klar, dass Sie mehr oder weniger in Kauf nehmen, dass jeder Freigänger auch auf Ihre Kosten geht, und das kann es ja wohl wirklich nicht sein. Sie versuchen, uns hier etwas als großen Wurf zu verkaufen, und übersehen da­bei ganz, dass die Opfer ein Leben lang mit Angst leben müssen. Das reiht sich mei­nes Erachtens in die Tradition ein, dass bei uns in Österreich Täterschutz vor Opfer­schutz geht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 100

Kollegin Franz hat uns das hier noch einmal erklärt. Mit der Einführung der elektro­nischen Fußfessel im September 2010 wurde ein Meilenstein gesetzt, aber nicht für Sexualstraftäter. Was mich bei der Überprüfung der Faktenlage noch einmal sehr ir­ritiert hat, war, dass der Überwachte, der eine Fußfessel trägt, 22 € pro Tag zahlen muss. 5 € davon bekommt die Technik, und den Rest, also 17 €, erhält der Verein „Neustart“. Genau dieser Verein „Neustart“ war es, der mit seinem Gutachten zum Ent­scheid des Verwaltungsgerichtshofs mitbeigetragen hat.

Ich erinnere an den Fall, dass ein 15-jähriges Mädchen mehrfach vergewaltigt worden und der Täter nicht einen einzigen Tag im Gefängnis gesessen ist. Das kann es nicht sein! Das ist eine Verhöhnung des Opfers! (Beifall bei der FPÖ.)

Mein Kollege Christian Lausch hat die Ausschussfeststellung noch einmal angespro­chen, und ich möchte Ihnen schon sagen, dass das ein Vertrauensvorschuss für die Justiz war, den Sie hier jetzt ganz offenkundig missachten. Für mich heißt es: Gerade im Sexualstrafrecht muss der Grundsatz Opferschutz vor Täterschutz lauten. Verge­waltiger, insbesondere von Kindern, Jugendlichen oder gar Behinderten sind in Haft zu halten und nicht mit Vollzugsgeschenken zu belohnen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Ing. Westenthaler.)

13.06

13.06.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Entwurf betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung, das Jugendgerichtsgesetz und das Bewährungshilfegesetz geändert werden samt Titel und Eingang in 2089 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit.

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Antrag des Justizaus­schusses, seinen Bericht 2090 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Antrag des Justiz­ausschusses, seinen Bericht 2091 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zei­chen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Antrag des Justizaus­schusses, seinen Bericht 2092 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Antrag des Jus­tizausschusses, seinen Bericht 2093 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 101

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zei­chen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

13.09.119. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1804 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Kartellgesetz 2005, das Wettbewerbsgesetz und das Bun­desgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert werden (Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetz 2012 – KaWeRÄG 2012) (2035 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1990 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem Bestimmungen zum Schutz gebundener Unternehmer im Kraft­fahrzeugsektor getroffen werden (Kraftfahrzeugsektor-Schutzgesetz – KraSchG) (2094 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen nun zu den Punkten 9 und 10 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.09.46

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ziel des vorliegenden Änderungsantrages im Kartell- beziehungsweise Wettbewerbsgesetz ist die Bekämpfung von Marktmissbrauch und Kartellabsprachen. Wir haben es hier also mit einer guten Absicht zu tun. Die Novelle soll mehr Transparenz schaffen und damit die Korruption bekämpfen.

Nun, dass wir Grüne grundsätzlich solche Absichten, solche Intensionen teilen, ist kein Geheimnis, brauche ich also nicht weiter zu erläutern. Trotzdem werden wir diesem Gesetz, diesem Änderungsgesetz nicht zustimmen, und das hat einen Grund. Der Grund liegt darin, dass ganz offensichtlich im Hintergrund wieder einmal interveniert wurde und lobbyiert wurde und ein mögliches, wesentlich schärferes Gesetz nicht zur Geltung kommt.

Der ursprüngliche Entwurf hätte durchaus unsere Unterstützung gehabt, war ja auch schon von der Regierung abgesegnet, ist ja durch den Ministerrat durchgegangen und hätte im Juni letzten Jahres auch im Ausschuss beschlossen werden sollen, hätte be­schlossen werden können, wurde aber seitens der Regierungsparteien eigenartiger­weise vertagt. Und da läuten schon die Alarmglocken. Die Regierung bringt einen Antrag ein, und die Regierungsparteien vertagen ihn. Da ist dann meistens irgendet­was im Hintergrund. Ich glaube, wir wissen, was im Hintergrund ist oder im Hintergrund war, weil nämlich die Vorlage jetzt einen ganz bestimmten Paragraphen entschärft und gegenüber dem Entwurf eigentlich fast zunichte gemacht hat.

Vorgesehen war, dass die Elektrizitätsanbieter und -versorger ihre Preise nur vor­schreiben können, also erhöhte Preise oder auch verschärfte Geschäftsbedingungen nur dann durchziehen können, wenn sie den Unterschied zu Anbietern, die wesentlich billiger sind, auch begründen können. Das heißt, es ist zu einer sogenannten Be­weislastumkehr gekommen, und es wäre notwendig gewesen, dass die das begrün­den, dass die, die teurer sind, begründen müssen, warum sie die Konkurrenz damit ausschließen können.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 102

Jetzt ist das wieder gefallen, und das heißt, ganz offensichtlich war da im Hintergrund jemand tätig. Meine Damen und Herren! Das ist natürlich etwas, das wir im Zusam­menhang mit Korruption nicht unterstützen können und wollen.

Wieso ist in Deutschland mit einem ähnlichen Rechtssystem wie in Österreich etwas möglich, das bei uns nicht möglich ist? Und außerdem, am Rande fast, keine Kleinig­keit und auch ein Grund, warum wir nicht zufrieden sind mit der Novellierung, ist, dass die Wettbewerbsbehörden nicht ordentlich ausgestattet werden, nicht nach europäi­schem Standard ausgestattet sind. Wir haben uns das angesehen. 2,4 Millionen € sind zur Verfügung gestellt. Im Vergleich dazu: In den Niederlanden sind es 45 Millionen €. Gut, die Niederlande sind etwas größer. Im Vergleich dazu: Bei den Tschechen sind es 6 Millionen € und in Ungarn 9 Millionen €.

Frau Ministerin, warum ist es in Österreich so schwer, gegen Korruption schärfer vor­zugehen? – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Mag. Ikrath zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.13.27

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Kolleginnen und Kollegen! Für uns sind wettbewerbsrechtliche Themen einerseits aufgrund von EU-Vorgaben umzusetzen, andererseits stellen sie unsere eigenen Anlie­gen dar. Im Regierungsprogramm ist eine Evaluierung des Wettbewerbsrechts vorge­sehen. Eine solche Evaluierung wurde in der Folge in intensiver Zusammenarbeit von Wirtschaftsministerium und Justizministerium unter Einbeziehung von Bundeswettbe­werbsbehörde, Kartellanwälten und weiteren Experten vorgenommen. Die Vorlage, die heute zur Debatte und Beschlussfassung steht, ist das Ergebnis davon.

Es sind zwei wesentliche Änderungen, Verbesserungen und Weiterentwicklungen vor­gesehen. Zum einen im Kartellgesetz, da geht es einerseits darum, eine österreichi­sche Bagatellausnahme durch eine entsprechende Gegenausnahme für Hardcore-Kar­telle EU-rechtlich anzupassen. Das für mich Wesentlichere aber ist, dass andererseits die Aufsicht über marktbeherrschende Unternehmen verstärkt wird, indem wir das Kon­zept der gemeinsamen Marktbeherrschung der deutschen Gesetzgebung, die sich in dem Punkt sehr bewährt hat, übernehmen.

Entscheidende Bedeutung kommt zum anderen den Verbesserungen im Wettbewerbs­gesetz zu. Im Wettbewerbsgesetz werden die Befugnisse der Bundeswettbewerbsbe­hörde gegenüber den Unternehmen, die in Verdacht stehen, Kartellabsprachen zu tä­tigen, wesentlich erweitert. Wir geben der Bundeswettbewerbsbehörde also neue, noch schärfere Zähne, indem wir sowohl ihre Befugnisse zur Erlangung von Auskünften von Unternehmen deutlich verstärken, als auch die Hausdurchsuchungen durch die Bun­deswettbewerbsbehörde erleichtern beziehungsweise deren Möglichkeiten im Zuge von Hausdurchsuchungen verbessern.

Alles in allem: eine deutliche Weiterentwicklung des Wettbewerbsrechts, wobei der Justizausschuss in jedem Einzelfall die Aufgabe hat, sehr genau zu prüfen, ob Regie­rungsvorlagen auch tatsächlich den Voraussetzungen und den Grundsätzen unserer Rechtstradition in jedem Einzelfall entsprechen. Wenn das nicht so ist, dann ist es Aufgabe und Verantwortung des Justizausschusses, Abänderungen vorzunehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Westen­thaler. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 103

13.16.42

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Das war jetzt eine putzige Umschrei­bung dessen, was an skandalösen Vorgängen in diesem Fall passiert ist. Es ist nach dem Obsorge- und Sexualstrafrecht für mich heute das zentralste Thema überhaupt, denn, was da passiert ist, das liegt auf der Hand und das stinkt, und zwar ganz massiv. Das liegt wirklich auf der Hand!

Man stelle sich vor: Zwei Ministerien, Wirtschaftsministerium und Justizministerium, stellen sich vor ziemlich genau einem Jahr, im Jänner des Jahres 2012 hin, weil es ei­ne Diskussion über zu hohe Energiepreise gegeben hat, und zwar zu Recht. Die Preise für Strom und Gas steigen übrigens weiter. In den letzten sieben Jahren sind die Energiepreise im Durchschnitt um 5 000 € pro Jahr und pro Haushalt gestiegen. Die Menschen können sich das Heizen nicht leisten, die Menschen können sich den Strom nicht mehr leisten. Sie können sich ihr Leben aufgrund der Energiepreise nicht mehr leisten.

Es stellen sich also zwei Minister hin und sagen: Wir haben jetzt die Lösung! Wir verändern das Kartellgesetz, und künftig müssen die Energieunternehmen, die Mafia von Energieunternehmen, die da in Österreich herrscht, die sich absprechen und ihre Preise machen, künftig muss also diese Mafia erklären, warum die Preise so hoch sind. Sie müssen das plausibel erklären, nicht die Behörde, sondern die Unternehmun­gen. Das nennt sich Beweislastumkehr.

Und siehe da, knapp ein Jahr später kommt das ins Parlament, in den Ausschuss, und Kollege Ikrath und Kollege Jarolim von der SPÖ – Stichwort: kleiner Mann, kleine Fa­milien, die er vertritt als SPÖler – streichen still und heimlich genau dieses Herzstück der Kartellrechtsänderung einfach heraus. Weg! Aus! Gibt es nicht mehr! Keine Be­weislastumkehr, keine Verantwortung der Energiemafia mehr! Ein Schelm, der hier nichts Böses denkt, Kollege Ikrath! Wer war denn bei Ihnen? Der ÖMV-Chef? Oder wer war bei Ihnen, Herr Jarolim? Wer hat denn da lobbyiert?

Wir haben gerade einen Untersuchungsausschuss gegen Korruption gehabt, gegen Gesetzeskauf, gegen Lobbyismus, gegen illegale und verbotene Interventionen. Und was passiert? Die Energieunternehmen kommen ins Parlament und bestellen sich hier eine Gesetzesänderung. Das ist ein Riesenskandal, der hier aufgeflogen ist. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Kollege Ikrath, Herr Kollege Jarolim! Nur damit Sie weiter die Energiepreise rauf­schrauben können und die Leute sich das Heizen und den Strom nicht mehr leisten können! Herr Kollege Cap! Das ist Ihre Verantwortung, und die Verantwortung Ihres Justizsprechers.

Und das schreibt auch schon eine Zeitung – Gott sei Dank –, es wird klein geschrie­ben, aber der „Kurier“ hat sich aus der Deckung gewagt und sagt zum Beispiel, dass es da einen evidenten Rückschlag gibt und dass es merkwürdig ist, dass dieses Gesetz plötzlich geändert wird, obwohl es in anderen Ländern wie zum Beispiel in Deutschland wunderbar funktioniert. Der deutsche Kartellrechtsexperte und Amtsvor­steher dieses Kartellamts sagt: Bei uns funktioniert das wunderbar. Wir haben gute Erfahrungen, sagt er. In einem Verfahren gegen Energieunternehmer wegen zu hoher Gaspreise hat man zum Beispiel im Jahr 2008 insgesamt 2 Millionen deutsche Haus­halte um 450 Millionen € entlasten können. Das ist das, was dieses Gesetz hätte brin­gen können: eine Entlastung für die Menschen.

Dann kommt der Herr AK-Direktor Werner Muhm – ich bin schon sehr gespannt auf das Abstimmungsverhalten der AK-Funktionäre in der SPÖ Fraktion – und sagt: Das ist ein Schlag ins Gesicht der Konsumenten, diese Abänderung. – Jawohl! Ich unterstrei­che das. Das ist ein Schlag ins Gesicht der Konsumenten, dass man das jetzt heraus-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 104

genommen hat! Das ist eine Gemeinheit gegenüber den Konsumenten. Das ist eine unglaubliche Geschichte, wenn man vorher weiß, dass die zwei Ministerien vorgestellt und präsentiert haben und die Leute besänftigen wollen.

Ich bin schon sehr gespannt. Bleistifte und Ohren spitzen im Grauen Haus, die Herren und Damen der Korruptionsstaatsanwaltschaft Wien! Ich bin sehr gespannt, wie dort die Ermittlungen vorangetrieben werden, wie dort ermittelt wird wegen verbotener Inter­vention – vielleicht noch wegen anderer Delikte –, weil sich Energieunternehmungen bei manchen Abgeordneten der Koalition Gesetzesänderungen zum Schaden der Re­publik und zum Schaden der Konsumenten einfach so bestellen konnten. Ich bin sehr gespannt, wann die Staatsanwaltschaft die ersten Ermittlungsergebnisse bekannt gibt, denn dass Ermittlungen laufen, muss wohl unbestritten sein, denn es ist ein echter Skandal, was hier geschehen ist. (Beifall beim BZÖ.)

13.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.20.56

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Es ist schon originell, wenn man als Vorbestrafter (Abg. Ing. Westenthaler: Haben Sie nicht gerade eine Bank gegen die Wand gefahren? Die Konzession haben Sie Ihnen entzogen, weil Sie keine Bank führen können!) – noch dazu mitten drinnen in diesem ganzen Eurofighter-Skandal, in diesem Mief, wo jetzt ermittelt wird – versucht, auf der­artig miese Art und Weise abzulenken. Sie sollten sich eigentlich schämen für das, was Sie hier durchzuführen versuchen. (Abg. Ing. Westenthaler: Und Sie stellen sich da her und ! – Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Meine Damen und Herren, es geht um die Kartellgesetz-Novelle, und es ist natürlich auch  (Abg. Ing. Westenthaler: Sie stellen sich hierher! Sie gescheiterter Bank­manager! – Abg. Bucher: Was sagen Sie jetzt dazu?) – Schauen Sie, ich meine, Ihre Niveaulosigkeit ist kaum mehr zu unterbieten, also was soll das denn!? (Abg. Ing. Wes­tenthaler: Die Konzession haben sie euch entzogen, weil ihr keine Bank führen könnt!)

Wir haben heute eine Diskussion zu führen und haben sie auch geführt, ob wir die so­genannte  (Zwischenrufe beim BZÖ.) – Diese Schreihansl-Fraktion da ist, glaube ich  (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler. – Präsident Dr. Graf gibt das Glockenzeichen.) – Herr Präsident, ich glaube, den Kasperl da kann man ein­fach ...

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich halte die Uhr an, damit Ihre Redezeit auch konsu­miert werden kann. Ich bitte um kurze Beruhigung, und ich glaube, Sie haben das Mi­krophon, Sie sind laut genug.

Bitte, setzen Sie fort, Herr Kollege Jarolim. (Abg. Ing. Westenthaler: Der ist mit Mikro­phon auch nicht stärker!)

 


Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (fortsetzend): Ich verstehe ja diese Darstel­lungssucht des Herrn Westenthaler. Ich glaube aber, dass Ihre Stunde sicherlich noch kommt, und die wird sich auch im Grauen Haus drüben abspielen. Da können Sie dann Ihre Erklärungen abgeben, und jeder Versuch, abzulenken, wird Ihnen nichts nützen.

Meine Damen und Herren, worum geht es bei der Beweislastumkehr? – Bei der Be­weislastumkehr geht es eigentlich darum, dass nicht nur die öffentlichen Unterneh­men – das ist ja eigentlich der Wahnsinn, und es ginge hier ausschließlich um die Lan­desenergieunternehmen –, sondern natürlich gleichermaßen die privaten Energieunter­nehmen – das sind etwa die Mineralölunternehmen, die Tankstellen, wir kennen ja die­se Debatte – und natürlich auch der Lebensmittelhandel eine Regelung bekommen, die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 105

sicherstellt, dass man Missbrauch bei Preisgestaltungen verhindern kann. Das war die Debatte, da konnten wir uns aber nicht einigen. Aber wir werden sicher eine Lösung finden. Da brauchen Sie, Herr Westenthaler, sich weder aufzuregen, noch brauchen Sie sich Sorgen über eine Teilnahme zu machen. (Abg. Ing. Westenthaler: Wo ist die Lösung? Wo?) Sie könnten auch die Sachkompetenz nicht einbringen.

Dass Sie heute erstmals den Arbeiterkammerpräsidenten als Zeugen nennen, wobei Sie die ganze Zeit erklären, dass man die Arbeiterkammer eigentlich abschaffen sollte, zeigt ja, welch Geistes Kind Sie sind. (Abg. Ing. Westenthaler: SPÖ-Präsident, oder?)

Wir werden die Diskussion weiterführen, wir werden schauen, dass wir eine gute Lö­sung finden. Aber wir werden keine Lösung finden – ich weiß, dass Sie alles am liebs­ten privatisieren würden –, die in eine Privatisierung mündet. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler. – Abg. Grosz: Herr Jarolim! Ich höre, Sie haben gerade eine Bank an die Wand gefahren!) Das ist ja eigentlich der Punkt. Das ist ja das, was hinterher kommen soll. Man sagt: Na ja, schauen wir, schütten wir die einmal ordentlich an und dann ab in die nächste Privatisierung. Da können wir wieder mitschneiden, dann haben wir wieder das Konzept wie bei den Eurofightern, wie bei allem anderen.

Herr Westenthaler, das ist der Punkt: Man muss ja wissen, wenn Sie sich da heraus­stellen, was Sie eigentlich haben wollen. Mit uns wird es das nicht spielen, das kann ich Ihnen jetzt schon sagen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Grosz und Ing. Westen­thaler.) Wir werden auch ohne Sie eine vernünftige Lösung im Sinne der Konsumenten finden. Ich bin mir sicher, dass wir das mit unserem Koalitionspartner gemeinsam und ohne Ihre eigenartigen und armseligen Vorschläge zustande bringen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: Staatsdruckerei, Euroteam, eine Bank an die Wand gefah­ren! – Abg. Ing. Westenthaler: Wer war denn bei Ihnen?)

13.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.24.06

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir vom Team Stronach werden selbstverständlich zustimmen. Wir sehen natürlich auch die Bedenken, dass einiges mehr möglich gewesen wäre. Selbstverständlich wollen wir, dass noch strengere Gesetze kommen, denn wir wissen ja, dass Kartelle etwas sind, das beim Bürger wie eine Steuer ankommt.

Letztlich wissen wir ja, dass es immer dann für den Bürger sehr teuer wird, wenn sich Unternehmen, wenn sich Kartelle zusammenschließen – gerade in der E-Wirtschaft oder was die Gaslieferungen betrifft. Ich glaube, wir müssen auch einmal über die ganz großen Kartelle sprechen. Die OPEC ist ja ein offizielles Kartell. Die OPEC diktiert welt­weit den Preis, man versucht den Ölpreis zum Schaden der Konsumenten, zum Scha­den der Wirtschaft möglichst hoch zu halten. Wenn man auch noch weiß, dass der Gaspreis am Ölpreis hängt, dann darf man sich nicht wundern, wenn auch die Gaskon­sumenten ordentlich zur Kasse gebeten werden.

Da spricht man nicht von Kartellen. Ich meine, es ist ein offizielles Kartell, aber man spricht nicht davon, dass wir das einmal international ansprechen. Es ist ein Wahnsinn, dass wir in Österreich hinter jedem Kartell nachlaufen – selbstverständlich zu Recht. Wir hatten erst vor Kurzem dieses Aufzugskartell und so weiter. Da läuft man natürlich nach und schaut darauf, das auch abzuschaffen. Das ist auch gut so. Aber bei den ganz großen Kartellen, die ja weltweit gewaltigen Schaden verursachen, die für jeden Bürger wie eine Steuer wirken, traut man sich anscheinend nicht hinzugreifen. Ich wün­sche mir, dass wir einmal eine Diskussion darüber führen und da ein bisschen mehr Mut zeigen. Wir tun uns in Österreich zusammen und sagen: Wir wollen in Österreich


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keine Kartelle, aber wir wollen sie auch international nicht, besonders dann, wenn sie zum Schaden der Österreicher sind. (Beifall beim Team Stronach.)

Um noch einmal auf das Gesetz zurückzukommen: Selbstverständlich wollen wir mehr Transparenz, selbstverständlich wollen wir, dass Kartelle in Österreich abgeschafft werden. Man darf aber nicht vergessen, dass auch Unternehmen, die marktbeherr­schend sind, wie ein Kartell wirken. Ein Unternehmen, das die Möglichkeit hat, den Preis zu diktieren, wirkt wie ein Kartell – egal, ob sich mehrere Unternehmen zusam­menschließen oder ob das alles unter einem Dach geschieht. Letztlich finde ich es sehr begrüßenswert, dass man einmal schaut, ob die Kosten, die weiterverrechnet werden, auch angemessen sind.

Allerdings – und da sind wir schon wieder bei der Kritik an diesem Gesetz –: Hier steht „angemessen“. – Aber wer weiß, was angemessen ist? Wenn Kosten zum Beispiel vom Netzbetreiber oder vom EVU an den Konsumenten weiterverrechnet werden, was ist dann angemessen? Wer entscheidet das? Das steht nicht im Gesetz, da steht nur „angemessen“.

Was Ausschreibungen betrifft: Es gibt ja vom Rechnungshof seit Jahren Kritik, die wie folgt lautet: Wenn der Private etwas baut oder macht, kostet es 100 Prozent. Wenn es der staatsnahe Betrieb macht, kostet es 150 Prozent, und wenn es die öffentliche Hand macht, kostet es 200 Prozent. – Das ist das Problem. Es gibt ja – und das wissen wir alle – bei Ausschreibungen sogenannte Gefälligkeitsangebote, wo der eine, der die Ausschreibung will, einen anderen beauftragt, ein Gefälligkeitsangebot zu legen; dann kommen diese Preise zustande.

Wenn wir dem Rechnungshof Glauben schenken, gehen in Österreich jedes Jahr 26 Milliarden € dafür drauf, dass Kartelle gebildet werden, Absprachen getroffen werden, Korruption stattfindet und alle diese Dinge. 26 Milliarden €! Wenn wir nur 20 Prozent davon für den Staatshaushalt lukrieren könnten, dann könnten wir all die Dinge sanieren, die wir sanieren wollen, von der Bildung angefangen bis zur Gesund­heit und so weiter. (Abg. Dr. Bartenstein: Wo haben Sie diese Zahl her?)

Das heißt, wir müssen noch einen sehr langen Weg gehen. Selbstverständlich ist die­ses Gesetz gut, es ist ein erster Schritt, es bringt mehr Transparenz, wir begrüßen das. Ich teile über weite Strecken auch die Bedenken vom Kollegen Westenthaler, selbst­verständlich müssen wir da noch aktiv werden. Vor allem müssen wir auch die ganz großen Kartelle einmal angehen, denn da geschieht sehr viel, das den Bürger letztlich belastet. Da dürfen wir nicht den Kopf in den Sand stecken, nur weil es ein interna­tionales Problem ist, da müssen wir unsere Stimme erheben. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Dr. Bartenstein: Wo haben Sie die 26 Milliarden her?)

13.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Steindl zu Wort. 2 Minuten. – Bitte.

 


13.28.33

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminis­ter! Meine Damen und Herren! Ich beschäftige mich heute mit dem Kraftfahrzeugsek­tor-Schutzgesetz. Das ist eine wichtige Maßnahme, die für die österreichischen Kfz-Händler und Kfz-Werkstätten entsprechende Rechtssicherheit darstellt.

Meine Damen und Herren, Sie wissen alle, dass ein Kfz-Händler oder eine Werkstätte, wenn sie einen Markenvertrag haben wollen, vertraglich entsprechende Bedingungen einzugehen haben. Diese sind meist mit hohen Investitionserfordernissen verbunden und stellen auch ein entsprechendes kaufmännisches Risiko dar.

Auf europäischer Ebene hat es durch die Händlerverbände entsprechende Bemühun­gen gegeben, diese Gruppenfreistellungsverordnung zu schaffen. Das ist auch gelun-


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gen. Unerklärlicherweise hat die Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes diese Grup­penfreistellungsverordnung für die Kfz-Wirtschaft 2010 per Verordnung gestrichen. Somit sind die österreichischen und europäischen Händler wieder im rechtsfreien Raum.

Ich begrüße es außerordentlich, dass die österreichische Wirtschaft – sowohl die Her­steller als auch die Werkstätten und Händler – übereingekommen ist, mehr Rechtssi­cherheit für die Werkstätten zu gewährleisten, und zwar im Hinblick auf Investitionssi­cherheit, auf die Weitergabe von Pflichten und Rechten bei Betriebsübergaben oder bei Verkauf des Betriebes, sowie im Hinblick auf die technische Unterstützung, wie bei­spielsweise die Kosten der technischen Unterstützung im angemessenen Betrag statt­finden zu lassen. Was auch wichtig ist, ist, dass die Garantieleistungen, die Gewähr­leistungen, die die österreichischen Werkstätten und Händler für die Hersteller erbrin­gen, auch mit entsprechendem Aufwandsersatz gesetzlich gesichert werden.

Das ist ein für die Kfz-Wirtschaft ganz wichtiges Gesetz, 9 500 Unternehmer und deren 77 000 Mitarbeiter sind Ihnen zu großem Dank verpflichtet. – Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.30


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler zu Wort gemeldet. Ich erinnere an die einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung und erteile ihm das Wort. – Bitte.

 


13.31.01

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Herr Abgeordneter und Rechtsanwalt – das soll man da dazusagen – Jarolim hat von diesem Rednerpult hier aus tatsächlich behauptet (Ruf bei der SPÖ: Dass Sie vorbestraft sind!), dass ich vorbestraft sei.

Ich berichtige tatsächlich – und zwar unter Zitierung eines aktuellen Strafregisterauszu­ges über die Person Peter Westenthaler, männlich, geboren am 6.11.1967, Staatsan­gehöriger Österreichs –: Im Strafregister der Republik Österreich, geführt von der Bun­despolizeidirektion Wien, scheint keine Verurteilung auf. (Abg. Dr. Jarolim: Die Vor­strafe ist gelöscht worden, das steht da drinnen!)

Herr Kollege Jarolim, ich bin nicht vorbestraft – und Sie haben als Rechtsanwalt hier gelogen! (Beifall beim BZÖ sowie Ruf: Jetzt schauen Sie aber blöd, Herr Jarolim! Sie sollten sich entschuldigen!)

13.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Mag. Schönegger zu Wort. 2 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Soll­te ein Rechtsanwalt nicht ? – Zwischenruf des Abg. Grosz.)

 


13.32.53

Abgeordneter Mag. Bernd Schönegger (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Es ist sehr bezeichnend, wenn sich Abgeordnete dieses Hauses gegenseitig Strafregisterauszüge vorhalten. Das spricht sehr für die Qualität.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzte Frau Bundesminister! Ich freue mich so wie die meisten hier, dass wir heute die langwierigen und nicht immer ganz leichten Verhandlungen zum Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetz 2012 zu einem im Endeffekt so erfreulichen Abschluss bringen können.

In Zeiten globalvernetzter Wirtschaft ist es für mich absolut unabdingbar, für klare Ver­hältnisse im Bereich der Wettbewerbspolitik auch in Österreich zu sorgen. Es ist sozu-


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sagen die Balance zwischen den berechtigten Ordnungs- und Regelungsbedürfnissen des Staates einerseits und der möglichst zu erhaltenden Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft andererseits zu finden. Dieses Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungs­gesetz 2012 erledigt diese schwierige Aufgabe aus meiner Sicht bravourös. Wenn auch da und dort von keinem großen Wurf zu lesen ist, bin ich der Überzeugung, dass dieser vorliegende Entwurf sehr wohl ein gelungener und wichtiger Schritt zur Stärkung der Effizienz des Kartell- und Wettbewerbsrechts ist.

Die Schwerpunkte wurden schon dargestellt, das erspare ich mir und Ihnen. Ich will nur noch einen Einwand bezüglich der Beweislastumkehr im Bereich der marktbestimmen­den Energieversorger vorbringen. Da gab es einfach Bedenken aufgrund der sachli­chen Rechtfertigung, aber auch Bedenken verfassungsrechtlicher Natur, wenn man ei­nen Industriezweig ganz speziell behandelt.

Wenn jetzt manche Abgeordnete von ohnehin verhaltensauffälligen Parteien kommen und gleich mit Korruption oder Skandal argumentieren, dann wirft das ein bezeichnen­des Licht auf diese Abgeordneten. Es ist auch die Aufgabe des Parlamentes, Gesetze zu beschließen und zu erarbeiten. Möglicherweise kommen Gesetzesänderungen bei Ihnen so zustande, dass irgendjemand lobbyiert oder dass Sie korrupt sind. Bei uns ist das sicherlich nicht der Fall. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Herr Kollege Schön­egger, sagt Ihnen der Name Strasser etwas?)

13.34


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Schönegger, dass es „verhaltensauffäl­lige Parteien“ und Abgeordnete hier im Hohen Haus gibt, wage ich zu bezweifeln. Das haben Sie sicher so nicht gemeint, oder in einem anderen Zusammenhang – davon ge­he ich einmal aus. (Ruf bei der SPÖ: Verhaltenskreativ!)

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Dr. Karl. – Bitte.

 


13.34.32

Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Der Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen hat vor zwei Jahren eine Stu­die präsentiert, die die Zukunft der Wettbewerbspolitik in Österreich eingehend unter­sucht hat. Auf der Basis dieser Studie haben das Justizministerium und das Wirt­schaftsministerium Reformvorschläge erarbeitet, mit denen diese Überlegungen umge­setzt werden sollen. Die Ergebnisse dieser Arbeit liegen Ihnen heute zur Beschluss­fassung vor.

Es sind einige wichtige Regelungen vorgesehen, mit denen der Vollzug des Kartell- und Wettbewerbsrechtes im Interesse eines funktionierenden Wettbewerbs verbessert werden soll. Das betrifft zunächst einmal die Übernahme des in Deutschland durchaus erfolgreichen Konzeptes der gemeinsamen Marktbeherrschung durch mehrere Unter­nehmen. Es wird dazu beitragen, dass die Kartellbehörden in bestimmten Segmenten der sogenannten Collective Dominance besser als bisher Herr werden können.

Darüber hinaus darf ich auf die Neuerungen für Schadenersatzverfahren verweisen, die sich ebenfalls am deutschen Vorbild orientieren. Das soll das Private Enforce­ment, also eine wichtige Säule bei der Bekämpfung von Kartellen, unterstützen, oh-
ne dass wir gleich in Situationen geraten, die den Grundwerten des österreichischen Schadenersatzrechtes zuwiderlaufen.

Ungeachtet dieser Verschärfungen ist es uns freilich auch ein Anliegen gewesen, die von manchen Stellen beklagten Defizite im Geldbußen-Verfahren zu beheben und den Schutz der in ein Kartellverfahren involvierten Unternehmen zu verbessern. Das dient ganz einfach der Rechtsstaatlichkeit in diesem Bereich.

Letztlich sei aus den Neuerungen im Kartellrecht noch die Veröffentlichung von Ent­scheidungen des Kartellgerichts in der Ediktsdatei erwähnt. Diese Maßnahme soll dem


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Vorwurf entgegenwirken, dass Kartellsachen stets sozusagen im kleinen Kreis be­handelt werden, ohne dass die interessierte Öffentlichkeit daran teilhaben kann. Sie wird aber auch den legitimen Bedürfnissen der Unternehmen und ihrer Vertreter nach mehr Rechtssicherheit und Rechtsklarheit entgegenkommen.

Zusammen mit den vom Wirtschaftsressort vorbereiteten Änderungen im Wettbewerbs­recht werden diese Neuerungen ganz einfach erhebliche Verbesserungen im Kartell­rechtsvollzug bewirken, im Interesse eines fairen und angemessenen Wettbewerbs, aber auch im Interesse der Verbraucher. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.37


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einem zweiten Redebeitrag hat sich Herr Abge­ordneter Dr. Jarolim zu Wort gemeldet. Wunschgemäß ist 1 Minute eingestellt. – Bitte.

 


13.37.23

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Ich mache keinen Wi­derruf, weil es sonst Geschäftsordnungsdebatten geben könnte. Das will ich nicht ma­chen. Ich möchte nur richtigstellen: Kollege Westenthaler hat natürlich recht. Kollege Westenthaler war vorbestraft, ist jetzt aber nicht mehr vorbestraft, weil es gelöscht ist.

Es ist natürlich der Fortschritt, der im Rechtsstaat notwendig ist, dass man nicht alles mehr oder weniger ewig vorgehalten bekommt. Aber ich glaube, es kann sich jeder aus politischer Sicht seinen Reim darauf machen.

Sie können stolz darauf sein, dass Sie nicht mehr vorbestraft sind, weil Sie vorbestraft waren. Das befähigt Sie natürlich besonders, so zu reden, wie Sie das heute gemacht haben. Dazu gratuliere ich Ihnen herzlich! – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Sie sollten sich genieren als Rechtsanwalt! Das ist ein Rechtsan­walt! – Ruf beim BZÖ: Unerhört! War Androsch vorbestraft?)

13.38

13.38.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Jarolim! Einen Widerruf gibt es in der Geschäftsordnung gar nicht, aber die zweite Wortmeldung. (Abg. Ing. Westenthaler: Der hat ja überhaupt keine Ahnung! Auch von der Geschäftsordnung! Da sollte einmal die Rechtsanwaltskammer einschreiten! – Abg. Grosz: War Androsch auch vorbe­straft?)

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin beziehungsweise der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Entwurf betreffend Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetz 2012 samt Titel und Eingang in 2035 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in drit­ter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Entwurf betreffend Kraft­fahrzeugsektor-Schutzgesetz samt Titel und Eingang in 1990 der Beilagen.


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Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in drit­ter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

13.40.0111. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1984 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungs­gesetz, das Grunderwerbsteuergesetz und das Bundesgesetz über das Gebäude- und Wohnungsregister geändert werden (Grundbuchsgebührennovelle – GGN) (2036 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Stefan. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.40.18

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Es geht heute um die Grundbuchseintragungsge­bühr, also eine Gerichtsgebühr. Eine Gebühr, die erst vor knapp zwei Jahren um 10 Prozent erhöht wurde – nicht angepasst an die Inflation, sondern einfach um 10 Prozent erhöht. Jetzt wurde uns vor kurzer Zeit eine Regierungsvorlage vorgelegt, die man nur als Schildbürgerstreich bezeichnen kann.

Es geht immer um Verwaltungsvereinfachung – zu Recht wird darüber diskutiert – und auch darum, den Bürger zu entlasten. Was war der Vorschlag dieser Regierungsvorla­ge? – Genau das Gegenteil. Und zwar hat man festgestellt, es wird bei Grundbuchs­eintragungsgebühren bei Schenkungen nicht mehr der dreifache Einheitswert – ein vom Finanzamt festgelegter Wert, den man jederzeit abrufen kann – herangezogen, sondern der Verkehrswert. Der Verkehrswert ist der Wert, um den eine Liegenschaft verkauft werden kann, der natürlich völlig unklar ist, dafür gibt es keine Listen, um ihn festzulegen gibt es keine genauen Methoden, außer man macht eine Schätzung durch einen gerichtlich beeideten Sachverständigen. Dann könnte man von einem gesicher­ten Wert sprechen.

Das heißt, man hat eine Regelung getroffen, die dazu führt, dass sich auf der einen Seite ein Beamter etwas anschauen muss bei Gericht, und zwar sehr eingehend, weil er feststellen muss, wie hoch dieser Verkehrswert ist, ob die Angaben der Parteien richtig sind – also ein sehr hoher Verwaltungsaufwand. Wir reden da von 170 000 Fäl­len im Jahr.

Auf der anderen Seite gibt es eine Erhöhung der Gebühr für den Bürger um 300 bis 1 000 Prozent. Das muss man sich vorstellen! Das war tatsächlich der erste Vorschlag, der vorgelegt wurde.

Es gab dann scharfe Proteste von allen Seiten, auch von uns, und jetzt gibt es eine Ab­milderung des Ganzen. Die Abmilderung schaut jetzt so aus, dass bei Schenkungen zwischen Verwandten – das ist definiert – weiterhin der dreifache Einheitswert heran­gezogen wird und bei Übertragungen an Fremde im Schenkungsweg der Verkehrs­wert.


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Das heißt, es ist schon eine Verbesserung gegenüber dem ersten Vorschlag, aber trotzdem bleibt jetzt nach wie vor: Wir haben den erhöhten Verwaltungsaufwand, denn es gibt jetzt – das muss man noch dazu erklären – keine Selbstberechnung dieser Ge­bühr mehr, sondern das muss sich jetzt ein Beamter anschauen. Ich habe also einen erhöhten Verwaltungsaufwand. Ich habe eine Verunsicherung, denn nach wie vor wird bei Schenkungen unter Fremden dieser Verkehrswert herangezogen, den, wie gesagt, keiner so genau weiß, den man bescheinigen muss, wobei unklar ist, was dabei he­rauskommt. Es gibt bei den Schenkungen unter Fremden weiterhin eine Erhöhung der Gebühr um 300 bis 1 000 Prozent. Das ist nach wie vor der Fall, das ist Realität.

Jetzt noch ganz kurz zur Selbstberechnung, um das zu erklären: Bisher war es mög­lich, dass die Gerichtsgebühr im Zusammenhang mit der Steuererklärung für die Grund­erwerbsteuer von Vertragserrichtern, Rechtsanwälten und Notaren, selbst berechnet wurde. Die haben dann das Geld von den Parteien eingehoben und an das Finanzamt abgeführt.

Das heißt, das Gericht hatte damit überhaupt keinen Aufwand, konnte das allenfalls im Nachhinein einmal stichprobenartig kontrollieren, aber die Haftung liegt ohnehin beim Vertragserrichter, dass er das ordentlich macht. Das bedeutet eine tatsächliche Ver­waltungsvereinfachung.

Das hat man jetzt abgeschafft. Man hat ein wirklich funktionierendes System, das dem Staat massiv Geld spart, abgeschafft. Auf der anderen Seite habe ich aber die Er­höhung der Gebühr für gewisse Teile der Bevölkerung um 300 bis 1 000 Prozent. Das ist das Ergebnis.

Ich frage mich, ob das jetzt tatsächlich nur ein Fehler war, ob man sich geirrt hat, ob man einfach nicht kreativ genug war, eine bessere Lösung zu finden, oder wollte man einen Gefallen tun und die Vermögenssteuer durch die Hintertür einführen, denn es trifft ja Vermögende. Jeder, der eine Liegenschaft hat, den trifft es. Es trifft aber im We­sentlichen auch wieder den Mittelstand oder Leute, die sich das erspart haben, denn der, der spekuliert  (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) – Nein, es trifft nicht alle, Herbert Scheibner, und zwar trifft es deswegen nicht alle, weil derjenige, der das in ei­ner Kapitalgesellschaft drinnen hat, der überträgt Geschäftsanteile und hat daher keine Eintragungsgebühr im Grundbuch. (Abg. Scheibner: Den Kleinen trifft es!) – Genau, den Kleinen trifft es, richtig, danke.

Die Kleinen trifft es, aber die, die es sich regeln können, die eben das Vermögen, das Liegenschaftsvermögen in einer Kapitalgesellschaft haben, die übertragen die Ge­schäftsanteile dieser Kapitalgesellschaft. Die haben keine Eintragungsgebühr. Das heißt, die ersparen sich das, was nur den Kleinen trifft. Insofern ergibt sich eine völlig falsche Lenkungswirkung, und daher lehnen wir dieses Gesetz rundheraus ab. (Beifall bei der FPÖ.)

13.45


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Glaser. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


13.45.10

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Das ist kein Schildbürgerstreich, Herr Kollege Stefan, sondern es ist ein gut gelungenes Gesetz, mit dem die Grundbuchseintra­gungsgebühr neu geregelt wird. Es trägt dieses Gesetz damit auch dem Spruch des Verfassungsgerichtshofes Rechnung, der eine Neuregelung verlangt hat; und zwar deswegen Rechnung, weil grundsätzlich der Verkehrswert zur Berechnung der Grund­buchseintragungsgebühr herangezogen wird.


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Es ist diese Neuregelung aber durchaus auch eine praktikable, Herr Kollege Stefan, und auch eine vernünftige. Praktikabel deswegen, weil entweder der Immobilienpreis­spiegel – da braucht es keine besonders komplizierte Berechnung – oder der dreifa-
che Einheitswert herangezogen werden. Das ist also insgesamt eine sehr praktikable Handhabung.

Es ist eine vernünftige Regelung, denn nach wie vor können Übertragungen im Ver­wandtenbereich kostengünstig durchgeführt werden, bis hin zu Nichten und Neffen. Das war einer der berechtigten Kritikpunkte zum Erstvorschlag.

Es ist auch so, dass zum Beispiel bei Scheidungen entgeltliche Übertragungen jetzt ebenfalls begünstigt durchgeführt werden können. Das ist im Abänderungsantrag noch dazu gekommen. Also man hat das Gesetz einige Male, glaube ich, wesentlich verbes­sert.

Zur von Ihnen angesprochenen Begünstigung mit weniger Kosten bei betrieblichen Übertragungen oder bei Verschmelzungen: Das ist ja durchaus etwas, das zu be­grüßen ist, denn es stärkt die Betriebe und insgesamt den Wirtschaftsstandort Öster­reich. Ich finde nicht, dass da Kritik in dem Ausmaß angebracht wäre, wie Sie sie vor­gebracht haben.

Insgesamt kommt es gerade für den betrieblichen Bereich zu wesentlichen Begünsti­gungen. Es kommt zugegebenermaßen bei landwirtschaftlichen Übertragungen zu ge­ringfügigen Erhöhungen, auch durch die Neuregelung des Einheitswerts, aber insge­samt ist es eine absolut vernünftige und praktikable Regelung, die gefunden wurde. Wir stimmen dem guten Gewissens zu. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Scheibner. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.47.33

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da die Zeit so kurz ist, möchte ich mich der Kritik des Erstredners, Abgeordnetem Ste­fan anschließen, vor allem auch, was den bürokratischen Aufwand anlangt.

Frau Bundesminister, ich habe Sie im Ausschuss gefragt, wer Ihnen bei der ursprüng­lichen Version dieser Vorlage schaden wollte, denn diese hat zu Recht zu entspre­chender Empörung geführt. Der Koalitionspartner hat sich schon gefreut, denn er hat gesagt, das ist jetzt die Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer über den Umweg der Eintragungsgebühr; und genau das wäre es gewesen. Auch im engs­ten Familienbereich hätte es bis zu eine Verzehnfachung dieser Eintragungsgebühren mit sich gebracht.

Ich anerkenne, dass es abgeändert worden ist, in vielen Bereichen auch abgemindert worden ist, dass der engste Familienkreis jetzt ausgenommen ist. Das ist positiv.

Aber es gibt nach wie vor Bevölkerungsgruppen, die betroffen sein können und von dieser massiven Erhöhung belastet sind: wenn es entferntere Verwandte sind, wenn es Bekannte sind, denken wir etwa an Nachbarn, die ein altes Ehepaar über viele Jahre pflegen und dafür ein Haus oder ein Grundstück übertragen bekommen, denken wir an karitative Organisationen, an die ein Grundstück oder ein Haus im Erbwege übertragen wird.

Und denken wir, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei, an die Landwirtschaft. Sie wissen ganz genau, wie schwer das ist, jemanden zu finden, der etwa einen kleineren Betrieb im Nebenerwerb fortführt. Es wäre sicherlich leichter, einen entsprechenden Nachfolger für einen Betrieb zu finden, würden diese zusätzli­chen Kosten nicht anfallen.


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Herr Abgeordneter Glaser hat gesagt, dass es so ein tolles Gesetz sei; das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.

Unser Prinzip lautet „Genug gezahlt!“, gerade in Zeiten wie diesen, und auch wenn es – ich habe es anerkannt – in einigen Bereichen eine Abminderung gegeben hat: Diese zusätzliche Belastung für Teile der Bevölkerung lehnen wir ab. (Beifall beim BZÖ.)

13.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Becher. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.49.47

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden dieser Novelle natürlich zustimmen, denn sonst würde der reine Verkehrswert zur Berechnung herangezogen werden, und das scheint uns nicht sehr wünschenswert in allen Fällen.

Ich denke, es ist durchaus positiv zu vermerken, dass die Frau Ministerin gegenüber dem Begutachtungsentwurf eine Überarbeitung vorgenommen, auch die Expertisen der Arbeiterkammer und des ÖGB aufgegriffen, es um diese Ausnahmetatbestände er­weitert hat und weitere Änderungen auch noch vor dem Ministerratsbeschluss erfolgt sind.

Meiner Ansicht nach ist eine grundlegende Systemänderung in diesem Bereich der Grundbuchsgebühren nicht vom Tisch. Ich denke, wir werden uns auch weiterhin dafür einsetzen. Eine solche Änderung halte ich schon aus dem reinen Gerechtigkeitsgedan­ken heraus für notwendig.

Ich möchte dafür auch ein Beispiel geben: Ein hart arbeitender Mensch kauft sich eine Immobilie von seinem Ersparten und muss die Gebühr aufgrund des Verkehrswertes zahlen. Ein unambitionierter Müßiggänger erbt zufällig und zahlt die Gebühren lediglich auf Basis des begünstigten Einheitswertes.

Gebühren sind keine Steuern, sondern Gebühren sind zur Abgeltung des tatsächlichen Aufwandes der öffentlichen Hand zu verrechnen.

Eine grundsätzliche Bemerkung zu den Gerichtsgebühren: Die Justiz in Europa finan­ziert sich im Durchschnitt zu 22 Prozent aus Gerichtsgebühren. In Österreich sind es 110 Prozent. Wir haben einen Überschuss, und das sagt die jüngste Studie des Euro­parates aus, die CEPEJ-Studie, die 2012 erschienen ist. Das heißt aber, dieser Über­schuss wird finanziert durch die rechtsuchende Bevölkerung. Ich denke, da ist ein­deutig Diskussionsbedarf gegeben. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. 4 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


13.52.00

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Es wurde schon richtig gesagt, die Problematik mit die­sen Gerichtsgebühren und der versteckten Erbschaftssteuer wurde schon hinlänglich diskutiert, nicht nur im Hohen Haus, sondern in der Bevölkerung allgemein.

Mit diesem ersten Schritt, den Sie hier gemacht haben, Frau Minister, haben Sie ein­mal das ganze Land aufgerüttelt. Gott sei Dank, muss ich sagen, haben sich dann viele Organisationen und die kleinen „Häuslbauer“ – unter Anführungszeichen – auch dage­gen zur Wehr gesetzt.


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Nun haben wir eine abgeschwächte Form des Ganzen. Die Gerichtsgebühren und Grundbuchsgebühren werden wieder einmal unter dem Deckmantel der Verfassungs­konformität erhöht. Die Zeitung „Presse“ vom 5.11.2012 hat sehr deutlich geschrieben, dass laut dem Verfassungsgerichtshof auch diese neuerliche Version der Grundbuchs­gebühren aufzuheben sein wird, weil diese wieder nicht entsprechen. Ein Zitat daraus:

„Der Entwurf ist bloß alter Wein in neuen Schläuchen.“

Frau Minister, das würde mir schon zu denken geben. Die Neuregelung deckt sich im Wesentlichen mit der vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Bewertungsvor­schrift. Außer Spesen nichts gewesen, kann ich dazu nur sagen. Die Spesen müssen wieder einmal von der Bevölkerung getragen werden, und das ist der falsche Weg.

Es wurde hinlänglich von meiner Vorrednerin schon angesprochen: Was mich wundert, ist, dass das aus Regierungskreisen kommt. Ich habe bei der Budgetdebatte schon kri­tisiert, dass bei der Kostenabrechnung in der österreichischen Justiz durch Einnahmen aus Gebühren und Ersätzen der Satz bei 109,8 Prozent liegt, EU-Durchschnitt sind 22,3 Prozent.

Das ist reines Abcashen, meine Damen und Herren. Da trifft es wieder einmal die Klei­nen, die kleinen Bürger, die ohnehin hinten und vorne von dieser Regierung abgezockt werden. Meine Damen und Herren, das ist der falsche Weg! (Beifall beim Team Stro­nach.)

Lassen wir den Bürgern das Geld in der Tasche! Schauen wir, dass es den Bürgern besser geht, dass wir dort einsparen, wo es vernünftig ist, in der Verwaltung! Dort wäre es richtig, meine Damen und Herren. Wir vom Team Stronach stehen dieser Novelle sehr negativ gegenüber. Wir werden sie ablehnen. (Beifall beim Team Stronach.)

13.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhau­ser. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.54.40

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kollegin Becher, ich bin richtig froh, dass sich unsere Kritik an den hohen Gerichtsgebühren jetzt Richtung Regierung durchgesprochen hat. Seit Monaten gehen wir hier heraus und weisen darauf hin, dass die Justiz quasi als Cashcow her­halten muss.

Ich würde sagen, die Grundbuchsgebühren sind nicht der richtige Platz, um eine Sen­kung der Gerichtsgebühren vorzunehmen. Da würde ich eher, um bei der Vormittags­debatte anzuschließen, bei den Besuchsmittlern beispielsweise sparen – ich habe es schon am Vormittag erwähnt –, wo man 200 € je Partei für drei Monate zahlen muss. Das trifft wahrscheinlich in der Regel doch Leute, die weniger haben.

Es ist auch falsch, dass die Grundbuchsgebühr primär die Kleinen trifft. Bitte, das ist doch eine völlige Verkennung der Tatsachen. 65 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher haben noch nie geerbt. Das ist statistisch bewiesen. (Zwischenruf des Abg. Hagen.– Tendenziell treffen Grundbuchsgebühren natürlich jene, die etwas ha­ben; das ist ganz klar.

Aber, meine Damen und Herren, wir werden diese Regelung unterstützen. Sie enthält eine Privilegierung für Familien und für Unternehmensumgründungen. Das halte ich in dem Sinne für vertretbar, weil Gebühren tatsächlich nicht der richtige Ort sind, um Ver­teilungspolitik zu machen, wenn man das gar nicht machen kann. Der richtige Ort, und der Debatte muss man sich aber endlich stellen, sind Vermögenssteuern. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Dr. Oberhauser.)


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Ich habe schon gesagt, 65 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher haben noch nie geerbt, also die breite Masse. Wenn man sich anschaut – im Sozialbericht der Bun­desregierung sind die Zahlen zu finden –, dass 5 Prozent der Reichsten 45 Prozent al­ler Vermögenswerte besitzen, dann weiß man, dass es beim Vermögen keine Mittel­schicht gibt, die belastet wird.

Eine treffsichere Vermögenssteuer zum Unterschied von einer Gebühr ist möglich und könnte genau dort ansetzen, wo die großen Vermögen sind.

Frau Justizministerin, da bin ich ja bei Ihnen ohnedies an der richtigen Adresse, davon bin ich überzeugt. Sie waren am ÖAAB-Tag, wo die ÖAAB-Vorsitzende ohnedies schon die neue Linie ausgegeben hat. Ich nehme an, Sie sind in der ersten Reihe ge­sessen, Sie haben applaudiert. Dort wurde wortwörtlich gesagt: Die Reichen haben oh­nedies „keinen Sinn für das Gemeinsame (..). Her mit dem Zaster! Her mit der Ma­rie!“ – Offensichtlich gibt es in der ÖVP schon ein Umdenken. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Fichtenbauer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.57.05

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Ich bin dagegen, dass man die Ver­brechersprache im Hohen Haus verwendet, daher kein „Zaster“, keine „Marie“. Aber ich habe der Frau Justizministerin schon vor einem Jahr ein Buch gegeben, da kann man nachlesen, falls man Spracherwerbsbelustigung oder -bedürfnisse empfindet.

Ich verstehe nicht, warum der Reflex, der aufgrund des Erkenntnis des Verfassungsge­richtshofes mit der Einheitswertgeschichte – dass der Einheitswert ewig lang nicht nachgebessert wurde – zu einer Verzerrung oder Ungerechtigkeit führen müsste, mit einer Gebührenerhöhung verbunden sein muss. Ganz im Gegensatz zu Grün bin ich der Auffassung, dass jede Art der Vermögensbesteuerung absolut unerträglich ist. Das ist ein Schnüffelstaat, der Vermögenssteuern einhebt.

Es gibt eine ganz breite Mittelschicht, die ein sogenanntes Vermögen besitzt, das sind die Leute (Abg. Mag. Steinhauser: Falsch!), die bescheidene Wohnungseigentumser­werber sind, was sie sich im Laufe des Lebens erspart haben, die Häuslbauer et cete­ra. Das sind geschätzt rund 600 000 Menschen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Steinhauser.– Die Statistik weiß ich nicht auswendig.

Aber man könnte dieses Konzept, das zu Streitigkeiten führt, und Gott sei Dank ist es verbessert worden, verändern, indem man eine Gebühreneinhebung macht genau wie beim Firmenbuch. Da gibt es Pauschalbeträge, da hängt es davon ab, welche Gesell­schaft eingetragen wird. Aber es hängt gar nicht davon ab, welches Grund- oder Stammkapital besteht. Da gibt es überhaupt keine Gerechtigkeitsdebatte, und das brächte eine sehr angemessene Entspannung des ganzen Problems. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Himmelbauer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.58.50

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Werte Kollegen und Kolleginnen! Wäre bis Jahresende kei­ne Novelle zustande gekommen, wäre ab dem kommenden Jahr die Grundbuchein­tragungsgebühr vom Verkehrswert statt wie bisher vom Einheitswert bemessen wor-


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den, unabhängig von der Erwerbsart. Das hätte in den meisten Fällen eine Erhöhung, und das haben wir auch heute schon gehört, um das Zehnfache bedeutet und damit auch eine massive Belastung für österreichische Unternehmen mit sich gebracht.

Bis zum Jahre 2020 stehen 58 000 Klein- und Mittelbetriebe vor einer Betriebsübernah­me, davon mehr als zwei Drittel im eigenen Familienkreis. Massive finanzielle Mehrbe­lastungen hätten dazu geführt, dass eine Betriebsübergabe nahezu unmöglich wäre und damit auch Arbeitsplätze gefährdet worden wären.

Bundesministerin Karl hat erreicht, dass Begünstigungen gerade für die Übergabe im Familienkreis erzielt werden konnten. Das betrifft sämtliche Liegenschaftsübertragun­gen, aber auch Betriebsübergaben – und das unabhängig davon, ob diese Übergabe unentgeltlich oder entgeltlich erfolgt ist. Weiters wird die Übertragung von Liegen­schaften in gesellschaftsrechtlichen Konstellationen begünstigt, um so Wachstumsan­reize zu schaffen und die Betriebsfortführung zu unterstützen. Damit wird eine Erleich­terung für Österreichs Unternehmen erzielt, und es wird damit zumindest dazu beige­tragen, dass der jetzige und alte Chef nicht auch der letzte Chef bleibt. (Beifall bei der ÖVP.)

14.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.00.37

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Hohes Haus! Im Gegensatz zum Vorredner Dr. Fichtenbauer möchte ich schon festhalten, dass wir natürlich für Vermögenssteuern sind, weil eine Umverteilung in diesem Sinne längst fällig und gesellschaftspolitisch auch angebracht ist. Man sieht in ganz Europa, dass es in diese Richtung geht, nur bei uns ist es ein bisschen schleppend.

Ich glaube aber nicht, dass Grundbuchsgebühren eine Vermögenssteuer sind, sondern Grundbuchsgebühren hat es immer gegeben, auch als Bearbeitungsgebühr für den Staat, der letztendlich eine Dienstleistung erbringt und dafür auch eine Entlohnung ver­langen kann. Daher kann man nicht so grundsätzlich sagen, dass das eine Vermö­genssteuer wäre, sondern es ist durchaus angebracht, dass man da auch Gebühren verlangt.

Ich bin froh darüber, dass es vom Erstentwurf bis zur Letztfassung einige wesentliche Verbesserungen gegeben hat. Der Erstentwurf war viel zu weitgehend und viel zu we­nig bezugnehmend auf Familien- und Unternehmensverhältnisse. Ich glaube, dass das jetzt vernünftig geregelt ist.

Grundsätzlich ist das natürlich in Ordnung, aber ich habe ein bisschen ein Problem mit der Verwaltung des Ganzen. Jetzt wird das in einem an das Finanzamt abgeführt, und das Finanzamt nimmt die Aufteilung vor. Künftig muss man einen eigenen Kostenbe­amten einstellen, der überprüft, ob das der Verkehrswert ist, ob die Ausnahmegegen­stände gegeben sind. Das wird natürlich zu einer Vermehrung der Verwaltung führen. Das hätte man auch etwas einfacher regeln können.

Das Dritte, was ich anmerken möchte: Ich glaube, dass es nicht Sinn und Zweck der Gerichtsgebühren ist, mehr als 70 Millionen € Gewinn zu machen, sondern das sollte eigentlich ein Entgelt für erbrachte Leistungen sein, das im Wesentlichen genau das entgelten soll, was an Leistung erbracht wurde, und es sollte nicht über 70 Millionen € Gewinn erzielt werden. Ich glaube, darüber sollten wir uns wirklich noch unterhalten und das auch in Angriff nehmen, denn das ist dann keine Gebühr mehr, das geht schon in Richtung Steuer, und das wäre falsch. (Beifall bei der SPÖ.)

14.02



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Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Dr. Karl. – Bitte.

 


14.02.54

Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich kann gleich bei meinem Vorredner anschließen. Herr Abgeordneter Wittmann hat völlig recht, Gerichtsgebühren, Grundbuchsgebühren sind keine Vermö­genssteuer, und es war auch nie meine Intention, Vermögenssteuern einzuführen.

Die Notwendigkeit, die Grundbucheintragungsgebühren zu ändern, ergab sich auf­grund eines Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs. Der Verfassungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis die Eintragungsgebühr der Höhe nach nicht beanstandet, hat aber festgehalten, dass in Zukunft die Grundbuchseintragungsgebühr nach dem Ver­kehrswert zu bemessen ist. Zugleich – das möchte ich in dem Zusammenhang auch erwähnen – hat er aber auch klargestellt, dass für die Gebührenbemessung sehr wohl bestimmte Ausnahmen und Erleichterungen vorgesehen werden können.

Dieses Erkenntnis hat uns natürlich vor schwierige Fragen gestellt, denn wenn der Ge­setzgeber nicht tätig werden würde, dann würde die Konsequenz so aussehen, dass ab 1. Jänner 2013 für alle Liegenschaftstransaktionen der gemeine Wert die Bemes­sungsgrundlage für die Eintragungsgebühr in Höhe von 1,1 Prozent wäre. Und diese Lösung wollte ich nie. Deshalb war es mir wichtig, hier eine entsprechende Regie­rungsvorlage vorzulegen, um eben nicht zu diesem Ergebnis zu kommen, das rein auf­grund des Verfassungsgerichtshof-Erkenntnisses mit 1. Jänner 2013 eintreten würde.

Wir haben uns bei der Vorbereitung des Gesetzentwurfes natürlich verschiedene Alter­nativen überlegt und uns verschiedene Varianten angesehen, angefangen bei einer festen Gebühr bis hin zu einem modifizierten Anschluss an die Regelungen der Grund­erwerbssteuer. Letztendlich hat sich aber herausgestellt, dass das nunmehr vorlie­gende Modell den Anforderungen an die verfassungsrechtlichen Vorgaben ebenso wie den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen ganz einfach am besten entspricht.

Herr Abgeordneter Hagen, Sie haben darauf hingewiesen, dass in einer Zeitung ge­standen ist, das sei nicht verfassungskonform. Wir haben diesen Entwurf, so wie er Ih­nen vorliegt, vom Verfassungsdienst prüfen lassen, und der Verfassungsdienst hat kei­ne verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diesen Entwurf. Deshalb kann man auch nicht sagen, so wie Sie es getan haben, dass es sich dabei nur um eine Fortschrei­bung des bisherigen Rechts handelt, so quasi neues Recht in alten Schläuchen. Ganz im Gegenteil: Es hat ja der Verfassungsgerichtshof in den Erkenntnissen zum Einheits­wert immer wieder erkennen lassen, dass der Gesetzgeber selbst im Gebührenrecht einen Gestaltungsspielraum hat, und diesen Gestaltungsspielraum haben wir sehr wohl ausgenützt.

Wir sehen nämlich Begünstigungen vor, und zwar Begünstigungen bei allen Übertra­gungen im weiteren Familienbereich. „Alle Übertragungen im weiteren Familienbereich“ bedeutet, das gilt für entgeltliche und unentgeltliche Rechtsgeschäfte innerhalb der Fa­milie. Das heißt, für die unentgeltlichen Rechtsgeschäfte ändert sich im Vergleich zur geltenden Rechtslage nichts, und für entgeltliche Rechtsgeschäfte im Bereich der Fa­milie kommt es sogar zu Begünstigungen im Vergleich zur jetzt geltenden Rechtslage. Denken Sie da etwa an Übertragungen im Familienbereich gegen Leibrente, etwas, was ja doch häufiger vorkommt.

Begünstigt sind bei Übertragungen innerhalb der Familie alle Übertragungen im priva­ten Bereich, etwa eine private Wohnung, Haus et cetera, aber natürlich auch Übertra­gungen von Betrieben oder landwirtschaftlichen Betrieben. All das ist im familiären Be­reich von dieser Begünstigung umfasst.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 118

Begünstigungen sehen wir darüber hinaus auch für gesellschaftliche Restrukturierun­gen von Unternehmen vor.

Ich bin daher der Meinung, dass wir damit nun eine gute Grundlage schaffen, vor allem eine weit, weit bessere Grundlage, als wir sie aufgrund des Verfassungsgerichtshof-Er­kenntnisses ab 1. Jänner 2013 vorfinden würden. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.06

14.06.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2036 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in drit­ter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

14.07.3912. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (2005 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Versicherungsvertrags­gesetz, das Verkehrsopfer-Entschädigungsgesetz und das Bundes-Behinder­tengleichstellungsgesetz geändert werden (Versicherungsrechts-Änderungsge-
setz 2013 – VersRÄG 2013) (2037 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich mache darauf aufmerksam, dass nur vier Redner zu Wort gemeldet sind und wir ehebaldigst wieder zu einer Abstimmung kommen werden.

Als erster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. Wunschgemäß sind 4 Minuten Redezeit eingestellt. – Bitte.

 


14.08.26

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Hohes Haus! Menschen mit Behinderungen sind beim Abschluss von privaten Kranken-, Unfall- und Lebensversicherungen oft benachteiligt worden. Sie haben ent­weder keinen Versicherungsvertrag bekommen oder nur zu sehr erhöhten Prämien­zahlungen. Diese Diskriminierung wird nun beseitigt, und ich danke Frau Bundesminis­terin Karl, dass sie sehr rasch diese Gesetzesnovelle ausarbeiten hat lassen und dem Parlament zugeführt hat. Noch im Frühjahr haben wir erst einen entsprechenden Ent­schließungsantrag eingebracht.

Es sollen jetzt Diskriminierungen und Benachteiligungen aufgrund von Behinderungen beseitigt werden, ebenso sollen aber durch die sogenannte Unisex-Regelung auch Dis­kriminierungen in Form erhöhter Zahlungen aufgrund des Geschlechts beseitigt wer­den.

Bei behinderten Menschen muss die Versicherungsgesellschaft, wenn sie erhöhte Prä­mien fordert, auch entsprechende statistische Zahlen vorlegen, und es gibt auch eine


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 119

Absicherung. Wir haben ein erweitertes Verbandsklagerecht im Bundes-Behinderten­gleichstellungsgesetz verankert, eine Verbandsklage, die jetzt nicht nur von der ÖAR, dem Dachverband der Behindertenorganisationen, eingebracht werden kann, sondern auch vom Klagsverband oder dem Bundesbehindertenanwalt. Erstmals wurde im Bun­des-Behindertengleichstellungsgesetz auch die Möglichkeit einer Unterlassungsklage als Verbandsklage fixiert.

Ich glaube, das ist ein guter Versuch im Versicherungsbereich, den man hier startet, und wenn das funktioniert, wäre auch zu überlegen, dass man das auf den gesamten Diskriminierungsbereich von behinderten Menschen umlegt.

Ich möchte speziell Sektionschef Kathrein danken, der das in die Hand genommen und behinderte Menschen mit der Versicherungswirtschaft und mit Juristen an einen Tisch gebracht hat. Gemeinsam wurde dann diese sinnvolle Regelung ausgearbeitet. Das ist auch im Sinne der UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, dass man in den Gesetzwerdungsprozess selbst VertreterInnen miteinbezieht. – Dan­ke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.12.22

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich kann mich dem nur anschließen. Mit dieser Vorlage eines Versicherungsrechts-Än­derungsgesetzes ist es uns geglückt, einige gravierende Lücken zu schließen. Ich bin froh darüber, dass es im Rahmen des Verfahrens gelungen ist, für den Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern hineinzureklamieren, dass er Verbandsklage-Qualität bekommt, wie es eigentlich von Beginn an ausdrücklich vorge­sehen war, wie es aber aus nicht nachvollziehbaren Gründen im Zuge des Gesetzge­bungsverfahrens entfernt worden war.

Ich möchte mich beim Kollegen Ikrath und bei allen anderen bedanken, die daran mit­gewirkt haben, dass das jetzt geglückt ist, denn ich glaube, dass das für unsere behin­derten Freundinnen und Freunde natürlich ein wesentlicher Punkt ist, um Diskriminie­rungen tatsächlich zu entgehen. Das ist etwas, wie ich meine, was im Sinne des ge­samten Hauses ist. Das heißt, wir haben hier eine Konsensmaterie und sind froh, dass wir uns da weiterentwickelt haben.

Ganz kurz noch, bevor ich zum Schluss komme: Herr Präsident Graf, ich darf Ihnen, weil Sie vorhin gesagt haben, die Geschäftsordnung sieht eine Erwiderung nicht vor, die Bestimmung des § 58 Abs. 3 vorlesen:

„Eine Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung ist nur durch einen Abgeordneten möglich, der in die Darlegung des berichtigten Sachverhaltes gemäß Abs. 2 persönlich einbezogen wurde 

Wenn also die Erwiderung jetzt im § 58 Abs. 3 ausdrücklich vorgesehen worden ist, dann gehe ich davon aus, dass es sie auch tatsächlich gibt, jedenfalls hier im Haus. Ich würde Ihnen empfehlen, sich die Geschäftsordnung anzuschauen. Das wollte ich Ihnen nur sagen, damit wir uns in Zukunft solche Debatten ersparen können. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Jarolim, weil Sie das angesprochen haben: Wir wissen alle, dass es eine persönliche Erwiderung gibt. Sie haben sich aber zum Rednerpult gestellt und gesagt – Sie können es ja im Stenographischen Protokoll nachlesen –, Sie können keinen Widerruf machen. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 120

ein Unterschied!) Und einen Widerruf gibt es vom Rednerpult tatsächlich nicht. Da ist ein kleiner Unterschied, und darauf habe ich aufmerksam gemacht.

Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. 3 Minu­ten. – Bitte.

 


14.14.38

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Das vorliegende Gesetz ist ohnedies eine Konsensmaterie. Es ist unbestritten sinnvoll, dass die Unisex-Regel kommt, sprich, dass nicht mehr nach Geschlechtermerkmalen differenziert wird. Was nur spannend wird, ist, ob die Versicherungswirtschaft das auch weitergeben wird und es nicht nur zu Verteuerungen führt. Das sollten wir beobachten. Lebensversicherungen bei Frauen müssten nach der neuen Unisex-Regel nämlich bil­liger werden, nicht bloß jene der Männer teurer. Umgekehrt müssten Unfallversiche­rungen der Männer billiger werden, nicht nur bloß jene der Frauen teurer. Das wird man vom Konsumentenschutz-Ministerium genau beobachten müssen, sonst wäre
das ein unangenehmer Kollateralschaden, wenn am Ende nur alles teurer würde. Aber grundsätzlich ist es sinnvoll.

Zweiter Punkt: Ebenfalls sinnvoll – Abgeordnete Huainigg hat es schon ausgeführt – ist die Verbesserung, die für Menschen mit Behinderung in diesem Gesetz festgehalten wird, nämlich dass die Behinderung nicht Verwehrungsgrund sein darf oder unsachlich zu Erhöhung der Prämien führen darf.

Wir wollen aber diesen Vorschlag präzisieren und ergänzen und bringen daher einen Abänderungsantrag ein, den ich vorlesen muss, denn so sieht es die Geschäftsord­nung vor.

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Versicherungsrechts-Änderungsgesetzes 2013 wird wie folgt geändert:

1. Artikel I, Ziffer 2b lautet:

b) Abs. 3 lautet:

„(3) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, darf der Faktor Behinderung oder chronische Erkrankung nur dann zu Prämienzuschlägen oder sonstigen nachteiligen Vertragsinhalten führen, wenn die Behinderung oder die chronische Erkrankung ein be­stimmender Faktor in einer Risikobewertung ist, die auf relevanten und genauen versi­cherungsmathematischen und statistischen Daten beruht. Das Versicherungsunterneh­men hat diese Risikobewertung regelmäßig zu aktualisieren.“

2. In Artikel I wird in Ziffer 2 folgende lit. c angefügt:

c) Der Abs. 4 entfällt.

3. In Artikel II, Ziffer 1 wird im § 1d Abs. 3 nach dem Wort „gegenüber“ das Wort „schriftlich“ eingefügt und in Abs. 4 der Punkt durch einen Beistrich ersetzt und der Halbsatz „oder sich die mangelnde Versicherbarkeit des Risikos nach Abs. 1 ergibt.“ angefügt.

*****

Es tut mir leid, dass ich Sie ein bisschen mit Juristendeutsch belästigen musste. Im Kern geht es darum, dass dann, wenn jemand aufgrund einer Behinderung abgelehnt wird oder das eventuell zu einem Prämienzuschlag führt, den man damit argumentiert, die Schriftlichkeit erforderlich ist, damit überprüft werden kann, dass keine unsach­lichen Argumente diesen Prämienzuschlag nach sich ziehen. Die Schriftlichkeit ist


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 121

wichtig, damit das dann beim zuständigen Behindertenanwalt überprüft werden kann. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

14.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Jus­tiz-Ausschusses über die Regierungsvorlage Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (2005 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsge­setz, das Versicherungsvertragsgesetz, das Verkehrsopfer-Entschädigungsgesetz und das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz geändert werden (Versicherungsrechts-Änderungsgesetz 2013 – VersRÄG 2013) (2037 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (2005 d.B.) betreffend ein Versicherungsrechts-Änderungsge­setz 2013 in der Fassung des Berichtes des Justiz-Ausschusses (2037 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Artikel I, Ziffer 2b lautet:

b) Abs. 3 lautet:

„(3) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, darf der Faktor Behinderung oder chronische Erkrankung nur dann zu Prämienzuschlägen oder sonstigen nachteiligen Vertragsinhalten führen, wenn die Behinderung oder die chronische Erkrankung ein bestimmender Faktor in einer Risikobewertung ist, die auf relevanten und genauen ver­sicherungsmathematischen und statistischen Daten beruht. Das Versicherungsunter­nehmen hat diese Risikobewertung regelmäßig zu aktualisieren.“

2. In Artikel I wird in Ziffer 2 folgende lit. c angefügt:

c) Der Abs. 4 entfällt.

3. In Artikel II, Ziffer 1 wird in § 1d Abs. 3 nach dem Wort „gegenüber“ das Wort „schriftlich“ eingefügt und in Abs. 4 der Punkt durch einen Beistrich ersetzt und der Halbsatz „oder sich die mangelnde Versicherbarkeit des Risikos nach Abs. 1 ergibt.“ an­ge­fügt.

Begründung

Zu § 9 Abs. 3 Versicherungsaufsichtsgesetzes

Hier soll klargestellt werden, dass der Faktor Behinderung oder chronische Erkrankung nur dann zu Prämienzuschlägen oder sonstigen nachteiligen Vertragsinhalten führen, wenn die Behinderung oder die chronische Erkrankung ein bestimmender Faktor in einer Risikobewertung ist, die auf relevanten und genauen versicherungsmathemati­schen und statistischen Daten beruht.

Zu § 1d Abs. 3 VersVG

Die Offenlegungspflicht („schriftlich“) soll es dem Behinderten und/oder chronisch Kran­ken erleichtern, nachträglich eine Diskriminierung geltend zu machen, weil zum Bei-


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spiel ohne statistische Daten oder Bezugnahme auf den individuellen Gesundheitszu­stand nach verlässlichem medizinischen Wissen ein Prämienaufschlag erfolgt ist, oder der Vertragsabschluss zur Gänze verweigert wird.

Ohne das Erfordernis der Schriftlichkeit wird man der Offenlegungspflicht lediglich durch eine mündliche Information nachkommen. Damit würde aber dem Betroffenen der Urkundenbeweis für sein späteres Vorgehen gegen die erfolgte Diskriminierung fehlen.

Zu § 1d Abs. 4 VersVG

Auch der Fall, dass der Abschluss des Versicherungsvertrages zur Gänze verweigert wird, muss die Bestimmungen des BGStG unberührt lassen, so dass das BGStG auch für diesen Fall zu gelten hat.

Es bestünde sonst die Gefahr, dass der neue § 1d VersVG hinsichtlich dieses einen Tatbestandes als lex specialis zum BGStG angesehen wird, und dem Betroffenen da­durch nur mehr die weniger weit reichende Schutznorm des neuen § 1d VersVG zur Verfügung steht (welche zum Beispiel im Fall einer nachgewiesenen Diskriminierung keine Entschädigungspflichten vorsieht).

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Tadler. 2 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


14.17.49

Abgeordneter Erich Tadler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Die Änderungen im VersRÄG, im Versicherungsrechts-Änderungsgesetz, die aufgrund – das wurde noch nicht gesagt – eines Urteils des EuGH umzusetzen waren, sind nicht nur längst überfällig, sondern mehr als zu begrü­ßen.

Eine Differenzierung der Versicherungsprämien und Leistungen aufgrund des Ge­schlechtes ist nicht mehr zeitgemäß – das haben wir auch schon gehört –, darum jetzt diese Unisex-Tarife. Die unterschiedlichen Tarife für Männer und Frauen bei Versiche­rungen scheinen damit vielleicht doch endlich Geschichte zu sein. Damit ist sicherge­stellt, dass in Versicherungsverträgen Diskriminierungen zwischen Männern und Frau­en sowie von Menschen mit Behinderungen endlich einmal unterbleiben.

Laut Regierungsvorlage ist nun zur weiteren Festigung und Stärkung der Rechtsstel­lung von Menschen mit Behinderungen gegenüber Versicherungsnehmern eine Ver­bandsklagebefugnis der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation und des Behindertenanwaltes im Gesetz verankert, was Kollege Huainigg schon gesagt hat. Dies ist mehr als notwendig.

Weiters wurde in der Regierungsvorlage verankert, dass aufgrund der Behinderung der Abschluss oder Weiterbestand eines Versicherungsvertrages nicht abgelehnt und nicht gekündigt werden darf. Hier wurden grundlegende Regelungen für Personen mit Be­hinderungen geschaffen, denen man natürlich zustimmen muss. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

14.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Dr. Karl. – Bitte.

 


14.19.26

Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ausgangspunkt dieser Vorlage ist wiederum die Rechtsprechung, dies-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 123

mal allerdings nicht ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, sondern ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes. Es geht hier um das Erkenntnis zu der sogenannten Unisex-Versicherung. Wir sind unionsrechtlich verpflichtet, die österreichische Rechts­lage rasch, nämlich bis 21. Dezember 2012, zu bereinigen, und diesem Erfordernis kommen wir mit der nun vorliegenden Vorlage nach.

Zugleich sieht dieser Entwurf für die lange Jahre strittige Frage der Behandlung von Menschen mit Behinderung oder chronischen Erkrankungen in der Privatversicherung eine wirklich innovative Lösung vor. Bisher sind Menschen mit derartigen Beeinträch­tigungen vielfach vor dem Problem gestanden, dass sie sich entweder gar nicht oder nur zu unverhältnismäßig hohen Kosten haben versichern lassen können, wobei das gar nicht näher begründet werden musste.

Das soll sich nun aber alles ändern. Künftig soll es nicht auf eine Behinderung, son­dern auf den Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers ankommen – ein Krite­rium, das einerseits den Anforderungen des Bundes-Behindertengleichstellungsgeset­zes genügt, andererseits aber doch auch die Grundwerte des Privatversicherungs­rechtes aufrechthält. Diese Regelung soll dann durch spezielle Instrumente des kollek­tiven Rechtsschutzes begleitet werden. Denn eines ist klar: Selbst die beste Regelung zum Schutz behinderter Menschen hilft nichts, wenn ihnen nicht spezielle, mit ihren Be­dürfnissen vertraute Einrichtungen zur Seite stehen.

Die Novelle enthält außerdem noch weitere Regelungen, mit denen die Rechtsposition der Versicherungsnehmer gestärkt wird. Dabei geht es um die Klarstellung der Rechts­lage beim Prämienverzug sowie um die Unzulässigkeit der sogenannten Zahlschein­gebühr. Beide Regelungen bringen substanzielle Verbesserungen für die Verbraucher in einem doch alltäglich sehr wichtigen Rechtsgebiet. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.21

14.21.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2037 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen einen Zu­satz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über den erwähnten Zusatzantrag, danach über die vom erwähn­ten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Mag. Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfügung einer neuen lit. c in Art. I Z 2.

Wer für diesen Antrag ist, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Art. I Z 2 lit. b und Art. II Z 1 eingebracht.

Wer hiefür stimmt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 124

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Auch das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Ge­setzentwurf nähertreten wollen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist ein­stimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

14.23.4113. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Bericht der Bun­desregierung über die innere Sicherheit in Österreich (Sicherheitsbericht 2011) (III-337/2041 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1111/A(E) der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfüh­rung der „Digitalen Anzeige“ (2047 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 13 und 14 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Vilimsky. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.24.20

Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Österreich im Jahr 2011 – das entnehmen wir dem Sicherheitsbericht –: 540 007 Straftaten. Das sind pro Tag 1 479 Straftaten und pro Stunde 61 Straftaten. Das heißt: Jede Minute wird in Österreich eine Straftat verübt.

Das ist eine Kriminalität auf sehr hohem Niveau, bei der selbst statistische Finessen nicht mehr helfen, dieses Niveau zu verschleiern, dieses Niveau herunterzudrücken. Denn das ist eine Faktenlage, angesichts derer sich sehr, sehr viele Österreicherinnen und Österreicher weder aus objektiver noch aus subjektiver Sicht sicher fühlen können, ungeachtet dessen, dass von Ihrem Haus Vertrauensindices herausgegeben werden, ungeachtet dessen, dass aus Ihrem Haus zu kalmieren versucht wird, indem es heißt, die Österreicher würden sich ohnehin sicher fühlen. Das ist nicht der Fall!

In Österreich gibt es kaum mehr jemanden, der nicht entweder selbst Opfer einer kri­minellen Handlung geworden ist oder jemanden in seinem direkten Umfeld kennt, der Opfer einer kriminellen Handlung geworden ist. Ich werde auf die Ursachen nachher noch zu sprechen kommen.

Ich habe mir erlaubt, die Frau Bundesminister im Innenausschuss darauf hinzuweisen, dass sich im Vergleich der Metropolen Wien und München – zwei sehr vergleichbare Städte – aus sicherheitspolitischer Sicht ein komplett anderes Bild ergibt.

Wien hatte im Jahr 2011 200 820 Straftaten – 550 pro Tag, 22,9 pro Stunde – und eine Aufklärungsquote von 35 Prozent. München, etwas weniger an Einwohnern, hatte nur die Hälfte an Straftaten, nämlich 115 000, und eine Aufklärungsquote, die fast doppelt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 125

so hoch ist wie die Aufklärungsquote in Wien. – Irgendwo, Frau Minister, muss es da substanzielle Unterschiede geben, warum in München die Sicherheit wesentlich besser gewährleistet werden kann als im roten Wien.

Das mag mit Sicherheit auch an der roten Verwaltung in Wien liegen. Aber auf der an­deren Seite gibt es in München auch Sicherheitsinstrumente, zu denen wir uns bislang nicht haben durchringen können. Ich denke da etwa an die Sicherheitswacht, ein sehr erfolgreiches Modell. Ich denke auch daran, dass es in München eine berittene Polizei gibt. All diese Instrumente hat man bis dato in Wien nicht übernommen und auch nicht näher darüber nachgedacht, sie in Österreich zumindest in den Ballungsräumen ein­zusetzen. Das ist schade! Da wäre es gut und hoch an der Zeit, dass man sich hier an Erfolgsmodellen orientierte und versuchte, die Kriminalität entsprechend herunterzu­drücken. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben, Frau Bundesminister, heute eingemahnt, den Sicherheitsbericht zur Debat­te zu stellen, und zwar aus dem einfachen Grund, weil im Bewusstsein beziehungswei­se sozusagen tief im Magen der Bevölkerung Sicherheitsdefizite erkannt werden. Da gibt es zwei große Ursachenströme.

Der eine Ursachenstrom liegt in der Ostöffnung. Sie brauchen nur die österreichischen Tageszeitungen anzusehen – ohne jetzt auf die statistische Seite hinzuweisen –, dann werden Sie lesen können: „Ostbanden im Beuterausch“, „Ostbanden schlagen als Grabräuber zu“, „Ostbanden beim Kupferdiebstahl“ – was ja mittlerweile fast täglich Thema der Berichterstattung ist – und so weiter und so fort.

Heutzutage ist es so, dass Kriminelle einfach auf der Straße zu uns herein- und völlig ungehindert wieder zurückfahren können. Sie nutzen diese Situation aus, und unsere Exekutive ist trotz einer hervorragenden Leistung, die sie erbringt (demonstrativer Bei­fall bei der FPÖ), nicht in der Lage, diesen gewaltigen Strömen von Kriminalität Einhalt zu gebieten.

Das Zweite ist natürlich insbesondere der Asylbereich, wo wir – und das haben Sie auch offiziell festgestellt – die Situation haben, dass von fünf Asylwerbern vier unge­rechtfertigt Asyl beantragen. Das ist eine Quote von 80 Prozent all jener, die bei uns um Asyl ansuchen. Und natürlich kommt ein Gutteil – das konnten wir ja auch bei ei­nem Besuch in Traiskirchen feststellen – nur deshalb zu uns, um es sich in weiterer Folge ökonomisch zu verbessern. Wenn sie dann merken, dass das in dieser Form nicht geht, dann rutschen sie oft ins Kriminelle ab und werden dann immer wieder auch zum Gegenstand der Straftatenstatistik. Das ist eine mehr als unerfreuliche Entwick­lung.

Es gäbe zwei grobe Lösungsmodelle, Österreich zumindest ein bisschen sicherer zu machen. Eines, was Sie sogar einmal angedacht haben, nämlich den Schengen-Raum betreffend, wäre, dass man zumindest temporär – und die internationale Rechtssitua­tion gibt uns diese Handhabe – wieder Grenzen hochzieht, damit es Kriminelle nicht mehr so einfach haben, unbehelligt ins Land herein- und aus dem Land wieder hi­nauszukommen, weil damit zumindest immer der Unsicherheitsfaktor mit dabei ist, ob es tatsächlich auch wieder gelingt, mit Diebesgut über die Grenze zu kommen oder nicht.

Ginge es nach mir, würde ich die Österreicher überhaupt vor eine Volksabstimmung stellen: Wollt ihr offene Grenzen haben und problemlos etwa nach Italien oder nach Osteuropa fahren und dafür höhere Sicherheitsprobleme in Kauf nehmen oder seid ihr damit einverstanden, vielleicht wieder etwas länger an der Grenze warten zu müssen, dafür aber viele Sicherheitsprobleme wegzubekommen?

Das wäre eine wichtige Frage, eine Zukunftsfrage der Sicherheitspolitik, die ganz drin­gend entschieden gehörte. Da würde sich nicht nur das Problem der Ostbanden schlag-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 126

artig lösen, sondern auch im Problembereich Asyl würde es nicht mehr möglich sein, dass Menschen durch viele andere sichere Drittländer nach Österreich geschleppt werden, plötzlich in Traiskirchen anklopfen und Asyl begehren und dann entsprechend die Kriminalstatistik nach oben frisieren. Wobei ich schon betonen muss, dass Öster­reich immer offen war für Asylwerber – auch wir von der Freiheitlichen Partei –, näm­lich für all jene Menschen, die irgendwo auf diesem Kontinent an Leib und Leben be­droht sind. Diesen Menschen ist natürlich Schutz zu bieten. Hätten wir nicht so viele Asylbetrüger, dann könnten wir denen auch guten Schutz bieten und hätten kein Pro­blem. Das Problem ist, dass wir 80 Prozent Asylbetrüger haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Nur eine kurze Ergänzung zu meinem Vorschlag in der letzten Sitzung des Innenaus­schusses, dem beide Koalitionsfraktionen nicht die Zustimmung gegeben haben, wo es darum geht, eine verwaltungstechnische Vereinfachung für die Exekutive und auch für die Bürger einzuführen, nämlich ein Modell der digitalen Anzeige, das sich in vielen deutschen Bundesländern wiederfindet. Das soll nicht für diejenigen gelten, die Zeuge eines Mordes oder eines Bankraubes werden, sich dann vor den Computer setzen und das bei der Polizei zur Anzeige bringen, sondern für die vielen Fälle, wo man Opfer ei­ner kriminellen Handlung wird, weil einem etwas gestohlen wird oder weil das Auto vielleicht beschädigt wird und man für die Versicherung eine polizeiliche Anzeige braucht oder ein Dokument wiederbeschafft werden muss. Also da geht es darum, dass es nicht mehr notwendig sein soll, dass man nach einem Diebstahl, wo man ein­fach eine polizeiliche Anzeige braucht, in Zukunft nicht mehr zu einer Polizeiinspektion geht, wo ein bewaffneter und uniformierter Exekutivbeamter eine halbe Stunde, eine Dreiviertelstunde diese Anzeige aufnehmen muss, sondern dass man das selbst ma­chen können soll. (Beifall bei der FPÖ.)

Es kann doch nicht sein, dass der Österreicher heute seinen Steuerausgleich machen kann oder dass der Österreicher heute unter Identifikation mit einer Bürgerkarte sehr viele Behördengänge machen kann, dass er aber, wenn es darum geht, eine Anzeige im niederschwelligen Bereich der Exekutive zu machen, das eben auf einmal nicht tun darf. Da kam nämlich von Ihrer Fraktion der Einwand, da würde man der Vernaderei Tür und Tor öffnen. – Mitnichten! Sie würden die Bevölkerung dadurch massiv entlas­ten. Erstens einmal muss man sich überhaupt eine Polizeiinspektion suchen – Nummer eins –, und man muss – Nummer zwei – das Glück haben, dass ein Beamter frei ist – da wartet man vielleicht eine Stunde oder zwei –, und Nummer drei: Ein uniformierter Beamter, der unterwegs sein könnte auf der Straße, wo er für Sicherheit sorgen muss, muss sich mit den Team-4-Administrationswirren der letzten Strasser-Reform herum­schlagen und eine halbe, Dreiviertelstunde lang eine Anzeige aufnehmen. Das ist der falsche Weg.

Das können Verwaltungsbeamte machen. Dort, wo es Nachfragen gibt, dort, wo Un­klarheiten sind, soll ein Exekutivbeamter in weiterer Konsequenz anrufen, soll Nach­schau halten, soll das Ganze abklären. Mit Sicherheit hätten wir viel mehr Beamte auf der Straße und für die Bürger dadurch einen unglaublich großen Entlastungseffekt. Lei­der – ich sage wirklich: leider! und abseits der ganzen Parteipolemik – haben weder Sie (in Richtung ÖVP) noch Sie (in Richtung SPÖ) sich darauf verständigen können, diese mehr als unpolitische und sehr, sehr bürgerfreundliche Aktion auch tatsächlich umzusetzen. Noch einmal: Leider! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kößl. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.33.12

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesministerin­nen! Geschätzte Damen und Herren! Der Sicherheitsbericht 2011 zeigt, dass von der


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Polizei eine äußerst positive Arbeit in Österreich geleistet wurde und dass die Bekämp­fung der Kriminalität im Jahre 2011 sehr erfolgreich war. Ich möchte das auch an ein paar Zahlen darlegen, die sehr im Widerspruch zu jenen stehen, die mein Vorredner gebracht hat.

Während es im Jahre 2004 in Österreich 643 000 strafbare Handlungen gab, waren es im Jahr 2011 540 000 und somit um 103 000 weniger. Was war 2004? – 2004 hatten wir die Schengen-Grenze und auch eine permanente Grenzkontrolle. Also eines ist klar: Eine Grenzkontrolle bringt auf keinen Fall mehr Sicherheit! Ich glaube vielmehr, dass es wichtig war, wirksame Maßnahmen zu setzen, wie zum Beispiel jene, dass es eine sehr intensive internationale Zusammenarbeit zwischen den österreichischen Poli­zeibehörden und den Polizeibehörden anderer Länder gibt.

Diese Entwicklung zeigt, dass die Reformen, die in Österreich durchgeführt worden sind, greifen, dass es eine äußerst positive Polizeiarbeit in Österreich gibt und dass die Maßnahmen, die von der Frau Bundesministerin und ihren VorgängerInnen gemein­sam mit ihren Teams gesetzt worden sind, natürlich ebenfalls greifen. Denken wir etwa an die Erfolgsgeschichte der Soko Ost. Ich möchte nur ein paar Zahlen nennen.

Im Jahr 2011 gab es 281 Festnahmen, 576 Sicherstellungen, 2 200 verwaltungspolizei­liche Festnahmen und fast 3 Millionen Fahndungsanfragen. – Also eine tolle Arbeit, die hier von dieser Sondereinsatzgruppe geleistet worden ist. Und man sieht natürlich auch in der ganzen Bilanz, dass wir bei der Gesamtkriminalität im Einbruchsbereich und bei den KFZ-Diebstählen massive Rückgänge haben.

Ich glaube daher, dass wir uns in Österreich an und für sich auf einem sehr guten Weg befinden. Wir brauchen uns nicht dafür zu schämen, dass wir zu den sichersten Län­dern der Welt zählen. Und wir werden mit diesen Maßnahmen, die hier vom Innen­ministerium und von der Frau Bundesminister gesetzt werden, auf diesem Weg auch fortschreiten. (Beifall bei der ÖVP.)

14.36


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Korun. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.36.31

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrte Damen auf der Regierungs­bank! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste auf der Galerie! Es wurde schon einiges über den Sicherheitsbericht 2011 gesagt. Tatsache ist, dass wir bei der Aufklärungsquote der Gesamtkriminalität eine leichte Steigerung von 2 Prozent haben. Das ist zu begrüßen, das ist gut so. Genauso ist es aber auch eine Tatsache, dass wir bei der Aufklärungsquote mit zirka 43 Prozent noch immer unter 50 Prozent liegen. Das heißt konkret, dass nicht einmal jede zweite Straftat, die zur Anzeige kommt, aufgeklärt wird. Und das ist in der Tat keine tolle Bilanz, auf die man wirklich stolz sein kann. Unter anderem aus diesem Grund werden wir der Kenntnisnahme die­ses Sicherheitsberichts auch nicht zustimmen.

Es ist weiters eine Tatsache, dass wir noch immer unter den Auswirkungen der soge­nannten Polizeireform des damaligen Innenministers Strasser zu leiden haben. Und das sage ich nicht nur als Abgeordnete, sondern auch als Betroffene, die Opfer eines Wohnungseinbruchs wurde, eines Einbruchsdiebstahls, der bis heute natürlich nicht aufgeklärt wurde. Ich weiß auch, dass ich mit dieser Tatsache nicht allein bin, sondern dass viele Bürgerinnen und Bürger ebenfalls Opfer dieser Art von Kriminalität wurden und dass wir da eine Aufklärungsrate haben, die sehr, sehr niedrig ist. Da gibt es nichts zu beschönigen!

Aus aktuellem Anlass möchte ich auch ein konkretes Beispiel dafür bringen, was das Innenministerium unter Sicherheit versteht. Wir haben hier – und wir haben das bei den


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Budgetdebatten auch besprochen – eigentlich sehr hohe, sehr gute Werte: Bis zu 96 Prozent der Bürgerinnen und Bürger fühlen sich sehr sicher, was das subjektive Sicherheitsgefühl betrifft. Das ist ein hoher Wert und das ist auch gut so.

Aus aktuellem Anlass kann ich es aber nicht unerwähnt lassen, wie genau dieses In­nenministerium mit dem Sicherheitsgefühl, mehr noch mit der Sicherheit von Men­schen, die sich in Österreich aufhalten, umgeht.

Konkret geht es dabei um eine Abschiebung, die am 28.11. erfolgt ist. Es geht um einen tschetschenischen Asylwerber, der bei uns um Schutz angesucht hat und der trotz massiver Traumatisierung und trotz ärztlicher Atteste – zum Beispiel vom Opfer­schutzverein Hemayat, der auf Traumatisierungen spezialisiert ist – als Asylwerber, als Schutzsuchender abgelehnt wurde.

Diese Person wurde am 28. November mit seiner Frau und seinen zwei minderjährigen Töchtern nach Moskau, nach Russland abgeschoben und wurde dort direkt von der russischen Polizei, wie die Öffentlichkeit heute erfahren durfte, empfangen. Seine Frau wurde von der russischen Polizei mit den Worten empfangen: Sind Sie die Frau So­undso? Wir warten seit einer Woche auf Sie, um Ihren Mann festzunehmen!

Dieser Mann war jemand, für dessen Sicherheit die Republik und ganz konkret die Frau Innenministerin zuständig war, er war ein Schutzsuchender. Er wurde nach meh­reren Jahren Asylverfahren abgeschoben, und zwar direkt in die Hände seiner Ver­folger.

Seitdem ist der Kontakt zu ihm abgerissen, seine Frau kann ihn nicht erreichen. Wir wissen nicht, wie es ihm geht. Wir können nur hoffen, dass er nicht in irgendeinem Fol­terkeller der russischen Polizei oder von wem auch immer gelandet ist, und wir können nur hoffen, dass er noch am Leben ist. – So viel zur Sicherheitspolitik und auch zur Asylpolitik der Innenministerin.

Nun weiß ich, sie wird damit argumentieren, dass es einen Haftbefehl gegen diesen Mann gegeben hat, dass er beschuldigt wird, einen – mutmaßlichen – Diebstahl be­gangen zu haben. Aber alle, die etwas mit dem Bereich Asyl zu tun haben, wissen, dass es übliche Praxis von undemokratischen Staaten, von Verfolgerstaaten ist, den Menschen, die vor ihnen geflüchtet sind, Straftaten anzudichten und anzuhängen, um ihre Fluchtgründe unglaubhaft zu machen, um sie zu diskreditieren und so letztendlich wieder in ihre Fänge zu bekommen.

Das ist also etwas, das man sich ganz genau hätte anschauen müssen, sehr geehrte Frau Bundesministerin! Das hätte man ganz genau überprüfen müssen, bevor man diesen Menschen, der massiv behauptet hat, jahrelang verfolgt worden zu sein, der nachweislich schwer traumatisiert war, genau diesem Verfolgerstaat wieder ausliefert.

Daran sieht man, dass Sie mit der Sicherheit von allen Menschen, deren Sicherheit Ih­nen anvertraut wurde, nicht sorgfältig umgehen. Wir erwarten uns in diesem Bereich selbstverständlich eine Verbesserung; denn jede solche Abschiebung, wo Menschen dann weiterhin verfolgt werden, weiterhin traumatisiert werden, ist eine zu viel. Wir er­warten uns, dass es hier eine Kurskorrektur gibt und dass Sie alles in Ihrer Macht Ste­hende tun werden, um diese Person zurückzuholen und vor Übergriffen und weiterer Verfolgung zu schützen.

Sicherheit ist nicht teilbar. Alle Menschen, die hier leben, brauchen und verdienen ge­nau dieselbe Sicherheit: dass nämlich ihr Leben sicher ist, dass ihre körperliche Unver­sehrtheit gewahrt wird und dass sie Schutz vor Verfolgung finden. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 129

14.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pendl. 4 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.42.30

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen auf der Regierungs­bank! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich würde meinen, da ja lauter Wissende hier im Saale sitzen, bleiben wir wenigstens bei jenem Ausdruck, der korrekt ist. Wir reden von 540 000 Angezeigten. Jeder Wissende kennt auch den Unterschied zwischen einem Angezeigten und einem Verurteilten – egal, nach welcher Straftat.

Ich meine hier, dass nicht nur die Österreicherinnen und Österreicher wissen, wie si­cher Österreich ist – und ich sage gleich vorweg, jede einzelne Straftat ist eine zu viel –; und dass es so ist, verdanken wir der österreichischen Exekutive, unseren Kollegin-
nen und Kollegen, aber auch dieser Bundesregierung, die über das Bundesministerium
für Inneres Jahr für Jahr ein ordentliches Budget hat. Es ist eines der wenigen Res-
sorts, die einen Zuwachs haben. (Demonstrativer Beifall der Abgeordneten Amon und Mag. Schönegger.) Ich sage das, damit wir hier wenigstens über korrekte Zahlen und Fakten diskutieren.

Jetzt ist er nicht da. – Doch. Kollege Vilimsky! Weil du ununterbrochen München ver­gleichst: Ich würde mir die Diskussion anschauen. (Abg. Ing. Westenthaler: Ziemlich gleich groß!) Nicht nur, dass die Statistiken hinken. Ich würde mir anschauen: Wer von euch weiß, wie viele Polizeiinspektionen es in München gibt? Wenn man das auf Wien umlegen würde, um Gottes willen, was würdet ihr dann dazu formulieren! – Also wir können nur Gleiches mit Gleichem vergleichen. Wir können, wenn Sie so wollen, Äpfel mit Äpfeln vergleichen (Abg. Mayerhofer: So kann man das nicht vergleichen!), aber nicht ununterbrochen Vergleiche heranziehen, die hinten und vorne nicht stimmen!

Jede einzelne Straftat ist eine zu viel, da wiederhole ich mich, darüber brauchen wir gar nicht zu diskutieren. Aber wenn da jemand ununterbrochen die Unsicherheit her­beibetet, dann fehlt mir jedes Verständnis. Jeder Gast, der nach Österreich kommt, wird bei seiner Abreise zum Ausdruck bringen, wie sicher Österreich ist, wie sicher die Bundeshauptstadt ist. Dafür gewinnt Österreich übrigens ununterbrochen, jedes Jahr bei einer internationalen Beurteilung einen Preis. Und ich glaube, wir sollten das Selbstbewusstsein haben, gemeinsam zu schauen, dass wir nach wie vor die Zahl der Anzeigen beziehungsweise der Verbrechen und Vergehen zurückdrängen – überhaupt keine Frage –, aber wir sollen nicht alle verunsichern, das ist in einem so sensiblen Be­reich nicht notwendig!

Meine geschätzten Damen und Herren! Es gibt ja keine Diskussion im Bereich der in­neren Sicherheit – und ich könnte schon fast sagen, jeden Monat immer wieder –, wo wir nicht sofort die Vergleiche haben, nämlich auf der einen Seite mit dem Asyl und auf der anderen Seite, Frau Kollegin Korun, kenne ich mich manchmal überhaupt nicht mehr aus, denn normalerweise seid ihr ja gegen zu viel Polizei, gegen zu viele Ein­sätze und gegen zu viel Kontrolle; und auf einmal sagen Sie, das ist alles zu wenig. Al­so ich will das gar nicht beurteilen.

Ich meine nur, dass bei uns auf der einen Seite, was den Asylbereich betrifft, hervorra­gende rechtsstaatliche Verfahren ablaufen, dass wir uns gemeinsam bemüht haben, die Verfahren – auch im Interesse der Betroffenen – rasch zu erledigen, dass wir ge­meinsam versucht haben, in diesem Bereich solidarisch, ganzstaatlich auch eine Lö­sung für die Erstaufnahmestellen herbeizuführen.

Kollege Vilimsky, es ist nun einmal so: Es ist kein Problem gelöst, wenn ich alle paar Jahre einmal nach Traiskirchen fahre, eine Pressekonferenz gebe, alle wieder verunsi­chere und dann heimfahre. Wir leben seit Jahrzehnten dort, vor Ort, und wissen mit dieser Situation umzugehen. Und ich bin froh, dass Kanzler und Vizekanzler, die ganze Bundesregierung und die Landeshauptleute bereit waren, im Wege eines Asylgipfels eine Lösung herbeizuführen, wo die Lasten auf ganz Österreich verteilt worden sind.


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Lassen wir bitte auch die Kirche im Dorf, bleiben wir bei den Fakten, bleiben wir bei dem, was Realität ist! Noch einmal: Jede einzelne Straftat ist eine zu viel. Versuchen wir gemeinsam, rechtsstaatlich, verfassungskonform diese wichtige Aufgabe zu lösen – damit hätten wir Arbeit genug –, und hören wir auf, die Menschen zu verunsichern! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler zu Wort gemeldet. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.47.10

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen auf der Regierungsbank, Ministerinnen! Otto Pendl, wie er leibt und lebt: Alles bestens, auch kein Problem. (Abg. Pendl: Das habe ich nicht gesagt!) – Doch. Du hast gesagt, wir predigen herbei. Das ist überhaupt eine neue Wortschöpfung. (Ruf bei der ÖVP: Beten!) – Beten, gut. Ich habe „predigen“ verstanden. Gut, du hast gesagt, wir beten eine Unsicherheit herbei, und am Ende hast du dann an uns appelliert: Bleibt bei den Fakten! – Dann bleiben wir bitte wirklich bei den Fakten.

Lieber Otto Pendl! Wenn du wirklich der Meinung bist, dass diese Zahlen, nämlich ein Verbrechen pro Minute und 540 000 Verbrechen, nicht alarmierend sind und dass das die höchste Sicherheit überhaupt ist, dann verkehrst du irgendwie die Realität. Tut mir leid, das ist so. Wir haben eine sehr hohe Kriminalitätsrate. Sie ist interessanterweise sogar gestiegen, nämlich um 0,8 Prozent. Das klingt jetzt nicht dramatisch, ist aber ei­ne Steigerung um immerhin 4 262 Delikte im Vergleich zum Vorjahr, Kollege Pendl.

Nun kann man, wenn man spitzfindig ist, sagen: Das muss ja auch steigen, weil die Innenministerin in ihrem Budgetziel für 2013 das Ziel hat, die Kriminalität pro 100 000 Einwohner in diesem Land zu erhöhen. Daher ist das schon einmal ein erster Erfolg, Frau Ministerin. Ich erinnere Sie an Ihre – ich nenne es jetzt einmal noncha­lant – holpertatschige Formulierung. (Abg. Mag. Schönegger: „Holpertatschig“? – Hei­terkeit bei Abgeordneten der ÖVP.) Das habe ich mir da nämlich aufgeschrieben. Das wird jetzt öfter vorkommen, Frau Ministerin, das muss man öfter zitieren; denn wenn ich es öfter zitiere, werden Sie es vielleicht beim nächsten Budget nicht mehr machen.

Wir haben nämlich jetzt 7 174 Verbrechen beziehungsweise Kriminalitätsfälle pro 100 000 Einwohner; und im Budgetziel des Innenministeriums für 2013 steht, 7 900 Verbrechen pro 100 000 Einwohner, also eine Steigerung. Und damit, Frau Mi­nisterin, haben Sie schon einen ersten Erfolg, denn die Kriminalität vom Vorjahr ist auch schon gestiegen, nämlich um 0,8 Prozent. (Abg. Pendl:  ganz andere Statistik!) Sie sind auf gutem Weg, könnte man sagen, wenn es nicht so traurig wäre und wenn das nicht dauernd passieren würde.

Übrigens, Herr Kollege Pendl, der Vergleich mit München ist natürlich völlig korrekt. Diesen Vergleich stellen nicht nur Herr Vilimsky und wir an. Wissen Sie, wer München mit Wien in Sachen Kriminalität und Sicherheit vergleicht? Der Rechnungshof. Der Rechnungshof hat nämlich das Bundeskriminalamt und vor allem die Bundespolizeidi­rektion Wien geprüft und hat dann die beiden Städte verglichen.

Es gibt nämlich einen einzigen Grund, warum man die beiden Städte vergleicht: Sie sind fast gleich groß. Deswegen kann man sie auch vergleichen. Das ist völlig legitim, das darf man. Und wissen Sie – und das ist nämlich die Antwort auf die Frage des Herrn Vilimsky –, warum es dort irgendwie besser funktioniert? – Ganz einfach, das steht alles im Bericht des Rechnungshofes:

In Wien liegt die Außendienstpräsenz der Polizei bei 41 Prozent, in München bei 70 Prozent, inklusive berittener Polizei. Dass da ein höheres Sicherheitsgefühl da ist,


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dass es da besser läuft und dass die wahrscheinlich eine wesentlich höhere Aufklä­rungsquote haben, ist klar – das habe ich zwar jetzt nicht parat, aber ich schätze einmal, dass es so ist, denn in Wien liegt sie bei 35 Prozent, Frau Ministerin!

Nun weiß ich schon, dafür sind vielleicht nicht ursprünglich Sie verantwortlich, sondern da sitzt eine andere Genossenschaft, nämlich eine wortwörtliche Genossenschaft, in Wien; aber eine Gesamtaufklärungsquote von 35 Prozent in einer Bundeshauptstadt, das ist eine Katastrophe! Setzen Sie sich endlich einmal mit dem Herrn Bürgermeister zusammen und versuchen Sie, da Lösungen zu finden, was die Außenpräsenz be­trifft – und zwar nicht die, die Sie in Ihrem Budgetziel haben, von einem Beamten mehr; das wird zu wenig sein, da müssen Sie etwas anderes machen.

Aber mir ist noch etwas aufgefallen. Über die Zahlen brauchen wir ja nicht zu diskutie­ren. Die Aufklärungsquoten sind zu gering und die Kriminalität ist zu hoch, das ist ja je­des Jahr das Gleiche. Um auch etwas Positives zu sagen: Die Zahlen bezüglich Auf­klärung von Sexualstraftaten sind sehr hoch. Dafür kann man nur Danke sagen, das ist auch in Ordnung, finde ich super. Nur sind die Zahlen bei der Aufklärung von Ein­bruchsdiebstählen furchtbar gering, nur 7,5 Prozent aller Einbrüche in Wohnungen wer­den aufgeklärt!

Jetzt komme ich zu diesem Papier, weil nämlich mit Sicherheit das Bundeskriminal­amt – und die Herrschaften werden ja vielleicht hier sitzen – im Jänner, das hat man nämlich voriges Jahr auch gemacht, wieder seine Kriminalitätsentwicklung schon vorab präsentiert. Es ist nämlich so: Wir haben den Sicherheitsbericht jetzt im Dezember, aber das Bundeskriminalamt wird auch im kommenden Jänner, 2013, bereits vorab die Kriminalitätsentwicklung des heurigen Jahres präsentieren. Und jetzt erkläre ich Ihnen, was da im vorigen Jahr passiert ist.

Da wird im Jänner dieses Jahres die Kriminalitätsentwicklung 2011, also vom Vorjahr, präsentiert, und da wird natürlich unglaublich abgefeiert, wie toll das alles ist. Aber es ist so, dass dann Unwahrheiten drinnen stehen, die man sehr leicht widerlegen kann! Da gibt es zum Beispiel eine Überschrift:

„Einbrüche in Wohnungen und Einfamilienhäuser sinken“. Und dann schreiben sie rein: „von 15.747 () auf 15.616“.

Da denkt sich jeder: Klasse, ist gesunken!

Wenn ich aber Besitzer eines Einfamilienhauses bin, zufällig nicht zu Hause bin, und man bricht bei mir ein, dann kann ich andererseits feststellen, dass diese Delikte laut dem Bericht, der jetzt vorliegt, gestiegen sind. Die Zahl dieser Delikte ist nämlich ziem­lich dramatisch gestiegen. In nichtbewohnte Einfamilienhäuser ist um 17,9 Prozent mehr eingebrochen worden als im Vorjahr. Aber das Bundeskriminalamt sagt uns:

„Einbrüche in Wohnungen, bewohnten und unbewohnten Einfamilienhäusern in Öster­reich sinken ():“

Das ist schlicht und ergreifend falsch, Bundeskriminalamt! Ich würde Sie bitten, hier korrekte Berichte zu liefern. Sie schreiben nämlich darunter auch noch – Frau Minis­terin, schauen Sie sich das an –, warum dieser Wert gesunken ist. Das hat zwar nicht gestimmt, aber bitte: Weil „mehr Straftäter auf frischer Tat betreten“ worden sind.

Nun denke ich mir: Klasse, das heißt, die Aufklärungsquote ist gestiegen, nichts ande­res. Dann schaue ich nach und – mitnichten! Diese ohnehin skandalös geringe Aufklä­rungsquote bei Einbrüchen in Einfamilienhäuser ist bei bewohnten Einfamilienhäusern um 1,1 Prozent auf 10,6 Prozent gefallen und bei unbewohnten ebenfalls um 1 Prozent auf 13,4 Prozent gefallen!

Aber das Bundeskriminalamt will uns weismachen: weil mehr Täter ertappt worden sind. – Das ist Unfug! Damit blenden Sie die Öffentlichkeit, und ich rate Ihnen dringend,


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dort einmal hineinzufahren und den Herrschaften das zu sagen, was in dem Bericht wirklich Sache ist. Wenn die Zahlen in Ihrem Bericht stimmen, dann stimmen sie hier nicht; dann ist das eine Verblendung und auch eine Tatsache, die man so nicht stehen lassen kann.

Insgesamt, Frau Ministerin, haben Sie natürlich Handlungsbedarf, ich sage das ganz klar, weil die Gesamtzahl der Kriminalität einfach zu hoch ist und die Aufklärungsquo­ten zu niedrig sind. Ich kann Ihnen nur noch einmal den Tipp geben: Werden Sie krea­tiv! Wenn Sie sagen, wir haben zu wenig Personal, dann ist das in Ordnung. Aber wa­rum überlegen Sie sich nicht schon lange einmal, wie es zum Beispiel auch in München – ich habe mir das genau angeschaut – passiert, mit den privaten Sicher­heitsdiensten mehr zu kooperieren?

Es gibt in Österreich 12 000 Mitarbeiter in privaten Sicherheitsdiensten in mittlerweile 211 privaten Sicherheitsfirmen. Ohne der Polizei irgendetwas wegnehmen zu wollen – sie wird weiter das hoheitliche Recht haben, für Sicherheit zu sorgen, das soll auch so sein –, aber: Warum kann man hier nicht Synergien finden? Man könnte sagen: Wo es besonders arg ist, im Bereich des Einbruchsdiebstahls, im Bereich des Außendienstes, setze ich mich auch einmal mit den Privaten zusammen und versuche, da eine Ko­operation zu finden, wie es viele Städte dieser Welt machen, und das offensichtlich mit Erfolg. – Das wäre nur eine Idee, die ich Ihnen in Ihren Rucksack mitgebe. (Beifall beim BZÖ.)

14.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. 5 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.54.51

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Frauen Ministerinnen! Hohes Haus! Zum Sicherheitsbericht 2011: Mir fällt positiv auf, dass die Aufklärungsquote von 41,4 Prozent im Jahr 2010 auf 43,4 Prozent im Jahr 2011, also um 2 Prozent, gestiegen ist. Ganz besonders freut es mich natürlich, dass mein Hei­matbundesland, in dem auch ich meinen Dienst verrichte, mit einer Aufklärungsquote von 59,4 Prozent österreichweit führend ist. Ich möchte bei dieser Gelegenheit den Exekutivbeamten in Österreich und speziell in Vorarlberg für ihre gute Arbeit ein ganz großes Lob aussprechen. (Beifall beim Team Stronach.)

Meine Damen und Herren! Dem steht die Aufklärungsquote in Wien gegenüber, näm­lich 35 Prozent. Das muss verbessert werden. Aber wir wissen alle, in Großstädten ist das nicht so einfach. Dementsprechend muss hier die Exekutive zielgerecht eingesetzt und das Personal entsprechend entlastet werden – nämlich von unnötigen Aufgaben und natürlich auch in der Hinsicht, dass wir ausreichend Personal zur Verfügung ha­ben. Spezialisierungen kommen immer mehr, es gibt immer mehr Zuteilungen, und auf den Posten draußen fehlen dann die Leute. Auch dem muss Rechnung getragen wer­den.

Was ich noch anschneiden möchte: Wir haben mittlerweile eine sehr starke Präsenz von Frauen in der Exekutive, und das ist ja gewünscht. Speziell in den Bundesländern Vorarlberg und Wien ist die Frauenquote recht hoch. Das zieht natürlich gewisse Pro­bleme nach sich. Ich will jetzt nicht den Frauen den Vorwurf machen, im Gegenteil, aber Karenz und diese Möglichkeiten, die die Kollegen auch selbst in Anspruch neh­men, stellen natürlich ein personelles Problem dar. (Abg. Mag. Wurm: Sonderverwen­dung!)

Auf dem Papier sind die Leute da, aber in Wirklichkeit, auf den Dienststellen, fehlen sie. Das sind die Problematiken, auch diese Sonderverwendungen, wo sie zugeteilt werden. Wie gesagt: Da muss man überlegen, wie man vorgeht. Da ist dringender Handlungsbedarf gegeben.


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Ich möchte Sie auch noch auf Folgendes aufmerksam machen: Ich habe vor Kurzem einen Antrag betreffend ein eigenes Exekutivdienstgesetz eingebracht. Dieser Antrag liegt jetzt im Bereich der Ausschüsse. Da wir vom Team Stronach ja nicht die Mög­lichkeit haben, weil wir noch nicht in den Ausschüssen sitzen, würde ich mich sehr freuen, wenn vielleicht die FPÖ, die ja in diesem Bereich mit uns d’accord geht, diesen Antrag auf die nächste Tagesordnung des Innenausschusses reklamiert. Das würde mich sehr freuen. Damit würden Sie ein gutes Zeichen für die Exekutive in Österreich setzen.

Meine Damen und Herren! Liebe Frau Minister! Ein weiteres Problem stellt sich in die­sem Bereich: Sie haben vor ungefähr zwei Jahren – oder nicht Sie persönlich, sondern Ihre Vorgängerin – dieses Modell 50+ bei der Exekutive propagiert. Sie hat gesagt, dass die Beamten, die über 50 Jahre alt sind, entlastet werden, was Nachtdienste und so weiter betrifft, dass dafür mehr jüngere Beamte eingesetzt werden, dass hier eine Lösung gefunden wird. Bisher habe ich nichts davon gemerkt. (Abg. Mayerhofer: Bei der Personalvertretung!)

Die Kollegen sind nach wie vor sehr, sehr stark belastet. Die Problematik konnte im Moment damit ausgeglichen werden, dass viele ältere Beamte dann in die Hackler­pension gegangen sind, obwohl sie dort scharfe finanzielle Einbußen auf sich nehmen mussten. Das ist dann der Dank für die jahrelange Arbeit und das Kopfhinhalten ge­wesen. Jetzt ist es aber so, dass die Hacklerpension weg ist – und wie schaut es dann aus? Dann können die Kollegen wirklich bis zum 65. Lebensjahr auf der Straße dem 18-jährigen Gewalttäter hinterherrennen und sich mit dem prügeln. Ich glaube, das ist nicht die Lösung, die wir uns vorstellen.

Frau Minister, hier ist dringender Handlungsbedarf gegeben! (Abg. Schopf: Stimmt gar nicht, !) – Das stimmt sehr wohl. Ich weiß es, ich bin selber Exekutivbeamter und ich rede mit den Leuten. Sie müssen einmal auf die Dienststellen rausgehen, dann wer-
den Sie das erfahren. Ich bin Praktiker, kein Theoretiker, Herr Kollege von der SPÖ. (Abg. Schopf:  62!)

Dann möchte ich noch ein weiteres Problem ansprechen. Die Frau Korun ist hier auf das Asylwesen eingegangen. Was mich ein bisschen erschreckt hat: Im Asylwesen ha­ben wir 2011 eine gewaltige Zunahme. Das ist natürlich mit diesen bürgerkriegsähnli­chen Zuständen oder Bürgerkriegen im Nahen Osten irgendwie erklärbar, aber unsere Grenzen, nämlich die EU-Außengrenzen, sollten ja dicht sein. Dafür haben wir ja das Schengener Übereinkommen und das Dubliner Übereinkommen.

Warum ist diese Zunahme zu verzeichnen? Da müsste auf internationaler Ebene be­ziehungsweise auf EU-Ebene stärker in die Richtung hin gearbeitet werden, dass diese Länder, die die Verpflichtungen haben, diesen Verpflichtungen auch nachkommen.

Zu einem weiteren Fall, der mir extrem aufstößt  da möchte ich auf die Tschetsche­nen zurückkommen, Frau Korun : Es gibt nicht nur solche Beispiele wie die, die Sie gebracht haben. Das mag durchaus zutreffen  weiß ich nicht, kann ich nicht nachvoll­ziehen, ich kenne diesen Fall nicht. Aber ein anderer Fall ist folgender: In Bregenz wur­de ein Tschetschene gerichtlich verurteilt, sollte dann abgeschoben werden, Herr Da­niel M., wurde dann in Schubhaft genommen und hat sich aber geweigert, in das Flug­zeug nach Russland einzusteigen. Bis dorthin ist ja alles noch okay, aber was mich dann verwundert hat, ist, dass ein paar Wochen später die Polizei beziehungsweise die Cobra zu einem Einsatz nach Bregenz gerufen wurde und dieser Daniel M., der ja in Schubhaft gesessen ist, dann dort erneut festgenommen wurde  in Bregenz, in seiner ehemaligen Wohnung. Er wurde dann wieder zur Abschiebung nach Wien transportiert. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Frau Minister, wie kann so etwas passieren? Wenn jemand schon in Schubhaft sitzt, sich weigert, in das Flugzeug einzusteigen, wie kommt der wieder nach Bregenz? Wer


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trägt die Kosten dafür? Wer trägt die Kosten für den Cobra-Einsatz, damit der wieder festgenommen, wieder in Schubhaft genommen und effektiv dann abgeschoben wer­den konnte? Da ist irgendetwas schiefgelaufen, und, Frau Minister, da würde ich mich einmal erkundigen. Ich werde Ihnen demnächst eine Anfrage dazu liefern. (Beifall der Abg. Kaufmann-Bruckberger.)

Grundsätzlich finden wir den Sicherheitsbericht in Ordnung, der ist sehr gut erstellt, man kann sehr gut die Zahlen herauslesen, auch wenn sie, wie der Kollege Westen­thaler angeschnitten hat, ab und zu etwas verwirrend sind. Aber er ist gut ausgear­beitet, und ich möchte hier den Beamten, die dafür zuständig sind, ein Lob ausspre­chen. Deswegen werden wir vom Team Stronach diesem Sicherheitsbericht auch un­sere Zustimmung geben  nicht inhaltlich, sondern weil er gut verfasst worden ist.

Jetzt komme ich noch zu einem anderen Problem, das auf der Tagesordnung steht. Kollege Vilimsky hat hier einen Antrag betreffend eine digitale Anzeige eingebracht. Jetzt klingt das ja recht gut, dass jeder im Internet der Polizei eine Anzeige schickt über irgendetwas, aber wenn man in die Praxis hineingeht, dann schaut das ein bisschen anders aus. Das wäre ein unheimlicher Verwaltungsaufwand, der da geschaffen wer­den würde, denn jeder schickt irgendeine Anzeige hin, die muss dann dort verwal­tungsrechtlich bearbeitet werden, der Beamte muss einmal nachschauen, ob das et­was für die Polizei ist oder nicht. Wenn derjenige, der die Anzeige machen will, auf die Dienststelle kommt, dann kann man ihm gleich die erste Information geben und sagen, das ist nichts für die Polizei, das ist ein privatrechtliches Delikt oder sonst irgendetwas, oder wenn der beim Notruf oder sonst irgendwo anruft.

Das würde natürlich schon erschwert werden. Da würde man mit einer Flut von schrift­lichen Anzeigen überhäuft werden und würde wieder unheimliche Verwaltungstätigkei­ten hervorrufen. Deswegen werden wir diesem Antrag nicht zustimmen, weil wir ihn nicht für sinnvoll halten.  Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

15.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Frau Bundesministerin Mag. Mikl-Leitner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.03.02

Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner: Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Besuchergalerie! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Heute kann ich mit Stolz in meiner Funktion als Innenministerin sagen: Ja, wir in Österreich sind sicher.

Und gestatten Sie mir auch eine Bemerkung: Als ich den Vorrednerinnen und Vor­rednern zugehört habe, habe ich mir bei dem einen oder anderen gedacht, das kann ja wohl nicht sein, dass man den Sicherheitsbericht aus dem Jahr 2011 nicht gelesen hat  oder ich muss Ihnen unterstellen, dass hier bewusst der Erfolg der Polizei schlechtgeredet wird (Beifall bei der ÖVP), denn schauen Sie sich die Zahlen, Daten und Fakten an, oder schauen Sie sich an, wo wir im europäischen Vergleich oder im weltweiten Vergleich liegen! Im europäischen Vergleich liegen wir auf Platz 3, und im weltweiten Vergleich liegen wir auf Platz 6. (Abg. Neubauer: Das interessiert die Ös­terreicher nicht!)

Wir sind da gut unterwegs, auch gut unterwegs, diese Positionierung zu halten bezie­hungsweise noch zu verbessern. Gerade mit unserer Strategie „INNEN.SICHER“, der wir uns verschrieben haben, wollen wir natürlich die Stärken des Innenministeriums noch verbessern, wollen natürlich weiter Sicherheitsnahversorger und Manager kom­plexer Sicherheitssituationen sein und diese Kompetenz auch noch weiter ausbauen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 135

Sie wissen, dass wir gerade als Innenministerium erste Ansprechstelle sind, wenn es um Gefahren geht und wenn es um zentrale Sicherheitsfragen geht: 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche und 365 Tage im Jahr.

Sie wissen aber auch, dass gerade das Innenressort auch erste Ansprechstelle bei der Gestaltung einer geordneten Migrationspolitik ist, dass wir erste Ansprechstelle sind, wenn es Situationen wie Krisen oder Katastrophen gibt, wo wir sehr viel an Kompetenz haben und vor allem die bei Krisen und Katastrophen erforderlichen Maßnahmen opti­mal bewerkstelligen. Ich denke aber vor allem auch an den Bereich der Cyberkrimina­lität, wo es sehr viel an Kompetenz gibt, wo eine neue Herausforderung für die Polizei hinzugekommen ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, schauen wir uns den Sicherheitsbericht aus dem Jahr 2011 an oder schauen wir uns die aktuelle Kriminalstatistik an, wo ganz klar festgelegt ist, wo ganz klar schwarz auf weiß zu lesen ist, dass wir unsere Aufgaben sehr gut erledigen, dass wir in vielen Bereichen vor allem auch besser, noch besser geworden sind. Ich denke da zum Beispiel an die Kriminalitätsentwicklung, wo die Zah­len der letzten Jahre zeigen, dass wir uns zum Positiven entwickelt haben, wo wir ein äußerst positives Bild erhalten.

Und so ist es auch Faktum, dass gerade im Jahr 2011 ein Rückgang bei der Kri­minalitätsentwicklung zu verzeichnen ist (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler), wo wir vor allem in Wien massive Erfolge einfahren konnten, wo ein Rückgang im Ausmaß von 3,2 Prozent zu verzeichnen ist, gefolgt von Kärnten mit einem Rückgang von 1,6 Prozent. Das sind Fakten, Fakten die zurückzuführen sind auf die gute Arbeit un­serer Polizistinnen und Polizisten. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf hier im Speziellen auch die Bundeshauptstadt Wien herausgreifen und auf die Situation in Wien eingehen. (Abg. Ing. Höbart: Niederösterreich schaut schon schlech­ter aus!) Hier haben wir sehr viel investiert, haben sehr viele Akzente gesetzt, haben sehr gute Erfolge zu verzeichnen und hier haben diese Maßnahmen auch Erfolg ge­zeigt. Ich denke an die SOKO Kfz, ich denke an die SOKO Ost, wo ein Rückgang der Einbruchskriminalität, ein Rückgang bei den Diebstählen von Kfz-Fahrzeugen zu ver­zeichnen ist, wo wir sehr viele Maßnahmen gesetzt haben  wie eben die Top-Teams, die wir in ganz Wien ausgerollt haben, wo die Top-Teams vor allem professionelle Tat­ort-Arbeit leisten, wo die Top-Teams aber hervorragende, professionelle Arbeit auch bei der Betreuung von Opfern leisten.

Damit aber nicht genug. Was haben wir noch gemacht?  Wir haben vor allem eine Be­reitschaftseinheit geschaffen, die es möglich macht, dass wir noch mehr Schwerpunkte in der Stadt Wien setzen, wo wir uns vorgenommen haben, im Endausbau dieser Ein­heit 200 Mann beziehungsweise Frauen zur Verfügung zu stellen. (Abg. Mayerhofer: Die fehlen auf den Polizeiinspektionen, Frau Minister!) Das ist aber nur deswegen möglich, weil es in den letzten Monaten zu massiven personellen Aufnahmen gekom­men ist.

Schauen wir uns die SOKO Kfz oder die SOKO Ost an: Das ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Erfolgsgeschichte. Die Bilanz kann sich sehen lassen! Allein im Vorjahr haben wir durch die SOKO Ost 281 Straftäter dingfest machen können, es konnten rund 2 200 verwaltungspolizeiliche Festnahmen und 576 Sicherstellungen erfolgen. Das heißt, diese Maßnahmen wirken. Und weil das zuvor schon angesprochen worden ist: Ja, auch die Kfz-Diebstähle sind zurückgegangen. Und wenn man sich das im Ver­lauf der letzten Jahre anschaut, haben wir die Kfz-Diebstähle auf die Hälfte reduziert  und das ist wahrlich ein Erfolg. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn man sich die Zahlen im Konkreten anschaut und Jänner bis September dieses Jahres mit dem letzten Jahr vergleicht, so haben wir gerade im Kfz-Bereich einen


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Rückgang von 16 Prozent zu verzeichnen. Ja, auch die Einbrüche in Wohnungen und Eigentumshäuser sind zurückgegangen, und wir können sagen, dass wir uns heute auf einem konstant niedrigen Niveau befinden.

Das heißt, auch da haben unsere Maßnahmen, hat der konkrete Maßnahmenplan ge­wirkt, den wir auch in weiterer Zukunft auf Punkt und Beistrich umsetzen. Wir merken das natürlich auch im Bereich der Aufklärungsquote, wo wir einen Anstieg von 2 Pro­zent zu verzeichnen haben, sodass wir heute sagen können, dass wir bei einer Aufklä­rungsrate von 43,4 Prozent liegen  ein Wert, der sich wahrlich sehen lassen kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, geschätzte Abgeordnete, wir wissen selbst­verständlich auch aus der Erfahrung, dass vor allem die Kriminellen ihre Aktivitäten zu­nehmend ins Internet verlagern, dass wir gerade im Bereich des Internetbetruges einen massiven Anstieg haben, allein im heurigen Jahr von fast 200 Prozent. Ein Faktum, das uns zweifelsohne fordert, wo wir vor allem konkrete Maßnahmen in unserer Strate­gie „INNEN.SICHER“ festgeschrieben haben, von denen wir eine nach der anderen umsetzen. Ich denke da vor allem an die Schaffung unseres Cyber-Kompetenzzen­trums im Bundeskriminalamt, wo eine wichtige Koordinierungsstelle, Meldestelle und eine wichtige Drehscheibe letztendlich entstanden ist. Da geht es zum einen darum, Cyberkriminalität zu bekämpfen, und auf der anderen Seite darum, viele Maßnahmen im präventiven Bereich zu setzen.

Aber wir haben vor allem 300 Spezialisten und Spezialistinnen im Präventivbereich ausgebildet und können sagen, dass wir 300 Internetpolizistinnen und -polizisten ha­ben, die im Rahmen von vielen Projekten direkt an die Schulen gehen, vor allem unse­re Schülerinnen und Schüler, Jugendlichen sensibilisieren und sie aufklären über Ge­fahren und Risken im Internet. Das ist eine wichtige präventive Maßnahme, aber selbstverständlich kommt auch der Prävention in vielen anderen Bereichen ganz gro­ßes Augenmerk zu, und so ist es uns auch gelungen, dass wir allein im Jahr 2011 340 205 Personen kostenlos im Rahmen unserer Prävention beraten konnten. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein Bereich, der mir persönlich sehr, sehr wichtig ist, ist der Bereich Kampf gegen Dro­genkriminalität  ein Schwerpunkt, den wir innerhalb der nächsten Monate und Wo­chen in den Fokus nehmen. Warum? – Weil uns da auch ganz klar die Statistik zeigt, dass die Anzeigen konstant zugenommen haben und dass sich vor allem der Konsum von Drogen bei den Jugendlichen beinahe verdoppelt hat. Das ist für uns ein Alarm­signal, dass wir uns neue Strategien überlegen müssen. Deswegen habe ich an die Expertinnen und Experten einen klaren Auftrag gegeben, eine Drogenstrategie zu ent­wickeln, um eben ganz klare Maßnahmen setzen zu können, wo wir natürlich mit den verschiedensten Organisationen, Institutionen, Ministerien zusammenarbeiten, um in Zukunft noch erfolgreicher zu sein.

Kurz zusammengefasst: Was wollen wir im Rahmen dieser Strategie?  Wir wollen zum einen effiziente Frühintervention, wir wollen selbstverständlich schnell reagieren können und wir wollen vor allem effizientere Kontrolluntersuchungen, das heißt weg von der Harnuntersuchung hin zur Haaruntersuchung, damit wir uns diesen Drogenver­lauf auch im Detail anschauen können und vor allem auch im Bereich der Therapie und der Hilfe und Unterstützung von Drogenkranken noch mehr einwirken oder auch noch erfolgreicher sein können. (Beifall bei der ÖVP.)

Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, ein ganz wichtiges und sensibles Thema, das jahrein, jahraus auf der Agenda steht, ein Thema, das uns intensiv beschäftigt,
ist natürlich das Thema Asyl- und Fremdenwesen. Allein im Jahr 2011 haben 14 416 Fremde einen Antrag auf Gewährung von Asyl gestellt, das ist ein Anstieg von 31 Prozent. Sie alle wissen, dass gerade dieses Thema, egal ob von der linken Seite oder von der rechten Seite, immer wieder verwendet wird, um Panik zu erzeugen. Ich


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beteilige mich weder am linken Aktionismus noch an der rechten Hetze, sondern ich glaube, dass es wichtig ist, Maßnahmen zu setzen, damit Verfolgte Hilfe und Unterstüt­zung letztendlich auch bekommen. (Abg. Neubauer: Jede Kritik ist bei Ihnen Hetze! Das ist unseriös!)

An dieser Stelle auch ein ganz klares Wort an die Frau Nationalratsabgeordnete Korun: Frau Nationalratsabgeordnete, Sie wissen ganz genau, dass weder das Bundesminis­terium für Inneres noch ich in meiner Funktion als Innenministerin darüber entscheiden, ob jemand abgeschoben wird oder nicht. (Abg. Mag. Korun:  führt die Polizei durch!) Dazu gibt es den Asylgerichtshof, wo unabhängige Richter entscheiden, die großartige Arbeit leisten und zweifelsohne keine einfache Arbeit leisten. Aber wir leben in einem Rechtsstaat, wo vor allem auch Recht Recht bleiben muss, und was wir seitens der Polizei zu leisten haben, ist, dem Rechtsurteil nachzukommen. Hier dazu ein ganz kla­res Wort. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf da an den Herrn Nationalratsabgeordneten Otto Pendl anschließen, der hier auch ganz klar betont hat, dass gerade in den letzten Wochen, in den letzten Monaten die Ärmel seitens des Bundes, seitens der Länder, seitens der Städte und Gemeinden aufgekrempelt worden sind, wo sich jede und jeder bemüht hat, vor allem Quartiere zu schaffen, damit Asylwerber auch menschengerecht untergebracht werden können. Und wir haben unser Ziel in weiten Teilen erreicht. Mit dazu beigetragen hat der Asylgipfel, wo wir uns mit den Bundesländern verständigt haben, dass die Quoten zu 88 Prozent erreicht werden, wo alle Kraftanstrengungen unternommen worden sind, und ich hoffe, dass wir auch in den nächsten Monaten weiterhin voll dahinter bleiben, damit die Quo­te von 100 Prozent auch erreicht werden kann.

Aber wir wissen selbstverständlich auch, dass die internationale Entwicklung für uns alle nicht absehbar ist, dass wir weiterhin mit steigenden Asylanträgen rechnen müs­sen. Da haben wir auch ganz entscheidende Grundvoraussetzungen mit dem Bundes­amt für Fremdenwesen und Asyl gelegt, wo wir mit 1. Jänner 2014 in Umsetzung sind beziehungsweise das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Realität wird und voll funktionstüchtig sein wird.

Zusammenfassend: Ich glaube, jede und jeder, der bei uns in Österreich lebt, kann auf die Leistungen, die hier erbracht werden, stolz sein. Jeder, der hier lebt, weiß, hier kann man sich sicher fühlen, denn neun von zehn Österreicherinnen und Österreichern sagen, sie fühlen sich sicher, sie sind mit der Arbeit der Polizei bestens beziehungs­weise gut zufrieden.

An dieser Stelle auch ein ganz großes und herzliches Dankeschön an jeden Polizisten, an jede Polizistin, an jeden Verwaltungsbeamten, sei es in der Zentrale oder in den Bundesländern. Vielen herzlichen Dank für all die Kompetenz, das Engagement und die Sensibilität. Danke dem gesamten Mitarbeiterstab. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

15.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mayerhofer zu Wort. – Bitte.

 


15.17.30

Abgeordneter Leopold Mayerhofer (FPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Ministerinnen! Sehr geehrte Frau Innenminister! Die Leistung der Polizisten steht hier nicht zur Debatte! Sie glauben immer gleich bei Kritik von der Opposition, wir greifen die Leistung der Polizisten an. Das ist überhaupt nicht die Frage! (Abg. Kößl: O ja!) Ich hinterfrage Ihre Leistung – und die ist mäßig, sehr mäßig! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Windholz. Zwischenruf des Abg. Mag. Schönegger.) – Herr Kollege Schön­egger!


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In meinen Bemerkungen will ich kurz auf die Problematik der Kriminalstatistik in Bezug auf Asylanten eingehen beziehungsweise auf das Thema der Zuwanderung, das auch in einem Artikel des „Kurier“ vom 23.10.2012 Niederschlag gefunden hat. Die bereits über Jahrzehnte geübte liberale Asyl- und Zuwanderungspolitik in Österreich hat es mit sich gebracht, dass eine Welle der Gewalt und Kriminalität über das Land schwappte, wie es der hier angestammte Österreicher noch nie erlebt hat, und er will das nicht mehr akzeptieren. Jeder Abgeordnete, der draußen ist und die Ohren beim Bürger hat, wird erfahren, dass ihm das bei Weitem zu viel ist. Die Toleranz ist am Ende, die Schmerzgrenze ist erreicht, Frau Innenminister! (Beifall bei der FPÖ. Zwischenruf bei der SPÖ.)

Die Asylbehörden sind mit der Vielzahl von Verfahren überfordert, nach wie vor, denn vier Fünftel der Asylanträge werden negativ beschieden. Also vier Fünftel der Asylan­träge sind eigentlich Zuwanderungsakte und auch als solche zu behandeln. Die Polizei ist überfordert, nach wie vor, das darf ich Ihnen mitteilen. Die 200 Mann, die Sie in ei­ner Sondergruppe zusammengefasst haben, packen jeden Morgen die Tasche von den PIs, und genau die Beamten fehlen dann dort auf den Polizeiinspektionen, die dann in der U-Bahn und wo auch immer Sie es gerne hätten Dienst tun  wo viele Menschen hinkommen, damit man viel Polizei sieht. Das ist ja die Polizei, von der ich immer rede, die man von einem Einsatzort zum anderen schiebt, potemkinsche Sicher­heitsdörfer, die wie Kulissen hin- und hergeschoben werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte da noch eine Zahl anführen: 46 Prozent der Häftlinge sind nicht Österrei­cher. (Abg. Kößl: Wann hast das letzte Mal Dienst gemacht?)  Geh, Herr Chefinspek­tor, du weißt überhaupt nichts mehr, du bist ja irgendwo in einem Kammerl im In­nenministerium, und es geht dir dort sehr gut! (Beifall und Bravoruf bei der FPÖ. Hei­terkeit des Abg. Kößl.)

Ich will nur mehr auf eine Aussage des Herrn Staatssekretärs eingehen, die in einem „Kurier“-Artikel abgedruckt wurde, wie ich soeben sagte. Darin wurde ein Vergleich zu Kanada gezogen und auf das Thema eingegangen. Damit will ich sagen: Wir brauchen hier keine kanadischen Muster, die an und für sich sehr gut sind. Über solche würden wir uns auch freuen. Dort wird nämlich bei der Einwanderung und Zuwanderung die Frage nach der Gesundheit gestellt und ob die Person Mittel bei sich trägt. All das wird nämlich bei dieser Rot-Weiß-Rot-Card nicht hinterfragt. (Abg. Kößl: Du hast keine Ah­nung mehr, du bist schon zu weit weg!)

Würde eine schon seit Langem in Kraft getretene Verordnung, nämlich die Drittstaa­tenverordnung, endlich voll zum Tragen kommen, dann hätten wir fast keine Häftlinge und weniger Kriminalität, somit zufriedenere Bürger und eine weniger überlastete Poli­zei. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Forderung lautet: Setzen Sie das Gesetz und die Verordnung um! Wir brauchen keine neue. Da haben Sie ohnehin genug zu tun. Dann werden Sie irgendwann wieder in die Position kommen, dass Sie dann vom Rednerpult aus berechtigterweise feststel­len dürfen, dass die Österreicher mit Ihrer Sicherheitspolitik zufrieden sind. Derzeit darf ich Ihnen mitteilen, dass dies bei Weitem nicht der Fall ist. (Abg. Kößl: Das ist deine subjektive Darstellung!) Am nächsten Wahltag werden Sie dafür bezahlen müssen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


15.21.31

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Präsident! Frau Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Sicherheitsbericht 2011 zeigt im Kurzzeitver-


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gleich, dass es eine leichte Steigerung bei der Gesamtkriminalität gegeben hat. Aber entscheidend, glaube ich, ist, dass seit 2004 bis 2011 die Gesamtkriminalität um über 100 000 Delikte zurückgegangen ist. Und dafür, glaube ich, verdient die Polizei Dank und Anerkennung.

Erfreulich ist auch, dass die Aufklärungsquote gestiegen ist.

Der Sicherheitsbericht zeigt nicht nur Zahlen, er gibt auch Aufschluss und Auskunft über aktuelle Entwicklungen. Im Ausschuss ist uns die Frau Bundesminister hier ja Re­de und Antwort gestanden. Gerade im Bereich der Drogenkriminalität – sie hat das selber erwähnt – gibt es einen Anstieg im Bereich der Altersgruppe zwischen 14 und 18 Jahren. Hier wird es künftig 255 speziell geschulte Beamte geben, und es werden zusätzlich Präventionsbeamte ausgebildet.

Auch im Bereich der Schlepperkriminalität wird gehandelt. Es geht hier darum, die in­ternationale Kooperation zu verstärken. Die Frau Innenminister wird auch zwei Son­derkommissionen einsetzen.

Insgesamt glaube ich, dass es für die Zukunft wichtig ist, dass wir handeln und nicht wegschauen, dass wir die Herausforderungen im Bereich der Internetkriminalität an­nehmen, auch im Bereich der Sexualdelikte und der Einbruchskriminalität. Da gibt es durchaus neue Herausforderungen und Anforderungen.

Mein Dank gilt der Polizei, die tagtäglich im Einsatz steht und für unsere Sicherheit sorgt. Mein Dank gilt auch der Frau Innenminister, die in den letzten Jahren die Struk­turen optimiert und die Effizienz massiv gesteigert hat. Damit kann man auch der Be­völkerung wieder mehr Sicherheit bieten.

Also vielen Dank, Frau Bundesminister, wir werden weiter mit Ihnen daran arbeiten, die Sicherheit in Österreich zu verbessern. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

15.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Schenk zu Wort. – Bitte.

 


15.23.42

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ho­hes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein paar Worte zur Statistik. Die Statistik ist so nicht ganz richtig, sage ich jetzt einmal, und ich sage Ihnen auch, warum sie nicht ganz richtig ist, weil nämlich viele Delikte gar nicht angezeigt werden. Es werden Kommissariate zugesperrt, die Hürden für die Personen, die anzeigen möchten, wer­den größer. Und diese Anzeigen sind ja hier in dieser Statistik gar nicht wiederzufin­den. Also kann man mit Fug und Recht behaupten, dass diese Statistik, diese Zahlen so auch nicht stimmen. (Beifall beim BZÖ.)

Die Polizistinnen und Polizisten wurden heute gelobt. Es wurden Dank und Anerken­nung ausgesprochen für ihre Verlässlichkeit, für ihre gute Arbeit. Dem kann ich mich natürlich voll und ganz anschließen. (Abg. Pendl: Bravo!) – Danke, Herr Kollege Pendl. Normalerweise sind es Sie, der sich vom Rednerpult aus bedankt.

Etwas schwieriger wird es dann, wenn ich mir das Urteil ansehe, das der Verwaltungs­gerichtshof jüngst gefällt hat, wo er nämlich entschieden hat, dass ein Polizeibeamter keinen Rechtsanspruch mehr auf einen Waffenpass hat. Das ist für mich nicht nach­vollziehbar, gerade deshalb, weil Polizeibeamte ja zu der am meisten gefährdeten Per­sonengruppe, Berufsgruppe zählen. Und wenn sie im Dienst verlässlich genug sind, eine Waffe zu tragen, dann stellt sich die Frage, warum sie dann im privaten Bereich, wenn sie sich selbst schützen wollen, zur Selbstverteidigung eine Waffe tragen wollen, nicht mehr ausreichend verlässlich sind. Das kann ich nicht nachvollziehen.


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Ich möchte hier noch ein paar Worte zum Waffengesetz sagen. Die rechtlichen Voraus­setzungen für den legalen Waffenbesitz regelt, wie wir alle wissen, das Waffengesetz, aber in unzureichender Art und Weise, wie ich meine. Für eine Waffenbesitzkarte ist eine Rechtfertigung erforderlich, für einen Waffenpass ein Bedarf. Nun, generell ist zu sagen, Selbstverteidigung ist ein Rechtfertigungsgrund. Einen Bedarf begründe ich mit dem Vorliegen besonderer Gefahren. Ich bin der Meinung, Selbstverteidigung muss ein Bedarfsgrund werden und einen Rechtsanspruch auf einen Waffenpass begründen.

Was spricht denn dagegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass ein unbe­scholtener Staatsbürger im Rechtsstaat Österreich eine Schusswaffe trägt? Das frage ich Sie jetzt, und vielleicht können Sie das auch beantworten, Frau Ministerin. Denn es wird immer nur erschwert. Es muss einmal Schluss damit sein, dass den Bürgern ei­nerseits immer mehr Pflichten auferlegt werden und andererseits immer weniger Rech­te eingeräumt werden. Meiner Meinung nach ist dies auch ein Indikator dafür, welchen Stellenwert die Regierung, der Staat den Bürgern einräumt. Denn wenn man ihm das Vertrauen nicht entgegenbringt, dann ist die Tatsache, dass man jemandem den Zu­gang zu einem Waffenpass für die Selbstverteidigung erschwert, ein Zeichen dafür.

Überzogene Waffenverbote sind meiner Meinung nach kein taugliches Instrument der Kriminalpolitik. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch das Anlassgesetz 1994 an­sprechen, das sogenannte Pumpgun-Verbot. Damals hat ein Psychopath, ein schlim­mer Fall, seine Familie ausgerottet. Es war ein Anlassgesetz. Das war aber ein totaler Fehlschlag. Denn was ist geschehen? – Ein paar hundert wurden abgegeben, 2 000 wurden legalisiert und angemeldet, und weit mehr als 40 000 sind in die Illegalität ver­schwunden. Und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann es nicht sein. Machen wir hier Gesetze für die Illegalität? Für unbescholtene Bürger gibt es einen schwierigen Zugang zum Waffenpass. Und hier wird mit diesem Anlassgesetz, mit diesem Pumpgun-Verbot der Illegalität zugearbeitet. Das kann es nicht sein. Hier gibt es wirklich noch sehr viel zu ändern, und das müssen wir alle angehen. – Danke. (Bei­fall beim BZÖ.)

15.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


15.27.42

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frauen Bun­desministerinnen! Sehr geehrte Damen und Herren und alle, die bis jetzt an den Fern­sehschirmen ausgeharrt haben! Der 25. November war der erste Tag der „16 Tage ge­gen Gewalt“. Diese „16 Tage“ wurden von der UN ausgerufen. Der erste Tag gegen Gewalt war der internationale Gedenktag für die Opfer von Gewalt an Frauen und Mädchen. Anlässlich dieses Gedenktages sind sehr viele von uns auf der Straße ge­standen und haben darauf aufmerksam gemacht, dass Gewalt gegen Frauen, Gewalt gegen Mädchen kein Kavaliersdelikt ist, und haben auch die Frauenhelpline beworben. (Die Rednerin stellt ein Plakat auf das Rednerpult.) Und hier für Sie alle, damit Sie wissen, wohin Sie sich wenden müssen, wenn Sie oder jemand in Ihrer Umgebung von Gewalt betroffen sind. Die Telefonnummer österreichweit, kostenlos, rund um die Uhr, anonym und vertraulich ist 0800/222 555. Also wenn Sie sich in einem Fall von Gewalt an diese Helpline wenden, bekommen Sie hier Auskunft, Rat und Tat, und das Ganze vertraulich und kostenlos, österreichweit.

Sehr geehrte Damen und Herren! Gewalt in der Familie, häusliche Gewalt, Gewalt an Frauen ist kein Kavaliersdelikt, passiert aber sehr oft. Gerade hat die Frauenministerin das Frauenbarometer veröffentlicht, und hier sagen 81 Prozent der Befragten – und das Sample waren 1 245 Personen, Männer und Frauen –, dass Gewalt in der Familie, Gewalt gegen Frauen ziemlich häufig vorkommt. Jede zweite Frau sagt, sie hat schon


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einmal in ihrem Leben eine Gewalterfahrung gemacht. Hier ist Handlungsbedarf, und ich bin froh – darüber haben wir schon anlässlich des Budgets gesprochen, Frau Minis­terin –, dass die Gewaltschutzzentren mit 2,5 Prozent plus dotiert wurden und dass hier für Hilfe gesorgt wird. Diese Gewaltschutzzentren können weiterhin österreichweit in jedem Bundesland arbeiten. Es gibt auch die Frauenhäuser. Ich habe gerade ver­nommen, dass in Tirol jetzt endlich ein neues gebaut wird.

Ein weiterer wesentlicher Punkt wäre, sexuelle Belästigung auch im Strafgesetzbuch zu verankern. Frau Ministerin Karl ist ja auch auf der MinisterInnenbank. Frau Minis­terin! Sie haben anlässlich der Diskussion zum Sicherheitsbericht angekündigt, dass Sie ein neues Sexualstrafrecht in Vorbereitung haben. Da wäre es an der Zeit, dass das Strafgesetzbuch insofern novelliert wird, als es auch dann möglich sein soll ein­zuschreiten, wenn geschlechtliche Handlungen gesetzt werden, auch wenn sie nicht an den primären Geschlechtsorganen oder Geschlechtsmerkmalen ausgeübt werden, denn ein bisschen Po-Grabschen ist genauso ein Angriff auf die körperliche Integrität von Frauen oder von Mädchen. Auch dem muss Einhalt geboten werden. Das braucht sich Frau nicht gefallen zu lassen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Ing. Höbart ist nun zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.31.19

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Innenministerin! Frau Justizministerin! Frau Innenministerin, eines muss man Ihnen schon einmal sa­gen, dass Ihre Art, wie Sie Berichte auslegen und dies dann kommunizieren, dass die­se Masche im Prinzip nicht mehr funktioniert. Denn was stellen wir fest? – Auch Kol­lege Mayerhofer hat das schon gesagt. – Sie loben die Polizei. Jawohl, die Arbeit der Polizei in dieser Republik ist hervorragend. Um das geht es nicht. Das stellen natürlich auch wir Freiheitlichen fest. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber es ist einfach nicht gut, wenn Sie hier nur die Arbeit loben, aber sich nicht hin­stellen und fragen, wie man denn diese Probleme, die es in dieser Republik im Sicher­heitsbereich gibt, an der Wurzel packen kann. Wie gesagt, das nur mit Lob an die Poli­zei zu kaschieren zu versuchen, das wird nicht mehr funktionieren, Frau Innenminis­terin! Das sieht im Übrigen auch die Polizei so. Die Polizeibeamten, die hervorragende Arbeit leisten, können mit dieser Art von Kommunikation nichts mehr anfangen, immer nur sozusagen den Deckel draufzulegen und alles schönzureden.

Ich möchte an dieser Stelle ein paar Fakten aus Niederösterreich liefern. In Niederös­terreich gab es einen Anstieg der Kriminalität im Jahr 2011 von knapp 8 Prozent. Das ist ein Faktum. Ein weiteres Faktum ist, dass Niederösterreich in der Aufklärungsquote mit Wien am Ende dieser Republik liegt. Das ist ebenfalls ein Faktum. Letztlich ist die Zahl der Verbrechen im Schnitt um 12,1 Prozent angestiegen. Elf von 23 Bezirken in Niederösterreich hatten eine Steigerung der Kriminalitätsrate von über 10 Prozent. Da kann man nicht einfach so tun, als ob alles in bester Ordnung wäre.

Frau Innenministerin! Unser Appell an Sie: Wachen Sie bitte gemeinsam mit Ihrem Landeshauptmann Pröll endlich auf! Sie versuchen das über Plakate zu suggerieren, über Inserate zu suggerieren. Landeshauptmann Pröll kauft irgendwelche ehemaligen Grenzposten. Das bringt doch alles nichts!

Seien wir doch ehrlich, letztendlich müssen wir drei Punkte sicherstellen, was die Frei­heitliche Partei wie ein Prophet schon über Jahre hinweg predigt: zunächst mehr Prä­senz. Wir haben das aus München gehört. Mehr Präsenz bedeutet ein Absinken der


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Kriminalitätsrate. Wir müssen endlich unsere Grenzen sichern, das heißt eine partielle Aussetzung des Schengen-Abkommens. Und wir müssen auch den Strafrahmen ver­schärfen. Wir brauchen härtere Strafen. Beispielsweise sind die Strafen in Deutschland für Einbrüche weit höher. Faktum ist, dass sich die Kriminellen natürlich die Länder aussuchen, wo die Präsenz der Polizei nicht so hoch ist und wo die Strafrahmen natür­lich geringer sind. Überhaupt keine Frage. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte jetzt weitere Kennzahlen präsentieren. Wir können diesem Sicherheitsbe­richt auch entnehmen, dass es allein im Jahr 2011 über 63 000 Fremde als ermittelte Tatverdächtige gab. Ich halte fest – wir brauchen nur beispielsweise in die Justizanstalt Josefstadt zu schauen, ich selbst war vor einiger Zeit in der Jugendjustizanstalt Ge­rasdorf –, rund zwei Drittel der Insassen sind nicht Österreicher, um das einmal so zu formulieren, nicht Autochthone. Das ist ein Faktum.

Machen Sie die Augen auf! Setzen Sie sich bitte mit der Justizministerin gemeinsam in Ihren Dienstwagen und besuchen Sie diese Gefängnisse! Da muss man endlich etwas tun.

Unter den über 63 000 Fremden, die als Tatverdächtige ermittelt wurden, waren knapp 8 000 Asylwerber. Da komme ich zum letzten Thema, nämlich zum Asylwesen. Wir wissen, dass die Zahl der Asylanträge sprunghaft gestiegen ist, und zwar schon im Jahr 2011. Im Jahr 2012 wird es noch schlimmer. 16 Prozent der Asylantragsteller sind jedoch im Jahr 2011 untergetaucht, das heißt, in die Illegalität abgedriftet. Warum ist das so? Mein Kollege Poldi Mayerhofer hat bereits darauf hingewiesen, dass 80 Pro­zent der Antragsteller Wirtschaftsflüchtlinge sind. Das haben Sie, Frau Innenministerin, im Rahmen einer Sondersitzung bereits dargestellt. Das ist ein Faktum. 80 Prozent kommen nicht aus Gründen, die die Genfer Flüchtlingskonvention vorsieht. Und ich fasse es so zusammen: Vier von fünf Asylanträgen werden deswegen abgelehnt.

Warum ist das so? Warum wird Österreich im Vergleich beispielsweise zu Tschechien von Asylwerbern regelrecht überschwemmt? Ich bringe eine Kennzahl vor: Auf eine Million tschechische Staatsbürger kommen 70 Asylwerber, während es in Österreich pro einer Million Einwohner knapp 1 800 Asylwerber sind. Warum ist das so? – Ich hal­te fest, wir haben als Freiheitliche Partei erst vor knapp einer Woche einen Lokalau­genschein in Traiskirchen abgehalten mit unserem Bundesobmann und unserer Lan­desobfrau Barbara Rosenkranz. Und wir haben dort festgestellt, den Asylwerbern geht es blendend. Sie bekommen neue Kleidung, neue Schuhe, neue Jacken, neue Pul­lover, dreimal am Tag warmes Essen. Sie haben Bewegungsfreiheit auf über 20 Hek­tar. Sie haben einen eigenen Turnsaal mit Fitnessgeräten. Vom Taschengeld möchte ich erst gar nicht reden. Das sind alles Fakten, die letztendlich wie das Licht die Motten diese Menschen aus aller Herren Länder anziehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Da muss man einmal den Mut haben, das auch wirklich kundzutun und zu überlegen, wie wir das letztendlich auf bessere Schienen setzen können. Da gibt es bei uns drei Schwerpunkte, die wir als Freiheitliche Partei auch immer fordern: Erstens: Grenzsi­cherung sofort. Ich habe das vorher schon zum Thema Kriminalitätsbekämpfung ge­bracht. Zweitens: die rigorose und strikte Exekution von Dublin II. Ich frage mich, wa­rum wir überhaupt einen einzigen Asylwerber hier in unserem Land haben, ausgenom­men diejenigen, die über den Flugweg nach Österreich kommen, wenn wir von soge­nannten sicheren Drittländern umgeben sind. Und drittens: Wir müssen die sozialen Anreizsysteme endlich runterfahren. Dann werden diese Ströme an Wirtschaftsflücht­lingen von über 80 Prozent endlich abreißen. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 143

15.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Gerstl. – Bitte.

 


15.37.33

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor allem sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernsehschirmen! Lassen Sie sich nicht verunsichern! Wenn Ihnen die Opposition hier versucht Dinge als Wahrheit zu verkaufen, die nicht den Tatsachen entsprechen, dann muss ich sagen, es ist ihre Aufgabe, einfach zu verunsichern. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Aber wir stellen den Sicherheitsminister. Die Verunsicherung bleibt bei der Opposition, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir hatten 2011 und auch bis zum dritten Quartal 2012 eine der höchsten Auf­klärungsquoten bisher. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das gilt es einmal festzuhalten. Das, meine Damen und Herren, zeigt, dass von Seiten des Managements, von Seiten der Frau Bundesministerin und von Seiten des Bundeskriminalamtes die richtigen Maßnahmen gesetzt wurden.

Der Rest ist nicht alleine Aufgabe der Polizei. Es wird nie eine Polizei geben, die si­cherstellen kann, dass es zu überhaupt keiner Straftat kommt, auch wenn ich hier einer Meinung bin mit dem Herrn Kollegen von der Sozialdemokratischen Partei (Rufe: Pendl!), dass jede Tat, die begangen wird, eine zu viel ist. Das ist so. Aber wir müssen hier alle zusammenstehen. Daher möchte ich auch so manche Bundesländer in Zie­hung bringen.

Gerade Frau Kollegin Korun, die sich auch hier herausgestellt hat und sich für mehr Sicherheit eingesetzt hat, könnte das in Wien mit ihrer Partei ganz eindeutig machen, nämlich bei der Aufklärungsquote mitwirken, bei der Sicherung von Grund und Eigen­tum mitwirken, weil die Zahl der Delikte gegen fremdes Vermögen gerade in Wien zu den höchsten zählt. Warum gibt es gerade in Wien keine Förderungen von Sicherheits­türen in Eigenheimen, von Sicherheitstüren in Kleingartenwohnhäusern, und warum gibt es keine Förderungen von Sicherheitstüren für Reihenhäuser? Warum gibt es kei­ne Förderung von Alarmanlagen in Wien, was in Niederösterreich selbstverständlich ist? (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir hier zusammenstehen würden, meine Damen und Herren, dann hätten wir eine noch bessere Sicherheitslage in Wien, eine noch bessere Sicherheitslage in Ös­terreich. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Plessl ist nun zu Wort ge­meldet. – Bitte.

 


15.40.10

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Innenministerin! Frau Justizministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt gehört, welche Informationen uns meine Vorredner vermitteln wollten, und Folgendes ist mir in Erinnerung geblieben:

Kollege Vilimsky – er ist jetzt nicht im Saal, ich sehe ihn nicht, aber man wird es ihm ausrichten – sagte, er ist unzufrieden mit dem Wirrwarr, das Herr Strasser hinterlassen hat. Herr Strasser war in welcher Zeit Innenminister? – 2000 bis 2004! Wer war in der Zeit Koalitionspartner vom Innenminister? – FPÖ! Das möchte ich festhalten. Es wäre daher vielleicht Selbstkritik angebracht, denn man hätte als Koalitionspartner mitwirken und dementsprechend eine Veränderung herbeiführen können.

Gerade in den Jahren 2000 bis 2006 wurden von Blau-Schwarz-Orange insgesamt 3 500 Polizistinnen und Polizisten eingespart – 3 500 Polizisten, allein in Wien 1 200. Jetzt sind wir verantwortlich. Diese Bundesregierung hat ganz klare Vorgaben erarbei-


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tet und uns übermittelt. Wir wollen am Ende der Amtszeit dieser Regierung 1 000 Poli­zisten mehr haben, also nicht nur den derzeitigen Stand halten, sondern um 1 000 Poli­zisten mehr aufgenommen haben. Das sollten Sie bedenken, Herr Kollege Vilimsky, bevor Sie sich hier herstellen und Kritik an der Regierung üben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Rosenkranz: In welchem Jahrtausend wird das denn sein? Wann wird das kommen?)

Ich möchte heute darauf eingehen, dass Österreich ein Teil der Europäischen Union ist, und das ist gut so. Warum? – Das erkennt man im Sicherheitsbericht 2011: weil wir gerade von der Europäischen Union starke Unterstützung bekommen.

Ich möchte zunächst kurz die Fremdenkriminalität ansprechen. Es sind wieder einmal falsche Zahlen genannt worden. Es gibt im Sicherheitsbericht Daten, die aufzeigen, wie viele es wirklich sind. Die Aufgliederung der einzelnen Nationen gemäß Prozentpunk­ten ergibt folgendes Bild: Deutschland 3,7 Prozent. Von der FPÖ ist immer wieder die Idee gekommen: Grenzen dicht! – Wir sind hier ganz klar anderer Meinung. Nicht: Grenzen dicht!, sondern die Beamten, die an den Grenzen ihren Dienst versehen, soll­ten anwesend sein. Da geht es insbesondere um die Ausgleichsmaßnahmen, die auf­grund der Schließung der Grenzüberwachungsposten durchgeführt worden sind. Ich ersuche die Frau Innenministerin, das Personal, das laut Stellenplan dafür vorgesehen ist, auch zur Verfügung zu stellen.

Einen Punkt, der mir sehr wichtig ist, möchte ich noch ansprechen. Es geht um die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Rückführung der Fremden in jenes Land, aus dem sie kommen. Ich möchte jetzt nicht über den aktuellen Fall einer Schülerin reden, die sehr gut integriert ist und wo ein humanitäres Aufenthaltsrecht wirklich notwendig wäre. Es geht um jene Fremden, deren Asylverfahren abgeschlossen sind, und ein ordentliches Verfahren steht jedem zu. Es geht um jene Menschen, die wieder zurück­gehen müssen, und um jene Personen, die hier strafrechtlich verurteilt worden sind.

In der Europäischen Union gibt es eine Agentur für die Zusammenarbeit mit den ein­zelnen Staaten, Frontex wird sie genannt. Und durch FRONTEX – das zeigt, wie wichtig es ist, dass wir Mitglied in der Europäischen Union sind – sparen wir bei den Rückführungen Geld, weil wir sie gemeinsam kostengünstiger durchführen können, und sparen somit für jeden Staatsbürger natürlich Steuermittel. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Windholz zu Wort. – Bitte.

 


15.43.43

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Innenmi­nisterin! Frau Justizministerin! Hohes Haus! Kollege Gerstl hat hier von diesem Red­nerpult aus ganz pauschal behauptet, die gesamte Opposition verunsichere die Bevöl­kerung. – Ich weise das auf das Schärfste zurück, Herr Kollege Gerstl! (Beifall beim BZÖ.) Sie müssen einmal zur Kenntnis nehmen, dass es in dieser Republik einfach Menschen gibt, die sich nicht mehr sicher fühlen.

Wenn Sie sagen, wir haben so eine tolle Aufklärungsquote, dann schauen Sie doch einmal, wovon man bei dieser Aufklärungsquote ausgeht! – Von den angezeigten De­likten. Ich sage Ihnen aber – ich habe das selbst in meiner Heimatgemeinde erfahren können –, dass es viele Menschen gibt, die gar keine Anzeige mehr erstatten. Das raubt nur Zeit, denn der Posten in der Nähe ist zugesperrt, man muss ein Stückerl weiter fahren, dort ein bisschen warten, und dann wird man noch einvernommen. Das tun sich viele nicht mehr an. Also Sie gehen von Zahlen aus, die in Wahrheit gar nicht stimmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 145

Ich schildere Ihnen auch noch kurz die Situation eines sehr guten Freundes von mir, der in Wien studiert. Er kommt mit dem Laptop zum Auto, sperrt das Auto auf, wird von hinten niedergeschlagen – Laptop weg. Er geht zur nächsten Polizeidienststelle. Was ist die zweite oder dritte Frage? – Sind Sie versichert? Ganz nach dem Motto: Vielleicht ist es gar ein Versicherungsbetrug! Ich sage Ihnen, das macht die Menschen mürbe.

Reden Sie mit jenen, die bei der Exekutive Dienst verrichten! Ich sage Ihnen, wir kön­nen zu Recht stolz sein auf eine Exekutive, die trotz dieser Regierungspolitik noch ei­nen guten Job macht. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Ein Vorredner von der SPÖ hat gesagt, die Planstellen sind zur Gänze besetzt. Also ich habe mir die Mühe gemacht, zu recherchieren: In meinem Heimatbezirk, kann ich Ihnen sagen, fehlen bis zu zwölf Planstellen. Die Innenministerin hat ja von diesen Sonderaktionen gesprochen, von diesen berühmten SOKOs. Was passiert da? – Per­sonal wird abgezogen, ist nicht da, gleichzeitig wird Druck gemacht, Überstunden ein­zusparen. Und dann wundert man sich, wenn man zum Telefon greift, anruft und wei­terverbunden wird?!

Ebenfalls geschehen in meinem Heimatort – und da sprechen Sie von einer guten Aufklärungsquote –: Um 3.30 Uhr in der Früh hört man einen Krach, man sieht, es wird zum vierten Mal eingebrochen, Fahrräder werden hinausgeschoben, in einen weißen Kastenwagen verladen, man ruft an, wird von der für den Bezirk zuständigen Polizei­dienststelle weiterverbunden nach St. Pölten, wird dort wieder weiterverbunden. (Abg. Dr. Cap: Wo?) – Kollege Cap möchte wissen, wo. Ich bitte Sie, Herr Kollege Cap, fra­gen Sie bei Ihren Funktionären nach (Abg. Dr. Cap: Wo ist Ihr Heimatort?), fragen Sie bei jenen nach, die selbst schon den Kopf schütteln über Ihre Politik! – Eineinhalb Stunden später kommt dann ein Funkstreifenwagen, und dann wird Kriminalität gewis­sermaßen verwaltet.

Ich stelle mir unter einer starken Exekutive eine Exekutive mit jenem Personalstand vor, den es wirklich braucht, und mit jener Unterstützung von der Politik, die für ein or­dentliches Einschreiten notwendig ist. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Herr Kollege Cap, Sie sind lebender Beweis dafür, dass Sie diese Erfordernisse nicht erfüllen. Man darf hoffen, dass sich das bald ändern wird. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

15.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Ham­mer. – Bitte.

 


15.47.10

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Innenministerin! Sehr geehrte Frau Justizministerin! Herr Kollege Wind­holz, Sie stellen sich hierher ans Rednerpult und sagen, die Opposition will keine Panik verbreiten – und dann erzählen Sie in CSI-Manier gewisse Schauermärchen! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe beim BZÖ.)

Der Sicherheitsbericht und die Statistiken zeigen ganz eindeutig, dass Österreich ein sehr sicheres Land ist. Die Frau Innenministerin hat unsere Rankings im internatio­nalen Vergleich aufgezeigt, und eine Studie des GfK-Institutes hat auch ganz eindeutig zutage gebracht, wie hoch das subjektive Sicherheitsgefühl in Österreich ist. Das ist erfreulich, und das soll man auch zum Anlass nehmen, eine positive Bilanz zu ziehen. Das ist aber – und das ist auch gesagt worden – keinesfalls ein Grund zum Ausruhen. Die Politik, die Bundesregierung und vor allem auch unsere Innenministerin arbeiten ganz konsequent daran, die Kriminalitätsrate noch weiter zu senken, weil – wie ja schon angesprochen – jedes Delikt um eines zu viel ist. Es wird vieles gemacht.

Es wird auch – das wird immer wieder aus Regionen berichtet – ganz gezielt darauf geschaut, ob – was sein kann – in manchen Regionen durch eine Häufung von Delik-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 146

ten das subjektive Sicherheitsgefühl kurzfristig leidet und sinkt, denn man ist bemüht, durch gezielte Maßnahmen gegenzusteuern, um auch dort das Sicherheitsgefühl wie­der zu stärken und entsprechend aufzuklären. (Zwischenruf des Abg. Mayerhofer.)

Auffallend und signifikant beim Sicherheitsbericht ist neben der sinkenden Kriminali­tätsrate aber schon das Ansteigen der Kriminalität im Internet. Eine Steigerung um 150 Prozent bedeutet, dass massiv gegengesteuert werden muss, um die Bevölkerung zu schützen und den Kriminellen das Handwerk zu legen. Ich möchte daher ganz ein­deutig sagen, dass die Innenministerin ganz gezielt Impulse setzt und einen Schwer­punkt genau auf die Bekämpfung der Internetkriminalität gelegt hat. Zum einen geht es darum, die Bevölkerung zu sensibilisieren, um nicht leichtfertig in derartige Delikte hi­neinzugeraten, zum anderen darum, durch repressive Maßnahmen diese Kriminalität zu bekämpfen und den Tätern das Handwerk zu legen.

Ich erinnere an die Cyber-Sicherheitsstrategie und an die Errichtung des Cybercrime-Kompetenzzentrums C4, das die Kriminalität im Internet ganz gezielt bekämpft. Diese Strategie von der lokal-regionalen Ebene bis hinauf zur Bundesebene zeigt erste Früchte, beginnt zu greifen. Ich bin überzeugt davon, dass die Kriminalitätsrate auch im Internet sinken und die Gesamtkriminalitätsrate deutlich zurückgehen wird. – Dafür besten Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

15.49

15.49.49

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird keines gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, den vorliegenden Bericht III-337 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für diese Kenntnisnahme ist, bitte um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 2047 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem die Zustimmung gibt, bitte ein Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit und damit angenommen.

15.50.4715. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorla­ge (1907 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Regelung des Personenstandswesens (Personenstandsgesetz 2013 – PStG 2013) erlassen sowie das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Meldegesetz 1991 und das Na­mensänderungsgesetz geändert werden und das Personenstandsgesetz aufge­hoben wird (2042 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1135/A der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die österreichische Staats-


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bürgerschaft (Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 – StbG), BGBl. Nr. 311/1985, geän­dert wird (2043 d.B.)

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nun zu den Punkten 15 und 16 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz zu Wort. – Bitte.

 


15.51.46

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministe­rin! Es geht in dieser gemeinsamen Debatte jetzt um zwei Tagesordnungspunkte, näm­lich zum Ersten um Tagesordnungspunkt 15, der eine Erleichterung für die Bürger bringt. Es geht darum, dass jeder dort, wo auch immer er hinzieht, überall seine Stan­desurkunden bekommen kann. Jeder, der schon mehrfach seinen Wohnsitz gewech­selt hat, weiß, wie schwierig es ist, ein Dokument, das man für das eine oder andere braucht, zu bekommen. Man muss unter Umständen eine Odyssee über mehrere Ge­meindeämter oder Bezirksverwaltungsbehörden hinter sich bringen. Das wird jetzt ver­einheitlicht.

Es hat Bedenken gegeben, dass in datenschutzrechtlicher Hinsicht Missbrauch betrie­ben werden kann. – Ja, Missbrauch mit Daten kann immer betrieben werden, aber das ist bei jeder Straftat so, das wird man insgesamt nicht ausschließen können. Es kommt nur darauf an, wie die Kontrollmechanismen ausgestaltet sind. Diesbezüglich gab es Bedenken, aber ich glaube, in der Ausschusssitzung hat der zuständige Abteilungslei­ter des Bundesministeriums sämtliche Bedenken ausräumen können. Es soll dafür ge­sorgt werden, dass jeder Zugriff, der gemacht wird, entsprechend nachverfolgt und nachvollzogen werden kann.

Dass die Begründung für die Eingabe dabei ist, bedeutet, dass man aus den Miss­brauchsfällen, die es in der Vergangenheit bei automatisationsunterstützten Daten be­reits gegeben hat, im Bereich der Exekutive zum Beispiel, gelernt hat, dass man die Sicherheitsmaßstäbe, die bereits angewendet werden, auch hier darübergestülpt hat. Das heißt, das Innenministerium hat als Zentrale volle Kontrolle.

Der nächste Punkt, der hier behandelt wird und bezüglich dessen sich der Ausschuss zu keiner Mehrheit durchringen konnte, ist die Frage der Begünstigung bei Staatsbür­gerschaftsverleihungen. Wir sagen, für uns ist die zehnjährige Frist das Entscheidende. Wir wollen keine Aufweichung in die Richtung, dass man vom Recht der Abstammung abweicht und etwas in Richtung Bevorzugung des Geburtsortes macht, es soll bei der derzeit geltenden Regelung bleiben. Wir wollen das Staatsbürgerschaftsgesetz ent­sprechend verschärft haben, weil wir nämlich in Ergänzung die Staatsbürgerschaft selbst mit gewissen Rechten verknüpfen wollen und müssen. Daher glauben wir, die Staatsbürgerschaft ist ein sehr, sehr hohes Gut, das nicht leichtfertig vergeben werden kann.

Zu anderen Problemen, wonach in Österreich geborene Kinder Schwierigkeiten haben oder Ähnliches, bis hin zum Wahlrecht, ist zu sagen: Wenn man hier geboren wird und mit 16 Jahren wählen gehen kann, dann ist rein mathematisch auch unsere geforderte Zehn-Jahres-Frist erfüllt. Also wenn man die Grundrechnungsarten trotz unserer Bil­dungspolitik noch beherrscht, ist das überhaupt kein Drama. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 148

15.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Kößl zu Wort. – Bitte.

 


15.55.00

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ge­schätzte Damen und Herren! Bevor ich ein paar Sätze zu dieser Gesetzesvorlage sa­ge, möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Pendl, Kößl, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage, mit der das Bundesgesetz über die Regelung des Personenstandswesens (Personen­standsgesetz 2013 – PStG 2013) erlassen sowie das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Meldegesetz 1991 und das Namensänderungsgesetz geändert werden und das Personenstandsgesetz aufgehoben wird (1907 der Beilagen), in der Fassung des Aus­schussberichtes (2042 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage, mit der das Bundesgesetz über die Regelung des Personen­standswesens (Personenstandsgesetz 2013 – PStG 2013) erlassen sowie das Staats­bürgerschaftsgesetz 1985, das Meldegesetz 1991 und das Namensänderungsgesetz geändert werden und das Personenstandsgesetz aufgehoben wird (1907 der Beila­gen), in der Fassung des Ausschussberichtes (2042 der Beilagen), wird wie folgt geän­dert:

1. In Art. 1 (Personenstandsgesetz 2013) entfallen im Inhaltsverzeichnis die Einträge zu §§ 76 und 77 und erhalten die §§ 78 bis 81 die Paragraphenbezeichnung 76 bis 79.

2. In Art. 1 (Personenstandsgesetz 2013) entfällt in § 11 der Absatz 4 und erhalten die Absätze 5 und 6 die Absatzbezeichnungen „(4)“ und „(5)“.

3. In Art. 1 (Personenstandsgesetz 2013) wird in § 53 Abs. 7 die Zahl „4“ durch die Zahl „5“ ersetzt.

4. In Art. 1 (Personenstandsgesetz 2013) wird in § 72 Abs. 1 das Wort „März“ durch das Wort „Oktober“ ersetzt und folgender letzter Satz angefügt:

„Für die Anwendung des § 177 Abs. 2 ABGB gelten die §§ 7 Abs. 2 und 67 Abs. 5 ab 1. Februar 2013.“

5. In Art. 1 (Personenstandsgesetz 2013) wird in § 79 in Z 1 das Zitat „Abs. 1 und 4“ durch das Zitat „Abs. 1, 4 und 5“ ersetzt und wird in Z 2 das Zitat „53 Abs. 3“ durch das Zitat „53 Abs. 4“ersetzt.

6. In Art. 2 (Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985) wird in Z 9 in § 64a Abs. 17 nach dem Zitat „§ 64a Abs. 15“ die Wortfolge „in der Fassung des Bundesge­setzes BGBl I. Nr. XXX/2012“ eingefügt und entfällt die Wortfolge „und Abs. 17“.

7. In Art. 3 (Änderung des Meldegesetzes 1991) wird in Z 30 in § 23 Abs. 13 das Wort „April“ durch das Wort „November“ ersetzt.

8. In Art. 4 (Änderung des Namensänderungsgesetzes) wird in Z 3 in § 11 Abs. 5 das Wort „April“ durch das Wort „November“ ersetzt.

Begründung

In der Ausschussbehandlung des Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgeset­zes 2013 wurde das geänderte Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Regelung des Personenstandswesens (Personenstandsgesetz 2013 – PStG 2013) noch nicht


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beachtet. Es muss daher eine Anpassung erfolgen. Weiters handelt es sich um die Be­seitigung von Redaktionsversehen.

*****

Geschätzte Damen und Herren! Das neue Personenstandsgesetz bringt eine wesent­liche Verwaltungsvereinfachung für die Behörden und die Bürger, zusätzlich eine we­sentliche Einsparung in der Größenordnung von bis zu 2 Millionen €. Ich glaube, dass es generell eine tolle Verwaltungsvereinfachung darstellt, wenn ein Personenstands­register und ein Zentrales Staatsbürgerschaftsregister eingerichtet werden.

In diesem Sinne ersuche ich um Zustimmung zu diesen beiden Gesetzen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Abänderungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. – Bitte.

 


15.59.03

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Das Personenstandsregister wird auf eine moderne elektronische Basis gestellt. Dage­gen ist grundsätzlich nichts einzuwenden.

Zwei Dinge sind für uns zentral, und zwar zum einen die Frage des Datenschutzes. Man muss dazusagen, dass im ursprünglichen Ministerialentwurf praktisch keine Da­tenschutzbestimmungen vorgesehen gewesen sind. Deshalb hat es in den Stellung­nahmen massive Kritik gegeben, und das ist korrigiert worden. Wir haben dann im Aus­schuss ausführlich diskutiert, und es ist zugesichert worden, dass das Innenministe­rium die Zugriffe über Logfiles kontrolliert, daher auch einen möglichen Missbrauch feststellen kann. Mit dieser Zusage, Frau Ministerin, haben Sie sich weit aus dem Fenster gelehnt! Wir hoffen, dass die nötige Aufmerksamkeit und Kontrolle auch tat­sächlich vorhanden sind.

Der zweite Punkt – und das ist der Grund, warum wir dieses Gesetz trotzdem ableh­nen – ist die Frage, welche Behörden zugreifen können. Grundsätzlich können Behör­den zugreifen, wenn sie Namensabfragen tätigen; einzig die Polizei – und da ist ein sehr unbestimmter Gesetzesbegriff drinnen – hat weitergehende Abfragemöglichkei­ten, nämlich zum Zweck der Sicherheitspolizei und der Strafrechtspflege, und sie kann auch nach anderen Kriterien sogenannte Verknüpfungsabfragen stellen.

Was immer das im Detail heißt: Wir gehen davon aus, dass so relativ schnell familiäre Netzwerke abgebildet werden können, und das ohne Rechtsschutz und ohne Verstän­digung der Betroffenen. Würde sich das Ganze im Bereich der Strafprozessordnung abspielen, dann könnte man durchaus davon sprechen, dass das der automationsun­terstützte Datenabgleich nach § 141 StPO ist, und das ist die berühmte Rasterfahn­dung. Daher ist es wahrscheinlich auch kein Zufall, dass das Justizministerium diese Bestimmung in der Stellungnahme relativ scharf kritisiert hat.

Man hat in der Stellungnahme Folgendes geschrieben:

„Dass nun sämtliche Daten des Zentralen Personenstandsregisters () für die Zwecke der Sicherheitsverwaltung“ – jetzt heißt es Sicherheitspolizei – „und Strafrechtspflege in einer nicht näher erläuterten ‚Verknüpfungsanfrage‘ herangezogen werden sollen dürfen, ist ohne nähere Erklärung oder präzisere gesetzliche Regelung seitens des Bundesministeriums für Justiz nicht unterstützenswürdig.“


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Das heißt: aus Sicht des Justizministeriums eine klare Absage. Ich vermute, der Hinter­grund ist, dass auch das Justizministerium fürchtet, dass hier eine Art Rasterfahndung auf polizeilicher Ebene durch die Hintertür eingeführt wird, weil dann sogenannte Ver­knüpfungsabfragen im Personenstandsregister möglich sind, aber ohne irgendwelche Rechtsschutzstandards. Vielleicht können Sie das präzisieren, Frau Ministerin, Sie ha­ben jedenfalls im Ausschuss die diesbezüglichen Bedenken nicht ausgeräumt. Ich war dann überrascht, dass die Justizministerin trotzdem zugestimmt hat, aber offensichtlich kennt sie die Stellungnahme des eigenen Hauses nicht. (Zwischenruf des Abg. Pendl.)

Was das Justizministerium kritisiert – und damit meine ich nicht den Datenschutz; über den haben wir diskutiert, Sie haben auch zugehört, und da bin ich schweren Herzens, aber doch bereit, ein gewisses Vorschussvertrauen zu geben; wir werden das kontrol­lieren –, nämlich dass es sagt, dass quasi auf einer sehr niedrigen Ebene eine Raster­fahndung ähnlich der StPO, nur eben im Personenstandsregister, eingeführt wird, das ist nicht widerlegt, und da sind wir skeptisch, zumal jeder Rechtsschutz in diese Rich­tung fehlt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

16.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Maier gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.

 


16.02.47

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Steinhauser, ich möchte dich überzeugen, dass du leichten Herzens heute den Datenschutzbestimmun­gen zustimmen kannst, denn wir haben im Gegensatz zur Ministerialvorlage eine neue Rechtslage mit ganz klaren Datenschutzbestimmungen in § 47 der Regierungsvorlage.

Wir haben im Ausschuss die Problematik ja hinreichend diskutiert, und da gab es einen Hinweis auf die Exekutionsdaten, die aus dem Justizministerium entwendet und ver­kauft wurden. Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Grund dafür war, dass es im Justizministerium eine derartige Regelung, wie es sie in diesem Ent­wurf gibt, wie es im Vereinsgesetz und im Meldegesetz normiert ist, eben nicht gege­ben hat.

Ich möchte dich an den § 47 der Vorlage erinnern, wo im Detail Folgendes geregelt ist:

Für Abfragen aus dem ZPR ist seitens des Abfragenden sicherzustellen, dass () in seinem Bereich ausdrücklich festgelegt wird, wer unter welchen Voraussetzungen eine Abfrage durchführen darf, () abfrageberechtigte Mitarbeiter über ihre nach Daten­schutzvorschriften bestehenden Pflichten belehrt werden,“ – und zum Schluss – „eine Dokumentation über die nach Z 1 bis 6 getroffenen Maßnahmen geführt wird.“

Diese Bestimmungen sind ident mit den Bestimmungen im Vereinsgesetz und im Mel­degesetz. Ich versuche jährlich, über parlamentarische Anfragen herauszufinden, ob es in diesem Bereich einen Missbrauch gegeben hat, nachdem es im Jahr 2002, glau­be ich, zu einem Verkauf von Meldedaten gekommen ist. Ich konnte bislang noch kei­nen Missbrauch feststellen, und ich bin dem Ministerium und insbesondere auch der Frau Bundesministerin sehr dankbar, dass die Durchführungsverordnung, die jetzt er­lassen wird, dieselbe Regelung vorsieht wie § 12 Abs. 3 Vereinsgesetz und § 8 Abs. 3 Meldegesetz, dass nämlich die Datenschutzkommission und der Datenschutzrat die Einhaltung dieser Bestimmungen kontrollieren können.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Informationsverbundsys­tem wie dieses stellt einen intensiven Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz für die Betroffenen dar, daher brauchen wir entsprechende Regelungen. Wir haben mit die­sem Entwurf die Regelungen geschaffen, aber ich schließe mich dem Kollegen Rosen­kranz an: eine hundertprozentige Sicherheit wird man bei Registern oder bei derartigen


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Informationsverbundsystemen nie haben, denn wer mit krimineller Energie vorgeht, wird sich auch diese Daten irgendwie verschaffen können. (Zwischenruf des Abg. Pendl.) Trotzdem: Dieser Entwurf, dieses Gesetz ist ein Fortschritt, ist ein Gesetz für die Bürger und für die öffentliche Verwaltung. Stimmen Sie diesem Gesetz zu! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf: Auch Bürgerinnen !  hast du den Friseur gewechselt?)

16.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Ing. Westen­thaler zu Wort. – Bitte.

 


16.06.11

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Kollege Maier hat mich fast wieder ein bisschen verunsichert, denn immer, wenn Kollege Maier seine Versicherung gibt, dass datenschutzmäßig alles in Ordnung ist, muss man das ja grundsätzlich hin­terfragen. Wenn ich an die Debatte um die Vorratsdatenspeicherung denke: Das war ja kein besonderes Highlight deiner datenschützerischen Tätigkeit, Herr Kollege Maier. Das muss auch einmal gesagt werden. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Mag. Johann Maier.) – Ja, du bist hinausgegangen, du hast die Flucht ergriffen.

Wir haben dagegen gestimmt, du hast die Flucht ergriffen – das ist der große Unter­schied, und das zeugt nicht nur von Mutlosigkeit, sondern auch von einem seltsamen Verständnis bezüglich deiner Tätigkeit als Vorsitzender des Datenschutzrates. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.) Das sei einmal gesagt, denn das war keine Meisterleistung, dass du uns im Kampf gegen dieses Monster Vorratsdatenspeiche­rung im Stich gelassen hast (Zwischenruf bei der SPÖ), aber das kommt ohnehin noch auf uns zu. Die Glaubwürdigkeit ist jedenfalls dahin, und es wäre auch – ich sage es heute noch einmal – vernünftiger gewesen, diese Position zur Verfügung zu stellen und sie mit einem wirklichen Datenschützer zu besetzen. Das wäre gescheiter gewesen (Beifall beim BZÖ), aber das kommt immer dann, wenn er von Datenschutz spricht.

Wir haben tatsächlich im Ausschuss sehr skeptisch argumentiert, auch aufgrund der Bedenken, die es ja gab, von der Datenschutzkommission, der Rechtsanwaltskammer. Wir stimmen aber heute zu, weil es eine Abwägungsfrage ist, und die Abwägungsfrage ist ganz einfach: Man kann nicht ständig dafür eintreten, dass man für Verwaltungs­vereinfachung und für Bürgerservice ist, für einen wirklichen Fortschritt in diesem Be­reich, und dann aufgrund eines Vielleicht-Argumentes anders entscheiden.

Natürlich ist bei jeglicher Form der elektronischen Datenverarbeitung Missbrauch im­mer möglich. In diesem Fall wurde einiges entschärft beziehungsweise verbessert, was den Datenschutz anbelangt, auch Empfehlungen der Datenschutzkommission einge­baut, daher werden wir heute aus diesen Erwägungsgründen zustimmen, weil es tat­sächlich eine enorme Vereinfachung ist. Ich gebe aber dem Kollegen Steinhauser schon recht: Mit der Versicherung, die Sie uns heute mitgegeben haben, haben Sie sich hinausgelehnt – wie weit, wird man erst sehen.

Wenn es Missbrauch gibt, wird man das dann natürlich entsprechend zu diskutieren haben, aber grundsätzlich ist die Idee dieses Zentralen Personenstandsregisters richtig und eine wirkliche Vereinfachung, daher werden wir heute zustimmen. (Beifall beim BZÖ.)

16.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Hagen ist als Nächster zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.08.39

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minister! Hohes Haus! Auch wir werden TOP 15 zustimmen. Diese Regierungsvorlage


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regelt das Personenstandswesen. Ich will jetzt nicht alles wiederholen, was da ange­führt ist, aber der Grund für unsere Zustimmung zu dieser Änderung ist, wie schon von den anderen Kollegen gesagt, diese Verwaltungsvereinfachung. Das ist eine Reform, eine Erleichterung für die Bürger. Das kann man ja nur positiv finden, und deswegen sind wir klar dafür.

Zu TOP 16: Dem Antrag der FPÖ werden wir nicht zustimmen. Wir sind schon ein biss­chen kritisch in dem Punkt, dass man die Staatsbürgerschaft nicht verschenken soll, das sehen wir schon auch so (Zwischenruf bei der SPÖ), aber – jetzt kommt der Punkt – der Punkt ist folgender: Wenn eine Familie, die schon lange in Österreich wohnt, sich hier ordentlich verhalten hat und gut integriert ist, mit einem etwa sechs­jährigen Kind um Einbürgerung ansucht – und dieses Beispiel gibt es –, wieso sollen denn die Eltern, wenn sie schon länger, also über zehn Jahre, in Österreich sind, die Staatsbürgerschaft bekommen und das Kind nicht? Also das ist für mich nicht nach­vollziehbar.

Das ist ein Grund dafür, dass wir sagen, wir sind dafür, dass dieses Kind genauso die Staatsbürgerschaft bekommen soll, und ich glaube, das ist auch einfach zu erklären.

Sollte dieses Kind – nachdem es vorzeitig mit sechs Jahren die Staatsbürgerschaft be­kommen hat – im jugendlichen Alter kriminell werden, gibt es ja noch die Möglichkeit des Entzugs der Staatsbürgerschaft. Davon sollte man vielleicht ab und zu einmal Gebrauch machen, aber grundsätzlich ist die Idee in Ordnung, und deswegen werden wir das so akzeptieren, wie es der Ausschuss vorgeschlagen hat. – Danke. (Beifall der Abg. Kaufmann-Bruckberger.)

16.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Ko­run. – Bitte.

 


16.10.47

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste auf der Galerie! Un­sere datenschutzrechtlichen Bedenken zur vorliegenden Gesetzesänderung im Perso­nenstandsgesetz hat mein Kollege Albert Steinhauser schon konkretisiert, ich werde sie nicht wiederholen. Was für uns aber auch ein wichtiger zusätzlicher Punkt ist, wa­rum wir das Personenstandsgesetz in dieser Form nicht annehmen können, ist, dass die Diskriminierung von homosexuellen Partnerschaften fortgeführt und einzementiert wird.

Es ist so, dass hier im Hohen Haus vor zwei Jahren Rot und Schwarz eine Ungleich­behandlung von homosexuellen Partnerschaften geschaffen haben, indem die Ehe nicht geöffnet wurde, indem solche Partner nicht vor das Standesamt treten und eine ganz normale Ehe schließen können. Diese Ungleichbehandlung von homosexuellen Partnerschaften soll nun fortgeführt und einzementiert werden – dagegen sind wir ganz entschieden.

Unserer Meinung nach gibt es keinen sachlichen Grund dafür, dass Menschen, die gleichgeschlechtlich leben und gleichgeschlechtlich lieben, anders und schlechter be­handelt werden sollen, dass kein Zeremoniell vorgesehen ist, dass die Beschränkung auf Amtsräume erfolgen soll und dass sie zum Beispiel nicht vor dem Standesamt ihre Partnerschaft besiegeln können, wie das heterosexuelle Partner auch tun dürfen.

Zweiter und letzter Punkt: Zum Vorschlag der FPÖ ist auf jeden Fall zu sagen, dass es schon seit Jahren konstant so ist, dass mehr als ein Drittel der jährlich eingebürgerten Personen bereits in Österreich geboren ist. Dank unserer antiquierten Gesetzeslage haben wir die Situation, dass wir aus Babys, aus Kindern, die im Inland geboren wer­den, zuerst Ausländer machen, die jahrelang nicht gleichberechtigt sind, nicht gleichbe-


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handelt werden, weil sie im Inland geborene Ausländer sind – so etwas schafft unser derzeitiges Staatsbürgerschaftsgesetz –, und später werden sie dann mühsam und in teuren, langwierigen Verfahren erst eingebürgert.

Daher sind wir der Meinung, dass wir eigentlich mit dem Staatsbürgerschaftsgesetz das Bodenrecht schaffen sollten, sodass Babys, Kinder, die hier geboren werden, von Eltern, die auf Dauer und legal hier niedergelassen sind, per Geburt die Staatsbürger­schaft bekommen sollten. Aus diesem Grund würden wir die Umsetzung des frei­heitlichen Antrags für einen Wahnsinn halten, für die Einzementierung der jetzt schon bestehenden Diskriminierungen. Der Weg muss ein ganz anderer sein, nämlich Gleich­behandlung von Anfang an für Kinder, die auf Dauer hier leben werden und hier auf die Welt kommen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Rosenkranz:  dass unser Antrag richtig ist!)

16.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Singer. – Bitte.

 


16.13.40

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Als Bürgermeister freue ich mich besonders, dass mit der heutigen Beschlussfassung zur Einführung eines Zen­tralen Personenstandsregisters auf der einen Seite eine langjährige Forderung der Gemeinden erfüllt wird, auf der anderen Seite natürlich auch ein Arbeitsauftrag aus un­serem Regierungsprogramm.

Ich freue mich deshalb, weil es aus meiner Sicht zu einer wesentlichen Vereinfachung in der Verwaltung kommt und weil es wirklich beträchtliche Vorteile für die Bürger bringt. Sie wissen ja, bisher sind Personenstands- und Staatsbürgerschaftsdaten ent­weder in Buchform oder/und lokal elektronisch verwaltet worden, was bedeutet, dass zwischen den Behörden immer nur schriftlich und in Papierform die Punkte abgearbei­tet und abgehandelt wurden.

Mit der Schaffung des Zentralen Personenstandsregisters und mit der Schaffung der Rechtsgrundlage für ein Zentrales Staatsbürgerschaftsregister wird es langfristig zu ei­ner wesentlichen Reduktion des Verwaltungsaufwands kommen. Für die Bürger be­deutet das: weniger Behördenwege, kürzere Wege zu den Behörden und damit auch ein geringerer Zeitaufwand, um zu den entsprechenden Urkunden zu kommen.

Durch die zentrale Speicherung wird außerdem eine bessere Datenqualität im Hinblick auf Vollständigkeit und Aktualität erwartet, und das muss selbstverständlich auch Ziel einer solchen Maßnahme sein. Daraus erwachsen allerdings den Gemeinden – zumin­dest in der ersten Umsetzungsphase – zusätzliche Kosten, die jetzt schon nur zu ei­nem Drittel durch die Gebühreneinnahmen abgedeckt sind. Ich weise deshalb darauf hin, weil diese Aufgabe im übertragenen Wirkungsbereich von den Gemeinden erledigt wird.

Sehr geehrte Damen und Herren! Meines Erachtens gelingt mit dieser Gesetzesän­derung ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einer umfassenden Verwaltungsreform, und ich darf unserer Frau Bundesministerin sehr herzlich dazu gratulieren! (Beifall bei der ÖVP.)

16.16

16.16.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Es wird kein Schlusswort gewünscht.

Wir gelangen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 154

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Regelung des Personenstandswe­sens erlassen sowie das Staatsbürgerschaftsgesetz, das Meldegesetz und das Na­mensänderungsgesetz geändert werden und das Personenstandsgesetz aufgehoben wird, in 2042 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Pendl, Kößl, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes ab­stimmen.

Die Abgeordneten Pendl, Kößl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag eingebracht, der sich auf das Inhaltsverzeichnis und mehrere Bestimmungen in Artikel 1 sowie die Artikel 2, 3 und 4 bezieht.

Wer diesen Abänderungen beitritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein beja­hendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Ge­setzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 2043 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

16.18.3217. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorla­ge (1810 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Sprengmittelgesetz 2010 geändert wird (Sprengmittelgesetz-Novelle 2012) (2044 d.B.)

18. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Waffengesetz 1996 geändert wird (2045 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nun zu den Punkten 17 und 18 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 155

16.19.11

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­minister! Hohes Haus! Die vorliegende Änderung des Waffengesetzes regelt die Befug­nisse der zuständigen Behörde bei der Sicherung und Vernichtung von Kriegsmaterial, wovon ja in Österreich leider noch genügend vorhanden ist.

Zahlreiche Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg werden noch immer in Österreichs Bö­den vermutet; Schätzungen gehen von rund 15 000 Stück aus. Jährlich werden in etwa 30 Bomben von den Experten des Entminungsdienstes entschärft. Das ist eine ge­meinsame Aufgabe von Innen- und Verteidigungsministerium. Nun obliegen diese Auf­gaben allein dem Verteidigungsministerium. Das vorliegende Gesetz regelt zwar noch nicht die Übernahme der Kosten, aber es gibt eine klare Regelung der Befugnisse bei den Behörden betreffend Entschärfung.

Solange eine Gefährdung der Bevölkerung nicht ausgeschlossen werden kann, kann ein Platzverbot verhängt werden, und bis zur Klärung der Gefährdungslage können Personen auch weggewiesen werden.

Bei der vorliegenden Sprengmittelgesetz-Novelle handelt es sich im Prinzip um eine EU-Anpassung, die eine Ausweitung von Ausnahmen von der Kennzeichnungspflicht für zivile Sprengstoffe vorsieht. Nicht gekennzeichnet werden müssen nun Sprengmit­tel, die mangels Verpackungsmöglichkeit nicht gekennzeichnet werden können, und Sprengmittel, die nur einen geringen Gefährdungsgrad darstellen, wie zum Beispiel Pulverzündschnüre oder Anzündhütchen.

Das Gesetz tritt erst mit 5. April 2013 in Kraft, weil einerseits einige EU-Staaten diese Zeit noch brauchen und das andererseits den Vorteil bietet, dass auch die entspre­chenden Gewerbebetriebe die notwendige Zeit haben, sich auf die neuen veränderten Rahmenbedingungen einzustellen. Unser österreichisches Sprengmittelgesetz wird nur geringfügig geändert. Alles Weitere bleibt wie im Sprengmittelgesetz 2010 beschlos­sen.

Schieß- und Sprengmittel dürfen nur von verlässlichen Personen mit Wohnsitz in Ös­terreich, einem Chemiestudium und einer zweijährigen Berufspraxis hergestellt wer­den. Suchtkranken oder Straftätern nach Gewalttaten beziehungsweise entsprechen­den Drohungen wird dies verboten. Bei der Lagerung verlangt das neue Gesetz durch­gängige Bestandsaufzeichnungen, die auch zehn Jahre aufbewahrt werden müssen.

Die Novelle bringt also eine klare Präzisierung mit sich, eine Konzentration auf das Wichtige und Wesentliche. Bewährte Regelungen in einem überaus sensiblen Bereich, die der Sicherheit aller dienen, bleiben allerdings ganz klar bestehen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Faze­kas. – Bitte.

 


16.21.47

Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das vorliegende Gesetz ist von meinem Vorredner schon angesprochen worden. Auf der einen Seite sind Richtlinien der Europäischen Union umzusetzen. Das Sprengmittelge­setz behandelt eine Materie, die sehr wichtig ist. Es gilt, die Kennzeichnungspflicht und den Handel mit Sprengmitteln und alle damit verbundenen Aspekte detailliert zu regeln. Hier gibt es auf der einen Seite auch Verbesserungen, auf der anderen Seite Ausnah­men von der Kennzeichnungspflicht.

Das ist zwar sehr wichtig, aber noch wichtiger scheinen mir die in diesem Zusammen­hang geänderten Bestimmungen des Waffengesetzes zu sein, die darauf abzielen,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 156

dass es im Zusammenhang mit der Auffindung von Kriegsrelikten oder von Blind­gängern Regelungen bedarf. Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform und den organisatorischen Änderungen ist dieser Bereich ja von den Agenden der Polizei und des Innenministeriums in die Agenden des Ministeriums für Landesverteidigung über­gegangen, wodurch natürlich neue Regelungen erforderlich waren.

Als wichtig erachte ich es aber auch, darauf hinzuweisen, dass auf der einen Seite Ab­sperrmaßnahmen, Wegweisungen, Platzverbote in diesem Fall ausschließlich Agen­den der Sicherheitsexekutive sind, die dort vor Ort agieren und der Bevölkerung ent­sprechende Anweisungen geben kann, und dass auf der anderen Seite die Kom­petenzen der Bediensteten des ehemaligen Entminungsdienstes bei der Bundespoli­zei, beim Innenministerium nunmehr im Verteidigungsressort angesiedelt sind.

Ich möchte aber nicht verhehlen, dass es, was die allgemeine Situation betrifft, natür­lich noch leise Kritik gibt. Es ist nämlich bis dato noch nicht gelungen, eine Lösung, eine Regelung dafür zu finden, wie man tatsächlich beim Auffinden von Blindgängern vorgeht. Es gibt ja sehr viele Städte und Gemeinden in Österreich, die immer wieder Ziel von großen Bombenangriffen waren. Da man davon ausgeht, dass noch über 15 000 Blindgänger irgendwo im Erdboden vergraben liegen, ist es aus meiner Sicht nicht einzusehen, warum jene dafür zahlen müssen, die überhaupt nichts dafür kön­nen. Hier gibt es einen Rechtsstreit, wir kennen das: Die Angelegenheit ist zum Ver­fassungsgerichtshof gegangen und vom Verfassungsgerichtshof wieder zurück zum Obersten Gerichtshof. Man beschäftigt sich da in erster Linie mit formalen Dingen.

Wir sollten aber – und das Thema ist ja schon seit den neunziger Jahren Bestandteil der parlamentarischen Debatte – dafür sorgen, dass es einmal eine Lösung gibt (Abg. Mag. Schatz: Warum tun Sie es nicht?), denn, wie gesagt, mit der Haftung von 72 000 € sind natürlich die Bergungskosten, die verursachten Räumungskosten und vieles mehr nicht gedeckt. (Abg. Mag. Schatz: Aber Sie sind schon die Regierungs­partei, oder?)

Zum einen sehe ich nicht ein, warum das bei den Kommunen bleiben soll, und zum an­deren sehe ich nicht ein, warum einzelne Personen, die davon betroffen sind, dafür be­zahlen sollen. Hier richte ich wirklich den Appell an Sie, dass wir noch daran arbeiten müssen, dass das endlich einmal rechtskonform beziehungsweise so umgesetzt wird, dass die Kosten nicht von der Bevölkerung oder den Gemeinden zu tragen sind, und das sage ich als Vertreter einer Kommune. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ so­wie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Machen! – Der appelliert an sich selbst! Das find’ ich gut!)

16.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Herbert. – Bitte.

 


16.25.05

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ges­chätzte Kolleginnen und Kollegen! Ja, auch die Freiheitliche Partei wird diesen beiden hier zur Diskussion stehenden Regierungsvorlagen zustimmen.

Meine Vorredner haben ja schon ausgeführt, worum es sich hier im Detail handelt. Zum einen geht es um das Sprengmittelgesetz, bei dem eine EU-Anpassung ansteht, durch die das Verfahren und die Kennzeichnung beziehungsweise Rückverfolgung von zivilen Sprengstoffen gewährleistet werden sollen. Zum anderen geht es um das aus dem im März beschlossenen Stabilitätsgesetz abgeleitete Verfahren zur Handhabung der Entschärfung beziehungsweise der Entminung von Kriegsrelikten und darum, den einschreitenden sachkundigen Organen des nunmehr zuständigen Bundesministeri­ums für Landesverteidigung und Sport die erforderlichen Kompetenzen bei der Durch-


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führung ihrer Arbeiten zu geben, insbesondere wenn es um die Wegweisung von Per­sonen aus gefährdeten Gebieten oder Örtlichkeiten, die Erlassung eines Betretungs- oder Platzverbotes, aber auch die Ermächtigung zur Sicherstellung der aufgefundenen Gegenstände geht.

Wir sehen das als sinnvolle, notwendige Ergänzung für die Tätigkeit der Sicherheits­behörden und werden daher diesen beiden Regierungsvorlagen unsere Zustimmung nicht verweigern. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

16.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Hagen zu Wort. – Bitte.

 


16.26.38

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich mache es kurz. Auch wir werden beiden Vorlagen zustimmen.

Punkt 17 wurde schon angesprochen, es geht um das Sprengmittelgesetz. Kollege Prinz hat das schon hervorragend genau aufgelistet, ich will das jetzt nicht mehr wie­derholen. Es ist das die Umsetzung einer EU-Richtlinie. Also, wie gesagt, das geht in Ordnung, da sind wir dafür.

TOP 18 ist eigentlich nur eine Formsache. Nachdem mit diesem 2. Stabilitätsge­setz 2012 die Kompetenzen dieser Entminungsdienste zum Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport übergegangen sind, ist es logisch, dass dort auch die Möglichkeiten geschaffen werden müssen, um Absperrmaßnahmen durchzuführen, und, und, und. Ich glaube, das ist nur eine Formsache, und deshalb werden wir dem auch zustimmen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

16.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Heinzl gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.27.45

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ho-
hes Haus!
Während des Zweiten Weltkrieges wurden Schätzungen zufolge rund 120 000 Tonnen Bomben auf Österreich abgeworfen, zumindest geht dies aus den Aufzeichnungen der Roten Armee und der US-Streitkräfte hervor. Anders ausgedrückt: Zwischen 1943 und 1945 fielen auf das österreichische Staatsgebiet mindestens 500 000 Bomben; viele Berechnungen gehen von einer noch höheren Zahl aus.

Rund 5 Prozent dieser 500 000 Bomben – also rund 25 000 – wurden zu Bombenblind­gängern. Obwohl seit dem Krieg bereits viele entschärft wurden – wir haben es heute schon mehrmals von Vorrednern gehört –, gibt es wohl noch an die 17 000 Bomben­blindgänger in Österreich. Diese Bombenblindgänger, sehr geehrte Damen und Her­ren, stellen auch heute noch ein schweres Erbe für Österreich dar. Das spüren wir auch im Alltag: Es gibt kaum ein größeres Bauprojekt, bei dem nicht Bombenalarm ge­geben wird, weil bei Erdarbeiten Kriegsrelikte zutage gefördert werden.

Die sichere Entschärfung und Beseitigung dieser Bomben gehören – das ist sicherlich so – zu den gefährlichsten und wichtigsten Aufgaben, die es in Österreich gibt. Leider mussten die dafür zuständigen Entminungsexperten des Bundes schon Todesopfer in ihren Reihen beklagen. Zuletzt starben zwei Mitarbeiter des Entminungsdienstes bei der Unschädlichmachung einer Fliegerbombe 2003 in Salzburg.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! In Zukunft wird alleine das Verteidi­gungsministerium für die Sicherung und Vernichtung von Kriegsmaterial zuständig sein, anstatt sich wie bisher die Verantwortung mit dem Innenministerium zu teilen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 158

Dieser Schritt ist ganz im Sinne der Verwaltungsvereinfachung und wird Berechnungen zufolge dem Bund Einsparungen von jährlich 500 000 € bringen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Besonders wichtig ist es aber, dass dadurch sichergestellt ist, dass die Entschärfung von Bomben, Blindgängern und sonstigem Kriegsmaterial in Österreich auch weiterhin höchst professionell und nach höchstmög­lichen Sicherheitsstandards durchgeführt wird.

Abschließend, sehr geehrte Damen und Herren, möchte ich mich bei allen Expertinnen und Experten des Entminungsdienstes für ihre wichtige Arbeit bedanken (Abg. Pendl: Hervorragende!) und ihnen auch weiterhin alles Gute, vor allem unfallfreie Einsätze wünschen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Pendl: Bravo!)

16.30

16.30.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird keines gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 17: Entwurf betreffend Sprengmittelgesetz-Novelle 2012 samt Titel und Eingang in 1810 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Entwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 18: Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem das Waffengesetz 1996 geändert wird, samt Titel und Eingang in
2045 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein Zei­chen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

16.32.0619. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorla­ge (1958 d.B.): Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Ar­tikel 15a B-VG über eine Erhöhung ausgewählter Kostenhöchstsätze des Art. 9 der Grundversorgungsvereinbarung (2046 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zum 19. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Herbert. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 159

16.32.37

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ja, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, aber auch von Ihnen, den Grünen, die Sie sich ja auch im Ausschuss in dieser Sache besonders hervorgetan haben, an Sie möchte ich die Frage richten: Was denken Sie sich eigentlich dabei (Abg. Öllinger: Viel!), wenn Sie in Zeiten, in denen allgemeines Sparen angesagt ist, in denen Einsparungen für die österreichische Bevölkerung auf der Tagesordnung stehen, in denen der österreichische Mittelstand unter den Belas­tungen einer noch nie dagewesenen Abgabenquote stöhnt, die diese Bundesregierung ihr aufbürdet, wenn Sie in diesen Zeiten gleichzeitig die Kostensätze im Bereich der Grundversorgung für sogenannte hilfs- und schutzbedürftige Fremde erhöhen? Das sind jene Personen, die bei uns um Asyl ansuchen oder die tatsächlich Asyl bekom­men haben oder die uns bleiben, weil sie nicht mehr abgeschoben werden können oder von niemand anderem mehr genommen werden.

Ist das politische Instinktlosigkeit oder ist das Unvermögen? Oder ist das einfach eine Verhöhnung der österreichischen Staatsbürger, was Sie hier machen?

Wenn man bedenkt, dass unsere österreichischen Pensionisten einen Teuerungsaus­gleich von gerade einmal 1,8 Prozent erhalten, bei einer fast doppelt so hohen Infla­tionsrate wohlgemerkt, wenn man weiß, dass der öffentliche Dienst eine Nulllohnrunde aufgebürdet bekommen hat, wenn man weiß, dass es kein Geld für unsere öster­reichische Bevölkerung gibt, ihr die steigenden Kosten für Wohnen und Heizen auch nur annähernd abzugelten, setzen Sie sich darüber hinweg und geben das Geld lieber diesen Personen oder Institutionen. Ich meine, dass man da wohl eher auf die eigenen Menschen im Lande schauen sollte. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich denke, es ist klar zu erkennen, ich halte das für eine entbehrliche Initiative. Kollege Vilimsky hat es heute schon angesprochen, dass 80 Prozent der Asylanträge, die bei uns gestellt werden, aufgrund unberechtigter Antragstellung abgewiesen werden, und ich meine, dass mit dieser Erhöhung der Kostensätze die tendenzielle Förderung eines Asylmissbrauchs hier weiter prolongiert wird. (Beifall bei der FPÖ.) Und so denke ich, dass es einmal mehr ein Schlag ins Gesicht der österreichischen Bevölkerung ist, was Sie sich hier an dieser Stelle leisten.

Die Freiheitliche Partei kann diesen Tendenzen keinesfalls Vorschub leisten. Wir wer­den das Gesetz daher ablehnen, und ich hoffe doch sehr, dass wir eines Tages doch die Möglichkeit haben werden, diese Fehltendenzen, die Sie hier unterstützen und die Sie leider auch Gesetz werden lassen – davon gehe ich heute einmal aus –, wieder zu korrigieren. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

16.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ta­mandl. – Bitte.

 


16.36.08

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Herbert, ich möchte Ihnen schon sagen, was die Asylwerber betrifft und was Menschen betrifft, die in Österreich Zuflucht suchen: Österreich hat sich in den letzten Jahrzehnten hier im­mer wieder ausgezeichnet, Menschen zu helfen, für Menschen da zu sein, die Zuflucht brauchen, die verfolgt werden. Und ich gebe Ihnen recht, wenn Sie jene kritisieren, die sich Asyl entweder erschleichen wollen oder gar keinen Asylgrund haben, aber ich glaube, Sie haben übersehen, dass wir mit dem Asylgerichtshof jetzt wesentlich schnellere Verfahren haben und dass wir die Rucksäcke aus der Vergangenheit auch zügig abbauen. (Zwischenruf des Abg. Mayerhofer.)


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Aber, Herr Kollege, Asyl, das Gewähren von Asyl, die Unterbringung und Grundversor­gung von Asylwerbern, das ist auch eine Frage der Solidarität der Bevölkerung. (Neu­erlicher Zwischenruf des Abg. Mayerhofer.) – Herr Kollege Mayerhofer, ich weiß über­haupt nicht, was mit Ihnen los ist! Unsere Familienmitglieder, Freunde und Bekannte unserer Großeltern, die vielleicht aus Österreich geflüchtet sind, haben auch irgendwo Zuflucht gefunden! Und gerade wir Österreicher sollten hier nicht so verhetzend sein, wie Sie das tun. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Es ist nicht selbstverständlich, dass wir in Zeiten wie diesen eine gewisse Erhöhung der Kostensätze für die Grundversorgung beschließen, aber der Herr Werner Herbert hat das ja so dargestellt, als würde jeder Asylwerber jetzt mehr bekommen. Im Gegen­teil!

Ich möchte nur wirklich die Heldentat der Frau Bundesministerin Mikl-Leitner hier er­wähnen, die sich in den letzten Wochen sehr dafür eingesetzt hat (Abg. Mayerhofer: „Heldentat“!?), dass die Solidarität auf alle Bundesländer aufgeteilt wird. (Beifall bei Ab­geordneten der ÖVP.) Denn es kann nicht so sein, dass beispielsweise Wien und Nie­derösterreich die Quoten erfüllen, während andere Bundesländer das nicht tun. Hier muss jedes Bundesland seine Hausaufgaben machen. Die Frau Bundesministerin hat sich dafür eingesetzt, und dafür gelten ihr ein besonderer Dank und ein besonderes Lob, denn es ist nicht selbstverständlich, dass man mit den Landeshauptleuten, ge­meinsam mit dem Kanzler und Vizekanzler, diese Vereinbarungen trifft und diese Ver­einbarungen dann auch eingehalten werden.

Es ist das Mädchen, das so gut integriert ist, angesprochen worden. Ich glaube, dass wir notwendigerweise immer darauf schauen müssen, dass Asylverfahren schneller vor sich gehen und dass etwa bei Kindern, die bereits fünf Jahre hier sind, die gar keine andere Heimat kennen, nicht so lange zugeschaut, nicht so lange gewartet wird. Das ist überhaupt keine Frage, dazu bekennen wir uns, und die Frau Bundesministerin hat sich hier auch ganz klar ausgesprochen.

Ich glaube, wir sollen hier nicht hetzen, wir sollen hier nicht Äpfel mit Birnen vermi­schen. Die Frau Kollegin Korun wird wieder Zuwanderung mit Asyl vergleichen und wird das wieder miteinander vermischen. (Abg. Dr. Grünewald: Nein, das tut sie nicht!) Ich glaube, dass zuwandern soll, wem die Zuwanderung zusteht, der sich hier dann auch wirtschaftlich behaupten kann (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP), und dass Asyl nur denjenigen zusteht, die es wirklich brauchen, weil sie verfolgt werden, aus reli­giösen oder rassischen Gründen. Und denen müssen wir auch helfen, und dazu be­kennen wir uns. (Beifall bei der ÖVP.)

16.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Wes­tenthaler. – Bitte.

 


16.39.37

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Frau Kollegin Tamandl! Ich kann Ihnen versichern, diese „Heldentat“, die Sie da als solche bezeichnet haben, ist den Menschen relativ wurscht (Abg. Tamandl: Das glaube ich nicht!), weil am Ende ist es Steuergeld. Es geht um Steuergeld! (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.) Ob das jetzt die Länder sind oder der Bund, das ist eure Fachdiskussion, eure Spezialdiskussion. Das geht draußen an jedem vorbei, das interessiert draußen nie­manden!

Da wird Steuergeld verwendet, da werden Kosten erhöht, die für den Steuerzahler Zahlungen bedeuten und Kosten verursachen. Und das – da hat Kollege Herbert schon recht – ist in einer Zeit wie dieser nicht argumentierbar. Es ist nicht argumentierbar, dass Sie den Pensionisten unter der Inflationsrate, und zwar weit unter der Inflations-


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rate, nur 1,8 Prozent Erhöhung gewähren, währenddessen andere in der Grundversor­gung sozusagen plötzlich hinaufgeschnalzt werden. Das versteht niemand! Das kön­nen Sie nicht erklären. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Ich bin mir sicher, dass Sie niemanden bei Ihnen finden – auch der Kollege Riepl, der mich anschaut (Abg. Riepl: Gut, dass ich Sie anschaue!) –, wenn Sie heute in ein Gasthaus gehen und das argumentieren, der dafür ist. Sie werden es nicht argumen­tieren können, weil es nicht argumentierbar ist.

Jetzt stimmt das schon, was Frau Kollegin Tamandl gesagt hat: Ja, es gibt diese Solidarität der Österreicher mit Asylanten – auch die gibt es –, auch mit Asylsuchen­den, aber diese Solidarität schränkt sich auf jene ein, die tatsächlich einen legalen Asylgrund und eine Asyl-Aufenthaltsbewilligung haben, in Österreich zu Recht Asyl beantragen dürfen und auch hier haben. Und das ist eben mittlerweile nicht mehr die Mehrheit, Frau Kollegin Tamandl, das kann laut Gesetzeslage gar nicht mehr die Mehrheit sein. Die Mehrheit hat eben kein Recht mehr auf legales Asyl in Österreich, weil wir eine internationale Gesetzeslage haben – und ich komme immer wieder auf denselben Punkt zurück –, die besagt, dass jemand, der aus einem sicheren Drittstaat nach Österreich kommt, keinen Anspruch auf Asyl in Österreich hat.

Und jetzt wissen wir, dass wir nur von sicheren Drittstaaten umgeben sind. Das heißt, und das ist einfach Faktum – es klingt vielleicht blöd, ja, mag sein, aber es ist Faktum –, dass nur ein Asylant, der theoretisch in einem Flugzeug bei uns landet, überhaupt das Recht hat, hier um Asyl anzusuchen. Davon muss man einmal ausgehen, er kann nur über einen sicheren Drittstaat kommen. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Und jetzt stellt sich die Frage, warum wir dann diese Leute plötzlich auch in den Ge­nuss einer höheren Grundversorgung kommen lassen wie die mittlerweile Minderheit von zu Recht Asylansuchenden. Das ist mir nicht plausibel. Das versteht niemand!

Da immer von „Hetze“ gesprochen wird. – Wir hetzen bei diesem Thema überhaupt nicht. Wenn es gerechtfertigt wäre und wenn wir eine wirtschaftliche Situation hätten, die von einem Konjunkturaufschwung geprägt ist, von einer niedrigen Inflation und von Lohn- und Einkommensgewinnen, dass die Menschen einander sozusagen fast um den Hals fallen, weil es ihnen so gut geht, ja, dann wird auch niemand etwas dagegen haben, dass wir sagen, auch in diesem Bereich – ja, auch in diesem Bereich – der Grundversorgung können wir anheben.

Aber wenn Sie in einer Zeit wie dieser, zu der Sie hier vom Rednerpult aus – dies wird auch durch Maßnahmen der Regierung im Budget sichtbar – andauernd davon spre­chen, wie sehr gespart werden muss, dass kein Geld da ist und dass wir das Geld eh für Griechenland brauchen – skurrilerweise –, hergehen und gerade für diese Gruppe einer Minderheit – einer Minderheit! – innerhalb der Asylsuchenden, von nicht gerecht­fertigten Asylanten auch die Grundversorgung erhöhen, dann versteht das einfach niemand. Das ist nicht argumentierbar, und daher lehnen wir das auch ab.

Frau Ministerin, ich komme wieder auf Ihr Budget zurück. Das entspricht auch da – und ich sage es noch einmal: skurrilerweise – völlig und ganz klar dem Budgetpfad des In­nenministeriums; genauso wie bei der Steigerung der Kriminalität, das ist das Ziel für 2013, das habe ich vorhin beim letzten Tagesordnungspunkt gesagt: Das Innenminis­terium hat ja eine Zielvorgabe und sagt, die Kriminalität soll steigen. Auch bei der Grundversorgung steigt die Zahl. Das Ziel des Innenministeriums, das Budgetziel, die Zielvorgabe für 2013 ist: mehr Menschen in Grundversorgung. – Na wunderbar! Mehr Menschen in Grundversorgung, und Sie erhöhen sie auch noch.

Das ist eine Politik, die nur abgelehnt werden kann und die kein Mensch versteht. (Bei­fall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

16.43



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 162

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Königs­berger-Ludwig. – Bitte.

 


16.44.03

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Westenthaler, ich bin froh darüber, dass wir in einem Rechtsstaat leben, in dem unabhängige Richter aufgrund der Gesetzeslage darüber entscheiden, ob ein Mensch bei uns Asyl gewährt bekommt oder nicht. Das möchte ich einmal voranstellen. (Abg. Ing. Westenthaler: Es gibt kein  Asyl! Es gibt die Drittstaatenregelung! Rechtsstaatlich!)

Ich bin auch stolz darauf, Herr Kollege Westenthaler, dass in Österreich Menschen Schutz erhalten, wenn sie Schutz brauchen, auch wieder aufgrund von Gesetzeslagen Asyl erhalten, wenn sie tatsächlich Schutz brauchen. Ich denke, es ist gut, dass es in Österreich diese Gesetze gibt. Darum verstehe ich nicht ganz, warum Sie immer von Asylmissbrauch sprechen (Abg. Ing. Westenthaler: Weil die Mehrheit ist Asylmiss­brauch!), denn es wird ja geprüft. Wenn jemand Schutz braucht, dann erhält er auch Asyl.

Die Erhöhung, von der jetzt vom Kollegen Herbert und von Ihnen, Herr Kollege Wes­tenthaler, gesprochen wurde, beträgt bei organisierten Unterkünften genau 2 €, das heißt, diesen Betrag erhalten Organisationen, die Asylwerberinnen und Asylwerber be­treuen. (Abg. Ing. Westenthaler: Wissen Sie, wie viel ein Mindestpensionist zum Le­ben hat pro Tag?!) 2 € sind das, das ist wirklich kein riesengroßer Betrag, möchte ich einmal sagen, Herr Kollege Westenthaler. Ich denke, wir müssen auch dafür sorgen, dass Menschen bei uns menschenwürdig untergebracht sind. Und dafür braucht es einfach auch ein Budget, und dieses Budget ist seit 2004 nicht erhöht worden. Auch das sollte man den Menschen zu Hause sagen. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Wir begrüßen diese Lösung, dass die Kostensätze erhöht werden; es sind nur einige Kostensätze, es werden nicht alle Kostensätze erhöht. Ich begrüße auch, Frau Ministe­rin, dass es eine Regelung betreffend die Quotenaufteilung von Asylwerbern in Öster­reich gibt.

Ich möchte nur noch auf ein Problem hinweisen, ich habe es im Ausschuss auch schon angesprochen: Es gibt unterschiedliche Regelungen für Asylwerberinnen und Asylwer­ber, wenn sie einen rechtsgültigen Bescheid haben. Es gibt Bundesländer, die Men­schen sofort aus der Grundversorgung entlassen, auch wenn sie noch bei uns leben oder wohnen dürfen.

In meinem Bezirk gibt es im Moment zwei Fälle von Menschen, die einen negativen Asylbescheid bekommen haben. Ich weiß schon, das BMI ist dafür nicht zuständig, aber für die Grundversorgung ist das BMI zuständig, und diese Menschen erhalten ab dem Tag des negativen Asylbescheids keine finanzielle Unterstützung mehr.

Ich denke, auch da sollten wir eine Lösung finden, denn das ist wirklich nicht mensch­lich, Frau Ministerin. Sie haben es beim Asylgipfel mit den Ländern geschafft, dass die Quoten erfüllt werden, vielleicht schaffen Sie auch eine bundeseinheitliche Regelung für dieses wirklich große Problem. Ich möchte damit nicht die Entscheidungen des Asylgerichtshofes in Frage stellen, ich möchte nur, dass Menschen, solange sie in Ös­terreich leben, nicht von nichts leben müssen. Darum bitte ich Sie wirklich. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 163

16.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Korun gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.46.47

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Prinzipielle zuerst: Ich bin froh darüber und stolz darauf, dass wir eine Vereinbarung zwischen Bund und Ländern ha­ben, die Grundversorgungsvereinbarung, damit Asylsuchende menschenwürdig unter­gebracht und versorgt werden können. Und ja, ich bin froh, dankbar und stolz darauf, dass wir hier nicht Zustände haben wie in Griechenland, dass Menschen, die Schutz vor Verfolgung gesucht haben, auf der Straße schlafen müssen und aus Mistkübeln es­sen müssen. Ja, ich stehe dazu, wir Grünen stehen dazu, wir sind froh und es ist gut so, dass es eine Grundversorgungsvereinbarung gibt. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

An die Adresse der Kolleginnen und Kollegen von FPÖ und BZÖ: Sie versuchen mit einer Neiddebatte, immer wieder ganz bewusst Pensionistinnen und Pensionisten – Menschen, die vielleicht Mindestpensionisten oder Mindestpensionistinnen sind – ge­gen Asylsuchende aufzubringen. Mit so einer Politik löst man kein einziges Problem. (Abg. Ing. Westenthaler: Weil Sie gar nicht wissen, wie ein Mindestpensionist heutzu­tage lebt! Der hat das ganze Leben gearbeitet!)

Dass das ausgerechnet von den zwei Fraktionen kommt, die mit Kärnten und mit der Kärntner Regierungspolitik ein bisschen etwas in den letzten Jahren zu tun hatten (Zwischenruf des Abg. Mayerhofer), wo zum Beispiel die Rettung der Hypo Alpe-Adria ungefähr 2 Milliarden € gekostet hat (Abg. Neubauer: Hören Sie auf!), ist auch be­sonders pikant, würde ich sagen. (Beifall bei Grünen und SPÖ. – Zwischenruf des
Abg. Podgorschek.)

Hätten Ihre Parteien und Ihre Kollegen die Hypo Alpe-Adria nicht finanziell in den Ab­grund geführt, hätten auch unsere Mindestpensionisten und Mindestpensionistinnen et­was mehr Mittel zur Verfügung gestellt bekommen. (Beifall bei Grünen und SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: So ein Blödsinn! So ein Schwachsinn!) Und dass Sie versu­chen, diese Leute jetzt gegen andere Bedürftige aufzuhetzen, ist dieses Landes wirk­lich nicht würdig und ist eine beschämende Politik! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neubauer: Beschämend ist, dass Sie ! Das ist beschämend!)

Das Positive zuerst: Es ist gut, dass die Grundversorgungstagsätze, die ja, wie schon von meiner Vorrednerin gesagt, seit 2004 nicht erhöht wurden, nun etwas erhöht wer­den. (Abg. Ing. Westenthaler: Aber zu wenig! Noch mehr!) Tatsache ist leider, dass das nicht einmal eine Inflationsabgeltung, Inflationsanpassung ist, denn Tatsache ist auch, dass seit dem Jahr 2004 eine Abwertung von 21,5 Prozent stattgefunden hat. Das bedeutet, selbst mit dieser Erhöhung wird es leider nicht möglich sein, eine gute Unterbringung von Leuten zu gewährleisten, die übrigens ein faktisches Arbeitsverbot haben und sich nicht selber versorgen dürfen – das dürfen wir auch nicht vergessen (Abg. Ing. Westenthaler: Das kann man diskutieren!), sie werden also vom Staat ab­hängig gemacht, sie dürfen sich gar nicht selber versorgen –, damit diese Menschen eben menschengerecht untergebracht werden können.

Also begrüßen wir es, dass es überhaupt eine Erhöhung von zirka 2 € gibt, auch wenn sie leider nicht ausreichend ist – das muss auch betont werden –, und wir hoffen da­rauf, dass die Bundesregierung weiterhin aktiv sein wird, damit auch in nächster Zeit eine gute Versorgung gewährleistet werden kann.

Ich möchte noch folgenden Antrag einbringen, weil bekanntlich einheitliche Standards fehlen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einheitli­cher Standards in der AsylwerberInnenunterbringung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 164

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Inneres wird aufgefordert, sich umgehend im Rahmen der 15a-Grundversorgungsvereinbarung für die Schaffung bundesweit einheitlicher, klarer Mindeststandards in der AsylwerberInnenunterbringung und -Versorgung einzusetzen, die neben kleineren Unterbringungseinheiten auch mehr Möglichkeiten zur individuel­len Unterbringung je nach Länge des Asylverfahrens, mehr Möglichkeiten der Asylwer­berInnen, eigeninitiativ zu leben (wie eigenständige Essenszubereitung, sinnvolle Be­schäftigungsmöglichkeiten), größere Mobilität, sowie qualifizierte Betreuung und Bera­tung und rasche Übernahme minderjähriger AsylwerberInnen in kindergerechte Lan­desunterbringungen vorsieht.“

*****

Gut, dass es diese kleine Anpassung der Kostensätze gibt. Damit werden derzeit leider nur Massenquartiere für die Unterbringung möglich sein. Es wäre wünschenswert, dass wir gemeinsam weitere Schritte setzen, damit Menschen auch menschgerecht untergebracht werden, dass wir uns alle unserer politischen Verantwortung bewusst werden und manche von uns aufhören, Bedürftige gegen Bedürftige aufzuhetzen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

16.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Schaffung einheitlicher Standards in der AsylwerberInnenunterbringung

eingebracht im Zuge der Debatte über TOP 19 Bericht des Ausschusses für innerer Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (1958 d.B.): Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Artikel 15a B-VG über eine Erhöhung ausgewählter Kostenhöchstsätze des Art. 9 der Grundversorgungsvereinbarung (2046 d.B.)

Begründung

Die Bemühungen, die Erfüllung der Bundesländer-Quoten bei AsylwerberInnenunter­bringung sicherzustellen brachten vor allem Eines zum Vorschein: Dass es ganz un­terschiedliche Vorstellungen gibt, wie eine Unterbringung, die laut Grundversorgungs­vereinbarung „unter Achtung der Menschenwürde und unter Beachtung der Familien­einheit“ zu erfolgen hat, auszusehen hat. Die Bandbreite der zur Verfügung gestellten Unterkünfte reicht von ehemaligen Pensionen über Kasernen und Alm-Gasthöfen bis hin zur Erwägung von Containerlösungen. Einheitliche und klare Standards in der Asyl­werberInnenunterbringung fehlen. Damit überlässt man die Unterbringung und Verpfle­gung der AsylwerberInnen, die in höchstem Maße davon abhängig sind, dem Gutdün­ken der politisch Zuständigen. Das Ergebnis: „Der Regelfall der Unterbringung sind ab­gewohnte und oft sehr abgelegene Gasthöfe oder Pensionen, in denen Asylsuchende oft Jahre ausharren müssen“ beurteilte unlängst Christoph Riedl, Leiter des Flücht­lingsdienstes der Diakonie, die derzeitigen „Unterbringungsstandards“.

Ein erschreckendes Beispiel dafür wozu das führen kann, bot jüngst die „Sonderanstalt Saualm“. Die menschenunwürdigen Zustände in diesem abgelegenen Flüchtlingsquar-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 165

tier, führten zuletzt zur Schließung des Heims aufgrund öffentlichen Drucks. Zuvor wa­ren immer wieder Schikanen und Mangelversorgung in der „Sonderanstalt“ deutlich, wie das tlw. schimmlige, abgelaufene Essen, die mangelhaften Sanitäranlagen, unzu­reichende Beheizung der Räume im Winter und fehlende ärztliche Betreuung. Die Re­aktion des für die Unterbringung zuständigen Landeshauptmann Dörfler war: Dort sei „alles in Ordnung“. Auch die Innenministerin fühlte sich für diese eklatanten Missstände im AsylwerberInnenheim in keiner Hinsicht zuständig. Sie antwortete auf eine parla­mentarische Anfrage, sie sähe sich weder für die Einhaltung der Menschenwürdigkeit der Unterbringungen in den Ländern, noch für die Kontrolle, ob gewisse Mindeststan­dards eingehalten werden, zuständig. Dies obwohl der Bund 60% der Kosten der Un­terbringung zahlt.

Die organisierte Verantwortungslosigkeit in einem menschenrechtlich so sensiblen Be­reich muss endlich ein Ende haben. Klare und für alle verbindliche Standards für die AsylwerberInnenunterbringung und -Versorgung müssen geschaffen werden. Das dient der Transparenz und dem sinnvollen Einsatz von Steuergeld, das für die Grundversor­gung herangezogen wird, sowie dem Schutz der AsylwerberInnen.

Eine menschenwürdige Versorgung von AsylwerberInnen sollte hier Rechtssicherheit schaffen und jedenfalls folgenden Mindestkriterien unterliegen:

Kleinere Unterbringungseinheiten bei organisierten Unterkünften

Mehr Möglichkeiten zur individuellen Unterbringung je länger das Asylverfahren an­dauert

Mehr Möglichkeiten der AsylwerberInnen, eigeninitiativ zu leben und ihren Alltag, der vom Warten bestimmt ist, damit zu strukturieren. Das heißt: Eigenständige Zubereitung des Essens, sinnvolle Beschäftigungsmöglichkeiten schaffen

Qualifizierte Betreuung und Beratung (rechtlich, psychosozial, medizinisch) sind zentral - gerade bei unbegleiteten Minderjährigen oder bei Personen mit Gewalterlebnissen

Unterbringung an öffentlich gut angebundenen oder zentraleren Orten, damit Asylwer­berInnen selbständig Zugang haben zu ÄrztInnen, Rechtsberatung und sonstigen Be­ratungsangeboten

Rasche Übernahme der unbegleiteten minderjährigen AsylwerberInnen in entspre­chend kindgerechte Länder-Unterbringungen

Auch Christoph Pinter, Leiter des UNHCR-Büros betont, dass bei der Versorgung von AsylwerberInnen „spezielles Augenmerk auf Standort, Ausstattung, Infrastruktur und Betreuung“ zu legen ist. „Dies gilt speziell für unbegleitete minderjährige Asylsuchende, die einen besonderen Betreuungsbedarf haben und in ihrer Entwicklung gefördert wer­den müssen.“

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Inneres wird aufgefordert, sich umgehend im Rahmen der 15a-Grundversorgungsvereinbarung für die Schaffung bundesweit einheitlicher, klarer Mindeststandards in der AsylwerberInnenunterbringung und -Versorgung einzusetzen, die neben kleineren Unterbringungseinheiten auch mehr Möglichkeiten zur individuel­len Unterbringung je nach Länge des Asylverfahrens, mehr Möglichkeiten der Asyl­werberInnen, eigeninitiativ zu leben (wie eigenständige Essenszubereitung, sinnvolle Beschäftigungsmöglichkeiten), größere Mobilität, sowie qualifizierte Betreuung und Be-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 166

ratung und rasche Übernahme minderjähriger AsylwerberInnen in kindergerechte Lan­desunterbringungen vorsieht.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Strache. – Bitte.

 


16.51.46

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Innenministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu den Reali­täten und Fakten: Asyl im Sinne der Genfer Konvention sollte für alle Abgeordneten dieses Hauses eine Selbstverständlichkeit sein und ist es auch. Wenn wir jedoch auf Basis der Realitäten und der Fakten feststellen, dass der Asylgerichtshof heute von fünf in Österreich gestellten Asylanträgen vier Anträge am Ende rechtskräftig ablehnt und diesen Antragstellern das Asylrecht abspricht, dann haben wir de facto 80 Prozent gerichtlich festgestellte Asylmissbräuche im Land, Frau Korun. Das wollen Sie vielleicht nicht zur Kenntnis nehmen (Beifall bei der FPÖ), aber das zeigt auf, welcher Miss­brauch hier von Menschen gelebt wird, die aus unterschiedlichsten Ländern dieser Welt, von Pakistan, Afghanistan, Tschetschenien und anderen Ländern dieser Welt mithilfe von Schlepperbanden, mithilfe der organisierten Kriminalität über unzählige si­chere Länder auf dem Landweg in Richtung des Ziellandes Österreich gebracht wer­den und nicht in den sicheren Staaten, durch die sie von Schlepperbanden geführt wer­den, einen Asylantrag stellen (Abg. Öllinger: Tschetschenien!), weil es ganz andere Hintergründe gibt, Frau Korun, und weil das Zielland, die Zieldestination, das Eldorado Österreich letztlich das Wunschziel ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Das sind Hintergründe, die Sie einfach beiseiteschieben und wo Sie auch das Recht, das wir heute in der EU haben, nämlich das Dublin II-Abkommen, das von dieser Bun­desregierung und der Frau Innenministerin nicht angewandt wird, nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Dublin II! Wenn der Leiter des Erstaufnahmelagers Traiskirchen heute in der Öffentlichkeit feststellt, dass deutlich über 90 Prozent aller Asylwerber im Erst­aufnahmezentrum über sichere EU-Drittstaaten auf dem Landweg zu uns gekommen sind, dann haben wir das Recht, diese Menschen selbstverständlich in diese sicheren Drittstaaten zurückzuschicken, damit sie dort ihrem Recht auf einen Asylantrag nach­kommen. (Beifall bei der FPÖ.)

Diese Bundesregierung tut das nicht! Sie verweigert das. Das ist der Grund für die Überbelegung heute und für die hohe Zahl des Asylmissbrauchs in Österreich, für den jetzt die Steuerzahler zur Kasse geben werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Bei den Pensionisten sparen Sie. In allen Bereichen wird gespart, aber da sind Sie nicht bereit, Asylmissbrauch abzustellen, weil es heute eine Asylindustrie in Österreich gibt – NGOs –, eine Asylindustrie, die von diesem Asylmissbrauch lebt und gar kein In­teresse daran hat, den Asylmissbrauch abzustellen. Das sind doch die Wahrheiten! (Beifall bei der FPÖ.)

Und wenn man Ihnen dann auf Basis der Fakten und Daten aufzeigt, dass von 760 Af­ghanen, die in Österreich einen Asylantrag gestellt haben, sage und schreibe 570 straf­fällig geworden sind, dann sagen Sie: Das ist ein Einzelbeispiel. Das ist wahrscheinlich ein Einzelbeispiel. – Also, bitte, wahrscheinlich haben Sie auch noch Verständnis da­für, dass die straffällig werden. Ich sage, jeder Straffällige hat rigoros zurückgeschickt zu werden. Der verliert jeden Anspruch und jedes Recht, weil ich sage, wir wollen kei­ne Kriminellen, die in solchen Bereichen dieses heilige Recht auf Asyl sichtbar und of­fenkundig missbrauchen. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 167

Wir hatten alleine in den letzten fünf Jahren 40 000 straffällige Asylwerber in Öster­reich. Dann müssen doch auch Sie endlich einmal erkennen und erfassen, dass 0,3 Prozent der Gesamtbevölkerung nicht so einen hohen Kriminalitätsanteil haben können, wenn es anständige Menschen sind, die verfolgt werden und Schutz in Öster­reich erhalten. Das müssten auch Sie als verblendete Linke irgendwann einmal zur Kenntnis nehmen, diese Realitäten auch begreifen und auch bereit dazu sein, darauf einzugehen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Genau das sind die Hintergründe, und da geht es nicht um eine Neiddebatte, sondern um eine Rechtsfrage und um eine Gerechtigkeitsdebatte (Beifall bei der FPÖ), die im Interesse aller anständigen Menschen und vor allen Dingen auch der anständigen Asylwerber geführt werden muss, die zu Recht hier ein Recht auf Asyl haben und de­nen der Platz weggenommen wird durch solche Leute, die das heilige Recht auf Asyl missbrauchen, was Sie ermöglichen. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten des BZÖ.)

16.56

16.56.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort wird von der Frau Berichterstatterin auch nicht gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Ange­legenheiten, dem Abschluss der gegenständlichen Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG in 1958 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ko­run, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einheitlicher Standards in der Asyl­werberInnenunterbringung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser Antrag findet nicht die Mehrheit und ist damit ab­gelehnt.

16.57.1220. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1701/A der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 5. April 1960, mit dem be­stimmte Abzeichen verboten werden (Abzeichengesetz 1960), in der Fassung des BGBl. Nr. 117/1980, geändert wird (2048 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zum 20. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

 


16.57.50

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nister! Hohes Haus! Rechtsextremismus in Österreich bewegt sich im europäischen Umfeld, wo die rechtsextreme Ideologie teilweise sogar im Steigen begriffen ist, glückli­cherweise auf einem eher niedrigen Niveau. Die 476 im Jahr 2011 verübten rechts­extremen Tathandlungen stellen gegenüber dem Jahr 2010 einen Rückgang um 17 Prozent dar. (Abg. Öllinger: Das glauben Sie selber nicht!) Trotzdem ist jeder Vor­fall verachtenswert und mit Vehemenz abzulehnen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 168

Eine Verbreitung von rechtsextremen Aktivitäten beziehungsweise ein Mangel an Sen­sibilität gerade in diesem Bereich darf nicht toleriert werden. Nach dem Verbotsgesetz von 1947 macht sich etwa der strafbar, dem nachgewiesen werden kann, sich propa­gandistisch zu betätigen. Das vorliegende Abzeichengesetz verbietet, Abzeichen, Uni­formen oder Uniformteile einer in Österreich verbotenen Organisation öffentlich zu tra­gen, zur Schau zu stellen, darzustellen oder zu verbreiten.

Dies ist an sich nichts Neues, denn erstens gibt es das Gesetz bereits seit 1960 und zweitens ist die Zeit geschmackloser NS-Symbole Gott sei Dank noch länger vorbei. Trotzdem floriert unbegreiflicherweise auf Flohmärkten sowie im Internet der Handel mit NS-Devotionalien und NS-Schriften. Liebhaber aus dieser rechten Szene sind be­reit, dafür hohe Preise zu zahlen. Das Geschäft läuft angeblich sogar so gut, dass di­verse NS-Orden auf billige Art und Weise nachproduziert werden. Derartige Geschäfte sind nicht zu tolerieren, denn sie verstoßen nicht nur gegen den guten Geschmack, sondern auch gegen das Gesetz.

Im Jahre 2011 gab es 26 Anzeigen wegen Verstoßes gegen das Abzeichengesetz. Un­einsichtige Ewiggestrige werden nun vielleicht leichter mit einem deutlich höheren Strafrahmen zur Räson gebracht. Die ursprünglich 10 000 Schilling Strafe, also rund 727 €, aus dem Jahr 1960 werden entsprechend angepasst und auf 4 000 € angeho­ben.

Die Novellierung des Gesetzes ist absolut gutzuheißen. Traurig ist aber eigentlich, dass es überhaupt eines Gesetzes bedarf. Niemand kann sich im Übrigen auf man­gelndes Wissen berufen. Die vom Mauthausen-Komitee erarbeitete Broschüre, speziell für Flohmärkte, informiert umfassend und klärt über die rechtlichen Bestimmungen auf. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Wir stimmen der Gesetzesvorlage aus Überzeugung zu. Hier darf es null Toleranz ge­ben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.00


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


17.00.24

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kollegin­nen und Kollegen! Kollege Prinz hat eigentlich schon sehr ausführlich gesagt, worüber wir heute reden: über das Abzeichengesetz, das auf das Jahr 1960 zurückgeht und worin damals für die Verwaltungsübertretung eine Strafe in der Höhe von 10 000 Schil­ling festgelegt wurde. Dieser Betrag gehört ganz einfach angehoben und der Zeit an­gepasst. Es erlebt ja jeder von uns, der sich auf Flohmärkten bewegt, dass dort NS-Abzeichen und auch Reliquien aus dem Zweiten Weltkrieg angeboten werden, und das gehört wirklich bestraft.

Ich bin der Überzeugung, dass es eine gute Sache ist, dass man den Betrag jetzt nicht nur auf den jetzigen Europreis umschreibt, der nur 727 € betragen würde, sondern ihn deutlich angehoben hat, nämlich auf 4 000 €.

Daher werden auch wir diesem Gesetz zustimmen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Ab­geordneten der ÖVP.)

17.01


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. – Bitte.

 


17.01.38

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Zu dem Antrag ist es gekommen, weil ich immer wieder überrascht war, wenn ich auf


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 169

Flohmärkten oder vor allem in Antiquariaten war, was da teilweise alles an NS-Devotio­nalien herumlagert. Offensichtlich lässt sich mit diesem Politschrott jede Menge Geld verdienen.

Ich habe mich damals auf die Suche nach den gesetzlichen Grundlagen begeben, bin natürlich auf das Abzeichengesetz gestoßen und habe dann verstanden, warum das ein gutes Geschäft ist: Wenn die Strafrahmen aus dem Jahr 1960 immer noch gelten und nie an die Inflation angepasst worden sind, ist klar, dass Strafen aus der Porto­kasse gezahlt werden und natürlich das Geschäft blüht.

Abgeordneter Prinz hat eigentlich die Situation ganz gut beschrieben. Er hat eine Zahl genannt, die ich nicht gekannt habe: 26 Verstöße nach dem Abzeichengesetz sind of­fensichtlich letztes Jahr angezeigt worden. – Das ist eine relativ niedrige Zahl, wenn man sich überlegt, was auf den Flohmärkten und in den Antiquariaten lagert.

Das heißt, der eine Punkt ist die Erhöhung des Strafrahmens, der zweite Punkt wäre, das Gesetz zu vollziehen. Leider, muss man sagen, müssten es wahrscheinlich mehr Anzeigen sein, wenn konsequent vorgegangen wird. Offensichtlich fühlt sich niemand zuständig. Das wäre, glaube ich, der zweite Punkt, der offen ist.

Ich sage aber einmal: Gut, dass das Parlament heute – vermutlich einstimmig, so wie im Ausschuss – den Strafrahmen anpasst. Dann exekutieren wir auch das Gesetz und hoffen, dass dieser Politschrott quasi in den Schlünden der Geschichte verschwindet. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

17.03

17.03.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2048 der Beilagen.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die für diesen Entwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wenn Sie dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen, so bitte ich Sie um Ihr Zeichen. – Das ist einstimmig. Somit ist der Entwurf auch in dritter Lesung angenom­men.

17.03.4521. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Ent­wurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Organisa­tion auf dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft neu geregelt wird (Elektrizitäts­wirtschafts- und -organisationsgesetz 2010 – ElWOG 2010), BGBl. I Nr. 110/2010, geändert wird (2067 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir gelangen zum 21. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 


17.04.07

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Energiewende ist voll ange­laufen. Bei erneuerbarer Energie nimmt Österreich heute schon eine Vorreiterrolle ein, und weltweit steigt die Nachfrage nach Energie und nach Alternativen zu Atomstrom.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 170

Österreich steht mit einem Anteil von 30 Prozent erneuerbarer Energie am Gesamt­energiebedarf und von 70 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energieträgern an der Spitze Europas.

Und die Energiewende wird voll weiterlaufen. Hier in diesem Hause haben wir erst in der letzten Nationalratssitzung die konsequente Fortführung der Anti-Atompolitik in Ös­terreich bekräftigt. Wir haben das Ökostromgesetz gemeinsam beschlossen, durch das die Gewinnung von Energie aus erneuerbaren Energieträgern bis 2020 massiv an­steigen wird. Und unser Ziel, bis 2020 mindestens 85 Prozent des Stroms aus erneu­erbaren Energieträgern zu gewinnen, ist auf einem guten Weg.

Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir allerdings auch den Netzausbau intensivieren und in diesen investieren. Denn: Ob es sich um Windparks, Wasserkraft oder um Sonnenenergie handelt, der Verbrauch findet immer stärker räumlich getrennt von der Erzeugung statt. Und wir wissen alle, dass alles für die erneuerbare Energie spricht, aber niemand will das Windrad vor seiner Haustüre oder die Stromleitung in Sichtweite haben.

Damit wir das große Potenzial der erneuerbaren Energie aber auch nützen können, müssen wir leistungsfähige Netze schaffen und diese ausbauen. Das Stromnetz muss an die neuen Produktionsformen angepasst werden. Und allein bei der Wasserkraft verfügen wir über ein gewaltiges Ausbaupotenzial. Bis 2020 kann das bestehende Speicherpotenzial um 60 Prozent erweitert werden, ohne sensible Naturparks oder Na­turgebiete zu berühren. Die gesamte Energiewirtschaft kann in den nächsten Jahren Milliardenbeträge in Österreich investieren, um die Strom- und Energiewende auf sta­bile und nachhaltige Beine zu stellen.

Meine Damen und Herren! Alleine für die Übertragungs- und Verteilungsnetze sind in den kommenden zehn Jahren Investitionen von über 8 Milliarden € geplant. Diese In­vestitionen sind ein ganz essenzieller Beitrag zur Versorgungssicherheit in Österreich.

Beim Thema Versorgungssicherheit in Österreich spielen natürlich die Übertragungs­netzbetreiber eine große Rolle. Wenn wir heute hier eine Novelle beschließen, dann deshalb, weil im Jahr 2009 die Erzeuger beim Verfassungsgerichtshof erfolgreich Ein­spruch gegen ein neues Entgelt für Netzverluste und Pumpstrom in den Verordnungen erhoben haben. Daher ist seitdem ein Betrag ausständig, ohne den die Energienetz­betreiber nicht bilanzieren können. Die Folgen einer Nichtbilanzierbarkeit würden einen Schaden für die gesamte E-Wirtschaft bedeuten. Es war daher wichtig und richtig, mit dieser technischen ElWOG-Novelle eine drohende Nichtbilanzierbarkeit zu verhindern.

Meine Damen und Herren! Uns ist allen klar, erneuerbare Energien sind die Zukunft. Wir brauchen aber dafür auch ein klares Bekenntnis zum Netzausbau in Österreich, denn das bedeutet die konsequente Fortführung einer erfolgreichen Energiepolitik.

In diesem Sinne sind wir dafür, dass wir mit diesem Ausbau der Netze natürlich auch die Versorgungssicherheit gewährleisten, aber natürlich auch Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze sichern. In dieser Hinsicht sorgen wir für die beste Versorgungsquali­tät der Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei der ÖVP.)

17.08


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Katzian. – Bitte.

 


17.08.09

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Haubner hat ja schon da­rauf hingewiesen, was der Inhalt dessen ist, was im Zusammenhang mit der Änderung des ElWOG, des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes heute beschlos­sen werden soll. Es geht zum einem um sprachliche Klarstellungen und zum anderen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 171

um eine Ergänzung der Rechnungslegungsvorschriften für die Netzbetreiber. Das sind Kleinigkeiten, könnte man meinen, sie haben aber weitreichende Auswirkungen und stellen eine unbedingt notwendige Absicherung für die Übertragungsnetzbetreiber dar. Übertragungsnetzbetreiber sind jene Unternehmen, die den überregionalen Transport elektrischer Energie im Hochspannungsnetz organisieren, allen voran die Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter der APG, der Austrian Power Grid, die hervorragende Arbeit leis­ten und in Wirklichkeit die Grundlage für die Versorgungssicherheit in Österreich schaf­fen.

Diese Gesetzesänderung schafft Rechtssicherheit in Bezug auf die Bilanzierung und ermöglicht, dass die verantwortungsvolle Tätigkeit der Übertragungsnetzbetreiber auch weiterhin durchgeführt werden kann und gewährleistet ist.

Es ist ja schon darauf hingewiesen worden, dass der Zubau von Ökostromanlagen ei­ne tolle Entwicklung nimmt, dass diese tolle Entwicklung aber auch dazu führt, dass die Netze vor großen Herausforderungen stehen, weil die Stromflüsse schwer vorherseh­bar sind. Neue Zentren der Energieproduktion entstehen an Orten, wo die Energie nicht gebraucht wird, wogegen an anderen Orten die Energie benötigt wird. Wir müs­sen daher alles tun, um sicherzustellen, dass die Energie auch dort landet, wo sie tat­sächlich gebraucht wird.

Fakt ist aber auch, dass wir in zwei verschiedenen Geschwindigkeiten unterwegs sind. Ein Windpark hat eine Errichtungszeit von etwa zwei bis drei Jahren, oder es braucht zirka zwei bis drei Jahre, bis er entsprechend gut funktioniert – aber es braucht oft zehn Jahre und mehr, bis größere Leitungsprojekte verwirklicht werden können. Es ist daher auch wichtig zu sagen, dass wir uns, wenn wir uns zum Ausbau der erneuer­baren Energien bekennen – und wir bekennen uns dazu –, auch dafür einsetzen müs­sen, dass der ökologisch produzierte Strom letztlich bei seinen Abnehmerinnen und Abnehmern landet. Und das braucht weitere Anstrengungen sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene.

Wir haben ja erst in der vergangenen Woche die Netzentwicklungspläne der APG und der Vorarlberger Übertragungsnetz GmbH durch die E-Control genehmigt bekommen. Diese werden ja jährlich neu erstellt und bilden in Wirklichkeit die Basis für große Infrastrukturprojekte in den nächsten zehn Jahren. Allein im Übertragungsnetzbereich werden hier Investitionen von etwa 2,5 Milliarden € anfallen. Wenn man die Investitio­nen dazurechnet, die bei den Verteilnetzbetreibern anstehen, dann kommen wir auf die schon genannten 8 bis 10 Milliarden €. Ich denke, das ist gut für den Wirtschaftsstand­ort, das ist gut für den Ausbau der Infrastruktur im Energiebereich, das ist aber auch gut für Beschäftigung.

Gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten, wo sehr große Bewegung in der Wirtschaft ist, ist es wichtig, Investitionen voranzutreiben. Wenn wir diese Beträge anschauen, dann geht hier ordentlich etwas weiter, und damit werden Arbeitsplätze geschaffen, wird Versorgungssicherheit geschaffen. Ich denke, das ist eine gute Grundlage, auch in diesem Bereich entsprechende weitere Fortschritte zu erzielen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Kopf.)

17.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Hofer. – Bitte.

 


17.12.09

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Ich gebe dem Kollegen Katzian vollkommen recht: Es ist sinnvoll, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Investitionen, die ohnehin notwendig sind, auch vorzuziehen, weil man genau dann, eben in Zeiten erhöhter Arbeitslosigkeit, die notwendigen Arbeitsplätze schaffen und auch der Wirtschaft Rückenwind geben kann.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 172

Die Energiewirtschaft steht zweifellos vor ganz großen Herausforderungen. Wir erleben einen unglaublichen Wandel im Rahmen der Energiepolitik. Es gibt im Bereich der Er­zeuger völlig neue Strukturen. Das heißt aber auch, dass die Netzbetreiber und die Übertragungsgesellschaften ganz besonders gefordert sind.

Denn: Vor vielen Jahren war es noch nicht so, dass wir viele Windkraftwerke oder viele Photovoltaik-Anlagen hatten, und da war es leicht möglich, den Energieverbrauch auf einfache Art und Weise abzustimmen, was die notwendige Leistung anbelangt, was die Erzeugung von Strom anbelangt. Das ist heute nicht mehr so. Sie können niemals ganz genau vorhersagen, wie stark der Wind wehen wird, wie stark die Sonnenein­strahlung sein wird, weil es immer auch Wolkenbeschattung gibt.

Und wenn Sie daran denken, dass wir mit dem neuen Ökostromgesetz eine installierte Leistung im Bereich der Windkraft von 4 000 Megawatt in Ostösterreich haben, und wenn Sie weiters daran denken, dass diese Energie, wenn sie nicht gerade abgerufen wird, auch irgendwie gespeichert werden muss, dann ergibt sich daraus denklogisch, dass wir auch die notwendigen Kapazitäten im Netzausbau benötigen. Denn alle bis­herigen Versuche, im Bereich des Neusiedler Sees ein Pumpspeicherkraftwerk zu er­richten, sind natürlich – aus naheliegenden Gründen – gescheitert.

240 Millionen € werden in den Anschluss der Windkraft in Ostösterreich investiert. Ich möchte betonen, dass es notwendig sein wird, sich auch von dem Gedanken zu ver­abschieden, dass die vermehrte Nutzung erneuerbarer Energie ganz ohne Eingriffe in die Natur erfolgen kann. Das ist nicht möglich. Auch wenn ich Biomasse nutze, ent­steht in einem gewissen Maß Feinstaub. Wenn ich ein Windkraftwerk errichte, dann ist auch das ein Eingriff in die Natur – wobei ich glaube, dass die Raumplanung hier viel besser gestaltet sein muss, denn man kann nicht in jeder Ortschaft ein Windkraftwerk errichten. Da braucht man eine kluge und gute Raumplanung, um so wie auf der Parn­dorfer Platte wirklich konzentriert Windkraftwerke zu errichten.

Die vorliegende Novelle ist eine rein technische Korrektur. Die Bilanzierungsregeln für das Übertragungsnetz werden fixiert. Damit gibt es Rechtssicherheit, und wir werden natürlich diesem Entwurf zustimmen.

Meine Damen und Herren! Ganz zum Schluss: Wir müssen daran denken, dass diese Investitionen in die Erneuerbaren die Netzinfrastruktur unmittelbar betreffen. Wir haben ein regionales und zeitliches Auseinanderklaffen von Erzeugung und Verbrauch. Und wir müssen uns auch darüber im Klaren sein, dass in dieser Energiewende, die wir alle wollen, ein vernetztes Denken notwendig ist und dass die Netzbetreiber nicht Gegner dieser Energiewende sind, sondern für uns ganz, ganz wichtige und notwendige Part­ner, damit Österreich seine Abhängigkeit von Öl und Gas auch wirklich reduzieren kann. (Beifall bei der FPÖ.)

17.15


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Lichten­ecker. – Bitte.

 


17.15.58

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Damen und Herren! Wir werden der Novelle zum Energielenkungsgesetz in die­ser Form zustimmen. Es handelt sich dabei auch um Formalia.

Ich möchte auf einen Punkt im Energielenkungsgesetz Bezug nehmen, nämlich das Ziel, den lebenswichtigen Bedarf an Energie zu decken. Wenn wir uns die Situation in Österreich anschauen, dann haben wir 320 000 Menschen, die ihre Wohnung nicht warmhalten können. Jetzt, da die kalte Jahreszeit anbricht, ist allseits ein großes The­ma die Energiearmut, die Energiearmut in ihrer sehr, sehr herben Form – ein Thema,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 173

über das in den Sommermonaten wenig gesprochen wird, das aber jetzt wieder Aktual­ität bekommt, weil es einfach eine ganz starke Betroffenheit gibt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, genau diese Energiearmut muss uns un­ter den Nägeln brennen, sie darf uns nicht kaltlassen. Wir müssen daran arbeiten, da­für zu sorgen, dass es auch für ärmere Menschen leistbare Energie, leistbare Wärme gibt. Das ist ein Gebot der Stunde, und dazu braucht es ein Investitionspaket, das öko­logisch und sozial gestaltet ist. (Beifall bei den Grünen.)

Es darf uns nicht kaltlassen, dass so viele Menschen leiden, dass sie sich die Energie, die zunehmend teurer werdende Energie nicht leisten können. Daher ist es notwendig, auf die erneuerbaren Energien zu setzen, weil diese auch günstiger sein werden und weil sie uns von den zunehmend teurer werdenden fossilen Energieträgern unabhän­gig machen. Und selbstverständlich muss auf Energieeffizienz gesetzt werden, um Energie einzusparen. Das heißt natürlich auch, genau diese ärmeren Menschen, diese einkommensschwachen Haushalte zu unterstützen: zu unterstützen beim Tausch von Haushaltsgeräten, die Energiefresser sind, zu unterstützen dahin gehend, dass auch diese Wohnungen, diese Häuser saniert werden, damit nicht so viel Wärme nach au­ßen geht, sondern innen bleibt und die Heizkosten reduziert werden können. Das ist die Anforderung, vor der wir stehen.

Meine Damen und Herren! Die Arbeitslosigkeit ist im Vergleich zum letzten Jahr ange­stiegen, und das nicht wenig. Wir sind inzwischen bei 344 000 Arbeitslosen angelangt, wesentlich mehr als vor dem Krisenjahr 2009. Insofern ist es auch ein Gebot der Ver­nunft, genau jetzt die ökologischen Investitionsmaßnahmen zu setzen – in die Sanie­rung, in energieeffiziente Maßnahmen und, ja, selbstverständlich auch in einen klugen, ökologischen Netzausbau, um die Energieversorgungssicherheit in Österreich zu ge­währleisten, um entsprechend auch die Arbeitsplätze zu sichern. Genau das ist ein Ge­bot der Stunde im Sinne dessen, dass wir Energiearmut verhindern, reduzieren und gleichzeitig Arbeitsplätze schaffen können. (Beifall bei den Grünen.)

17.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 


17.19.29

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Ja, auch wir werden dem ElWOG zustimmen, weil es so ist, wie die Vorredner auch schon gesagt haben: dass es hier zu einer Anpassung kommt, zu einer Änderung kommt, die auch durchaus sinnvoll ist.

Ich würde hier gerne einen Antrag einbringen, und da beziehe ich mich gleich auf das, was die Vorrednerin, Abgeordnete Lichtenecker, gesagt hat – Sie haben ja schon an­gesprochen, dass es in Österreich eine Energiearmut gibt, dass es hier Menschen gibt, die sich das Heizen nicht mehr leisten können, dass es Menschen gibt, die sich aus­suchen müssen: Will ich heizen oder will ich essen?

Das ist in einem reichen Land wie Österreich eine absolute Schande, und deshalb brin­ge ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Lugar, Kaufmann-Bruckberger, Tadler und Kollegen betreffend Deckelung der Kosten für Heizmittel für bedürftige Menschen

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 174

„Die Bundesregierung wird ersucht, umgehend eine Deckelung der Kosten für Heiz­mittel von Oktober bis April bei nachgewiesener Bedürftigkeit einzuführen und zusätz­lich eine Maßnahme zu setzen, damit es im Falle eines Zahlungsverzugs von nachge­wiesen bedürftigen Menschen zu keiner Abschaltung seitens der Versorger kommt.“

*****

(Beifall beim Team Stronach.)

Genau das ist der Punkt! Erstens geht es darum, dass man die Heizkosten deckelt, um zu verhindern – was auch in der Vergangenheit immer wieder passiert ist –, dass gera­de in den Wintermonaten die Heizkosten nach oben gehen, die Kosten für die Heizma­terialien nach oben gehen, und zweitens muss gesichert sein, dass eine Abschaltung durch den Versorger nicht möglich ist.

Wir haben das Problem, dass die EVUs – in Wien und in anderen Teilen Österreichs – einfach abschalten, wenn die Rechnung nicht bezahlt wird. Man kann sich lebhaft vor­stellen, wie es jemandem geht, der ohnehin schon dementsprechende Schwierigkeiten hat und dem dann auch noch der Strom oder die Fernwärme oder sonstiges abge­schaltet oder das Gas abgedreht wird, weil die Rechnung nicht bezahlt werden kann. Das heißt, die Not wird dann noch größer, und letztlich darf es in einem reichen Land wie Österreich nicht sein, dass jemand gerade jetzt, in den Wintermonaten, in einer kalten Wohnung sitzt.

Deshalb dieser Antrag, und ich bitte um breite Zustimmung. (Beifall beim Team Stro­nach.)

17.21


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag wird mit verhan­delt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Lugar, Kaufmann-Bruckberger, Tadler und Kollegen betreffend Deckelung der Kosten für Heizmittel für bedürftige Menschen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bun­desgesetz, mit dem die Organisation auf dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft neu ge­regelt wird (Elektrizitätswirtschafts- und –organisationsgesetz 2010 – ElWOG 2010), BGBl. I Nr. 110/2010, geändert wird

In Österreich gibt es immer mehr Menschen, die sich, auch wenn sie vollbeschäftigt tä­tig sind (working poor), die stetig steigenden Energiekosten - insbesondere Heizkosten - in den Wintermonaten nicht mehr leisten können und in kalten Wohnungen leben müs­sen.

So kann es zum Beispiel sein, dass bei einem Einfamilienhaus, mit einem Heizmit­telvorrat im Wert von € 1500 im Oktober, dieser Vorrat Mitte Dezember bereits aufge­braucht ist. Bei Menschen in Wohnungen stellen die Versorger die Lieferung ein. Neue Heizmittel müssen zu diesem Zeitpunkt dann zu wesentlich höheren Preisen einge­kauft werden.

Für viele Menschen in unserem Land (junge Familien, Alleinerziehende, Mindestpen­sionsbezieher) ist das Heizen nicht mehr leistbar. Diese Tatsache ist für ein wohlha­bendes Land wie Österreich nicht tragbar!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 175

Aus diesem Anlass ist es erforderlich, umgehend eine Deckelung der Kosten für Heiz­mittel für die Wintermonate bei nachgewiesener Bedürftigkeit einzuführen und damit sicherzustellen, dass für diese Menschen von Oktober bis April eine preisstabile Ver­sorgung mit sämtlichen Heizmaterialien gewährleistet ist.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, umgehend eine Deckelung der Kosten für Heizmit­tel von Oktober bis April bei nachgewiesener Bedürftigkeit einzuführen und zusätzlich eine Maßnahme zu setzen, damit es im Falle eines Zahlungsverzugs von nachgewie­sen bedürftigen Menschen zu keiner Abschaltung seitens der Versorger kommt.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Mag. Kuz­das. – Bitte.

 


17.21.53

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren und beschließen heute eine Novelle zum ElWOG 2010. Dabei geht es, wie von den Vorrednern schon erwähnt wurde, um Klarstellungen hinsichtlich des Regulierungskontos, der Systemnutzungstarife-Verord­nung und Ähnliches. Auch hinsichtlich der Rechnungslegungsvorschriften gibt es Än­derungen.

Wir haben im Wirtschaftsausschuss aber auch über das Energielenkungsgesetz disku­tiert, und das stellt ja gemeinsam mit dem Versorgungssicherheitsgesetz und dem Erd­ölbevorratungsgesetz eine wichtige rechtliche Basis für die Versorgung der Bevölke­rung und der Wirtschaft mit Energie in schwierigen Zeiten dar. Ich erinnere an die Gaskrise, an den Gasstreit Russland/Ukraine – da muss die Versorgung sichergestellt werden.

Um dies zu gewährleisten, müssen auch Lenkungsmaßnahmen getroffen werden, wie eben das Energielenkungsgesetz – das wir nicht heute, sondern vielleicht im Jänner per Verordnung beschließen werden –, die Maßnahmen wie eine Verordnungsermäch­tigung für den Wirtschaftsminister beinhalten, die allerdings nur in Abstimmung mit dem Hauptausschuss getroffen werden dürfen. Damit ist auch sichergestellt, dass der Na­tionalrat in die Lenkungsmaßnahmen entsprechend eingebunden ist.

Warum wir heute eine Zweidrittelmehrheit brauchen? – Weil keine Verfassungsbestim­mung im Artikel 10 der Bundesverfassung enthalten ist, brauchen wir eben in diesem Gesetz heute eine Verfassungsbestimmung und damit eine qualifizierte Mehrheit.

Abschließend, meine Damen und Herren: Versorgungssicherheit bedeutet Unabhän­gigkeit vom Ausland, bedeutet Ausbau der erneuerbaren Energie und Ausbau der Ver­sorgungsnetze. Die Netze müssen rechtzeitig auf die neuen Anbieter und Nachfrager abgestimmt werden. Aber eines ist auch klar: Die Energiewende ist kein schlagartiges Umschalten von heute auf morgen, sondern das ist ein Prozess, der im Sinne der Ver­sorgungssicherheit rechtzeitig eingeleitet werden muss. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.23



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 176

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jury. – Bitte.

 


17.23.57

Abgeordneter Josef Jury (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Diese Energiedebatte stellt sich auch so dar, dass diese Frage um Versorgungssicherheit, auch um Verfahrenssicherheit eine Gerechtigkeitsdebatte ist. Eine solche ist heute schon bei der Debatte zu Punkt 9 – über Wettbewerb und Kartell – vonstattengegan­gen, und diese Debatte war wieder einmal ein Anschlag auf den kleinen Mann, wo es sich Konzerne richten können – und so sehe ich das auch in der Energiewirtschaft.

Immer wieder stellt sich die Frage: Was verbessert die Lebenssituation des kleinen Mannes und unserer Bevölkerung, oder – auf der anderen Seite – was maximiert die Gewinnspannen der Konzerne? – Diese Debatte, meine sehr geehrten Damen und Herren, müssen wir führen, diese Debatte ist essenziell, und diese Debatte ist einfach wichtig, um Verfahrenssicherheit, aber vor allem auch Versorgungssicherheit darzu­stellen. Und die Versorgungssicherheit muss sich immer wieder so darstellen, dass sich die Bevölkerung die Energiepreise in Zukunft auch leisten kann. (Beifall bei FPÖ.)

Wenn wir uns vor Augen führen, dass wir in der Energiedebatte von den fossilen Ener­gieträgern wegkommen müssen hin zu erneuerbaren Energien, so haben wir zurzeit, momentan eine Brückenfunktion, weil natürlich die Versorgungssicherheit aufrechter­halten werden muss.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal die Tauerngasleitung ansprechen, die ja von Deutschland über Oberösterreich, Salzburg und Kärnten bis nach Triest ge­plant ist. Dabei geht es um Versorgungssicherheit auf der einen Seite, aber auch um die Sicherheit der Bevölkerung vor Ort. In diesem Zusammenhang sollten eben für die betroffene Bevölkerung in jenen Gebieten, in denen diese Tauerngasleitung errichtet wird, Talschaftsverträge abgeschlossen werden, damit auch die Bevölkerung vor Ort von dieser Wertschöpfung profitiert. – Danke sehr. (Beifall bei der FPÖ.)

17.26

17.26.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2067 der Beilagen.

Der vorliegende Gesetzentwurf enthält Verfassungsbestimmungen, daher stelle ich zu­nächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Ziffer 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeord­neten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die diesem Entwurf zustimmen, um ein be­jahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wenn Sie dem Entwurf auch in dritter Lesung Ihre Zustimmung geben, bitte ich um Ihr Zeichen. – Das ist Einstimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Lugar, Kollegin und Kollegen betreffend Deckelung der Kosten für Heizmittel für bedürftige Menschen.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Dieser Antrag findet keine Mehrheit. Abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 177

17.27.4122. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1983 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und das Arbeitsinspektionsgesetz 1993 geändert werden (2024 d.B.)

23. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1690/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Gleichstellung der ArbeitspsychologInnen als 3. Präventivfachkraft im ArbeitnehmerInnenschutz­gesetz (2025 d.B.)

24. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1639/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Hinzu­ziehung von Arbeits- und OrganisationspsychologInnen analog der Bestimmun­gen bezüglich ArbeitsmedizinerInnen (2026 d.B.)

25. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2093/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überprü­fung der Kontrollstrukturen zur Einhaltung des Arbeitsrechts in der Arbeitskräf­teüberlassung (2027 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zu den Punkten 22 bis 25 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kickl. – Bitte.

 


17.28.53

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich eingangs ein Wort zur alarmierenden Entwicklung auf dem österreichischen Arbeitsmarkt sagen! Wenn mehr als 270 000 Personen arbeitslos sind und sich 75 000 Menschen in Schulungen befinden – mit einer Tendenz, die steigend ist, meine Damen und Herren –, dann müssen in Österreich alle Alarmglocken läuten. Das ist kein Zustand, den wir in diesem Land sehen wollen! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich sage das deshalb am Beginn dieser Debatte, weil diese Zahlen, an die wir uns gar nicht gewöhnen wollen, eines zeigen: Sie strafen nämlich die ganze Propaganda dieser Bundesregierung im Zusammenhang mit der sogenannten Krisenbekämpfung Lügen (Zwischenruf des Abg. Höfinger), meine Damen und Herren, und zwar sowohl, was die Maßnahmen im Inland betrifft, als auch, was die Maßnahmen auf der europäi­schen Ebene betrifft.

Es ist doch geradezu ein Witz, wenn Sie in Österreich zu kürzen beginnen, wenn Sie es denen, die das Geld wirklich brauchen, wegnehmen, das Geld dann nach Europa in verschiedene Mechanismen und sogenannte Schutzschirme schicken, die nur zu einem dienen, nämlich diese Krise in einer anderen Variante wieder weiter zu be­feuern – und dann schwappt die Krise wieder nach Österreich herein, und Sie müssen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 178

die nächsten Maßnahmen setzen. Das hat nichts mit einer Krisenbekämpfung zu tun, meine Damen und Herren, das ist ein sozial- und arbeitsmarktpolitischer Offenbarungs­eid. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt komme ich zu einem Punkt, wo ich glaube, dass wir zumindest einmal – was ja nicht so oft der Fall ist – in einem Bereich der Arbeitswelt eine übereinstimmende Mei­nung haben, und die besteht darin, dass wir einen Prozess möglichst hintanhalten soll­ten, nämlich dass Arbeit zunehmend krank macht. Das ist kein wünschenswerter Zu­stand. Ich hoffe, wir alle sind uns da einig, und auch darin, dass für Sie dieses Präventionsprinzip gilt, dass man sagt: Verhüten und Vorbeugen ist besser als Heilen – und es ist nicht nur besser als Heilen, sondern es ist auch volkswirtschaftlich sinnvoller und günstiger als Heilen.

Jeder, der sich die Zahlen anschaut, was die Ausfälle auf dem Arbeitsmarkt betrifft, was Krankenstände betrifft, was die tatsächliche Arbeitsunfähigkeit betrifft, der sieht, dass die Ursachen, die im psychischen Bereich liegen, permanent im Ansteigen be­griffen sind. Das ist eine sehr, sehr gefährliche Entwicklung. Ich möchte nicht sagen, dass wir es dabei mit einer Art unerwünschtem Nebengeräusch einer Arbeitswelt zu tun haben, sondern ich glaube, dass das geradezu ein Charakteristikum einer Arbeits­welt ist, die sich selbst zwar als modern hinstellt, die aber in Wirklichkeit nichts anderes ist als ausbeuterisch und in vielen, vielen Bereichen eiskalt und ungerecht, meine Da­men und Herren. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Dolinschek.)

Zunehmende Technisierung, Tempo, Reizüberflutung, rund um die Uhr im Standby, das sind die Komponenten. Dazu kommt sozusagen dieses Zauberwort – auch vonsei­ten der SPÖ aus mir unverständlichen Gründen immer wieder strapaziert – der absolu­ten Flexibilität. Man kann gar nicht flexibel genug sein, alles kann gar nicht unbere­chenbar genug sein, um nur ja den Interessen der Wirtschaft sozusagen in die Hände zu arbeiten.

Da braucht man sich nicht zu wundern, wenn Verdrängungswettbewerb entsteht, wenn Angst am Arbeitsplatz entsteht, wenn die Leute aufgrund einer Situation, die sie nicht mehr vorhersehen können, auch in psychische Schwierigkeiten kommen. Und wenn dann noch, so wie es der Fall ist, eine Krise dazukommt, dann ist wirklich das sprich­wörtliche Feuer am Dach und dann ist es notwendig, das zu reparieren.

Wir unterstützen daher den Schritt, den Sie heute setzen wollen, nämlich eine verstärk­te Implementierung der Arbeitspsychologen im Bereich des Arbeitnehmerschutzes vor­zunehmen. Wir fragen uns aber schon, warum Sie nicht weiter gegangen sind, als Sie gehen. Sie setzen einen Schritt in die richtige Richtung, aber Sie bleiben vieles schul­dig, denn das, was Sie jetzt in das Gesetz hineinschreiben, das haben wir in der einen oder anderen Variante in Wirklichkeit auch in der bestehenden Fassung schon drinnen.

Wenn man dann nachfragt, warum das so ist, wie es ist, und warum Sie weit unter Ih­ren eigenen Möglichkeiten bleiben, was den Schutz der österreichischen Arbeitnehmer betrifft, dann hört man von der SPÖ: Na ja, wir haben eben einen Kompromiss mit den Arbeitgebervertretern machen müssen. – Na, wenn es nach dem geht, dann würde es die ganzen Arbeitnehmerschutzbestimmungen überhaupt nicht geben, das muss man einmal sagen, denn die ganze Debatte um den Arbeitnehmerschutz in Österreich ist von einem Dauergejammere von manchen Arbeitgebervertretern begleitet, weil alles zu teuer ist, weil alle ruiniert werden. – Das geht seit 1994, und das wird kein Ende neh­men, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Dolinschek.)

Da überrascht mich eines noch dazu. Wenn man dann schon hergeht und sagt: Okay, wir haben einen Kompromiss geschlossen, weil das andere zu teuer gewesen wäre!, und ich dann nachfrage, wie hoch denn die Kosten gewesen wären, die auf die Wirt­schaft zugekommen wären, die unzumutbar sind, dann sagt uns der Minister im zu-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 179

ständigen Ausschuss: Na, das weiß ich nicht! – Das heißt also, um wie viel das zu viel ist, das wissen wir nicht, aber dafür loben wir einen Kompromiss, der auf genau dieser Basis erstellt wird.

Meine Damen und Herren, das ist ein ungenügender Ansatz. Was wir respektieren, ist Ihre Bewegung in die richtige Richtung, das findet unsere Anerkennung, aber leider bleiben Sie einmal mehr weit unter Ihren Möglichkeiten. (Beifall bei der FPÖ.)

17.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

 


17.33.40

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Es ist schon gesagt worden: Wir sprechen jetzt über eine Änderung des ArbeitnehmerInnenschutz­gesetzes und des Arbeitsinspektionsgesetzes. Ich glaube, in einer Sache sind wir uns alle einig: Jeder, der gesund in die Arbeit geht, der will auch gesund aus der Arbeit kommen. – Leider zeigt uns die Praxis, dass das nicht jeder, der arbeitet, schafft. Be­rufsbedingte Erkrankungen nehmen zu – da stimme ich dem Kollegen Kickl vollinhalt­lich zu, wenn er das feststellt.

Wir haben auch eine Zunahme psychischer Belastungen: Die Belastungen am Arbeits­platz und im Arbeitsleben führen zu Beschwerden, die Beschwerden führen natürlich zu Erkrankungen, und in weiterer Folge können diese Erkrankungen – das hat mir je­denfalls ein Arbeitsmediziner einmal erklärt – natürlich auch noch andere Erkrankun­gen verstärken, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Magen-Darm-Erkrankungen, Schlaf­störungen, Diabetes und vieles andere mehr. Und was ist das Ende in dieser Kette? – In manchen Fällen Arbeitsunfähigkeit und damit vielleicht auch Arbeitslosigkeit, weil klarerweise nicht jeder gleich in Frühpension gehen kann.

Die Ursachen für die Zunahme kennen wir – es gibt Studien, die uns das alles immer wieder sagen –: Arbeitsverdichtung, knappe Personalbemessung, das Verwischen der Grenze zwischen Arbeitszeit und Freizeit, Angst vor Arbeitsplatzverlust und auch feh­lende Unterstützung von Vorgesetzten – also mit einem Wort: vielfach Stress, der in manchen Berufen immer mehr und immer stärker spürbar wird.

Das Ziel dieser jetzigen Gesetzesänderung ist, die Prävention, also die Vorbeugung, zu verstärken und eine bessere Vernetzung zwischen Arbeitsinspektoren, Sicherheits­fachkräften, Arbeitsmedizinern, Arbeitspsychologen und – ich möchte das ausdrücklich erwähnen – auch der Betriebsräte in den Unternehmen zustande zu bringen.

Ich möchte heute auch eine Lanze dafür brechen, Betriebsräte in Unternehmen zu wählen. Diese haben auch die Aufgabe, auf die Arbeitsplätze und im Besonderen auf die Arbeitsbedingungen zu schauen, und es gibt dort weniger Probleme in diesen Be­reichen, wo wir Betriebsräte haben. Dort gibt es in vielen Betrieben – in größeren, aber auch in kleineren Betrieben – Projekte der betrieblichen Gesundheitsförderung und vie­les mehr, und wenn ein Arbeitnehmer das Gefühl hat, er kommt in eine Situation, wo er sehr stark belastet wird, dann sollte man auch dafür sorgen und sich vielleicht in dem Unternehmen, wenn es keinen Betriebsrat gibt, dafür engagieren, einen Betriebsrat zu wählen. Also, gemeinsames Erkennen und Verhüten der Gefährdungen ist, so glaube ich, ein Schlüsselbegriff in diesem Zusammenhang.

Daher: Wir brauchen Arbeitsplätze, die nicht krank machen, und die heutige Gesetzes­änderung wird dazu beitragen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 180

17.36


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte.

 


17.36.47

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Durch diese Regierungsvorlage werden erstmalig psychische Belastungen als gesund­heitsgefährdende Belastungen am Arbeitsplatz definiert, und wir Grüne begrüßen das ganz ausdrücklich. Ich denke, es war dringend überfällig, auf die jährlich steigende An­zahl von Krankenständen wegen psychischer Erkrankungen zu reagieren, und es war auch mehr als überfällig, den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen in Österreich zu zeigen, dass wir verstanden haben, welchen Belastungen sie auf dem österreichischen Arbeitsmarkt ausgesetzt sind.

Doch leider muss ich auch sagen, dass ich fürchte, dass die tatsächliche Wirksamkeit dieser Novelle wirklich beschränkt bleiben wird. Diese Novelle hat ganz deutliche Defi­zite, und deshalb möchte ich einen Abänderungsantrag einbringen, den ich bereits im Ausschuss angekündigt habe und der Ihnen schriftlich vorliegt.

Worum geht es dabei? – Eine zentrale Forderung von uns Grünen – aber nicht nur von uns Grünen, sondern auch von Experten und Expertinnen beziehungsweise von zahl­reichen Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren –, eine zentrale Forderung also ist die fixe Verankerung von Arbeits- und Organisationspsychologen als Präventivkraft in diesem Gesetz. Wir wollen also die Gleichstellung mit den Arbeitsmedizinern und den Sicherheitsfachkräften, denn nur mit dieser tatsächlichen Beiziehung kann die Prä­ventionsarbeit in diesem Bereich auch erfolgreich sein.

Die in der Novelle jetzt wieder vorgesehene Kann-Regelung ist eigentlich nicht mehr als das, was wir bisher hatten, weil es ja auch schon bisher möglich war, quasi sons­tige Experten beizuziehen. Es liegt jetzt also wieder an den Arbeitgebern, ob sie das tun oder nicht. – Meine Damen und Herren! Ich denke, es macht wirklich Sinn, hier ei­ne verpflichtende Regelung einzuführen.

Ein zweiter wesentlicher Punkt, der natürlich eng mit dem ersten in Zusammenhang steht, ist folgender: Wenn wir dieser Prävention von psychischen Belastungen auch wirklich einen deutlich höheren Stellenwert geben wollen, müssen wir auch die Präven­tionszeiten ausdehnen. Es kommt etwas Neues dazu, man braucht dazu also einfach mehr Zeit, und das wollen wir Grüne – und zwar in allen Unternehmen, unabhängig von der Anzahl der Mitarbeiter. Da gibt es diese Abstufungen, und wir wollen das in al­len Bereichen.

Ein dritter zentraler Punkt, den wir in unserem Abänderungsantrag fordern, ist eine Er­höhung der vorgesehenen Strafen. Es gibt zwar in dieser Novelle eine Erhöhung, aber wieder einmal – wie auch in anderen gesetzlichen Materien – entspricht diese Er­höhung nicht einmal der Inflation seit der letzten Erhöhung. Das heißt, selbst mit Ihrer Erhöhung sind wir noch lange nicht bei dem Wert, der ursprünglich bei diesem Gesetz für Strafen intendiert worden ist. Das, denken wir, ist nicht sehr sinnvoll.

Sie, Herr Minister, sagen, es ist schwierig, wenn so lange nicht an die Inflation ange­passt wurde, das dann auf einmal sozusagen um eine so große Summe anzuheben. – Ja, schon, aber dazu muss ich sagen, ich möchte prinzipiell, dass es überhaupt nie­mals dazu kommt, dass diese Strafen auch ausgesprochen werden.

Ich möchte, dass sich die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen in Österreich dessen be­wusst sind, dass es auch in ihrem Interesse ist, verantwortungsvoll und vor allem nicht gesundheitsgefährdend mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umzugehen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dolinschek.) Leider sind wir noch nicht an diesem Punkt, und manchmal braucht es, denke ich, außer Information und Beratung auch ent­sprechende Strafen, um die Weiterentwicklung zu fördern. Und dann machen Strafen nur Sinn, wenn sie nicht nur ein kleiner Klacks sind.

Meine Damen und Herren, das ist, in groben Zügen erläutert, unser Abänderungsan­trag. Ich muss aber noch eine Sache ansprechen – ich habe das auch schon im Aus-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 181

schuss thematisiert. In den Erläuterungen sind die psychischen Belastungen aufge­zählt. Das ist wirklich etwas sehr Gutes, mit dem man weiterarbeiten kann, es ist gut, dass einmal definiert ist, nämlich im Konsens definiert ist, dass das belastend ist: Ar­beitsverdichtung, unangemessene Zeit- und Terminvorgaben, ständige Erreichbar­keit. – Abgeordneter Riepl hat das schon angesprochen.

Obwohl das sehr begrüßenswert ist, fürchte ich wirklich, dass man den Arbeitnehme­rInnenschutz überfordert, wenn man sich jetzt erwartet, dass diesen Faktoren durch ar­beitsschutzgesetzliche Maßnahmen entgegengewirkt werden kann, nämlich allein da­durch entgegengewirkt werden kann.

Ähnlich wie Abgeordneter Katzian das im Ausschuss gesagt hat, habe auch ich ange­merkt, dass es sicher eine Fülle von weiteren gesetzlichen Maßnahmen braucht, um genau dieser großen Problematik – Stress, Druck und psychische Belastung – wirklich offensiv entgegentreten zu können.

Ein wichtiger Punkt ist sicher die Arbeitszeit, die Frage der Arbeitszeitverkürzung, und ein erster Schritt dazu wäre eben eine Senkung der Überstunden, die wir ja schon lan­ge diskutieren.

Wir wissen, es gibt in Österreich im europäischen Schnitt sehr, sehr viele Überstunden. Diese Überstunden belasten. Der Herr Minister verspricht uns schon lange, dass er da etwas tun wird – geschehen ist nichts.

Wir Grüne bleiben da dran, und ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Maß­nahmen zur Senkung überlanger Arbeitszeiten und Schaffung von gesünderen Arbeits­plätzen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wird dringend dazu aufgefordert, dem Nationalrat gesetzliche Maßnahmen zur Beschlussfassung vorzule­gen, die zu einer Reduktion von Überstunden führen, überlange belastende Arbeitszei­ten reduzieren und damit ein gesünderes Arbeitsumfeld fördern.

*****

Ich denke, wenn Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, das, was in Ihrer eigenen Regierungsvorlage steht, auch nur annähernd ernst nehmen, müssen Sie zumindest diesem Entschließungsantrag zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

Noch ganz kurz zu meinem Antrag bezüglich Evaluierung der Strukturen der Kontroll­instanzen: Ich muss schon sagen, dass ich es skurril finde, dass die Regierungspar­teien, wenn die kontrollierenden Organe selbst bei Gesprächen, auch bei persönlichen Gesprächen, kritisieren, dass die Koordination und die Kompetenzaufteilung nicht op­timal sind, dann, wenn ich einen Antrag einbringe, man möge doch evaluieren und schauen, ob da etwas dran ist, sagen, dass ohnehin alles passt.

Ich denke, wir alle sollten laufend an der Weiterentwicklung und Verbesserung unserer Arbeit arbeiten, und genau darauf zielt dieser Antrag ab. (Beifall bei den Grünen.)

17.43


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Ver­handlung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 182

Der Abänderungsantrag wurde verteilt, in seinen Grundzügen erläutert und steht daher auch mit in Verhandlung.

Die beiden eingebrachten Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Birgit Schatz, Freundinnen und Freunde betreffend gesetzliche Maßnahmen zur Senkung überlanger Arbeitszeiten und Schaffung von gesünderen Ar­beitsplätzen

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (2024 d.B.) über die Regierungsvorlage (1983 d.B.) zum Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und das Arbeitsinspektionsgesetz 1993 geändert wer­den.

Begründung

Die vorliegende Novelle des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes integriert das Problem psychischer Belastungen und Gefährdungen der Arbeitswelt und daraus folgende Er­krankungen in den ArbeitnehmerInnenschutz. In den Erläuterungen zum Gesetz wer­den auch die wesentlichen Ursachen für arbeitsbedingte psychische Fehlbelastungen genannt, wie etwa „Arbeitsverdichtung“, „ständige Erreichbarkeit“, „knappe Personalbe­messung“ oder „Verwischen der Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit“. Hinter vielen dieser Gründe verbirgt sich das Problem überlanger Arbeitszeiten als eine der größten Belastungen der gegenwärtigen Arbeitswelt. Nimmt man die im Gesetz formulierte Ziel­setzung der „verstärkten Prävention psychischer Belastungen und Gefährdungen am Arbeitsplatz“ ernst, dann muss es zur Eindämmung überlanger belastender Arbeitszei­ten über dieses Gesetz hinausgehende Maßnahmen geben.

Österreich steht seit Jahren an der EU-Spitze was die geleisteten Überstunden betrifft. Diese sind in den letzten Jahren stark angestiegen und halten sich trotz Krise auf einem hohen Niveau. Ein Fünftel aller unselbständig Erwerbstätigen leisteten 2011 im Durchschnitt zusätzlich zur Vollzeitarbeit noch 8 Überstunden pro Woche. Jede vierte geleistete Überstunde wurde dabei weder zeitlich ausgeglichen noch entlohnt (Statistik Austria 2012). Generell steigt der Druck auf einzelne Beschäftigte, länger und mehr zu arbeiten. Gesundheitliche Probleme und Burn-Out-Situationen sind die Folgen. Mehr als die Hälfte jener Beschäftigten, die regelmäßig Über- und Mehrstunden leisten müs­sen, ist mit dieser Situation unzufrieden.

Die steuerliche Begünstigung von Überstunden ist ein Haupttreiber der überlangen und gesundheitsbelastenden Arbeitszeiten in Österreich. Auch die letzte große Novelle des Arbeitszeitgesetzes 2007 ermöglichte eine weitere Ausdehnung der maximal zulässi­gen Höchstarbeitszeiten und mehr Möglichkeiten der Ausweitung der täglichen Normal­arbeitszeit. Nur wenn Überstunden für sie weniger attraktiv sind, werden Arbeitgeber umdenken und zusätzliche Arbeitskräfte einstellen, anstatt die Stammbelegschaft wei­ter zu überfordern.

Wir fordern den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz dringend auf, endlich dem von ihm schon unzählige Male angekündigten Kampf gegen Über­stunden auch Taten folgen zu lassen. Es ist unsinnig, belastende Arbeit steuerlich zu fördern, deren Auswirkungen uns später noch potenzierte Kosten im Gesundheits- und Pensionssystem verursachen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wird dringend dazu aufgefordert, dem Nationalrat gesetzliche Maßnahmen zur Beschlussfassung vorzule­gen, die zu einer Reduktion von Überstunden führen, überlange belastende Arbeitszei­ten reduzieren und damit ein gesünderes Arbeitsumfeld fördern.

*****

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Birgit Schatz, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Ausschus­ses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1983 d.B.) zum Bundes­gesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und das Arbeitsinspektionsge-
setz 1993 geändert werden in der Fassung des Ausschussberichtes (2024 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnen­schutzgesetz und das Arbeitsinspektionsgesetz 1993 geändert werden (1983 d.B.) in der Fassung des Berichtes des Ausschusses für Arbeit und Soziales (2024 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Artikel 1 Z 12 lautet:

12. § 4 Abs. 6 lautet:

„(6) Bei der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren und der Festlegung der Maß­nahmen sind erforderlichenfalls geeignete Fachleute heranzuziehen. Mit der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren können auch die Sicherheitsfachkräfte, Arbeitsmediziner und Arbeitspsychologen, sowie sonstige Fachleute wie Chemiker, Toxikologen und Er­gonomen beauftragt werden.“

2. Nach Artikel 1 Z 38 wird folgende Z 38a eingefügt:

38a. § 77a Abs. 1 und 2 lauten:

„(1) In Arbeitsstätten mit bis zu 50 Arbeitnehmern hat die sicherheitstechnische und ar­beitsmedizinische sowie arbeitspsychologische Betreuung in Form von Begehungen durch eine Sicherheitsfachkraft, durch einen Arbeitsmediziner und durch einen Arbeits­psychologen zu erfolgen.

(2) Regelmäßige Begehungen haben mindestens in den in Z 1 und 2 genannten Zeit­abständen sowohl durch eine Sicherheitsfachkraft als auch durch einen Arbeitsmedi­ziner und Arbeitspsychologen, nach Möglichkeit gemeinsam, zu erfolgen. Diese Bege­hungen haben sich auf die Aufgaben der Präventivfachkräfte gemäß § 76 Abs. 1 und 3 und § 81 Abs. 1 und 3 in der Arbeitsstätte, einschließlich aller dazugehörigen Baustel­len und auswärtigen Arbeitsstellen, zu beziehen:

1. in Arbeitsstätten mit 1 bis 10 Arbeitnehmern: mindestens einmal in zwei Kalender­jahren,

2. in Arbeitsstätten mit 11 bis 50 Arbeitnehmern: mindestens einmal im Kalenderjahr.“

3. Nach Art 1 Z 38a wird folgende Z 38b eingefügt:


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38b. In § 78a Abs. 1 wird nach der Wortfolge „§ 74 und Arbeitsmediziner mit der Aus­bildung nach § 79 Abs. 2“ die Wortfolge „und Arbeitspsychologen mit einer Ausbildung nach § 79a Abs. 2“ eingefügt.

4. Nach Artikel 1 Z 40 wird folgende Z 40a eingefügt:

40a. Nach § 79 wird folgender § 79a eingefügt:

„Bestellung von Arbeitspsychologen

§ 79a. (1) Arbeitgeber haben Arbeitspsychologen zu bestellen. Diese Verpflichtung ist gemäß folgender Z 1 oder, wenn ein Arbeitgeber nicht über entsprechend fachkundi­ges Personal verfügt, gemäß folgender Z 2 oder 3 zu erfüllen:

1. durch Beschäftigung von geeigneten Psychologen im Rahmen eines Arbeitsverhält­nisses (betriebseigene Arbeitspsychologen),

2. durch Inanspruchnahme externer Arbeitspsychologen oder

3. durch Inanspruchnahme eines arbeitsmedizinischen Zentrums.

(2) Als Arbeitspsychologen dürfen nur Personen bestellt werden, die zur selbständigen Ausübung des Psychologenberufes im Sinne des Psychologengesetzes 1990, BGBl. Nr. 360/1990, berechtigt sind und eine vom Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz anerkannte arbeitspsychologische Ausbildung absolviert haben.

(3) Die Bestimmungen des Psychologengesetzes 1990 bleiben unberührt.

(4) Arbeitgeber sind verpflichtet, das für die arbeitspsychologische Betreuung notwen­dige Fach- und Hilfspersonal zu beschäftigen.

(5) Arbeitgeber sind verpflichtet, für die notwendige Fortbildung des von ihnen beschäf­tigten Fachpersonals während der Arbeitszeit zu sorgen.

(6) Arbeitgeber sind verpflichtet, die für die arbeitspsychologische Betreuung notwendi­gen Räume, Ausstattung und Mittel zur Verfügung zu stellen.

(7) Bei Inanspruchnahme eines arbeitsmedizinischen Zentrums entfällt die Verpflich­tung der Arbeitgeber zur Beschäftigung von Fach- und Hilfspersonal und zur Bereitstel­lung der notwendigen Ausstattung und Mittel. Bei Inanspruchnahme externer Arbeits­psychologen entfällt diese Verpflichtung der Arbeitgeber insoweit, als diese Arbeitspsy­chologen nachweislich das notwendige Fach- und Hilfspersonal und die notwendige Ausstattung und die notwendigen Mittel beistellen.“

5. Nach Art 1 Z 40a wird folgende Z 40b eingefügt:

40b. In § 80 Abs. 1 Z. 2 wird nach dem Wort „Ärzte“ die Wortfolge „und Arbeitspsycho­logen“, nach dem Wort „arbeitsmedizinische“ die Wortfolge „und arbeitspsychologi­sche“ und nach dem Wort „Ärzten“ die Wortfolge „bzw. Arbeitspsychologen“ eingefügt.

6. Nach Art 1 Z 40b wird folgende Z 40c eingefügt:

40c. In § 80 Abs. 1 Z 4 wird nach dem Wort „arbeitsmedizinische“ die Wortfolge „und arbeitspsychologische“ eingefügt.

7. Nach dem Art 1 Z 40c wird folgende Z 40d eingefügt: 40d. In §82a Abs. 2 Z1 tritt an die Stelle des Werts „1,2 h“ der Wert „1,5 h“ und in Z 2 an die Stelle des Werts „1,5h“ der Wert „1,8h“.

8. Nach Art 1 Z 41 wird folgende Z 41a eingefügt:

41a. § 82a Abs. 5 lautet:

„(5) Der Arbeitgeber hat pro Kalenderjahr Sicherheitsfachkräfte, Arbeitsmediziner und Arbeitspsychologen im Ausmaß von je mindestens 25 v H der gemäß Abs. 2 und 3


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ermittelten Präventionszeit zu beschäftigen. Zumindest im Ausmaß der restlichen 25vH der jährlichen Präventionszeit hat der Arbeitgeber je nach der in der Arbeitsstätte gege­benen Gefährdungs- und Belastungssituation gem. § 76 Abs.3 bzw. § 81 Abs. 3 bei­zuziehende sonstige geeignete Fachleute, wie Chemiker, Toxikologen, Ergonomen oder die Sicherheitsfachkräfte, Arbeitsmediziner bzw. Arbeitspsychologen zu beschäf­tigten.“

9. Nach dem Art 1 Z 41a wird folgende Z 41b eingefügt:

41b. Nach §82a Abs. 7 wird folgender Abs. 8 angefügt:

„(8) § 82 ist sinngemäß anzuwenden, ausgenommen die Ziffer 6.“

10. Nach Art 1 Z 41b wird folgende Z 41c eingefügt:

41c. In § 83 Abs. 1 zweiter Satz sowie in § 85 Abs. 1 wird nach dem Wort „Sicher­heitsfachkräfte“ das Wort „Arbeitspsychologen“ eingefügt.

11. Nach Artikel 1 Z 43 wird folgende Z 43a angefügt:

43a. § 84 Abs. 4 lautet:

„(4) Sicherheitstechnische Zentren und arbeitsmedizinische Zentren sind verpflichtet, dem Arbeitsinspektorat auf Verlangen Auskunft darüber zu erteilen

1. wer als Sicherheitsfachkraft bzw. als Arbeitsmediziner bzw. als Arbeitspsychologe vom Zentrum beschäftigt wird,

2. welche Arbeitsstätten, Baustellen und auswärtige Arbeitsstellen vom Zentrum be­treut werden, und

3. welche Präventionszeit in diesen Arbeitsstätten, Baustellen und auswärtigen Arbeits­stellen geleistet wird.“

12. Nach Artikel 1 Z 44 wird folgende Z 44a eingefügt:

44a. In § 88a Abs. 2 Z 3 wird nach dem Wort „Arbeitsmediziner“ die Wortfolge „sowie ein Arbeitspsychologe“ eingefügt.

13. Artikel 1 Z 45 lautet:

45. In § 88 Abs. 3 Z 3 wird nach dem Wort „Leiter“ die Wortfolge „oder sein Vertreter“ und nach dem Wort „Arbeitsmediziner“ die Wortfolge „sowie der Arbeitspsychologen“ eingefügt.

14. Nach Art 1 Z 45 wird folgende Z 45a eingefügt:

45a. In § 88 Abs. 3 wird folgende Z 4a eingefügt:

„4a. der Arbeitspsychologe oder, wenn mehrere Arbeitspsychologen für die Arbeits­stätte bestellt sind, deren Leiter oder sein Vertreter;“

15. Artikel 1 Z 86 lautet:

86. In § 130 Abs. 1, 2, 3, 5 und 6 wird jeweils der Strafrahmen „145 € bis 7 260 €““ er­setzt durch „189 € bis 9 438 €“ und der Strafrahmen „290 € bis 14 530 €“ ersetzt durch „377 € bis 18 889 €“.

16. Artikel 1 Z 89 lautet:

89. „In § 130 Abs. 4 wird der Betrag „218 €“ ersetzt durch den Betrag „284 €“ und der Betrag „360 €“ durch den Betrag „468 €“.

17. Artikel 2 Z 3 lautet:

3. In § 24 Abs. 1 wird im Einleitungssatz der Strafrahmen „36 € bis 3600 €“ ersetzt durch „47 € - 4680 €“ und der Strafrahmen „72 € bis 3600 €“.“ ersetzt durch „94 € bis 4680 €“.


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Begründung

Die Regierungsvorlage integriert das Problem der psychischen Belastungen und Ge­fährdungen der Arbeitswelt und daraus folgende Erkrankungen in das ArbeitnehmerIn­nenschutzgesetz. Damit wird zum einen eine längst überfällige zeitgemäße Definition des ArbeitnehmerInnenschutzes gewährleistet, zum anderen wird die Evaluierung die­ser psychischen Belastungen und Gefährdungen in den Arbeitsstätten gesetzlich fest­geschrieben. Die Hinzuziehung von ArbeitspsychologInnen bei dieser Evaluierung wird dabei allerdings lediglich empfohlen und bleibt nur eine „Kann-Bestimmung“ im Gesetz.

Damit liegt auch die entscheidende Schwachstelle dieser Gesetzesnovelle in der Um­setzung der neu geschaffenen Möglichkeiten. Die Regierungsvorlage verabsäumt es, ArbeitspsychologInnen als Präventivfachkräfte neben ArbeitsmedizinerInnen und Si­cherheitsfachkräften gleichberechtigt in der Prävention gesetzlich zu verankern. Für ei­ne effektive Umsetzung des ArbeitnehmerInnenschutzes im Bereich psychischer Be­lastungen und Gefährdungen ist es aber dringend notwendig, Arbeitspsychologen gleichberechtigt als Präventivfachkraft im Gesetz zu verankern. Denn die Stärken der Präventivfachkräfte sind ihr verpflichtender und regelmäßiger Einsatz, fixe Mindestprä­ventionszeiten, verpflichtende Qualitätsstandards ihrer Tätigkeit sowie ihrer Ausbil­dung. Weiters braucht es höhere Mindestpräventionszeiten zur effektiven Erfüllung der Ausweitung der gesetzlichen Aufgaben der Präventivfachkräfte. Zur effektiveren Durch­setzung des Gesetzes und damit Verstöße gegen den ArbeitnehmerInnenschutz kein Kavaliersdelikt sind, fordern wir eine stärkere Anhebung der Strafen und damit eine vollständige Indexanpassung seit 1996.

Zu 1 und 4 (Art 1 Z 12 und Art 1 Z 40a): Zentral ist für uns die Verankerung der Arbeits­psychologInnen als 3. Präventivfachkraft und ihre verpflichtende Hinzuziehung bei der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren im Rahmen der Prävention psychischer Be­lastungen in der Arbeitswelt.

Zu 2 (Art 1 Z 38a): ArbeitspsychologInnen als Präventivfachkräfte erhalten gleiche Rechte wie ArbeitsmedizinerInnen und Sicherheitsfachkräfte: Gemeinsame und regel­mäßige verpflichtende Begehungen, Regelung der Aufgaben bei Begehungen, zur Ver­fügung stellen der Präventionszentren auch für ArbeitspsychologInnen.

Zu 3 (Art 1 Z 40a): Gesetzliche Verankerung der Ausbildungsvoraussetzungen auch für ArbeitspsychologInnen wie bei den anderen Präventivfachkräften.

Zu 5 und 6 (Art 1 Z 40b und Art 40c): Integration der ArbeitspsychologInnen in ar­beitsmedizinische Zentren. Dadurch ist auch gewährleistet, dass es zu einer flächen­deckenden Hinzuziehung von ArbeitspsychologInnen im Rahmen der Begehungen kommt, auch durch das Modell „AUVA-sicher“.

Zu 7 (Art 1 40d): Aufgrund der Ausweitung ihrer Aufgaben fordern wir eine Erhöhung der Mindestpräventionszeiten der Präventivfachkräfte um 25% zur Überprüfung psy­chologischer Belastungen.

Zu 8 (Art 1 Z 41 a): 25% der Präventionszeiten sollen im Gesetz für Arbeitspsycholo­gInnen festgelegt werden.

Zu 10, 11, 12, 13,14 (Art 1 Z 41a, 41b, 43a, 44a, 45, 45a): Es braucht auch eine An­passung der Regelungen der Präventivfachkräfte für ArbeitspsychologInnen: Aus­kunftspflichten der arbeitsmedizinischen Zentren über Einsatz und Tätigkeit, Mitglied­schaft im zentralen Arbeitsschutzausschuss.

Zu 15 und 16 (Art. 1 Z 86 und 89): Anhebung der Strafen um 30% bei Verstoß gegen das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz.


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Zu 17 (Art 2 Z 3): Anhebung der Strafen auch im Arbeitsinspektionsgesetz.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Höfinger. – Bitte.

 


17.43.43

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, es stimmt, wir haben die Zahlen vorliegen: Wir haben einen Anstieg an psychischen und psychosomatischen Erkran­kungen, ausgelöst am oder durch den Arbeitsplatz. Dies führt verstärkt zu Frühpensio­nen, führt dazu, dass Menschen beeinträchtigt sind. Und wie wir aus der Erfahrung und auch von den Gerichten her wissen, soll das auch Auslöser oder Verstärker für weitere Erkrankungen sein.

All das sind Dinge, die wir uns nicht wünschen und denen wir alle, glaube ich, ge­meinsam entgegenwirken wollen – daher auch diese Erweiterung im Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnenschutzgesetz und der verstärkte Einsatz von Arbeitsmedizinern beziehungsweise auch Arbeitspsychologen in dieser Art und Weise. Deren Hauptauf­gabe wird es sein, die Vorgänge, die Abläufe am Arbeitsplatz, die Arbeitsprozesse, die Aufgaben der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu durchleuchten und resultierend daraus die Auswirkungen auf diese Menschen zusammenzufassen.

Im Vordergrund sollen also nicht individuelle Betreuung und Begleitung oder die psy­chologische Therapie oder das Coaching des Einzelnen stehen, sondern primär das Hineinwirken in die einzelnen Betriebe, das Mitwirken an der Ermittlung der Ursachen der psychischen Erkrankungen und dann auch die Beurteilung, wie man den Arbeits­platz verändern kann, was man arbeitsbedingt tun kann, damit diese Menschen nicht einer solch großen Belastung ausgesetzt sind. Gleichzeitig sollen dann auch weiter­führende Maßnahmen gesetzt werden, die helfen, das Ganze zu vermeiden.

Wie bereits erwähnt wurde – das stimmt –, soll dieser Einsatz nicht verpflichtend sein, sondern es soll den Betrieben verstärkt möglich sein, diese Beurteilung in Anspruch zu nehmen.

Ich denke, in diesem Zusammenhang ist es auch wichtig – und auch das ist Inhalt dieses Gesetzes –, dass es eine verstärkte Ausbildung von Arbeitsmedizinern geben wird, was die psychologische Aufarbeitung betrifft, denn wir wissen, momentan stehen nicht genug Arbeitspsychologen zur Verfügung, es müssen erst verstärkt welche aus­gebildet werden – daher auch die begleitende Ausbildung von bereits tätigen Arbeits­medizinern.

Es gibt keine Zustimmung von unserer Seite zu einem verpflichtenden Einsatz von Ar­beitspsychologen. Warum? – Das würde aus unserer Sicht momentan dem konkreten Bedarf widersprechen, das ist ganz klar, und zweitens  (Abg. Kickl: Was hat das für einen Mehrwert? – Abg. Mag. Schatz: Sehr wohl erkennen Sie das!)

Denken wir an die Strukturen, die in der österreichischen Wirtschaft vorhanden sind! Wir haben eine enorme Bandbreite an KMUs, an kleinen und mittleren Unternehmen, und ich glaube, allein deshalb wäre das quantitativ nicht angebracht. Das würde auch zu sehr hohen Kosten führen, die nicht bewältigbar wären. (Abg. Mag. Schatz: Aber die Krankenstände kosten auch!)

Sie wissen aber auch, dass momentan ein Pilotprojekt läuft, nämlich zwischen dem Be­rufsverband der österreichischen Psychologen und der AUVA, der Allgemeinen Unfall­versicherungsanstalt, im Rahmen von fit2work, in dem es um die Evaluierung von Kri­terien für die Beiziehung von Arbeitspsychologen geht. Das ist hochdotiert, das läuft


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momentan, und ich würde vorschlagen, einmal dieses Ergebnis abzuwarten und dann konkret auf dieses Ergebnis aufzubauen. Dann haben wir nämlich Fakten, dann brau­chen wir nicht zu spekulieren, und das wäre, glaube ich, eine gute Grundlage für zu­künftige Entscheidungen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

17.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


17.47.24

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Eines haben alle meine Vorrednerinnen und Vorredner gemeinsam gehabt: Sie haben erkannt, dass die Zahl der psychischen Erkrankungen am Arbeitsplatz im Zunehmen begriffen ist. Das haben alle erkannt.

Im Zeitraum von 1995 bis 2008 ist die Zahl der Krankenstandstage im Bereich der psy­chischen Erkrankungen um 103 Prozent gestiegen, die Zahl der Fehltage hat sich in den letzten 20 Jahren verdreifacht. Das muss uns doch zu denken geben.

Erkannt haben es anscheinend alle, nur ist man halt nicht bereit, diesen Schritt zu ge­hen, um den wirklich erforderlichen ArbeitnehmerInnenschutz zu schaffen. In der der­zeit gültigen Fassung wird die zunehmende Bedeutung der psychomentalen und sozio­emotionalen Belastungen genannt und werden ausdrücklich ArbeitspsychologInnen als geeignete ExpertInnen vorgesehen. Allerdings ist deren Einsatz bisher nur fakultativ vorgesehen.

Frau Kollegin Oberhauser, ich weiß, dass auch Sie die Problematik so sehen und dass Sie mit diesem Kompromiss nicht ganz einverstanden sind. Das habe ich auch beim Kollegen Riepl schon bemerkt, dass ihm das zu wenig weitreichend ist, aber es hat ja der Herr Sozialminister schon gesagt: Das ist halt ein Kompromiss! – Und jetzt hören wir von Herrn Höfinger: Warten wir halt noch ein bisschen, denn da können wir auch noch nicht so richtig und dort müssen wir das eine und das andere noch einfließen las­sen! – Tatsache ist, dass da Handlungsbedarf besteht. (Beifall beim BZÖ sowie der Abg. Mag. Schatz.)

Wir haben einen Antrag eingebracht, der viel weitläufiger ist als dieser Gesetzentwurf. Ich nehme zur Kenntnis, sehr geehrte Damen und Herren, dass der Wille zu einer Ver­besserung vorhanden ist – das hat Kollege Kickl auch schon erwähnt.

Übrigens: Kollegen Kickls Rede könnte ich 1 : 1 übernehmen; ich bin derselben Mei­nung. Das Einzige, das du nicht erwähnt hast, Kollege Kickl, ist, dass unser Antrag viel weitläufiger ist. (Abg. Kickl: Ja, das tue ich hiermit!) Das ist schon alles. (Beifall beim BZÖ.)

Tatsache ist, dass der Gesetzentwurf zwar die psychische Belastung, die Prävention betont und eine Evaluierung in die richtige Richtung geht, das sage ich auch, aber hin­sichtlich einer verpflichtenden Einbeziehung der ExpertInnen in diesem Bereich ist man halt nur halbherzig vorgegangen. Das war der sogenannte Kompromiss, den der Herr Bundesminister auch schon im Ausschuss erwähnt hat.

In der Prävention muss eine verstärkte Beiziehung von Arbeitspsychologinnen und ‑psy­cho­logen erfolgen. Das minimiert die später notwendigen Rehabilitationsmaßnahmen und ist sicherlich kostengünstiger, das sagt jeder Experte. Wir müssen weg von einer Reparaturgesellschaft hin zu einer Präventionsgesellschaft. Das ist wichtig, daher fordern wir vom BZÖ eine weitreichendere Gleichstellung der Arbeitspsychologinnen und ‑psychologen als dritte Präventivkraft mit den im ArbeitnehmerInnenschutz vertre­tenen Fachkräften.


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Das ist das Nonplusultra, und so sollte es eigentlich sein. Deshalb wäre es viel ver­nünftiger, wenn Sie unserem Antrag zustimmen würden und nicht Ihrem eigenen! (Hei­terkeit und Beifall beim BZÖ sowie der Abgeordneten Kickl und Mag. Schatz.)

17.50


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser. – Bitte.

 


17.50.48

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Lieber Kollege Dolinschek, Staatssekretär außer Dienst, Sie müssen wissen, was Kompromisse im Leben sind, oder? Sie waren in einer Regierung und wissen, wie schwierig es manchmal ist (Zwischenruf der Abg. Ursula Haubner), bei Dingen, die man gerne zu 100 Prozent umsetzen würde, nur einen richtigen Schritt zu setzen. Ich glaube, wir sind uns einig darin, dass es der richtige Schritt ist, dorthin zu sehen. (Abg. Öllinger: Es ist immer mit der ÖVP schwierig, das fällt uns auf!)

Eine Forderung sowohl der Arbeiterkammer als auch des ÖGB – Kollege Tumpel hat das wirklich ganz massiv gefordert – ist der verpflichtende Einsatz von Arbeitspsycho­logInnen im Sinne der Arbeitsmedizin. (Abg. Öllinger: Warum ist es immer mit der ÖVP so schwierig?) Und wir haben jetzt gesagt, wir lassen jetzt einmal einen Piloten starten, um zu schauen, wie das mit der Arbeitspsychologie überhaupt geht.

Sehr ketzerisch könnte man sagen: Noch nie waren die Chancen für PsychologInnen so gut wie jetzt, wenn man weiß, wer die Chefin im Psychologenverband ist. Vielleicht gelingt es uns dadurch, die Wertigkeit der Psychologinnen und Psychologen in Ös­terreich auch noch ein bisschen nach oben zu bringen.

Wir von der Sozialdemokratie begrüßen diesen Schritt natürlich als ersten Schritt, tei­len nicht die Meinung, dass man Ärztinnen und Ärzte, Arbeitsmedizinerinnen und Ar­beitsmediziner zu allem und mit allem aufschulen kann. Ich meine, dass sie wichtige und wertvolle Dienste leisten. Wir alle wissen von vielen ArbeitsmedizinerInnen, wie wichtig deren Tätigkeit ist, allerdings glaube ich nicht, dass sie in der Frage von psy­chosozialer Medizin, von psychosomatischen Erkrankungen, psychiatrischen Erkran­kungen nicht die Hilfe von Psychologen brauchen könnten – vor allem, wenn man sieht, was Ärztinnen und Ärzte im Zuge der Gesundheitsreform alles können: Sie kön­nen Karikaturen zeichnen, sie können das Totenleintuch aus dem Fenster hängen, sie können sich auf die Straße stellen. Aber ich glaube, im psychologischen Bereich schaf­fen sie das nicht.

In diesem Sinne werden wir weiter dranbleiben, dass ArbeitspsychologInnen auf jeden Fall auch ihren Stellenwert bekommen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Öllinger: In der ÖVP gibt es doch auch vernünftige Leute!)

17.52


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kaufmann-Bruck­berger. – Bitte.

 


17.53.01

Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zum Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und das Arbeitsinspektionsgesetz geändert werden: Dieses Gesetz sollte eigentlich auf die Gegebenheiten der Arbeitswelt reagie­ren und auch erforderliche Vorbereitungen treffen.

Wir wissen, dass die Zahl der Krankenstände in den letzten Jahren massiv gestiegen ist, wobei psychische Störungen im Vordergrund stehen. Gründe für Burn-out sind auch Mobbing und Bossing, und gerade Burn-out übernimmt in diesem Bereich die Oberhand.


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Es sind psychosomatische Erkrankungen, die aber auch zu Langzeitkrankenständen führen. Im schlimmsten Fall kann es auch zu Invalidität kommen.

Es kommt dann oft auch noch Medikamenten- oder Alkoholmissbrauch dazu – ich weiß, das ist jetzt nicht das Thema, aber ich glaube, man sollte das trotzdem auch ansprechen, denn es geht dabei um Menschen, die Angst haben und aus Angst zu Tabletten oder zu Alkohol greifen.

Laut Arbeitsinspektion zählen derzeit Zeit- und Termindruck und Mobbing zu den be­kanntesten psychosozialen Belastungen. Das heißt, es sind Maßnahmen gefragt, Prä­ventionsmaßnahmen wie eine Verbesserung oder Optimierung der Arbeitsabläufe, der Arbeitsanforderungen, der Arbeitsorganisation, sprich der Gestaltung der Arbeitszeit, sowie eine Verbesserung der sozialen Beziehungen und auch der Arbeitsumgebung. Diese Maßnahmen wären ein Schritt in die richtige Richtung, wobei man da natürlich auch die Kostenfrage einmal klären muss.

In dieser Gesetzesnovelle geht es auch um die Erhöhung des Strafrahmens. Wir mei­nen, dass Strafen nicht wirklich das geeignete Instrument sind. Strafen bringen uns nicht weiter.

Der Erhöhung der Strafen für die Nichtbefolgung von Auflagen der Arbeitsinspektion um 15 Prozent und auch der Verwaltungsstrafen auf bis zu 16 659 € im Wiederho­lungsfall erteilen wir eine klare Absage. (Abg. Mag. Schatz: Das ist der Arbeitnehmer­schutz von Stronach!)

17.55

17.55.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wir gelangen nun zur Abstimmung und stimmen über jeden Ausschussantrag ge­trennt ab.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 22: Entwurf betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und das Arbeits­inspektionsgesetz geändert werden, in 1983 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Schatz, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über den erwähnten Zusatzantrag, danach über die vom er­wähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Mag. Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfügung der neuen Ziffern 38a, 38b, 40a bis d, 41a bis c, 43a, 44a sowie 45a in Artikel 1.

Wer für diesen Antrag ist, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Schatz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag betreffend Artikel 1 Ziffern 12, 45, 86 und 89 sowie Artikel 2 Ziffer 3 eingebracht.

Wer hiefür stimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, um ein diesbezüg­liches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 191

Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit an­genommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit be­schlossen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Schatz, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Maßnahmen zur Senkung überlanger Ar­beitszeiten und Schaffung von gesünderen Arbeitsplätzen.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit und ist abgelehnt.

Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 23: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 2025 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um Ihr zustimmendes Zeichen. (Abg. Brosz: Nein! Ein Zeichen!) – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 24: Antrag des Ausschusses für Arbeit und So­ziales, seinen Bericht 2026 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. (Abg. Brosz: So ist es besser!) – Das ist mit Mehrheit angenom­men.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 25: Antrag des Ausschusses für Arbeit und So­ziales, seinen Bericht 2027 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wenn Sie dem zustimmen, bitte ich um Ihr Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

17.58.3626. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2000 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsge­setz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Bundespflege­geldgesetz, das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Urlaubsgesetz und das Arbeits­zeitgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2012 – SRÄG 2012) (2028 d.B.)

27. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1702/A der Ab­geordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz (BPGG), in der Fassung des BGBl. I Nr. 110/1993, zuletzt geändert durch das BGBI. I Nr. 111/2010, geändert wird (2029 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 192

28. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1823/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bereit­stellung von adäquaten Unterbringungsmöglichkeiten für junge Menschen mit Behinderung (2030 d.B.)

29. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1939/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend 40 Bei­tragsjahre für Arbeitnehmer mit Behinderung (2031 d.B.)

30. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1948/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausstel­lung des Ausweises gemäß § 29b StVO durch das Bundessozialamt (2032 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich rufe nun die Punkte 26 bis 30 der Tagesordnung auf, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kickl. – Bitte.

 


17.59.40

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst ein paar Worte zur Vorgangsweise rund um diesen Tagesordnungspunkt sagen.

Es hat schon im Ausschuss – zu Recht, wie ich meine –, und zwar vom Kollegen Öllin­ger, Worte der Kritik gegeben, wie hier mit einer wichtigen Materie umgegangen wird: dass nämlich ein ganzes Konglomerat von wichtigen sozialpolitischen und arbeits­marktpolitischen Entscheidungen sozusagen in einem vermanscht präsentiert wird und dann eine sehr, sehr kurze Spanne Zeit bleibt, um über diese Dinge überhaupt zu be­raten.

Da hat also Kollege Öllinger völlig recht, und es tut mir fast ein bisschen leid, dass er jetzt bei den innerparteilichen Abstimmungen so weit nach hinten durchgereicht wurde, dass er wahrscheinlich nicht mehr hier herinnen sein wird. An der Sozialpolitik kann es nicht liegen. Vielleicht ist es die Blockwartmentalität im Zusammenhang mit Internet-Aktivitäten politisch Andersdenkender. Das ist eine Möglichkeit, wo Sie vielleicht einmal fragen sollten, ob die Ursache dort liegen könnte.

Aber wie auch immer, meine Damen und Herren, diese negative Gestaltung von wich­tigen Materien setzt sich leider auch hier herinnen fort. Das muss man schon sagen, denn Sie knallen uns da gestern Abend einen Abänderungsantrag herein, wieder quer durch den Gemüsegarten, mit wichtigen Materien, die es alle zusammen verdient hät­ten, jede für sich, einmal einzeln einer genaueren Behandlung unterzogen zu werden.

Jetzt sage ich Ihnen schon etwas: Wenn das die Ausbaustufe des Parlamentarismus ist, wie Sie sich das vorstellen, dann muss man dem eine Absage erteilen. Das hat mit ernst zu nehmendem Parlamentarismus nichts zu tun. Das ist Schnellsiede-Parla­mentarismus, und das heißt nichts Gutes, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 193

Wichtige Themen werden in einem großen Block zusammen vermanscht. Es bleibt so gut wie keine Zeit für wichtige Themen wie zum Beispiel die Kurzarbeit. Jetzt fragt man sich, warum Sie nicht einen anderen Weg gewählt haben, solche Entscheidungen hier ins Hohe Haus hereinzubringen. Das kann vielleicht daran liegen, dass Sie die Debatte über die Inhalte und über die Weichenstellungen, die Sie hier zur Beschlussfassung bringen wollen, überhaupt nicht führen wollen, dass Sie gar nicht haben wollen, dass man vielleicht auch einmal darüber diskutiert hätte, ob die an und für sich sinnvolle Maßnahme der Kurzarbeit nicht noch ein gewisses Verbesserungspotenzial in sich ber­gen würde, nämlich dann, wenn es um die kleineren Unternehmen geht.

Ich glaube, Sie wollen auch nicht darüber diskutieren, warum Sie etwa im Bereich der Budgetverhandlungen diese Maßnahmen nicht schon gesetzt haben. Seit wann wissen Sie denn, dass eine Krise auf dieses Land zukommt, dass nächstes Jahr die Arbeits­losigkeit weiter steigen wird und das Wirtschaftswachstum weit unter dem liegen wird, was uns Ihre Experten immer prophezeit haben? Seit wann wissen Sie denn das?

Alle diese Fragen hätten wir ganz gerne auch im Ausschuss ausführlich diskutiert, aber Sie wollen das überhaupt nicht. Ich glaube, Sie sind in Wirklichkeit auch nicht an einer Zustimmung von Oppositionsparteien zu wesentlichen sozialrechtlichen und arbeits­marktpolitischen Maßnahmen interessiert. Ganz einfach aus dem Grund: Sie man­schen sinnvolle Dinge zusammen mit Dingen, denen man nie und nimmer seine Zu­stimmung geben kann, und Sie ziehen das Ganze hier herinnen so auf, weil Sie genau wissen, dass man in der dritten Lesung nur alles gemeinsam ablehnen oder alles gemeinsam annehmen kann. Das hat mit ehrlichem Parlamentarismus nichts zu tun. Das ist Schnellsiede-Parlamentarismus, meine Damen und Herren, und das ist kein Qualitätsgewinn! (Beifall bei der FPÖ.)

Das eine oder andere Wort noch zur Invaliditätspension, meine Damen und Herren: Ja, Abschaffung, gut. Ich meine, die Ziele, die Sie verfolgen, sind ja prinzipiell lobenswert. Senkung der Zahl der frühzeitigen Pensionsantritte: Da werden Sie niemanden finden, der nicht unterschreiben möchte, dass es vernünftig ist, das Geld dafür auszugeben, dass man die Leute aktiviert, dass man sie wieder hineinbringt in den Arbeitsmarkt, statt dafür Geld auszugeben, dass sie sozusagen aus dem Arbeitsmarkt herausge­halten werden. Das alles ist sinnvoll – aber ich sage: in der Theorie, meine Damen und Herren! In der Theorie, denn das Problem besteht darin, dass die Mittel, die Sie ein­setzen, mit der Wirklichkeit nicht kompatibel sind.

Wir sehen eine ganze Reihe von Unzulänglichkeiten und Ungerechtigkeiten im Zusam­menhang mit dieser Abschaffung der befristeten Invaliditätspension. Sie (in Richtung SPÖ) reden immer von Gerechtigkeit, Ihre Partei, jedes dritte Wort ist „Gerechtigkeit“. Ich verstehe Gerechtigkeit zunächst einmal und in erster Linie als Abschaffung von Un­gerechtigkeiten. Aber was Sie hier bei der Abschaffung der befristeten Invaliditätspen­sion machen, ist nicht die Abschaffung einer Ungerechtigkeit, sondern die Einzemen­tierung einer Ungerechtigkeit!

Das ist die klassische Zwei-Welten-Theorie: hier die Masse der ASVG-Versicherten, das sind quasi die Dummen, die das Pech haben, so viele zu sein, deswegen zocken Sie sie ab; und auf der anderen Seite gibt es Extrawürste für Bauern, Beamte und Selbstständige. Das ist eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, aber keine Vereinheitlichung des Systems, wie wir sie brauchen würden! (Beifall bei der FPÖ.) Deshalb lehnen wir auch diesen Vorschlag von Ihnen ab. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

18.04


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Csörgits. – Bitte.

 


18.04.21

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit wahrnehmen, einmal mehr


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zu betonen, wie wichtig es ist, dass wir in Österreich ein staatliches Pensionssystem haben, auf das sich die Österreicher und Österreicherinnen verlassen können. Gerade auch in den letzten Monaten hat sich wieder gezeigt, wie wichtig es ist, ein staatliches System zu haben, das unabhängig ist von Kursschwankungen und auf das sich die Pensionisten und Pensionistinnen verlassen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Weil uns dieses Pensionssystem so wichtig ist, werden wir heute auch eine sinnvolle Reform beschließen. Und zwar werden wir einen Beitrag dazu leisten, dass Menschen länger gesund im Arbeitsprozess sein können, daher werden wir heute die befristete Invaliditätspension für Menschen unter dem 50. Lebensjahr abschaffen.

Meine Damen und Herren, wichtig ist – und das möchte ich betonen –, dass für jene Menschen, die wirklich so krank sind, dass sie nicht mehr am Erwerbsleben teilnehmen können, auch nach wie vor die Pension vorhanden ist und sich nichts ändern wird. Für all jene aber, die bis jetzt eine befristete Invaliditätspension bekommen haben – und das sind ungefähr 7 000 Personen jährlich –, werden wir neue Schritte setzen. Wir wer­den auf der einen Seite mit medizinischer Rehabilitation versuchen, die Menschen ge­sund zu machen und durch Umschulung und Qualifikation auch sicherzustellen, dass Menschen wieder in den Arbeitsprozess einsteigen können; in Jobs, die auch ge­braucht werden. Darüber hinaus wird auch ein Netz von sozialer Absicherung ge­spannt. Das ist ein guter, wichtiger und richtiger Schritt, meine Damen und Herren!

Im zweiten Teil meiner Rede möchte ich einen Abänderungsantrag einbringen, der Abgeordneten Renate Csörgits, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen zum Ge­setzentwurf im Bericht des Sozialausschusses, 2028 der Beilagen, über die Regie­rungsvorlage 2000 der Beilagen betreffend ein Sozialrechts-Änderungsgesetz 2012. Ich ersuche den Herrn Präsidenten, da es sich um einen sehr umfangreichen Antrag handelt, diesen zur Verteilung zu bringen. Ich werde diesen Antrag in den Eckpunkten erläutern.

In diesem Antrag enthalten ist erstens eine Übergangsregelung für Bauarbeiter bei der Auflösungsabgabe. Was heißt das? – Es ist so, dass bis zum 1. Juli 2013 bei Beendi­gung eines Dienstverhältnisses keine Auflösungsabgabe bezahlt wird. Die entgange­nen Einnahmen werden von der Bauarbeiter-Urlaubskasse an die Gebarung der Ar­beitsmarktpolitik überwiesen.

Ein zweiter sehr wichtiger Punkt sind Reparaturen im Zusammenhang mit dem Pen­sionsanpassungsgesetz aus dem Jahr 2008.

Ein dritter wichtiger Punkt ist das Pensionskonto. Für weibliche Versicherte, die vor dem 1. Jänner 1959 geboren wurden, wird der Abschlag aufgrund eines früheren Pen­sionsantrittes erst mit Ende des nächsten Jahres wirksam.

Viertens: Erleichterungen für Unternehmungen bei der Verwaltung von Urlaubsansprü­chen. Ich darf dazu erläutern, dass es bis jetzt schon möglich war, durch Kollektivver­trag oder durch Betriebsvereinbarung von einem Urlaubsjahr auf das Kalenderjahr um­zustellen. Dies soll jetzt auch in Betrieben ohne Betriebsrat gelten, wenn es eine schriftliche Vereinbarung gibt.

Die zwei letzten Punkte: Punkt Nummer fünf ist die Kurzarbeit. Die Kurzarbeit soll noch attraktiver gestaltet werden. Sie soll künftig auch bis zu 24 Monate verlängert werden können, jedenfalls bis zum Jahr 2015. Es soll auch vereinfacht werden, dass es von Kurzarbeit ohne Qualifizierung einen leichteren Übergang zu Kurzarbeit mit Qualifizie­rung geben wird.

Ich darf hier einschieben, dass wir in der Vergangenheit mit der Kurzarbeit sehr gute Erfahrungen gemacht haben. Daher wird dort, wo wir gemerkt haben, dass noch nach­justiert werden soll, nunmehr nachjustiert.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 195

Der sechste Punkt – er liegt mir ganz besonders am Herzen, und ich bin sehr froh, dass wir da eine Einigung geschafft haben – ist eine Verbesserung der Pflegefreistel­lung. Das ist ein Fortschritt für alle Familien. Künftig wird es so sein, dass in Patch­work-Familien, die ja immer mehr zunehmen, auch jener „neue“ – sage ich einmal un­ter Anführungszeichen – Elternteil, der nicht ein leiblicher Elternteil des Kindes ist (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Es gibt keinen „neuen“ Elternteil!), zu Hause bleiben kann, wenn das Kind krank ist.

Darüber hinaus soll die Pflegefreistellung auch auf die leiblichen Eltern erweitert wer­den, wenn der Kindesvater oder die Kindesmutter nicht im gemeinsamen Haushalt lebt. Und drittens soll es auch ermöglicht werden, dass die Pflegefreistellung in Anspruch genommen werden kann, wenn Kinder im Krankenhaus sind  bis zum zehnten Ge­burtstag des Kindes und wenn es speziell medizinisch begründet ist.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Damit nehmen wir auf die neuen Familienformen in Österreich Rücksicht. Wir schaffen damit eine Win-win-Situation. Die Kinder haben mehr davon, weil sichergestellt ist, dass Eltern sie pflegen können. Die Frauen haben mehr davon, weil auch die Väter verstärkt in die Verantwortung genommen werden. Darüber hinaus kann man festhalten, dass auch die Arbeitgeber mehr davon haben, denn für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Österreich ist klar, dass sie einen Rechtsanspruch auf diese Pflegefreistellung haben werden.

Ich möchte mich ganz herzlich bei vielen Kollegen und Kolleginnen bedanken. Stell­vertretend möchte ich mich bei meinem Kollegen August Wöginger für die kooperative und gute Zusammenarbeit bedanken. Ich darf mich auch ganz herzlich bei den beiden Klubsekretären bedanken, bei Dr. Philipp Hartig und bei Dr. Gabriele Kotzegger, bei den Kollegen und Kolleginnen des Ressorts. Wir haben damit einen guten Schritt ge­setzt. Herzlichen Dank für die gute Zusammenarbeit! Ich freue mich auf die Beschluss­fassung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.10


Präsident Fritz Neugebauer: Der Abänderungsantrag ist verteilt, er ist auch ausrei­chend erläutert worden und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Renate Csörgits, August Wöginger, Franz Riepl, Peter Haubner, Gabriele Binder-Maier, Ridi Steibl und Kolleginnen und Kollegen zum Gesetzentwurf
im Bericht des Sozialausschusses 2028 der Beilagen über die Regierungsvorlage 2000 der Beilagen betreffend ein Sozialrechts-Änderungsgesetz 2012.

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Art. 2 (Änderung des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes) wird wie folgt ge­ändert:

Nach der Z 4 wird folgende Z 5 eingefügt:

»5. Nach § 16 wird folgender § 17 samt Überschrift angefügt:

„Übergangsregelung zur Auflösungsabgabe

§ 17. Bei Beendigung eines arbeitslosenversicherungspflichtigen Dienstverhältnisses vor dem 1. Juli 2013 ist keine Abgabe gemäß § 2b zu leisten, wenn der Betrieb (die Unternehmung) bezüglich des betroffenen Arbeitnehmers gemäß § 2 des Bauarbeiter-


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Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes (BUAG) dem Sachbereich der Urlaubsregelung un­terliegt und die für diesen Arbeitnehmer gemäß § 21 BUAG festgesetzten Zuschläge gemäß § 21a BUAG entrichtet hat. Die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse hat als Ersatz für die dadurch entgangenen Abgaben bis spätestens 30. Juni 2013 eine Pauschalabgeltung an die zweckgebundene Gebarung Arbeitsmarktpolitik in der Höhe von 4,8 Mio. € zu leisten.“«

Art. 3 (Änderung des Arbeitsmarktservicegesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Nach der Z 2 werden folgende Z 3 bis 5 eingefügt:

»3. § 37b Abs. 3 lautet:

„(3) Die Kurzarbeitsbeihilfe dient dem teilweisen Ersatz der zusätzlichen Aufwendun­gen für die Kurzarbeitsunterstützung sowie für die Beiträge zur Sozialversicherung und zur betrieblichen Mitarbeitervorsorge. Die Beihilfe gebührt in der Höhe der anteiligen Aufwendungen, die der Arbeitslosenversicherung im Falle der Arbeitslosigkeit für Ar­beitslosengeld zuzüglich der Beiträge zur Krankenversicherung und zur Pensionsversi­cherung entstünden. Ein Wechsel von der Kurzarbeitsbeihilfe zur Qualifizierungsbeihil­fe ist nach Maßgabe der Richtlinien gemäß Abs. 4 möglich. Für die Abgeltung der an­teiligen Aufwendungen können Pauschalsätze festgelegt werden. Unter der Vorausset­zung, dass bis spätestens Ende 2013 eine Beihilfe gewährt wurde, erhöht sich die Bei­hilfe ab dem fünften Monat um die auf Grund der besonderen Beitragsgrundlage er­höhten Aufwendungen des Dienstgebers für die Beiträge zur Sozialversicherung.“

4. § 37b Abs. 4 fünfter Satz und § 37c Abs. 6 fünfter Satz lautet jeweils:

„Unter der Voraussetzung, dass bis spätestens Ende 2013 eine Beihilfe gewährt wur­de, sind Verlängerungen bis zu einer Gesamtdauer des Beihilfenbezuges von insge­samt 24 Monaten zulässig.“

5. § 37c Abs. 4 lautet:

„(4) Die Qualifizierungsbeihilfe dient dem teilweisen Ersatz der zusätzlichen Aufwen­dungen für die Qualifizierungsunterstützung sowie für die Beiträge zur Sozialversiche­rung und zur betrieblichen Mitarbeitervorsorge. Die Beihilfe gebührt in der Höhe der an­teiligen Aufwendungen, die der Arbeitslosenversicherung im Falle der Arbeitslosigkeit für Arbeitslosengeld und Schulungsmaßnahmen zuzüglich der Beiträge zur Kranken­versicherung, zur Pensionsversicherung und zur Unfallversicherung entstünden. Für die Abgeltung der anteiligen Aufwendungen können Pauschalsätze festgelegt werden. Ein Wechsel von der Qualifizierungsbeihilfe zur Kurzarbeitsbeihilfe ist nach Maßgabe der Richtlinien gemäß Abs. 6 möglich. Für die Abgeltung der anteiligen Aufwendungen können Pauschalsätze festgelegt werden. Unter der Voraussetzung, dass bis spätes­tens Ende 2013 eine Beihilfe gewährt wurde, erhöht sich die Beihilfe um die auf Grund der besonderen Beitragsgrundlage erhöhten Aufwendungen des Dienstgebers für die Beiträge zur Sozialversicherung.“«

b) Die bisherige Z 3 erhält die Bezeichnung „6.“.

c) Die Z 4 wird durch folgende Z 7 und 8 ersetzt:

»7. § 78 werden folgende Abs. 27 und 28 angefügt:

„(27) § 37b Abs. 3 und Abs. 4 sowie § 37c Abs. 4 und Abs. 6 in der Fassung des Bun­desgesetzes BGBl. I Nr. xx/2012 treten mit 1. Jänner 2013 in Kraft.

(28) § 25 Abs. 1, § 29 Abs. 4, § 32 Abs. 6 und § 38a in der Fassung des Bundesge­setzes BGBl. I Nr. xx/2012 treten mit 1. Jänner 2014 in Kraft.“

8. § 79 Abs. 3 lautet:


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„(3) § 37b Abs. 3 letzter Satz und Abs. 4 fünfter Satz sowie § 37c Abs. 4 letzter Satz und Abs. 6 fünfter Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2012 treten mit Ablauf des 31. Dezember 2015 außer Kraft.“«

Art. 5 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt ge­ändert:

a) Im § 362 Abs. 4 Z 2 in der Fassung der Z 62 wird der Ausdruck „Rehabiltitation“ durch das Wort „Rehabilitation“ ersetzt.

b) Nach der Z 69 wird folgende Z 69a eingefügt:

»69a. Im § 667 Z 2 wird der Ausdruck „1. Jänner 2008“ durch den Ausdruck „31. De­zember 2007“ ersetzt.«

c) Dem § 669 in der Fassung der Z 71 wird folgender Abs. 8 angefügt:

„(8) § 25 Abs. 3 APG ist nur auf Versicherungsfälle anzuwenden, in denen der Stichtag nach dem 31. Dezember 2013 liegt.“

Art. 6 (Änderung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt ge­ändert:

a) Nach der Z 6 wird folgende Z 6a eingefügt:

»6a. Im § 346 Z 2 wird der Ausdruck „1. Jänner 2008“ durch den Ausdruck „31. De­zember 2007“ ersetzt.«

b) Der bisherige Text des § 347 in der Fassung der Z 7 erhält die Absatzbezeichnung „(1)“; folgender Abs. 2 wird angefügt:

„(2) § 25 Abs. 3 APG ist nur auf Versicherungsfälle anzuwenden, in denen der Stichtag nach dem 31. Dezember 2013 liegt.“

Art. 7 (Änderung des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Nach der Z 11 wird folgende Z 11a eingefügt:

»11a. Im § 336 Z 2 wird der Ausdruck „1. Jänner 2008“ durch den Ausdruck „31. De­zember 2007“ ersetzt.«

b) Der bisherige Text des § 339 in der Fassung der Z 12 erhält die Absatzbezeichnung „(1)“; folgender Abs. 2 wird angefügt:

„(2) § 25 Abs. 3 APG ist nur auf Versicherungsfälle anzuwenden, in denen der Stichtag nach dem 31. Dezember 2013 liegt.“

Art. 11 (Änderung des Urlaubsgesetzes) wird wie folgt geändert:

Die Z 1 und 2 werden durch folgende Z 1 bis 6 ersetzt:

»1. § 2 Abs. 4 erster Satz lautet:

„Durch Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung oder in Betrieben ohne Betriebsrat durch schriftliche Einzelvereinbarung kann anstelle des Arbeitsjahres das Kalenderjahr oder ein anderer Jahreszeitraum als Urlaubsjahr vereinbart werden.“

2. Im § 10a Abs. 1 wird der Ausdruck „Art. VII Abs. 2, einer Verordnung gemäß Art. VII Abs. 3 und 4“ durch den Ausdruck „Art. VII Abs. 2 oder 4, einer Verordnung gemäß
Art. VII Abs. 3“ ersetzt.

3. § 16 Abs. 1 lautet:

„(1) Ist der Arbeitnehmer nach Antritt des Arbeitsverhältnisses an der Arbeitsleistung

1. wegen der notwendigen Pflege eines im gemeinsamen Haushalt lebenden erkrank­ten nahen Angehörigen oder


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2. wegen der notwendigen Betreuung seines Kindes (Wahl- oder Pflegekindes) oder ei­nes im gemeinsamen Haushalt lebenden leiblichen Kindes des anderen Ehegatten, des eingetragenen Partners oder Lebensgefährten infolge eines Ausfalls einer Person, die das Kind ständig betreut hat, aus den Gründen des § 15d Abs. 2 Z 1 bis 5 des Mut­terschutzgesetzes 1979, BGBl. Nr. 221, in der jeweils geltenden Fassung, oder

3. wegen der Begleitung seines erkrankten Kindes (Wahl- oder Pflegekindes) oder ei­nes im gemeinsamen Haushalt lebenden leiblichen Kindes des anderen Ehegatten, des eingetragenen Partners oder Lebensgefährten bei einem stationären Aufenthalt in einer Heil- und Pflegeanstalt, sofern das Kind das zehnte Lebensjahr noch nicht vollen­det hat,

nachweislich verhindert, so hat er Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts bis zum Höchstausmaß seiner regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit innerhalb eines Arbeits­jahres. Als nahe Angehörige im Sinne dieses Bundesgesetzes sind der Ehegatte, der eingetragene Partner und Personen anzusehen, die mit dem Arbeitnehmer in gerader Linie verwandt sind, ferner Wahl- und Pflegekinder, im gemeinsamen Haushalt lebende leibliche Kinder des anderen Ehegatten oder des eingetragenen Partners oder Lebens­gefährten sowie die Person, mit der der Arbeitnehmer in Lebensgemeinschaft lebt.“

4. Im § 16 Abs. 2 wird nach dem Klammerausdruck „(Wahl- oder Pflegekindes)“ die Wortfolge „oder im gemeinsamen Haushalt lebenden leiblichen Kindes des anderen Ehegatten oder eingetragenen Partners oder Lebensgefährten“ eingefügt.

5. Dem § 16 Abs. 3 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Im Fall der notwendigen Pflege seines erkrankten Kindes (Wahl- oder Pflegekin­des) hat auch jener Arbeitnehmer Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung nach Abs. 1 Z 1, Abs. 2 und 3, der nicht mit seinem erkrankten Kind (Wahl- oder Pfle­gekind) im gemeinsamen Haushalt lebt.“

6. Dem § 19 wird folgender Abs. 12 angefügt:

„(12) § 2 Abs. 4 erster Satz, § 10a Abs. 1 sowie § 16 Abs. 1, 2 und 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2012 treten mit 1. Jänner 2013 in Kraft.“«

Begründung

Zu Art. 2 (§ 17 AMPFG):

Die Übergangsregelung soll die Möglichkeit zur Weiterentwicklung von Modellen zur Verlängerung der Beschäftigung für Bauarbeiter bieten, um auftrags- und witterungs­bedingte Unterbrechungen von Arbeitsverhältnissen möglichst zu vermeiden. Durch die pauschale Abgeltung der entgangenen Abgaben an die Gebarung Arbeitsmarktpolitik aus dem Sachbereich der Urlaubsregelung der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungs­kasse wird eine unzulässige Begünstigung der betroffenen Arbeitgeber vermieden.

Auf Basis der Daten für das 1. Halbjahr 2011 ergeben sich 38 700 Auflösungen von Dienstverhältnissen, die der Bauarbeiter-Urlaubs- und –abfertigungskasse unterliegen und auf Grund der Auflösungsart für die Auflösungsabgabe relevant sind (das sind 77 % aller Beendigungen von Dienstverhältnissen). Auf Grund der vorliegenden Ar­beitsmarktprognosen und der aktuellen Entwicklung der gesamten Bauarbeitslosigkeit ist davon auszugehen, dass die Zahl der relevanten Auflösungen in der ersten Jahres­hälfte 2013 um ca. 10 % über dem Wert von 2011 liegen wird. Folglich würden knapp 43 000 Auflösungsfälle der Auflösungsabgabe von jeweils 113 € unterliegen. Aus dem Produkt der Fälle und der jeweiligen Auflösungsabgabe errechnen sich prognostizierte Einnahmen von 4,8 Mio. €.

Zu Art. 3 (§§ 37b Abs. 3 und 4, 37c Abs. 4, 78 Abs. 27 und 28 sowie 79 Abs. 3 AMSG):


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Im Hinblick auf die voraussichtlich schwierige Wirtschaftslage sollen befristete Sonder­regelungen den von vorüber gehenden wirtschaftlichen Schwankungen betroffenen Be­trieben den Einsatz von Kurzarbeit oder von Kurzarbeit mit Qualifizierung erleichtern. Ein Wechsel von der Kurzarbeitsbeihilfe zur Qualifizierungsbeihilfe und umgekehrt soll gesetzlich ausdrücklich ermöglicht werden, um Hindernisse für die Durchführung von Qualifizierungsmaßnahmen zu beseitigen. Die Detailregelungen, zu welchen Zeitpunk­ten ein Wechsel möglich ist, sollen in der Richtlinie des Verwaltungsrates festgelegt werden. Beihilfen, die vor Ende 2013 gewährt werden, sollen auf bis zu 24 Monate ver­längert werden können sowie im Falle der Kurzarbeit ab dem fünften Monat und im Falle der unter arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten besonders zweckmäßigen Kurzarbeit mit Qualifizierung von Beginn an die zusätzlichen Aufwendungen für die So­zialversicherung, die auf Grund der trotz Verringerung der Arbeitszeit unverminderten Beitragsgrundlage entstehen, abgelten.

Zu Art. 5 lit. a (§ 362 Abs. 4 Z 2 ASVG):

Mit der vorgeschlagenen Änderung wird ein Redaktionsversehen beseitigt.

Zu Art. 5 lit. b, Art. 6 lit. a und Art. 7 lit. a (§ 667 ASVG; § 346 GSVG; § 336 BSVG):

Mit der vorgeschlagenen Änderung werden Unsicherheiten in der Vollziehung beho­ben.

Bei der praktischen Durchführung hat sich nämlich gezeigt, dass die Pensionsversiche­rungsträger die §§ 667 ASVG, 346 GSVG und 336 BSVG so anwenden, dass in Ein­zelfällen keine besondere Pensionsanpassung erfolgt, obgleich eine solche sachlich gerechtfertigt wäre. Betroffen sind Pensionen, deren Höhe im Dezember 2007 zwi­schen 734,52 € und 746,99 € betragen hat.

Nunmehr soll eindeutig klargestellt werden, dass die mit Bundesgesetz BGBl. I
Nr. 76/2012 normierte Besondere Pensionsanpassung uneingeschränkt allen Perso­nen zusteht, deren Leistungen für das Jahr 2008 nur mit dem Anpassungsfaktor ver­vielfacht wurden.

Bezüglich der finanziellen Auswirkungen der Besonderen Pensionsanpassung wurde im einschlägigen Ausschussbericht (siehe AB 1858 BlgNR 24. GP 2) ausgeführt, dass die BezieherInnen von rund 455 000 Direktpensionen und rund 165 000 Hinterbliebe­nenpensionen profitieren und dass sich die Kosten in der gesetzlichen Pensions­versicherung im Jahr 2012 auf rund 9 Mio. € und in den Folgejahren jährlich auf rund 37 Mio. € belaufen werden. Diese Zahlenangaben sind von der Änderung der Z 2 leg. cit. nicht tangiert, da bereits bei der Erstellung der Kostenschätzung alle Pensionen er­fasst waren, die im Jahr 2008 nur mit dem Anpassungsfaktor vervielfacht wurden.

Zu Art. 5 lit. c, Art. 6 lit. b und Art. 7 lit. b (§ 669 Abs. 8 ASVG; § 347 Abs. 2 GSVG;
§ 339 Abs. 2 BSVG):

Nach § 25 Abs. 3 APG wurde für weibliche Versicherte, die vor dem 1. Jänner 1959 geboren sind und bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 die Anspruchsvoraussetzun­gen für die Langzeitversicherungspension erfüllen, der „Abschlag“ im Pensionskontoteil von 4,2 % auf 1,2 % pro Jahr des früheren Pensionsantrittes vermindert.

Dies war notwendig, weil mit Ablauf des 31. Dezember 2013 die Kontoerstgutschrift an die Stelle der Parallelrechnung treten wird.

Mit der vorgeschlagenen Ergänzung der Schlussbestimmungen zu den Sozialversiche­rungsnovellen wird klargestellt, dass auch die erwähnte Verringerung des „Abschlages“ erst mit Ablauf des 31. Dezember 2013 wirksam wird.

Zu Art. 11 Z 1 (§ 2 Abs. 4 UrlG):


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Die Administration von Urlaubsansprüchen ist aufwändig, wenn der Anspruch für jeden Arbeitnehmer zu einem anderen Stichtag entsteht. Daher regelt § 2 Abs. 4 UrlG die Möglichkeit, das Urlaubsjahr durch Kollektivvertrag oder Betriebsvereinbarung vom Dienstjahr auf das Kalenderjahr (oder eine andere Urlaubsperiode) umzustellen.

Mit der vorgesehenen Änderung kann das Urlaubsjahr nunmehr auch in Betrieben oh­ne Betriebsrat durch schriftliche Einzelvereinbarung vom Arbeitsjahr auf einen anderen Zeitraum umgestellt werden. Die Vereinbarung eines aliquoten Urlaubsanspruchs für das Rumpfurlaubsjahr ist nur nach Maßgabe des § 2 Abs. 4 Z 1 und 3 UrlG zulässig.

Zu Art. 11 Z 2 (§ 10a Abs. 1 UrlG):

Hier erfolgt eine Anpassung der Verweisungen.

Zum Urlaubsgesetz ist anzumerken, dass bei Arbeitnehmer/inne/n der Feuerwehren für den Erwerb eines Anspruches auf Zusatzurlaub im laufenden Urlaubsjahr nur Nacht­schwerarbeiten heranzuziehen sind, die ab dem 1. Jänner 2013 geleistet werden.

Zu Art. 11 Z 3 (§ 16 Abs. 1 UrlG):

Die Anzahl der Patchwork-Familien, also der Familien, in denen Kinder unter 18 Jahren aus einer anderen Beziehung vorhanden sind, wird mit annähernd 73 000 beziffert. Diese (aus dem Mikrozensus 2011 der Statistik Austria stammenden) Zahlen zeigen die Vielfalt der tatsächlich gelebten Familienformen in Österreich sehr deutlich. Da das geltende Pflegefreistellungsrecht vorzüglich das klassische Familienbild von verheira­teten Eltern und ihren Kindern vor Augen hat, ergeben sich strukturelle Benachteili­gungen für andere Familienformen, insbesondere für Menschen, die in „Patchwork-Fa­milien“ leben, aber auch für Lebensgefährten.

Stiefeltern kommt bei der Betreuung und Erziehung von Kindern, die aus einer voran­gegangenen Partnerschaft des anderen Partners stammen, eine bedeutende Rolle zu. Dementsprechend erweiterte der mit dem Familienrechts-Änderungsgesetz 2009 ge­schaffene § 90 Abs. 3 ABGB die eheliche Beistandspflicht von Ehegatten ausdrücklich dahin, dass jeder Ehegatte dem anderen in der Ausübung der Obsorge gegenüber dessen Kindern in angemessener Weise beizustehen hat (Beistandspflicht des verhei­rateten Stiefelternteiles).

Mit dem KindNamRÄG 2012 soll die mit dem Familienrechts-Änderungsgesetz 2009 in § 137 Abs. 4 ABGB eingeführte „Beistandspflicht“ aller volljährigen Personen, die mit einem Elternteil und dessen Kind im gemeinsamen Haushalt leben und zum Elternteil in einem familiären Verhältnis stehen, in den § 139 Abs. 2 ABGB des Entwurfs ver­schoben werden. Darüber hinaus schlägt der Entwurf aber vor, dass auch diese Per­sonen verpflichtet sein sollen, den Elternteil in Obsorgeangelegenheiten des täglichen Lebens erforderlichenfalls zu vertreten.

Nach der geltenden Rechtslage hat der/die Ehegatte/in oder Lebensgefährte/in für das leibliche Kind des/der (anderen) Ehegatte/in oder Lebensgefährten/in keinen Anspruch auf Pflege- oder Betreuungsfreistellung nach § 16 Abs. 1 Z 1 und Z 2 UrlG. In Anbe­tracht der gesellschaftlichen Realität sowie der im Familienrecht bereits getroffenen bzw. nunmehr geplanten Maßnahmen sollte ein solcher Anspruch im § 16 UrlG gere­gelt werden.

Nach einer strengen Wortlautinterpretation des § 16 Abs. 1 Z 1 UrlG haben Eltern bei einem Krankenhausaufenthalt ihres Kindes keinen Anspruch auf Pflegefreistellung, da die Notwendigkeit der Pflege des Kindes durch die Eltern im Hinblick auf die Betreuung durch das Kranken-hauspersonal nicht gegeben ist.

Besteht im Einzelfall kein Anspruch auf Pflegefreistellung, stehen dem Arbeitnehmer auch andere Möglichkeiten zur Verfügung, wie die Vereinbarung eines Urlaubs, die


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Vereinbarung einer Freistellung von der Arbeitsleistung gegen Entfall des Entgelts oder die Berufung auf den gesetzlichen Dienstverhinderungsgrund nach § 8 Abs. 3 AngG bzw. § 1154b Abs. 5 ABGB.

Die Forderung nach einem ausdrücklichen Anspruch auf Pflegefreistellung bei einem stationären Aufenthalt ist insoweit nachvollziehbar, als der Heilungsprozess durch die Anwesenheit eines Elternteils beschleunigt werden kann und allein die Tatsache, dass eine dem Kind vertraute Person anwesend ist, sich positiv auf die Psyche des Kindes auswirkt.

Dementsprechend wird im arbeitsrechtlichen Schrifttum die Ansicht vertreten, dass bei einem stationären Aufenthalt eines Kindes im Einzelfall ein Anspruch auf Pflegefreistel­lung gemäß § 16 UrlG gegeben sein kann, und zwar dann, wenn die Anwesenheit bzw. die Betreuung von Kindern im Spital durch die Eltern während des Krankenhausauf­enthaltes medizinisch indiziert ist. In seiner Entscheidung 9 Ob A 335/99a vom 16. Fe­bruar 2000 hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass ein Anspruch auf Pfle­gefreistellung auch für die Zeit vor der Entlassung des Kindes im Hinblick auf die Not­wendigkeit besteht, dem Kind nach seiner außerordentlich schweren und seinen Zu­stand stark beeinträchtigenden Operation durch intensive Kontakte die erforderliche psychische Betreuung im Krankenhaus zukommen zu lassen.

Aus Gründen der Rechtssicherheit wie auch aus sozialpolitischen Gründen wird klarge­stellt, dass im Fall des Aufenthalts von noch nicht zehnjährigen Kindern in einer Heil- und Pflegeanstalt ein Anspruch auf Pflegefreistellung besteht. Damit genügt für noch nicht zehnjährige Kinder der bloße stationäre Aufenthalt in einem Krankenhaus unab­hängig von der Art und der Schwere der Erkrankung für die Begründung eines An­spruches auf Pflegefreistellung. Voraussetzung bei Kindern des anderen Ehegatten, des eingetragenen Partners oder Lebensgefährten ist zusätzlich, dass das Kind mit dem/der Arbeitnehmer/in im gemeinsamen Haushalt lebt. Darüber hinaus können die vom OGH im genannten Urteil entwickelten Grundsätze hinsichtlich des Vorliegens ei­nes Anspruches auf Pflegefreistellung auch auf die Krankenhausbegleitung von über zehnjährigen Kindern angewendet werden.

Eine Anpassung des Abs. 1 Z 2 erfolgt insoweit, als ein Anspruch auf Betreuungsfrei­stellung nunmehr auch für Kinder des anderen Ehegatten, des eingetragenen Partners oder Lebensgefährten geschaffen wird, allerdings unter der Voraussetzung, dass ein gemeinsamer Haushalt mit dem Kind vorliegt.

Zu Art. 11 Z 4 (§ 16 Abs. 2 UrlG):

Es wird klargestellt, dass der Anspruch nach § 16 Abs. 2 UrlG auch im Fall einer neu­erlichen Verhinderung des Arbeitnehmers wegen Erkrankung des unter 12-jährigen Kindes des anderen Ehegatten, eingetragenen Partners oder Lebensgefährten besteht.

Zu Art. 11 Z 5 (§ 16 Abs. 4 UrlG):

Nach geltender Rechtslage hat im Fall einer Scheidung oder Trennung der Eltern nur jener Elternteil gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 UrlG Anspruch auf Pflegefreistellung, mit dem das erkrankte Kind (Wahl- oder Pflegekind) im gemeinsamen Haushalt lebt. Dass sich das erkrankte Kind (Wahl- oder Pflegekind) vorübergehend beim anderen Elternteil aufhält, ändert daran nichts. Bei aufrechter Ehe bzw. Lebensgemeinschaft und einem gemeinsamen Haushalt des erkrankten Kindes mit beiden Elternteilen haben sowohl Mutter als auch Vater Anspruch auf Pflegefreistellung.

Durch die Einführung der Obsorge beider Eltern (Wahl- und Pflegeeltern) nach einer Scheidung oder Trennung nach Maßgabe der §§ 167, 177 und 177b ABGB in der Fas­sung des Kindschafts-rechts-Änderungsgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 135/2000, hat der Gesetzgeber die Wichtigkeit der Kontinuität der Verantwortung beider Elternteile für ihr


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Kind trotz Scheidung oder Trennung zum Ausdruck gebracht. Die Wahrnehmung der Obsorgeaufgaben durch beide Elternteile auch nach der Scheidung oder Trennung ist damit das vom Gesetzgeber präferierte Modell des nachehelichen Eltern-Kind-Ver­hältnisses (vgl. auch Hopf - Weitzenböck, Schwerpunkte Kindschaftsrechts-Änderungs­gesetz 2001, ÖJZ 2001, 485). Dementsprechend soll mit dem KindNamRÄG 2012 die Möglichkeit, nach der Scheidung beide Elternteile mit der Obsorge zu betrauen, im Hin­blick auf die gesellschaftliche Entwicklung, aber auch mit Blick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Verfassungsgerichtshofs zur Obsorge für uneheliche Kinder ausgebaut werden; bei Kindern nicht miteinander verheirateter Eltern soll der Weg für die jungen Eltern in die gemeinsame Obsorge dadurch erleichtert werden, dass sie entsprechende Erklärungen gemeinsam und persönlich beim Standesamt abgeben können (vgl. die §§ 177 f ABGB i.d.F. des KindNamRÄG 2012). Im Übrigen wird auf die ausführlichen Erläuterungen zu diesen Bestimmungen verwiesen.

Die Obsorge beinhaltet die Verpflichtung der Eltern, das Kind zu pflegen und zu erzie­hen; im Fall der Erkrankung eines Kindes bedeutet gemeinsame Verantwortung der El­tern auch, dass sich beide um das Kind kümmern.

Mit der vorgeschlagenen Bestimmung soll im Arbeitsrecht die Möglichkeit geschaffen werden, dass Arbeitnehmer im Fall einer Trennung oder Scheidung weiterhin ihre elter­lichen Pflichten wahrnehmen können. Im Sinne der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie und der Förderung der partnerschaftlichen Betreuung des Kindes steht daher nach Abs. 4 der Anspruch auf Pflegefreistellung nach Abs. 1 Z 1, Abs. 2 und Abs. 3 unabhängig davon zu, ob das erkrankte Kind mit dem Arbeitnehmer, der den Anspruch auf Pflegefreistellung geltend macht, in einem gemeinsamen Haushalt lebt oder nicht. Dies soll zudem unabhängig davon gelten, ob dem vom Kind getrennt le­benden Elternteil Obsorge für das Kind zukommt oder nicht. Für den Anspruch auf Pflegefreistellung für das leibliche Kind des anderen Ehegatten, des eingetragenen Partners oder Lebensgefährten ist weiterhin ein gemeinsamer Haushalt mit dem Kind erforderlich.

Durch diese Änderung wird gewährleistet, dass Kinder, deren Eltern getrennt leben, im Krankheitsfall durch beide Eltern betreut werden können wie Kinder, deren Eltern im gemeinsamen Haushalt leben.

Zu Z 6 (§ 19 Abs. 12 UrlG):

Diese Bestimmung regelt das In-Kraft-Treten.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


18.10.49

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Rehabilitation vor Invaliditätspension: Das ist ein Vorhaben, dem wir immer schon zugestimmt haben, das wir immer schon haben woll­ten. Deshalb sind wir natürlich für alle Anstrengungen, die in diesem Sinn unternom­men werden. Und trotzdem ist es zu wenig!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon interessant, dass wir genau im vorigen Punkt der Tagesordnung über Prävention gesprochen haben und klarerweise in einem Gesamtkonzept die Prävention am Beginn stehen sollte, wenn man vermei­den will, dass es überhaupt zu Invaliditätspensionen beziehungsweise Rehabilitations­maßnahmen kommt. Da stellen wir fest, dass wir, was den Bereich der psychischen Erkrankungen betrifft – und die Debatte hatten wir ja im vorigen Tagesordnungspunkt –,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 203

einiges zu bewältigen haben für die nächsten Jahre, wo jetzt erst mit kleinen Schritten begonnen wird, etwas dagegen zu unternehmen.

Der Arbeitsdruck, dem die Menschen ausgesetzt sind, ist groß. Es ist gut, wenn jetzt Maßnahmen zur Rehabilitation gesetzt werden, aber zunächst sollten eigentlich die Prävention, das Verhindern von krankmachenden Umständen im Bereich der Arbeits­welt, die Überlegungen dazu, wie man das am besten gestalten kann, erfolgen. Da re­de ich noch gar nicht von den Mitteln für Präventionsprogramme. – Das ist das eine.

Auf das andere hat Kollege Kickl schon hingewiesen, nämlich nicht nur den Abände­rungsantrag, den Sie gestern eingebracht haben, sondern auch die fehlende Zeit, die wir insgesamt haben, so wichtige Materien gemeinsam zu diskutieren. Gemeinsam meine ich nicht nur im Sozialausschuss, gemeinsam meine ich, was die Prävention be­trifft, auch mit den Vertretern des Gesundheitsministeriums, weil dort die Agenden an­gesiedelt sind, und wahrscheinlich auch mit dem Wirtschaftsressort, weil da natürlich auch die Wirtschaft in sehr vielen Fragen mitstimmen müsste.

Ich komme aber jetzt trotzdem zum Kern dieses Gesetzes, mit dem Sie die befristete Invaliditätspension de facto abschaffen und mit dem Maßnahmen gesetzt werden, um Rehabilitation zu stärken. Was irritiert uns daran? Oder was bringt uns dazu, diesem Antrag, obwohl darin viele Punkte enthalten sind, die wir auch für unterstützenswert halten, nicht zuzustimmen? – Das eine hat schon Kollege Kickl gesagt: Sie manschen alles in einen Riesenantrag hinein, Materien, die eigentlich nicht zusammengehören, und verlangen dann von uns, dass wir entweder dem allen zustimmen oder das alles ablehnen.

Ich mache unseren differenzierten Standpunkt klar, und trotzdem werden wir in dritter Lesung gegen das Gesetz stimmen. Ich sage Ihnen auch detaillierte Gründe. Auch das wurde schon genannt: Wir hätten uns anstrengen müssen und sollen, um Bauern, Selbstständige, Beamte, die von diesem Entwurf zur Invaliditätspension nicht betroffen und umfasst sind, hineinzubringen.

Viel entscheidender für mich ist aber, dass eine Gruppe, von der Sie, Herr Bundesmi­nister, auch in der Vergangenheit immer wieder gesagt haben, dass dort etwas passie­ren muss, überhaupt nicht betroffen ist von den Verbesserungen bei der Rehabilitation beziehungsweise von einem verbesserten Zugang zur Invaliditätspension. Das ist die große Gruppe der ungelernten Arbeitnehmerinnen und Arbeiter, derer ohne Berufs­schutz.

Sie wissen genau, was da am Arbeitsmarkt derzeit aufgrund der bestehenden Geset­zeslage passiert. Die sind so krank, dass sie eigentlich kaum mehr arbeiten können. Trotzdem haben sie keinen Zugang zur Invaliditätspension, weil es Bestimmungen im Gesetz gibt, die sagen: Na, wenn du zumindest die Hälfte des Mindesteinkommens verdienen kannst auf einem Arbeitsplatz, den es praktisch nicht geben muss, den es nur fiktiv geben muss, dann bist du noch nicht ausreichend invalid.

Das ist Zynismus pur! Das führt dazu, dass man jemanden, der beispielsweise als Por­tier nicht mehr tätig sein kann, weil er ein kaputtes Kreuz hat, zumutet, auf dem fiktiven Arbeitsmarkt, wo es theoretisch noch immer Portierplätze gibt, weiterhin seine Arbeit zu suchen, obwohl es diese Arbeit nicht gibt und obwohl der oder die nicht 40 Stunden arbeiten könnte, sondern mit dem kaputten Kreuz bestenfalls 10 oder 20 Stunden – zu einem Lohn, von dem man nicht leben kann! Denn zugemutet wird dieser Gruppe, dass sie sich um rund 400 oder 500 € am Arbeitsmarkt verdingen soll.

Da ändert sich überhaupt nichts durch die gesetzlichen Bestimmungen, die jetzt vorge­schlagen werden. Das ist ein altes Problem, das wir haben, und in den letzten Jahren hat jeder Sozialminister gesagt: Ja, da müssen wir etwas machen. Ich vermute, auch Kollege Wöginger hat das gesagt; ich habe jetzt keine Zitate herausgesucht. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 204

Warum passiert da nichts? Warum passiert nichts genau bei dieser Gruppe, die ohne Berufsschutz am Arbeitsmarkt herumirren muss, einen Job suchen muss, den es nicht gibt, die man sozusagen fiktiv auf den Arbeitsmarkt verweist? – Es muss überhaupt keinen Job geben, keinen wirklichen Job als Portier. Aber fiktiv wäre er noch in der La­ge – fiktiv! –, 20 Stunden als Portier zu arbeiten. 40 Stunden geht nicht mehr, weil das Kreuz kaputt ist. Das stelle man sich einmal vor!

Darum bringen wir auch folgenden Abänderungsantrag zum Sozialrechts-Änderungs­gesetz 2012 ein:

„Die Regierungsvorlage betreffend das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2012 (2000 d.B.) in der Fassung des Berichtes des Sozialausschusses (2028 d.B.) wird wie folgt geän­dert:

In Art 5 wird nach Ziffer 34 folgende Ziffer 34a eingefügt:

34a. In § 255 Abs. 3a erster Satz wird nach den Worten ‚wenn sie‘ die Wortfolge ‚ent­weder infolge ihres körperlichen oder geistigen Zustandes nicht mehr imstande ist, zu­mindest ein jährliches Nettoeinkommen in der Höhe des vierzehnfachen Wertes nach § 293 Abs. 1 Lit a Sublit. bb ASVG (€ 814,82) zu erzielen, oder‘ eingefügt.“

*****

Was meinen wir damit? – Die Person sollte nur auf den Arbeitsmarkt verwiesen werden können, wenn sie ein Einkommen in der Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes netto zu erzielen vermag – netto! Denn der Ausgleichszulagenrichtsatz ist wirklich nicht viel, zum Leben von Arbeit eigentlich unzumutbar. Darum sagen wir netto und nicht brutto, denn der Ausgleichszulagenrichtsatz wird ja brutto ausbezahlt.

Das wäre eigentlich einer der wichtigsten Punkte, eines der wichtigsten Versäumnisse dieser Reform, meine sehr geehrten Damen und Herren. Trotzdem nenne ich Ihnen ganz kurz auch noch andere Punkte.

Es gibt unterschiedliche Grenzen bei dem Einkommen, das man erzielen kann, oder bei der Entschädigung für das Reha-Geld und für das Umschulungsgeld. Das ist ab­surd. Ich habe das schon im Ausschuss gesagt: Es ist absurd, dass man sozusagen einsteigt in die Rehabilitation mit einem Einkommen oder einer Entschädigung, die so ist, dann geht es runter, und dann geht es wieder rauf. (Der Redner illustriert seine Worte mit entsprechenden Positionierungen seines Armes.) Die Leute müssen ihr Leben danach ausrichten. Sie können nicht mit Einkommensverlusten dazwischen aus­kommen, weil sie eben gerade in der Planungsphase für das Reha-Geld sind. Das ist absurd.

Der nächste Punkt, der absurd ist: Es fehlt ein einheitliches Case-Management. Es ist absurd, dass es mehrere Case-Manager geben soll während der Phase, in der man auf Rehabilitation ist.

Einen anderen Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren, bringe ich Ihnen auch noch zur Kenntnis. Ich weiß schon, bei den Abänderungsanträgen, die Sie da in letzter Minute noch eingebracht haben, passiert ein bisschen was in Richtung Pflegefreistel­lung. Aber was wir wollen, ist, einen Rechtsanspruch für pflegende Angehörige zu ver­ankern; das bezieht sich auf unseren entsprechenden Antrag. Das haben Sie leider nicht geschafft!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das finde ich schade, es würde nämlich man­ches im Bereich Pflege erleichtern. (Beifall bei den Grünen.)

18.20



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 205

Präsident Fritz Neugebauer: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karl Öllinger, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Sozialaus­schusses über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversi­cherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitsmarkt­servicegesetz, das Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz, das Allgemeine Sozialversiche­rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversiche­rungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Bundespfle­gegeldgesetz, das Nachtschwerarbeitsgesetz, das Urlaubsgesetz und das Arbeitszeit­gesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2012 – SRÄG 2012; 2000 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichts (2028 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2012 (2000 d.B.) in der Fassung des Berichtes des Sozialausschusses (2028 d.B.) wird wie folgt ge­ändert:

In Art 5 wird nach Ziffer 34 folgende Ziffer 34a eingefügt:

34a. In § 255 Abs. 3a erster Satz wird nach den Worten „wenn sie“ die Wortfolge „ent­weder infolge ihres körperlichen oder geistigen Zustandes nicht mehr imstande ist, zu­mindest ein jährliches Nettoeinkommen in der Höhe des vierzehnfachen Wertes nach § 293 Abs. 1 Lit a Sublit. bb ASVG (€ 814,82) zu erzielen, oder“

eingefügt.

Begründung

In der gegenwärtigen Rechtslage ist für Personen ohne Berufsschutz ein Zugang zur Invaliditätspension nur dann möglich, wenn sie infolge ihres körperlichen oder geistigen Zustandes nicht mehr imstande sind, durch eine Tätigkeit, die auf dem Arbeitsmarkt noch bewertet wird und die ihnen unter billiger Berücksichtigung der von ihnen aus­geübten Tätigkeiten zugemutet werden kann, wenigstens die Hälfte des Entgeltes zu erwerben, das ein körperlich und geistig gesunder Versicherter regelmäßig durch eine solche Tätigkeit zu erzielen pflegt (§255 ASVG).

Wer keinen Berufsschutz erworben hat, kann also, sofern er oder sie noch rein theo­retisch die Hälfte des niedrigst denkbaren Vollzeit-Arbeitslohns erwerben könnte, auch trotz erheblichster gesundheitlicher Einschränkungen keine Invaliditätspension in An­spruch nehmen und wird auf den so genannten „fiktiven Arbeitsmarkt“ verwiesen.

Dieser Markt ist tatsächlich im wahrsten Sinne des Wortes „fiktiv“, als Tätigkeiten mit geringstem Anforderungsprofil, die auf dem Arbeitsmarkt noch bewertet sind, auf Grund der Niedrigstlöhne in diesen Bereichen unmöglich zu einem existenzsichernden Einkommen führen können. Andererseits werden Tätigkeiten in diesen Bereichen auch nicht in einem Maße am Arbeitsmarkt angeboten, das den betroffenen Menschen eine berufliche Integration erlaubt. Zwangsläufige Folge dieser Rechtslage ist, dass in Ös­terreich zumindest knapp 30.000 Menschen ohne beruflich verwertbare Ausbildung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 206

und Berufsschutz, dafür aber mit erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen und ohne Perspektive, je wieder einer Erwerbsarbeit nachgehen zu können, in Sicherungs­systemen festgehalten werden, die ihnen nicht die in ihrer Situation notwendige Si­cherheit und Unterstützung bieten. In der Regel sind dies die Arbeitslosenversicherung und die bedarfsorientierte Mindestsicherung. Zur fehlenden Sicherheit und Unterstüt­zung kommt auch noch die enorme gesundheitliche und emotionale Belastung der Be­troffenen und ihres sozialen Umfelds wie PartnerInnen, Familienmitglieder und Freun­dInnen.

Es ist menschenverachtend, zynisch und absurd, dass in Österreich Menschen einzig und allein auf Grund ihrer fehlenden Ausbildung und ihrer gesundheitlichen Einschrän­kungen in einer entwürdigenden, unsicheren und Heilungsprozesse behindernden Si­tuation ohne Perspektive festgehalten werden. Die Absurdität, der Zynismus und die Menschenverachtung werden auch noch auf die Spitze getrieben, als die betroffenen Menschen auf Grund des fehlenden Berufsschutzes auch keine Möglichkeit der Reha­bilitation im Rahmen des Zieles „Rehabilitation vor Invaliditätspension“ erhalten, da sie ja ohne weitere Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes eben keine Invaliditäts­pension erreichen können, die Gefahr derselben jedoch Voraussetzung eines Rechts­anspruches auf Rehabilitation darstellt.

Die vorgeschlagene Regelung löst dieses Problem zumindest insofern, als in der Folge nicht mehr 50% des niedrigsten denkbaren Einkommens unterschritten werden muss, um Zugang zu Rehabilitation (und im Fall deren Unzumutbarkeit: der Invaliditätspen­sion) zu erhalten, sondern ein Nettoerwerbseinkommen das unter der für die Aus­gleichszulage festgelegten Grenze liegt.

Der Österreichische Arbeitsmarkt kennt derzeit Beschäftigungsverhältnisse, die mit le­diglich € 1.070,- brutto für eine Vollzeiterwerbstätigkeit entlohnt werden. 50% dieses Arbeitslohns führen bei ganzjähriger Beschäftigung zu einem Jahresnettoeinkommen von € 6.372 (oder € 454,- im Monat, 14 Mal im Jahr). Es ist evident, dass mit diesem Einkommen ein Leben in Würde nicht möglich ist. Fraglich ist, ob mit einem solchen Einkommen in Österreich überhaupt ein Leben möglich ist.

Es ist moralisch geboten und auch sozialpolitisch wie gesundheitspolitisch intelligent, den Zugang zum Rechtsanspruch auf Rehabilitation und allenfalls zur Invaliditätspen­sion insofern zu erleichtern, als diese zynisch niedrige Einkommensgrenze deutlich er­höht wird. Die Heranziehung der für die Ausgleichszulage festgelegten Einkommens­grenze erlaubt es, den Betrag, der nicht unterschritten werden darf, auf monatlich € 814,82 netto (etwa 958 € brutto) festzulegen. Dieser Bezug auf die Ausgleichszulage macht Sinn, als Personen andernfalls gezwungen wären, ohne Perspektive ein nied­rigeres Erwerbseinkommen als die ihnen zustehende Pension zu akzeptieren. Ebenso erscheint es als sinnvoll, sich hierbei auf das Nettoeinkommen zu beziehen, da sonst die Tätigkeit auf dem Arbeitsmarkt nicht belohnt würde. Dieser Aspekt wurde beispiels­weise auch bei der Regelung zur Rezeptgebühren-Obergrenze und der Befreiung von Telefon- und GIS-Gebühren berücksichtigt.

Ein weiterer positiver Effekt dieser Erleichterung des Zugangs zum Rechtsanspruch auf Rehabilitation und gegebenenfalls zur Invaliditätspension wäre eine deutlich realis­tischere Darstellung der Verhältnisse am österreichischen Arbeitsmarkt. Ausgehend von jenen knapp 30.000 Menschen ohne beruflich verwertbare Ausbildung und Be­rufsschutz, die aber aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen kaum über eine Perspektive auf eine Reintegration am Arbeitsmarkt verfügen, würde ein Wegfallen die­ser Personen aus den Zahlen der Arbeitslosenversicherung und der bedarfsorientierten Mindestsicherung einen erheblich realistischeren Blick auf die Arbeitsmarktstatistik er­möglichen.


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§ 255 Abs. 3a erster Satz verweist auf den konkreten Grenzbetrag, der auch mit ge­sundheitlichen Einschränkungen erreicht werden muss, um eine gesicherte Existenz garantieren zu können und in § 293 Abs. 1 Lit a Sublit. bb ASVG mit € 814,82 festge­legt ist.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.

 


18.20.15

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße die große Abordnung aus Kärnten, 100 Personen, die den Abgeordneten Obernosterer hier im Parlament besuchen. – Herzlich Willkommen im Hohen Haus! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir behandeln heute zum Ersten das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2012 mit dem Schwerpunkt der Reform bei den Invaliditätspensionen und zum Zweiten einen um­fangreichen Abänderungsantrag mit sehr wichtigen Maßnahmen, der heute hier einge­bracht wurde. Zum Thema I-Pensionen ist bereits viel gesagt worden, auch von meiner Kollegin Csörgits. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir hier ein Signal setzen und in diesem Bereich in Richtung medizinische Rehabilitation, berufliche Rehabilitation, Um­schulungsgeld gehen. Es steht das erhöhte Krankengeld zur Verfügung im Bereich der Rehab oder das Arbeitslosengeld plus 25 Prozent im Bereich der Umschulung. Also das ist an und für sich aus meiner Sicht durchaus eine gute Lösung.

Es geht darum, Menschen länger im Erwerbsleben zu halten. Das ist das Prinzip die­ses Reformpaketes bei den Invaliditätspensionen, denn die Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter haben nichts davon, wenn sie durch Krankheit nicht mehr ihrem Job nachkom­men können. Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, die Menschen länger und ge­sünder im Erwerbsprozess zu halten (Beifall bei der ÖVP), daher begrüßen wir diese Maßnahme. Sie ist wichtig für die Betroffenen und auch wichtig für die Steuerzahlerin­nen und Steuerzahler, weil es, nach einigen Jahren, wenn diese Rehabilitation und auch die Umschulungsmaßnahmen greifen, insgesamt natürlich auch etwas bringt. Wenn Menschen länger in Beschäftigung bleiben, dann tragen Sie natürlich mit ihren Beiträgen dazu bei, dass die Steuereinnahmen in diesem Bereich wieder steigen.

Es gibt eine einheitliche Begutachtungsstelle, ein Kompetenzzentrum wird eingerichtet, insgesamt zwei Stellen, eine bei der Pensionsversicherungsanstalt für den Unselbstän­digen-Bereich, eine bei der gewerblichen Sozialversicherung für die Bauern und die Gewerbetreibenden. Die Sicherstellung der einheitlichen Begutachtungsstandards ist damit gewährleistet. Das war für uns in der Volkspartei immer eine wichtige Kompo­nente, dass nach gleichen Kriterien entschieden wird, wenn jemand eine Invaliditäts­pension oder Erwerbsunfähigkeitspension zugesprochen bekommt. Das heißt, es ist ein gutes Paket.

Die befristete Invaliditätspension unter 50 wird abgeschafft, dazu kommen die Rehabili­tationsmaßnahmen, das Umschulungsgeld.

Ein Punkt, der auch im Paket enthalten ist, ist die Änderung im Nachtschwerarbeitsge­setz für die Berufsfeuerwehren. Berufsfeuerwehren werden in Zukunft in das Nacht­schwerarbeitsgesetz aufgenommen.

Zum Abänderungsantrag habe ich noch ein paar Anmerkungen – Herr Kollege Öllinger ist jetzt leider nicht mehr da –: Also es ist nicht so, dass das wenige kleine Änderungen in diesem Bereich sind. Das sind umfassende Maßnahmen im Bereich der Pflege­freistellung. Erstens: Bei Patchwork-Familien, die nicht im gemeinsamen Haushalt le-


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ben, wird jetzt die Pflegefreistellung, der Pflegeurlaub anerkannt. Ein zweiter Punkt ist, dass Stiefeltern, die im gemeinsamen Haushalt leben, auch diese Pflegefreistellung bekommen. Die dritte Maßnahme ist, dass man bei stationären Aufenthalten – und das ist natürlich hier auch mit zu berücksichtigen – von Kindern bis zum zehnten Lebens­jahr Pflegeurlaub bekommt.

Also das ist schon ein sehr großes Paket, und es gibt auch weitere Maßnahmen im Ar­beitsmarktbereich, die notwendig sind, nämlich Kurzarbeitsbeihilfen, die für das kom­mende Jahr im AMS-Gesetz geregelt werden. Das wird verlängert auf maximal 24 Mo­nate, und die erhöhte Beihilfe steht ab dem fünften Monat zur Verfügung, statt bisher ab dem siebenten Monat. Bereits angesprochen wurden die Auflösungsabgabe Bauar­beiter, eine Sozialpartnerlösung in diesem Bereich, und die Umstellung des Urlaubs­jahres auf das Kalenderjahr in jenen Betrieben, in denen es keinen Betriebsrat gibt; das kann jetzt auch einzelvertraglich geregelt werden. – Also diese Dinge muss man hier schon auch erwähnen.

Das ist ein Paket, das wichtig ist, das notwendig ist. Wir stehen dazu. Ich bedanke mich auch bei allen, die hier mitgearbeitet haben, vor allem auch in den letzten Tagen. Frau Kollegin Csörgits, dir gebe ich diesen Dank auch gerne zurück, ein Dank auch an das Kabinett und an den Herrn Bundesminister!

Ich meine, insgesamt sind das wichtige Maßnahmen, die uns zum einen weiterbringen im Bereich der Invaliditätspensionen und zum anderen helfen, auf die Gegebenheiten, die wir aktuell auf dem Arbeitsmarkt haben, zu reagieren und im Bereich der Pflegefrei­stellung eine gute Situation für unsere Familien zu schaffen. Heute ist ein guter Tag für die Familien, wir beschließen die gemeinsame Obsorge und auch die Pflegefreistel­lung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.25


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


18.25.18

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Zuseher auf der Galerie! Ziel des Sozial­rechts-Änderungsgesetzes 2012 ist der Ersatz der befristeten Invaliditätspension. Mit dem Gesetzentwurf soll der Zugang weiter eingeschränkt werden, mittel- und langfris­tig, damit die Finanzierung der gesetzlichen Pensionsversicherung gewährleistet ist. Die befristete Invaliditätspension wird sozusagen aufgesplittet in ein Umschulungsgeld beziehungsweise in ein Rehabilitationsgeld, beziehungsweise sie wird dadurch ersetzt. Die Art der Unterstützung wird auch davon abhängig gemacht, ob Umschulungen jetzt notwendig sind oder andere Angebote und Maßnahmen zur beruflichen Wiedereinglie­derung zweckmäßig und zumutbar sind.

Zuständig für die berufliche Rehabilitation und für das Umschulungsgeld wird laut die­sem Gesetzentwurf das AMS sein. Zuständig für die medizinische Rehabilitation wer­den die Krankenversicherungsträger sein. Der Herr Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz erwartet sich dadurch beträchtliche Einsparungen in diesem Bereich. Ich hoffe, das trifft auch zu. Es ist einiges positiv zu bewerten in diesem Be­reich. Das sage ich auch einmal. Vor allem einheitliche Standards bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit von beeinträchtigten Menschen im ASVG, BSVG, GSVG in diesem Bereich finde ich gut. Und vor allem die Einbeziehung der Leute von der Berufsfeuer­wehr ins Nachtschwerarbeitsgesetz ist auch sehr positiv zu bewerten.

Also einiges in diesem Gesetzentwurf ist sicherlich positiv zu sehen. Ob die gewünsch­ten Maßnahmen schlussendlich auch zum Ziel führen, werden wir sehen. Es ist weiter daran zu arbeiten. Rehab und Umschulungen allein werden aber nichts bringen, Herr


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Bundesminister. Ich habe das auch schon im Ausschuss gesagt, denn fest steht, dass derzeit viele, vor allem von den älteren Arbeitnehmern, arbeitslos sind und kaum eine Aussicht auf einen Job haben. Wir brauchen Arbeitsplätze für ältere Menschen. Wie wir sehen, ist die Arbeitslosigkeit im Steigen begriffen. Es ist keine Frage, dass wir alle da­ran arbeiten müssen, dass das besser wird. Es nützt nichts, wenn wir im internatio­nalen Vergleich noch halbwegs gut dastehen, aber trotzdem davon betroffen sind.

Umschulung und Rehabilitation helfen nicht, wenn man danach keine Jobs mehr findet. Eine Umschulung ist in Ordnung, die Rehabilitation auch, die ist wesentlich. Prävention ist aber besser, mit Umschulung kann einiges bewirkt werden, nur, wenn hinterher kei­ne Aussicht auf einen Job besteht, hilft uns das nicht weiter.

Eines möchte ich noch betonen, und zwar dass die Änderungen im Sozialrechts-Ände­rungsgesetz sich auch in der Statistik niederschlagen werden: die Umschulungen in der Schulungsstatistik des AMS, die Rehabilitation in der Krankenversicherung, und je­ne, die in Pension gehen, im Pensionsantrittsalter. Es wird sich hier im Bereich der Sta­tistik einiges verschieben. Wichtig ist, dass wir bei den steigenden Invaliditätspensio­nen gegensteuern.

Begrüßt wird von unserer Seite auch, dass man jetzt für die pflegenden Angehörigen einiges unternimmt. Das ist jetzt auch in diesem Abänderungsantrag enthalten. Dem können wir einiges abgewinnen, denn in diesem Bereich haben wir ja auch schon in der Vergangenheit Anträge eingebracht, die zur Entlastung der pflegenden Angehöri­gen beitragen. Das finden wir positiv, nur ist uns das alles noch nicht weitreichend ge­nug. (Beifall beim BZÖ.)

18.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. – Bitte.

 


18.29.28

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich werde jetzt über den Antrag des Abgeordneten Hofer sprechen. Ja, ich habe es zuerst auch nicht glauben können, Herr Kollege, aber es stimmt, viele jun­ge Menschen teilen wirklich ihr Pflegeheim mit Seniorinnen und Senioren. Wir haben uns das angeschaut und haben gedacht, in Zeiten wie diesen kann es das nicht sein. Wir sind nach Salzburg gefahren, wir sind nach Kärnten gefahren, ich habe mir so et­was gemeinsam mit dem Kollegen Tadler angeschaut. Wir müssen hier wirklich etwas tun. Es kann nicht sein, dass in Zeiten wie diesen, in denen wir sehr viel Geld in die Hand nehmen, die Menschen nicht vernünftig unterstützt werden.

Menschen, die es wirklich sehr schwer haben im Leben, denen man auch Chancen und Möglichkeiten bieten muss, um aus dieser Problematik wieder herauszukommen, denen man Visionen und Hoffnung geben soll, werden hier quasi in gemeinsame Sta­tionen – ich sage es jetzt einmal so – abgeschoben. Warum? – Weil Altersheime eben barrierefrei sind, weil diese Personen auch dort betreut werden können von den Pfle­gerinnen und Pflegern, was ich ja prinzipiell sehr begrüße, aber wir müssen uns auf lange Sicht echt überlegen, wie wir damit umgehen.

Wir können zum Beispiel spezifisch etwas machen, indem wir beispielsweise Schwer­punktheime ins Leben rufen, wo diese Menschen mit Behinderungen auch altersge­recht versorgt werden können. Altersgerecht bedeutet, dass sie dort auch unter Men­schen verschiedener Altersschichten arbeiten und auch sinnvollen Tätigkeiten nachge­hen können. Wir hatten so ein Heim in Spittal an der Drau; Kollege Köfer wird es ken­nen. Das alte Heim, das wir in Spittal gehabt haben, gibt es Gott sei Dank nicht mehr, aber das war genau so ein Fall. Das war ein Wahnsinn, wie es dort war. Die Be­dingungen waren einfach schlecht. Jetzt ist wirklich alles gut, und deswegen werden wir den Antrag natürlich unterstützen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 210

Den zweiten Antrag vom Kollegen Hofer werden wir auch unterstützen. Wenn jemand nachweislich 50 Prozent invalide ist und 40 Jahre gearbeitet hat, dann ist für mich klar, dass er dann abschlagsfrei in Pension gehen kann. Das ist für mich ein Punkt, der glasklar ist. Da muss man einfach den Hebel ansetzen, weil diese Menschen sowieso ein Problem haben, wieder einen Job zu finden, und wenn sie dann gearbeitet haben, dann sind 40 Jahre wirklich genug. Das ist ein Antrag, den wir unterstützen werden. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

18.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Hofer. – Bitte.

 


18.31.59

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist tatsächlich so. Ich habe das auch nicht gewusst, aber als ich nach meinem Unfall damals sechs Monate lang im Weißen Hof untergebracht war, ha­ben mir jüngere Kollegen erzählt, sie kommen danach in ein Altenwohn- und Pflege­heim.

Es gibt sehr, sehr viele Heime, die wirklich bestens ausgestattet sind und wo für Senio­ren, für ältere Menschen sehr, sehr viel gemacht wird. Stellen Sie sich aber vor, Sie sind ein junger Mensch, vielleicht 30 Jahre alt, und leben 40 Jahre lang in einem Alt­wohn- und Pflegeheim, knüpfen dann endlich Kontakte, freunden sich auch mit den äl­teren Kollegen an und erleben dann immer wieder, dass ein Kontakt nach dem ande­ren verstirbt! Das ist wirklich ein ganz, ganz schwerer Weg, den man gehen muss.

Ich weiß, Herr Bundesminister, Sie sind nicht unmittelbar zuständig, aber Sie haben mir gesagt, Sie werden mit den Landeshauptleuten über dieses Thema sprechen. Ich glaube, das ist wirklich wichtig. Da kann man sehr viel tun, und man kann sehr vielen Menschen das Leben wesentlich erleichtern, wenn man eine altersgerechte Unterbrin­gung organisieren kann. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein Punkt, den ich kurz ansprechen will, ist eben diese Verwaltungsvereinfachung, die wir beantragt haben, nämlich dass die Behindertenausweise vom Bundessozialamt ausgestellt werden und dass man davon abgeht, dass der Ausweis nach § 29b nicht vom Bundessozialamt, sondern vom Magistrat oder der BH ausgestellt wird. Ich habe gehört, das ist in der Umsetzung, das soll Mitte nächsten Jahres kommen. Ich finde es trotzdem eigenartig, wenn man sagt: Das ist in Ordnung, das wollen wir, und dann den Antrag ablehnt. Das ist ein anderer Zugang zum parlamentarischen Alltag.

Ein weiterer Punkt, den viele nicht verstanden haben oder anfangs nicht verstehen können, wenn sie sich mit dem Thema weniger auseinandersetzen, ist, dass nun auch blinde und sehbehinderte Menschen einen Ausweis gemäß § 29b bekommen sollen. Die meisten fragen sich, warum ein blinder Mensch, der ja sowieso nicht mit dem Auto fährt, einen Parkausweis bekommt. Tatsache ist, dass die Sehbehinderung sich auch auf das Gehen auswirkt, und es soll verhindert werden, dass jemand, wenn er eben mit dem Auto eines Bekannten gefahren wird, dann irgendwo aussteigen und weit gehen muss, um zum Ziel zu gelangen. Daher ist auch das eine sehr, sehr positive Maßnah­me, die umgesetzt wird, dass künftig auch blinde und sehbehinderte Menschen einen entsprechenden Parkausweis erhalten. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Köfer.)

18.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Katzian. – Bitte.

 


18.34.52

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gerne das wiederholen, was ich auch schon in der Ausschussdebatte gesagt habe, nämlich dass ich mich wirklich


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über die Art und Weise, wie die Diskussion sowohl zum vorherigen Tagesordnungs­punkt als auch zum jetzigen gelaufen ist, gefreut habe, und zwar deshalb, weil sie sich bei aller Unterschiedlichkeit – dass man eben gerne ein bisschen mehr hätte durchset­zen wollen, das trifft wahrscheinlich auf jeden von uns zu – doch sehr eng und sehr na­he an der Sache bewegt hat.

Das hat sich wohltuend von der Diskussion unterschieden, die vor gar nicht so langer Zeit über das Thema Berufsunfähigkeits- und Invaliditätspension politisch und auch öf­fentlich geführt wurde. Da wurde nämlich so getan, als wären alle, die in die Berufsun­fähigkeits- und Invaliditätspension gehen, Tachinierer, Leute, die eigentlich gar nicht arbeiten wollen. Da hat es schon eine komische Diskussion gegeben, bei der man in­frage gestellt hat, ob die Menschen wirklich krank sind.

Ich glaube, mit den heutigen Diskussionen und Beschlussfassungen – zum Ersten zum Arbeitnehmerschutzgesetz, wo wir einen wichtigen Schritt in Richtung mehr Prävention getan haben, und zum Zweiten mit den Maßnahmen im Sozialrechts-Änderungsge­setz – sind wichtige Schritte gesetzt worden, um das Ganze in eine seriöse Debatte zu führen und ausgehend davon weitere wesentliche Schritte zu machen.

Fakt ist aber auch – das haben Vorredner schon gesagt –: Wenn all das aufgeht, was wir uns vornehmen, heißt das noch lange nicht, dass die Menschen, wenn sie dann re­habilitiert sind, automatisch einen Job haben. Es braucht daher auch an dieser Ecke entsprechende Maßnahmen und Aktivitäten. Es braucht Maßnahmen der medizini­schen Rehabilitation und Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation, damit Menschen, die krank sind, Menschen, die gesundheitlich beeinträchtigt sind, wieder integrierbar sind, aber es braucht auch Arbeitsplätze, es braucht Jobs für über 50-Jährige.

Da gibt es in der letzten Zeit einen positiven Trend, ich hoffe, er ist auch nachhaltig. Die Arbeitslosigkeit der über 50-Jährigen hat sich nicht mehr so negativ entwickelt, wie das in der Vergangenheit der Fall war. Aber – ich verrate da auch kein Geheimnis – wir haben ja im Rahmen der Sozialpartner-Aktivitäten seinerzeit in Bad Ischl zur Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters auch darüber diskutiert, dass wir eben nicht nur sozialversicherungsrechtliche Änderungen brauchen, sondern dass wir auch andere Maßnahmen im Arbeitsmarktbereich benötigen, allen voran die Bonus-Malus-Rege­lung. Diese ist auf Sozialpartnerebene vereinbart, und ich würde mich sehr freuen, wenn in einem nächsten Schritt sowohl die Bonus-Malus-Regelung als auch vielleicht ein Experience Rating kommt, dass also jene Unternehmen, die einen unterdurch­schnittlichen Anteil von älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern beschäftigen, etwas zahlen müssen und Unternehmen, die einen überdurchschnittlichen Anteil von älteren ArbeitnehmerInnen beschäftigen, Geld erhalten.

Ich glaube, dass mit diesen Maßnahmen, die schon Teil von Sozialpartnerverhandlun­gen und -vereinbarungen sind beziehungsweise waren, weitere Schritte gesetzt wer­den, um nicht nur die medizinisch-gesundheitliche Seite, sondern auch die arbeits­markttechnische Seite abzudecken. Ansonsten, glaube ich, ist ein guter und wichtiger Schritt gelungen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

18.38


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte.

 


18.38.41

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur zu einem kleinen Punkt im Abänderungsantrag der Regierungsparteien zur Regierungsvorlage Stellung nehmen, nämlich zum Thema Kurzarbeit.

Am 20. November hatten wir eine Sitzung des Sozialausschusses. Wir haben seit Mo­naten steigende Arbeitslosenzahlen, der Höhepunkt der jetzigen Krise ist noch nicht


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 212

erreicht, aber bei diesem Sozialausschuss wurden das Thema Kurzarbeit oder auch sonstige geplante Maßnahmen zur Krisenbekämpfung nicht einmal gestreift. Dann er­eilt uns am 1. Dezember über die Medien die Forderung der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftskammer, dass es eine Reform der Kurzarbeitszeitregelung braucht; der Zugang soll erleichtert werden und die Kosten für die Unternehmen sollen reduziert werden.

Darauf reagieren die ArbeitnehmerInnenvertreter – AK, Gewerkschaft –, die ja im Rah­men der Sozialpartnerschaft eigentlich für die Kurzarbeit verantwortlich sind, und sa­gen: Nein, brauchen wir nicht, die bestehenden Regelungen sind ausreichend, sie ha­ben sich in der Krise bewährt. Wir brauchen also nichts. Das war am 1. Dezember.

Am 2. Dezember erfahren wir über die Medien, dass sich Bundesminister Hundstorfer und Bundesminister Mitterlehner auf eine Reform der Kurzarbeit geeinigt haben. Und im Nationalrat wird das nur in Form eines Abänderungsantrages durchgepeitscht. – Ich protestiere vehement gegen diese Vorgangsweise. Ich finde, die österreichischen Ar­beitnehmer und Arbeitnehmerinnen hätten es sich verdient, dass wir uns auch im Aus­schuss intensiver mit der Krise auseinandersetzen. Ich finde, es ist zu wenig, einfach die Hand zu heben, weil uns die Industriellenvereinigung sozusagen etwas vorgibt. (Beifall bei den Grünen.)

In der letzten Krise haben wir rund 200 Millionen € für Kurzarbeit ausgegeben. Ich den­ke schon, dass das eine Summe ist, über deren Verteilung wir diskutieren müssen, ausführlich diskutieren müssen. Und bitte, die jetzige Regelung sieht vor, dass der An­teil des Bundes auch noch steigen wird. Das heißt, die Kosten für die Arbeitgeber ge­hen zurück, die Kosten für den Bund werden pro Fall steigen, um wie viel insgesamt, wissen wir aber nicht, weil die Mehrkosten nämlich nur bei Regierungsvorlagen ange­geben werden müssen. Bei einem Abänderungsantrag finden wir dazu nichts! Wir wer­den also Mehrkosten haben – und das, obwohl 80 Prozent jener Unternehmen, die bei der letzten Krise die Kurzarbeit in Anspruch genommen haben, trotzdem oder vielleicht auch deshalb Gewinne gemacht haben. Können Sie mir das bitte erklären?

Wir Grüne haben schon beim letzten Mal vorgeschlagen, dass man die Gewinnent­wicklung dieser Unternehmen beobachten und gegebenenfalls überlegen muss, ob nicht diese Gewinne wieder anteilig herangezogen werden, um die zuvor getätigten In­vestitionen in die Kurzarbeit zu refinanzieren. Sie überlegen das nicht einmal, sondern Sie erhöhen die Unterstützung, und darüber hätte ich im Ausschuss mit Ihnen schon gerne ausführlicher diskutiert.

Ich hätte auch gerne darüber diskutiert, wie Sie heute Ihre Zustimmung zum Fiskalpakt sehen, da wir kein Geld haben für eigentlich notwendige Konjunkturpakete. Fakt ist auch: Letzten Endes können Sie jetzt kaum mehr irgendetwas anderes machen als eben Kurzarbeit, weil die Kurzarbeit aus den ungedeckelten Mitteln für die passive Ar­beitsmarktpolitik finanziert wird. Für etwas anderes haben wir jedoch eigentlich kein Geld, keine Budgetmittel vorgesehen.

Ich bin sehr unzufrieden damit, dass wir dieses Thema nicht ausführlich im Ausschuss behandelt haben, und ich denke, es ist wirklich – ähnlich wie Kollege Kickl das schon ausgeführt hat – ein sehr peinliches Zeichen für den Parlamentarismus, dass wir auf Zuruf einer Interessenvertretung solche Entscheidungen treffen.

Ich möchte noch einmal betonen: An sich ist Kurzarbeit sicher ein Mittel, das sich in der letzten Krise als Krisenbekämpfungsinstrument bewährt hat; trotzdem hätten wir disku­tieren müssen und verschiedene Ausprägungen, Weiterentwicklungen auch im Sinne der Evaluierungsvorschläge des WIFO wirklich ausführlich debattieren müssen. – Dan­ke. (Beifall bei den Grünen.)

18.42



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 213

Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Herr Bundesminister Hundstorfer zu Wort. – Bitte.

 


18.43.03

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu ein paar Punkten Stellung nehmen. Ich beginne bei der Kurzarbeit und bei einem Punkt, den auch Frau Schatz jetzt angesprochen hat. Frau Abgeordnete Schatz, wenn Sie ge­schaut hätten, warum wir diesen Abänderungsantrag machen, hätten Sie gesehen: Erstens einmal läuft die jetzige Regelung am 31. Dezember aus, und wir haben ein Verantwortungsgefühl gegenüber Menschen. Das ist Punkt eins. (Abg. Mag. Schatz: Und das haben Sie tatsächlich am 20. November noch nicht gewusst?)

Das haben wir deshalb noch nicht gewusst, weil wir gewisse Beschleunigungsfaktoren noch nicht kannten. Wir verhandeln natürlich schon seit einiger Zeit auf Sozialpartner­ebene, auf Ebene der Koalition. Ich weiche auch keiner Debatte aus, wie Herr Kickl meinte. Die Kurzarbeit hat auch nichts mit Klein- oder Großbetrieben zu tun, denn die Masse der Betriebe mit Kurzarbeit sind Kleinbetriebe, sind Klein- und Kleinstbetriebe. Auch jetzt wieder: Wir haben 2 800 Menschen in Kurzarbeit, und die Masse der 31 Be­triebe sind Kleinstbetriebe. Ein Betrieb ist darunter, der mit all seinen Produktionsstät­ten in Kurzarbeit ist. Das sind allein 1 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, primär Frauen. Das ist ein einziger Betrieb. Der Rest sind Klein- und Kleinstbetriebe mit ein paar Ausnahmen. Der kleinste, den wir im Moment haben, beschäftigt fünf Arbeitneh­merInnen. Ich glaube, das ist kein Großbetrieb.

Das Instrumentarium war zu verlängern. Dieses Instrumentarium wurde verlängert. (Abg. Öllinger: Da ist nicht wieder Mensdorff dabei?) – Schau, lieber Abgeordneter Öl­linger, lieber Karl! Man lernt aus der Geschichte. – So, das ist einmal Punkt eins.

Punkt zwei: die 300 Millionen €, die da durch die Gegend gegeistert sind. – Ich weiß nicht, woher die Zahl ist. Sie ist so auf alle Fälle falsch. Das möchte ich auch nur  (Ruf bei der ÖVP: Sie ist von der Wirtschaftskammer!)  Nein, sie ist falsch. Entschul­digung! Auch wenn die Wirtschaftskammer eine Zahl nennt, muss sie nicht immer stim­men. Sie ist schlichtweg falsch.

Zum Thema Kurzarbeit: Wir haben, wie gesagt, ein Instrumentarium, das sich gut be­währt hat. Und es hat sich auch das Instrumentarium der Einbeziehung der Sozialpart­ner sehr gut bewährt. Die Bundesrepublik Deutschland kennt dieses Instrumentarium nicht. Sie hat übrigens heute auch verlängert, heute Nachmittag haben die verlängert. Die haben das gleiche legistische Problem wie wir gehabt. Die Bundesrepublik Deutschland kennt das Instrumentarium der Einbeziehung der Sozialpartner nicht. Wir haben einen Riesenunterschied: In Deutschland gab es 131 Betrugsverfahren, bei uns gab es null, weil nämlich alle am Tisch gesessen sind und sitzen und die Vereinbarung gemeinsam gestalten und das auch gemeinsam umsetzen.

Ich möchte nun zum Thema Invaliditätspension übergehen und zuerst mit einer Kritik aufräumen, die gekommen ist, wir würden die Menschen da ungleich behandeln und zwei Gruppen draußen lassen, während wir für den Rest etwas tun. – Wir behandeln die Menschen überhaupt nicht ungleich, aber es ist halt so: Wohin soll ich einen Selb­ständigen denn umschulen? Ein Selbständiger hat nur die Chance: Invalidität, Gewer­be ruhend oder die Rehab funktioniert und es geht weiter. Das Gleiche gilt für einen Bauern. Was soll ich mit einem selbständigen Bauern tun? Wohin schule ich ihn um? – Da gilt die gleiche Logik, das ist die gleiche Logik. Und da würde ich wirklich einmal bit­ten: Fangen wir nicht an, uns jetzt untereinander auseinanderzudividieren. Wenn ich ei­nen Bauern umschule auf einen anderen Beruf, dann ist er eben kein Bauer mehr. Dann war er das, dann ist das Geschichte. Und dann muss der so und so etwas ande­res machen, wenn es nicht mehr anders geht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 214

Wir haben mit diesem Gesetz sehr wohl etwas getan, worauf wir wirklich sehr, sehr stolz sein können. Wir sind ein Problem angegangen.

Da Prävention eingemahnt wurde: Zur Prävention haben wir voriges Jahr legistisch mit der Umsetzung von „fit2work“ begonnen. „Fit2work“ ist zwischenzeitlich fast überall ausgerollt. Das Instrumentarium funktioniert, auch wenn es da oder dort in der An­fangsphase bei den Beratungseinrichtungen Probleme gab, wie wir da eines unlängst in Linz hatten. Das sind aber alles Dinge, die jetzt zu funktionieren beginnen.

Lieber Karl Öllinger, wir haben auch für die ungelernten Arbeitnehmer eine Antwort. Die eine Antwort ist, dass das AMS von mir angewiesen ist, die 750 Millionen € Son­dermittel, die es bis 2016 bekommen hat, nur für diese Gruppe zu verwenden. Das ist einmal eine Antwort, denn ich lasse diese Gruppe nicht im Regen stehen, nein, über­haupt nicht. Hier wird sehr wohl hingeschaut! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben weiters geregelt, dass auch diese Gruppe einen Rechtsanspruch auf medi­zinische Rehab hat, sehr wohl einen Rechtsanspruch. Und wir haben weiters mit die­sem Gesetz geregelt, dass diese Personen auch Rehab-Geld bekommen können, wenn sie sich in Umschulungsmaßnahmen befinden. Und natürlich ist auch da der Um­schulungsbegriff ein etwas anderer, denn die Hilfskraft muss sich umschulen, man muss schauen, was man aus der Hilfskraft machen kann. Kann ich aus der Hilfskraft noch eine Fachkraft machen? Kann ich versuchen, aus der Hilfskraft im Beruf B eine Hilfskraft im Beruf C zu machen und, und, und? Wir schauen also hin und haben diese Sondermittel extra mit diesem „Mascherl“ versehen.

Und wenn kritisiert wurde, dass es mit dem Geld einmal raufgeht, dann runter und dann wieder rauf. – Ja, das ist das gegenwärtige System, das wir nicht ganz wegbe­kommen konnten. Ich kann niemandem ab dem ersten Tag des Krankenstands das erhöhte Rehab-Geld zahlen, weil ich noch gar nicht weiß, ob das eine Person ist, die in diese Zielgruppe hineinpasst oder nicht. Wir haben einen gewissen Entwicklungspro­zess, und diesen Entwicklungsprozess muss ich irgendwo abwarten. Und wenn man ihn in der Logik des Krankengeldes abwartet, so ist man eben bei der Logik des Kran­kengeldes. Die Logik des Krankengeldes haben wir dann für diejenigen erweitert, bei denen wir nach einer gewissen Abklärungsphase wissen, dass es weitergeht. Dafür haben wir dann das Rehab-Geld eingeführt.

Dadurch hat man, wenn man da heute eine Stufe drin hat, auch morgen eine Stufe drin. Ich bringe sie nicht weg die Stufe, denn ich kann ihnen nur immer das niedrige Krankengeld weiterzahlen, und das willst du nicht, und das will ich nicht. Demzufolge werden wir die Stufe irgendwo weiterhin haben – egal, ob es uns passt oder nicht.

Ein Fortschritt ist auch, dass das Rehab-Geld jetzt längerfristig bezogen werden kann. Natürlich muss einmal im Jahr hingeschaut werden, ob es einen Erfolg gibt oder nicht. Eines ist klar, und das wurde schon von Abgeordneter Csörgits gesagt: Es wird auch weiterhin Invaliditätspensionen geben. Was wir weghaben wollen, sind die befristeten Invaliditätspensionen. Wenn wir 35-, 40- oder 50-jährige Menschen aus welchen Grün­den auch immer in Befristung geben, dann wird das Problem, sie wieder aus diesem Stadium herauszubringen, ein größeres sein als das, was wir jetzt tun: Sofort hinschau­en, sofort versuchen gegenzusteuern, sofort Rehab-Maßnahmen setzen.

Wir haben uns also sehr bemüht mit dieser Gesetzesvorlage, und das, Herr Abgeord­neter Dolinschek, möchte ich noch  – Er ist auch nicht da. Jeder, der redet, rennt dann hinaus. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Nur Sie bleiben!) – Ich werde Ihnen erhalten bleiben. Schauen Sie, wenn alle so konstant wären wie ich, dann hätten wir viel Stabilität in unserem Land (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Grosz: Das sagen Sie auch Kanzler Faymann?), dann wären Sie vielleicht noch im Grazer Ge­meinderat, und jetzt sind Sie draußen. – Wollen wir das alles besser beiseitelassen, denn das Thema ist viel zu ernst.


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Meine Damen und Herren! Ein wichtiges Thema ist natürlich auch: Wohin rehabilitieren wir die Menschen? In welche Berufe rehabilitieren wir die Menschen? Wo gibt es Ar­beitsplätze? – Ja, das ist ein Entwicklungsprozess, der ist nicht einfach, aber wir haben jetzt ein paar Erfolge. Wir haben einen Zuwachs an Beschäftigung, der höher ist als der Zuwachs der Arbeitslosigkeit, und dieser Zuwachs an Beschäftigung findet statt in der Generation 50 plus. Wir haben in der Generation 50 plus einen effektiven Zuwachs an Beschäftigung, und wir haben in der Generation 60 plus um 10 Prozent mehr Be­schäftigte als voriges Jahr. Innerhalb eines Jahres um 10 Prozent mehr Beschäftigte mit 60 plus!

Das heißt, der Weg stimmt, dieser Weg muss weitergegangen werden, und ein we­sentlicher Teil wird mit dieser Novelle, die mit 1. Jänner 2014 wirksam wird, weiterge­gangen. Wir brauchen dieses Jahr zur Vorbereitung der diversen Systeme, der diver­sen Einrichtungen. Der Personalstand des AMS wird leicht aufgestockt, um das ent­sprechend bewältigen zu können. Das wird nicht mit gleichem Personalstand gesche­hen, sondern mit einem aufgestockten, weil wir ganz einfach für diese Menschen da sein müssen.

Das zur Frage der Ausdehnung der Möglichkeiten der Pflegefreistellung brauche ich nicht mehr zu wiederholen, das ist schon gesagt worden. Das ist, so meine ich, ein tol­ler Erfolg.

Ich möchte mich dafür bedanken, dass es jetzt möglich ist, für die Berufsfeuerwehren diesen Schritt zu setzen, weil das auch eine Berufsgruppe ist, die immer wieder sehr viel Verantwortung wahrnehmen muss, sehr vielen Gefahrenmomenten ausgesetzt ist und damit jetzt endlich auch Anerkennung findet. – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. – Bitte.

 


18.53.57

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es sind jetzt viele Details angesprochen worden. Ich möchte noch einmal auf den Grund dieser Invaliditätspensionsreform zu­rückkommen. Unser Ziel ist: Aktivieren statt pensionieren. Und wem nützt denn das? – Das nützt den Betroffenen, denn wer in Invaliditätspension geschickt wird oder gehen muss, der leidet ja in den meisten Fällen. Männliche Invaliditätspensionisten zum Bei­spiel leben um 10 Jahre kürzer als männliche Alterspensionisten. Das heißt, die Re­form der Invaliditätspension wird für die Betroffenen neue Chancen bringen, ihnen neue Chancen eröffnen. Die Gesundheit soll wiederhergestellt werden. Da gibt es Re­hab-Geld. Er soll umgeschult werden in einen anderen Job. Ein Bauarbeiter zum Bei­spiel, der schon den dritten Bandscheibenvorfall hinter sich hat, sollte in einen weniger belastenden Job umgeschult werden, also vielleicht zu einem Verkäufer in einem Bau­markt. Das alles macht ja Sinn, werte Kolleginnen und Kollegen. Und wichtig ist uns auch: Es muss sich niemand fürchten. Für all jene, die nie mehr die Chance haben werden zu arbeiten, wird es ja weiterhin die Invaliditätspension geben.

Entscheidend ist das Ziel, Menschen als Arbeitnehmer zu aktivieren und volkswirt­schaftlich gesehen insgesamt weniger Frühpensionisten zu haben. Das ist ja eine Win-Win-Situation: Das nützt dem Einzelnen, das nützt aber auch dem Steuerzahler, denn wenn Menschen länger gesund arbeiten können, dann wird auch unser gutes Pen­sionssystem für die Zukunft noch besser abgesichert sein.

Noch ein kurzes Wort zum Arbeitsmarkt – der Herr Minister hat es ja schon angeschnit­ten –: Da gibt es deutlich positive Tendenzen, worüber wir sehr erfreut sind. Gerade im


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 216

November entfällt zum Beispiel der gesamte Beschäftigungszuwachs auf die Gruppe der 50 plus. Das ist doch immerhin ein toller Erfolg! Denn was heißt denn das? – Das heißt, dass die Maßnahmen schon zu wirken beginnen. Was heißt denn das? – Das heißt, dass 50-plus-Arbeitnehmer auch heute schon länger im Job bleiben können. Al­so bitte, machen wir den Menschen Mut, keine Panikmache. Es gibt darüber hinaus ja eine Reihe von sonstigen Maßnahmen und Programmen, Offensivmittel für den Ar­beitsmarkt. Viel Geld wird für Schulungen, für Weiterbildung, für Wiedereingliederung in die Hand genommen. Das alles wirkt, und auf diesem Weg wollen wir weitergehen. Das ist gut so. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.57


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


18.57.03

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister, vorab muss ich einmal auf das, was Sie jetzt gesagt haben, ein bisschen reagieren. Sie haben ge­sagt, die Umschulung kann für Bauern nicht funktionieren, denn dann sind sie keine Bauern mehr. Ist es nicht das Wesen einer Umschulung, dass die Leute dann einen anderen Beruf bekommen? Wenn man einen Maurer umschult, wird er dann wahr­scheinlich auch nicht mehr als Maurer tätig sein. Insofern ist dieses Argument eines, das völlig unhaltbar ist. Jeder, den ich umschule, wird danach einen anderen Beruf ausüben. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher kann man das auch bei einem Bauern oder bei einem Selbständigen machen, wenn man das denn möchte.

Das ist jetzt etwas, was ich schon anbringen möchte: Wir haben jetzt einen Abände­rungsantrag zu diesem Gesetz bekommen, wodurch auf einmal auch die Pflegefreistel­lung sozusagen Teil dieses Gesetzes wird. Herr Bundesminister! Das ist mir nicht ganz klar. Wir hatten im Ausschuss noch einen Antrag von Kollegen Hofer und meiner We­nigkeit, der sich mit dieser Problematik befasste. Jetzt weiß ich schon, es gab schon dort die Kritik, dass dieser Antrag vielleicht inhaltlich nicht ganz so ist, wie Sie oder auch andere das gerne möchten. Man hätte das seriöserweise aber schon auch disku­tieren können und auch diskutieren müssen, um ein ordentliches Gesetz, vielleicht so­gar einen Allparteienantrag zu bekommen.

Stattdessen machen Sie da jetzt eine Abänderung, wo Sie etwas dazuhängen, das an und für sich in Ordnung ist. Es gibt natürlich vielleicht da und dort Dinge, die man an­ders machen könnte, aber prinzipiell verdient das auch unsere Zustimmung und wahr-scheinlich auch die Zustimmung anderer Fraktionen. Sie hängen das jedoch dran an einen riesigen Komplex, wo das inhaltlich-thematisch nicht einmal dazugehört, es auch überhaupt keine Berührungspunkte gibt.

Dann werden Sie sich wundern und wieder sagen, die Opposition ist böse und stimmt eigentlich überall nicht mit. Herr Bundesminister, man hat schon den Eindruck, Sie wol­len das gar nicht, denn sonst wäre es Ihnen nicht so wichtig, dass Sie das irgendwo hinten anhängen, sondern Sie hätten ein eigenes Gesetz daraus gemacht. Ich finde das sehr schade. Wir werden in zweiter Lesung in einer getrennten Abstimmung die­sem Teil natürlich zustimmen, aber insgesamt können wir diesem Gesetz dann leider Gottes keine Zustimmung geben. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 217

18.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte.

 


18.59.15

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke mir, das Ziel, Menschen län­ger gesund im Job zu halten, das ist unbestritten von allen hier im Parlament vertrete­nen Parteien ein Ziel, für das es sich zu arbeiten lohnt. Davon bin ich überzeugt, auch deswegen, weil ich überzeugt bin, dass Menschen selber gerne länger arbeiten möch­ten und es mit 45 Jahren nicht das erste Ziel ist, in Pension zu gehen. Alle Maßnah­men, die dazu führen werden, dieses Ziel zu erreichen, sind aus meiner Sicht zu be­grüßen.

Die Vorlage hat viele positive Inhalte in diese Richtung anzubieten. Viele Programme werden gemacht. Wir haben auch schon gehört, dass es viele AMS-Maßnahmen und Umschulungsmöglichkeiten geben wird.

Ich möchte aber auch einen Appell an die Wirtschaft richten: Die besten Umschulungs­programme werden nichts helfen, wenn die Wirtschaft nicht bereit ist, ältere umge­schulte, rehabilitierte Menschen in ihren Betrieben aufzunehmen. Es muss eine gute Partnerschaft zwischen dem Arbeitsmarktservice und den Wirtschaftsbetrieben geben, denn sonst helfen, wie gesagt, die besten Maßnahmen aus meiner Sicht nichts.

Ich möchte noch ganz kurz auf einen Antrag eingehen, der heute mitbehandelt wird. Der Antrag betreffend junge behinderte Menschen in Altersheimen wurde vom Kolle­gen Hofer schon angesprochen. Ich denke, auch das ist ein wirklich wichtiger Antrag. Sie wissen es, wir haben es auch im Ausschuss besprochen, es ist – leider!, möchte ich sagen – nicht in Bundeskompetenz, sondern in Länderkompetenz zu regeln. Auch da möchte ich den Appell an uns alle, an alle Kolleginnen und Kollegen richten, dass wir unsere Landespolitikerinnen und -politiker in diese Richtung sensibilisieren, damit ihnen diese Herausforderung bewusst wird, damit man tatsächlich für junge Menschen mit Behinderungen andere Unterbringungsmöglichkeiten und auch Arbeitsmöglichkei­ten findet.

Dazu möchte ich auch noch betonen, dass man im Zuge der Diskussion um die per­sönliche Assistenz, das selbstbestimmte Leben, die auch im Ministerium intensiv ge­führt wird, auch in die Richtung denken muss, überhaupt neue Modelle für Menschen mit Behinderungen zu finden. Ich denke, wir sind auf einem guten Weg, Inklusion ist in aller Munde. Arbeiten wir daran weiter! (Beifall bei der SPÖ.)

19.01


Präsident Fritz Neugebauer: Ich teile mit, dass ich wegen der Abänderung des Cro­quis und der Chance, es auch noch studieren zu können, die Abstimmung über das Sozialrechts-Änderungsgesetz, Tagesordnungspunkte 26 bis 30, nach Erledigung des Tagesordnungspunktes 32 vornehmen werde.

Zu diesen Punkten führen wir jetzt die Debatte fort.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


19.02.19

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Ich nehme Stellung zum Entschließungsantrag unseres Kollegen Hofer betreffend geeignete Unterbringungsmöglichkeiten für junge Menschen mit Behinderung. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Es muss uns doch ein großen Anliegen sein, dass Menschen mit einer Behinderung, in diesem Fall junge Menschen mit einer Behinderung, auch geeignete Unterkünfte und Einrichtungen vorfinden. Wie auch Kollege Hofer vorhin angesprochen hat, müssen sie oft in Pflegeheimen oder Altenheimen unterkommen, weil sonst keine geeignete barrie­refreie Unterkunft vorhanden ist. Das kann es nicht sein, meine sehr geehrten Damen


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und Herren! Es wäre wichtig, dass diese Menschen sich mit Gleichaltrigen unterhalten und austauschen können. Manchmal können sie sich nur mit dem Pflegepersonal un­terhalten, und die haben oft auch keine Zeit, weil sie unterbesetzt sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wird viel Geld für die EU, für Griechen­land, für Rettungsschirme ausgegeben – ja, ich möchte sogar sagen, verschleudert. Aber für so dringend gebrauchte Einrichtungen hat man kein Geld. Es wäre so wichtig, dass diese Menschen mit Behinderung, in diesem Fall junge Menschen, geeignete Un­terkünfte vorfinden, damit sie auch ein eigenständiges Leben führen könnten.

Aber so, wie es aussieht, hat diese Bundesregierung, die ja nicht unmittelbar zuständig ist, zumindest der Herr Minister nicht, kein Geld und schon gar kein Gehör für so drin­gend gebrauchte Einrichtungen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

19.03


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Höllerer. 2 Mi­nuten. – Bitte.

 


19.04.04

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! Es hat sich heute durch alle Debattenbeiträge durchgezogen wie ein roter Faden: Es ist nicht erstrebenswert, in Invaliditätspension zu sein. Die Pensionshö­he liegt deutlich unter der Alterspension. Es wurde bereits angesprochen, dass Invali­ditätspensionistinnen und -pensionisten auch eine kürzere Lebenserwartung haben als Personen, die in Alterspension sind.

Aufhorchen lässt auch die Tatsache, dass psychische Erkrankungen immer häufiger Anlass für Frühpensionierungen sind. Besonders stark davon betroffen sind Frauen. Laut den Daten der PVA und des Hauptverbandes wurden im Vorjahr fast die Hälfte der Invaliditätspensionistinnen wegen psychischer Probleme in Frühpension geschickt. Diese erschreckende Zunahme depressiver Erkrankungen kann mit der verpflichten­den Rehabilitation vor Invaliditätspension natürlich in den Griff bekommen werden, da­für müssen aber auch vermehrt präventive und begleitende Maßnahmen gesetzt wer­den.

Neben dem bewährten Programm „fit2work“, das heute schon einige Male angespro­chen wurde, wird aber vor allem die Einbindung der Allgemeinmediziner eine wichtige Rolle spielen. Für 90 Prozent der betroffenen Menschen ist ihr Hausarzt, ihr Vertrau­ensarzt die erste Anlaufstelle. Daher kommt ihm eine ganz besondere Bedeutung zu. Da muss der Hebel angesetzt werden, damit künftig weniger viel zu junge Menschen krankheitsbedingt in Frühpension gehen müssen.

Im Jahr 2011 sind rund 7 200 Menschen unter 50 Jahren in Invaliditätspension gegan­gen, 6 400 davon waren befristet. Durch die IP Neu mit allen flankierenden Maßnah­men, die heute schon im Detail besprochen wurden, sollen jene Menschen unter 50, die von einer schweren Krankheit genesen sind, wieder in Berufstätigkeit gehen kön­nen. Damit wird auch für diese Menschen wieder ein Mehr an Lebensqualität möglich. (Beifall bei der ÖVP.)

19.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Keck zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.06.19

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister!

„Nach einer wissenschaftlichen Studie des Hamburger Arbeitsmediziners Dr. Jürgen Tempel, Lehrbeauftragter an der Universität Bremen für ,Medizinische Grundlagen der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 219

Gesundheitswissenschaften‘, mit dem Titel ,Lebensarbeitszeit der Feuerwehrleute – Betroffenheitsanalyse‘ aus dem Jahr 1998 haben Berufsfeuerwehrleute in Deutschland wegen ihrer hohen Arbeitsbelastung und des berufsbedingten Gefährdungsrisikos eine um sieben Jahre verkürzte Lebenserwartung. Danach werden Feuerwehrleute im Durchschnitt nur 65,4 Jahre alt, während andere Männer in Deutschland eine Lebens­erwartung von 72,7 Jahren haben. Es ist anzunehmen, dass die Situation der Berufs­feuerwehrleute in Österreich vergleichbar ist.

Einem äußert harten Berufsleben, geprägt von ständigem Schichtdienst mit allen nega­tiven Auswirkungen auf soziale Bindungen (Familie, Freundeskreis), Schwerstarbeit mit oft akuter Gefahr für Leib und Leben (Giftstoffe, Explosionen) sowie hohen psychi­schen Belastungen (bizarre Selbstmordfälle, Tod von Kindern), steht ein durch die ge­ringere Lebenserwartung verkürzter Ruhestand gegenüber.“

Meine Damen und Herren! Diese Textierung wurde als Entschließungsantrag am 4. Dezember 2003 hier in diesem Haus von mir eingebracht. Wir wollten ein Berufsbild für Berufsfeuerwehrleute haben, für eine kleine Gruppe, die immer für Hilfen da ist, die aber keine Lobby hat. Vom Gesetzestext her waren sie Hilfsarbeiter und hätten bis zum 65. Lebensjahr arbeiten müssen.

Es hat jetzt fast auf den Tag genau neun Jahre gedauert – neun Jahre mit verschie­densten Regierungsformen, mit verschiedenen Ministern, die ich sehr gequält habe, um endlich etwas für die Berufsfeuerwehrleute zu machen, egal, ob es Kollege Barten­stein damals als Arbeitsminister war, ob es Herr Minister Mitterlehner war oder jetzt Herr Minister Hundstorfer –, aber es war mir ein Anliegen, für diese Berufsfeuerwehr­leute endlich etwas zu erreichen. Ich kann nur Herrn Minister Hundstorfer Danke sa­gen, dass wir es jetzt geschafft haben, das Nachtschwerarbeitsgesetz auch für die Be­rufsfeuerwehrleute aufzumachen, für diese Menschen, die wirklich für uns alle da sind. (Abg. Dr. Bartenstein: Politik ist das Bohren harter Bretter!)

Damit können wir diesen Menschen endlich Hilfe zurückgeben, wir können es ihnen wirklich gestatten, mit 57 Jahren in einen wohlverdienten Ruhestand zu treten. An dich ein herzliches Dankeschön, Herr Minister. Ich kann dir im Namen der Berufsfeuerwehr­leute Österreichs sagen, dass sie sehr begeistert über diese Regelung sind und sich recht herzlich bei dir bedanken. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin/der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich gebe bekannt, dass die Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt haben, einen Untersuchungsausschuss betreffend Überprüfung der Notver­staatlichung der Hypo Alpe-Adria-Bank im Dezember 2009 einzusetzen.

Die Durchführung einer Debatte hierüber wurde nicht verlangt.

Gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung findet die Abstimmung nach Erledigung der Tagesordnung statt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 220

19.09.3731. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1992 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ziviltechnikerkammergesetz 1993, das Ziviltechnikergesetz 1993, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bun­desgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz und das Landar­beitsgesetz 1984 geändert werden (Pensionsfonds-Überleitungsgesetz – PF-ÜG) (2033 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 31. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Spindelberger. Wunschgemäß sind 3 Mi­nuten Redezeit eingestellt. – Bitte.

 


19.10.02

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich wirklich noch gut an die unzähligen Diskussionen erinnern, die wir hier im Hohen Haus geführt haben, bei denen es darum ging, unser gutes, auf Umlagever­fahren aufgebautes Pensionssystem schlechtzureden. Nicht nur einmal wurde im Zuge dieser Debatten der sogenannte Vorteil der zweiten und dritten Säule hervorgehoben. Faktum ist aber, dass gerade in Zeiten einer globalen Finanz- und Wirtschaftskrise
die Grenzen der privaten, kapitalgedeckten Pensionssysteme ganz deutlich aufgezeigt wurden.

Schauen Sie sich doch an, wie sich die Pensionskassensysteme in den letzten Jahren entwickelt haben! Teilweise sind nicht einmal die Beiträge, die die hart arbeitenden Menschen Monat für Monat eingezahlt haben, auf deren Konto vorhanden, weil sie von den Verantwortlichen verzockt wurden!

Daher müssen wir alles daransetzen, unser gutes Pensionsversicherungssystem zum Wohle jener, die 40 und 45 Jahre harte Arbeit geleistet haben, abzusichern. Hören wir endlich einmal auf, dieses System schlechtzureden und vielleicht sogar so darzustel­len, als ob es schuld am explodierenden Budget wäre!

Daher finde ich es umso bewundernswerter, dass es nun nach langjährigen Bemühun­gen endlich gelungen ist, die Gruppe der Ziviltechniker – deren Vertreter ich hier auf der Galerie begrüßen möchte – in die gesetzliche Sozialversicherung zu übertragen. Davon werden künftig mehr als 8 000 Personen profitieren. Damit wird ein weiterer Schritt in Richtung der vom Nationalrat in mehreren Entschließungen geforderten Har­monisierung des Pensionsversicherungssystems in Österreich gesetzt.

Für mich gilt nach wie vor die Prämisse, dass alle Österreicherinnen und Österreicher den Anspruch auf ein einheitliches und gleiches Pensionsrecht haben, und das per Stichtagsregelung und nicht erst nach 45-jährigen Übergangsfristen.

Abschließend darf ich noch folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Renate Csörgits, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen zum Gesetzentwurf im Bericht des Sozialausschusses 2033 der Beilagen über die Regie­rungsvorlage 1992 der Beilagen betreffend ein Pensionsfonds-Überleitungsgesetz

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 221

Art. 1 (Änderung des Ziviltechnikerkammergesetzes 1993) wird wie folgt geändert:

Im § 78 Abs. 5 in der Fassung der Z 8 wird der Ausdruck „in der Fassung vom xx.yy.2012“ durch den Ausdruck „in der Fassung vom 25. Oktober 2012, verlautbart in den amtlichen Nachrichten der Bundes-Architekten- und Ingenieurkonsulentenkammer Nr. II/2012,“ ersetzt.

Art. 6 (Änderung des Landarbeitsgesetzes 1984) wird wie folgt geändert:

Im Einleitungssatz wird der Ausdruck „19/2012“ durch den Ausdruck „98/2012“ ersetzt.

*****

(Beifall bei der SPÖ.)

19.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Renate Csörgits, August Wöginger und Kolleginnen und Kollegen zum Gesetzentwurf im Bericht des Sozialausschusses 2033 der Beilagen über die Re­gierungsvorlage 1992 der Beilagen betreffend ein Pensionsfonds-Überleitungsgesetz

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Ziviltechnikerkammergesetzes 1993) wird wie folgt geändert:

Im § 78 Abs. 5 in der Fassung der Z 8 wird der Ausdruck „in der Fassung vom xx.yy.2012“ durch den Ausdruck „in der Fassung vom 25. Oktober 2012, verlautbart in den amtlichen Nachrichten der Bundes-Architekten- und Ingenieurkonsulentenkammer Nr. II/2012,“ ersetzt.

Art. 6 (Änderung des Landarbeitsgesetzes 1984) wird wie folgt geändert:

Im Einleitungssatz wird der Ausdruck „19/2012“ durch den Ausdruck „98/2012“ ersetzt.

Begründung:

Zu Art. 1 (§ 78 Abs. 5 ZTKG):

Mit der vorgeschlagenen Änderung wird eine Zitierung korrigiert und aktualisiert.

Zu Art. 6 (Einleitungssatz zur LAG-Novelle):

Die jüngste LAG-Änderung erfolgte im Rahmen des am 14. November 2012 kundge­machten Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 98/2012. Diese Fundstelle ist somit im Einlei­tungssatz zu zitieren.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fürntrath-Mo­retti. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.13.25

Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit diesem Pensionsfonds-Überleitungsgesetz set­zen wir einen weiteren Schritt zur Harmonisierung des Pensionsrechts in Österreich.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 222

Bisher waren Ziviltechniker, also Architekten und Architektinnen und Ingenieurkonsu­lenten und Ingenieurkonsulentinnen, in einem kammereigenen Pensionsversicherungs­system versichert. Langfristig wäre das nicht mehr tragbar gewesen. Es gab keinen Bundeszuschuss zum Ziviltechnikerfonds. Außerdem kam es durch Baumeister- und Ingenieurbüros zu unterschiedlichen Pensionsversicherungen, woraus sich Wettbe­werbsnachteile ergeben haben. Bis dato erworbene Anwartschaften auf Pflichtpraxis­zeiten waren verloren. Diese Ungleichbehandlung sowie bestehende Probleme lösen wir mit diesem Gesetz.

Was heißt das? – Ab dem Jahr 2013 sollen nun die Ziviltechniker und die Ziviltechnike­rinnen in das Pensionssystem der freiberuflich selbständig Erwerbstätigen übergeführt werden. Das bestehende Vermögen des Pensionsfonds der Bundeskammer der Archi­tekten und Ingenieurkonsulenten soll in die Sozialversicherung der gewerblichen Wirt­schaft übertragen werden. Der bestehende Sterbekassenfonds wird aufgelöst. Für das Bundesbudget bedeutet das eine einmalige Entlastung in der Höhe von 215 Millio­nen €. Laut Prognose kommt es erst ab dem Jahr 2044 zu einer Belastung des Bun­deshaushaltes, die sich aus einer Finanzlücke im Pensionsfonds der Architekten und Ingenieurkonsulenten ergibt.

Gleichzeitig ändern wir mit diesem Gesetz auch die Regelung für eingetragene Partner und Partnerinnen, die in Zukunft als Familienangehörige gewertet werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich über diese Gesetzesänderung, vor al­lem freue ich mich aber, dass alle hier im Hohen Haus diesem Gesetz zustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei den Grünen: Sehr harmoniebedürftig!)

19.15


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Neubauer. 3 Minuten. – Bitte.

 


19.15.29

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Kollege Spindelberger, auch wir Freiheitlichen bekennen uns natürlich zum Umlagesystem für Pensionen.

Wir bekennen uns aber auch zur zweiten und dritten Säule in diesem Land. Wenn Sie sich etwas zurückerinnern, dann werden Sie wissen, wo die Geburtsstunde des Pen­sionskassensystems liegt, nämlich in Oberösterreich. Durch den Zusammenbruch der Voest wären von einem Tag auf den anderen 20 000 Voestler ohne Pensionsanspruch gewesen, und das war die Geburtsstunde des Pensionskassensystems. Deshalb wun­dert es mich auch so, dass es der SPÖ bis heute nicht gelungen ist, diese Abzocke bei den Pensionskassen für die Menschen endlich einmal gesetzlich zu regeln, damit sie nicht wieder jedes Jahr bis zu 50 Prozent Verlust einfahren. Bei der letzten Novel­lierung haben Sie diesen Beweis nicht angetreten. Wir haben deshalb auch dagegen gestimmt – so viel zur Aufarbeitung Ihrer Historie.

Aber jetzt zum aktuellen Antrag: Natürlich werden wir als Freiheitliche der heutigen Re­gierungsvorlage zustimmen. Wir stimmen zu, dass es in Zukunft eine gemeinsame Wohlfahrtseinrichtung für Ziviltechniker, deren hinterbliebene Familienangehörige und eingetragene Partner geben soll.

Derzeit besteht, wie wir wissen, ein eklatanter Wettbewerbsnachteil. Den können wir mit dem heutigen Beschluss endlich beseitigen. Wir können gleichzeitig noch etwas er­ledigen, nämlich die Überführung der Wohlfahrtseinrichtungen, die auch einer drohen­den Erosion des Berufsstandes der Ziviltechniker entgegenwirken wird.

Letztendlich kann man sagen, dass dieser Schritt, der heute getätigt wird, ein richtiger Schritt in die richtige Richtung ist. Wir haben immer betont, dass wir als Freiheitliche


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 223

massiv für eine Harmonisierung des Pensionsversicherungssystems eintreten. Heute ist ein Schritt dazu gelungen. In diesem Sinne freue ich mich, dass es diese Regelung in Zukunft geben wird, begrüße Sie auch noch einmal sehr herzlich und danke für die geführten Gespräche. Wir werden diesem Antrag gerne unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der FPÖ.)

19.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Öl­linger zu Wort. 2 Minuten. – Bitte.

 


19.18.14

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Vorstandsmitglieder, Präsidenten, Vizepräsidenten der Ziviltechniker! Ich freue mich, dass es gelungen ist, zu dieser Einigung zu kommen, und dass damit die Ziviltechniker einen Schritt – ich habe es schon einmal gesagt –, den ein Teil ihrer Kammer vor zehn Jahren noch ganz anders gesehen hat oder sehen wollte, jetzt vollzogen haben. Es ist ein guter Schritt.

In diesem Sinne danke ich allen, die daran mitgewirkt haben, dass diese Lösung mög­lich ist. Wie Sie sehen, geschieht das hier im Plenum vermutlich einstimmig, das weiß man ja noch nicht so genau. Aber es ist gut so. (Beifall bei den Grünen.)

19.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. 1 Minute Redezeit. – Bitte.

 


19.19.09

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir begrüßen eine weitere Harmonisie­rung des Pensionsrechts, das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber das Ziel muss sein, dass wir auch weiter eine Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger erreichen, dass wir in Österreich für alle Versicherten eine Krankenversicherung, eine Pensionsversicherung und eine Unfallversicherung haben. Das muss das Ziel sein. (Beifall beim BZÖ.)

19.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Hundstorfer. – Bitte.

 


19.19.39

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Damen und Herren auf der Galerie! Ich danke einmal all denjenigen, die in ein paar Minuten zustimmen wer­den.

Wir haben eine einjährige Kurzintensivverhandlungsphase hinter uns gebracht. Wenn alle Baueinreichungen auch so schnell gehen würden, wäre einiges besser in dieser Branche. Ich weiß, manchmal dauert es zu lang.

Wir haben in Wirklichkeit eine sehr langfristige Verhandlung abgeschlossen, und ich möchte klarstellen – wie ich es bei Ihrer letzten Jahresversammlung, bei der ich anwe­send sein durfte, schon getan habe –: Sie bringen einen nicht unwesentlichen Teil Ei­genleistung in das System mit ein, einen nicht unwesentlichen Teil in der Höhe von 214 Millionen €. Das ist nicht gerade wenig. Das muss man auch so sagen. Hier wird nichts geschenkt, sondern hier wird Sicherheit gewährt mit dem, was Sie mitbringen.

Hier wird Sicherheit gewährt für diejenigen, die bereits Leistung beziehen. Hier wird Si­cherheit und auch Gerechtigkeit gewährt gegenüber denjenigen, die einzahlen ins Sys-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 224

tem. Und vor allem gibt es, was in dieser Branche sehr, sehr wichtig ist, auch eine so­genannte Gerechtigkeit zwischen den unterschiedlichen Gruppen. Der Wettbewerb ist manchmal nicht sehr erfreulich. Der Wettbewerb ist manchmal sehr ausgeprägt, und es können schon ein paar Zehntel unterschiedlicher Sozialversicherungsbeiträge ganz schöne Verwerfungen bei Ausschreibungen ergeben. Das alles ist somit Geschichte.

Ich danke allen, die mitgemacht haben. Ich danke allen in Ihrer Gruppe, weil ich weiß, das war bei Ihnen auch nicht leicht, weil es auch bei Ihnen Personen gab, die sagten: Wozu brauchen wir das?

Es gab aber auch viele, die gesagt haben: Wir wollen es verändert haben, wir wollen es abgesichert haben in unserem gemeinsamen staatlichen System. Es ist auch ein Beitrag, wie es Abgeordneter Spindelberger schon gesagt hat, denn ein solides umla­genfinanziertes, abgesichertes staatliches System ist schon ganz schön was wert. – Ich danke schön. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

19.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kaufmann-Bruckberger. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.22.07

Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ja, diesem Entwurf ist voll und ganz zuzustimmen. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, nämlich zur Harmoni­sierung des Pensionssystems. Wenn hier noch ein weiterer Ansatz beinhaltet wäre, nämlich die Zusammenlegung der Pensionsversicherungsanstalten, dann wären wir noch ein paar Schritte weiter. Ziel muss es sein, in Zukunft ein einheitliches Pensions­system zu haben, das fair, gerecht und transparent ist. (Beifall beim Team Stronach.)

19.22


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Donabauer zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.22.47

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren von der Interessenvertretung und an den Fernsehschirmen! Hohes Haus! Es gibt selten Gesetzesmaterien, vor allem in der Sozialpolitik, die so einmütig angenommen werden. Ich denke, da können auch manche Partikularinteressen dahin­terstehen – das darf sein, dagegen ist ja nichts einzuwenden. Ich meine nur, wenn wir vor zehn Jahren diese Diskussion geführt hätten – man hat ja schon einmal daran ge­dacht –, wäre keine Mehrheit zu erreichen gewesen.

Es ist nun so, dass eine Einigung erzielt wurde. Herr Minister, das ist ein großer Wurf, das ist keine Frage. Das ist nicht das erste Mal in dieser Legislaturperiode, dass wir Pensionskassen und Eigenversorgungseinrichtungen in das gesetzliche System über­führen. Der Grund ist klar, ich werde darauf noch zu sprechen kommen.

Persönlich meine ich, dass die Harmonisierung aller Systeme eine ganz wichtige Sa­che ist, aber natürlich Zeit braucht. Das ist überhaupt keine Frage, das ist ein sehr schwieriger Prozess. Über die zweite und dritte Säule kann man ruhig reden, das soll man nicht von der Hand weisen. Allerdings kann man darüber nur dann reden, wenn die erste Säule sicher und stabil ist. Wenn die erste Säule nicht entsprechend gefestigt ist, sind die zweite und dritte Säule zu riskant, und das kann man Menschen, die aus dem Berufsleben austreten, einfach nicht zumuten.

Deshalb glaube ich, dass unsere Sozialpolitik in Österreich eine gute ist, sie ist eine Sozialpolitik mit Augenmaß. Sie braucht aber auch Eigenverantwortung. Alle Materien,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 225

die wir heute diskutieren und überwiegend beschließen werden, nehmen gerade darauf Bezug.

Warum es bei Ihnen, meine Damen und Herren, momentan besonders eilig ist, das ist auch ganz klar. Sie plagt genauso wie auch andere Berufsstände der demographische Prozess. Bei Ihnen ist natürlich das Thema, dass Personen ausweichen können über andere Beschäftigungssysteme, auch ganz klar, und Sie sind natürlich auch von der Fi­nanzkrise gejagt, keine Frage. Die Veranlagungen als solche bringen das nicht mehr, was man sich erwartet hat. Deshalb, denke ich, ist es gerade die Qualität unserer So­zialpolitik, dass man solche Prozesse wahrnimmt und sie in entsprechende geregelte Systeme überführt.

Ich möchte aber auch sagen, dass mir besonders wohltuend erscheint, dass wir heute auch das Urlaubsgesetz gerade zur Pflegefreistellung novellieren. Ich bin auch der Meinung, dass es wenig Sinn macht, darüber zu diskutieren, ob die Kurzarbeitszeit­regelung schon im Ausschuss war oder nicht. Der aktuelle Anlass im Beschäf­tigungsbereich zwingt uns zum Handeln, und wenn sich die Sozialpartner zu dieser Maßnahme gefunden haben, dann dient es Tausenden Menschen. Das ist in Wahrheit das Ziel jeder vernünftigen Staats- und Sozialpolitik. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Prähauser.)

19.25

19.25.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1992 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Csörgits, Wöginger, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes ab­stimmen.

Die Abgeordneten Csörgits, Wöginger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 1 und Artikel 6 bezieht.

Wer diesem Abänderungsantrag beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehr­heitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein Zei­chen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

19.27.2532. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2012 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungs-


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gesetz und das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz 1957 geändert werden (2034 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen zum 32. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich mache darauf aufmerksam, dass nur drei Redner zu diesem Tagesordnungspunkt zu Wort gemeldet sind und wir dann zu umfangreichen Abstimmungen kommen wer­den.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Muchitsch. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.28.08

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Sozial­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Regierungsvorlage, die wir bereits im Sozialausschuss behandelt haben, beruht auf einer Sozialpartnereinigung. Das heißt, ein großes Dankeschön an den Sozialpartner, die österreichische Bauwirt­schaft, die die nachstehenden Punkte, die ich kurz erläutern darf, mitträgt, wodurch es eine Einigung gibt.

Im Wesentlichen werden von dieser Regierungsvorlage zwei Gesetze berührt. Einer­seits das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz: Die wesentlichen Inhalte der Änderungen sind, dass jene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die unterentlohnt werden – und wo das aufgrund von Kontrollen der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abferti­gungskasse zur Anzeige gebracht wird –, von der Urlaubskasse informiert werden, dass sie unterentlohnt sind, damit sie dementsprechend rechtliche Schritte einleiten können.

Das ist einzigartig und ein erster Schritt, dass nicht nur Anzeige gegen jene Unterneh­mer erstattet wird, die Unterentlohnung machen, sondern dass die Betroffenen, näm­lich auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, davon informiert werden.

Das Zweite ist eine Anpassung des Strafrahmens des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfer­tigungsgesetz an das AVRAG. Das heißt, auch da werden die Strafen bei Lohn- und Sozialdumping dementsprechend erhöht.

Sehr schön ist auch die gesetzliche Regelung betreffend eines Schichturlaubs. Das heißt, all jene Bauarbeiter und somit Schwerarbeiter, die im Schichtbetrieb beschäftigt und dementsprechend auch stärker belastet sind, erhalten nach acht Wochen Be­schäftigung Schichturlaub, also einen Zusatzurlaub von einem Arbeitstag. Das heißt, wenn jemand 40 Wochen im Jahr als Bauarbeiter in der Schichtarbeit tätig ist, dann hat ein Zusatzurlaub von fünf Arbeitstagen stattzufinden, also eine Woche Zusatzurlaub.

Der zweite Bereich, der hier angesprochen wird, sind Änderungen im Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz. Seit vielen Jahrzehnten wird darüber diskutiert, heute wird es Realität – ein sehr schöner Tag für jene Menschen, die schwer arbeiten.

Der Begriff Hitze wird ins Schlechtwettergesetz aufgenommen, und es obliegt den Bau-Sozialpartnern, die Kriterien dazu im Vorstand der Bauarbeiter-Urlaubs- und Ab­fertigungskasse festzulegen. All jene Leute, die schwer arbeiten, die Hitze ausgesetzt sind, die Kälte ausgesetzt sind, haben somit die Möglichkeit, Rahmenbedingungen vor­zufinden, um bei Wetterbedingungen, unter denen andere nicht mehr das Freie aufsu­chen, geschützt zu werden.

Wir reden immer davon länger zu arbeiten, das ist gescheit, das ist auch gut. Aber mit dieser Geschichte und mit dieser Erweiterung schaffen wir auch die Rahmenbedingun­gen dafür, dass Arbeitnehmerschutz für jene Leute, die schwer arbeiten in der Bauwirt­schaft, dementsprechend eingesetzt werden kann.


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Ich bedanke mich auch für die sehr offene Diskussion im Sozialausschuss und für die beabsichtigte Zustimmung aller Parteien zu dieser Regierungsvorlage. Ich bedanke mich aber ganz besonders beim Sozialministerium und all den verantwortlichen Be­schäftigten für die Ausarbeitung, für die Durchführung und letztendlich auch bei unse­rem Bau-Sozialpartner. – Recht herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmucken­schlager. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.31.29

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Sehr geehrte Damen und Herren im Hohen Haus! Bauberufe sind ganz be­sonders wetterabhängig, und daher ist auch diese Regelung, wie von meinem Vorred­ner angesprochen, ein wesentlicher Faktor. Ich glaube, dank der Zustimmung aller Fraktionen sieht man, dass die Politik das Problem erkannt hat und etwas machen will. Schlechtwetter hat immer Lohneinbußen für die Arbeitnehmer zur Folge und auch er­höhte Kosten aufgrund der ausgefallenen Arbeitsstunden für die Arbeitgeber.

Nun konnte man bei dem Begriff Schlechtwetter letztendlich auch dem Klimawandel Rechnung tragen und diesen Schlechtwetter-Begriff, der bei uns traditionell vor allem mit Kälte behaftet ist, erweitern um die extreme Hitze.

Ich glaube, das ist wichtig für die Arbeiter. Jeder, der einen Beruf unter freiem Himmel ausübt – es sind hier die Bauarbeiter natürlich ganz besonders angesprochen –, weiß, was es bedeutet, extremen Wetterereignissen ausgesetzt zu sein. Wenn das noch ver­bunden ist mit einer starken körperlichen Beanspruchung, ist es oft nicht angenehm.

Diese Kriterien in die Hand der Sozialpartner im Baubereich zu legen, ist eine vernünf­tige Variante. Daher wird auch unsere Fraktion das natürlich begrüßen.

Ich glaube, es wäre ganz wichtig, auch weiterhin Beschäftigungsverhältnisse zu entwi­ckeln und flexibler zu sein; denn wir wissen, gerade Hitzeereignisse treten nicht in der Früh und am Abend auf, die haben wir meistens um die Tagesmitte. Da gilt es, kreativ zu sein, um auch die Arbeitsstunden letztendlich einzubringen, damit wir die Löhne ha­ben, damit wir die Arbeitsstunden an den Baustellen haben, somit einen Baufortschritt garantieren können. Dieses Gesetz ist sehr gut für alle Betroffenen, daraus ergibt sich auch die große Zustimmung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzte Rednerin zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Frau Abgeordnete Mag. Schatz zu Wort gemeldet. 2 Minuten Rede­zeit. – Bitte.

 


19.33.43

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Wir werden dieser Vorlage natürlich zustimmen, sowohl der Verankerung der Schichturlaubstage im Gesetz, die Sie somit auch für entsendete Arbeitskräfte wirksam machen, als auch der Informa­tionspflicht bei Sozialbetrug gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern und Arbeitneh­merinnen.

Natürlich ist auch die Hitzeregelung in hohem Maße sinnvoll, wiewohl wir es – unter Anführungszeichen – „bedauern“, dass es mehr oder weniger dem Engagement des Abgeordneten Muchitsch zu verdanken ist, dass hier einmal die Bauarbeiter erfasst sind und Verbesserungen erfahren (Beifall bei der SPÖ), währenddessen wir gerne wesentliche Punkte, die da enthalten sind, nämlich zum Beispiel die Informationspflicht über Sozialbetrug, aber auch die Hitzeregelung eben für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hätten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 228

Wir haben auch entsprechende Anträge laufen beziehungsweise gibt es zu dieser Hit­zefrage heute auch noch eine erste Lesung vom Abgeordneten Öllinger, in dem eben alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einbezogen werden, so wie ja auch Kollege Schmuckenschlager gemeint hat, dass es durchaus notwendig wäre.

Ich hoffe, dass es auch bei unseren Anträgen, die diese Thematik dann im Sinne der betroffenen Gruppen erweitern würden, entsprechende Zustimmung und Unterstützung von den Regierungsparteien gibt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.35

19.35.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2034 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in drit­ter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

19.36.05Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 26 bis 30

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Weiters gelangen wir nun zu den verlegten Abstim­mungen über Tagesordnungspunkt 26: Entwurf betreffend Sozialrechts-Änderungsge­setz 2012 in 2028 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Zusatzantrag der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Csörgits, Wöginger, Kolleginnen und Kollegen vor.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Öllinger vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abän­derungsanträgen sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über den Artikel 1 Ziffer 13 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diesen Teil des Gesetzentwurfes aus­sprechen, um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Weiters gelangen wir zum Zusatzantrag der Abgeordneten Csörgits, Wöginger, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Einfügung einer neuen Ziffer 5 in Artikel 2.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Csörgits, Wö­ginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfügung der neuen Ziffern 3 bis 5 in Arti­kel 3 sowie der sich daraus ergebenden Änderung der nachfolgenden Ziffernbezeich­nung.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 229

Nun gelangen wir zur getrennten Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abge­ordneten Csörgits, Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Artikel 3 Ziffer 4.

Bei Zustimmung zu diesen Abänderungen bitte ich um ein Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung der übrigen, noch nicht abgestimmten Teile des Artikel 3 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diesen Teil des Gesetzentwurfes aus­sprechen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Öllin­ger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einfügung einer neuen Ziffer 34a in Arti­kel 5.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Csörgits, Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Artikel 5 Ziffer 62.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 5 Ziffer 69 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Csörgits, Wöginger, Kolleginnen und Kollegen haben weiters einen Zusatzantrag betreffend die Einfügung einer neuen Z 69a und die Anfügung eines neuen Absatzes 8 in Ziffer 71 in Artikel 5 sowie die Einfügung einer neuen Ziffer 6a in Artikel 6 eingebracht.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit ange­nommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Csörgits, Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Artikel 6 Ziffer 7.

Wer sich dafür ausspricht, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit an­genommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Csörgits, Wö­ginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einfügung einer neuen Ziffer 11a in Ar­tikel 7.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Csörgits, Wöginger, Kolleginnen und Kollegen haben weiters einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 7 Ziffer 12 eingebracht.

Wer sich hiefür ausspricht, den ersuche ich um ein Zeichen. – Auch das ist mit Mehr­heit angenommen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über Artikel 10 in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diesen Teil des Gesetzentwurfes aus­sprechen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 230

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Csörgits, Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Artikel 11.

Wer sich hiefür ausspricht, den ersuche ich um ein Zeichen. – Auch das ist mit Mehr­heit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Ge­setzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 27: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 2029 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 28: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 2030 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 29: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 2031 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 30: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 2032 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

19.42.4133. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2007 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Bundesfinanzgericht erlassen wird und die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwaltungsorganisationsge­setz 2010, die Abgabenexekutionsordnung, das Finanzstrafgesetz sowie das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert werden (Finanzverwaltungsgerichts­barkeitsgesetz 2012 – FVwGG 2012) (2049 d.B.)

34. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2006 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Börsegesetz 1989, das Bankwesengesetz und das Wertpa­pieraufsichtsgesetz 2007 für die Zwecke der Verordnung (EU) Nr. 1031/2010 über den zeitlichen und administrativen Ablauf und sonstige Aspekte der Versteige­rung von Treibhausgasemissionszertifikaten gemäß der Richtlinie 2003/87/EG


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 231

über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft geändert werden (2050 d.B.)

35. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1987 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Zahlungsdienstegesetz geändert wird (2051 d.B.)

36. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2002 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem ein Rechnungslegungs-Kontrollgesetz erlassen und das Finanz­marktaufsichtsbehördengesetz geändert wird (2095 d.B.)

37. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2144/A der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrfinanzierungsförderungsge­setz 1981 geändert wird (2096 d.B.)

38. Punkt

Bericht und Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf eines Bundesge­setzes, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz geändert wird (2097 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zu den Punkten 33 bis 38 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Podgorschek. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.44.28

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Wir entscheiden über verschiedene Vorlagen, zu denen wir auch ein un­terschiedliches Stimmverhalten haben. Ich darf vielleicht auf die einzelnen Punkte kurz eingehen, aber in Anbetracht der kurzen Redezeit wird es sehr schwierig sein, die De­tails zu erarbeiten.

Wenn ich die Vorlage über das Bundesfinanzgericht betrachte, so können wir dem leider nicht zustimmen, weil aus unserer Sicht bei der Bestellung der Richter doch eine mangelnde Transparenz vorherrscht. Wir hätten uns sehr gewünscht, dass diese Be­stellung analog zum Bundesverwaltungsgericht durchgeführt wird.

Ich darf aber in diesem Zusammenhang, weil wir natürlich auch Vorschläge zur Verwal­tungs- und Steuervereinfachung einbringen, folgenden Antrag über ein Entlastungsmo­dell für Pendler einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Strache, Podgorschek

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 232

„Die Bundesregierung, insbesondere die zuständige Bundesministerin für Finanzen, wird im Sinne der Verwaltungsvereinfachung aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die eine Entlastung der Pendler nach den Vorga­ben des Freiheitlichen Pendler-Entlastungsmodells vorsieht.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Den nächsten Punkt, Emissionszertifikatshandel, lehnen wir grundsätzlich ab, weil wir diesen Handel als Abzocke betrachten. Diese Treibhausemissionszertifikate bewirken letzten Endes nichts anderes, als einer künstlich erzeugten Klimakrise Vorschub zu leisten.

Den nächsten Punkt, Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, sprich die Errichtung einer Bilanzpolizei, befürworten wir. Ich darf nur darauf hinweisen, dass wir selbst vor zirka drei Jahren einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Weinzinger und Graf hiezu eingebracht haben.

Dem nächsten Punkt, Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz, haben wir im Ausschuss nicht zugestimmt. Es geht da um die Erhöhung des Haftungsrahmens von 40 Milliar­den € auf 45 Milliarden €. Wir werden dem aber zustimmen – Herr Kollege Bartenstein, Sie können Ihre Rede jetzt umschreiben –, doch im Ausschuss ging es uns darum, auf­zuzeigen, dass wir durchaus ein krasses Missverhältnis im Vergleich zu anderen Staa­ten in der Europäischen Union haben. Wir liegen nämlich, was die Bundeshaftungen anbelangt, mit 38,2 Prozent immerhin auf Platz 2, gleich hinter Irland. Allein mit 37 Mil­liarden € haften wir für Exporte. Das sind insgesamt 30 Prozent der österreichischen Exporte. Im Vergleich dazu haftet Deutschland mit nur 2,8 Prozent seiner Exporte. Das heißt letzten Endes, dass der Steuerzahler für die Banken und Exporteure mithaftet.

Was wir fordern beziehungsweise anregen, ist, dass darüber nachgedacht wird, dass wir dieses System ändern. Es kann nicht sein, dass die Haftungen auf Kosten des Steuerzahlers vergemeinschaftet werden, denn letzten Endes muss – im Gegensatz zu Deutschland, wo die Exporteure sich dagegen versichern – immer wieder der Steuer­zahler einspringen. Das ist eigentlich nur ein Symptom dessen, dass wir die Banken, ganz egal in welchen Bereichen, immer wieder zu sehr unterstützen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

19.48


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Strache, Podgorschek und weiterer Abgeordneter

betreffend Verwaltungsvereinfachung durch das Freiheitliche Pendler-Entlastungsmo­dell

eingebracht in der 184. Sitzung des NR zu TOP 33, Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2007 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Bundesfinanzgericht erlassen wird und die Bundesabgabenordnung, das Ab­gabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, die Abgabenexekutionsordnung, das Fi­nanzstrafgesetz sowie das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert werden (Finanz­verwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz 2012 – FVwGG 2012) (2049 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 233

6,5 Mio. lohnsteuerpflichte Arbeitnehmer und Pensionisten zahlten 2011 ca. 22,9 Mrd. EUR ins Budget ein. Im Vergleich zu 2010 waren das um 6% mehr an Lohn­steuer. Rund 28% der Steuereinnahmen kommen aus der Lohnsteuer. (Die Presse 8.11.2012) Auch die Mineralölsteuer und die Umsatzsteuer sprudeln.

Im ersten Halbjahr 2012 hat der Fiskus im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vor­jahres um 11,1 Mrd. EUR, oder 7,2% mehr an Lohnsteuer eingenommen. Die Umsatz­steuer im 1. Halbjahr 2012 stieg um 12,1 Mrd. EUR. (Die Presse 24.7.2012).

Die offiziell ausgewiesene Inflationsrate kletterte im Oktober 2012 auf 2,8%. Die Kos­ten für das Wohnen stiegen um 3%, für Nahrungsmittel um 3,1% und für Energie um 7,9% an (Heizöl +9,5%!). (Die Presse 15.11.2012)

Es ist aus Sicht der FPÖ Zeit für eine rasche Entlastung der Arbeitnehmerhaushalte. Diese Gruppe muss spürbar und sofort entlastet werden. Es ist keine Zeit für akade­mische Steuerreformdiskussionen. Die Maßnahmen haben höchste Dringlichkeit und sollen am 1. Jänner 2013 in Kraft treten.

Maßnahmen: Werbungskostenpauschale anheben und Pendler entlasten

Ist-Stand:

Verkehrsabsetzbetrag: 291,- EUR/Jahr

Arbeitnehmerabsetzbetrag 54,- EUR/Jahr

Werbungskostenpauschale: 132,- EUR/Jahr

Der Verkehrsabsetzbetrag von 291,- EUR entfällt. Dafür wird der Arbeitnehmerabsetz­betrag auf 350,- EUR angehoben.

Die Werbungskostenpauschale wird auf 1.000,- EUR angehoben. Über die Werbungs­kostenpauschale werden künftig auch die Pendlerkosten abgedeckt.

Darin enthalten: eine Pauschale für Arbeitsmittel von 100,- EUR/Jahr. Effektive höhere Kosten z.B. für Arbeitsmittel, Aus- und Fortbildung, Reisekosten, etc. können bei der Arbeitnehmerveranlagung geltend gemacht werden.

Der Freibetrag von 1.000,- EUR/Jahr senkt die Steuerbemessungsgrundlage.

Beispiel: Steuersatz 36,5% = 365,- EUR und bei 43,2% = 432,- EUR Steuerersparnis.

Ist-Stand Pendlerpauschale:

Die große Pauschale gilt ab 2 km, wenn kein Öffentliches Verkehrsmittel zumutbar, sie ist in 4 Stufen gestaffelt und die kleine PP gilt ab 20 km und ist in 3 Stufen gestaffelt.

Neu:

Es soll nur mehr eine Pendlerpauschale – bewertet mit 30 Cent pro Entfernungskilome­ter (basierend auf der einfachen Strecke Wohnung-Arbeitsstätte gemäß dem deut­schen Modell) – geben. Diese Pendlerpauschale ist bis 900,- EUR in der Werbungs­kostenpauschale enthalten.

Beispiel:

12 km einfache Fahrtstrecke x 0,30 EUR x 230 Tage/Jahr = 828,- EUR Fahrtauf-
wand > dieser Betrag ist in 900,- EUR Werbungskostenpauschale enthalten. 230 Tage ergeben sich aus 46 Arbeitswochen bewertet mit 5 Arbeitstagen.

Durch die Abschaffung von kleiner und großer Pendlerpauschale und der Stufen-Staf­fel ergibt sich eine erhebliche Verwaltungsvereinfachung.

Nach diesem Modell sind Entfernungen bis 14 km in der Werbungskostenpauschale von 900,- EUR enthalten. Weitere Entfernungen und effektive höhere Kosten für die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 234

Öffentlichen Verkehrsmittel (günstigste Variante) können über die Arbeitnehmerveran­lagung geltend gemacht werden. Dadurch entfällt die Berücksichtigung der Pendler­pauschale in der Lohnverrechnung. Die Betriebe werden von dieser Arbeit entlastet.

Durch die Anrechnung der effektiven höheren Kosten für die Öffentlichen Verkehrs­mittel ergibt sich eine klare ökologische Komponente der Neuerung.

Gedeckelt ist die Absetzbarkeit der Pendlerkosten mit maximal 4.500,- EUR pro Jahr als Freibetrag. Kostenersätze des Arbeitgebers sind auf die Ausgaben anzurechnen.

Bei niedrigem Einkommen:

Falls aufgrund eines niedrigen Einkommens keine Steuer anfällt und somit der Frei­betrag nicht wirkt, wird jedem Arbeitnehmer, der regelmäßig die Strecke Wohnung-Arbeitsort fährt, mindestens ein Betrag von 328,50 EUR/Jahr ausbezahlt. (= 900 x 36,50 /100 = Pauschale x niedrigstem Steuersatz / 100)

Für Teilzeitkräfte:

Zurzeit steht das Pendlerpauschale nur zu, wenn man im Lohnzahlungszeitraum (Mo­nat) mindestens 11x zur Arbeit fährt. Im neuen System werden 46 Arbeitswochen mit 5 Arbeitstagen unterstellt = 230 Tage für die Pauschale. Wenn jemand nur 2 Tage ar­beitet, wird das entsprechend aliquotiert und mit dem km-Satz (0,30 EUR) multipliziert. Sollten die auf km-Basis errechneten Kosten oder die effektiven Kosten für das Öffent­liche Verkehrsmittel höher sein, so können diese über die Arbeitnehmerveranlagung geltend gemacht werden.

Bemerkung am Schluss:

Die Werbungskostenpauschale ist seit 2003 nicht angehoben worden. Der Freibetrag für den Kirchenbeitrag ist im gleichen Zeitraum mehrmals auf das 5-fache angehoben worden (jetzt 400,- EUR). Das ist immerhin mehr als 3x so viel wie die aktuelle Wer­bungskostenpauschale.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die zuständige Bundesministerin für Finanzen, wird im Sinne der Verwaltungsvereinfachung aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die eine Entlastung der Pendler nach den Vorga­ben des Freiheitlichen Pendler-Entlastungsmodells vorsieht.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein. 3 Minuten. – Bitte

 


19.48.51

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Kollege Podgorschek, willkommen an Bord, wenn Sie in Sachen Pendler jetzt auf den Regierungszug aufspringen. Spät aber doch! Wir heißen Sie herzlich willkom­men, wie gesagt.

In Sachen Bilanzpolizei: Gut, dass Sie mit dabei sind. Das ist erfreulich.

In Sachen Exportförderung finde ich es auch gut, dass Sie Ihre Meinung geändert ha­ben. Im Ausschuss waren Sie ja noch dagegen. Hand aufs Herz, es geht nicht darum,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 235

den Rahmen von 40 Milliarden € auf 45 Milliarden € zu erhöhen – der ist jetzt schon bei 45 Milliarden € und beim zweiten Instrument noch einmal bei 50 Milliarden €, also insgesamt bei 95 Milliarden € –, sondern es geht um eine Fristverlängerung bis En­de 2017 respektive 2018. Um jeweils fünf Jahre sollen die bewährten Haftungsinstru­mente für Österreichs Exportwirtschaft verlängert werden.

95 Milliarden €, eine bemerkenswerte und imposante Summe – denken wir daran, dass wir zu Recht intensiv über den ESM diskutiert haben; dort geht es für Österreich um bis zu 20 Milliarden €. Halten wir aber auf der anderen Seite auch fest, dass es ein für die österreichische Exportwirtschaft unverzichtbares Instrument geworden ist. Halten wir fest, dass wir in den letzten Jahrzehnten aus der Sicht des Bundes und der jeweils am­tierenden Finanzminister aus diesem Titel nicht nur kein Geld verloren haben, sondern durch die Haftungsentgelte sogar ein bisschen Körberlgeld verdient haben.

Halten wir aber auch fest, dass nicht alles, was hinkt, Herr Kollege Podgorschek, ein Vergleich ist. Sie zitieren 2,8 Prozent, die vom deutschen BIP dafür aufgewendet wer­den. Das ist nur ein Drittel der deutschen Miete, nämlich Hermes PWC. Dort gibt es aber auch Exporthaftungen durch KfW, durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau, und auf der anderen Seite durch Euler Hermes. Also so gesehen liegen die Deutschen da durchaus vergleichbar wie wir.

Ganz entscheidend für unser Vorgehen ist, dass nicht nur die so wichtige Exportwirt­schaft gestützt wird. Der Bundespräsident ist mit der halben Bundesregierung ja ge­rade in Argentinien und Chile unterwegs, und schwierig genug ist es dort. Wir freuen uns, dass wir nach der Krise wieder ein exzellentes Exportniveau von 122 Milliarden € im Jahr 2011 erreicht haben. Heuer wird es schwierig werden, da noch etwas draufzu­legen. Jeder zweite Euro wird, wie wir wissen, im Export verdient. Der braucht diese Unterstützung. In den letzten Jahrzehnten haben wir dort nicht nur kein Geld liegenge­lassen, sondern durch diese sinnvollen Haftungen sogar noch ein Plus erwirtschaftet.

Schön, dass Sie auch mit dabei sind, wenngleich es natürlich im Ausschuss noch schöner gewesen wäre. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Krainer.)

19.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Wid­mann. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.51.40

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Einige Ta­gesordnungspunkte werden uns jetzt beschäftigen. Das Finanzverwaltungsgerichtsbar­keitsgesetz, so heißt das genau, ist genauso kompliziert formuliert in der Wortfassung, wie es auch abgewickelt wird. Es soll ja ab 2014 das Bundesfinanzgericht, den Finanz­senat ersetzen. Es ist dann zuständig für das Abgabenrecht sowie das Finanzstraf­recht.

Es gibt dazu eine sehr detaillierte Stellungnahme des Präsidiums des Verwaltungsge­richtshofes, in der es heißt:

„Diese beiden Gesetze sind offenkundig ohne vorangegangene Koordinierung in die Begutachtung gegangen und schreiben auf weiten Strecken die bisherigen Bestimmun­gen modifiziert weiter. Durch bestimmte unterschiedliche Regelungen sind Probleme vorprogrammiert.“

Weiters heißt es: „Gerade bei dieser Gelegenheit einer umfassenden Reform wäre im Interesse der Betroffenen eine Koordinierung der legistischen Vorhaben wünschens­wert und eine mögliche Vereinheitlichung und damit Vereinfachung, die der Rechtssi­cherheit gedient hätte, zweckmäßig gewesen.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 236

In weiterer Folge sagen sie auch noch, es ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber man ist bei der Hälfte steckengeblieben.

Das ist auch der Kernkritikpunkt, dass sich der Bürger nicht mehr auskennt, dass es unterschiedliche Rechtsmaterien gibt, unterschiedliche Zuständigkeiten der Gerichte, der Verwaltungseinheiten und dass viele Gebühren gar nicht erfasst sind, etwa die Konsulargebühren, die Rundfunkgebühren. Die Verwaltungsabgaben werden durch das BVwG im AVG geregelt, die Landesabgaben und Gemeindeabgaben in der Bun­desabgabenordnung. Ein absolutes Tohuwabohu, für den Bürger einfach nicht nach­vollziehbar. Das bringt in Wahrheit nur mehr Verwaltung und Bürokratie und entspricht auch, Frau Minister, weil ich Sie gerade hier sitzen sehe, nicht unseren Vorgaben und Intentionen bei der Flat-Tax, nämlich die Dinge einfacher zu machen, unkomplizierter zu machen und damit auch Verwaltung einzusparen.

Daher werden wir das auch aus legistischen und Verwaltungsgründen ablehnen.

Zu Punkt 34, Bankwesengesetz, Börsegesetz, Treibhausgasemissionszertifikate, muss man sagen, grundsätzlich ist das Gesetz in der Sache selbst richtig, weil es Korruption und Missbrauch einschränken soll. Die FMA wird da die Aufsicht übernehmen, es war aber nicht abschätzbar, inwieweit das Mehrkosten verursacht. Das kritisiert auch der Rechnungshof.

Aber zugrundeliegend ist der Emissionszertifikatehandel, der von uns ja grundsätzlich abgelehnt wird, weil wir glauben, dass man Klimaschutzpolitik nicht durch das Freikau­fen mit Zertifikaten auf den Börsen machen kann, sondern Klimaschutz macht man mit ganz konkreten Projekten hier vor Ort und auch auf der ganzen Welt, aber nicht mit Zertifikaten.

Daher: In Summe ist das Gesetz an sich richtig und gut, aber die Basis dafür, der Zer­tifikatehandel, ist abzulehnen, daher ist auch dieses Vollzugsgesetz abzulehnen.

Das Zahlungsdienstegesetz ist die Umsetzung der EU-Verordnung, die mehr Rechtssi­cherheit im internationalen Zahlungsverkehr bringen soll. Das begrüßen wir grundsätz­lich. Es wird natürlich für die Konsumenten etwas schwieriger werden, wenn man da­ran denkt, dass die Länge von IBAN und BIC, die dann einzugeben sein werden, das etwas schwieriger und komplizierter macht.

Und zu guter Letzt: Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, Bilanzpolizei wird seit Lan­gem von der Opposition, auch von uns, gefordert und endlich umgesetzt.

Und die letzten beiden Punkte Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz und Ausfuhrför­derungsgesetz: Auch sie sind ein wichtiger Schritt, um die nächsten fünf Jahre die Ex­portförderung entsprechend stützen zu können. (Beifall beim BZÖ.)

19.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bayr. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


19.55.05

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Ausfuhrförde­rungsgesetz ist schon ein bisschen etwas gesagt worden. Wir werden dieses Instru­ment bei gleichbleibendem Haftungsrahmen bis zum Jahr 2017 verlängern. Wir werden Verbriefungsgarantien als neues Instrument einführen, und die Bagatellgrenze über der Projekte in den Beirat müssen wird auf 500 000 € angehoben werden.

Wir haben ja mit der Entwicklungsbank seit noch nicht ganz vier Jahren ein neues ent­wicklungspolitisches Instrument, und ich denke, nach vier Jahren ist auch durchaus die Zeit angebrochen, sich einmal die Strukturen dieser Entwicklungsbank anzuschauen. Demnächst soll es einen Rechnungshofbericht geben, und ich denke mir, es macht


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 237

durchaus Sinn, zu schauen, wo man die Strukturen verschlanken kann, wo man even­tuell Doppelgleisigkeiten beseitigen kann.

Ich erinnere mich, dass wir vor etwa vier Jahren monatelang, also wirklich sehr, sehr lang und sehr, sehr intensiv, über die Frage der Konstruktion und der Strukturen dieser Entwicklungsbank gesprochen haben. Ich bin froh, dass wir uns diese Zeit diesmal auch nehmen und nicht jetzt schon bei diesem heutigen Beschluss die Frage der Strukturen mitentscheiden.

Ich denke mir, es ist wichtig, zu garantieren, dass in diesen Strukturen, wie auch immer sie ausschauen mögen, einerseits die entwicklungspolitische Expertise erhalten bleibt. Ohne die wird es nicht gehen, denn nur mit einer starken entwicklungspolitischen Ex­pertise ist auch gewährleistet, dass die Ausfuhrförderung über die Entwicklungsbank ein wirklich kohärentes Instrument im Sinne der Entwicklungspolitik ist. Aus meiner Sicht ist es auch noch sehr wünschenswert, dass die Sozialpartnerinnen und Sozial­partner mit involviert sind.

Darüber hinaus – und das meine ich jetzt nicht nur für die Entwicklungsbank, sondern für das komplette Instrument der Ausfuhrförderung – ist es natürlich auch sinnvoll, zu schauen, wie weit man nicht im § 1 eine noch stärkere Regelung, als es sie jetzt ein Stück weiter hinten gibt, dahingehend finden kann, wie man wirklich festschreiben und garantieren kann, dass es nicht mit Haftungen des Bundes eventuell zu einer Ver­lagerung von Arbeitsplätzen von Österreich ins Ausland kommt, durch genau diese Projekte, die wir da absichern.

Und so, wie ich mir das im § 1 gut als neue Formulierung vorstellen könnte, glaube ich auch, dass wir an dieser Stelle sehr prominent im Gesetz parallel dazu sicherstellen sollten, dass Österreich seinen internationalen Verpflichtungen im Bereich von Umwelt, Arbeitsrechten, Menschenrechten wirklich dezidiert nachkommen soll und dabei immer die entwicklungspolitische Kohärenz im Auge haben soll.

Ich bin überzeugt, das sind wirklich Dinge, die durchaus an die Spitze und an den An­fang im Sinne des Zieles eines solchen Gesetzes gehören würden. – Danke sehr. (Bei­fall bei der SPÖ.)

19.57


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kaufmann-Bruckberger. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.57.57

Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Es geht um die Bilanz­polizei, und da kommt Österreich zu der Ehre, Schlusslicht in der Europäischen Union zu sein, weil nämlich in Österreich als letztem Land die Bilanzpolizei eingeführt wird. Hier wird eine Verordnung umgesetzt, die bereits 2007 schon umgesetzt hätte sein sol­len. Jetzt, ein halbes Jahrzehnt später, ist es endlich soweit. Wir haben eine Vorlage zur Umsetzung vorgelegt bekommen, und ich meine, dabei geht es wieder einmal nur um das Schröpfen der Unternehmer. Aber dazu komme ich dann noch ein bisschen später.

Seit dem Jahre 2007 muss also jedes Land in der Europäischen Union eine Institution ins Leben gerufen haben, die für die Kontrolle von kapitalmarktorientierten Unterneh­men zuständig ist. Und das ist auch gut so. Doch es gibt natürlich immer ein großes Aber. Österreich hat es geschafft, das Vertrauen in börsennotierte Unternehmen lang­fristig zu schwächen. Dieses Vertrauen soll zwar jetzt wieder hergestellt werden, aber wir haben, wie gesagt, ein halbes Jahrzehnt verloren beziehungsweise eben auch ver­schlafen.


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Das alles geschah auch zum Schaden der Unternehmen, denn gerade jetzt in den Zei­ten der Wirtschafts- und Finanzkrise müssen auch börsennotierte Unternehmen kämp­fen. Die Wirtschaftskrise ist ja eigentlich – und das wissen wir – eine Bankenkrise. Da­zu müssen wir ja nur zu unseren Nachbarn schauen oder innerhalb der Europäischen Union nach Spanien oder Griechenland. Das sind nur zwei Länder, die bestätigen kön­nen, dass wir eine Bankenkrise haben.

Wenn man sich dann auch noch die Börsenentwicklung anschaut, dann muss man feststellen, dass der deutsche DAX zum Beispiel in den letzten fünf Jahren um 8 Pro­zent gefallen ist, aber der österreichische ATX um 55 Prozent – meine Damen und Herren, ein Minus von 55 Prozent beim österreichischen ATX! Und da muss man dann ganz ehrlich sagen beziehungsweise darf man sich eben auch nicht wundern, dass die Investoren dem österreichischen Börsenmarkt ganz einfach den Rücken gekehrt ha­ben. Und ich glaube auch, dass sich die Bundesregierung da an der Nase zu nehmen hat und sich eingestehen muss, dass eben viele Investoren nach Deutschland oder in andere vertrauenswürdige Märkte abgewandert sind.

Jetzt zurück zum Schröpfen der Unternehmer. Im § 12 heißt es:

„Die voraussichtlichen Kosten für das Folgejahr werden von den einzelnen Unterneh­men mittels eines Fixbetrages von 7 500 Euro pro Kalenderjahr sowie durch Mitglieds­beiträge der Vereinsmitglieder in der Höhe von 10 000 Euro je Vereinsmitglied pro Ka­lenderjahr vorfinanziert. Ein allfällig verbleibender Restbetrag ist den Unternehmern ge­mäß ihrer Börsekapitalisierung von der Prüfstelle anteilsmäßig zu verrechnen.“

Meine Damen und Herren, wie machen das jetzt eigentlich unsere deutschen Nach­barn? Auf die Frage, wer für die Kosten aufkommt, sagt der Vizepräsident der deut­schen Bilanzpolizei Axel Berger, die Kosten tragen die Unternehmer. Also das ist gleich wie bei uns. Es gibt allerdings einen Unterschied: Einen der größten Beiträge zahlt die Deutsche Bank, das sind 40 000 €, aber der Mindestbetrag liegt bei 250 € pro Jahr.

Ein weiterer Punkt, der noch erwähnenswert ist, betrifft die Sanktionen, und dazu darf ich Folgendes zitieren.

„§ 13 (1) Wer vorsätzlich entgegen § 4 der FMA oder entgegen § 9 der Prüfstelle eine Auskunft nicht richtig oder nicht vollständig erteilt oder eine Unterlage nicht richtig oder nicht vollständig vorlegt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der FMA mit einer Geldstrafe bis zu 100 000 € zu bestrafen.“

Auch das handhaben unsere Nachbarn in Deutschland ganz anders. Dort wird nämlich kein Bußgeld verhängt, im Gegenteil: Die eigentliche Strafe ist die Veröffentlichung der Fehler. Und das ist unserer Ansicht nach richtige Transparenz. (Beifall beim Team Stronach.)

Es kann sich kein Finanzvorstand leisten, wenn er diese Position noch weiter inneha­ben möchte, fehlerhaft zu bilanzieren und dann ganz einfach öffentlich an den Pranger gestellt zu werden. (Abg. Dr. Bartenstein: Das ist aber bei uns auch so!)  Ja, aber es gibt trotzdem ein Bußgeld, noch zusätzlich. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Bar­tenstein. Ja, aber in Österreich ist es eben auch so, dass man ganz einfach aus parteipolitischen Gründen die Vorstandspositionen besetzt. Ja, das ist eben bei uns in Österreich so! (Abg. Krainer: Bei Magna – oder wo?) Das ist aber wahrscheinlich auch der Grund für hohe Strafen und nicht für Transparenz. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es ist aber noch völlig unklar, welche Kosten die Unternehmer tatsächlich werden tra­gen müssen. In Deutschland braucht es ein Budget von 5 Millionen €. Es sind dort rund 23 Mitarbeiter, die 110 Firmen pro Jahr prüfen.


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Axel Berger beziffert oder schätzt die Kosten für Österreich mit zirka 1,5 Millionen € und schätzt die Anzahl der Mitarbeiter, ähnlich wie in der Schweiz, mit sechs Perso­nen.

Im Grunde genommen wird die politische Einflussnahme ganz genau zu prüfen sein, denn es ist kein Geheimnis, dass die Vorstandsposten der Finanzmarktaufsicht oder auch der Nationalbank von SPÖ und ÖVP aufgeteilt werden, und so liegt es natürlich nahe beziehungsweise auf der Hand, dass das auch bei der Bilanzpolizei so sein wird. (Abg. Dr. Bartenstein: Das Team Stronach gab es damals noch nicht! – Zwischenbe­merkung von Bundesministerin Dr. Fekter.)

Danke für Ihre Wortmeldung, Frau Finanzministerin. Das zeigt eigentlich nur, dass ich recht habe. (Beifall beim Team Stronach.)

Abschließend möchte ich sagen: Wir stehen zu einem starken Kapitalmarkt für die Un­ternehmen, zur Sicherung von Wachstum, aber auch zur Schaffung von Arbeitsplätzen.

Wir werden diesem Gesetz in dieser Form trotzdem nicht zustimmen, denn zu groß sind die Ungereimtheiten und zu groß ist auch der rot-schwarze Einfluss.

Wie gesagt, wir stehen für Fairness, Transparenz und Wahrheit. Und da bedarf es noch einiger Diskussionen im Ausschuss. (Beifall beim Team Stronach.)

20.05


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.05.13

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Frau Finanzmi­nister! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mir aus diesem Paket von Gesetzesvorhaben, die wir hier unter einem debattieren, wie schon einige meiner Vorredner das Ausfuhrförderungsgesetz und das Ausfuhrfinanzierungs­förderungsgesetz herausgenommen, und zwar deshalb, weil wir bei so vielen negati­ven Dingen, über die ständig berichtet wird, hier eine unglaubliche Erfolgsstory vor uns haben: Diese beiden Gesetze sind die rechtliche Basis für die Außenhandelsförderung, etwas, was seit Jahrzehnten in dem Dreieck Finanzministerium, Kontrollbank und Wirt­schaftskammer hervorragend funktioniert. Es sind Finanzierung und Garantie in einer Hand. Und ich muss ehrlich sagen: Ich bedanke mich bei jenen, die da täglich an der Front stehen: Herr Mag. Kinast aus dem Finanzministerium, Herr Dr. de Colle in der Wirtschaftskammer, Herr Dr. Scholten und seine Mitarbeiter in der Kontrollbank.

Was hier geleistet wird, ist wirklich ein wichtiger Impuls für unsere Erfolgsstory im Ex­port, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Hier hat sich, eigentlich vielfach völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit, in den letzten Jahren ein unglaublicher Strukturwandel vollzogen. Ich kann mich noch erinnern, als wir alle gesagt haben, auch die Wirtschaftskammer und Präsident Leitl: Liebe Export­betriebe, ihr dürft euch nicht nur auf Europa konzentrieren, ihr müsst hinausgehen in jene Märkte, wo es noch hohe Wachstumsraten gibt, wie Südostasien, Lateinamerika, China, Indien.

Wenn wir uns heute die Zahlen anschauen, dann können wir sagen, es hat mit Hilfe der Exportförderung – denn wenn es um neue Märkte geht, ist das Risiko immer grö­ßer – diese Globalisierung des Exportmanagements unglaublich erfolgreich funktio­niert. Wir haben seit 1995 eine Steigerung der Exporte um 190 Prozent, in Europa um 160 Prozent, in anderen Bereichen, wie etwa Südostasien, Lateinamerika, um 280 Pro­zent. Also das sind, glaube ich, Zahlen, wo man wirklich sagen kann: Es hat funktio­niert, es hat sich rentiert, es war klug, zu sagen: Ihr müsst in jene Märkte hineingehen,


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wo wir noch hohe Wachstumsraten haben! Und die Betriebe haben hier wirklich her­vorragend gearbeitet. Und ich muss sagen: Ich bin stolz auf solche Betriebe. Ich kenne auch in meinem Wahlkreis Betriebe, die zum Teil in Nischen Weltmarktführer sind und 98 Prozent der Produktion exportieren.

Das sind schon Leistungen, wo man wirklich sagen muss: Vor den Vorhang, liebe Un­ternehmer, liebe Mitarbeiter!, denn das ist Innovation und das sind Arbeitsplätze in Ös­terreich, meine Damen und Herren.

Ich sage immer: Unsere Betriebe sind innovativ genug, ihre Gewinne auch im Ausland zu machen. Diese Betriebe schaffen Arbeitsplätze hier und exportieren mit hoher Wert­schöpfung die Produkte ins Ausland. Dafür herzlichen Dank auch jenen, die das unter­stützen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Linder. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


20.07.46

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen! Geschätzte Kollegen! Auch ich möchte zur Exportförderung, zum Ausfuhr­förderungsgesetz und zum Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz sprechen.

Dies ist zweifelsohne eine gute Story für Österreich, die an und für sich zeigt, dass der Export funktioniert. Wir wollten mit unserer Gegenstimme eher die Ungleichbehand­lung, zum Beispiel im Vergleich zu Deutschland, aufzeigen, wo die Finanzierung priva­tisiert ist, über eine Versicherungsgesellschaft oder über verschiedene Versicherungen abgewickelt wird – im Gegensatz zu uns, wo es eigentlich über den Staat läuft.

Und wenn wir tagtäglich über Verwaltungsvereinfachung reden, über die Reduzierung der Staatsaufgaben, so wollten wir damit auch aufzeigen, dass wir einmal darüber nachdenken sollten, ob es wirklich sein muss, dass in Österreich für 30 Prozent der Exporte vom Staat die Finanzierung übernommen wird, oder ob man das nicht in eine Versicherung ausgliedern sollte. (Bundesministerin Dr. Fekter: Das sind ja nur Garan­tien!)

Auch die Garantien können wir ausgliedern. Ich glaube, wir sollten einmal darüber nachdenken, ob das der Staat machen muss oder ob wir das über eine Versicherung oder über eine ausgelagerte Gesellschaft machen sollten.

Ich glaube, es muss gestattet sein, dass wir darüber nachdenken, ob wir irgendwelche Aufgaben vom Staat wegbringen können, in private Hände legen können – vor allem, wenn es so gut funktioniert, wenn der ehemalige Minister Bartenstein sogar von Ge­schäft redet. Ich glaube, Sie wissen ganz genau, ein Geschäft kann es nicht sein, denn wir haben mit dem Staat Verwaltung und Arbeit dahinter. Das bisschen Geld, das er ausgibt, wiegt die Verwaltung nicht auf. Deshalb, denke ich, sollten wir darüber nach­denken.

Wir werden zustimmen, aber ich glaube, man soll auch in Zukunft bei jedem Gesetz, bei jeder Verlängerung der Geltungsdauer eines Gesetzes darüber nachdenken, ob man nicht etwas vereinfachen kann und vom Staat wegbringen soll. (Beifall bei der FPÖ.)

20.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.09.50

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Präsident! Geschätzte Frau Finanzministerin! Ich werde ganz kurz zum Thema Börsegesetz sprechen. Es geht


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 241

dabei um die Versteigerung von Treibhausgasemissionszertifikaten. Wir haben dazu eine andere Meinung als die Kollegen von den Oppositionsparteien.

Ich glaube, dass es eine vernünftige Sache ist, dass die FMA in Zukunft diesen Bereich des Zertifikatehandels im Spotbereich und am Kassamarkt besser überwachen kann und die Regeln strenger werden. – Erster Punkt. Wir Sozialdemokraten werden dem zustimmen.

Der zweite Punkt betrifft das Zahlungsdienstegesetz. Wie wir wissen, wird ab 1. Feb­ruar 2014 der einheitliche Euro-Zahlungsverkehrsraum verwirklicht sein. Die SEPA, die Single Euro Payment Area, wird Regelungen auf freiwilliger Basis bis 2014 in Europa praktisch im Parallelbetrieb führen. Anschließend wird es sozusagen eine Vereinheitli­chung auf IBAN und BIC geben.

Ich glaube, das ist auch eine sehr vernünftige Sache, weil Auslandsüberweisungen da­durch besser überwacht, besser kontrolliert und besser und einfacher verwaltet werden können.

Ich glaube, den Banken würde es, da man heute schon so bucht, gut anstehen, wenn sie für jeden User seine IBAN- und BIC-Codedaten sozusagen in einem App auf der Onlineplattform bereitstellen können, damit man nicht immer diese langen Zahlen ein­tippen muss. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Dr. Fekter. – Bitte.

 


20.11.56

Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Einige Richtigstellungen zum Ausfuhrförderungsgesetz, nach­dem hier doch einiges gesagt worden ist, was überhaupt nicht der Wirklichkeit ent­spricht.

Zum Ersten: Es finanziert hier nicht der Staat, sondern gibt nur Garantien.

Und zum Zweiten: Es wird abgewickelt durch die Kontrollbank, die auch nicht dem Staat gehört, sondern ein Gemeinschaftsinstitut des Bankensektors ist. Also da ist schon privatisiert worden. (Beifall bei der ÖVP.)

Das heißt, da haben wir das bewährte System, Haftungen, Ausfallshaftungen zu über­nehmen, weiter prolongiert und fortgeführt. Dass die Kontrollbank sehr sorgsam die einzelnen Verfahren prüft, in dem dafür vorgesehenen sehr umfassenden Prüfverfah­ren, führt dazu, dass wir ausgesprochen wenig Ausfälle haben und die Kontrollbank ausgesprochen positiv wirtschaftet. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Ta­mandl. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.13.16

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Da die Zeit so knapp ist, möchte ich nur ganz kurz auf die Bilanzpolizei eingehen. Ich glaube, es ist eine gute Einrichtung, dass börsennotierte Unternehmen noch einmal durch die FMA und von ei­ner Prüfstelle dahin gehend überprüft werden, dass die Bilanzen, die Jahresabschlüsse den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen.

Ich glaube, wir haben in der Vergangenheit, beispielsweise bei der BAWAG, aber auch bei anderen Unternehmen, gesehen, dass selbst Wirtschaftsprüfer oft einmal wegge-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 242

schaut haben und einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk ausgestellt haben. Somit glaube ich, dass das notwendig ist.

Frau Kollegin Kaufmann-Bruckberger möchte ich sagen: Solange Sie nicht in den Aus­schüssen sitzen, sollten Sie sich erkundigen, was in den Ausschüssen los ist! Es wur­de nämlich ein Abänderungsantrag im Finanzausschuss eingebracht, wo wir von einer Strafe oder von einer Strafanzeige Abstand genommen haben, weil wir eben der Mei­nung sind, dass das kontraproduktiv ist und dass die Veröffentlichung der Fehler, die bei einem Jahresabschluss passieren, durchaus ausreicht. Wir machen ja nicht bei ir­gendeiner subjektiv falschen Bemessungsgrundlage in einer Bewertung oder bei sonst irgendetwas gleich eine Strafanzeige.

Wir sind sehr wohl vernünftig in unseren Ansätzen. Und die ÖVP begrüßt die Bilanz­polizei außerordentlich. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Rudas. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.14.57

Abgeordnete Mag. Laura Rudas (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich werde auch über die Bilanzpolizei sprechen.

Mit dem Rechnungslegungs-Kontrollgesetz wird eine langjährige Forderung der Sozial­demokratie umgesetzt. Im Ausschuss geschah das erfreulicherweise einstimmig. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, ein Schritt zur besseren Regulierung und auch zur besseren Aufsicht über den Markt. Er schafft Transparenz. Fehlende Bilanzen kön­nen dadurch aufgedeckt und veröffentlicht und damit hoffentlich weitgehend verhindert werden. (Abg. Mag. Kogler: Das ist eine Kann-Bestimmung!)

Sehr geehrte Damen und Herren, damit machen wir vor allem auch eines: Wir setzen eine EU-Richtlinie zur Überwachung um. Und da ist es auf jeden Fall sinnvoll.

Die FMA ist als alleinige Kontrollbehörde für die Einhaltung der Rechnungslegungsvor­schriften durch börsenorientierte Unternehmen zuständig, und es ist daher sinnvoll, dass hier ein Verein, die Österreichische Prüfstelle für Rechnungslegung, geschaffen wird.

Sehr geehrte Damen und Herren! Damit setzen wir auch einen Schritt in die Richtung, dass die neue Bilanzpolizei im internationalen Wettbewerb mithalten kann. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Kaufmann-Bruckberger zu Wort gemeldet. Ich erinnere an die einschlägi­gen Bestimmungen der Geschäftsordnung. – Bitte.

 


20.16.32

Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Zur Aussage von Frau Kollegin Tamandl, ich solle den Ausschuss besu­chen, darf ich sagen, dass ich den Ausschuss besucht habe und dort auch anwesend war und selbstverständlich all die Inhalte gehört und zur Kenntnis genommen habe. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

20.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Schultes. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 243

20.17.00

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Finanzminister! Hohes Haus! Ich will heute ein paar Bemerkungen zum Börsegesetz beziehungsweise zum Wertpapieraufsichtsgesetz machen.

Wir haben im Jahr 2011 im Zertifikatehandel ein seltsames Phänomen erlebt: Hacker haben die Plattformen geknackt, der Handel hat plötzlich ausgesetzt werden müssen, und es hat sich gezeigt, dass dieses europaweite Handelsinstrument schlichtweg an­greifbar war, nicht funktioniert hat. Um das in Zukunft auszuschließen, hat Europa da­rüber nachgedacht.

Österreich setzt das nun um. Wir werden in Zukunft gesetzliche Vorkehrungen treffen, die zur Folge haben, dass das nicht mehr so leicht passieren kann. Es werden 5-Tage-Futures genau überwacht und 2-Tage-Spots genau überwacht. Es wird die Finanzmarktaufsicht überwachen, weil Banken dafür zuständig sein können, wenn sie sich diese Kompetenz geben lassen.

Das Problem ist nur: Wir diskutieren das Thema Zertifikatehandel und müssen zur Kenntnis nehmen, dass das eingeführt wurde mit 2000, 2003. Damals war das Öl billig, und man hat Marktmechanismen erfunden, die das Öl künstlich ungünstig stellen sol­len im Vergleich zu anderen Energieträgern, die Kohle noch ungünstiger stellen sollen, und man hat deshalb den ungünstigen CO2-Ausstoß finanziell belastet.

Mittlerweile ist das Öl dreimal so teuer geworden, und die Zertifikate, von denen man sich damals vorgestellt hat, dass sie vielleicht 40 € pro Tonne kosten würden, kosten heute 5, 6 oder 8 € pro Tonne. Das System funktioniert schlichtweg nicht.

Und wenn jetzt die Konferenz in Doha scheitert, wo die Laufzeit der Kyoto-Protokolle verbindlich verlängert werden soll, die die rechtliche Grundlage für dieses gesamte CO2-Einsparsystem sind, dann werden wir uns die Frage stellen, ob dieses Zertifikate­handelssystem nicht überhaupt in eine große politische Krise kommt. Und dann stellt sich für uns die Frage, ob wir den Klimaschutz nicht generell neu angehen müssen, weil relativ vieles von dem, was in den letzten Jahren aufgebaut wurde, durch die Wirk­lichkeit überholt wurde. Das ist eine Aufgabe, bei der werden wir uns noch ordentlich anstrengen müssen! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

20.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lapp. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.20.01

Abgeordnete Mag. Christine Lapp, MA (SPÖ): Frau Ministerin! Hohes Haus! Ich möchte zum Tagesordnungspunkt 36 kommen, zum Rechnungslegungs-Kontrollge­setz, im Volksmund Bilanzpolizei genannt. Das ist eine EU-Richtlinie, die Österreich als letzter Staat umsetzt. Diese Richtlinie gilt ab dem 1. Juli 2013. Für börsennotierte Un­ternehmen gibt es eine Kontrolle der Jahresabschlüsse, der Lageberichte, der Kon­zernabschlüsse und der Konzernanlageberichte. Diese Kontrolle kann stichprobenartig oder anlassbezogen erfolgen.

In Deutschland ist die Bilanzpolizei schon seit 2004 tätig und hat im Laufe ihrer Tätig­keit bei den überprüften börsennotierten Unternehmen jeweils ein Viertel an Fehlern gefunden. Das heißt, man sieht, dass dieses Instrument ein sehr wichtiges ist, damit auch börsennotierte Unternehmen die richtigen Bilanzen und Konzernabschlüsse vor­legen können.

Der Verein, der eingerichtet wird, ist auf Ersuchen der Finanzmarktaufsicht tätig. Er soll dazu dienen, dass man mögliche Skandale früher entdecken kann. Es ist meistens auch die Schuld der börsennotierten Unternehmen und nicht die Schuld des Staates


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 244

Österreich, dass Fehler bei den börsennotierten Unternehmen stattfinden, wie eine Vorrednerin vorher gemeint hat. Es ist auch keine „Schröpfung“ der Unternehmen, son­dern eine wesentliche didaktische Maßnahme, um sämtliche gesetzliche Vorgaben zu erfüllen. Deswegen begrüßen und unterstützen wir diese Bilanzpolizei.

Eine Evaluierung 2015 wird uns dann weisen, in welche Richtung noch Veränderungen und Verbesserungen gemacht werden können. (Beifall bei der SPÖ.)

20.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Steindl zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.21.44

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminis­ter! Zur Bilanzpolizei beziehungsweise zum Rechnungslegungs-Kontrollgesetz wurde ja alles gesagt. Es ist, glaube ich, ein wichtiger Teil, auch für den österreichischen Bör­senplatz hier zusätzliche Qualität und Sicherheit – nämlich Sicherheit auch für die Ka­pitalgeber – zu schaffen. Es werden neue Standards und entsprechende Sicherheiten dadurch ermöglicht, und ich glaube, dass das den internationalen Gegebenheiten ent­spricht.

Wie immer zahlen diese Einrichtung, nämlich den Verein oder auch andere Prüfinsti­tutionen, die Unternehmer selber. Trotzdem begrüßt die Wirtschaft, vor allem die bör­sennotierte Wirtschaft, dieses Vorhaben sehr und es wird wahrscheinlich dem Börse­platz Österreich zusätzliche Attraktivität verleihen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.22


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Abgeordneter Mag. Kogler hat sich zu Wort gemeldet. Wunschgemäß sind 8 Minuten Redezeit (Oh-Rufe im Saal) eingestellt. – Bitte.

 


20.23.03

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Wie Sie wissen, sind wir von den Grünen bei Finanzpunkten besonders konstruktiv en­gagiert. Sie können die letzten zehn Jahre zurückverfolgen: Bei den meisten Vorlagen gab es Übereinstimmungen, viele Verbesserungen wurden verhandelt.

Wo ist der Abgeordnete, Vorsitzender Stummvoll? Er hat vorsichtshalber die Flucht er­griffen. Er weiß schon, was kommt. (Ruf bei der ÖVP: Da ist er eh!) – Ach ja, wunder­bar.

Also die Statistik weist uns hier sicher als sehr konstruktiv aus. Sie werden es daher sehr gut hinnehmen, wenn ich jetzt einmal nur die kritischen Punkte beleuchte, erstens was die Ausfuhrförderung und die Haftungen betrifft. Was ist nicht alles über den ESM geschimpft worden? Aber der ESM ist die Ausgeburt der Transparenz gegenüber die­ser Ausfuhrförderung, die wir haben. Erstens ist sie in vielfacher Höhe, und zweitens kann das Parlament kaum hineinschauen, was dort passiert. Und das ist sehr wohl re­levant, denn mittlerweile werden auch die Schwellen, wo die NGOs mitberaten dürfen, von 200 000 € auf 500 000 € hinaufgesetzt. Und das ist nichts Gutes. Das sollte Ihnen hier noch gesagt sein, bevor Sie da im eintönigen Jubel untergehen. (Beifall bei den Grünen.)

Der nächste Punkt, die sogenannte Bilanzpolizei: Wir haben uns das noch einmal ge­nauer angeschaut. Was ist hier nicht alles gesungen worden? Wir setzen eine EU-Richtlinie um. Na bum! Kunststück! Wissen Sie was?  Wir sind die Letzten! Deutsch­land hat das schon seit 2005. Wissen Sie was?  Wir sind die Schlechtesten, gerade so schlecht, wie es noch geht mit dieser Umsetzung. Aber in Deutschland wird so gut


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wie alles an Verfehlungen, die diese angebliche Polizei mit den Kompetenzen, die diese sogenannte Polizei hat, ist es ja eine Scheinpolizei, „Amtsanmaßung“ hat die „Presse“ heute geschrieben; ich weiß schon, dass es sinnbildlich gemeint ist  auf­deckt, dann veröffentlicht, und genau das ist ja die Wirkungsweise, und das nennt die Frau Kollegin Rudas „transparent“.

Genau so schauen unsere Transparenzpakete immer aus, denn in Österreich gibt es die Kann-Bestimmungen, dass das nicht veröffentlicht werden soll. Na super! Gratu­liere! Hundert Meter sollten wir rennen, 10 Millimeter sind wir gelaufen. Da brauchen wir über halbvoll und halbleer nicht mehr zu reden. Das Ganze ist abzulehnen, weil es ein Schwindel ist! (Beifall bei Grünen und Team Stronach.)

So, und jetzt zu etwas ganz Ähnlichem. Die Frage der Aufsicht am Finanzmarkt und an der Börse ist eng verwoben mit den Institutionen – Finanzmarktaufsicht –, und die ist wieder eng verwoben mit den Gesetzen, die wir hier machen. Wissen Sie wozu unsere Gesetze und unsere Kontrollmaßnahmen führen?

Ich beziehe mich jetzt nicht auf die FMA als Behörde. Die FMA führt unsere Gesetze aus, indem sie jetzt den Heinrich Staudinger, einen der wenigen erfolgreichen Unter­nehmer im Waldviertel (Abg. Ing. Schultes: Ist das nicht ein Pyramidenspiel?), gerade­zu verfolgt, mindestens aber schikaniert, wenn wir schon von Aufsicht reden. Das passiert, weil wir nicht in der Lage sind, Gesetze zu schaffen, um endlich erfolgreichen Unternehmen mit Innovation, Kreativität und vor allem mit regionalwirtschaftlicher Ab­sicht, Bindung und Rückbindung eine vernünftige Finanzierungsform zu geben.

Schauen wir uns die Geschichte der GEA und von Heinrich Staudinger an. Vor zehn Jahren hätten ihn die von Ihnen so gelobten Regionalbanken von Genossenschafts­sektoren, angebliche Genossenschaftsbanken, sterben lassen. Damals hat er 30 Mitar­beiter gehabt. Jetzt hat diese Firma 130 Mitarbeiter. Und was hat er machen müssen, nachdem ihn die Volksbanken, die Raiffeisen und wie sie alle heißen, ausgehungert haben?  Selber hat er sich das Geld einsammeln müssen, auf das hin er jetzt verfolgt wird. 100 Arbeitsplätze hat er geschaffen in einem sehr vernünftigen, ökonomischen und ökologischen Segment. Aber darum geht es ja gar nicht so sehr.

Da reichen unsere Gesetze aus, um ihm die Aufsicht auf den Hals zu hetzen. Aber was war denn bei der Hypo Alpe-Adria?  3 Milliarden € im Kanal! Kommunalkredit: 3 Mil­liarden € über Zypern verzockt, in der Karibik und überall – eine Bude, die für die Ge­meindefinanzierung zuständig wäre! Warum sage ich Bude?  weil es eine zyprioti-
sche Zockerbude ist, unter den Augen Ihrer (der Redner deutet in Richtung Bundes­ministerin Dr. Fekter) Aufsicht! (Beifall bei Grünen und Team Stronach sowie des Abg. Dr. Fichtenbauer.)

Und jetzt stellt sich die Frage: Warum wird der Heini Staudinger verfolgt, aber bei der Kommunalkredit ist nichts passiert?  Ganz im Gegenteil: Herr Mödlhammer, sattsam bekannt in diesen Reihen, Vorsitzender oder irgend so etwas beim Gemeindebund, eine ÖVP-Größe, war damals immer schon im Aufsichtsrat der Kommunalkredit. Er hat in der Nacht vor der Notverstaatlichung erklärt: Bitte schön, das müssen wir machen, unsere Gemeindefinanzen sind immer so super finanziert worden. Karibik-Karussell – und tschüss.

Was ist passiert? – Herr Mödlhammer ist weiter im Aufsichtsrat, bis heute ist er im Auf­sichtsrat. Was tut er dort? Jetzt in der Verstaatlichten? (Abg. Dolinschek: Die Schmied ist Ministerin!) – Ja, auch die Schmied war damals, früher im Vorstand, aber das ist ein eigener Punkt. Ich komme ja auf diesen Rechnungshofbericht zu sprechen. (Der Red­ner hält das genannte Druckwerk in die Höhe.) Es ist nämlich interessant, dass Hun­derte Seiten Rechnungshofbericht keine Verfolgungshandlung und Untersuchungs­handlungen hier im Haus auslösen, aber den Heinrich Staudinger verfolgen Sie.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 246

Aber weiter im Text, wir waren ja gerade bei der Kommunalkredit: Ein paar Milliarden Euro hätten ja noch gereicht. Aber nein, man hat sie genommen, man hat sie aufge­blasen, nämlich über eine der schäbigsten Steueroasen in Europa. Ihnen ist nicht . (Zwischenruf.) – Beziehungsweise Ihren Vorgängern natürlich, um die geht es ja. Die sollen ja nicht gehört werden. Josef Pröll und Willi Molterer dürfen ja nicht aussagen hier im Haus. Das verhindern Sie ja schon wieder – von wegen Transparenz! Ja, das haben wir schon gehabt, aber die noch nicht gehört, und die Rechnungshofberichte sind nicht verhandelt.

Um genau diese Diskrepanz geht es: Heini Staudinger, der für die Regionalwirtschaft sehr, sehr Wichtiges leistet, wird verfolgt; aber diejenigen, die Milliarden verzockt ha­ben, werden unbehelligt gelassen. Fällt Ihnen bei der Gelegenheit vielleicht irgendet­was auf? Ich würde mich da mit Zwischenrufen zurückhalten. 6 Milliarden € sind schon netto weg. Wissen Sie was?  Das ist dreimal so viel, wie Ihre Leute da innerhalb we­niger Tage für die Eurofighter versenkt haben. (Abg. Kopf:  Das wirst du mir nicht sagen! Damit das klar ist!) Um den Eurofighter-Skandal vorzubereiten, haben wir fünf Jahre gebraucht, aber die haben es in ein paar wenigen Nächten geschafft, das zu ver­senken!

Erklären Sie uns noch Folgendes: Wenn man den Heini Staudinger schon verfolgt, wieso wird dann nicht aufgeklärt, wie es mit der Notverstaatlichung der Hypo Alpe-Adria zugegangen ist?  Jeder in Österreich, der das ein bisschen beobachtet hat, hat gewusst, dass die Hypo Alpe-Adria zu diesem Zeitpunkt – und heute wurde ja zu Recht wieder der Untersuchungsgegenstand hier eingebracht von der BZÖ-Fraktion – eine verseuchte Bank war.

Was hat Ihre Vorgänger dazu bewogen, dass sich die Republik Österreich eine ver­seuchte Bank vom Staat Bayern umhängen lässt?  Ja, glauben Sie, der Freistaat Bayern hätte es sich leisten können, die in Konkurs gehen zu lassen?  Mit Sicherheit nicht! (Beifall bei Grünen, BZÖ, FPÖ und Team Stronach.)

Warum haben Sie das gemacht? Warum dürfen wir das nicht aufklären? Warum wird Josef Pröll mit Ihrer Mehrheit und mit Ihrer Unterstützung vom Parlament ferngehalten? (Abg. Brosz: Ist ein Gegengeschäft vom Faymann!) Warum? Und warum verfolgen Sie Heini Staudinger? Erklären Sie diese Widersprüche! Das ist einfach nicht nur unmora­lisch, das ist auch ökonomisch völlig daneben. Das ist gegen die Realwirtschaft und zum weiteren Zudecken der ganzen finanzcasinokapitalistischen Zockereien, um die es da geht.

Genau diesen Unterschied spüren aber die Menschen längst, dass man den Banken nämlich nicht mehr trauen kann, ihnen das Geld nicht mehr geben kann. Was tun denn Raiffeisen und alle?  Die sogenannten Sektorbanken sammeln das Geld in den Re­gionen ein, geben es nach oben auf Landesebene weiter, die geben es wieder nach oben weiter, RZB et cetera, und dann geht das Geld irgendwohin. Irgendwo im Aus­land wird investiert, aber nicht mehr in der Region. Das ist das Genossenschaftsprinzip geworden! Ist das noch richtig? (Abg. Jakob Auer: Das ist ja völlig falsch!) – Das ist völlig falsch!

Die Unternehmer, die es brauchen, bekommen kein Geld; die Banken aber, die die Mil­liarden verzockt haben, die dürfen sich weiter beruhigen. Das ist die Einladung für die nächsten Banken, genauso vorzugehen, wenn wir nämlich nicht eines tun – ich komme zum Schluss, Frau Bundesministerin –: Es wäre heute oder morgen der letzte Tag, dass die Bundesregierung einen Auftrag dieses Nationalrates umsetzt, die Punktation zum Bankenpleiterecht vorzulegen. Wir hätten uns sehr viel erspart, hätten wir das ge­habt. (Beifall bei Grünen, BZÖ und Team Stronach.)

Sie sind auch da säumig, sogar gegen die Aufträge der Fraktion von Rot und Schwarz, aber auf Sie kann man sich ja nicht verlassen. Es ist ja schon wieder dasselbe.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 247

Ein letztes Argument: Wir haben ja nicht nur gesagt  (Zwischenbemerkung von Bun­desministerin Dr. Fekter.) – Ja, die Laxenburger-Punktation. Aber nur weil Sie in La­xenburg Fototapete spielen, ist das noch lange kein Argument für den Nationalrat! (Ruf beim BZÖ: Der war gut! – Neuerlicher Beifall bei Grünen, BZÖ und Team Stronach.)

Aber letztendlich fehlt ja nicht nur das. Es ist der Auftrag der grünen Fraktion hier in Sachen Anti-Korruption, in Sachen Misswirtschaftsbekämpfung und auch in der Her­stellung der richtigen Verhältnisse zwischen regionaler Realwirtschaft und zockenden Banken endlich wieder nach dem Richtigen zu schauen. Und in diesem Zusammen­hang gilt: Alles aufklären – Sie werden sich noch wundern! – und alles zurückzahlen!

Wie geht das? – Indem die Bankenabgabe so lange läuft, bis wir das ganze Geld zu­rückhaben. Sie wollen es nämlich schon wieder auslaufen lassen, das wissen die Leu­te auch noch nicht. Und alles neu machen heißt: Endlich neue Gesetze, die dazu füh­ren, dass die regionalen Unternehmer gestützt werden und die zockenden Banken hintangehalten und verfolgt werden. Aber machen Sie das Richtige! Halten Sie das Ge­wehr nicht immer in die falsche Richtung! – auch wenn das kein gewaltvoller Vergleich ist. (Beifall bei Grünen, BZÖ und Team Stronach.)

20.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krainer. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


20.33.12

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Heini Staudinger ist ein toller Unternehmer. Das, was er gemacht hat im Waldviertel, ist ganz wichtig und ganz gut. Aber ich sehe weder die Verfolgungsabsicht noch eine Verfolgungshandlung der Fi­nanzmarktaufsicht. Was wir in dieser Situation haben, ist, dass die Art und Weise, wie er das Geld eingesammelt hat, einem Bankgeschäft gleicht; und ein Bankgeschäft darf man in Österreich nur machen, wenn man eine Konzession hat. (Abg. Mag. Kogler: Ja, weil wir so blöde Gesetze haben!) Die hat er nicht.

Die Finanzmarktaufsicht hat ausdrücklich nicht nur ihm, sondern auch vielen anderen, die auf ähnliche Art und Weise Geld aufgestellt haben – es liegt eine Anzeige vor, da muss sie ja hingehen und sich das anschauen und kann dort nur die Gesetze voll­ziehen –, gesagt: Es gibt alternative Methoden: als Anleihe, über eine Genossen­schaft – ich glaube, da wurden insgesamt vier Vorschläge gemacht, wie er das auf eine rechtlich korrekte Basis stellen kann. (Abg. Mag. Kogler: Das habe ich ja gesagt, vier Alternativen!)

Er hat selber gesagt, er wird das machen, hat sich aber – diese Gespräche gibt es be­reits seit fast einem Jahr – im Herbst entschlossen, das nicht zu machen, sondern ge­meint, dass es in Ordnung ist, wie er es gemacht hat, und dass er so weitermachen will. Dass da die Finanzmarktaufsicht nicht anders kann, als zu sagen, es tut mir leid, ich muss dieses Gesetz vollziehen und du kannst kein Einlagengeschäft betreiben, liegt schon an beidem.

Ich hoffe, dass es da zu einer vernünftigen Lösung kommt, dass er eines dieser vier Al­ternativangebote annimmt und das umstellt auf eine der vier legalen Refinanzierungs­möglichkeiten, die er hat. (Abg. Mag. Kogler: Unsere Gesetze sind falsch!)

Was wir auch angeboten haben, ist, dass wir – nämlich beide Regierungsparteien, und ich nehme an, das gilt für alle Fraktionen hier im Haus – gerne über Folgendes nach­denken: Ist es notwendig, für kleinere Betriebe – wobei man dazusagen muss, dass Heini Staudingers Betrieb kein kleiner, sondern ein mittlerer ist – Finanzierungsformen zu finden, die – unter Anführungszeichen – „billiger“ sind? Die Anleihevariante mit Prospektpflicht kann schon 10 000 € bis 30 000 € kosten, wobei ich sage: Wenn je-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 248

mand 3 Millionen € aufnimmt, dann sind die Kosten von 30 000 € auch verkraftbar, aber bei kleineren Betrieben könnte es schwierig sein. Insofern sehe ich hier keine Ver­folgungshandlung.

Was stimmt, ist, dass die Finanzmarktaufsicht – und das haben, glaube ich, alle Frak­tionen hier festgestellt – nicht optimal funktioniert hat, sagen wir einmal so. Wir haben einen eigenen Untersuchungsausschuss dazu gehabt und haben auf Basis dessen, was wir im Untersuchungsausschuss, wo der Kollege Kogler ja auch dabei war, erfah­ren haben, die Art und Weise, wie die Finanzmarktaufsicht strukturiert ist, beziehungs­weise die Zusammenarbeit zwischen FMA und OeNB auf neue Beine gestellt. Ich habe durchaus den Eindruck, dass das jetzt wesentlich besser funktioniert, als es vorher funktioniert hat.

Man kann auch kurz Folgendes sagen: Kommunalkredit, das war unmittelbar nach 2008, nach der Lehman-Pleite. Da gab es auch hier im Hause eine von allen Fraktio­nen beschickte Gruppe, die das gesamte Bankenrettungspaket und so weiter begleitet hat. Da sind wir damals auch informiert worden. Da sind damals zwei Banken gerettet worden: die eine ohne Steuergeld, das war die Constantia, und die andere mit Steu­ergeld, indem die Republik sie gekauft hat.

Kollege Van der Bellen war damals in dieser Gruppe dabei von den Grünen. (Abg. Mag. Kogler: Da war ich selber dabei!) – Zuerst war Van der Bellen dabei; vielleicht warst du dann auch indirekt dabei. Da sind wir auch ganz genau über die Beweggrün­de des Finanzministeriums informiert worden.

Bei der Hypo war es relativ leicht zu verstehen, wieso sie notverstaatlicht werden musste: Wenn sie in Konkurs gegangen wäre (Abg. Mag. Kogler: Geht sie ja gar nicht!), wären am nächsten Tag die Haftungen des Bundeslandes Kärnten komplett fäl­lig geworden. Kärnten hätte sich das nicht leisten können. Der Bund hätte erst recht einspringen müssen, und der Schaden wäre wohl weit größer gewesen, als er heute ist.

Trotzdem stimmt es: Fast eine Milliarde Euro pro Jahr hat uns die Bankenrettung seit­dem netto gekostet, nämlich netto, also wenn ich das, was ich einnehme, gegen­rechne. Meine Fraktion hat nie gesagt, das ist ein Geschäft. Wir haben immer gesagt: Wir retten Banken, nicht weil es ein Geschäft ist, sondern weil es notwendig ist, um größeren Schaden zu verhindern. Und es ist zu befürchten, dass es viel Geld kostet.

Es war aber vom ersten Tag an klar, dass Hypo und Kommunalkredit nicht umsonst gehen werden, sondern dass es uns viel Geld kosten wird. Im Stenographischen Proto­koll können Sie nachlesen, in allen Reden unserer Fraktion, dass das von Anfang an klar war, dass es hier darum ging, schlimmeren Schaden, der weitaus größer gewesen wäre, zu verhindern. Es ging darum, dass das untersucht wird, dass das aufgeklärt wird, dass auch geschaut wird, ob es hier noch möglich ist, von den Bayern Geld zu bekommen.

Dahinter stehen wir, und das unterstützen wir. Aber ich glaube, man sollte gerade bei diesen Themen eine sachliche Debatte führen und nicht so untergriffig sein. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.38

20.38.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht eine der Berichterstatterinnen beziehungsweise einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vorneh­me.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 249

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 33: Entwurf betreffend Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz 2012 samt Titel und Eingang in 2007 der Bei­lagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in drit­ter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verwaltungsvereinfachung durch das Freiheitliche Pendler-Entlastungsmodell. (Rufe: Der Antragsteller fehlt!)

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 34: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz, das Bankwesengesetz und das Wertpapier­aufsichtsgesetz für die Zwecke der Verordnung (EU) Nr. 1031/2010 geändert werden, samt Titel und Eingang in 2006 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Entwurf auch in dritter Le­sung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Ge­setzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 35: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zahlungsdienstegesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1987 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen.  Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in drit­ter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen.  Auch das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 36: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Rechnungslegungs-Kontrollgesetz erlassen und das Fi­nanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 2095 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in drit­ter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 37: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz 1981 geändert wird, samt Titel und Eingang in 2096 der Beilagen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 250

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen. – Das ist die Mehrheit und angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in drit­ter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Ge­setzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 38: Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 2097 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in drit­ter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

20.42.4439. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2096/A der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem der Artikel 34 des Budgetbegleitgeset­zes 2001 betreffend die steuerlichen Sonderregelungen für die Ausgliederung von Aufgaben der „Körperschaften öffentlichen Rechts“ geändert wird (2098 d.B.)

40. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2114/A(E) der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Grundzüge der Förderungskriterien und Berechnung der Förderung des Strukturänderungsfonds (2099 d.B.)

41. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1916 d.B.): Abkom­men zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung Jerseys über den Informationsaustausch in Steuersachen (2100 d.B.)

42. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1934 d.B.): Proto­koll zwischen der Republik Österreich und Rumänien und Zusatzprotokoll zur Abänderung des am 30. März 2005 in Bukarest unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Proto­koll (2101 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 39 bis 42 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 251

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Haider. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.44.22

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ho­hes Haus! Ich beziehe mich auf die Tagesordnungspunkte 41 und 42, einerseits den Abschluss eines Abkommens mit der Regierung von Jersey über den Informations­austausch in Steuersachen und andererseits die Abänderung eines bestehenden Dop­pelbesteuerungsabkommens mit Rumänien.

Dem Neuabschluss des Abkommens mit Jersey werden wir zustimmen, auch wenn es den von uns kritisierten Absatz 4 im Artikel 5 enthält, in dem wir eine Aushöhlung des österreichischen Bankgeheimnisses sehen. Neue derartige Abkommen gibt es ja nicht mehr ohne diesen Artikel. Sie erinnern sich, das ist die uns von der OECD im Jahr 2009 aufgezwungene Musterformulierung, das war der Preis, dass wir von der grauen Liste der Steueroasen gestrichen worden sind. Wir sind der Meinung, es ist besser, überhaupt einmal ein Abkommen zu haben, speziell mit Jersey, als überhaupt keines, daher die Zustimmung.

Nicht zustimmen jedoch werden wir beim Abänderungsantrag zu dem seit dem Jahr 2005 bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen mit Rumänien, weil wir eben der Meinung sind, die bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen brauchen nicht ge­ändert zu werden und können weiter gelten. Es besteht keine Notwendigkeit, diesen uns von der OECD aufgedrückten Artikel 5 Abs. 4, die Aufhebung des Bankgeheimnis­ses aufzunehmen. Daher lehnen wir diese Abänderung ab. (Beifall bei der FPÖ.)

20.45


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Dr. Stummvoll. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.45.59

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur ein paar Worte zu dem Entschließungsan­trag, den ich gemeinsam mit Kollegem Krainer eingebracht habe, betreffend Struktur­fonds, Strukturänderungsfonds der Trafikanten, sagen. Es geht da darum – wir haben die Finanzierung ja schon mit dem Abgabenänderungsgesetz vor einigen Wochen be­schlossen –, dass wir doch sehr stark den Eindruck hatten, in beiden Regierungspar­teien, dass dieser Strukturänderungsfonds, den es schon einmal gegeben hat, nicht gezielt Strukturhilfen vergeben, sondern eher mit der Gießkanne die Gelder verteilt hat.

Wenn wir jetzt neuerlich so einen Fonds schaffen, der jenen ungefähr 300 Trafikanten dient, die tatsächlich enorme Strukturprobleme haben, sei es in Grenzregionen, sei es durch den intensiven Schmuggel, brauchen wir dort gezieltere Hilfen – mit Überbrü­ckungsbeihilfen, zum Teil auch mit Stilllegungsprämien. Da haben wir jetzt eine Bitte an die Frau Finanzminister gerichtet, dass sie bei der Monopolverwaltung auch darauf Einfluss nimmt, dass diese Verordnung der Monopolverwaltung entsprechend geändert wird, damit wir gezielter helfen können, dort, wo wirklich Hilfe notwendig ist. Manche unserer Trafikanten leiden einfach enorm unter dem Schmuggel oder der Grenzlandsi­tuation. Das ist bei mir im Wahlkreis so, im nördlichen Österreich, aber auch ganz un­ten im Süden.

Warum liegen mir als Nichtraucher die Trafikanten so am Herzen? – Ganz einfach: Die Trafiken haben eine sozialpolitische Funktion – 42 Prozent aller Tabakfachgeschäfte werden von behinderten Personen geführt –, sie haben eine unglaubliche regionalpoli­tische Funktion, weil viele Nahversorger nicht überleben könnten, wenn sie nicht die Einnahmen aus der Trafik hätten, und sie haben eine Arbeitsplatzfunktion für ungefähr


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 252

10 000 Menschen in Österreich und deren Familien, für die die Existenzgrundlage praktisch die Tabaktrafik ist.

Daher haben wir uns wirklich sehr engagiert und bemühen wir uns, da zu helfen, wobei ich gerne zugebe, dass das, was wir mit der Abgabenänderung beschlossen haben, dieses Modell über drei Jahre, also 0,50 € im ersten Jahr auf 1 000 Zigaretten, 0,30 € im zweiten Jahr, 0,10 € im dritten Jahr, nicht die Begeisterung der Trafikanten ausge­löst hat.

Wir werden das Ganze evaluieren und dann sehen, ob wir Änderungen durchführen müssen. Die Bitte an die Frau Finanzministerin war, den Finanzausschuss bis Ende des nächsten Jahres zu informieren, ob wir Änderungen in der Gesetzeslage brauchen oder ob wir treffsicher agiert haben.

In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.48


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Rossmann. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.48.25

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich werde zu dem Doppelbesteuerungsabkommen mit Jersey und zum Protokoll zum Doppelbesteuerungsabkommen mit Rumänien spre­chen. Beiden werden wir zustimmen, aber Bedenken haben wir wohl insgesamt in Be­zug auf die Doppelbesteuerungsabkommen, wo es ja in den vergangenen Monaten aufgrund des Musterabkommens der OECD zu einer Reihe von Änderungen nicht frei­williger Natur gekommen ist – aber immerhin gibt es Änderungen, man sieht, da ist et­was weitergegangen.

Aber es waren immer nur Minimaländerungen, Frau Finanzministerin, denen Sie zuge­stimmt haben. Erinnern wir uns ein wenig an die Situation im Jahr 2009, als Österreich auf der grauen Liste war! Die Folge war ja das Amtshilfe-Durchführungsgesetz, und wir haben ja bei diesem Amtshilfe-Durchführungsgesetz schon seinerzeit kritisiert, dass es einerseits überhastet durchgeführt worden ist und dass es eine Reihe von Spielräu­men, von Hintertüren offengelassen hat.

Und diese Spielräume und Hintertürchen haben natürlich dazu geführt, dass es in dem Peer-Review-Prozess, der jetzt durch die OECD durchgeführt wurde, zu neuerlichen Änderungen dieser Steuerabkommen kommen muss, und das finden wir natürlich gut.

Aber in Summe betrachtet: Warum rudern Sie sozusagen dauernd zurück?  Ja, weil Sie immer extern aufgefordert werden müssen, in dieser Sache irgendetwas zu tun. Jetzt frage ich Sie, Frau Finanzministerin, die Sie sich immer für den sparsamen Um­gang mit Steuermitteln einsetzen: Macht das einen Sinn, Doppelbesteuerungsabkom­men permanent zu erneuern?

Doppelbesteuerungsabkommen sind ja Steuermaterien, die nicht zu den einfachsten steuerlichen Materien gehören, und das bindet natürlich viele Arbeitsplätze, das bindet viele Bundesbedienstete, die man anderswo deutlich besser einsetzen könnte  etwa in der Großbetriebsprüfung, wo ich das letzte Mal gesagt habe, dass mit etwa 460 Be­diensteten ein Mehraufkommen im steuerlichen Bereich von 1,1 Milliarden € erzielt wird. Da wären diese Bundesbediensteten deutlich besser aufgehoben, als mit dem permanenten Erneuern bei den Doppelbesteuerungsabkommen beschäftigt zu sein.

Eines kommt natürlich dazu: Die Lösung wäre denkbar einfach, wenn man den Infor­mationsaustausch beschleunigen wollte. Sie, Frau Finanzministerin, blockieren ge­meinsam mit Luxemburg den Beitritt zur Zinsenrichtlinie aus dem Jahr 2005 trotz des


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 253

Drucks, der von der Europäischen Union permanent aufgebaut wird. Das ist ja nicht erst seit Kommissar Šemeta so, der in letzter Zeit auch in den österreichischen Zei­tungen sehr stark tätig geworden ist, nein, es war auch schon Kommissar Kovács, der sowohl Österreich als auch Luxemburg immer wieder dazu aufgefordert hat, diesem In­formationsaustausch beizutreten.

Das hätte natürlich zur Folge, dass man die unsolidarische Haltung Österreichs endlich beseitigen könnte, Punkt 1, und Punkt 2, dass endlich die Europäische Union gemein­sam gegen Steuerflucht und Steuerhinterziehung vorgehen könnte. Aber das verhin­dern Sie, das verhindern Sie im Übrigen auch mit dem Steuerabkommen, das zwi­schen Österreich und der Schweiz abgeschlossen wurde. Da kommt es zu einer Steu­eramnestie von Steuerflüchtlingen, die möglicherweise Steuern in Millionenhöhe hinter­ziehen – nehmen wir das einmal an –, und die ehrlichen Steuerzahler in Österreich zahlen halt ihre Steuern. Aber die, die es sich richten können und mit ihren Geldern in Millionenhöhe woanders hingeflohen sind, denen wird eine Steueramnestie nachge­worfen, Frau Finanzministerin.

Oder wie ist das denn im Fall Griechenlands?  Dort verschwinden Milliardenbeträge von Steuermilliardären irgendwo im Ausland, wer weiß, wie viel davon steuerfrei, wäh­rend die Leute im Inland unter gewaltigen Kürzungen ihrer Löhne leiden müssen, und zwar geht es da um Kürzungen bis zu 30 Prozent. Die Mindestlöhne sind kürzlich um 25 Prozent gekürzt worden.

Haben Sie denn überhaupt kein soziales Gewissen?, frage ich Sie, Frau Finanzminis­terin. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Wenn Sie nicht weiter der Steuerhinterziehung in Millionenhöhe Vorschub leisten wol­len, dann treten Sie doch dem automatischen Informationsaustausch und damit der Zinsenrichtlinie in Europa bei.  Danke sehr. (Beifall bei den Grünen. Abg. Amon: Das ist der Vorwurf einer strafbaren Handlung!)

20.53


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Ab­geordnete Silhavy. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.53.23

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Mein Beitrag gilt dem Tagesordnungs­punkt 39. Noch vor einigen Jahren, bereits nach dem EU-Beitritt, wurde den Gemein­den empfohlen, Maastricht-freundliche Ausgliederungen vorzunehmen. So wurden bei­spielsweise nach dem Vorbild der Bundesimmobiliengesellschaft auch auf Gemeinde­ebenen die GIGs geschaffen, um nur ein Beispiel zu nennen.

Nun geht es darum, dass viele Gemeinden die Ausgliederungen wieder rückgängig machen und vormals ausgegliederte Betriebe wieder Teil des Gemeindebudgets wer­den. Daraus entsteht für uns Handlungsbedarf. Aber auch die Gestaltungsspielräume vieler Gemeinden verringern sich aufgrund immer komplexer werdender hoheitlicher und privatwirtschaftlicher Aufgaben und der oftmals schlechten Finanzlage, gleichzeitig steigt das Anspruchs- und Kritikniveau der BürgerInnen erheblich an.

Gesteigerte Mobilität hat dazu beigetragen, dass die täglichen Lebens- und Aktions­räume der BürgerInnen stark verändert wurden. So gibt es Gemeinden, die 80 Prozent Auspendler und Auspendlerinnen haben. Aber auch die Standortentscheidungen von Betrieben halten sich nicht an enge administrative Grenzen, sondern bilden die realen Lebens- und Wirtschaftsstrukturen ab, wie es gerade auch erfolgreiche Tourismusre­gionen – über Kaprun und Zell am See konnten wir uns letztens vergewissern, oder auch das Ausseerland – zeigen. In meinem Heimatbundesland Steiermark hat die Poli­tik mit der Gemeindestrukturreform auf diese Entwicklungen reagiert.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 254

Der Initiativantrag 2096/A bezieht sich auf die eingangs erwähnten Empfehlungen und damit die im Budgetbegleitgesetz 2001 geschaffenen Sonderregelungen für die Aus­gliederung von Aufgaben der Körperschaften öffentlichen Rechts. Mit der Annahme des Initiativantrages schaffen wir mehr als zehn Jahre nach diesen Sonderregelungen für die Ausgliederung in gleicher Weise die Steuerbefreiung für die Rückeingliederung.

Mit dem Abänderungsantrag, der auch im Ausschuss bereits angenommen wurde, wird eine Steigerung der Verwaltungseffizienz dadurch erzielt, dass die durch die Gemein­dezusammenlegungen anfallenden Rechtsvorgänge und Rechtsgeschäfte von den Ge­bühren und Verkehrsteuern befreit werden.

Aber Handlungsbedarf besteht noch weiter, und deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Michael Schickhofer, Werner Amon, Kolleginnen und Kollegen zum Initiativantrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem der Artikel 34 des Budgetbe­gleitgesetzes 2001 betreffend die steuerlichen Sonderregelungen für die Ausgliederung von Aufgaben der „Körperschaften öffentlichen Rechts“ geändert wird (2096/A), in der Fassung des Ausschussberichts (2098 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

„Der Initiativantrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem der Artikel 34 des Budgetbe­gleitgesetzes 2001 betreffend die steuerlichen Sonderregelungen für die Ausgliederung von Aufgaben der ‚Körperschaften öffentlichen Rechts‘ geändert wird (2096/A), wird wie folgt geändert:

Artikel 34 des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 84/2002, wird wie folgt geändert:

‚In § 3 wird folgender Satz angefügt:

Ertragsteuerrechtlich gelten auf Grund der Zusammenlegung von Gebietskörperschaf­ten übertragene Wirtschaftsgüter als unentgeltlich übertragen.‘“

*****

Ich ersuche Sie, auch diesem Abänderungsantrag Ihre Zustimmung zu geben, weil wir damit mehr Effizienz in die Verwaltung bringen, und ich glaube, das ist ein gemeinsa­mes Anliegen, das wir in diesem Haus tragen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Michael Schickhofer, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen

zum Initiativantrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem der Artikel 34 des Budgetbe­gleitgesetzes 2001 betreffend die steuerlichen Sonderregelungen für die Ausgliederung von Aufgaben der „Körperschaften öffentlichen Rechts“ geändert wird (2096/A), in der Fassung des Ausschussberichtes (2098 d. B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 255

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Initiativantrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem der Artikel 34 des Budgetbe­gleitgesetzes 2001 betreffend die steuerlichen Sonderregelungen für die Ausgliederung von Aufgaben der „Körperschaften öffentlichen Rechts“ geändert wird (2096/A), wird wie folgt geändert:

Artikel 34 des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 84/2002, wird wie folgt geändert:

„In § 3 wird folgender Satz angefügt:

Ertragsteuerrechtlich gelten auf Grund der Zusammenlegung von Gebietskörperschaf­ten übertragene Wirtschaftsgüter als unentgeltlich übertragen.““

Begründung

Die Ergänzung des § 3 dient der Klarstellung. Damit ist sichergestellt, dass, wenn Wirt­schaftsgüter im Zuge der Zusammenlegung von zwei oder mehreren Gebietskörper­schaften auf die Nachfolgegebietskörperschaft übertragen werden, die Nachfolgege­bietskörperschaft die Buchwerte ihrer Rechtsvorgängerinnen fortführen darf.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Wid­mann. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.56.58

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich spre­che zum Tagesordnungspunkt 40, Strukturänderungsfonds. Ich habe vorhin mit Inter­esse die Ausführungen des Kollegen Stummvoll vernommen, wo er in einem fast wei­nerlichen Vortrag bejammert hat, wie schlecht es den Trafikanten gehe, und gesagt hat, dass die Regierungsparteien daher einen Entschließungsantrag einbringen wollen, um entsprechende Hilfestellung mit Stilllegungsprämien und Überbrückungshilfen zu geben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie wissen um die Bedeutung der Trafiken im ländlichen Raum: die Bedeutung als Nahversorger, die Bedeutung als Ort der Kommu­nikation, aber auch die Bedeutung für viele Menschen mit Beeinträchtigungen und ihre Familien, die dort Jobs finden, die dort Beschäftigung finden. Aber was Sie von dieser Regierung machen, das ist wirklich hanebüchen.

Zunächst machen Sie es den Trafikanten nahezu unmöglich, ordentlich zu wirtschaf­ten – es gibt immer strengere Auflagen, Tabakgesetz, Knebelungsverträge, kaum Ge­winnspannen –, dann schauen Sie, wie die kleinen Trafiken nach der Reihe zusperren, und dann versucht man, sie irgendwie hinüberzuretten oder mit irgendwelchen Prä­mien stillzulegen.

Das ist der komplett falsche Weg, und das Schlimmste dabei ist, dass Sie auch mit dem Vertreter in der Wirtschaftskammer, dem Herrn Trinkl, nicht gerade einen Freund, sondern einen Feind der kleinen Trafiken haben. Er setzt sich für große Trafiken mit großen Umsätzen ein, lässt aber die kleinen im Regen stehen. Das ist für mich ein völ­lig falscher Zugang. Und dann machen Sie auch noch den Trafiken Konkurrenz, indem Sie die Lotto-Toto-Geschäftsstellen überall in Österreich breit streuen, um auch diese sichere Einnahmequelle weiter auszudehnen und den Trafikanten wegzunehmen.

Das ist die falsche Politik, wenn man in diesem Bereich ein staatliches Monopol auf­rechterhalten will und das auch tut, denn sonst müssen Sie den Trafikanten die Freiheit geben, als Unternehmer tätig werden zu können.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 256

Das heißt, wir wollen, dass man nicht mit dem Soli-Fonds, mit der Gießkanne drüber­geht, sondern insbesondere kleine Trafikanten unterstützt und kleinen Betrieben damit das Überleben ermöglicht, dass man wirklich endlich einmal den Schmuggel massiv und aktiver angeht als bisher (Beifall beim BZÖ) und dass man die Spanne nicht für die großen Multis, die sich dumm und dämlich verdienen, noch größer macht, sondern die Spanne für die kleinen Trafikanten auslegt – denn was Sie an Politik für Trafikanten bieten, ist nichts anderes als der Auftritt der rot-schwarzen Trafikanten-Vernichtungs­schlümpfe. Dazu sagen wir absolut Nein. (Beifall beim BZÖ.)

20.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Kaufmann-Bruckberger. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.59.25

Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! In Bezug auf die Grund­züge der Förderkriterien und Berechnung der Förderung des Strukturänderungsfonds möchte ich an den Kollegen Stummvoll anschließen. Dazu möchte ich aber doch eini­ges ausführen.

Herr Kollege Stummvoll hat es schon gesagt: Unsere Trafikanten sind mehr als nur eine Zigaretten-Verkaufsstelle; unsere Trafikanten sind Nahversorger, unsere Trafikan­ten sind Postpartner, die auch noch zusätzliche Angebote bieten.

Das ist, wie ich meine, gerade in kleinen Ortschaften wichtig, denn ältere Menschen haben nicht so einfach die Möglichkeit, schnell einmal ins Auto hineinzuspringen, um Geschenkpapier zu kaufen, weil sie ein Geschenk fürs Enkerl einpacken wollen. Da geht man dann zum ortsansässigen Trafikanten und kauft das dort. Ich glaube, dass das ganz wichtig ist. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Das sind jetzt Probleme von älteren Menschen, die wir derzeit natürlich noch nicht ab­schätzen können. Der eine oder andere unter uns wird vielleicht in ein paar Jahren da­mit konfrontiert sein und die jüngere Generation dann eben in ein paar Jahrzehnten.

Die aktuellen Zahlen sagen aber auch, dass in der nächsten Zukunft 300 Trafikanten werden zusperren müssen. Das hängt meiner Ansicht nach nicht damit zusammen, dass sie weniger Einkünfte haben, sondern damit, dass die Lohn- und Fixkosten ganz einfach stetig steigen.

Noch ein Problem, das die Trafikanten haben, ist, dass sie keine eigene Kosten-Nut­zen-Rechnung machen können wie zum Beispiel andere Handelsbetriebe. Das heißt, sie haben diesbezüglich keinen Spielraum, keinen Freiraum. Im Bereich des Lotto-To­to-Geschäftes gibt es immer mehr neue Anbieter oder Konkurrenten. Das heißt, auch da reduziert sich der Umsatz.

Die Provisionen für Briefmarken sind gestrichen oder besser gesagt reduziert worden. Das heißt, die Trafikanten kaufen zwar die Briefmarken, haben dann aber ganz einfach mehr totes Kapital in ihren Läden liegen, bis sie sie verkaufen können.

Das nächste Problem hat Kollege Stummvoll auch bereits angesprochen, und zwar das Problem des Schmuggelns. Ich sage jetzt einmal, das Schmuggeln ist de facto legalisiert worden, und zwar ganz einfach aus folgendem Grund: Früher war es mög­lich, ins Ausland 200 Stück mitzunehmen oder diese von dort einzuführen. Man hat sich europaweit auf ein Kontingent von 800 Stück geeinigt. Das ist auch eine Art von Strukturbereinigung, allerdings leider Gottes eine negative.

Mit anderen Worten: Es wird sicherlich nicht einfacher für unsere Trafikanten, aber ich glaube, dass es sinnvoll wäre, keine Zusperr-Überbrückungshilfen zu zahlen. Es wäre


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sinnvoll, keine Stilllegungsprämien zu zahlen. Ich glaube, ein Solidaritätsfonds, der Er­gänzungszahlungen leistet, die das Überleben der Trafikanten sichern, wäre sinnvoll.

Der Strukturfonds, so wie er jetzt ausgerichtet ist, ist sicherlich wirtschaftlich orientiert. Das ist gut, das ist generell nicht schlecht. Das zielt auf bessere Geschäfte ab. Aber ich glaube dennoch, dass wir einmal über höhere Spannen für die Trafikanten nach­denken sollten. Ich meine, wir sollten auch einmal über die Preispolitik der Industrie nachdenken.

Wie gesagt, das wären einmal Möglichkeiten, damit die Trafikanten auch eigene Kos­ten-Nutzen-Rechnungen anstellen könnten und eben auch konkurrenzfähig wären be­ziehungsweise die Entwicklung ihres Betriebes genauer unter die Lupe nehmen könn­ten.

Dieses Gesetz geht unserer Meinung nach in die falsche Richtung. Es geht um Un­ternehmenssterben, es geht um den Verlust von Arbeitsplätzen. Deswegen wird es kei­ne Zustimmung von uns geben. (Beifall beim Team Stronach.)

21.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Linder zu Wort. – Bitte.

 


21.03.35

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Frau Präsident! Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen! Geschätzte Kollegen! Zwei Themen, die ich ansprechen möchte, und zwar zum einen die steuerliche Sonderregelung für Ausgliederungen von Aufgaben der Körperschaften öffentlichen Rechts.

Wir werden dem zustimmen, denn zum einen glauben wir, dass die Steuerbefreiung für Gemeindezusammenlegungen eine durchwegs gute Sache ist. Gemeindezusammen­legungen, wenn sie auf freiwilliger Basis erfolgen, sind absolut zu unterstützen.

Dasselbe gilt für die Rückabwicklung von Ausgliederungen. Ich glaube, dass man hier sehr wohl erkannt hat, dass zum einen die Ausgliederungen einen Entzug der Demo­kratie bedeutet haben und dass die Gemeinden teilweise auf keiner demokratischen Basis mehr Zugriff auf die Gesellschaften haben. Zum Zweiten glaube ich, dass die Kontrolle sehr stark darunter leidet, denn die Gemeindekontrollorgane haben keinen Zugriff darauf, und zum Dritten glaube ich, dass für kleine Gemeinden à la longue ge­sehen die Ausgliederungen kein Geschäft waren, sondern von der ganzen Verwaltung her mehr Aufwand bedeutet haben, als in Summe der Vorsteuervorteil gebracht hat.

Das zweite Thema ist der Strukturänderungsfonds für Tabaktrafiken. Diesem Antrag werden wir nicht zustimmen, weil wir glauben, dass der Fonds nicht so wie erwartet mit 12 Millionen € gespeist werden wird. Wir rechnen hier maximal mit 5 bis 7 Millionen €.

Aus unserer Sicht sehr zu verurteilen ist auch die Strukturbereinigung bei den Trafiken, denn ich glaube, es muss alles darangesetzt werden, die Trafiken aufrechtzuerhalten. Die Trafiken bedeuten für uns im ländlichen Raum mittlerweile sehr viel an Nahversor­gung. Sehr viele Postpartner sind bei den Trafiken beheimatet, und ich glaube, das ist wirklich die letzte Chance, dass wir die Postpartner erhalten und dass wir wenigstens diesen Service auch im ländlichen Raum aufrechterhalten können. Weiters hat Kollege Stummvoll bereits angeschnitten, dass 42 Prozent der Trafiken von Beeinträchtigten und Behinderten geführt werden.

Deshalb glauben und fordern wir, wir sollten die 200-Stück-Regelung wieder einführen. Gerade im grenznahen Raum ist das eine für die Existenz wichtige Forderung, und ich glaube, so können wir den Trafiken und den Trafikanten am meisten helfen. Wenn heu­te einer über die Grenze fährt und drei Personen im Auto sind, dann kann er sich legal


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 258

300 € bis 400 € ersparen, indem er zwölf Stangen Zigaretten mitnimmt. Und das Zweite sind die strengen Kontrollen, um wirklich denjenigen, die schmuggeln oder die diese Grenzen nicht einhalten, auf die Finger zu klopfen und so den Trafikanten zu hel­fen. (Beifall bei der FPÖ.)

21.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kirchgat­terer. – Bitte.

 


21.06.24

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Es freut mich, dass von allen Fraktionen das Interesse für die Trafikanten spürbar ist, und ich nehme es auch ernst, wobei aber die Lösungsvor­schläge für diese Branche immer von der Sozialdemokratie gekommen sind, weil dies der Sozialdemokratie ein echtes Anliegen über Jahre war und die SPÖ bewiesen hat, dass sie es schafft, positive Veränderungen zu erreichen, und das ist gelungen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Der Soli-Fonds, der schon einige Male erwähnt wurde, diente dazu, die Tabaktrafiken gerade in den Grenzregionen Kärntens und Niederösterreichs, ja in allen Regionen im Osten, Norden und Süden abzusichern. Das wäre sonst nicht möglich gewesen. Daher haben wir für den Weiterbestand gekämpft. Der Vorschlag lautete auf ein Jahr. Wir ha­ben erreicht, dass er drei Jahre fortgeführt wird. Er wird natürlich nach 2008 auf an­deren Beinen stehen müssen und gezielter agieren müssen. Entscheidend für mich ist, dass dieser Fonds von der Tabakindustrie, von allen Teilen der Tabakindustrie ge­speist wird und dass kein Teil der Tabakindustrie bevorzugt oder benachteiligt ist, dass die Unabhängigkeit von der Tabakindustrie gewahrt bleibt und auch Abstand gehalten wird. Das ist mir wichtig.

Ich gehe davon aus, dass die Förderrichtlinien die soziale Absicherung, die Handels­spanne und auch die Weiterentwicklung, um auf die Herausforderungen von heute und morgen reagieren zu können, beinhalten.

Es hat immer wieder Standortverlegungen gegeben. Das ist im Wirtschaftsleben nor­mal. Das österreichische Tabakeinzelhandelsmonopol ist Vorbild für andere europäi­sche Staaten, und zwar aus mehreren Gründen: aus arbeitsmarktpolitischen, gesund­heitspolitischen und fiskalpolitischen Gründen. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Ing. Kaipel zu Wort. – Bitte.

 


21.08.55

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Meine Wortmeldung bezieht sich auf die Regierungsvorla­gen 1916 und 1934, wobei es im ersten Abkommen um den Informationsaustausch mit Jersey, einer klassischen Steueroase, geht.

Da mit Steueroasen keine Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen werden, bei der Amtshilfe jedoch OECD-Standards gelten sollen, geschieht dies auf dem Weg von Vereinbarungen zum Informationsaustausch. Der Informationsaustausch erfolgt für Er­tragssteuern, für Eigentumsverhältnisse von Trusts, Gesellschaften, Stiftungen oder ähnlichen Rechtskonstruktionen. Weiters besteht auch die Möglichkeit von Steuerprü­fungen im jeweils anderen Staat.

Das Abkommen ist ein erster wichtiger Schritt in Richtung von mehr Transparenz und auch weniger Möglichkeiten, Finanzströme zu verschleiern. Weniger sichere Häfen be­deuten auch mehr Steuergerechtigkeit.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 259

In der zweiten Vorlage geht es um die Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens mit Rumänien aus dem Jahre 2005, das den neuen OECD-Standards angepasst wer­den soll. Das ist eine richtige Maßnahme, zumal Österreich mit Rumänien eine sehr umfassende Wirtschaftsbeziehung pflegt. Die österreichischen Direktinvestitionen be­trugen im Jahr 2010 mehr als 7 Milliarden €. Österreichische Unternehmen bieten in Rumänien 100 000 direkte Arbeitsplätze, 6 300 rumänische Unternehmen haben öster­reichische Kapitalbeteiligung, und der österreichische Export nach Rumänien betrug im Vorjahr knapp 2 Milliarden €. – Ein Abkommen, das eine solide rechtliche Basis in Steuerfragen bietet und auch das Wirtschaftsengagement Österreichs in Rumänien un­terstützt.

Beides Anträge, die für die Wirtschaft und für die Beschäftigung in Österreich gut und wichtig sind. Daher werden wir beide Anträge auch unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Gaß­ner. – Bitte.

 


21.11.26

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Finanzministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor zehn Jahren hat man den Gemeinden empfohlen, wenn sie investieren wollen, müssen sie eine KG gründen und diese Aus­gliederungen vornehmen. Das hat die Gemeinden übrigens auch einiges an Geld ge­kostet. Jetzt ist es wieder aus, jetzt müssen wir wieder alles zurücknehmen, und dafür gibt es eine Sonderregelung in Bezug auf die Grunderwerbssteuer, Gesellschafts­steuer und sonstige Abgaben. Das ist gut so. Es soll auch jetzt diese Sonderregelung noch die Gemeindezusammenlegungen betreffen. Auch das ist gut so, auch wenn es nicht überall so läuft wie in der Steiermark, wo doch diese Zusammenlegungen unter einem gewaltigen Druck erfolgen. Soll so sein.

Einen Nachteil, Frau Finanzministerin, sehe ich allerdings dort, wo Gemeinden nicht gleich zwangsweise zusammengelegt werden, sondern kooperieren. Und das ist ja der erste Schritt in Richtung Gemeindezusammenarbeit, die Kooperation der Gemeinden. Da haben wir das Problem, dass die Leistungen, die im Zusammenhang mit Gemein­dekooperationen erfolgen, umsatzsteuerpflichtig sind. (Bundesministerin Dr. Fekter: Nein, nicht alle!) – Ja, nicht alle. Das ist die Unterscheidung zwischen hoheitlich und privatrechtlich. (Bundesministerin Dr. Fekter: Wettbewerb oder nicht Wettbewerb!)

Frau Finanzministerin, wenn es hier einen Kooperationsvertrag gibt, innerhalb dessen Gemeinden zusammenarbeiten, dann ist das so, als würden diese Leistungen in einer Gemeinde erbracht. Und daher wäre es gescheit, da eine Umsatzsteuerbefreiung vor­zunehmen, zumal, sehr geehrte Frau Finanzministerin, es eine ähnliche Regelung für Banken, Versicherungen und Pensionskassen im Umsatzsteuergesetz gibt. Dort ist es plötzlich möglich, dass interne Leistungen nicht umsatzversteuert werden, bei den Ge­meinden dagegen nicht.

Ich bitte Sie wirklich eindringlich auch im Sinne der Forderung des Oberösterreichi­schen Gemeindebundes, dass hier eine Regelung getroffen wird. – Danke schön. (Bei­fall bei SPÖ und ÖVP.)

21.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin Dr. Fekter hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


21.13.47

Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Zu den Ausführun­gen des ehemaligen Bürgermeisters Gaßner: Auf Grund einer geänderten Judikatur


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 260

des Europäischen Gerichtshofes und auf Grund einer Judikatur des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes hat sich in der Besteuerung, was die Umsatzsteuer betrifft, für die Betriebe gewerblicher Art in den Kommunen eine geänderte Rechtslage erge­ben, wo ich weder eine Möglichkeit habe noch über die Steuerpflicht einer europäi­schen Regelung hinausgehen kann.

Daher ist im Hinblick auf die Kooperationen in den Kommunen im Einzelfall zu prüfen, ob hoheitlich oder nicht hoheitlich, ob der Betrieb gewerblicher Art im Wettbewerb steht oder nicht und ob die Kriterien, die die Judikatur entwickelt hat, erfüllt sind oder nicht.

Daher kann man nicht eine einzige Antwort auf dieses sehr komplexe System im Hin­blick auf die verschiedensten Sachverhalte, die in derartigen Kooperationen vorkom­men, geben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.15

21.15.16

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort seitens der Berichterstattung wird keines verlangt.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 39: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem der Artikel 34 des Budgetbegleitgesetzes 2001 betreffend die steuerlichen Sonderregelungen für die Ausgliederung von Aufgaben der „Körperschaf­ten öffentlichen Rechts“ geändert wird, in 2098 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Schickhofer, Amon, MBA, Kolleginnen und Kolle­gen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes ab­stimmen.

Die Abgeordneten Mag. Schickhofer, Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen haben ei­nen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Ziffer 2 § 3 bezieht.

Wer dieser Abänderung beitritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist wieder einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 40: die dem Ausschuss­bericht 2099 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Grundzüge
der Förderungskriterien und Berechnung der Förderung des Solidaritäts- und Struktur­fonds.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 278.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 261

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 41: Antrag des Finanz­ausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen zwi­schen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung Jerseys über den Informationsaustausch in Steuersachen, in 1916 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Ziffer 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 42: Antrag des Finanzaus­schusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Protokoll zwischen der Republik Österreich und Rumänien und Zusatzprotokoll zur Abänderung des am 30. März 2005 in Bukarest unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppel­besteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll, in 1934 der Beilagen gemäß Arti­kel 50 Abs. 1 Ziffer 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

21.18.4143. Punkt

Erstattung eines Vorschlages für die Ernennung eines Mitgliedes des Verfas­sungsgerichtshofes

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 43. Punkt der Tages­ordnung.

Ich muss jetzt um ein bisschen Aufmerksamkeit ersuchen. Das ist ja ein Vorgang, den wir nicht alle Tage haben.

Es liegt der Antrag der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol auf Durchführung einer De­batte gemäß § 59 Abs. 3 der Geschäftsordnung vor.

Ich lasse sogleich darüber abstimmen und ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Bevor wir in die Debatte eingehen, handle ich, glaube ich, im Interesse aller, wenn ich mein Recht gemäß § 59 Abs. 3 in Anspruch nehme und die Redezeit pro Redner auf 5 Minuten limitiere.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Wittmann zu Wort. – Bitte.

 


21.20.01

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Anlässlich der Bestellung eines neuen Verfassungsrichters wurde von Personen, die dem Verfas­sungsausschuss angehören, ein Hearing mit den Bewerbern durchgeführt. Zunächst einmal muss man sagen, dass das Hearing bis auf eine Einschränkung von sehr hoher Qualität war. Die Damen und Herren, die sich um diese Position beworben haben, haben alle einen hervorragenden Lebenslauf vorzuweisen gehabt, hätten auch alle die Kompetenz und die Fähigkeit, diese Position auszuüben. Ich glaube, dass die Vor­gangsweise, ein Hearing abzuhalten, gut ist, um einen Eindruck zu gewinnen über die Bewerber, die vorstellig werden.

Ich kann nur feststellen, dass für meine Fraktion Herr Professor Achatz aus Oberöster­reich der beste Kandidat im Hearing war und wir daher diese Kandidatur unterstützen werden. Ich glaube, dass er vor allem auch Kompetenz im Bereich des Steuerrechts gezeigt hat, denn man muss dazusagen, dass jener Kandidat, der aus dem Verfas-


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sungsgerichtshof ausscheidet, ein Experte im Steuerrecht war, und diese Kompetenz sollte auch weiterhin im Verfassungsgerichtshof vertreten sein.

Ich will aber nicht anstehen, zu sagen, dass auch die anderen Kandidaten hervorra­gend geeignet gewesen wären, diese Position auszuüben. Unserer Meinung nach ist jetzt die Entscheidung in diese Richtung gefallen, und wir werden diese Kandidatur un­terstützen. Auch wenn ich jetzt gehört habe, dass es zu einer geheimen Wahl kommen soll, sage ich das, was beim Hearing aus unserer Sicht herausgekommen ist, offen hier am Rednerpult. (Beifall bei der SPÖ.)

21.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Fuhrmann gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.22.27

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Frau Präsidentin! Ich schließe an die Ausführungen meines Vorredners an: Das Ausscheiden des bisherigen Mitgliedes des Verfassungsgerichtshofes Hans Georg Ruppe hat uns die Verantwortung auferlegt, ein neues Mitglied für diese wichtige Institution zu bestellen. Wie bereits angesprochen, hat der Verfassungsausschuss zur Bestellung dieses neuen Mitgliedes ein Gremium einberufen. Dieses ist aus insgesamt 16 Mitgliedern zusammengesetzt worden. Vor zwei Wochen haben sich fünf Bewerber im Rahmen eines Hearings präsentiert. Uni­versitätsprofessor Dr. Markus Achatz als Finanz- und Steuerexperte ist aus diesem Hearing als eindeutiger Favorit hervorgegangen. Das ist auch der Grund dafür, dass wir seitens der ÖVP diesen Vorschlag unterstützen.

Der Nationalrat hat grundsätzlich das Vorschlagsrecht für drei Mitglieder des Verfas­sungsgerichtshofes. Drei weitere Mitglieder werden vom Bundesrat bestellt, sechs Mit­glieder sowie der Präsident und der Vizepräsident werden von der Bundesregierung nominiert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bestellung von Herrn Dr. Achatz ist aus unserer Sicht eine richtige und gute Entscheidung, nicht nur deshalb, weil er auf Grund des Hearings als bester Kandidat hervorgegangen ist, sondern auch deshalb – und auch da schließe ich mich meinem Vorredner an –, weil das von der Kompetenz, von der Expertise und vom Lebenslauf her einen nahtlosen Übergang von Dr. Ruppe zu Dr. Achatz bedeutet.

Der Verfassungsgerichtshof ist eine sehr wichtige und eine unabhängige Institution für unser Land. Es braucht hier jemanden, der mit Erfahrung, mit Expertise, mit Kompe­tenz, vor allem auch mit Unbefangenheit und Objektivität an diese Sache herangeht. Der Verfassungsgerichtshof nimmt Prüfungen von Gesetzen, von Verordnungen vor, erstellt Bescheide beziehungsweise nimmt Bescheidprüfungen vor. Das ist eine Kom­petenz, die für uns eine wesentliche Rolle spielt. Deshalb sind wir der Meinung, dass Herr Dr. Achatz der bestgeeignete Kandidat für diese Position ist. (Beifall bei der ÖVP.)

21.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Ro­senkranz. Ich stelle Ihnen die Uhr so, wie Sie es angegeben haben. – Bitte.

 


21.24.49

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Achatz und Oberösterreich wäre an sich eine Argumentation, der sich die Freiheitlichen nahe­zu blind anschließen könnten, wenn man die Parteigeschichte kennt. (Beifall bei der FPÖ.) Das ist aber nicht die Begründung dafür, dass wir für diesen Kandidaten, für den bereits genannten Herrn Achatz, sind, der gebürtiger Steirer ist und in keinem ver­wandtschaftlichen Verhältnis steht, aber das ist nicht unbedingt ein Vorteil. (Zwischen-


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rufe bei der ÖVP.) – Wenn es noch mehr Zwischenrufe seitens der ÖVP gibt, überlegt der eine oder andere von uns es sich vielleicht in der Wahlkabine. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Universitätsprofessor Achatz – und das wurde bereits betont – ist in diesem Insti­tut von Herrn Professor Ruppe, der als Mitglied des Verfassungsgerichtshofes aus­scheidet, bereits „erzogen“ – unter Anführungszeichen – worden. Er ist Finanzrechtler, er ist Steuerrechtler und hat die Regierung bereits in vielen Dingen steuerrechtlich be­raten.

Was für uns Freiheitliche bei den letzten Bestellungen immer ein Kriterium gewesen wäre, aber leider Gottes allzu oft nicht gehört wurde, nämlich als ausschließlich Univer­sitätsprofessoren bestellt wurden: Wir wollten auch Personen haben, die irgendwoher aus der Wirtschaft kommen, aus den freien Berufen, Rechtsanwälte zum Beispiel. Im konkreten Fall kann man sagen, Herr Universitätsprofessor Achatz hat in einer Steuer­beratungsfirma gewirkt, das heißt, er repräsentiert auch die Sicht der freien Berufe, die Sicht von Klienten, die Sicht von Bürgern, die sich mit Problemen auch an diese Dienstleister wenden. Er kennt die Materie von mehreren Seiten.

Aus unserer Sicht waren es fünf hervorragend geeignete Kandidaten, die unterschied­lichste Zugänge haben, aber bei Dr. Achatz treffen zwei Dinge zusammen, nämlich: auf der einen Seite der Wissenschafter und auf der anderen Seite der Praktiker. Meine Stimme wird jedenfalls Herr Professor Achatz bekommen. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Mu­siol. – Bitte.

 


21.26.51

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben diese Debatte nicht in erster Linie deshalb gefordert, um über die einzelnen Kandidaten zu sprechen – das werde ich aber trotzdem machen, weil wir auch einen Wahlvorschlag eingebracht haben –, sondern über die Vorgänge der Nomi­nierungen, und zwar nicht nur der Nominierungen durch das Parlament, sondern auch durch die anderen Nominierungsberechtigten, also Bundesrat und Bundesregierung.

Ja, es stimmt, es hat ein Hearing gegeben, und ja, es stimmt, dort konnte man sich ein Bild machen von allen Kandidaten – es gab keine Kandidatinnen –, die sich gemeldet haben. Aber ja, es stimmt auch, dass es bereits traurige Realität ist, dass sich mittler­weile nur mehr jene als Kandidaten bewerben, die wissen, dass sie eine Chance ha­ben, oder jene, die sagen: Ich möchte mich zumindest einmal vorgestellt haben, ob­wohl ich weiß, ich habe keine Chance!

Es war lange vor diesem Hearing klar, dass Professor Achatz von Ihnen nominiert wer­den wird, weil er ÖVP-nahe ist, weil er die ÖVP in Oberösterreich beraten hat, weil er unter anderem Mastermind der Ausgliederungen der Gemeinden war, eines Vorge­hens, das zwar damals gesetzlich gedeckt war – jetzt ist es nicht mehr möglich –, das aber zumindest dazu geführt hat, dass dem Bund Erträge aus der Umsatzsteuer ent­gangen sind.

Der entscheidende Punkt bei der Frage, wer im Verfassungsgerichtshof, in unserem Höchstgericht, sitzen sollte, sollte doch sein: Menschen, die unabhängig von Partei­nähe Wertungsfragen vornehmen können und wollen. Da ist es schon sehr ange­bracht, auch eine gewisse Entfernung zur Politik sowohl in der Biographie zu haben als auch dann weiter zu leben. Ich unterstelle Professor Achatz überhaupt nicht, dass er das nicht tun wird – das werden wir sehen –, aber es ist einfach so, dass bestimmte


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Menschen sich nicht mehr bewerben, und zwar nicht nur aufgrund politischer Nähe oder weil klar ist, wer nominiert wird.

Beim letzten Mal war es zum Beispiel so, dass sich Frauen nicht mehr beworben ha­ben beziehungsweise Bewerbungen zurückgezogen haben, weil klar war, es wird ein Mann werden. (Zwischenruf des Abg. Kopf.) Dann kam öffentlicher Druck, weil es aus­reichend qualifizierte Frauen gibt, die für diese Posten geeignet sind, und dann begann das Spiel der heißen Kartoffel. Es war klar, in diesem Jahr wird es zwei Nominierungen geben, eine durch die Bundesregierung und eine durch das Parlament. Und dann ha­ben sich ÖVP und SPÖ eine Zeitlang die heiße Kartoffel zugeschoben, wer denn jetzt die Frau nominieren muss. Die SPÖ hat das dann dankenswerterweise gemacht – wir haben eine hervorragende Verfassungsrichterin erhalten –, und jetzt war eben die ÖVP dran.

Ich denke, es wäre wirklich sehr angebracht, hier auch einmal darüber zu diskutieren, wie wir denn dieses Nominierungsrecht und die Frage der Besetzung der Verfassungs­gerichtshöfe weiterentwickeln wollen, und zwar nicht nur vor dem Hintergrund dessen, was sie jetzt an Aufgaben haben, sondern auch vor dem Hintergrund dessen, was sie vielleicht zukünftig idealerweise als Aufgaben haben sollten. Zum Beispiel: Schiedsge­richt sein in der Frage Untersuchungsausschuss als Minderheitsrecht und vieles ande­re mehr. Es gibt durchaus Fragestellungen, die sehr nahe an der Politik zu entscheiden sind, und da sind wir gut beraten, wenn wir ein Höchstgericht haben, dem nicht der Nimbus, die Wolke der parteipolitischen Nähe anhaftet beziehungsweise dem das un­terstellt wird.

Vor diesem Hintergrund haben wir uns die Kandidaten sehr genau angesehen. Es stimmt, es scheidet mit Dr. Ruppe ein Finanzexperte aus, und auch wir schließen uns dem Argument an, dass wieder ein Finanzexperte eintreten sollte. Es gab auch einen Kandidaten, der Experte für Menschenrechte ist, den wir aber nicht vorgeschlagen ha­ben. Es stimmt aber auch nicht, dass es nur einen geeigneten Kandidaten gab. Es gab zwei geeignete Kandidaten, zwei Universitätsprofessoren im Finanzrecht. Beide haben sich präsentiert und bewiesen, dass sie Expertise mitbringen.

Professor Dr. Zorn, den wir vorschlagen, ist schon sehr lange Richter am Verwaltungs­gerichtshof. Er war der jüngste Richter, der je ernannt wurde. Das heißt, auch er bringt richterliche Expertise mit und nicht nur Expertise im Finanzrecht, und deswegen schla­gen wir ihn vor. Aber es war von Anfang an klar, er hat keine Chance, weil das schon ausgepackelt war.

Wir täten gut daran, diese Diskussion aufzunehmen. Ich weiß, Sie müssen jetzt den Kopf schütteln, weil Sie an diese Vorgänge in allen Bereichen gewöhnt sind, ob jetzt in der Nominierung des Verfassungsgerichtshofes oder bei der Besetzung in diversen an­deren Positionen (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), aber wir täten gut daran, hier einen anderen Weg einzuschlagen. Das ist mein Appell. (Beifall bei den Grünen.)

21.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheib­ner. – Bitte.

 


21.32.21

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! In einem kann ich meiner Vorrednerin recht geben: Es wirkt leider abschreckend für mögliche Kandidaten, wenn man den Eindruck hat, die Entscheidung sei vorweg bestimmt. Das haben wir in anderen Bereichen auch – aber nicht immer nur partei­politisch, sage ich einmal –, etwa bei der Frage der Bundesverwaltungsgerichte, ob-


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wohl man meinen würde, dass das Präsidentenamt eines dieser neu geschaffenen Ge­richte eine interessante, lohnende, ehrenvolle Aufgabe für einen verdienten Verwal­tungsjuristen oder einen Richter, wie auch immer, ist.

Wir haben bei den Hearings gesehen, dass sich in Wirklichkeit für die Stelle des Präsi­denten eineinhalb Kandidaten gemeldet haben, nämlich einer, der es wirklich werden wollte, und der zweite, der gesagt hat, er möchte eigentlich nur Stellvertreter werden, denn der andere sei ohnehin der bessere. Aber man hat wirklich gemerkt, da hat, glaube ich, nicht die Parteipolitik mitgespielt, sondern mitgespielt haben eher die inne­ren zentrifugalen Kräfte der Institution, wo man halt die Positionen entsprechend abge­steckt hat. Wir sehen jetzt bei der Organisation dieser Gerichte, dass man dort an­scheinend auch alles intern abstimmt und dann halt keine Einsparungen mehr zu er­zielen sind.

Also ich kann mir nicht vorstellen, dass es in ganz Österreich nicht mehr als fünf ge­eignete Spitzenjuristen gibt, die sich für dieses hohe Amt beim Verfassungsgerichtshof bewerben wollen. Das, glaube ich, sollte uns schon allen zu denken geben und uns vielleicht einmal einen Nachdenkprozess starten lassen, wie man das anders gestalten könnte.

In dieser konkreten Frage allerdings, Frau Kollegin Musiol, muss man Ihnen den Vor­wurf zurückgeben. Denn wenn man sich das Curriculum der einzelnen Kandidaten an­sieht und sich dann auch das Hearing, also die Präsentation beim Hearing vergegen­wärtigt, dann war Professor Achatz – für mich zumindest – eindeutig der beste Kandi­dat. Wenn Sie jetzt hergehen, um, wie ich meine – das ist jetzt vielleicht eine Unterstel­lung –, justament zu sagen: Das Ergebnis ist von der Koalition schon ausgemacht, also darf es nicht unser Kandidat werden, und wir müssen einen anderen als Kandidaten präsentieren, obwohl dieser vielleicht der Zweitbeste gewesen ist!, dann machen Sie in Wirklichkeit genau das, was Sie den anderen vorwerfen: aus parteipolitischen Gründen einen Kandidaten vorstellen. (Beifall bei BZÖ, FPÖ und bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Ich habe, ehrlich gesagt, nicht gewusst, wer vorweg von wem präferiert worden ist. Ich habe mir dieses Hearing angesehen, ich habe mir die Lebensläufe angesehen und hat­te wirklich den Eindruck, dass Professor Achatz der Bessere unter den Geeigneten ge­wesen ist. Deshalb wird er auch meine Unterstützung bekommen.

Aber in einem stimme ich Ihnen zu: Auch ich bedauere, dass wir nur fünf Kandidaten bei diesem Hearing gehabt haben. (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

21.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Es liegt das Verlangen vor, die Wahl in Wahlzellen durchzuführen. Ich werde daher folgendermaßen vorgehen:

Es liegen mehrere Wahlvorschläge vor. Zur Wahl stehen auf Vorschlag der Abgeord­neten Dr. Josef Cap und Karlheinz Kopf Universitätsprofessor Dr. Markus Achatz und auf Vorschlag der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol Universitätsprofessor Dr. Niko­laus Zorn.

Ich mache allerdings darauf aufmerksam, dass gemäß § 87 Abs. 3 der Geschäftsord­nung auch Stimmzettel gültig sind, die den Namen eines anderen wählbaren Kandida­ten enthalten sollten.

Ich unterbreche nunmehr kurz die Sitzung, um die technischen Voraussetzungen für die Wahl in Wahlzellen zu schaffen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 266

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Die Sitzung wird um 21.36 Uhr unterbrochen und um 21.38 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Vorbereitungen sind beendet, ich nehme daher die unterbrochene Sitzung wieder auf und ersuche Frau Schriftführerin Mag. Lohfeyer, sich bereitzuhalten.

Meine Damen und Herren! Die Parlamentsdirektion hat einen Stimmzettel vorbereitet. Dieser ist in der Weise auszufüllen, dass entweder im Kästchen parallel zu dem Na­men desjenigen Kandidaten, dessen Wahl gewünscht ist, ein Kreuz zu machen ist oder ein anderer Name auf die Leerzeile geschrieben wird. Der Stimmzettel wird samt Ku­vert bei Namensaufruf durch die Schriftführung von den Bediensteten der Parla­mentsdirektion ausgegeben. Nach dem Ausfüllen des Stimmzettels in der Wahlzelle ist dieser im Kuvert in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich darf nun Frau Schriftführerin Mag. Lohfeyer bitten, mit dem Namensaufruf zu be­ginnen; Herr Abgeordneter Jakob Auer wird Sie später ablösen. – Bitte, Frau Abgeord­nete.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Mag. Lohfeyer und den Schriftführer Ja­kob Auer begeben sich die Abgeordneten in die Wahlzellen und werfen sodann ihren Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck unterbrochen.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 21.56 Uhr unterbrochen und um 22.07 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Wahlergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 158; davon gültig: 152.

Hievon entfielen auf Universitätsprofessor Dr. Markus Achatz 139, auf Universitätspro­fessor Dr. Nikolaus Zorn 11 und auf Dr. Wilfried Weh 2 Stimmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 267

Die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen beträgt 77. Somit lautet der Vorschlag des Nationalrates für die Ernennung eines Mitglieds des Verfassungsgerichtshofes auf Uni­versitätsprofessor Dr. Achatz. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, FPÖ und Team Stronach.)

22.08.3344. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und das Verfas­sungsgerichtshofgesetz 1953 – VfGG, BGBl. Nr. 85/1953, geändert werden (2060/A)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zum 44. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Mag. Stefan. – Bitte.

 


22.09.06

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­te Damen und Herren! Der Antrag betrifft eine Änderung in der Verfassung, und zwar soll der Artikel 140b dahin gehend geändert werden, dass dem Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit gegeben wird, Staatsverträge auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen, bevor sie in Geltung gelangen. (Unruhe im Saal. – Abg. Kickl: Wie im Wirtshaus! – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Konkreter Anlass waren der ESM-Vertrag und der Fiskalpakt, zu denen ja auch Be­schwerden an den Verfassungsgerichtshof gerichtet wurden, wo sich möglicherweise herausstellen wird, dass diese in Österreich nicht verfassungskonform zustande ge­kommen sind, an die wir aber dann im internationalen Bereich, also nach außen hin, vertraglich gebunden sind.

Um diese unbefriedigende Situation in Zukunft nicht zustande kommen zu lassen, soll­te es möglich sein, dass 20 Abgeordnete aus dem Nationalrat oder sieben aus dem Bundesrat oder dass eine Landesregierung eben die Möglichkeit haben, den Verfas­sungsgerichtshof anzurufen.

Auch der Verfassungsgerichtshofpräsident hat sich bereits dafür ausgesprochen, auch der Bundespräsident selbst hätte gerne diese Möglichkeit gehabt, den Verfassungsge­richtshof anzurufen. Wir wollen hier eine Rechtsschutzlücke schließen, um so eine möglicherweise innerstaatlich einmal sehr unangenehme Situation zu verhindern. Ich lade Sie daher ein, mit uns diese Verfassungsänderung zu beschließen. (Beifall bei der FPÖ.)

22.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Witt­mann. – Bitte.

 


22.10.38

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möchte schon festhalten, dass ich das sehr befremdlich finde, wenn man den demokratiepoli­tischen Zeigefinger auf irgendeine Bestellung legt, dann eine geheime Wahl verlangt und dann nur mehr zwei Drittel der gesamten Fraktion anwesend sind (Beifall bei Ab­geordneten der SPÖ) und nicht einmal die Klubobfrau bei einem derartigen Antrag mit­macht. Ich finde, das ist demokratiepolitisch verwerflich. Und ich finde es umso mehr verwerflich, dass ein Drittel dieser Fraktion immer ab 21 Uhr nicht mehr im Hause ist. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und FPÖ.)

Zum Antrag, den der Kollege Stefan hier vorgebracht hat: Grundsätzlich hege ich dafür sehr viel Sympathie, dass man derartige völkerrechtliche Verträge einer Vorabprüfung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 268

durch den Verfassungsgerichtshof unterziehen kann, wiewohl ich die genannten An­tragslegitimationen nicht teilen kann, weil ich schon glaube, dass der Bundespräsident, der das letztendlich abzuzeichnen hat, wie in Deutschland auch die Möglichkeit haben müsste, das vorweg prüfen zu lassen, ob er es abzeichnen kann.

Aber auch über andere Punkte muss man diskutieren. An sich finde ich es korrekt, dass wir uns über solche Sachen Gedanken machen. Man muss eben die Mehrheiten finden, aber ich würde das unterstützen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

22.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Fuhr­mann. – Bitte.

 


22.12.09

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich glau­be, in dem Zusammenhang muss man sich schon eine Frage stellen, nämlich: Will man einen Systemwechsel im Vergleich zu der Situation, wie wir sie jetzt haben? Und der Antrag des Herrn Kollegen Stefan würde in letzter Konsequenz so etwas bedeuten. Im schlimmsten Fall könnte man sogar das Szenario zeichnen, dass es zu einer Aus­hebelung der Kompetenzen der parlamentarischen Gesetzgebung kommt, weil der Verfassungsgerichtshof so konzipiert ist, dass die Gesetze im Nachhinein überprüft werden. Er soll diese im Nachhinein überprüfen können, aber die gesetzgebende Ge­walt soll schon beim Parlament bleiben.

Wenn wir so einen Systemwandel in die Wege leiten wollen, dann glaube ich, dass sehr umfassend darüber diskutiert werden muss. Mein Vorredner hat gesagt, dieser Diskussion soll man sich stellen, und das werden wir auch tun. Ich bin aber trotzdem der Meinung, dass es nicht zu einer Abschiebung der politischen Verantwortung kom­men kann, weil es unseres Erachtens natürlich schon so sein muss, dass das Parla­ment weiter die gesetzgebende Gewalt in Österreich behält. (Abg. Dr. Fichtenbauer: Im Antrag des Kollegen Stefan habe ich nichts davon gelesen, dass der Verfassungs­gerichtshof Gesetze erlässt!)

Und was wir auch vermeiden möchten, ist, dass eine Vorabprüfung in Wahrheit zu ei­nem politischen Instrument degradiert wird, um dann Dinge zu verzögern und zu ver­hindern. Also wie sinnvoll das ist, wird sich dann herausstellen. Wir werden das disku­tieren. (Beifall bei der ÖVP.)

22.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Mu­siol. – Bitte.

 


22.13.39

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Kollege Stefan, wir unterstützen den Antrag, haben ja auch Ähnliches schon vorgeschlagen.

Frau Kollegin Fuhrmann! Ich glaube, Sie haben den Antrag nicht verstanden, denn es geht ja nicht darum, dass der Verfassungsgerichtshof Gesetze machen soll, sondern es geht darum, dass eben Situationen nicht eintreten, wie wir sie jetzt beim Fiskalpakt haben, nämlich dass Staatsverträge abgeschlossen werden, dass diese dann in Kraft treten, völkerrechtliche Verbindlichkeiten in Kraft treten, der Verfassungsgerichtshof dann zu dem Schluss kommt, dieser Vertrag ist verfassungswidrig, und dann auf der einen Seite weiterhin eine völkerrechtliche Verbindlichkeit besteht und auf der anderen Seite die innerstaatlichen Organe aber aufgrund dieses Verfassungsgerichtshofer­kenntnisses angehalten sind, diese Verträge nicht mehr anzuwenden. Dass das nicht sinnvoll ist und dass man hier eine Veränderung braucht, glaube ich, liegt auf der Hand, und vor diesem Hintergrund ist dieser Vorschlag sinnvoll.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 269

Herr Kollege Stefan, über die 20 müsste man sich noch unterhalten, weil ich denke, es macht wahrscheinlich Sinn, die Anzahl derer, die diese Prüfung vornehmen können, mit der Anzahl derer, die eine Gesetzesprüfung vornehmen können, also die 33, zu synchronisieren. Aber wir sind durchaus auch bereit zu sagen, die 33 könnten wir in Richtung 20 verändern. Aber eine Diskussion braucht es da allenfalls – und eine Be­schlussfassung dann auch irgendwann. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der FPÖ.)

22.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheib­ner. – Bitte.

 


22.15.18

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Meine Damen und Herren! Auch das BZÖ wird diesen Antrag im Ausschuss unterstützen. Wir halten das für vernünftig.

Frau Abgeordnete Fuhrmann, ich glaube wirklich, das haben Sie ein bisschen missver­standen. Es geht hier nicht um einen Akt der Gesetzgebung, denn der österreichische Nationalrat hat überhaupt keine Kompetenz, auf ein Zustandekommen, nämlich inhaltli­ches Zustandekommen, Frau Kollegin Fuhrmann, eines Staatsvertrages in irgendeiner Art und Weise Einfluss zu nehmen. Den schließt die Regierung ab. Das wird auf der EU-Ebene entsprechend ausverhandelt und uns hier in Wahrheit zum Durchnicken vor­gelegt.

Ich glaube, dass es eben etwas anderes ist, ob wir hier ein Gesetz beschließen, das nachfolgend der Verfassungsgerichtshof zu überprüfen hat, oder ob uns hier ein fix und fertig ausverhandelter Staatsvertrag vorgelegt wird, den wir dann durchzuwinken ha­ben. Da ist es mir als Nationalratsabgeordnetem schon wichtig, wenn es Zweifel gibt, dass wir die Möglichkeit haben, vor der Beschlussfassung, also vor der Genehmigung des Staatsvertrages, auch eine Expertise des Verfassungsgerichtshofes einzuholen. Über die Modalitäten kann man diskutieren, aber grundsätzlich halten wir diesen Vor­schlag für vernünftig. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

22.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 2060/A dem Verfassungsausschuss zu.

22.16.4845. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfas­sungsgesetz geändert wird (2068/A)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 45. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Der Antragsteller, Herr Abgeordneter Scheibner, erhält als Erster das Wort. – Bitte.

 


22.17.03

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! – Jetzt kann man natürlich sagen, wenn man den Antrag liest, es gibt wichtigere Probleme als die Gelöbnisformel des Bundespräsidenten. Dem stimme ich auch vollkommen zu, aber man kann sich auch darüber den Kopf zerbrechen.

Das ist jetzt wirklich in Entsprechung eines Wunsches eines Bürgers, der sich an uns gewandt hat, dem das aufgefallen ist, dass die Gelöbnisformel des Bundespräsidenten


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 270

in Wahrheit wirklich merkwürdig ist, weil der Bundespräsident in seiner Gelöbnisformel gelobt, nicht die Gesetze getreulich zu befolgen, sondern sie nur zu „beobachten“.

Wir haben heute über die Wehrpflichtigen gesprochen: Auch die geloben, die Gesetze einzuhalten. Wir hier als Abgeordnete der Republik Österreich tun das auch. Ich glau­be, es ist eine ganz schnelle Gesetzesänderung, wenn wir uns alle einig sind, dass auch der Bundespräsident die Gesetze nicht nur beobachten, sondern sie auch befol­gen soll. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

22.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühlbacher. – Bitte.

 


22.18.00

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Hohen Haus! Zum Abgeordneten Scheibner: Ich habe mir die Arbeit gemacht, mir anzusehen, warum das in der Verfassung steht, und habe den Kelsen-Kommentar gefunden, der sich wiederum auf den Artikel 13 des Staatsgrund­gesetzes aus 1867 bezieht. Und man muss den Begriff „beobachten“ auch im Lichte des 19. Jahrhunderts sehen. Damals war es „beobachten“, jetzt ist es „beachten“. (Zwi­schenruf des Abg. Mag. Schönegger.) – Danke, Herr Kollege Schönegger.

Was wir auf jeden Fall in der Debatte auch noch berücksichtigen sollten, ist der § 4 un­serer Geschäftsordnung des Nationalrates, da Abgeordnete ja auch unter anderem die „volle Beobachtung der Verfassungsgesetze“ geloben. Also ich glaube, wir sollten das in einer Gesamtheit betrachten, und ich freue mich schon auf die Diskussion im Ver­fassungsausschuss. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hörl. – Bitte.

 


22.19.00

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Kollege Scheibner! Ich bin froh, dass Sie das auch erkennen, dass es Wichtigeres gibt auf der Welt als diesen Antrag. Und es wundert mich auch, dass Ihnen das, als Sie bei Ihrer Angelobung den fast identen Text gesprochen haben, damals nicht aufgefallen ist. Es heißt auch bei den Bundesministern: Gesetze der Republik getreulich zu beob­achten; also dasselbe.

Wir glauben auch nicht, dass es unbedingt notwendig ist. Mir kommt das Ganze so wichtig vor wie die Änderung der Bundeshymne, über die wir hier auch sehr lange dis­kutiert haben. (Demonstrativer Beifall bei der FPÖ. – Rufe bei der SPÖ: Was? – Abg. Strache: Das war wirklich lächerlich!  von der Bevölkerung! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Wenn sich die Aufregung unter den Damen gelegt hat. (Abg. Dr. Witt­mann: Das war ja Ihr Antrag! Sind Sie gegen die eigenen Anträge?)

Herr Klubobmann Bucher, wenn ich mir Ihre Rede von heute Morgen vergegenwärtige, in der Sie von „Kasperltheater“ gesprochen haben: Bei einer Sache wie dem Bundes­heer, bei einer wichtigen Diskussion, in der wir über 40 000 Leute in dieser Republik gesprochen haben, über 700 Standorte, wenn Sie da von „Kasperltheater“ reden, dann ist das bezeichnend.

Eigentlich würde ich sagen, das ist oranges Kasperltheater mit Ihnen als Kasperlinten­dant und Pezi und Krokodil Grosz als Darsteller. (Ironische Heiterkeit beim BZÖ.) Wie heißt es so schön? – Krawuzikapuzi, gute Nacht, Vorhang zu! (Beifall bei Abgeordne­ten der ÖVP. – Abg. Strache: Da klatscht nicht mal die eigene Fraktion! Kein Applaus bei der ÖVP! Aber es war erheiternd!)

22.21



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 271

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 2068/A dem Verfassungsausschuss zu.

22.21.1046. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, zu­letzt geändert durch BGBl. 50/2012, geändert wird (2070/A)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zum 46. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Der Antragsteller, Herr Abgeordneter Öllinger, erhält das Wort. – Bitte.

 


22.21.34

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Ich weiß schon, dass es jetzt wahrscheinlich sehr schwierig ist, hier noch eine Debatte führen zu wollen. Ich will Sie auch nicht lange belästigen. Im Prinzip geht es darum, dass Kollege Muchitsch im Sommer eine, wie ich glaube, wichtige Frage für den Arbeitnehmerschutz angespro­chen hat, nämlich den Umstand, dass Personen – ihm ist es um die Bauarbeiter ge­gangen –, die im Freien arbeiten müssen, vor extremen Hitzebedingungen – die in den nächsten Jahren sicher zunehmen werden – nicht ausreichend geschützt sind, und zwar vor den Begleitumständen dieser besonderen Hitze.

Im Freien herrscht natürlich eine besondere Hitze durch die direkte Sonneneinstrah­lung et cetera. Wir haben diesbezüglich einen Antrag vorbereitet, der sich nicht nur auf die Bauarbeiter bezieht – Kollege Muchitsch hat das große Los gezogen –, weil wir ja heute schon bei einem entsprechenden Tagesordnungspunkt die Hitze für Bauarbeiter als Schlechtwetter definiert haben. Das ist sozusagen von der Definition her ein ge­wisses Problem. Man hätte statt „Schlechtwetter“ „Wetter“ schreiben können, dann sähe die Sache zumindest in der Benennung etwas freundlicher aus.

Es ist gut, dass es diese Regelung für die Bauarbeiter gibt, aber es gibt noch andere Gruppen, die im Freien arbeiten müssen, und für diese wollen wir diesen Antrag ent­sprechend diskutiert wissen. (Beifall bei den Grünen.)

22.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hechtl. – Bitte.

 


22.23.18

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätztes Hohes Haus! Mit diesem Antrag des Kollegen Öllinger soll der § 66 Abs. 3 des ArbeitnehmerInnen­schutzgesetzes um den Terminus „Hitze“ erweitert werden. Heute haben wir schon be­schlossen, dass das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz den Terminus „Hitze“ nunmehr vorsieht. Damit ist schon ein Teilschritt in diesem Sinne erfolgt.

Weiters soll ein Abs. 4 dem § 66 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes hinzugefügt werden, in dem genau festgelegt sein soll, dass ab 32 Grad Hitze und mehr eine zwei­stündige Unterbrechung der Arbeiten möglich sein wird. Wir sind der Meinung, dass diese Festlegung auf 32 Grad und mehr eigentlich nicht ausreichend sachgemäß ist, da auf die Arbeitsbedingungen auch noch wesentliche, andere Einflüsse einwirken, wie die Arbeitsschwere et cetera, und um diese auch dahin gehend erweitert werden sol­len.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 272

Die im Antrag angeführten Zahlen zeigen ja auch, dass gerade im Baubereich die Un­fallgefahr im Laufe der Saison steigt, dies aber nicht auf die Hitzeeinwirkung zurückzu­führen ist.

Ich bin schon gespannt auf die Diskussionen im Arbeits- und Sozialausschuss. (Beifall bei der SPÖ.)

22.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fürntrath-Moretti. – Bitte.

 


22.24.48

Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Öllinger, ich muss ehrlich sagen, aus meiner Sicht sind die „Grüninnen“ und Grünen schon ein bisschen weltfremd, denn es gibt ja nicht nur Bau­arbeiter und Berufsgruppen, die im Freien größerer Hitze ausgesetzt sind, es gibt ja viele Berufsgruppen, die mit Hitze oder in Hitze arbeiten müssen.

Nehmen wir einmal einen Bäcker! Ich glaube nicht, dass eine Backstube sehr kalt ist. Ein Germteig braucht zum Beispiel mindestens 30 Grad, Gott sei Dank, braucht er das, sonst würden wir keine Buchteln bekommen, keine Krapfen und so weiter. (Demons­trativer Beifall des Abg. Petzner. – Abg. Öllinger: 27!) – Nein, es sind mehr als 30, glauben Sie mir das! Ich glaube nicht, dass Sie kochen können – wie auch immer. (Heiterkeit bei ÖVP, Grünen und BZÖ.) Es gibt auch Köche und Köchinnen, die am Herd stehen. Glauben Sie nicht, dass es dort auch zu einer bestimmten Hitzeentwick­lung kommt? (Abg. Kickl: Die Bauern am Feld!)

Denken Sie einmal an einen Gastgarten! Was ist im Gastgarten? Wenn wir uns im Gastgarten hinsetzen – wenn es heiß ist, setzen wir uns gerne in den Gastgarten –, ist das Servicepersonal ja auch der Hitze ausgesetzt. Wollen Sie dann Ihr Bier selber zap­fen? – Ich glaube nicht.

Ich denke, im Großen und Ganzen ist das ein sehr (Abg. Amon: Weltfremder!) über­spitzter Antrag. Wir sagen natürlich Nein zu diesem Antrag.

Ich muss aber schon dazusagen, ich könnte es mir vielleicht persönlich überlegen, wenn dieses Hitzeverbot auch für Fahrradfahrer gilt. (Beifall bei der ÖVP.)

22.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 2070/A dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zu. (Abg. Sil­havy – in Richtung ÖVP –: Was ist bei euch da drüben los?! War die ÖVP heute schon feiern?!)

22.26.2947. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ASVG (BGBl. Nr. 189/1955), zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 89/2012, abgeändert wird (2095/A)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 47. Punkt der Tagesordnung. (Unruhe im Saal. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren, es ist äußerst anstrengend! (Beifall bei SPÖ, FPÖ und Grü­nen.)

Zu Wort gelangt der Antragsteller, Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 273

22.27.10

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Mir fiele schon noch einiges ein als Nachtrag zur Entgegnung der Kollegin von der ÖVP. Aber wir sind bei einem anderen Thema, das ich heute schon in der Debatte vorgestellt habe.

Es geht um die fehlenden Möglichkeiten für ungelernte ArbeitnehmerInnen, nämlich solche ohne Berufsschutz, in Invaliditätspension gehen zu können, weil sie durch ge­setzliche Bestimmungen auf einen fiktiven Arbeitsmarkt verwiesen werden, den es tat­sächlich nicht gibt.

Das Beispiel ist ein abgerackerter Nachtportier, dessen Kreuz kaputt ist, der deshalb nicht mehr 40 Stunden arbeiten kann, dessen Invalidität bestätigt wurde, aber nur Teil­invalidität, dem man daher noch zumuten kann, dass er 20 Stunden pro Woche als Portier arbeiten kann, obwohl es diesen Arbeitsplatz als Portier nicht gibt und obwohl die 20 Wochenstunden – Sie können es sich vorstellen bei Portieren – nur ein Einkom­men von ein paar hundert Euro pro Monat bedeuten würden. Trotzdem darf er, weil er keinen Berufsschutz hat, nicht in Pension gehen.

Wir wollen diese Hürde für diese Personen dadurch verändern, dass zumindest ein ei­nigermaßen ausreichendes Einkommen garantiert ist. Wenn diese Person in der Höhe der Ausgleichszulage beschäftigt werden kann, und zwar nicht Ausgleichszulage brut­to, sondern Ausgleichszulage netto – also brutto tatsächlich mehr –, dann soll diese Beschäftigung möglich sein. Wenn diese Beschäftigung real nicht möglich ist, dann soll er oder sie auch in Invaliditätspension gehen können.

Das ist ein Punkt, der nach wie vor offen ist, auch bei der derzeitigen Reform der In­validitätspension, weil es hier um eine bestimmte Gruppe geht – Sie kennen sicher alle das Schreiben –, auch um entsprechende Schicksale. Das von mir genommene Schicksal ist kein fiktives, aber da gibt es noch wesentlich ärgere Schicksale, und daher wäre es dringend an der Zeit, zumindest für diese Personen kleine Änderungen, die auch für diese Gruppe eine Verbesserung bedeuten würden, vorzunehmen. (Beifall bei den Grünen.)

22.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lapp zu Wort. – Bitte.

 


22.30.07

Abgeordnete Mag. Christine Lapp, MA (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Kolle­ge Karl Öllinger hat den Antrag gerade ausreichend erläutert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden dieses Thema sicher im Aus­schuss diskutieren. Das wäre eine sehr große Ausweitung der Härtefallregelung, wir würden genau das Problem erweitern, dass nämlich die Leute, die auf dem Arbeits­markt nicht in geeigneten Berufen unterkommen, dann sozusagen wieder ins Pen­sionssystem geschickt werden. Und gerade heute mit der Neuerung bei der Invalidi­tätspension machen wir einen Schritt in die Richtung, dass man schaut, dass die Ar­beitsfähigkeit der Menschen erhalten bleibt. (Beifall bei der SPÖ.)

22.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kliko­vits. – Bitte.

 


22.31.00

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Frau Präsidentin! Kollegin Lapp hat das gera­de sehr ausführlich erklärt. Genau darum geht es: Wir müssen darauf achten, dass wir in der Frage der Invaliditätspension nicht wieder eine Grenze aufmachen, die wir so nicht haben möchten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 274

Um ein praktisches Beispiel zu nennen: Herr Kollege Öllinger, in Ihrem Fall würde es letztendlich bedeuten, dass Menschen, die 15 Prozent Behinderung haben und ihre Ar­beitszeit von 40 auf – Hausnummer – 35 Stunden reduzieren, dann tatsächlich in die Invaliditätspension fielen. Das würde genau dem, was wir vorhin beschlossen haben, entgegenarbeiten, daher sind wir aus dieser Sicht – wir werden es ja noch im Aus­schuss beraten – nicht dafür, dass diese Ihre Regelung zum Tragen kommt.

Wir wissen heute, dass wir die Anzahl der Invaliditätspensionisten reduzieren wollen, wir haben heute schon 7 200 Menschen über 50 Jahre in Invaliditätspension. Es gilt, diese Invaliditätspensionen in Rehabilitation umzuwandeln. Ihr Vorschlag würde genau das konterkarieren, was wir heute als positiv abgefeiert haben, daher kann ich mir nicht vorstellen, dass wir diesem Ihrem Ansinnen beitreten werden. (Beifall bei der ÖVP.)

22.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Neu­bauer. – Bitte.

 


22.32.38

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Tat wirft der Antrag des Kollegen Öllinger auch für uns ei­nige Fragen auf. Wir sind ebenfalls der Meinung, dass es, wenn in diesem sozialen Bereich 30 000 Menschen von einem – zumindest von ihnen aus subjektiv betrach­teten – Unrecht betroffen sind, weil ein persönliches berufliches Gesundheitsschicksal damit verbunden ist, jedenfalls wert ist, dass sich der Sozialausschuss damit befassen soll.

Die Gesellschaft muss Sicherheit und notwendigen Schutz als Rahmenbedingungen für diese Menschen bieten. Eine fehlende Ausbildung und körperliche Beeinträchti­gungen können nicht dazu führen, sind wir der Meinung, dass diesen Menschen nach aktuellem Stand möglicherweise entsprechende Zukunftschancen, Zukunftsaussichten von vornherein genommen werden sollen.

Wir sind auch der Meinung, dass nach dem jetzigen Stand die Möglichkeit für eine Re­ha geboten werden soll, noch vor einer möglichen Invaliditätspension. Auch da sehen wir Handlungsbedarf.

In diesem Sinne freue ich mich auf gute Gespräche, gute Argumente, damit wir im Aus­schuss relativ rasch zu einem Ergebnis kommen. (Beifall bei der FPÖ.)

22.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 2095/A dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

22.34.Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend die Gegengeschäfte und die Nachverhandlun­gen zur Stückzahlreduktion im Zusammenhang mit der Beschaffung von Luftraumüber­wachungsflugzeugen des Typs Eurofighter.

Dieser Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 275

Antrag

der Abgeordneten Josef Bucher, Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 33 GOG

auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend die Gegengeschäfte und die Nachverhandlungen zur Stückzahlreduktion im Zusammenhang mit der Beschaf­fung von Luftraumüberwachungsflugzeugen des Typs Eurofighter

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungsaus­schuss im Verhältnis: 5 SPÖ, 4 ÖVP, 3 FPÖ, 1 Grüne, 1 BZÖ, 1 Stronach einzusetzen.

Gegenstand der Untersuchung:

Alle Vorgänge rund um die Anmeldung, Prüfung und Anerkennung von Gegengeschäf­ten im Zusammenhang mit dem Eurofighter-Ankauf inkl. möglicher Einflussnahmen von Verantwortungsträgern der Republik Österreich und den rechtlichen und finanziellen Auswirkungen für die Republik Österreich;

Mögliche Nutzung der Gegengeschäfte für Zahlungen im Interesse von Verantwor­tungsträgern der Republik Österreich, Anmeldern von Gegengeschäften, Lobbyisten oder für andere Umgehungsgeschäfte und

Alle Verträge und Vereinbarungen und alle die Entscheidung vorbereitenden Vorgänge im Zusammenhang mit der Stückzahlreduktion von 18 auf 15 und tw. gebrauchte (Tranche 1) bzw. im Leistungsprofil herabgesetzte Flugzeuge der Marke EUROFIGH­TER-TYPHOON samt ihren Auswirkungen auf die Interessen der Landesverteidigung (Leistungsverminderung) und die finanziellen Belastungen der Republik Österreich (Life-cycle-costs, Betriebskosten, Ausstiegsmöglichkeiten).

Untersuchungsauftrag:

Der Untersuchungsauftrag soll durch die Anwendung aller in der VO-UA vorgesehenen Instrumente zum Untersuchungsgegenstand, insbesondere durch die Vorlage von Akten, Verträgen, Vorverträgen und sonstigen Unterlagen der Bundesministerien, ins­besondere des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend und des Bun­desministeriums für Landesverteidigung und Sport, deren nachgelagerter Dienststellen, von Akten der Finanz- und Justizbehörden, durch Verwertung der dem Untersuchungs­ausschuss hinsichtlich der Beschaffung von Kampfflugzeugenvorgelegten Informatio­nen und Zeugenaussagen sowie durch die Anhörung von Auskunftspersonen die den Gegenstand der Untersuchung bildenden Umstände ermitteln.

Gemäß § 33 Abs.2 GOG verlangen die unterfertigten Abgeordneten die Durchführung einer kurzen Debatte.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen in die Debatte ein.

Im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG beträgt die Redezeit in dieser Debatte 5 Minuten, der Erstredner verfügt über 10 Minuten; Stellungnahmen von Regierungsmitgliedern 10 Mi­nuten.

Das Wort erhält der Antragsteller, Herr Klubobmann Bucher. – Bitte.

 


22.35.05

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor wenigen Wochen hat ein Mitglied der Bundesregierung, nämlich Bun-


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desminister Mitterlehner, gesagt, dass er der Überzeugung sei, dass im Zuge der Eurofighter-Gegengeschäfte nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Das ist nicht irgendjemand, das ist immerhin ein Mitglied der österreichischen Bundesregie­rung. Aussagen eines Regierungsmitgliedes sind somit zumindest einmal ernst zu neh­men.

Das Zweite ist: Herr Mitterlehner war ja davor Vorsitzender der Offset-Kommission, so­weit ich weiß, und hat somit alle Gegengeschäfte auch kontrolliert. (Abg. Mag. Kogler: Richtig!) Und wenn so ein Mann sagt, dass hier Unstimmigkeiten und Malversationen vorliegen, möglicherweise auch Gegengeschäftsabwicklungen zustande gekommen sind, die gar keine waren, möglicherweise auch Parteienfinanzierungen und Umge­hungsgeschäfte damit in Verbindung stehen – möglicherweise –, dann, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren, sollten hier bei jedem Einzelnen die Alarmglocken schrillen, und es sollte jeder ein Interesse daran haben, dass das aufgeklärt wird.

Wir vom BZÖ haben sofort gesagt: Es ist der Beschaffungsvorgang schon einmal in ei­nem Untersuchungsausschuss überprüft worden, es ist der Beschaffungsvorgang schon dreimal vom Rechnungshof geprüft worden, aber die Gegengeschäfte sind noch nicht einer genauen Überprüfung unterzogen worden. Daher wäre es höchst an der Zeit, dass auch dieser Part der gesamten Abwicklung einer Prüfung unterzogen wird. Daher fordern wir die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses für die gesamte Abwicklung der Gegengeschäfte, und in einem zweiten Teil auch, was die Reduzierung der Stückzahl betrifft. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.)

Wir rechnen nämlich damit, dass hiezu noch keine endgültige Gesamtrechnung vom Herrn Verteidigungsminister vorliegt, der auch noch einiges schuldig geblieben ist. Das hätten wir gerne noch einmal aufgeklärt, denn das Kapitel ist noch lange nicht beendet und das Buch auch nicht zugeschlagen – selbst wenn ich den Kollegen Bartenstein vernehme, der auch gesagt hat, dass Einzelne, die bei den Gegengeschäften profitiert haben, sehr wohl in das ganze Prozedere involviert waren, sich heute hinstellen und sagen, sie hätten nie irgendetwas in diesem Zusammenhang vernommen und seien gar nie davon berührt gewesen.

Da geht es um Frank Stronach und um den Magna-Konzern. Magna selbst bestätigt ja, dass es Gegengeschäfte im Zuge der Eurofighter-Beschaffung gemacht habe, aber der damalige Vorsitzende hat keine Ahnung davon oder er hat nichts mitbekommen. – Gut. Er hat schon im Untersuchungsausschuss auf eine Frage geantwortet, dass er nie in­volviert war, dass er nie Gespräche geführt hat, dass alles an ihm vorbeigegangen ist und Magna niemals profitiert hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was will ich damit verdeutlichen? – Es ist in Zukunft überflüssig, irgendwelche Untersuchungsausschüsse zu machen, Auskunftspersonen vorzuladen und ihnen zu sagen, dass sie im Untersuchungsausschuss die Wahrheit sagen müssen. Wenn sie dann lügen, so wie jetzt beim Fall Frank Stronach, der nicht die Wahrheit sagt, und das zu keinen Konsequenzen führt, dann können wir zukünftig einpacken, was Untersuchungsausschüsse betrifft, denn alle Auskunftspersonen wer­den diesem Beispiel folgen, werden dort einfach ihre Wahrnehmung zum Besten ge­ben und uns möglicherweise niemals die Wahrheit sagen. Es bringt also in Zukunft kein Untersuchungsausschuss irgendetwas, wenn dieser Fall keine Konsequenzen nach sich zieht. (Beifall beim BZÖ.)

Da sind wir hoffentlich einer Meinung, Kollege Bartenstein. Du warst damals mitten im Geschehen, du hast auch die Gegengeschäfte mitabgewickelt. Die Gegengeschäfte an sich, das möchte ich hier auch sagen, sind nichts Negatives, die wollten wir ja auch, diese insgesamt 4 Milliarden €. Ich verstehe auch nicht, dass da irgendetwas Böses mitschwingt, wenn man sagt, man hat im Zuge der Eurofighter-Gegengeschäfte pro-


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fitiert, Geschäfte gemacht und über die Geschäfte Steuern bezahlt et cetera. Das ist ja nichts Negatives. (Abg. Rädler: Na bravo!)

Schlimm ist nur, wenn man es nicht eingesteht und wenn man lügt. Das ist das Negati­ve daran, und das kreiden wir an – nicht die Gegengeschäfte an sich. (Beifall beim BZÖ sowie der Abg. Tamandl.)

Aber das sollten wir einmal untersuchen, und daran sollten auch alle ein Interesse ha­ben. Von der SPÖ höre ich da überhaupt nichts. Die sind ja gegen die Eurofighter ge­wesen, auch gegen die Gegengeschäfte – aber jetzt wollen sie keine Aufklärung ha­ben. Also das müsst ihr einmal argumentieren, welche Haltung ihr in dieser Frage jetzt tatsächlich einnehmt! Ich hätte mir schon gewünscht, dass alle ein aktives Interesse an einer Aufklärung haben. (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Ja, das sage ich. Wieso soll das nicht ich sagen? Na, wieso soll das nicht ich sagen? – Diesen Zwischenruf habe ich doch jetzt aus dem SPÖ-Sektor gehört.

Gerade ich sage das, dass das aufgeklärt werden muss (Beifall beim BZÖ) und dass da nichts übrig bleiben darf, sondern dass wir es der Bevölkerung auch schuldig sind, alle diese Vorwürfe zu überprüfen; nicht abzuwarten, bis die Justiz endlich einmal zu einem Urteil kommt – das kann jetzt noch viele, viele Jahre dauern –, sondern wir soll­ten auch die politische Verantwortung überprüfen und einmal schauen, ob da nicht hin­tenherum über die Gegengeschäfte irgendwelche Parteien möglicherweise profitiert haben.

Ja, dieses Kapitel hätte ich schon gerne abgeschlossen – und nicht künftighin dann auch immer wieder gehört, dass möglicherweise Parteien im Zuge der Eurofighter-Be­schaffung und der Gegengeschäfte profitiert haben. Das hört man immer wieder bei einzelnen Wortspenden.

Wenn wir ein Interesse haben, dass das ein Ende hat und ein Ende findet, dann kön­nen wir das nur so erwirken, dass wir einen Untersuchungsausschuss stattfinden las­sen, das alles aufklären und das alles dann für alle Zukunft auch einmal bereinigen. – Das ist unser Vorschlag, den wir heute machen, und ich hoffe, dass sich alle Parteien diesem Vorschlag auch anschließen. (Beifall beim BZÖ.)

22.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abgeordneten beträgt 5 Minuten.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Prähauser. – Bitte.

 


22.41.50

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Kolleginnen und Kollegen! Kollege Bucher, diesem Wunsche werden wir nicht Rechnung tragen, und zwar aus verschiedensten Gründen, die ich hier erläutern möchte.

Zum einen sind wir für Ablenkungsmanöver nicht zu haben. Deine Partei war ja damals in der Regierung; damalige Minister und Staatssekretäre sitzen noch in euren Reihen. Man könnte sich daher bei diesen direkt erkundigen, wie das damals gelaufen ist. (Ruf: Geh, bitte!) – Das ist das eine.

Und das Zweite, Herr Kollege Bucher, ist ja auch, dass mit dieser Argumentation – jetzt zum Beispiel hat man sich auf Stronach eingeschossen, dessen Unternehmen natür­lich Geschäfte vorher, nachher und auch Gegengeschäfte gemacht hat – das Pferd auf der falschen Seite aufgezäumt wird.

Man müsste vielmehr fragen: Was hat die Regierung damals – und das BZÖ hat ja der Regierung angehört – für Vereinbarungen getroffen? Die sind zu durchleuchten, und da ist die Justiz aus meiner Sicht jetzt gut unterwegs – spät, reichlich spät, aber jetzt hoffentlich umso intensiver.


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Ich glaube, wir werden daher sehr viele Dinge noch ans Tageslicht kommen sehen. Aber wenn wir jenen, die wir verdächtigen, wieder die Chance geben, sich in Untersu­chungsausschüssen entschlagen zu können – weil ein Verfahren läuft und man sich deshalb dann wieder der Aussage entschlagen kann –, haben wir damit ja auch nichts gewonnen.

Ich glaube, man sollte jetzt alles, was wir wissen, den Gerichten zur Verfügung stellen, sie dabei unterstützen, Licht ins Dunkel zu bringen. Es wäre höchste Zeit, da Licht ins Dunkel zu bekommen.

Meine Damen und Herren! Es ist da noch ein zweiter Punkt, der Sie vom BZÖ ja sehr interessiert (Abg. Mag. Kogler: Der erste war ja „umwerfend“!), das ist nämlich die Vereinbarung von Minister Darabos, die Anzahl zu reduzieren. Ich darf dazu Folgendes sagen: Da, bitte, wäre eher eine Dankeshymne angebracht für das, was er dem Bun­desheer erspart hat! Mit den drei Fliegern mehr, mit den überbordenden Kosten für de­ren Betrieb und natürlich mit den überdimensionalen Zahlungen an Zinsen wäre das Verteidigungsressort heute überhaupt nicht mehr zu führen.

Das sind Fehler, die in Ihrer Zeit, unter Ihrer Regierungsbeteiligung gemacht wurden. Und da von uns zu erwarten, Ihnen aus der Schlinge zu helfen, das ist ein bisschen viel von uns verlangt. Das werden wir sicher nicht tun. Aber wir werden alles tun, um aufklärend beizustehen, wenn Sie das wirklich wollen. (Abg. Mag. Kogler: „Beizuste­hen“, ja! – Abg. Strache: Zu beobachten!)

Ich habe da aber eher meine Bedenken, denn wirkliche Aufklärung ist nicht Ihre Sache, sondern eine Vernebelungstaktik: möglichst weit weg davon zu sein, da mit beteiligt gewesen zu sein. – Das kann Ihnen niemand abnehmen, Herr Kollege Bucher.

Wir als Sozialdemokraten werden daher alles tun, aufklärend beizustehen – aber der Justiz, zu der haben wir großes Vertrauen, und da bitte ich um Verständnis. (Beifall bei der SPÖ.)

22.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


22.45.00

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Der Be­schaffungsvorgang Eurofighter ist der mit Abstand bestuntersuchte Beschaffungsvor­gang der Zweiten Republik. Nicht weniger als fünf Rechnungshofberichte gibt es zu diesem Thema. (Ruf: Es geht nicht um die Beschaffung!) Und zur Aufklärung des Klub­obmannes Bucher: Es gibt auch einen zum Thema Gegengeschäfte – bitte nachzule­sen. Es gab einen Untersuchungsausschuss, der bis ins Jahr 2007 getagt hat. Und nach meiner bescheidenen Erkenntnis gibt es seither keine wesentlichen neuen Er­kenntnisse. (Ironische Heiterkeit des Abg. List. – Abg. Petzner: Das ist aber eine sehr coole Aussage! Lesen Sie keine Zeitung? – Abg. Bucher: Was sagt der Mitterlehner?)

Ein Stück weit überrascht bin ich von der Argumentation und von der Identität des An­tragstellers Josef Bucher, denn das Zitat, das du dem Minister Mitterlehner unterstellst, ist natürlich einmal mehr nur halb richtig. Minister Mitterlehner bezieht sich in seiner In­terpretation nämlich auf den Beschaffungsvorgang und meint, dass dort nicht alles sauber abgelaufen sei. Nicht, dass ich seiner Meinung wäre, aber das sagt er in den „OÖ Nachrichten“ ganz klar. Und mit Verlaub: Wenn du mit deinem Fraktionskollegen und dem damaligen Verteidigungsminister Scheibner ein Problem hast, dann regelt das bitte fraktionsintern. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Frage der Gegengeschäfte scheint jetzt zu einem guten Ende zu kommen, da das vertraglich vereinbarte Volumen abgearbeitet ist – rund 3,3 Milliarden €; eine Anerken-


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nungsquote von 80 Prozent, Ablehnungsquote von 20 Prozent. Frank Stronach wurde zwischenzeitlich von einer Sprecherin von Magna korrigiert, also da ist alles klar. Frank Stronach wusste nicht oder wollte da nicht wissen, in welchem Ausmaß Magna von Gegengeschäften profitiert hat. Und das Gleiche gilt für Herrn Androsch. Er ist ja auch nicht mehr Miteigentümer von FACC. Aber da halte ich mich schon an Stephan, den Geschäftsführer und nunmehrigen Vorstandsvorsitzenden von FACC, der klar gesagt hat, die Gegengeschäfte haben uns in den Airbus A380 reingebracht, aber nicht als Passagier, sondern als Lieferant von Komponenten. Hunderte Arbeitsplätze in Oberös­terreich wurden damit über Jahre gesichert.

Also hier liegen die Dinge klar auf dem Tisch, meine sehr verehrten Damen und Her­ren. Und sollte tatsächlich irgendwo der Verdacht bestehen, dass ein Unternehmen wi­der besseres Wissen falsche Angaben bei der Anrechnung von Gegengeschäften ge­macht hat, dann zieht hier die Tatsache, dass es sich um den Staatsanwalt handelt, der hier Ermittlungen aufzunehmen hätte, denn Falschangaben sind strafrechtlich ver­folgbar, und das wäre dann wohl notwendig.

Und apropos strafrechtliche Konsequenzen und ermittelnde Staatsanwälte: Ich möchte schon festhalten, dass unlängst in einer Fernsehsendung, deren Teil zu sein ich auch die Ehre hatte, ein Staatsanwalt, genauso wie der Strafrechtssektionschef an anderer Stelle, klar gesagt hat, es wird zurzeit von Staatsanwälten in der Sache Eurofighter nicht gegen Politiker ermittelt. (Abg. Öllinger: Der Grasser ist kein Politiker mehr!) Das ist ein Grund mehr, zu sagen: Wozu jetzt erneut einen Untersuchungsausschuss, wo es doch tatsächlich keine Erkenntnisse gibt, meine sehr verehrten Damen und Herren?

Und wenn wir in den letzten Jahren eines gelernt haben in Sachen Untersuchungsaus­schüsse, dann – (in Richtung des Abg. Mag. Kogler) warum haben Sie Ihr Sakko ge­wechselt, Herr Kollege?; zuerst war es hellblau, jetzt ist es dunkelblau (Abg. Mag. Kog­ler: Jetzt wird es noch ernster!); war es politisch doch nicht korrekt genug? – dass die Parallelveranstaltung Untersuchungsausschuss auf der einen Seite und Ermittlungen der Justiz auf der anderen Seite nicht praktikabel ist. Sie haben dann permanent Aus­kunftspersonen, die die Gelegenheit wahrnehmen, sich der Aussage zu entschlagen, und der Untersuchungsausschuss schaut dann recht alt aus. (Abg. Mag. Kogler: So alt wie Sie , kann er gar nicht ausschauen!) Und die Presse und die Öffentlichkeit, die darauf reagiert, sind dann im Regelfall auch nicht die allerbesten.

In diesem Sinn also, meine sehr verehrten Damen und Herren: Keine neuen Er­kenntnisse – 2007 ist ein umfassender Untersuchungsausschuss abgeschlossen wor­den –, kein Anlass für meine Fraktion – und ich hoffe, für die Mehrheit dieses Hauses –, in Richtung eines Untersuchungsausschusses zu gehen.

Und herzlichen Glückwunsch, Herr Bucher, dass ausgerechnet Sie und das BZÖ hier tätig werden, denn ich sage Ihnen: Reden Sie nicht nur mit Herrn Scheibner in Sachen Beschaffung und über die Meinung von Mitterlehner zu diesem Thema, sondern reden Sie auch noch mit Kollegem Petzner über seine konkrete Meinung zur Lakeside-Stif­tung und zur Dotierung dieser Lakeside-Stiftung, die der verstorbene Landeshaupt­mann Haider ganz, ganz nachhaltig eingefordert hat. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Bucher: Klären wir es auf! Klären wir es auf!)

22.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Be­lakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


22.49.36

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Bartenstein, wenn ohnedies nicht gegen Politiker er­mittelt wird, dann weiß ich eigentlich auch nicht, was gegen einen Untersuchungsaus-


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schuss sprechen sollte. Dann könnten ja die Politiker, die die politische Verantwortung tragen, sehr wohl aussagen! – Also das widerspricht sich in meinen Augen.

Aber insgesamt, Herr Kollege Bartenstein, möchte ich Ihnen schon eines sagen: Sie sollten sich einmal mit Ihrem Parteikollegen Mitterlehner unterhalten. Na selbstver­ständlich hat er gesagt, er wird die gesamten Gegengeschäfte noch einmal prüfen. Of­fensichtlich haben Sie ihm nicht zugehört. Er hat das sehr deutlich gesagt, und er hat auch gesagt, dass da sehr wohl auch der Verdacht besteht, dass nicht alles mit rech­ten Dingen zugegangen ist, dass nicht alles ganz stimmig abgelaufen ist.

Sie können sich jetzt hier herstellen und das abstreiten oder auch nicht – das ist auch in den Medien nachzulesen, und er hat es auch im Zuge einer Dringlichen Anfrage im Bundesrat wiederholt. Also selbstverständlich spricht Herr Mitterlehner da von den Ge­gengeschäften.

Und wenn Sie sagen, der Beschaffungsvorgang wurde sehr häufig überprüft: Ja, wurde er, das ist richtig. Im Übrigen, Kollege Bartenstein, so gut kommen Sie gar nicht weg, wenn Sie sich die Rechnungshofberichte anschauen, denn Sie, Herr Bartenstein, waren es, über den auch der Rechnungshof im Rechnungshofbericht 2006, im Band 11/2006, Folgendes schreibt:

„Schließlich verständigten sich das BMWA und die Eurofighter GmbH auf die Anre­chenbarkeit auch jener Gegengeschäfte, die schon nach dem 2. Juli 2002 bis zum In-Kraft-Treten des Vertrages (22. August 2003) zustande gekommen waren.“

Das bedeutet, Herr Kollege Bartenstein, hier haben Sie in Wahrheit der Eurofighter GmbH die Mauer gemacht, damit diese überhaupt in der Lage ist, sozusagen ihr Plan­soll an Gegengeschäften in der ersten Etappe zu erreichen, denn es war nämlich ge­nau in diesem Bereich, diese 1 Milliarde. Damit, Herr Bartenstein, waren Sie niemals der Anwalt der Steuerzahler, denn Sie haben es mit dieser Klausel, dieser Verständi­gung, die Sie mit der Eurofighter GmbH sozusagen geschlossen haben, zu verantwor­ten, dass Gegengeschäfte im Umfang von über 1 Milliarde € dann von der Eurofighter GmbH nicht mehr abgeschlossen werden mussten. Damit haben Sie sozusagen der Eurofighter GmbH das Pönale erspart, das sie vertraglich an die Republik zahlen hätte müssen. Und das sind immerhin bis zu 200 Millionen €, die dadurch dem Steuerzahler abhandengekommen sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Kollege Bartenstein, das war Ihre Handlung. Und man stellt sich jetzt schon die Frage: Warum macht das ein amtierender Wirtschaftsminister? Was haben Sie denn eigentlich davon gehabt? (Abg. Amon: So zu argumentieren, das ist aber sehr an den Haaren herbeigezogen!) – Das ist nicht an den Haaren herbeigezogen, sondern das ist ein Rechnungshofbericht. Das ist keine Konstruktion, sondern das ist ein Rechnungs­hofbericht. Da steht das drinnen, das können Sie nachlesen. Und da stelle ich Ihnen jetzt die Frage: Warum werden Gegengeschäfte angerechnet, die schon lange vor der Vertragsunterzeichnung sozusagen stattgefunden haben, zu einem Zeitpunkt, wo noch gar nicht klar war, ob Eurofighter auch wirklich den Zuschlag bekommt? – Das heißt, da haben Sie in Wahrheit Geld verschwendet, Geld der Steuerzahler!

Und es kommt noch etwas dazu. Es begeben sich jetzt immer mehr Menschen in die Medien – es ist ja nicht nur der Herr Stronach, es ist auch der Herr Androsch –, die sagen, das hat so nicht stattgefunden. Und ich habe jetzt keinen Grund, dem Herrn Stronach nicht zu glauben, und ich habe auch keinen Grund, dem Herrn Androsch nicht zu glauben. Wenn das aber so war, dann möchte ich gerne eines wissen. Es gibt ja diese Gegengeschäftsbestätigungen, die all diese Firmen und Unternehmungen ausfüllen mussten, und diese Gegengeschäftsbestätigungen haben hinten auch einen Passus, der regelt, was im Fall von Falschangaben geschieht. Da heißt es:


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„Der österreichische Partner des Gegengeschäfts nimmt zur Kenntnis, dass unwahre Angaben im Formular bzw. den allenfalls zu einer Beurteilung nötigen ergänzenden Un­terlagen zu einer Nichtanerkennung des gegenständlichen Geschäftsfalles führen ... Ebenso ist dadurch auch ein Ausschluss des österreichischen Partners des Gegenge­schäfts von künftigen Conto-Separato-Vereinbarungen bzw. Gegengeschäftsfällen des BMWFJ möglich.“

Das waren also die Konsequenzen, die Sie angedroht haben, sollte hier ein österreichi­scher Vertragspartner etwas Falsches ausfüllen.

Und jetzt frage ich mich schon: Wenn sich ein Herr Androsch zum Beispiel in den ORF setzt und sagt, das war eine liebliche Gefälligkeit (Abg. Strache: Komisch!), dann hat das meines Erachtens ein bisschen mehr Konsequenzen zu haben. (Abg. Strache: Das ist mehr als komisch!) Und da frage ich mich schon: Das ist klassischer Betrug, und das kann ja wohl nicht damit geahndet werden, dass wir sagen, hinkünftig darf Androsch jetzt keine Gegengeschäfte mehr abziehen. Das ist Betrug, und da frage ich mich: Wo ist die Republik tätig geworden? (Beifall bei der FPÖ. Abg. Amon: Zeigen Sie ihn an!)

Sehen Sie, und genau um all das zu klären, wäre es jetzt einmal notwendig, einen Un­tersuchungsausschuss einzusetzen, der sich rein mit den Gegengeschäften ausein­andersetzt. (Abg. Amon: Warum zeigen Sie den Dr. Androsch nicht an?) Hier geht es nicht um einen Beschaffungsvorgang, sondern es geht einzig und allein darum, die Ge­gengeschäfte, bei denen wirklich einiges im Argen zu liegen scheint, nochmals zu überprüfen. Es ist schade, dass die Blockierer hier nicht Ja dazu sagen. Aber noch be­denklicher finde ich es, dass die Vertreter der SPÖ nicht Ja sagen – und sie werden ih­re Gründe haben! (Beifall bei der FPÖ.)

22.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


22.55.22

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein unglaubliches Schauspiel, nämlich die Argumentation der Regierungspar­teien! Nur weil das BZÖ hergeht und, aus welchen Motiven auch immer, sagt: Schauen wir uns das an!, und möglicherweise – oder vielleicht sogar wahrscheinlich – auch eine Involvierung von damals noch blauen, jetzt BZÖ-Politikern hier eine Rolle gespielt hat, stellt man sich aufseiten der SPÖ her und sagt: Ihr lenkt ja nur ab! (Abg. Bucher  in Richtung SPÖ –: Von was? Von was ablenken?)

Jetzt gehen die vom BZÖ her, verlangen hier einen Untersuchungsausschuss, und die sagen, die wollen nur ablenken. Also, das wird immer abenteuerlicher. Ich würde mir wirklich einen anderen Umgang wünschen und zumindest ein bisschen eine geschei­tere Argumentation, Kollege Prähauser. (Beifall bei Grünen und BZÖ sowie bei Abge­ordneten der FPÖ.)

Ich finde das abenteuerlich, niveaulos, und außerdem sind wir damit genau dort, wo wir eigentlich vor der Korruptionsbekämpfung und Aufklärung begonnen haben. Es ist ja zwischendurch ein bisschen etwas weitergegangen, aber Sie machen alles wieder hin! Im Vorjahr sagte Mark Pieth von der OECD – nicht irgendeiner von den Grünen, son­dern die OECD –, Österreich ist eine Korruptionsoase. – Und genau das bleibt es, wenn Sie sich weiter so benehmen.

Heute ist laut Transparency International Österreich vom 16. auf den 25. Platz ge­rutscht und liegt damit auf den schlechtesten Rängen unter den europäischen Ländern. Hinter uns ist nur mehr Griechenland. – Klingelt da irgendwann etwas? – Bei Ihnen


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nicht! Dort vielleicht, aber da wird ja weitergeschnarcht. Munter werden Sie nur, wenn es ums Zudecken geht – das hatten wir an anderer Stelle. (Beifall bei den Grünen so­wie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Jetzt geht es schlicht und ergreifend darum, dass wir diese Dinge weiter aufklären. Ich füge hinzu: Es wird anschließend ein Antrag des Abgeordneten Strache abgestimmt. Da werden Sie wahrscheinlich auch dagegen stimmen. Ich füge ausdrücklich hinzu, dass wir da dafür sind. Über diesen Antrag gibt es keine Debatte, dafür sage ich es hier jetzt: Diese Aktion, dass die Hypo Alpe-Adria – wo jeder gewusst hat, was das schon für eine kaputte Bude ist, in Milliardenhöhe – sich die Republik noch einmal umhängen hat lassen, das verdient wirklich Aufklärung! (Beifall bei Grünen, FPÖ und BZÖ.)

Das Ganze ist vorher welcher Skandal auch immer, aber am Schluss ist es ein Skandal von ÖVP-Finanzministern, die die Republik Österreich da hineingeritten haben, dass wir jetzt mit mehreren Milliarden überbleiben – mit mehreren Milliarden! Und zeigen Sie (in Richtung ÖVP) nicht immer dort hinüber (auf FPÖ und BZÖ weisend). Das mag schon sein, aber was da aufgeführt wurde, hat überhaupt den Schaden erst in die Hö­he getrieben.

Und jetzt zu den Eurofightern: Schon das Grundgeschäft war ein Skandal. Es war mit Sicherheit die größte Schiebung der Republiksgeschichte – bis jetzt, denn jetzt kom­men ja Hypo Alpe-Adria und Kommunalkredit, aber bis dorthin, ja. Es wurde gescho­ben, dass sich die Balken biegen, schon im Grundgeschäft.

Aber was die Gegengeschäfte betrifft, die hier Gegenstand der gewünschten Untersu­chung sein sollen, die sind ja auch nicht ganz ohne. Ich finde ja den Abgeordneten Bar­tenstein mittelmäßig mutig. (Zwischenruf des Abg. Amon.)

Schauen Sie, wir haben ja mehrere Prozesse in der Angelegenheit gehabt, ich selber auch. Alleine über den Lobbyisten Steininger – das hat sich rund um das Grundge­schäft abgespielt, nicht um die Gegengeschäfte – sind 7 Millionen €, das war meine Behauptung, in das politische System zur Landschaftspflege eingeschleust worden. Je­der weiß, was diese Begriffe bedeuten. Bis zum Obersten Gerichtshof ist es gegangen, und ich bin freigesprochen worden. Es war so: 7 Millionen € allein nur einmal als Vo­rausanzahlung im Schmiergeldbereich sind ins österreichische politische System ein­geschleust worden. Und rund um die Gegengeschäfte waren es über 100 Millionen. Al­lein Vector Aerospace hat 120 Millionen bekommen.

Und wissen Sie, was ich so impertinent finde, Herr Abgeordneter Bartenstein? – Dass es im Untersuchungsausschuss damals Ihre Abgeordneten waren – ich war ja dabei –, die noch blöd gekichert haben, als wir gesagt haben, es gibt so etwas wie Vector Aero­space, es gibt diese Firmen und es gibt undurchsichtige und unerlaubte Transfers dort­hin. (Abg. Kößl: Nimm das zurück, hörst!) So ist es! (Abg. Kößl: , Ihre Wortwahl!) – Ja wie soll man das denn sonst bezeichnen? – Seid doch nicht so kindisch! So ist es und so war es. Und jetzt haben wir bei den Gegengeschäften folgendes Problem:

Seit 2009 hat die Europäische Union den ganzen Plunder, den Sie heute noch hoch­halten, verboten, aus guten Gründen. Diese Art von Gegengeschäften gibt es ja über­haupt nicht, die in doppeltem Ausmaß zurückkommen. Heute müsste man Sie noch dafür verantwortlich machen, dass wir nicht 100 Jets gekauft haben, denn damit hätten wir uns nämlich saniert. (Beifall bei den Grünen.) – Aber so war es ja wohl nicht.

Es sind Geschäfte angerechnet worden, die ohnehin stattgefunden hätten – das ist Ihre Verantwortung. Ich glaube schon, dass Sie gegen einen Untersuchungsausschuss re­den, denn es wäre auch zu überprüfen, was denn das Wirtschaftsministerium getan hat, um zu checken, was wirklich ein Gegengeschäft ist und was nicht.


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Wissen Sie, was Sie angerechnet haben? – Lehrstunden an der TU Graz von zwei Ein­heiten sind mit Zigtausend Euro angesetzt worden. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Aber dabei ist es ja gar nicht geblieben! Mit einem Aufwertungs­faktor stehen jetzt mehrere Millionen als Gegengeschäfte in den Büchern. So war das alles! – Ich komme zum Schlusssatz, Frau Präsidentin.

Es ist einfach so: Es sind Geschäfte angerechnet worden, die ohnehin stattgefunden hätten. Dort, wo wirklich Geld geflossen ist, war es ein Schmiergeldkarussell, und ge­nau das gilt es jetzt aufzuklären! (Beifall bei den Grünen.)

23.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petzner. – Bitte.

 


23.00.46

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Meine Damen und Herren! Herr Kollege Bar­tenstein! Es ist schon richtig, dass es einen Eurofighter-Untersuchungsausschuss ge­geben hat. Es ist richtig, dass der Beschaffungsvorgang mehrfach untersucht wurde und dass es insgesamt gleich mehrere Rechnungshofprüfungen dazu gegeben hat. Was aber auch richtig ist, Herr Kollege Bartenstein – und das muss man in dieser Dis­kussion und bei diesem Antrag auch berücksichtigen –, ist, dass von diesem Untersu­chungsausschuss an bis heute in dieser Materie ja sehr, sehr viel passiert ist; leider Gottes (Abg. Dr. Bartenstein: Na, was? Na, was?) – ich erkläre es Ihnen gleich – nicht seitens der österreichischen Justiz, sondern im Ausland.

Was ist passiert? – Es ist ein italienischer Anlagebetrüger und Experte für dubiose Briefkastenfirmen in Italien verhaftet worden, der mittlerweile auch verurteilt ist und in Haft sitzt (Zwischenrufe bei der SPÖ), Gianfranco Lande, der dann erklärt hat, dass er im Zusammenhang mit dem Eurofighter-Kauf für EADS eine Briefkastenfirma in Lon­don eingerichtet hat – ohne Telefonnummer, ohne Türschild, ohne irgendetwas (Abg. Mag. Kogler: ... noch abgestritten im Untersuchungsausschuss! – Zwischenruf des Abg. Hornek) –, um über diese Briefkastenfirma Schmiergelder zu verteilen.

Und es ist passiert, dass EADS genau dieser Briefkastenfirma namens Vector Aero­space, die dieser italienische Anlagebetrüger gegründet hat, die gesamte Verantwor­tung für die Abwicklung der Gegengeschäfte übertragen hat.

Und es ist passiert, Herr Kollege Bartenstein, dass auf Basis dieses auslösenden Ma­növers in Italien die deutsche Justiz Ermittlungen eingeleitet hat, mittlerweile seitens der Staatsanwaltschaft München insgesamt 13 Beschuldigte geführt werden und dass im Zusammenhang mit diesen Gegengeschäften Hausdurchsuchungen in Österreich, in der Schweiz und in Deutschland stattgefunden haben. – All das ist passiert in die­sem Zeitraum seit dem Untersuchungsausschuss.

Man braucht ja nur die Staatsanwaltschaft München zu zitieren, um zu erkennen, wo­rum es hier geht. In einem Zitat der Staatsanwaltschaft München im Zusammenhang mit Eurofighter, Österreich und den Gegengeschäften, auch was die Ermittlungen kon­kret beinhalten, heißt es im Ermittlungsakt wörtlich:

„Tatsächlich handelte es sich um vereinbarte Bestechungsgelder, um Entscheidungs­träger (...) bei der Vergabe des Vertrags zur Lieferung von Kampfflugzeugen an die Republik Österreich zu beeinflussen beziehungsweise die zugunsten der Eurofighter GmbH getroffene Auftragsvergabe absprachegemäß zu honorieren, und um Unterneh­mer bei dem Abschluss von Gegengeschäften zu beeinflussen.“ (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.)

Und dann geht es weiter:

„Die Schmiergelder waren dabei in den von der Republik Österreich zu entrichtenden Kaufpreis eingerechnet, der sich entsprechend erhöhte.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 284

Das heißt, die Staatsanwaltschaft München spricht hier ganz offen von Schmiergeldern und sagt ganz offen, der österreichische Steuerzahler hat einen Schaden erlitten, weil diese in den Kaufpreis eingerechnet wurden.

Und das Gleiche bestätigt ja auch, Herr Kollege Bartenstein, mittlerweile der Sektions­chef des schwarzen Justizministeriums Pilnacek, der in der „ZiB 2“ erklärt hat, dass es da aufklärungswürdige Zahlungsflüsse gibt im Zusammenhang mit den Gegengeschäf­ten, die – Zitat – „,keinen wirtschaftlichen Sinn ergeben‘. Konkret geht es um Gelder, die über eine dubiose Gesellschaft namens Vector Aerospace LLP geflossen sind“.

Genau diese Geldflüsse, Herr Kollege Bartenstein, genau diese Schmiergeldflüsse wollen wir auf politischer Ebene in einem Untersuchungsausschuss aufklären, unab­hängig von den strafrechtlichen Ermittlungen, die ohnehin stattzufinden haben.

Denn nicht nur dieser italienische Anlagebetrüger, die Ermittlungen der Staatsanwalt­schaft München, die Ermittlungen mittlerweile auch der österreichischen Justiz erhär­ten den Verdacht, dass bei den Gegengeschäften – für die ausschließlich das ÖVP-ge­führte Wirtschaftsministerium zuständig war, das muss man auch einmal betonen – et­was nicht ganz sauber gelaufen ist, sondern das zeigen ja auch die Profiteure selbst. Wenn Herr Stronach erklärt – fünfmal in den Medien, und in der „ZiB 2“ live vor Hun­derttausenden Zuschauern –, Magna hat nie profitiert von den Gegengeschäften, und Sie als ehemaliger Wirtschaftsminister beziehungsweise der amtierende Wirtschaftsmi­nister Mitterlehner genau das Gegenteil erklären, dann ist es relativ einfach: Einer von beiden lügt. Und daher: Befragen wir alle diese Personen unter Wahrheitspflicht im Un­tersuchungsausschuss, dann werden wir schon sehen, was herauskommt!

Das ist auch deswegen wichtig, weil ja im Formular zu den Gegengeschäften folgender Passus eingebaut ist – ich zitiere –:

„Der österreichische Partner des Gegengeschäfts nimmt zur Kenntnis, dass unwahre Angaben im Formular bzw. den allenfalls zu einer Beurteilung nötigen ergänzenden Unterlagen zu einer Nichtanerkennung des gegenständlichen Geschäftsfalles und zu strafrechtlichen Folgen führen können.“ – Nämlich zum Straftatbestand des Betruges, für den bis zu zehn Jahre Haft drohen. (Abg. Mag. Kogler: Richtig, richtig!)

Das heißt, einer von diesen Herrschaften – Stronach oder Mitterlehner beziehungswei­se Bartenstein – hat ein kleines Problem, freundlich formuliert. (Zwischenruf des Abg. Mag. Ikrath.) Und genau dieses kleine Problem wollen wir gemeinsam in einem Unter­suchungsausschuss aufklären. Auch die Lakeside-Stiftung können wir uns gerne an­schauen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Ikrath.)

Wir laden Sie daher ein: Stimmen Sie zu, klären wir alles auf, prüfen wir alles und set­zen wir diesen Untersuchungsausschuss ein, um uns viel Steuergeld vielleicht zurück­zuholen! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Amon: Zur Lakeside hätte man ein bisschen mehr sagen können!)

23.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Ing. Lu­gar. – Bitte. (Abg. Dr. Wittmann: Wie war das mit der Wahrheit von Stronach?)

 


23.06.31

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Na selbstverständlich hat es Gefälligkeitsunterschriften von Firmen gegeben. Es gibt ja einige, die das schon bestätigen. (Abg. Strache: Warum hat man die Gefälligkeiten gemacht? Was haben die gekostet?) Na selbstverständlich finden sich auf dieser Liste auch Firmen, die ohnehin dieses Geschäft gemacht hätten. (Abg. Strache: Was haben die für die Gefälligkeiten gekriegt?) Und selbstverständlich wurden auf diese Liste auch Aufträge geschrieben, die schon vorher verhandelt waren. Das wissen wir alle, und es gibt schon einige, die das bestätigen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 285

Letztlich geht es hier um volle Aufklärung. (Abg. Dr. Bartenstein: Zeigen Sie Herrn Stronach an! – Zwischenruf des Abg. Kopf.) Und wenn es Firmen gibt, die auf diese Liste gekommen sind – und es waren einige Firmen, die gar nicht wussten, dass sie auf dieser Liste stehen –, dann gehört das auch aufgeklärt. (Abg. Dr. Bartenstein: Zei­gen Sie Herrn Stronach an!)

Natürlich wollen wir einen Untersuchungsausschuss, der nicht nur das beleuchtet, son­dern noch viel mehr Dinge beleuchtet, eben rund um diesen größten Beschaffungsakt der Republik. Das heißt, wir wollen diesen Untersuchungsausschuss. Wir werden die­sem Antrag zustimmen, aber wir hätten gerne, dass dabei die ganzen Dinge aufgeklärt werden, die rund um diesen Beschaffungsakt gelaufen sind. (Abg. Dr. Bartenstein: Zeigen Sie Herrn Stronach an! Warum zeigen Sie Herrn Stronach nicht an?)

Wenn Sie mir nicht glauben, dann reden Sie doch mit dem Herrn Androsch. Herr An­drosch hat ja gesagt, dass Sie da gewisse Dinge gemacht haben, die nicht in Ordnung sind. Ich verstehe das auch irgendwie, denn Sie wollten diesen Beschaffungsakt der Bevölkerung gegenüber sehr positiv darstellen (Abg. Pendl: ... kann erzählen, was er will!); das ist Ihnen ja auch über weite Strecken gelungen.

Im Nachhinein aber ist dieses Kartenhaus zusammengefallen. Und deshalb brauchen wir einen Untersuchungsausschuss. (Abg. Brosz: Wer ist jetzt wieder „wir“?) Wir ha­ben immer gesagt, wir wollen auch da volle Transparenz, wir wollen diesen Untersu­chungsausschuss, und wir wollen aufklären, was da alles gemacht wurde. Und letzt­endlich könnten auch Sie dazu beitragen. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stro­nach. – Abg. Dr. Bartenstein: Zeigen Sie Herrn Stronach an! Das ist der einfachste Weg zur Wahrheit! Mut ist nicht käuflich!)

23.08

23.08.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Bucher, Kolle­ginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

23.08.53Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersu­chungsausschusses betreffend Überprüfung der Notverstaatlichung der Hypo Alpe-Ad­ria-Bank im Dezember 2009.

Dieser Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt. Die Durchführung einer Debatte wurde weder verlangt noch beschlossen.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Antrag

des Abgeordneten Strache und weiterer Abgeordneter auf Einsetzung eines Untersu­chungsausschusses gemäß § 33 GOG

betreffend Überprüfung der Notverstaatlichung der Hypo Alpe-Adria-Bank im Dezem­ber 2009


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 286

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungsaus­schuss im Verhältnis: 5 SPÖ, 5 ÖVP, 3 FPÖ, 2 Grüne, 1 BZÖ einzusetzen.

Gegenstand der Untersuchung:

Die Hypo Alpe-Adria-Bank wurde im Jahr 2009 notverstaatlicht. Die Zusammenhänge und betriebswirtschaftlichen sowie politischen Hintergründe dieser Maßnahme blieben bisher weitgehend ungeklärt. Im Rahmen der Geschäftstätigkeit soll es zu Gesetzes­verstößen gekommen sein. Kapital soll gezielt aus der Bank abgezogen worden sein, um schließlich deren Insolvenz herbeizuführen. Dazu gilt es zu klären, welche Rollen die Organe der Hypo Alpe-Adria-Bank, der Bayerischen Landesbank, des Freistaates Bayern und der Republik Österreich jeweils gespielt haben. Innerhalb der Republik wäre die Tätigkeit von Finanzmarktaufsicht, OeNB, Finanzprokuratur und insbesondere des Bundesministeriums für Finanzen zu erhellen. Dabei gilt es Augenmerk auf die Wahrnehmung der Aufsichtspflicht seitens der Behörden und der Verantwortungsträger zu legen. Hinsichtlich der Rückzahlung von 3 Milliarden Euro an die Bayerische Lan­desbank muss die Tätigkeit der Behörden und Organe des Freistaates Bayern sowie des damaligen Mehrheitseigentümers der Hypo Alpe-Adria-Bank untersucht werden. Etwaige Verfehlungen seitens österreichischer Verantwortungsträger müssen aufgear­beitet werden.

Die juristischen und vertragsrechtlichen Aspekte stellen Kernthemen dar, über die der Untersuchungsausschuss in Kenntnis gesetzt werden muss. In allfällige bilaterale Ver­träge im Zusammenhang mit der Notverstaatlichung der Hypo Alpe-Adria-Bank hat der Untersuchungsausschuss Einsicht zu nehmen und entsprechend zu prüfen.

Untersuchungsauftrag

Der Untersuchungsausschuss soll durch Erhebung von mündlichen und schriftlichen Auskünften zum Untersuchungsgegenstand und durch Einsicht in sämtliche bezugha­bende Akten, Berichte und Protokolle des Bundesministeriums für Finanzen, des Bun­desministeriums für Justiz, der Finanzmarktaufsicht, der OeNB, nachgeordneten Dienststellen und involvierter juristischer Personen im Rahmen der Privatwirtschafts­verwaltung des Bundes sämtliche Sachverhalte auf rechtliche und politische Verant­wortlichkeiten prüfen.

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zur Abstimmung dieses Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist nicht die Mehrheit. Dieser Antrag ist somit abgelehnt.

23.09.35Einlauf

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 2145/A(E) bis 2159/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 13198/J bis 13246/J eingelangt.

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Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 287

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Donnerstag, 6. Dezember 2012, 9 Uhr, ein. Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten Mitteilung zu entnehmen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

23.10.04Schluss der Sitzung: 23.10 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien